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Zwei Seiten einer Medaille

von

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Die leise Musik eines Videospiels drang durch die Dunkelheit zu mir durch. Nur nach und nach spürte ich die sanfte Wärme der Sonnenstrahlen in meinem Gesicht und dort war auch das Zwitschern der Vögel, die draußen ihr Leben feierten. Ich grummelte und drehte mich weg. Die Luftmatratze knirschte unter meinen Bewegungen, doch ich wollte meine Augen noch nicht öffnen.
 

Kurz verstummte die Musik und ich hörte, wie sich jemand neben mir bewegte. „Bist du endlich wach?“ Tayakas Stimme klang ein wenig ungeduldig, doch ich konnte ihm nur mit einem Murren antworten. Ich wollte meine Augen jetzt noch nicht öffnen. Dieser Schlaf fühlte sich viel zu gut an, doch irgendwie wollte er nicht mehr zu mir zurückkommen.
 

„Wir haben es schon weit nach Mittag. Langsam solltest du echt aufstehen.“ Die Worte von Tayaka rissen mich sofort aus meiner Müdigkeit und ich schnellte nach oben. Sah ihn entsetzt an und begegnete so seinem überraschten Blick. „Ernsthaft?! Fuck!“
 

„Ja, du warst aber auch nicht wach zu kriegen. Ich hab dir die Decke weggenommen, aber du hast sie dir mit geschlossenen Augen wieder geangelt. Das war richtig faszinierend. Als ich sie außerhalb deiner Reichweite hatte, hast du dir dann einfach meine genommen.“ Er lachte auf und schien noch kurz etwas auf seinem Handhelden zu tun, bevor er ihn ausschaltete und zu mir sah.
 

Ich selbst spürte die Hitze in meinen Wangen. Das sah mir gar nicht ähnlich, aber wenn ich die Decke auf mir genauer musterte, dann war das wirklich nicht meine. Sie roch auch leicht nach Tayaka. Oh Gott, war das peinlich. Am Liebsten wäre ich jetzt irgendwo verschwunden.
 

„Auch hat dein Handy ununterbrochen geklingelt. Entweder Anruf oder Nachricht. Katastrophe. Ich war kurz davor es aus dem Fenster zu werfen. Na ja, willst du noch frühstücken oder gleich zum Mittagessen übergehen? Meine Mutter ist nämlich schon am Kochen.“ Er grinste mich breit an und ließ dadurch das Gefühl des Unwohlseins weniger werden.
 

„Dann kann ich bis zum Mittagessen warten. Tut mir Leid, dass ich so lange geschlafen habe.“ Ich fühlte mich deswegen wirklich schlecht. Schließlich war ich hier zu Gast und empfand es gerade als sehr unhöflich den halben Tag dann zu verschlafen, doch das Grinsen von Armin ließ mich dieses Gefühl sofort beerdigen.
 

„Ist okay. Und kein Problem. Scheinst du gebraucht zu haben. Du siehst schon besser aus als gestern. Ich sag dann mal kurz meinen Eltern Bescheid, dass du wach bist und so. Wenn du willst, kannst du dich gerne derweil umziehen und waschen. Den Weg kennst du ja.“ Armin verschwand dadurch wieder aus dem Zimmer und ließ mich alleine zurück. Kurzerhand griff ich derweil nach meinem Handy und betrachtete die Nachrichten. Luzifer und meine Familie teilten sich die Anzahl ungefähr.
 

Luzifer wollte nur wissen, wie es mir ging und ob ich gut angekommen war. Es schien ihm nicht gefallen zu haben, dass ich nicht antwortete und seine Nachrichten wurden immer besorgter, doch ich antwortete ihm schließlich mit einem knappen „Ja“, bevor ich zu den Nachrichten meiner Familie ging.
 

Mein Vater drohte mir mit allen möglichen Dingen, wenn ich nicht sofort wieder nach Hause kam. Auch fand er den Zettel alles nur nicht witzig. Seine letzte Nachricht war der Fakt, dass er die Polizei eingeschalten hatte. Kurz schrieb ich ihm, dass dies keinen Sinn hatte und ich am Sonntag wieder Zuhause sein würde. Ich seufzte schwer und löschte dann die restlichen Nachrichten von meiner Schwester. Darauf hatte ich wirklich keine Lust. Schließlich schaltete ich mein Handy aus. Ich hatte keine Lust, dass mich die Polizei darüber ortete. Außerdem hatte ich keine Lust mit einem von ihnen zu reden. Ich wollte dieses Wochenende nur meine Ruhe haben und Abstand zu all den Dingen gewinnen. Sowohl zu meiner Familie als auch zu Luzifer. Ich... ich musste endlich mal ein paar Schritte zurückgehen, bevor es mich gänzlich verschlang.
 

Mit einem tiefen Seufzer stand ich auf und holte mir neue Sachen, so wie mein Duschgel und Handtuch um mich dann kurzerhand zu duschen und neu einzukleiden. Noch einmal begegnete ich meinem Spiegelbild. Die Augenringe waren weg und ich sah wirklich wieder wie ein normaler Mensch aus. Nur kurz versetzte es mir einen Stich, dass all das meiner Umwelt nicht aufgefallen war, wobei mein Vater eh meistens darauf achtete, dass er die sichtbaren Bereiche ausließ. Nur selten hatte ich wirklich mal ein blaues Auge oder ähnliches. Das war dann eben ein Unfall gewesen.
 

Ich legte mir mein Handtuch um die Schultern und trat aus dem Bad. Mein Lauf wurde abrupt gestoppt, als ich unsanft gegen jemanden stieß. Ich erkannte nur blaue Haare, als ich schon ungebremst auf meinen Hintern fiel, während mein Aufprallpartner stehen blieb.
 

„Hoppla. Sorry, ich wusste nicht, dass da jemand rauskommt.“ Er hielt mir seine Hand hin, um mir beim Aufstehen zu helfen. Dankend nahm ich sie entgegen und blickte in das gleiche Grinsen wie bei Tayaka. Doch seine Augen waren nicht blau, sondern eher rötlich. Das musste sein Bruder Alexy sein.
 

„Macht nichts.“ Ich ließ mir aufhelfen und musste verlegen lächeln. Das war irgendwie peinlich. Ich war so sehr in Gedanken gewesen, dass ich ihn echt nicht gesehen hatte. Die erste Begegnung mit ihm hatte ich mir definitiv anders vorgestellt. Professioneller. Warum verlief mein Leben nie so wie ich es mir vorgestellt hatte?
 

Plötzlich fühlte ich mich ein wenig gemustert, wodurch ich mich noch unwohler in meiner Haut zu fühlen begann. Warum sah er mich so an? Konnte man mir die Misshandlungen doch ansehen? Habe ich irgendeine Verletzung verpasst zu verstecken?
 

Fast panisch musterte ich mich selbst, doch meine Kleidung saß perfekt und man erkannte keine Spur von den Misshandlungen, wodurch ich mich langsam entspannte. Vor allem als seine Musterung endlich aufhörte. „Bist du ein Freund von Armin? Er hatte irgendwas davon gesagt, dass er Besuch bekommt und er deswegen die Matratze braucht. Eigentlich habe ich das nicht wirklich geglaubt. Aber es freut mich, dass er auch mal zu echten Menschen Kontakt hat.“
 

„Ähm, ja.“ Ich wusste nicht, was ich noch dazu sagen sollte und schob mich dann schließlich an ihm vorbei. „Ich muss dann... wir sehen uns beim Essen, okay?“ Irgendwie war er mir ein wenig unheimlich. Klar, er wirkte nett, doch es gefiel mir nur bedingt, wie er mich ansah. Ich hatte Angst, dass er hinter mein Geheimnis kam. Dann könnte er es Tayaka stecken und dann würden es auch alle anderen wissen.
 

„Das Essen ist fertig. Oh, ihr habt euch schon kennen gelernt. Schön.“ Tayaka kam gerade aus der Küche und strahlte uns schließlich an. „Mehr oder weniger. Er fiel mir an sich in die Arme. Aber seinen Namen hat er mir noch nicht verraten.“ Das Grinsen von Alexy wurde breiter und ich begann mich unwohl zu fühlen.
 

„Nathaniel.“ Mehr brachte ich nicht zustande und ich spürte, wie mein Herz ein wenig schneller schlug. „Dein Handy ist ja endlich stumm. Hast du die Nervensägen alle beruhigen können?“ Tayaka schien zu spüren, dass ich mich unwohl fühlte und rettete mich mit dem Themawechsel, wodurch ich mich erleichtert ihm näherte. „Na ja. Ich habe ihnen alle geantwortet und dann das Handy ausgeschaltet. Ich will gerade nur meine Ruhe.“
 

Tayaka wirkte überrascht. „Auch von Luzifer? Tut mir Leid, aber nach einer Weile hat es mich genervt und ich dachte ich schau mal, wer da dauernd anruft. Da hab ich seinen Namen auf dem Display gesehen. Aber ich bin nicht rangegangen. Versprochen!“ Er hob abwehrend die Hände und die anfängliche Wut verflog auch sofort wieder.
 

„Das mit Luzifer... Es... es ist kompliziert.“ Mehr brachte ich nicht zustande. Ich war nicht in der Lage diese Situation zu benennen. Schließlich wusste ich selbst nicht, was wir nun wirklich waren. Was er von mir wollte oder gar ich von ihm. Es war nur zum verrückt werden.
 

„Na ja, vielleicht sieht die Welt nach einem schönen Essen wieder besser aus.“ Er winkte mir zu ihm zu folgen und das tat ich dann auch. Ungeachtet dessen dass ich immer noch mein Handtuch um den Schultern trug. Irgendwie passte es zu seinem Schal. Vielleicht ging es ja sogar als Partnerlook durch.
 

Bei dem Gedanken musste ich leicht lächeln und trat dann schließlich in die Küche, wo auch der Esstisch stand. Auf diesen waren schon belegte Teller verteilt. Darauf zu sehen waren Schnitzel, Pommes und ein wenig Gemüse. Wirklich nichts kompliziertes und vor allem sehr einfach im Vergleich zu den Speisen bei uns Zuhause. Aber auch wenn es mich kurz ein wenig aus dem Konzept brachte, weil ich es nicht anders gewohnt war. So spürte ich kurz darauf, dass ich mich darüber freute. So etwas Einfaches war lecker und erfüllte auch seinen Zweck. Das Leben musste nicht immer kompliziert und extravagant sein. Es machte auch Spaß, wenn es simpel gehalten wurde.
 

Unterschiedlicher konnten ihre Eltern fast nicht sein. Sie lange, gelockte, schwarze Haare. Er kurze Blonde. Sie hatte ein leicht freches Glitzern in den grünen Augen. Er wirkte dagegen sehr nüchtern und rational. Ich wusste zwar, dass sich Gegensätze anzogen, aber nicht, dass es wirklich etwas für die Ewigkeit sein konnte. Irgendwo mussten sie sich ähnlich sein, sonst könnte das nicht funktionieren. Da war ich mir sicher.
 

„Na? Ausgeschlafen?“ Tayakas Mutter lächelte mich freundlich an und erneut fühlte ich mich ertappt. Auch wenn ich an sich nichts Schlimmes getan hatte. Dieses Gefühl war lächerlich. Dennoch war es da und ich konnte nichts dagegen tun.
 

„Ja. Es tut mir Leid, dass ich beim Frühstück nicht anwesend war.“ Ich konnte sehen, wie sie mit meiner hochgestochenen Aussprache überfordert war, doch dann winkte sie lachend ab. „Das macht doch nichts. Es ist Wochenende. Aber es ist das erste Mal, dass wir jemanden bei uns haben der nach Armin aufsteht.“ Alle begannen zu lachen. Nur ich verstand diesen Witz nicht und kam mir fehl am Platz vor. Doch sie fingen sich relativ schnell wieder und wir nahmen alle Platz.

„Wie heißt du denn, Junge?“ Sein Vater lächelte mich kurz an und ich musste mich räuspern um meine Stimme zu festigen: „Nathaniel. Und Sie?“
 

„Mein Name ist Arno und meine Frau heißt Viktoria. Du kannst uns aber gerne duzen. Beim Siezen fühlt man sich so alt.“ Er lachte kurz und irgendwie fühlte es sich komisch an. Um mich herum diese grinsenden Gesichter. Entweder ignorierten sie den Ernst des Lebens oder sie waren sich dessen nicht bewusst. Ich wusste gar nicht, wie ich damit umgehen sollte, wodurch ich mich kurz für das Essen bedankte und dann mit den anderen anfing es zu mir zu nehmen.
 

Tayakas Eltern unterhielten sich über belangloses. Was so die nächste Woche anstand und was sie für das Wochenende geplant hatten. Nach wenigen Sätzen hörte ich auf zu zuhören. Es war etwas, was mich nichts anging und man tat gut daran sich aus fremden Angelegenheiten herauszuhalten. Dabei kam mich jedoch nicht umhin zu merken, dass mich Alexy die ganze Zeit leicht von der Seite musterte. Ich wusste nicht, was er suchte oder gar hoffte zu finden, doch desto länger er mich ansah, umso stärker wurde der Wunsch woanders zu sein.
 

„Lust mit mir nachher shoppen zu gehen? Wir können Nathaniel dabei die Stadt zeigen. Oder hattet ihr vor die ganze Zeit in deinem kleinen Zimmer zu hocken?“, durchbrach Alexy das Schweigen bei uns und sofort fing Tayaka das Jammern an: „Ach, nö. Ich weiß nicht, was wir geplant haben. Aber wenn wir mit dir shoppen gehen, dann wird er sowieso nicht so viel von der Stadt sehen.“
 

„Wie sieht es bei dir aus, Nathaniel? Lust ein wenig rauszugehen?“ Ich wusste nicht, ob das wirklich klug war. Schließlich hatte ich keinen Plan, wie, wo oder gar ob die Polizei schon nach mir suchte. Meine Lust erwischt zu werden hielt sich nämlich stark in Grenzen, aber andererseits wollte ich auch nicht den ganzen Tag in diesem kleinen Zimmer verbringen.
 

„Vielleicht ist das keine allzu dumme Idee.“ Die Reaktionen auf meine Antwort konnten nicht unterschiedlicher sein. Während Alexy vor Freude jubelte und über beide Wangen strahlte, sank Tayaka theatralisch und jammernd tiefer auf seinen Platz. Irgendwie fühlte ich mich dadurch ein wenig schuldig, doch vielleicht tat es mir wirklich gut ein wenig von der Stadt zu sehen. Und so schlimm konnte es doch wirklich nicht sein mit Alexy shoppen zu gehen. Zumindest nicht schlimmer als mit meiner Schwester. Oder doch?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Onlyknow3
2018-11-01T21:28:48+00:00 01.11.2018 22:28
Nathy pass auf Alexy frist dich mit Haut und Haaren. Der ist genau wie Castiel Schwul.
Ist das vielleicht der Grund warum er so negativ auf Kentin und Alex reagiert hat?
Wegen der Abfuhr von Nathaniel? Möglich, wäre aber schön wenn sie sich trotzdem finden würden.
Weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  Shino-Tenshi
02.11.2018 09:17
Alexy ist wirklich schwul. Der Rest eigentlich nicht ^^" aber na ja ;) was tut man nicht alles fürs Shipping.

Na ja... das weiß ich nicht. Ich kenne die andere Geschichte nicht und die gehören an sich auch nicht zusammen XD und hier reagiert er ja nicht negativ auf sie.

Viel Spaß noch beim Lesen ;)


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