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Heartbeats

Michi-Woche
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich hoffe, das Kapitel gefällt euch :)
Dieses Lied fand ich irgendwie sooo schön dazu: Goo Goo Dolls - Come To Me Komplett anzeigen

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Creation


 

Taichi
 

Diese Warterei machte mich wahnsinnig. Mimi war schon seit Stunden zurück aus dem OP gekommen, aber niemand durfte zu ihr. Ich saß mit ihren Eltern im Wartezimmer und die Minuten fühlten sich wie Jahre an. Ich hatte noch nie so sehr gehofft, dass die Zeit endlich verging. Denn ob Mimi über den Berg war oder nicht, konnten die Ärzte uns erst sagen, wenn sie die Augen aufschlug. Allerdings war die OP gut verlaufen, wie uns der leitende Chirurg berichtete. Mimi war tapfer gewesen und sie konnten den kompletten Tumor aus ihrem Kopf entfernen. Welche Areale dabei in Mitleidenschaft gezogen wurden, war allerdings nur schwer abschätzbar, da der Tumor ja schon zuvor einige Regionen des Gehirns beeinflusst hatte. Doch egal, was passierte, ich würde nie aufhören, an das Mädchen zu glauben, dass ich liebte.

Nach weiteren quälenden zehn Stunden war es dann soweit.

Mimi hatte ihre Augen aufgeschlagen und die Ärzte eilten zu uns, um uns zu holen. Allerdings durften zunächst lediglich die Angehörigen, also Mimis Eltern zu ihr. Ich verstand das und wartete geduldig. Es vergingen weitere zwei Stunden, in denen ich nichts hörte und je mehr Zeit verstrich, desto größer wurde die Angst, dass vielleicht doch etwas schief gegangen sein könnte.

Was war, wenn sie nach der OP einfach nicht mehr dieselbe war? Wenn die Operation zwar ihr Leben gerettet, aber dafür ihren Verstand völlig getötet hatte? Ich konnte mich nur allzu lebhaft an die letzten Tage erinnern, in denen Mimi immer wieder ausgeklinkt war, geschrien hatte, und unter Krampfanfällen litt. So ein Leben wünschte ich ihr nicht. Ich wollte, dass sie glücklich war und ihr Leben voll und ganz genießen konnte. Sie sollte nicht der willenlose Sklave ihres eigenen Körpers sein …

„Taichi Yagami?“

Abrupt richtete ich mich auf. „Ja, hier!“, salutierte ich beinahe wie auf Kommando, als eine Schwester meinen Namen aufrief.

„Sie können nun zu ihr.“

Mein Herz begann, wie wild gegen meine Brust zu schlagen, als würde es herausspringen wollen. Meine Beine drohten nachzugeben und mir blieb die Luft weg, als ich in Mimis Zimmer trat und als erstes die vielen Kabel, Schläuche und Gerätschaften sah.

Dann fiel mein Blick auf sie.

Sie lag wieder in ihrem Bett, mit den weißen Laken. Ihr Kopf war verbunden und sie sah müde aus – sehr müde. Trotzdem sah sie mich an. Und lächelte ein wenig.

Ihre Eltern standen links und rechts neben ihrem Bett. Auch ich trat nun zu ihr und wusste nicht, was ich sagen sollte. Sie so zu sehen, schmerzte unheimlich – und gleichzeitig war ich froh, sie überhaupt zu sehen.

„Da ist er ja“, sagte Mimi plötzlich mit einer quälend rauen Stimme. „Mein zukünftiger Ehemann.“

Mir stockte der Atem. Das wusste sie noch?

„Dein, bitte was?“, platzte es aus ihrem Vater raus und er warf uns abwechselnd verwirrte Blicke zu, während ihre Mutter einfach nur hinter hervorgehaltener Hand kicherte.

„Haben wir was verpasst? Ob das an der OP liegt?“, fragte ihr Vater irritiert in die Runde. „Geht’s dir auch gut, Schätzchen?“

„Ich habe mich nie besser gefühlt“, sagte Mimi mit schwach, aber überzeugend. Ihr Vater warf mir einen bedeutungsschweren Blick zu und ich konnte einfach nichts tun, außer entschuldigend zu grinsen. Ich hätte ehrlichgesagt nicht erwartet, dass sie sich nach der OP noch daran erinnern könnte. Vielleicht hatte sie es auch nur gesagt, weil sie aufgeregt war und Angst hatte. Angst davor, vielleicht nicht wieder aufzuwachen. Doch so, wie sie es jetzt sagte, hatte sie es offenbar ernst gemeint.

„Könnt ihr uns kurz allein lassen?“, bat Mimi ihre Eltern. Ihre Mutter nickte. „Natürlich, aber wenn etwas ist, dann rufst du uns, ja?“

„Mach ich.“

Sie verließen den Raum.

Und ich stand da wie der letzte Idiot und bekam den Mund nicht auf. Dass sie mich so eiskalt erwischen würde, hätte ich nicht gedacht.

„Nun mach dir nicht in die Hose, Tai“, meinte Mimi belustigt. „Ich werde dich schon nicht sofort vom Fleck wegheiraten.“

Ich lockerte meine Schultern und setzte mich auf den Stuhl, der neben ihrem Bett stand.

„Du hast das ernst gemeint?“, hakte ich leicht verunsichert nach.

„Habe ich jemals etwas nicht ernst gemeint?“, stellte sie die Gegenfrage. Keine Ahnung, wieso, aber irgendwie musste ich grinsen. Dieses Mädchen war einfach ein Unikat.

„Habe ich schon erwähnt, dass du verrückt bist?“

„Mehrmals.“

„Gut, aber … wenn du das wirklich durchziehen willst …“, ich nahm ihre Hand in meine und beugte mich leicht nach vorn, um ihr direkt in die Augen zu sehen. „Dann musst du wenigstens so fair sein und mir die Chance geben, dir einen richtigen Antrag zu machen.“

Ich konnte mir weitaus Schlimmeres vorstellen, als das Mädchen, das ich liebte zu heiraten. Es kam zwar auch für mich alles etwas überraschend und plötzlich, doch Mimis Krankheit hatte mir zusehends die Augen geöffnet. Als wir Mimis Liste abarbeiteten, war sie wirklich glücklich gewesen. Doch im Grunde erschien mir das Ganze wie ein schlechter Scherz. Ihre Liste hätte viel länger sein sollen. Sie sollte nicht nur lachhafte fünf Punkte beinhalten, die man innerhalb von drei Tagen erledigen konnte. Mimi hatte so viel mehr verdient. Wir hatten so viel mehr verdient.

Das Leben kann sich jederzeit auf einen Schlag verändern und am Ende bereut man die Dinge, die man nicht getan hat. Ich wollte nicht, dass Mimi je wieder etwas bereuen musste. Sie sollte all die Dinge tun, die sie tun wollte. Und wenn sie mich heiraten wollte, dann würde ich sie heiraten. Denn auf meiner Liste stand schon lange nur noch sie.

„Du wirst viel Zeit haben, um mir einen Antrag zu machen“, sagte Mimi plötzlich. Ich sah sie verdutzt an. „Wie meinst du das?“

Ihr Blick trübte sich und sie wandte das Gesicht von mir ab, konnte mir nicht mehr in die Augen sehen.

„Die Ärzte haben, gleich nachdem ich aufgewacht war, einige schnelle Tests durchgeführt. Sie konnten zwar den Tumor komplett entfernen und die Heilungschancen stehen nicht schlecht, aber …“ Sie stockte, als würde es ihr schwerfallen, es laut auszusprechen.

„Ich spüre mein rechtes Bein immer noch nicht. Und das wird wohl auch eine ganze Weile so bleiben, vielleicht sogar für immer.“

Sprachlos sah ich sie an. „Und, was bedeutet das?“

„Das bedeutet, dass ich nicht das Leben führen kann, was ich gerne führen würde. Was ich gern mit dir führen würde.“ Nun sah sie mir wieder in die Augen. Traurig und verletzt.

„Weißt du, Tai?“, sagte sie und ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Ich wollte es dir eigentlich nicht sagen, aber ich habe vor, wieder nach Tokio zu ziehen.“

„Was?“

„Ich werde wieder zu meinen Eltern ziehen. Sie werden sich um mich kümmern. Ich werde für eine ziemlich lange Zeit nicht mehr alleine zurechtkommen und ich … ich will dich nicht damit belasten.“

„Das ist doch Blödsinn“, schoss es aus mir heraus. Ich rutschte näher an sie heran, um ihr Gesicht zu berühren.

„Was redest du denn da, Mimi? Meinst du wirklich, du wärst eine Last für mich? Meinst du, ich würde hier sitzen, wenn das wahr wäre? Meinst du, ich hätte dir dieses Versprechen, mich zu heiraten abgenommen, wenn du eine Last für mich wärst? Du bist so vieles für mich, aber ganz sicher keine Last. Und wenn du wieder nach Hause willst, dann lass mich dich begleiten. Lass mich für dich da sein und dich unterstützen. Zusammen schaffen wir das.“

Sie musste einfach begreifen, dass es nicht mehr möglich war, sie aus meinem Leben zu verbannen. Vorher nicht und jetzt erst recht nicht.

„Aber Tai“, meinte Mimi nur und begann zu weinen. „Du kannst nicht von mir verlangen, dass ich dir das aufbürde. Wie soll ich dir das jemals wiedergeben? Wie soll ich das je wieder gut machen?“

„Liebe kann man nicht aufwiegen, Mimi. Man gibt sie einfach. Ohne etwas dafür zu verlangen. Aber wenn du mir etwas wiedergeben willst, dann gib mir dich zurück. Stoß mich nicht wieder von dir. Sag mir einfach, dass du dein Versprechen halten und mich irgendwann heiraten wirst. Und dann werde ich auf dich warten, egal, wie lang es dauert. Denn ich würde mich immer für dich entscheiden. Jedes Mal wieder.“

Ihre Tränen rannen nur so übers Gesicht. Ich küsste jede einzelne davon weg. Und endlich nickte sie. Sie versprach mir, dass wir zusammen nach Tokio zurückgehen würden. Sie versprach mir irgendwann ihr Versprechen wahr zu machen und mich zu heiraten. Und sie versprach mir, was immer auch geschehen würde, mich nie wieder von ihr zu stoßen. Das Leben hatte uns beiden eine zweite Chance gegeben. Eine Chance, nach der wir nur noch greifen mussten. Und ich war fest entschlossen, dies auch zu tun.
 


 

Mimi
 

Es sollten zwei Jahre vergehen, bis Tai mir endlich einen Antrag machen durfte. Damals im Krankenhaus hatte ich ihn dazu genötigt, mit dem Antrag zu warten, bis ich wieder richtig laufen konnte – denn ich wollte auf unsere Hochzeit tanzen und das nicht auf Krücken. Sondern auf meinen eigenen zwei Beinen. Wir wussten beide, dass die Möglichkeit bestand, dass dieser Tag niemals kommen würde. Doch das Risiko ging ich ein, denn ich war fest entschlossen, diesen Kampf zu gewinnen.

Damals flogen wir gemeinsam, nachdem ich mich wieder erholt hatte, zurück nach Tokio. Ich ließ mein Leben in New York hinter mir – diesmal für immer. Denn dieser Traum, den ich versucht hatte zu leben, existierte schon lang nicht mehr. Ich hatte einen neuen Traum. Und dieser Traum hieß Tai.

In den letzten zwei Jahren war er nicht von meiner Seite gewichen, egal, wie schwer es manchmal auch wurde. Neben meinen zahlreichen Therapien und Rehamaßnahmen, absolvierte ich ein Fernstudium und beendete somit, was ich in New York angefangen hatte. Es war wirklich nicht immer leicht gewesen. Hoffnung wurde getrieben von Zweifel und manchmal war ich kurz davor, alles hinzuschmeißen. Sämtliche Therapien abzublasen, weil sie doch eh nichts brachten. Doch Tai ermutigte mich stets, weiterzumachen. Nicht aufzugeben und für das zu kämpfen, was ich wollte. Ich wollte ein gemeinsames Leben mit ihm, so, wie ich es mir vorstellte. Ich war nicht mehr bereit, irgendwelche Abstriche zu machen – nie wieder.

Und nun standen wir hier. Zwei Jahre waren vergangen. Tai war an diesem Tag ganz aufgeregt, denn er hatte eine Überraschung für mich.

„Nicht gucken! Wehe, du guckst!“, ermahnte er mich zum hundertsten Mal. Ich stöhnte.

„Tai … selbst, wenn ich gucken wollte, würde es nicht gehen. Du hast dieses verdammte Tuch so fest gebunden, dass ich wahrscheinlich nie wieder irgendwas sehen kann“, beschwerte ich mich und zerrte an dem roten Tuch, womit er meine Augen verbunden hatte, um es zu lockern. Doch Tai drückte meine Hand zur Seite.

„Jetzt hör auf zu schummeln. Wir sind ja gleich da.“

„Ich schummle nicht“, seufzte ich und sackte in mich zusammen. „Wie sieht das eigentlich aus? Starren die Leute uns nicht schon an? Ich meine, du fährst eine Frau im Rollstuhl die Straßen entlang UND hast ihr die Augen verbunden.“

Ich hörte, wie er lachte. Na, er musste ja nicht hier sitzen und konnte nichts sehen. Was hatte er nur vor? Seit Tagen schon war er total hippelig gewesen, hatte nachts kaum geschlafen. Doch immer, wenn ich ihn darauf ansprach, wich er mir aus und fand dabei ständig eine neue fadenscheinige Ausrede.

„So, wir sind dahaaa“, flötete er, als wir abrupt stehen blieben.

„Halleluja“, entgegnete ich, während Tai mir auch schon die Augenbinde abnahm. Es dauerte einige Sekunden, bis ich mich an das helle Licht gewöhnt hatte. Ich rieb mir mit dem Handrücken über meine Augenpartien, als sich das Bild vor mir langsam klärte.

Verwundert sah ich mich um. „Wo sind wir hier?“

Die Wohngegend, in die er mich gebracht hatte, sah ziemlich schick aus. Sehr idyllisch und wahrscheinlich weit ab von der Innenstadt.

Tai trat vor mich und breitete demonstrativ die Arme aus. Er strahlte übers ganze Gesicht.

„Das, mein Schatz, ist unser neues zu Hause.“

Mir klappte die Kinnlade nach unten.

„Ehm … unser was?“

„Unser neues zu Hause“, grinste Tai nur breit und trat zur Seite, damit ich mir das Gebäude hinter ihm genauer ansehen konnte.

Es war ein wunderschönes, weißes Haus. Nicht besonders groß, aber sicher mit Platz genug für eine ganze Familie.

Allerdings verstand ich noch nicht so ganz, was er mit „Unser neues zu Hause“ meinte.

„Stell dir vor“, setzte Tai seine Erklärungen weiter fort. Er wirkte völlig euphorisch. „Nach hinten raus gibt es sogar einen kleinen Garten und wenn du möchtest, pflanzen wir dir dort ein Beet an. Dann kannst du dein eigenes Gemüse anbauen. Oder eben Blumen. Ganz, wie du magst. Es hat vier Schlafzimmer. VIER! Das heißt, es ist genug Platz für uns, unsere Kinder und wir könnten uns sogar noch ein Büro einrichten. Oh man, ich muss dir unbedingt alles zeigen. Warte mal ab, bis du die Küche gesehen hast.“

Tai machte sich daran, mich in Richtung des Hauses zu schieben, doch ich hielt ihn auf.

„Halt, warte mal. Nicht so schnell“, verlangte ich und er blieb stehen.

„Was ist denn? Gefällts dir etwa nicht?“, fragte er betrübt und trat vor mich.

„Doch. Doch, das schon“, meinte ich leicht verlegen und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. „Nur, könntest du mich vielleicht nicht ganz so ins kalte Wasser schmeißen? Ich meine, wo hast du plötzlich das Geld her, um ein Haus zu kaufen?“

Tai lächelte sanft und kniete sich vor mich hin. „Tut mir leid, wenn ich dich eben so überrumpelt habe. Vielleicht kam das jetzt doch alles etwas zu plötzlich für dich. Aber ich wollte dich eben überraschen. Du weißt, dass meine Großmutter verstorben ist. Und sie hat Kari und mir eine beträchtliche Summe hinterlassen. Und da dachte ich mir, wie könnte ich das Geld denn besser investieren, als in unsere gemeinsame Zukunft.“

Ich musste lachen. „Du bist einfach unglaublich, Taichi Yagami“, sagte ich und legte eine Hand an seine Wange.

Seine Augen begannen zu leuchten. „Das heißt, du freust dich?“, fragte er erwartungsvoll. Ich nickte. „Ich denke, ich war nie glücklicher. Du denkst einfach immer daran, wie du mich glücklich machen kannst und dafür bin ich dir unendlich dankbar.“

Tai erhob sich und beugte sich zu mir, um mir einen leidenschaftlichen Kuss auf die Lippen zu hauchen. Ich wusste nicht, wie man mehr Liebe für einen anderen Menschen empfinden konnte, wie ich sie für Tai empfand. Er war nicht nur mein bester Freund, sondern auch mein Geliebter und ich wollte nie wieder ohne ihn sein.

„Komm, dann zeig ich dir jetzt das Haus“, verkündete er stolz und ging zur Tür, um sie aufzuschließen. Er kam zurück, um mich aus meinem Rollstuhl zu heben. Auf Händen trug er mich bis zur Türschwelle.

„Bereit?“

Ich grinste verschmitzt und sah ihm in die Augen. „Ja, aber würdest du mich bitte vorher runterlassen?“

Tai blinzelte ein paar Mal verwirrt, bis er begriff, was ich da eben gesagt hatte.

„Du willst, dass ich dich runterlasse? Bist … bist du dir da sicher?“

Er warf einen zweifelnden Blick über die Schulter und überlegte anscheinend, ob er nicht doch lieber den Rollstuhl holen sollte.

„Wenn ich’s dir doch sage. Vielleicht bist du ja nicht der Einzige, der heute eine Überraschung hat“, lachte ich auf. „Und jetzt lass mich endlich runter.“

Tai war zwar immer noch irritiert, aber er tat, was ich wollte und setzte mich vorsichtig ab. Sein Arm blieb jedoch fest um meine Taille geschlungen.

„Es ist okay, Tai. Du kannst jetzt loslassen.“

Ich schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln, um ihm zu signalisieren, dass es wirklich in Ordnung war. Zwei Jahre lang hatte ich hart dafür gekämpft, um heute an diesen Punkt anzugelangen. Um jetzt hier zu stehen – endlich. Nach so langer Zeit konnte ich endlich den nächsten Schritt wagen.

Tai ließ mich vorsichtig los. Seine Augen ruhten wachsam auf mir, bereit sofort nach vorn zu schnellen, wenn ich stürzen würde. Doch die Zeiten waren vorbei. Als seine Hände sich entfernt hatten, stand ich auf meinen eigenen zwei Füßen. Es kostete mich noch etwas Anstrengung, doch ich konnte das schaffen. Ich wollte das schaffen!

Ich setzte einen Fuß nach vorne. Und noch einen. Ich ging einfach über die Türschwelle. Als hätte ich die letzten zwei Jahre nie etwas Anderes getan.

Drinnen blieb ich stehen und drehte mich zu Tai um, der mit offenem Mund dastand und mich anstarrte.

„Mimi … du bist …“

„Ich weiß“, kicherte ich und konnte nun meine Freude nicht mehr verbergen. „Ist das nicht cool?“ Ich klatschte in die Hände und am liebsten wäre ich wie ein kleines Mädchen in die Luft gesprungen.

Tais Mundwinkel wanderten in die Höhe und er kam auf mich zugestürmt. Er hob mich hoch und wirbelte mich in der Luft herum, sodass wir beide lachen mussten.

Dann setzte er mich ab und musterte mich von oben bis unten. „Ich kann das grad nicht fassen“, sagte er begeistert. Er nahm mein Gesicht in seine Hände und presste mir einen Kuss auf die Lippen.

Ich lachte in den Kuss hinein. Es war unglaublich zu sehen, wie sehr er sich freute.

„Oh mein Gott“, platzte es plötzlich aus ihm heraus. „Das heißt ja …“

Ich verdrehte gespielt genervt die Augen. Ich wusste genau, was das hieß. „Schon gut“, sagte ich. „Du darfst endlich.“

Tai grinste übers ganze Gesicht. „Es wird Zeit, dein Versprechen einzulösen.“ Dann nahm er meine Hand in seine und ging vor mir auf die Knie.

„Wahrscheinlich trittst du mich gleich weg, so stark, wie du jetzt bist. Aber um ehrlich zu sein, trage ich das Ding schon seit zwei Jahren mit mir rum“, sagte Tai und holte eine kleine blaue Schmuckschatulle aus seiner Hosentasche.

Überrascht und überwältigt zugleich schlug ich die Hand vor den Mund. Hatte er seit zwei Jahren gesagt?

„Ich habe gleich damals, als wir wieder in Tokio gelandet waren, einen Ring für dich gekauft. Nur leider hattest du mir ja verboten, dir einen Antrag zu machen“, erzählte Tai und öffnete die Schatulle. Ein strahlender Silberring mit einem funkelenden Diamanten kam zum Vorschein. Mein Herz setzte für einen Schlag aus und ich schnappte nach Luft.

„Tai, du kannst doch nicht …“, wollte ich gegen so einen teuren Ring protestieren, doch Tai verbot mir den Mund.

„Lass mich, das ist mein großer Moment. Ich habe schließlich zwei Jahre lang gewartet.“

Ich biss mir auf die Unterlippe und hielt den Atem an, so aufgeregt war ich plötzlich.

„Mimi Tachikawa, du bist mein Mond und meine Sterne und ich habe dir mal gesagt, dass ich mich immer wieder für dich entscheiden würde. Egal, wie lange es gedauert hätte. Ob es zwei Jahre oder zehn Jahre oder eine Ewigkeit gedauert hätte. Ich hätte auf dich gewartet. Weil ich dich liebe. Und heute bitte ich dich, entscheide du dich für mich und heirate mich. Werde meine Frau, Mimi.“

Ich konnte die Tränen nicht unterdrücken, die über mein Gesicht rannen. Ich hatte mich geirrt. Es war möglich einen anderen Menschen noch mehr zu lieben.

Ich brachte lediglich ein schwaches Nicken hervor. Tai grinste und erhob sich, als ich ihm auch schon um den Hals fiel.

„Ja, ja, ja! Ich entscheide mich für dich, Tai. In hundert Leben, in hundert Welten, in jeder möglichen Form der Realität – ich würde mich immer für dich entscheiden.“ Ich küsste ihn so innig, wie ich nur konnte, während Tai seine Arme um mich schlang und mich erneut hochhob und im Kreis drehte. Dann steckte er mir den Ring an. Der Moment, auf den wir beide so lang gewartet hatten, war endlich gekommen. Nun konnten wir gemeinsam unsere Zukunft kreieren – und diesmal würde uns nichts und niemand mehr davon abhalten können.
 


 

“And I’d choose you.
 

In a hundred lifetimes,
 

in a hundred worlds,
 

in any version of reality,
 

I’d find you and I’d choose you.”
 


 

― Kiersten White, The Chaos of Stars
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Jea1995
2018-08-16T07:09:06+00:00 16.08.2018 09:09
Sie hat es Überstanden und ihr geht's gut :)
Auch wann das erstmal ein Schock für sie ist das sie ein Bein nicht spürt :( Tais Worte finde ich toll und er hat recht wenn man jemanden liebt nimmt man alles in Kauf :)
Und ein Haus zu kaufen ist immer eine tolle Idee :)
Von:  Linchen-86
2018-08-06T11:47:18+00:00 06.08.2018 13:47
Hallo zum Zweiten :)

Da die Kleine noch schläft, hatte ich gleich Zeit weiter zu lesen und zu kommentieren :)

Die ungewissen Stunden in denen man nichts weiß und nur wenige Informationen bekommet, müssen furchtbar gewesen sein.

Es war schön zu sehen, als Mimi wach wurde und gleich sagte, dass ihr zukünftiger Mann da sei :) Da wusste man wenigstens schon mal, dass sie keinen schlimmeren Schäden zurückgeblieben waren.
Dass sie ihr Bein zunächst nicht spüren kann, ist ätzend aber es hätte so viel schlimmeres passieren können und vor allem. Bestand ja die chance dass es wieder werden konnte.

Ich glaube man selber glaubt man wäre für den Partner eine nicht zu tragende Last, aber der Partner entscheidet selber welche Last er aushält und welche nicht. Sicher gibt es genug Menschen die das auch nicht könnten, aber Tai läuft nicht weg nur weil es gerade mal kompliziert wird.

Es waren sicher zwei sehr anstrengende Jahre, aber Mimi kann stolz auf sich sein. Denn sie hat es geschafft und das nicht zuletzt, weil Tai immer an ihrer Seite war. :) Dass ist eben Liebe :)

Schließlich hat Tai noch eine Überraschung und Mimi mal eben so ein Haus gekauft. Ich kann verstehen, dass sie zunächst ein wenig baff war, aber jetzt steht ihrem gemeinsamen Leben nichts mehr im Weg und eine kleine Überraschung hatte Mimi ja auch. Sie kann wieder gehen :) toll... jetzt können sie ein Haus einreichten *-* ihr Haus, sooo toll :)

Jetzt bin ich wirklich gespannt was du dir fürs Finale eingefallen hast :)
Liebe grüße und bis dann :):*
Antwort von:  Khaleesi26
13.08.2018 10:36
Hallo zum Zweiten :D Wenn auch etwas verspätet...

Ja, solche Momente sind wohl die Schlimmsten im Leben. Ich hatte selbst schon so einen Moment, in dem es mir ähnlich wie Tai mit Mimi ging und es war furchtbar.

Hihi, stimmt :D Sie haut erst mal voll einen raus und alle wissen... Mimi ist wieder die Alte :D Auch wenn ihr Vater wohl leicht irritiert war :D
Eben, das ist wohl ein kleines Übel, wenn man bedenkt, was hätte passieren können.

Sehe ich auch so. Und wenn es wirklich Liebe ist, dann ist es auch keine Last, sondern dann ist es mehr eine Art Zeichen, dass man immer füreinander da ist - in guten und in schlechten Zeiten. Man tut es eben gerne für den Menschen, den man liebt.

Stimmt :) Mimi hat es geschafft und beide können sehr stolz auf sich sein, dass sie in der Zeit immer zusammengehalten haben.

Jetzt kann doch nur noch alles besser werden oder :) Endlich haben sich diese ganzen Strapazen gelohnt.

Ich hoffe, das Finale gefällt dir. Werde es dann heute hochladen :)
Liebe Grüße <3
Von:  Hallostern2014
2018-08-05T17:57:44+00:00 05.08.2018 19:57
Huhu😘😍😍😍😍

OMG. Was für ein wahnsinnig schönes Kapitel.

Mimi hatte die Op gut überstanden. Zum Glück.

Und dann kommt Tai rein. Mimi haut Knall hart raus. Da ist er ja.... Mein Zuküftiger Ehemann. Man konnte, dass Gesicht ihres Vaters Bildlich vorstellen.

Dann Tais Zuspruch an Mimi, dass er immer für ihr da ist. Sich immer für sie entscheidet. Soll süß.

Sie ist zurück zur ihre Alte Heimat. Wo sie auch besser aufgehoben ist. Und Tai egal wo sie ist. Wie sie sich Fühlt immer an ihrer Seite.

Ich fand seine Überraschung an Mimi so süß. Beide haben ihre eigene 4 Wände. Wo beide ihre eigene Familie gründen können. Aber, dass auch Mimi eine Überraschung hatte. Sie kann paar Schritte laufen. Und somit für Tai ein Zeichen den Antrag zu machen. Wie er wohl es geschafft hatte den Ring 2 Jahre lang vor Mimi zu verstecken. Der Antrag selber war sehr schön. Beide haben viel zusammen durch gemacht. Und jetzt wird es wirklich Zeit. Dass beide einen Schritt weiter geht.

Nach der Hochzeit wird Mimi aber über die Türschwelle getragen.

Ich freue mich schon aufs nächste Kapitel.
Wünsche dir noch einen schönen Sonntag Abend. Und einen schönen Wochenstart😘😍🌷❤
Antwort von:  Khaleesi26
13.08.2018 10:15
Hey Liebes :)

Sorry, dass ich erst jetzt zum Antworten komme. Aber es freut mich, dass dir das Kapitel so gut gefallen hat :)
Haha, ich denke, das war sicher ein kleiner Schock für Tai, aber auch eine Erleichterung. Sie war wieder die Alte, sozusagen :D

Ja, die beiden sind endlich wieder zu Hause, da wo sie hingehören :)
Hihi, das ist Tai sicher nicht leicht gefallen, sich 2 Jahre lang zurück zu halten :D
Und Mimi hat ja auch was ganz Tolles vollbracht, nach 2 Jahren. Jetzt können sie endlich gemeinsam in die Zukunft gehen :)

Haha, na mal sehen, ob sie das mit sich machen lässt :P

Lade dann heute, mit etwas Verzögerung, das Letzte hoch. Eher gings leider nicht :/
Hab einen guten Start in die Woche :*


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