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Die Eichhörnchen-Apokalypse

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14. Februar, gegen 16:30 Uhr

14. Februar, gegen 16:30
 


 

Ein schluchzender Felix saß am Konferenztisch. Ein panischer Marti sprang wie ein Kobold um ihn herum.
 

„Verloren? Wie kannst du ihn denn einfach verloren haben? Was ist denn passiert?“
 

Felix sah ihn verzweifelt an.
 

„Wir ... wir sind gleich nach deinem Anruf ins Auto, und unterwegs haben wir noch diesen Reporter aufgegabelt und in seine Redaktion gefahren, und alles lief gut, und dann kamen wir hier an, und haben das Auto abgestellt, es war kein Platz direkt vorm Haus, also weiter unten, und dann mussten wir eben ein paar Meter laufen, und dann kamen sie ...“
 

„Eichhörnchen?“
 

„Nein, ein paar Mädchen ... zuerst haben wir gedacht, sie beachten uns gar nicht, sie sind an uns vorbei gelaufen ... mit diesem komischen Blick und so ... aber dann hat eine den Blick auf Jako gelenkt ... und er hatte dieses komische Haargummi drin ... pink ...“
 


 

„Oh Gott.“ Marti wurde ganz blass.
 

„Ja, wir sind gerannt, aber eine von denen hat Jako zu packen gekriegt und immer gerufen 'piiiink' und 'gliiiiiitzer' und dann hat sie ihn abgeküsst, und dann hat er sich verändert ...die Augen sind pink geworden ...“
 

Felix weitere Worte gingen in Tränen unter.
 

„Wo ist er jetzt?“, fragte Marti leise.
 

„Er ist da auf der Straße ... das letzte, was ich gesehen habe, ist, dass er auf die Haustür zu geschlurft kam.“
 

„Wir müssen ihn retten ... es ist meine Schuld ... das Haargummi hatte ich ihm gegeben ... ich nenne ihn immer Prinzessin und necke ihn damit ...“
 


 

Marti wollte zur Wohnungstür rennen. David hielt ihn fest.
 

„Marti, wir können nichts tun!“
 

Marti schlug ihm mit seinen Fäusten auf die Brust.
 

„Lass mich los, lass mich los!“
 

Doch dann schien er sich zu beruhigen.
 

Er setzte sich an den Tisch, nahm den verzweifelten Felix in den Arm, und dann weinten sie beide und trösteten sich dabei.
 


 

Olli, der noch immer das Fernsehgerät im Auge hatte, trat nun an den Tisch heran und sagte:
 

„Leute, das ganze breitet sich immer mehr aus. Auch die Nachbarländer verzeichnen nun erste Fälle. Scheiße, ich hätte nicht gedacht, dass das so schnell geht!“
 

„Phhh ...“, schnaubte David, „wie soll man Einhörnchen auch aufhalten? Die halten sich eben nicht an Grenzkontrollen!“
 

Sie sahen sich an. Und jeder von ihnen hoffte und betete in seinem Inneren, dass die Situation irgendwie noch ein gutes Ende finden würde.
 


 

Plötzlich fragte Marie: „Wo ist eigentlich Flo?“
 

Sie liefen los, um ihn überall in der Wohnung zu suchen. Florian Mundt war nirgends zu finden.
 

Nicht in einem der Büros, nicht in der Küche, nicht im Bad.
 

Plötzlich hörten sie Steve erschrocken rufen:
 

„Leute, kommt mal!“
 

Sie rannten in Richtung seiner Stimme, und fanden ihn im Flur, wo er auf einen Zettel zeigte, der an der Wohnungstür hing.
 

„Scheiße,“, stöhnte Marie.
 

Auf dem Zettel stand:
 

„Leute, es tut mir leid, aber ich muss nach Frodo sehen. Ich hab ihn doch gerade erst gefunden, und ich will nicht mehr ohne ihn sein. Wenn ich nichts für ihn tun kann, will ich lieber mit ihm gemeinsam zu Grunde gehen. Wenn ihr das lest, bin ich vermutlich auch schon ein Pinkie. Verzeiht mir.“
 


 

„Scheiße,“, stöhnte nun auch Robin, und alle hatten einen dicken Kloß im Hals.
 

„Oh Mann“, sagte nun David, „das läuft hier wie in nem schlechten amerikanischen Film. Einer nach dem andern verlässt die Gruppe und stirbt. Und das nicht zuerst der Schwarze und dann das blonde Dummchen gestorben ist, liegt einfach nur daran, dass wir über beides nicht verfügen.“
 

Marti war wütend aufgesprungen.
 

„Niemand ist hier gestorben! Und ich hoffe, dass das so bleibt! Und du laberst Blödsinn!“
 

„Aha“, sagte David und zog die Augenbrauen hoch, „sind wir jetzt also an der Stelle im Film, wo einer ausrastet und der große Streit entsteht? Wo die Gruppe sich in zwei Lager spaltet?“
 

„Verdammt noch mal!“, schrie nun der sonst immer so ruhige Dominik.
 

„David, du Idiot, das hier ist kein Film, das ist die nackte Realität!“
 

Und er verpasste David eine Ohrfeige.
 

David kam wieder zur Besinnung.
 

„Tut mir leid, okay?“
 


 

Marti seufzte tief.
 

„Schon okay. Wir sind alle nervös.“
 

Er drehte sich um. „Ich muss jetzt mal was trinken.“
 

Und er ging in die Küche, um sich ein Mate zu holen.
 

Während er die Flasche aus dem Kühlschrank holte, langsam aufschraubte und dann den ersten Schluck durch die Kehle rinnen ließ, waren seine Gedanken unentwegt bei Jako.
 

Jako, dem Mann, den er über alles liebte. Dem er sein Ja- Wort gegeben hatte. Und dem er gesagt hatte: In guten wie in schlechten Tagen ...
 

Er schluckte.
 

Ja, verdammt, er konnte sich gut in Flo hineinversetzen. Konnte gut verstehen, was der getan hatte.
 

In guten wie in schlechten Zeiten ...
 

Er fasste einen Entschluss.
 

Langsam schlenderte er in sein Büro. Dort lag sein Rucksack. Er wühlte darin herum.
 

Er fand was er suchte: einen rosafarbenden und mit Schimmer versehenen Lippenstift. Jakos Lippenstift. Er wurde etwas rot um die Nase. Na ja, die Spiele, die Jako und er so spielten im Schlafzimmer gingen nun wirklich niemanden was an, und er liebte es nun mal, wenn Jako die Prinzessin gab ...
 

Das Haargummi war auch das Überbleibsel eines solchen Spiels gewesen.
 

Er grinste ein wenig, wenn er an die Sache mit dem gläsernen Pantoffel dachte, das war echt heiß gewesen ...
 


 

Egal, jetzt ging es um andere Dinge.
 

Er wollte, so wie Flo, nicht ohne Jako. Er konnte ihn nicht retten, also würde er gemeinsam mit ihm „vor die Eichhörnchen gehen.“
 

Er marschierte, den Lippenstift in der Hand, zur Wohnungstür.
 

„Marti, was hast du vor?“
 

Marie schien beunruhigt.
 

„Ich gehe zu Jako. Ihr werdet mich nicht aufhalten.“
 

Und dann rannte er zur Tür, sprintete in den Flur, warf die Tür hinter sich zu und rannte die Treppen hinunter.
 

„Marti! Marti, du Idiot, bleib hier!“, hörte er hinter sich her rufen.
 

Scheiß drauf.
 

Er trat auf die Straße. Jako stand, mit gesenktem Kopfe, ein Stück die Straße runter auf der anderen Seite.
 

Marti nahm den Lippenstift. Er versuchte, so etwas wie ein Herz auf seine Wange zu malen. Nun, ohne Spiegel würde das wohl eher seltsam aussehen ... egal. Er wollte nur noch zu seinem Mann.
 

Er lief zu ihm.
 

„Jako?“
 


 

Jako wandte seine Augen zu ihm. Seine pinkfarbenen, glitzernden Pupillen.
 

„Piiiink, Gliiiitzer, Martiiiiiii...“, knurrte er.
 

Dann packte er Marti und küsste ihn.
 

Das letzte, was Marti bewusst wahrnahm, war der Duft von Jakos Haar.



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