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Wer bin ich?

von

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Kapitel 16

 

Am nächsten Morgen, nachdem sich Kenta zur Arbeit verabschiedet hatte, wartete sie noch einen Moment, dass er auch wirklich losgefahren war, und verließ dann hektisch die Wohnung und fuhr mit dem Fahrstuhl ins Erdgeschoss. Sie musste dringend mit Mamiko sprechen und sie unauffällig über ihren Unfall ausfragen. Kenta hatte sie nichts von ihrem Vorhaben erzählt. Sie hatte ihm auch nicht erzählt, dass sie heute das Haus verlassen wollte. Er hätte ihr nachher nur einen Vortrag gehalten, dass sie doch gerade noch schwer krank gewesen war und sich noch ausruhen sollte. Sie fühlte sich aber wieder gut und musste der Sache einfach auf den Grund gehen.

Schnell eilte sie zum Bus, der sie ins Zentrum fuhr. Sie wollte Mamiko ganz unauffällig bei der Arbeit besuchen.

 

Vor dem Geschäft angekommen, hielt sie kurz inne und holte, um sich zu beruhigen, noch ein paar Mal tief Luft. Mamiko durfte auf keinen Fall Verdacht schöpfen.

Nachdem sie sich etwas beruhigt hatte, betrat sie mit langsamen Schritten das Geschäft. Neugierig schaute sie sich um. Seit Monaten wollte sie schon einen Blick hier hineinwagen, jedoch hatte Mamiko immer irgendetwas dagegen gehabt.

Nach ihr suchend stöberte sie durch den Laden. Weit und breit aber keine Mamiko zu sehen. Wo steckte sie nur?

Ihr fiel ein kleiner Gang ins Auge, der offensichtlich zum Lager führte. Sich nichts dabei denkend, da sie ja hier auch vor ihrem Unfall gearbeitet hatte und die anderen bestimmt nichts dagegen hatten, wenn sie kurz nach hinten ginge, steuerte sie zielstrebig den kleinen Gang an. Sie wollte gerade einen Fuß hineinsetzen, als sie von einer verdutzten Frau angesprochen wurde. „Dort hinten dürfen nur Mitarbeiter hinein.“

Erschrocken drehte sie sich auf ihrem Absatz herum. „Entschuldigen Sie bitte. Ich dachte … ich dachte, es wäre in Ordnung … Ich weiß, ich war lange nicht hier, aber Sie haben mit Sicherheit von meinem Unfall gehört. Ich wollte nur kurz zu Mamiko und ...“

Die Frau mittleren Alters runzelte skeptisch die Stirn. Sie trug einen schicken blauen Hosenanzug, in dem sie eine Autorität ausstrahlte, ihr war klar, das musste ihre Chefin sein.

„Wovon reden Sie bitte? Wer sind Sie denn überhaupt?“

„Äh … Ich … ich bin Usagi Tsukino. Mir wurde gesagt, dass ich vor meinen Unfall, hier gearbeitet habe … Am besten holen wir einfach mal Mamiko dazu, sie arbeitet ja hier, sie kann bestimmt mehr dazu sagen … und …“

Kurz schielte die Frau über ihre Lesebrille zu ihr, nur um sie danach mit ihrem Zeigefinger wieder ordentlich auf ihre Nase zu schieben. „Ich habe keine Ahnung Miss, wovon Sie sprechen. Hier arbeitet keine Mamiko oder wie sie auch immer heißen soll … Und Sie kenne ich auch nicht. Ich weiß nicht, wer Ihnen so einen Unsinn erzählt hat, aber dies ist ein kleiner Familienbetrieb und hier arbeiten nur Familienangehörige.“

Sie verstand die Welt nicht mehr. Schockiert und unfähig auf irgendeine Weise zu reagieren wurde sie von der Frau nach draußen geschoben.

„Ich habe jetzt Pause, wenn Sie dann bitte gehen würden.“

Fassungslos drehte sich sie noch ein Mal kurz um und sah, dass die Frau die Tür abschloss und ein Schild umdrehte, auf dem stand, dass sie gleich zurück wäre.

Sie verstand überhaupt nichts mehr. Was hatte das alles zu bedeuten? Mamiko war offenbar für ihre Verletzung verantwortlich und dazu hatten die beiden sie belogen? Weder sie noch Mamiko arbeiteten hier in dem kleinen Kleidungsgeschäft.

Mit zittrigen Beinen taumelte sie zu einer kleinen Parkbank herüber und ließ sich herauf fallen. Schwer atmend legte sie ihren Kopf in den Nacken und beobachtete eine kleine Wolke, die vorbei zog. Darum wollte sie also nicht, dass sie das Geschäft betrat.

Ruckartig senkte sie wieder ihren Kopf und war wild entschlossen jetzt erst recht nachzuforschen, was hier los war. Sie musste mehr über ihren Unfall herausfinden und warum sie belogen wurde. Sich selber zunickend sprang sie auf und machte sich auf den Rückweg.

 

Wieder zurück zu Hause, hatte sie nicht mehr viel Zeit, bis Kenta zurückkommen würde. Ohne Zeit zu verlieren, schnappte sie sich das Telefonbuch, blätterte es durch und schrieb jedes Krankenhaus hinaus, welches es in Nagoya gab. Sie hatte keine Ahnung, in welchem sie überhaupt lag, als die zwei Männer sie in den Transporter zerrten. Nachgefragt hatte sie allerdings auch nicht, da sie es bis gestern auch noch nicht wichtig fand.

Nachdem sie alle hinaus gesucht hatte, fing sie an die Liste von oben an abzutelefonieren.

 

„Okay … verstehe. Trotzdem vielen Dank.“

Genervt legte sie auf. Wieder nichts. Somit waren nur noch zwei übrig. Eins der beiden musste es ja sein. Erneut griff sie zum Telefon, wählte die Nummer und wartete, bis am anderen Ende jemand heranging.

 

Nachdem sie zum gefühlt hundertsten Mal ihre Geschichte erzählt hatte, legte sie frustriert auf. Wieder nichts. Blieb also nur noch eins übrig. Wieder wählte sie die Nummer und kurze Zeit später wurde der Anruf entgegen genommen.

„Guten Tag, mein Name ist Usagi Tsukino. Ich hatte vor einiger Zeit einen Unfall und wurde bei Ihnen behandelt. Ich bräuchte, da ich meinen Arzt gewechselt habe, für die weitere Behandlung meine Krankenakte und-“

Bevor sie weiter reden konnte, wurde sie auch schon in die Warteschleife gesetzt.

Leise knackte es am anderen und die Musik hörte auf. „Entschuldigen Sie. Usagi Tsukino sagten Sie, richtig?“

„Ja richtig.“

„Es tut mir leid. Wir haben keine Akte vorliegen. Sind Sie sicher, dass Sie bei uns behandelt worden sind?“

Sie sagte keinen Ton mehr. Das konnte doch nicht sein. In keinem der Krankenhäuser wurde sie behandelt?

„Sind Sie noch dran?“

„Hat sich erledigt“, entgegnete sie nur kurz der Frau und legte auf.

Kurz überlegte sie, was sie jetzt machen sollte, und begann danach erneut das Telefonbuch durchzublättern. Eifrig schrieb sie einige Telefonnummern von Ämtern heraus, die ihr vielleicht weiter helfen würden.

 

Nach einigen erfolglosen Gesprächen wählte sie die letzte Nummer auf ihrem Zettel und eine heisere Männerstimme meldete sich am anderen Ende.

„Guten Tag. Ich bräuchte dringend die Adresse von Usagi Tsukino.“ Kurze Zeit herrschte Stille und sie konnte deutlich hören, dass der Mann auf einer Tastatur herumtippte.

„Es tut mir leid. Eine Usagi Tsukino ist uns nicht bekannt. Kein Eintrag mit diesen Namen. Kann ich Ihnen son-“

Ohne einen Ton zu sagen, drückte sie den roten Knopf und ließ ihren Arm mit dem Telefon nach unten sinken. Zitternd blieb sie einfach an Ort und Stelle stehen.

Doch dann rannte sie auf einen Schlag wütend los, kippte jede Schublade und Kiste aus, die sich in der Wohnung befanden, und suchte nach irgendeinem Hinweis, irgendetwas, was ihr Antworten geben würde. Doch nichts. Gar nichts. Keine Papiere, keine Dokumente, Briefe oder irgendetwas mit ihrem Namen war zu finden. War sie überhaupt Usagi Tsukino? Oder war das auch nur eine Lüge? Sie wollte nicht weinen, aber sie konnte gar nichts dagegen machen. Ungehindert liefen ihr die Tränen über ihre Wangen. Wenn es keine Usagi Tsukino gab, wer war sie dann? Zitternd presste sie ihre Lippen aufeinander, ballte ihre Hände zu Fäusten und ließ ihren Blick durch das Zimmer wandern. Wer verdammt noch mal war sie?

Außer sich, schubste sie einen Stuhl zur Seite und begann alles Mögliche, was ihr in die Finger kam, durch die Wohnung zu werfen. Schwer atmend rannte sie zu dem Fotoalbum, schlug es auf und riss sämtliche Bilder von ihr heraus. Doch plötzlich hielt sie inne und betrachtete das Foto in ihrer Hand. Grinsend schaute sie auf dem Bild in die Kamera.

Schluchzend gaben ihre Beine nach und sie sackte kraftlos auf ihre Knie. Wer war sie? Sie ließ das Foto fallen, drückte ihre Hände gegen ihren Kopf und wippte mit ihrem Oberkörper hin und her.

„Wer bin ich?“

 

Müde schloss Kenta die Haustür auf. Sein letzter Kunde wollte und wollte nicht aufhören zu schwatzen. Da es aber ein sehr wichtiger Kunde für die Firma war, durfte er sich keinen Patzer erlauben und hörte geduldig noch so kleine Geschichte an, bis er dann endlich das Büro verließ.

„Ich hoffe, nächstes Mal kaut er jemanden anderem ein Ohr ab“, murmelte er und schlüpfte seufzend aus seinen Schuhen heraus.

Gähnend schlurfte er durch den Flur Richtung Küche, als plötzlich ein Wimmern in seine Ohren drang. „Usagi?“

Eilig lief er zum Wohnzimmer herüber und blieb erschrocken auf der Türschwelle stehen. Was war denn hier passiert? Über den ganzen Boden lagen Unterlagen verteilt. Sämtliche Schubladen und Kisten waren leer geräumt und Usagi saß kauernd mittendrin und weinte. Hastig eilte er zu ihr und kniete sich neben sie. „Hey Usagi … Was ist denn los? … Was ist hier passiert?“

Vorsichtig legte er seine Hand auf ihre Schulter. Er merkte sofort, wie sie zusammenzuckte. Ruckartig rutschte sie ein Stück von ihm weg. Langsam sah sie auf und blickte ihm nun direkt in die Augen. Es zerriss ihn fast. Sie weinte so bitterlich.

„Wer bin ich Kenta?“

Verwundert über ihre Frage zuckte er mit den Schultern.

„Na, du bist Usagi. Aber warum fragst du? Was ist denn hier überhaupt passiert?“

Sie schluchzte immer mehr. „Weil niemand eine Usagi Tsukino kennt!“

Jetzt verstand er gar nichts mehr. „Usagi. Was ist hier los?“

 

Zusammen gekauert erzählte sie ihm, dass sie Mamiko überraschen wollte und das daraus folgende Gespräch mit der Besitzerin. Warum sie zu ihr wollte, verschwieg sie ihm allerdings. Sie erzählte ihm von den erfolglosen Gesprächen mit den Krankenhäusern und den vielen anderen Telefonaten.

 

Kenta hielt es nicht mehr aus, sie so zu sehen. Ohne groß nachzudenken, schlang er seine Arme um sie herum und drückte sie fest an sich. Erst wehrte sie sich dagegen und schlug, wie wild um sich. Doch er ließ sie nicht los und streichelte ihr mit einer Hand über ihren Rücken. Allmählich gab sie ihren Widerstand auf, krallte sich in sein Shirt und drückte ihr Gesicht gegen seine Brust.

„Tsch … alles gut. Warum kein Krankenhaus deine Akte in Nagoya hat, ist ganz einfach … Dein Unfall passierte in Tokio, daher lagst du dort in einem Krankenhaus … und das dich hier niemand kennt, kann nur ein Fehler sein.“

Er dachte überhaupt nicht darüber nach, was er ihr da gerade erzählte.

Völlig erschrocken über sich selber, realisierte er erst jetzt, was er gerade getan hatte. Aber er hatte es einfach nicht mehr ausgehalten, sie so zu sehen, und hatte einfach das Bedürfnis allen Kummer von ihr zu nehmen.

„Und warum habt ihr gelogen … Niemand kennt uns in dem Laden … Weder Mamiko noch ich arbeiten dort“, schluchzte sie in sein Shirt hinein.

Schwer schluckte er. Aber konnte er jetzt sowieso nicht mehr zurück, er hatte eh schon viel zu viel gesagt.

„Ich … ich weiß es nicht. Mamiko hatte behauptet, dass ihr beide dort eine Arbeit gefunden habt. Zu meiner Schande hab ich euch dort nie besucht und ihr geglaubt …“

Er wusste sich nicht anders zu helfen und hoffte, sie würde ihm glauben. Langsam hob sie ihren Kopf und sah ihn wieder an. „Warum hat sie das getan?“

„Ich weiß es nicht … Aber wir werden es aufklären.“

Schief lächelnd wischte sie sich verschämt die Tränen aus ihrem Gesicht. „Wirklich?“

„Wirklich.“ Aufmunternd lächelte er ihr zu.

Er musste einen Weg finden, sie vor Mamiko zu beschützen. Er musste es irgendwie schaffen, dass Mamikos Plan nicht aufging, ohne das diese es bemerkte. Seine Schwester hatte die letzte Zeit erheblich an Macht gewonnen und er fürchtete sich langsam vor ihr und zugleich war es immer noch seine Schwester, der er alles verdankte. Er konnte sich nicht so einfach gegen sie oder seine Familie stellen. Er wusste aber auch, wenn Mamikos Plan funktionierte, dass sie am Ende Usagi töten würde.

Schwer atmend sah er sie an. Ihr Gesicht war vom Weinen rot und verquollen und dennoch war sie bildhübsch. Sie sah ihn wieder mit ihren wunderschönen blauen Augen an und es lag so viel Hoffnung darin. Er konnte jetzt einfach nicht mehr anders. Solange hatte er sich gegen seine Gefühle gewehrt. Versucht sie zu unterdrücken.

Mit zittrigen Fingern nahm er ihr Gesicht behutsam in seine Hände und beugte sich langsam zu ihr hinunter. Ihr unverkennbarer süßlicher Duft vernebelte seine Sinne. Er konnte in diesem Moment einfach nicht mehr klar denken. Ganz automatisch schloss er seine Augen und näherte sich immer weiter ihrem Gesicht, bis er sanft seine Lippen auf ihre legte. Zu seiner Überraschung erwiderte sie sogar den Kuss. Schweren Herzens löste er sich wieder von ihr, aber er musste es ihr jetzt einfach sagen. „Ich liebe dich.“

 

 

 

Währenddessen in Tokio …

 

… „Ihr könnt das nicht einfach ignorieren!“

Wütend schlug er mit seiner Faust auf den kleinen Tisch. „Usagi hat es geschrieben!“

Minako versuchte ihn zu beruhigen und legte seine Hand auf seine.

„Das denken wir auch, aber niemand weiß doch, wann sie es geschrieben hat. Vielleicht haben ihre Eltern es in ihrem Zimmer gefunden und es mitgenommen.“

Er konnte genau sehen, wie sich Makoto die Haare raufte. „Das ergibt doch alles keinen Sinn. Du hast keine Spur von Usagis Eltern gefunden … oder Usagi.“ Die letzten Worte flüsterte Makoto mehr, als das sie es laut aussprach.

„Nagoya ist eine Hafenstadt … vielleicht, sind sie dort hin, um mit dem Schiff weiter zu reisen“, schlussfolgerte Ami.

„Es erklärt aber nicht, wie dieser Zettel zu dieser Frau gelangen konnte“, seufzte Minako mit einem Mal und nahm ihre Hand wieder herunter.

Aufgebracht, dass die anderen es einfach so hinnahmen, schnappte er sich den Zettel vom Tisch und wandte sich von ihnen ab. Er musste sowieso dringend los zur Klinik.

„Ich muss jetzt lo-“ Doch weiter kam er nicht, da ihn plötzlich ein tiefer Stich in seiner Brust stach.

Der Schmerz war unerträglich. Keuchend krallte er seine Finger auf der Höhe seines Herzens in sein Shirt. Er merkte, wie seine Beine nachgaben, und sackte vor den anderen auf seine Knie.

„Usako …“, presste er zwischen seinen Lippen hindurch und kniff seine Augen zusammen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  G-Saite
2018-06-27T13:17:19+00:00 27.06.2018 15:17
Jedes Mal wieder denke ich: „Jetzt wirds aber spannend!“
Da kann ich nur schnell weiterlesen.
Von:  mondhas
2018-06-07T20:07:32+00:00 07.06.2018 22:07
du bist aber schnell,vielen lieben dank für das neue schöne kap.bin sehr gespannt wie es weiter geht
Antwort von:  Fiamma
08.06.2018 15:01
Huhu,
vielen Dank für deinen Kommi :)

Da die es schon fertig ist, kommen alle 1-2 Tage eine neues Kapitel :) Manchmal wenn ich im Zuge der Überarbeitung ein Kapitel zweiteile auch 2 XD ^^

Liebe Grüße^^


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