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Wandel der Amnesie

Oder auch: Aufregung über den Fimmel, den ich jahrelang getragen habe
von

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Das (eher unschöne) Erwachen

Langsam öffnete ich die Augen. Ein grelles Licht blendete mich und durch die plötzliche Helligkeit kniff ich meine Lider wieder zusammen, beinahe schon so fest, dass es schmerzte. In völliger Dunkelheit lag ich da, spürte unter meinem Rücken eine harte Matratze, auf mir drauf lag etwas weiches, anscheinend eine Decke. An meine Ohren drangen die verschiedensten Geräusche: Autos, die vorbei fuhren, Stimmen, die riefen, schnelle Schritte. Ich musste mich in einem Gebäude befinden… Zumindest identifizierte ich den Gegenstand, auf dem ich lag als Bett.

Ganz langsam begann ich, meine Augen immer wieder blinzelnd erneut zu öffnen. So langsam gewöhnte ich mich an die neuen Lichtverhältnisse, obwohl ich spürte, wie meine Augen dennoch leicht zu tränen begangen. Ein Stöhnen drang aus meiner Kehle, klang tief und trocken. Mein Hals war raus, ich hustete leicht – während dieser Bewegung liefen mir die Tränen über meine Wangen und hinterließen eine angenehme Kühle.

Mein Kopf pochte, als würde ein Mann immer wieder mit einem Hammer an eine Stelle schlagen. Langsam hob ich eine Hand und betastete ihn, erfühlte den rauen Verband, der sich dort befand. Ich erstarrte und suchte in meinen Erinnerungen, was passiert war.

Und dann bemerkte ich mit einem riesigen Schrecken, dass ich keine Ahnung hatte, was passiert war, noch, wie ich aussah oder überhaupt hieß.

Ein wenig Panik machte sich in mir breit. Ich wusste, ich war ein Mensch und ich lebte augenscheinlich, aber warum konnte ich mich partout nicht einmal an meinen eigenen Namen erinnern?

Ich hob meine Hände vor mein Gesicht, um sie angucken zu können, in der Hoffnung, der Anblick meiner schlanken Finger würde mir einen Geistesblitz bescheren, doch nichts geschah. Ich atmete tief ein und aus, versuchte, mich zu beruhigen. Mir fiel auf, dass ich gepflegte Hände besaß – ohne Schwielen oder Hornhaut, die Fingernägel allesamt perfekt geschnitten, ohne ein Stückchen Dreck unter dem Weißen.

Mh… anscheinend arbeitete ich in einem Büro oder machte einen Job, der nicht handwerklich belastet war. Und augenscheinlich besaß ich den Drang zum analytischen Denken… vielleicht war ich Lehrer oder Polizist.

Dennoch, in meinem Kopf blieb diese gähnende Leere, das schwarze Loch, bestehen und es schien, als konnte ich nichts tun, als dazuliegen und meine Hände anzustarren. Ich fuhr mir mit den Fingern über das Gesicht, fühlte meine Wangen, die Nase und Lippen, doch konnte ich mir kein Bild von meinem Aussehen machen. Ich brauchte einen Spiegel, und zwar schnell!

„Oh! Herr Edgeworth, Sie sind wach! Was für eine erfreuliche Nachricht.“

Die freundliche, begeisterte Stimme riss mich aus meiner tiefsten Verwirrung und zögernd wand ich den Kopf, während ich meine Arme kraftlos auf die Matratze fallen ließ. In der Tür stand eine junge Dame, die Haare zu zwei Zöpfen geflochten. Ihre Augen waren groß und rund, ihre Hände umklammerten ein Klemmbrett und sie war in vollkommen weiße Kleidung gehüllt.

…eine Krankenschwester?

Befand ich mich in einem Krankenhaus?

Der Umgebung nach zu urteilen – Nachtschränkchen, weiße Wände, ein Fernseher an der Decke und ein leeres Bett neben meinem – schien ich mit der Annahme richtig zu liegen. Und dennoch hatte ich keine Ahnung, wie ich hier hingekommen war. Langsam richtete ich mich auf. Der Schmerz in meinem Kopf wurde schlimmer, beinahe so sehr, dass mir schlecht wurde und ich hielt mir mit einem Arm den Magen, als könne ich es so verhindern, mich übergeben zu müssen.

„Bleiben Sie doch bitte liegen, Herr Edgeworth.“ Die Krankenschwester kam besorgt zu mir. „Sie sind ziemlich verletzt und sollten sich ausruhen. Ich hole den Arzt, einen Moment!“ Und schon wollte sie verschwinden, doch mit schwacher, verunsicherter Stimme – die sich in meinen Ohren so fremd anfühlte, so bitterlich fremd! – hielt ich sie auf: „Warten Sie!“

Die Dame blieb stehen. „Ja?“

„Sie haben mich Edgeworth genannt… Ist das mein Name?“

Närrischer Narr, schalt eine innere Stimme in meinem Kopf. Natürlich ist das dein Name! Was für eine närrische Frage von einem närrischen Narren, der nur närrische Narrengedanken im närrischen Kopf hat!

Urgh… Wo kam denn DAS plötzlich her? Dennoch hatte ich das Gefühl, dass mir diese… seltsame Wortwahl bekannt vorkam und dass ich damit eher unerfreuliche Gefühle verband. Und trotzdem behielt diese innere Stimme Recht: Würde ich nicht Edgeworth heißen, würde man mich wohl nicht so nennen, richtig?

„Oh, ähm…“ Die Krankenschwester wirke verunsichert.

„Entschuldigt bitte meine Wortwahl“, fiel ich ihr ins Wort und räusperte mich. „Ich würde meine Frage gerne ein wenig abändern, wenn dies gestattet ist.“

Große Augen sahen mich fragend an. Warum besaß ich eigentlich diesen… Drang, mich so eloquent auszudrücken?

„Könnten Sie so freundlich sein, mir meinen vollständigen Namen mitzuteilen?“

„Sie… Sie sind Miles Edgeworth, mein Herr“, kam die Antwort. Die junge Dame trat wieder einen verunsicherten Schritt auf mich zu und fragte: „…können Sie sich etwa an nichts erinnern?“

„Ich wünschte, ich könnte es, aber wahrscheinlich bin ich nicht einmal dazu in der Lage, Ihnen meine Haarfarbe zu nennen“, gab ich zu und schlug die Augen nieder, während sich meine Arme fast wie von selbst vor meiner Brust verschränkten. Diese Pose schien ich wohl oft zu machen…

„…grau.“

„Hm?“ Ich sah wieder hoch. Die Krankenschwester lächelte mich leicht an, dann zeigte sie auf mich. „Ihre Haarfarbe… sie ist grau.“

GRAU?!

Ich fühlte mich körperlich zwar nicht so, aber war ich etwa ein alter Mann?!

Der Name Miles Edgeworth zumindest klang danach… Das war verdammt gruselig, wenn man sich an nichts, aber auch rein gar nichts, erinnern zu vermochte! Ich musste wohl eine ziemlich schockierte Miene aufgesetzt haben, denn die Dame wich wieder einen Schritt zurück: „Ich hole am besten den Euch behandelnden Arzt, Herr Edgeworth. Es dauert nicht lange, das verspreche ich Ihnen!“

Nachdem sie so schnell verschwunden war, dass ich nicht einmal mehr Möglichkeit hatte, Einspruch einzulegen (Einspruch? Woher kam denn der seltsame Gedanke auf einmal her?), quälte ich mich trotz meiner Schmerzen aus dem Bett und wankte in das kleine Badezimmer. Meine Finger ertasteten zitternd den Lichtschalter und ich starrte einen Moment in das Waschbecken, zählte die Risse, die bereits im Porzellan vorhanden waren, ehe ich langsam den Blick hob.

…das Gesicht, das mit entgegenstarrte, wirkte fremd. Ein paar einzelne, graue Strähnen lugten unter dem Verband, der meine Stirn und Hinterkopf einpackte, hervor. Ich hatte ja schon ein mit Falten und Altersflecken bedecktes Gesicht erwartet, doch stattdessen sah ich einem jungen Burschen von Mitte zwanzig in die kleinen, grauen Augen. Die grauen Haare waren seltsam, doch je länger ich mich im Spiegel betrachtete, gewöhnte ich mich an den Anblick. Dennoch… Es war seltsam, in den Spiegel zu sehen, sich selbst zu betrachten und sich zu fragen, ob man tatsächlich so nach draußen gegangen war. Was sich andere Leute wohl bei meinem Anblick gedacht hatten…?

Nun gut.

Zumindest hatte ich jetzt wortwörtlich ein Bild vor Augen, wie ich aussah und auf andere wirken musste: Vollkommen verwirrt. Ich schluckte schwer und taumelte wieder aus dem Bad heraus. Meine Augen erfassten einen Kleiderschrank und ich ging darauf zu, öffnete die Türen.

Ein magentaroter Anzug sprang mir förmlich entgegen. Fein säuberlich aufgehängt war er dort und auf der Ablage drüber sah ich ein weißes Hemd, eine schwarze Weste und… etwas, das ich wohl als Krawatte identifizieren konnte, auch wenn es einen ziemlichen lächerlichen Eindruck machte mit den ganzen Rüschen.

…trug ich so etwas tatsächlich?

Meine Finger strichen über den kalten Stoff des Anzuges. Teurer Stoff… und wahrscheinlich war das Ding auch noch maßgeschneidert auf mich. Unten standen die dazugehörigen Wildlederschuhe – natürlich in schwarz – und ich fragte mich unweigerlich, wie viel Geld im Monat wohl verdienen musste, um mir solch einen Luxus leisten zu können.

„Ah, Herr Edgeworth. Wie ich sehe, können Sie schon wieder aufrecht stehen. Dennoch sollten sie sich wieder hinlegen…“

Bei der Stimme wandte ich mich um und sah mich wohl meinem Chefarzt gegenüber. Ich muss einen ziemlich irren Eindruck machen, wie ich vor dem Kleiderschrank stand, den Ärmel meines Anzuges in den Händen und mit weit aufgerissenen Augen umher schauend.

Langsam ließ ich den Stoff wieder los und ging zu meinem Bett, ließ mich darauf sinken.

„…was ist passiert?“, fragte ich mit lahmer, antriebsloser Stimme. „Und wie heißen Sie?“

„Ich bin Doktor Mason“, stellte sich der Mann vor. Er war definitiv älter als ich, hatte aber noch kein einziges, graues Haar in seiner braunen Pracht.

…vielleicht sollte ich dazu übergehen, mir die Haare zu färben…

„Und sie hatten einen kleinen Unfall in Ihrer Wohnung, Herr Edgeworth. Ihre Deckenlampe hat sich gelöst und ist auf Sie drauf gefallen. Ihre Kopfwunde musste mit vier Stichen genäht werden. Allzu schlimm ist Ihre Verletzung nicht, aber mir kam bereits zu Ohren, dass Sie… einiges vergessen haben.“

Einiges war gut.

Ich hatte ALLES vergessen, verdammt noch mal!

„…richtig“, antwortete ich und zeigte mit einem Finger auf den Schrank. „Ist dies tatsächlich meine Kleidung?“

„Oh ja. Sie wurden darin hier eingeliefert.“ Doktor Mason lächelte mich an. „Man macht sich natürlich große Sorgen um Sie. Ich musste bereits diesen seltsamen Inspektor, der mit Ihnen her gekommen ist, aufhalten, Sie zu besuchen, als er gehört hat, dass Sie wach sind…“

In meinem Gesicht war ein dickes Fragezeichen aufgetaucht. „Inspektor?“

Warum war ich mit einem Inspektor… hier? Wo auch immer hier war.

„…entschuldigen Sie, Herr Edgeworth. Wie es aussieht, leiden Sie an einer transienten globalen Amnesie – Sie können sich also weder an ihr Leben vor dem Unfall noch daran, was danach passiert ist, erinnern. Das ist aber typisch bei einem solchen Schlag auf den Kopf. Ich bin mir sicher, Ihr Zustand wird nur wenige Tage, höchstens ein paar Wochen anhalten.“

„…wie schön.“

Amnesie, darauf war ich ja selbst noch nicht gekommen. Also wirklich.. Dennoch räusperte ich mich und fragte höflich: „Könnten Sie mir dennoch ein paar Fragen beantworten?“

„Natürlich.“

„Wo genau bin ich?“

Glücklicherweise verstand Doktor Mason meine Frage auf Anhieb: „Sie sind in Deutschland, Herr Edgeworth. Sie sind hierhin gekommen, um beim Gericht zu arbeiten. Seit einigen Monaten bereits schon und Sie sind äußerst erfolgreich als Staatsanwalt. Sie haben einen Inspektor mitgebracht, Gumshoe ist sein Name.“

„Deutschland…“, wiederholte ich wispernd. Erst jetzt fiel mir mein eigener Akzent auf, wo ich Doktor Mason – der wohl geborener Deutscher war – sprechen hörte. „Und wo komme ich ursprünglich her?“

„Aus Japan. Sie waren dort Oberste Staatsanwalt. Natürlich hat man Ihnen die Position hier in Deutschland auch schon angeboten, allerdings dürfen Sie sie erst einnehmen, sobald sie etwas länger hier gearbeitet haben… Aber man ist beeindruckt von Ihrer Arbeit. Sie sind viel in den Nachrichten vertreten und die Nachricht Ihres Unfalles war ein Schock für die Gesellschaft.“

„…warten Sie einen Moment…“ Mir schwante Übles und ich holte aus dem Kleiderschrank diese schreckliche, lächerliche Krawatte hervor: „Wollen Sie etwa damit sagen, dass ich hiermit“ – ich wedelte mit dem Rüschenteil herum – „im Gerichtssaal und sogar in der Zeitung stand?!“

„Nun ja… Herr Edgeworth... Das ist ihre Kleidung. Sie haben Sie früher äußerst gerne getragen… Und es steht Ihnen vorzüglich, wenn ich das so sagen darf und es Sie beruhigt.“ Der Arzt schien wohl einen gewissen Sinn für Humor zu besitzen. Allerdings war ich nicht gerade auf Scherze aus.

„Beruhigen? Ich erfahre gerade, dass ich mit diesem… diesem Fimmel in der Weltgeschichte rumgerannt bin! Ein Wunder, dass man mich im Gerichtssaal überhaupt ernst genommen hat…“ Depressiv setzte ich mich auf mein Bett und seufzte schwer aus.

Staatsanwalt war ich also… In Japan war ich sogar Oberster Staatsanwalt…

„…wie kann ich eigentlich Oberste Staatsanwalt mit… mit…“ Ich zögerte, dann ergab ich mich meiner Amnesie: „…wie alt bin ich noch mal?“

„Sie sind fünfundzwanzig Jahre, Herr Edgeworth. Seit fünf Jahren arbeiten Sie als Staatsanwalt. Sie haben mit dem unfassbaren Alter von zwanzig Jahren die Prüfung bereits abgelegt!“

„Rechnen kann ich auch, vielen Dank“, antwortete ich und meine Stimme triefte vor Sarkasmus. Doktor Mason räusperte sich peinlich berührt: „Ähem… Sie haben… Ihren Abschluss übrigens auch hier in Deutschland gemacht. Danach kehrten Sie nach Japan zurück.“

„…ich bin also von Japan nach Deutschland gezogen, um Staatsanwalt zu werden, nur, um danach wieder nach Japan zurück zu kehren?“, wiederholte ich ungläubig. „Wie lächerlich ist das denn?“

„Nun… also… Soweit ich das erfahren habe, hat ihr… Mentor sie mit nach Deutschland gebracht.“

Natürlich fiel mir das Zögern auf und ich verengte die Augen zu Schlitzen: „Mein… Mentor?“

„Manfred von Karma.“ Mehr kam von Doktor Mason nicht und ich wollte schon etwas einwerfen, als er schnell das Thema wechselte: „Aber gut. Ich werde Sie noch für eine Nacht hierbehalten, Herr Edgeworth, um sicher zu gehen.“

„Warten Sie!“, rief ich dem Doktor verzweifelt hinterher, doch dieser wuselte so schnell raus, wie er gekommen war. Ein tiefer Seufzer verließ meine Kehle und ich verschränkte die Arme vor der Brust, tippte mit meinem Zeigefinger auf meinen Oberarm. Diese Geste kam mir bekannt vor, fühlte sich ziemlich vertraut an… tat ich dies auch im Gericht? Es musste bestimmt eindrucksvoll aussehen… allerdings nicht mit diesem lächerlichen Ding von Anzug im Schrank...

„Herr Edgeworth, Sir!“

Ich zuckte ob der lauten Stimme zusammen und blickte erschrocken hoch. Vor mir stand… Ein großer, ziemlich auffälliger Mann in einem schäbigen, grünen Mantel. Er atmete schwer, als sei er den ganzen Weg zu mir ins Zimmer gerannt und ich sah förmlich sein Herz beinahe schon aus der Brust springen. Was mir allerdings eher auffiel: Der Mann hatte Japanisch gesprochen. Und ich hatte es, ohne es richtig zu bemerken, sofort verstanden.

…ich schien ein Sprachgenie zu sein, aber wunderlich war das nicht, wenn ich in Japan und Deutschland gewohnt hatte (Warum hatte ich einen deutschen Mentor besessen? Und wo lebte meine Familie eigentlich?).

„Guten Tag“, begrüßte ich den stürmischen Mann vorsichtig. Dieser salutierte vor mir – wer war das, mein Diener?! – und rief: „Ich hatte mir solche Sorgen gemacht, Sir! Als Sie hier eigeliefert worden sind, da schrillten meine Alarmglocken! Ich habe während ihres Schlafes vor Ihrem Zimmer gewacht, Sir!“

Argh!

Musste der Kerl so schreien?!

Aber er wirkte verdammt glücklich, mich zu sehen, und so, so enthusiastisch… Toll. Ich sagte kein Wort und plötzlich sackte der Mann zusammen.

„…und dann haben sie mich rausgeworfen. A-aber ich bin in Ihre Wohnung gegangen und habe mich für Sie um Missile gekümmert!“

Missile?

Wer war das denn schon wieder?

In Panik suchte ich meine Finger ab, denn mir schwante der Gedanke, ich könnte verheiratet sein – allerdings entdeckte ich keinen Ring, sodass ich mich räusperte und fragte: „Missile…? Geht es ihr denn gut?“ Ich hoffe, dass der Mann, der aufgrund meiner Beobachtungen wohl der Inspektor war, von dem Doktor Mason mir erzählt hatte, was allerdings eine neue Frage aufwarf: Warum nahm ich einen so lauten Mann mit mir nach Deutschland?

„Sie hat Sie vermisst, Sir. Aber ich habe ihr neues Futter gekauft, mit ihr gespielt und bin Gassi gegangen. Ich durfte sie leider nicht mit ins Krankenhaus nehmen, sie wartet vorne am Eingang…“

Also war Missile ein Hund.

Sehr gut, keine mir unbekannte mit mir liierte Person.

…heilige Scheiße!

Ein plötzlicher Gedanke schlug in meinen Kopf ein wie ein Blitz in einen Kirchturm. Ich hatte diesen Inspektor mit nach Deutschland genommen, weil er mir wohl wichtig war… und ich musste ihm demnach wohl auch mögen… Ich war doch nicht etwa mit dem da zusammen, oder?!

„Also, ähm…“ Wie war der Name noch mal? Ich forstete in meinen Gedanken. „Gum…shi… Äh…“

„Sir! Haben Sie etwa meinen Namen vergessen?!“ Der Inspektor wirkte entsetzt.

Ich nahm meine augenscheinliche Lieblingsgeste ein – Arme vor der Brust verschränkt und so weiter – und gab zu: „Ich… nun ja… habe wohl eine Amnesie erlitten…“

„Oh! Ich hatte schon Angst, Sie hätten das mit Absicht gemacht.“ Der Inspektor lachte. „Gumshoe. Dick Gumshoe.“

„….gut. Also, Inspektor Gumshoe… Können Sie mir erklären, warum ich Sie mit nach Deutschland nahm?“

„Sind wir hier in einem Gericht?“ Dick lachte laut auf. „Auch wenn Sie alles vergessen haben, Sir, ihr Benehmen ist gleich geblieben!“

„Antworten Sie mir!“, rief ich, leicht verärgert, aus.

„…! Schon gut… Entschuldigen Sie, Sir.“ Da war er wieder, dieser traurige Hundeblick… „Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Sie haben mich mitgenommen, weil Ich Ihr Untergebener bin! Wir sind ein klasse Team zusammen und haben bereits einige Fälle gelöst! Sie setzten Ihr größtes Vertrauen in mich!“

…tatsächlich?

So langsam zweifelte ich an dem Verstand meines früheren Ichs, dass ich einer Person wie diesem lauten, hibbeligen Inspektor mein größtes Vertrauen gesetzt hatte. Aber gut… Ich war also in gewisser Hinsicht sein Chef. Das, und die Tatsache, dass er mich siezte, mich mit Sir ansprach und zudem keine Anmerkungen bezüglich einer Beziehung hatte erklingen lassen, konnte ich erleichtert aufatmen: Anscheinend hatte ich wirklich nur einen… Arbeitskollegen mit nach Deutschland genommen.

Ganz toll…

„Also, Inspektor… Würden Sie mir einen Gefallen tun?“

„Natürlich! Jeden, Sir!“ Er salutierte erneut.

„…besorgen Sie mir bitte andere Kleidung.“

„Waaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaas?!“ Gumshoe brüllte so laut, dass ich schon Angst bekam, gleich würde die gesamte Besetzung der Station in diesem Zimmer stehen.

„Meine Güte! Brüllen Sie doch nicht so rum!“, wies ich ihn mit harter Stimme zurecht.

„…entschuldigen Sie, Sir…“

Hundeblick.

„Es ist nur… Sie tragen diesen Anzug immer, Sir. Es ist Ihr Erkennungsmerkmal! Sie haben Zuhause noch drei weitere davon im Schrank hängen!“

„Bitte sagen Sie mir wenigstens, dass ich andere Krawatten besitze!“

Gumshoe schwieg daraufhin und blickte betreten zu Boden, kratzte sich am Hinterkopf.

Ich gab ein lautes Stöhnen von mir und vergrub das Gesicht in den Händen: Was für einen Geschmack hatte ich eigentlich früher gehabt?! Wahrscheinlich war ich auch noch mit Anzug in die Schule gegangen…

„…Andere Kleidung, Inspektor. Ich bitte Sie darum!“

„Mh… na gut… Ich bin bald wieder da!“ Er salutierte und schlug sich die Hand dabei so heftig gegen den Kopf, dass ich Angst hatte, er würde gleich umkippen. Und dann, plötzlich, war ich wieder alleine in meinem Zimmer. Ausgelaugt von dem anstrengenden Gespräch rieb ich mir den Hinterkopf, ehe ich mich hinlegte – der Schmerz war immer noch und durch die Lautstärke Gumshoes wahrscheinlich sogar noch gestiegen.

…mein Name war Miles Edgeworth, ich war fünfundzwanzig Jahre alt und derzeit Staatsanwalt in Deutschland.

Damit ließ sich doch arbeiten – zumindest, sobald ich etwas Besseres zum Anziehen bekommen hatte!



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