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More Than A Feeling

28 Gefühle
von

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Besorgnis

Ihr Sohn war nicht nach Hause gekommen. Wenn sie sagen würde, sie hatte etwas geahnt, würde man sie vermutlich für verrückt halten. Doch eine Mutter hatte so etwas im Gefühl. Oder nicht?

Er hatte sich mit seinen Freunden treffen wollen und hatte versprochen am Morgen wieder hier zu sein.

»Ich bringe dir sogar Frühstück mit«, hatte er ihr versprochen.

Sie hatte ihrem Liebling doch nicht Nein sagen können. Also war er gegangen und bis jetzt nicht zurückgekehrt. Sie wollte den Teufel nicht an die Wand malen, weshalb sie ein paar Stunden nichts unternahm. Vielleicht hatte er seinen Wecker nicht gehört? Vielleicht … vielleicht war ihm auch etwas passiert. Dieser Gedanke ließ sie nicht los und während sie am Herd stand um das Mittagessen zuzubereiten, wurde sie immer nervöser. Ihr Blick wanderte zum gefühlt hundertsten Mal in dieser Minute zum Fenster. Immer noch nichts. In der letzten halben Stunde hatte sie versucht ein paar seiner Freunde zu erreichen, doch keiner von ihnen ging ans Telefon. Das wollte man kaum glauben, schließlich verbrachte die Jugend von heute viel zu viel Zeit mit ihren Smartphones.

Im selben Moment, in dem der Topf mit Reis zu kochen begann und beschloss überzugehen, weil sie es in ihrer Sorge um ihren Sohn nicht bemerkte, beschloss sie die Polizei zu verständigen. Sie hätte sich ohrfeigen können, dass ihr das nicht früher eingefallen war. Inzwischen konnte ihm weiß Gott was passiert sein. Sie ignorierte den überkochenden Topf und griff zu ihrem Handy. Ihre Hand zitterte so sehr, dass es ihr beinahe aus der Hand fiel, als sie die Nummer wählte. Immer noch starrte sie aus dem Fenster, hoffte auf ein Wunder - darauf, dass ihr Sohn die Einfahrt hoch stapfte, mit seinem typischen Grinsen im Gesicht. Dann müsste sie dieses Gespräch nicht führen. Doch nichts dergleichen geschah.

Sie wandte sich vom Fenster ab und während sie mit einer freundlichen Dame der Polizei sprach, schaltete sie den Herd aus um das Reis-Malheur in Grenzen zu halten. Die Polizistin fand beruhigende Worte für sie, damit sie ihre Geschichte erzählen konnte, ohne allzu hysterisch zu werden oder in Tränen auszubrechen. Sie atmete ein paar Mal tief durch und riss sich zusammen. Ihrem Sohn war schließlich nicht geholfen, wenn sie am Telefon durchdrehte und Stunden brauchte um ihre Situation zu erklären. Die Dame am anderen Ende der Leitung machte ihr keinen Vorwurf, dass sie nicht früher angerufen hatte. Zum Glück, denn den Vorwurf machte sie sich selbst schon zur genüge. Sie wurde über die weitere Vorgehensweise aufgeklärt und die beruhigende Stimme der Polizistin trug dazu bei, dass sie sich nicht mehr allzu viele Sorgen machte. Sie würden ihn finden, darauf vertraute sie. Lebendig und heil. Sie selbst sollte zu Hause warten und sich melden, sobald ihr Sohn von selbst heim kommen würde. Gefühlte tausend Mal bedankte sie sich bei der Polizistin für ihre Hilfe und war voller Zuversicht, als die Dame sagte, dass sie ihn mit Sicherheit finden würden.
 

Stunden harrte sie aus. Immer an der gleichen Stelle. Ihre Beine waren bereits eingeschlafen, ihr Genick steif und ihre Blase meldete sich auch langsam zu Wort. Doch sie wollte ihren Platz am Fenster nicht verlassen, denn schließlich könnte ihr Junge jeden Moment nach Hause kommen. Und erst sobald sie ihn die Einfahrt hoch kommen sah, würde sie von ihrem Platz aufstehen, nach draußen laufen und ihn in die Arme schließen. Inzwischen war ihr egal was er und seine Freunde getan hatten, sie wollte einfach nur mehr, dass er nach Hause kam.

Vorhin hatte sie seinen Vater angerufen, denn es hätte ja sein können, dass er bei ihm war. Doch der hatte ihn seit seinem letzten Treffen mit ihrem Sohn nicht mehr gesehen. Er hatte angeboten vorbei zu kommen und ihr seelischen Beistand zu leisten, doch sie hatte abgelehnt - wenn ihr Sohn beschloss doch zu ihm zu gehen und er wäre nicht in seiner Wohnung, wer weiß was dann passieren würde. Ihr Ex-Mann versprach sie noch vor der Polizei zu kontaktieren, sollte er bei ihm auftauchen.

Das ungute Gefühl in ihrer Magengegend wurde immer schlimmer. Ihr Magen zog sich zusammen und ihr war übel. Sie wusste nicht wie sie die nächsten Augenblicke und Stunden überstehen sollte, wenn nicht bald etwas passierte. Inzwischen war ihr sogar egal was passierte, sie wollte endlich Gewissheit haben. In ihrer Vorstellung trieb er leblos im Fluss oder lag halbtot unter einer Brücke. Keines der beiden Szenarien war ihr Favorit, doch sie wollte einfach nur mehr wissen was mit ihm passiert war. Ihr wäre sogar egal, wenn er irgendetwas Schlimmes angestellt hätte - solange sie ihn lebend wieder bekam, war ihr alles egal. Sie wollte ihn einfach nur mehr in die Arme schließen.

Als es bereits dunkel war, wurde sie von dem Läuten an der Tür geweckt. Sie war eingeschlafen - der ganze Tag hatte sie so mitgenommen, dass sie die Müdigkeit nicht einmal bemerkt hatte. Ihr Blick fiel aus dem Fenster und sie entdeckte einen Polizeiwagen in ihrer Einfahrt. Ein zweites Klingeln folgte. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Brust und sie war kurz davor sich zu übergeben. Hatten sie ihn gefunden? Waren sie hier um ihr zu sagen, dass er … dass er tot war? Die Sorgenfalte auf ihrer Stirn war tiefer als normal und ihre Hände zitterten heftig, als sie zur Tür ging und diese aufschloss.

Zwei Polizisten standen vor ihrer Tür. Ohne ihren Sohn. Ihre Sorge hatte sich kurzzeitig in wahnsinnige Panik verwandelt und sie schaffte es nicht einmal die Polizisten anständig zu begrüßen.

Man hatte ihren Sohn gefunden. Sie hörte deutlich das ›Aber‹ heraus und bevor ihr ein riesiger Stein vom Herzen fiel oder sie sich zu viele Hoffnungen machte, schluckte sie schwer und nickte leicht, damit der Polizist fortfuhr. Man hatte ihn schwer verletzt am Ufer des Flusses gefunden und ihn in ein Krankenhaus gebracht. Sein Zustand sei inzwischen stabil.

Sie brach in Tränen aus. Tränen der Freude. Ihr Sohn war am Leben. Verletzt, aber am Leben. Sie konnte sich gar nicht genug bei den Polizisten bedanken und versprach sie zu informieren, sobald es ihrem Sohn besser ging - er musste eine Aussage machen, da es vermutlich ein Gewaltverbrechen war. Doch das war im Moment ihre geringste Sorge. Sie hatte ihr einziges Kind wieder. Alles andere war ihr im Moment egal.

Kaum waren die Polizisten verschwunden, rief sie ihren Ex-Mann an, um ihn zu informieren. Er würde sie abholen und mit ihr ins Krankenhaus fahren. In ihrem Zustand hätte sie ohnehin kein Auto lenken können. Die Sorge und die Angst um ihren Sohn fiel erst von ihr ab, als sie ihn schlafend in dem Krankenhausbett liegen sie. Sie setzte sich neben ihn, griff nach seiner Hand und versprach ihm leise, dass sie nicht mehr so schnell von seiner Seite weichen würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  konohayuki
2017-07-23T14:10:50+00:00 23.07.2017 16:10
Nach dem ersten Satz hatte ich schon ein mulmiges Gefühl im Bauch. DAS ist glaube ich der Albtraum jedes Elternteils.

>Er hatte sich mit seinen Freunden treffen wollen und hatte versprochen am Morgen wieder hier zu sein.
Nach "versprochen" müsste glaube ich ein Komma stehen. Und das "hier" ist zwar nicht falsch, ich hätte hier aber eher ein "zurück" oder "da" erwartet.

Finde das Schwanken ihrer Gedanken sehr nachvollziehbar. Auf der einen Seite hofft man natürlich das Beste, auf der anderen aber ...

>Im selben Moment, in dem der Topf mit Reis zu kochen begann und beschloss überzugehen[...]
"übergehen" kannte ich in diesem Kontext noch gar nicht. Es will auch vom Register nicht so ganz passen. Da hätte ich eher ein "überkochen" gesehen.

>[...]schaltete sie den Herd aus um das Reis-Malheur in Grenzen zu halten.
Da bin ich mir tatsächlich sehr unsicher. Müsste da nach "aus" ein Komma stehen?

Ich kann nur noch einmal wiederholen, dass ich die Reaktion der Mutter sehr nachvollziehbar finde. Das ist eine Situation, die man niemandem wünscht.

>[...] denn den Vorwurf machte sie sich selbst schon zur genüge.
"Genüge" müsste hier großgeschrieben werden.

>Inzwischen war ihr egal was er und seine Freunde getan hatten, sie wollte einfach nur mehr,[...]
Müsste es nicht "nur noch" statt "nur mehr" heißen? Oder das "mehr" komplett gestrichen werden? Bin ich beim Lesen drüber gestolpert. Die Formulierung taucht später im Verlauf des Textes noch einmal auf, da müsstest du dann noch einmal schauen, solltest du da angleichen wollen.

>[...], wer weiß was dann passieren würde.
Da hast du einen Zeitsprung drin. Es müsste hier "wer wusste, was dann [...]" heißen.

>Man hatte ihn schwer verletzt am Ufer des Flusses gefunden und ihn in ein Krankenhaus gebracht.
Ach Gott. Aber zumindest ist er nicht in den Fluss gefallen oder war schon tot ... Die Frage ist nur: Was ist da passiert? Immerhin war er ja mit Freunden unterwegs, hätte von denen nicht irgendwas kommen müssen?

>[...]er musste eine Aussage machen, da es vermutlich ein Gewaltverbrechen war.
Minimalstkrittelei: Schöner hätte ich hier die Formulierung "da es sich vermutlich um ein Gewaltverbrechen handelte" gefunden. Deine Formulierung ist aber nicht falsch.

>[...]als sie ihn schlafend in dem Krankenhausbett liegen sie.
Kleiner Vertipper hier: Es müsste "sah" statt "sie" am Ende des Satzes heißen.

Wenigstens bekommen sie aber ein Happy End hier. Da war ich gerade tatsächlich sehr erleichtert. Das Gefühl hast du sehr gut umgesetzt, man fühlt mit der Mutter wirklich mit.

Liebe Grüße,
kono
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