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Kasinogeburtstage

oder: Traue Onigiri nicht weiter, als du sie werfen kannst.
von

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Kasinogeburtstage


 

Hisame fand sich eingekesselt zwischen zwei Mädchen und einem Teller voller Onigiri dubioser Herkunft wieder.

Es waren keine hübschen Onigiri.

Die Noriblätter saßen schief und die Seiten der Onigiri waren alle unterschiedlich lang. An manchen Stellen trat eine ungesund wirkende, violette Sauce aus und in eines der Onigiri hatte jemand eine brennende Kerze gesteckt, die Wachs verlor. Der ganze Teller roch nach Fisch.

Hisame hätte die Dinger niemandem serviert.

So sehr er normalerweise auch wert darauf legte, keine negativen Emotionen zu zeigen - schon gar nicht vor den anwesenden Adeligen - vermutlich sah man ihm seine Gedanken an. Er jedenfalls spürte das nervöse Zucken in seinem Mundwinkel genauso deutlich, wie er die aufsteigende Übelkeit in seinem Rachen schmeckte.

Trotzdem lächelte Soleil, Hanas Tochter, als habe alles seine Richtigkeit. Vielleicht glaubte sie tatsächlich, dass Onigiri so aussehen mussten. Vielleicht gab es bei ihnen daheim nur die nohrische Küche ihres Vaters. Vielleicht ...

Hilfesuchend blickte er zu Caeldori. Sie war es gewesen, die ihn auf dem Weg zu den Gemächern seiner Mutter abgefangen und ihn ins Kasino dirigiert hatte. Wenn er ehrlich war, traute Hisame ihr mehr, als irgendeiner dahergelaufenen Halb-Nohrin, die sich regelmäßig in aller Öffentlichkeit umzog. Immerhin wusste er bei Caeldori, dass ihre Eltern auf eine traditionelle, hoshidische Erziehung wert legten. Sie konnte wissen, dass diese Onigiri ein Fehler waren. Sie musste es wissen.

Sie lächelte trotzdem.

Es war eines ihrer typischen Lächeln: Freundlich, bestimmt und unerweichlich. Er ahnte, weshalb sie es lächelte und es wäre überzeugend gewesen, hätte es ihre Augen erreicht, doch das tat es nicht. Zu beschäftigt war sie damit, seinem Teller ihrerseits skeptische Blicke zuzuwerfen. Hisame kannte diese Blicke, seitdem sie gemeinsam die Haltbarkeit von ein paar dutzend Gläsern mit eingelegtem Gemüse und ebenso vielen Reissäcken abgeschätzt hatten.

Mit der gleichen Sorgfalt, mit der sie damals Schimmel auf Gurken und Kürbistückchen ausgemacht hatte, ging sie nun vermutlich die Liste an Vorräten oder den Dienstplan der Küche durch.

Schließlich wandte Caeldori ihren Blick von den Onigiri ab. Ihr falsches Lächeln wurde im gleichen Maße breiter, in dem Hisames Hoffnung darauf, heil aus der Sache herauszukommen, schrumpfte. Offenbar war sie bereit, jede dumme Idee, die sie sich in den Kopf gesetzt hatte, durchzuziehen.

„Nun“, sagte sie. „Alles Gute zum Geburtstag, Hisame.“

„Genau! Alles Gute, Hisame!“, stimmte Soleil ihr mit einem strahlenden Lächeln zu. „Ich hoffe, du bekommst viele Geschenke!“

Automatisch blickte Hisame zum ersten Geschenk des Tages. Das Geschenk blickte zurück. Erst jetzt bemerkte er, dass jemand den Onigiri Gesichter aufgemalt hatte. Mit Schokoladensauce.

Er schluckte, doch der pelzige Geschmack in seinem Rachen blieb.

Im geheimen Reich war sein Geburtstag bislang immer eine einsame Angelegenheit gewesen, den gerade sein Vater, Hinata, immer um mehrere Tage verpasst hatte. Einmal war er sogar erst einen ganzen Monat später aufgetaucht. Und obwohl Hisame wusste, dass die Schuld beim unregelmäßigen Zeitfluss seines geheimen Reichs lag, grollte er ihm deswegen noch immer.

Er hatte wirklich angenommen, dass es dieses Jahr nur besser werden konnte. Er hatte es wirklich gehofft. Immerhin konnten seine Eltern den Tag dieses Mal eigentlich nicht verpassen. Uneigentlich...

Uneigentlich hatte er heute bislang weder seinen Vater noch seine Mutter gesehen. Sein Blick huschte zum Tisch der Adeligen, doch ausgerechnet heute begleitete sein Vater Mylord Takumi nicht. Selbiger brütete, in eine leise Diskussion mit Prinz Leo vertieft, über seinem Frühstück und schien sich an der Abwesenheit der übrigen Adeligen genauso wenig zu stören, wie an der seiner Getreuen.

„Danke, euch beiden“, brachte Hisame mit einem weiteren Blick auf seinen Teller hervor. „Auch für die Onigiri. Die sind doch von euch, richtig?“

Caeldori gab ein Geräusch von sich, das wie ein sterbender Pegasus klang. Selbst Soleils strahlendes Lächeln bröckelte.

„Ähm, also ...“, stammelte Soleil.

Vorsichtig streckte er eine Hand nach einem der Onigiri aus. Er hätte sie selbst nicht serviert, aber sie waren offensichtlich ein Geschenk. Es wäre unhöflich, sie nicht wenigstens zu probieren.

Seine Finger berührten das Noriblatt. Es war zwar schief, wirkte aber ansonsten essbar. Vielleicht war auch die Füllung essbar - violett, aber essbar. Immerhin würde ihn hier sicher niemand vergiften.

Oder?

Hisame hielt inne.

„Wer hat Küchendienst?“, fragte er.

Beide Mädchen schwiegen. Weder Soleil noch Caeldori erwiderten seinen Blick. Stattdessen spürte Hisame einen anderen Blick auf sich ruhen, skeptisch, ja warnend, doch als er aufsah, konnte er niemanden mehr ausmachen, der ihn beobachtete.

Vorsichtshalber ließ er das Onigiri wieder los. Das Noriblatt löste sich nur widerwillig von seinen Fingern.

„Es ist bestimmt essbar“, warf Soleil ein, die das Noriblatt sicher auch beobachtet hatte. „Nur etwas ... klebrig.“

Hisame wünschte, Kiragi wäre bei ihm, doch das letzte, was er von seinem Freund gesehen hatte, war ein Bogen, der in einem Pfirsichbaum verschwunden war.

„Reisbällchen müssen doch klebrig, oder?“

Er hörte Caeldori schlucken.

„Der Reis muss kleben“, sagte sie.

Für einen Moment starrten sie alle drei auf die Onigiri. Die violette Sauce klebte sicher auch. Und die Schokoladengesichter. Und-

„Ihr sollt mich nur ablenken, oder?“, fragte er in die Stille.

„Was? Nein!“

Die Antwort der Beiden war nicht nur synchron, sie war auch viel zu schnell und viel zu hastig, um ehrlich zu sein.

„Ich hatte noch nie eine Überraschungsfeier zu meinem Geburtstag“, gestand er.

„Echt nicht?“, Soleil klang ernsthaft schockiert. „Aber die machen Spaß!“

„Jetzt hast du uns verraten!“, empörte Caeldori sich.

Soleil verschränkte die Arme vor der Brust.

„Hab ich gar nicht!“, erwiderte sie. „Ich hab ihm nur geantwortet. Du hast uns verraten!“

„Das würde ich niemals tun. Ich nehme meine Aufgaben ernst!“

„Ich habe mich nur auf Ophelias Geburtstagsfeier bezogen. Die war wirklich lustig!“

„Du hast dich verplappert, weil du dem Mädchen dort drüben auf den Po gestarrt hast!“

„Hm? Welchem Mäd-? Oh, die ist ja niedlich!“

Caeldori seufzte schwer.

Hisame war sich nicht sicher, ob Soleil das überhaupt noch hörte. Entweder, sie war wirklich gut im ignorieren oder sie war wirklich einfach abzulenken - er wusste nicht, was ihm lieber war.

Missbilligend schüttelte er den Kopf und wandte sich wieder Caeldori zu. Statt weiter zu lächeln, warf sie Soleil missbilligende Blicke zu, die Augenbrauen zusammengezogen, die Lippen aufeinander gepresst und mit roten Flecken auf den Wangen.

Offenbar hatte er einen Nerv getroffen.

„Wenn es euch so wichtig ist, dann warte ich hier“, sagte er.

Irritiert wandte Caeldori den Blick von Soleil ab und ihm zu. Einen Moment lang musterten sie einander.

„Ich werde nichts verraten.“

Sie nickte.

„Du wirst auch nicht spicken, ich weiß. Es ist nur...“

Hisame zwang sich zu einem Lächeln.

„Ich werde auch nicht verschwinden und mich im Baumhaus meiner Mutter verstecken. Kiragi würde mich sowieso nicht lassen.“

„Ich habe nicht gesagt, dass Kiragi–“

„Kiragi wäre hier, würde er nicht hinter all dem stecken.“

So wenig ihm der Gedanke an eine Überraschungsfeier auch behagte - Ophelias Geburtstagsfeier steckte ihm noch immer in den Knochen, nicht nur, weil auch Tage später noch Konfetti aus seinen Haaren und seinen Kleidern rieselte - die Puzzlestücke setzten sich zusammen. Der Pfirsichbaum passte noch immer nicht ins Bild, aber eines war ihm mittlerweile klar: Wenn es eine Feier für ihn geben sollte, dann war es unausweichlich, dass Kiragi seine Finger im Spiel hatte. Der Gedanke war ein wenig gruselig, aber mittlerweile traute er dem anderen Jungen genug, um nicht das schlimmste zu befürchten.

„Versprich mir nur bitte, dass ich die hier nicht essen muss.“

Caeldori öffnete den Mund, doch sie widersprach nicht. Ihre Blicke glitten zu den Onigiri. Für einen Moment musterten sie beide die unförmigen Seiten, die violette Sauce und die Schokoladengesichter mit dem schiefen Lächeln.

„Sie sind bestimmt sehr lecker“, behauptete sie.

„Sie sind bestimmt sehr giftig“, murrte er gleichzeitig.

Ihre Blicke trafen sich, dann lachten sie beide.

„Na schön“, lenkte Caeldori schließlich ein. „Wie wäre es, wenn ich den Mittagdienst übernehme und uns allen etwas essbares auftische und du dich derweil nicht vergiftest? Einverstanden?“

Hisame nickte.

„Einverstanden.“

Caeldori warf den Onigiri einen letzten Blick zu, dann erhob sie sich. Zufrieden - zufriedener vielleicht, als sie es sein sollte - verschwand sie Richtung Küche und ließ ihn mit einer schmachtenden Soleil allein zurück.

Soleil warf Hisame nur einen kurzen Blick zu, dann sah er demonstrativ fort - auch wegen der Onigiri, die er sonst in seinem Augenwinkel hätte sehen müssen. Sein Blick fiel auf das Mädchen, das Soleil so gut gefiel. Er verstand nicht ganz, was sie an einer einfachen Dienstmagd fand. Zugegeben, mit ihren dunklen, zu einfachen Zöpfen gebundenen Haaren war sie sicher ganz hübsch, doch Hisame hätte sie nie bei ihrer Arbeit stören wollen. Das Einsammeln des Geschirrs und das Wischen der Tische war sicher auch ohne Ablenkung anstrengend genug, auch ohne neugierige Blicke.

Hastig blickte er weiter, bevor sie sich von ihm gestört fühlen konnte.

Sein Blick glitt zu ein paar nohrischen Soldaten, die nahe dem Tresen über ein paar Plänen brüteten und zu dem Tisch der Adeligen, an dem Prinz Leo gerade aufgestanden war. Von seinem Vater war noch immer nichts zu sehen. Eventuell hatte er ihn einfach verpasst und er trainierte mittlerweile im Innenhof. Vielleicht - und das war noch schlimmer - hatte sein Vater auch einfach nur verschlafen.

Beides war, auch abgesehen Hisame seinem persönlichen Empfinden, inakzeptabel.

Missmutig presste er die Lippen aufeinander.

„Du solltest mehr lächeln.“

„Äh, bitte was?“

Irritiert blickte er zurück zu Soleil.

Sie hatte sich von der Dienstmagd abgewandt. Ihr Kinn auf ihre Hand gestützt, blickte sie zu ihm und lächelte ihrerseits.

„Ich habe gesagt, du solltest mehr lächeln“, sagte sie erneut. „Wenn du weiter so guckst, bleiben die Falten irgendwann.“

Hisame verzog seinen Mund, wenn möglich, noch weiter.

„Das zu sagen ist nicht sehr nett.“

Seine Worte prallten an ihrem Lächeln ab, wie ein Ball an einer Wand.

„Aber wahr“, flötete sie. „Du solltest an deinem Geburtstag nicht aussehen wie ein getretenes Hündchen.“

Er war doch kein Hündchen!

Hisame öffnete den Mund, doch der Protest blieb ihm im Halse stecken, als sie zu kichern begann.

„Jetzt schau nicht so entsetzt. Ich meine es schon so. Mit einem Lächeln sieht alles gleich ein bisschen besser aus. Sogar diese Reisbällchen.“

Automatisch blickte er erneut zu den Onigiri. Er lächelte sie probeweise an. Die Onigiri lächelten schief zurück. Sein Magen rumorte unglücklich.

„Nein.“

„Um, na gut, nein“, stimmte sie zu. „Aber alles andere.“

„Vielleicht“, antwortete er, doch er spürte, wie er erneut zu lächeln begann. Es fiel ihm leichter, wenn er nicht zu den Onigiri blickte. Und Soleils Grinsen war ansteckend, auch wenn er nicht verstand ganz, warum.

Für einen Moment sahen sie einander nur an, halb lächelnd, halb grinsend. Vielleicht würde diese ominöse Feier doch nicht so furchtbar, wie ihn die Erinnerung an Ophelias Geburtstag erahnen ließ.

Plötzlich brach Soleil den Blickkontakt ab und runzelte die Stirn. Dann hörte er Schritte hinter sich.

Er stockte.

„Hisame?“

Er erkannte die Stimme, noch während er herumwirbelte.

„Mylord Takumi!“

Beinahe reflextartig verneigte er sich - im Sitzen und mitten in der Bewegung eine verdammt dumme Idee. Er schwankte mitsamt seinem Stuhl und sicher wäre er gestürzt, hätte sein Lehnsherr ihn nicht rechtzeitig festgehalten.

„Hoppla! Hey, nicht so hastig!“

Hisame schaute zu seinem Oberarm, den Prinz Takumi noch immer festhielt. Er spürte, wie er rot wurde. Beschämt senkte er den Blick.

„V-verzeiht, M-Mylord. I-ich–“

„Keine Ursache. Kann ich dich loslassen oder fällst du dann in die Onigiri?“

Er hörte das leichte Lachen in der Stimme des Anderen, doch so recht mochte Hisame es nicht glauben. Irritiert blickte er auf. Prinz Takumi erwiderte seinen Blick. Entgegen seiner Vorstellung wirkte er von Nahem nicht halb so imposant und wichtig, wie Hisame bislang immer angenommen hatte. Eher übermüdet und in etwa so unsicher, wie Hisame sich gerade fühlte, wenn das überhaupt möglich war. Eigentlich sollte es nicht möglich sein. Vermutlich bildete er es sich nur ein.

„Ich- äh“, hörte er Soleil hinter sich nuscheln, „das ist noch ziemlich viel dreckiges Geschirr. Habt ihr was dagegen, wenn ich beim Abräumen helfe? Nein? Wunderbar, bis dann, ciao.“

Hisame sah ihr nicht nach. Er wusste, wie er gerade wirkte.

 

Da erwartete er von seinem Vater immer akkurates Benehmen. Und was tat er, wenn es darauf ankam? Er leistete sich selbst solche furchtbaren Patzer. Er wünschte, die Steinfliesen würden sich unter ihm auftun und ihn mitsamt dem Stuhl und der Onigiri verschlucken.

Natürlich taten sie ihm den Gefallen nicht, aber Prinz Takumi ließ ihn ohnehin nicht los.

„V-verzeiht, Mylord Takumi“, murmelte erneut. „Ich w-wollte E-euch nicht b-beschämen.“

Als Hisame merkte, wie sehr sich seine Worte in seinen Ohren wie sinnfreies Gestammel anhörten, verstummte er. Er ließ den Kopf hängen.

„Keine Sorge, das hast du nicht.“

Unwillkürlich atmete Hisame auf, auch wenn er ihm nicht komplett glaubte. Wer hätte das nach dem Debakel eben schon gekonnt?

„D-Danke, Mylord. Ihr seid zu gütig“, sagte er, den Blick weiter zu Boden gerichtet. „Kann ich Euch behilflich sein, Mylord?“

Prinz Takumi schwieg für einen langen Moment. Der Griff seiner Hand um Hisames Oberarm wurde erst fester, dann schwand er fast ganz.

„Nein ... nein“, antwortete sein Herr leise. „Eigentlich bin ich wegen dir hier.“

Irritiert blickte Hisame nun doch auf. Nicht in Prinz Takumis Augen, das traute er sich nicht, aber zumindest so weit, dass er das nervöse Zucken im Mundwinkel des anderen sehen konnte. Er runzelte die Stirn.

„Das ist wirklich nicht notwendig, Mylord.“

Hisame spürte seinen Blick auf sich.

„Doch“, antwortete er ihm. „Doch, ich denke, das ist es. Verzeih mir, ich bin wirklich nicht gut in so etwas.“

„A-aber Mylord Takumi! Sprecht nicht so von Euch.“

„Aber es ist wahr. Und diese Formalitäten sind wirklich nicht notwendig.“

Ausgesprochen unzeremoniell ließ Prinz Takumi sich auf Caeldoris Stuhl fallen.

„So ist es besser, findest du nicht?“

Hisame fand nicht.

So plötzlich auf Augenhöhe wirkte sein Gegenüber furchtbar normal. Fast ein wenig wie sein Sohn. Wenn Hisame genauer hinsah, glaubte er sogar, dass gleiche Funkeln in Prinz Takumis Augen sehen zu können, das sonst Kiragi immer dann befiel, wenn er einen besonders verwegenen - und unschicklichen - Plan ausheckte.

„Ich- Das verstößt gegen das Hofprotokoll, Mylord.“

Er stockte, als er realisierte, was er da gesagt hatte. Beschämt schlug er die Augen nieder. Bestimmt hatte er damit zu viel gesagt, doch die Schelte blieb aus.

„J-ja, vermutlich.“

Entgegen seiner Erwartung klang Prinz Takumi nicht verärgert - höchstens irritiert.

„Corrins Armee irritiert mich“, fuhr er schließlich in dem gleichen Tonfall fort. „Jeden Tag kommen neue Gesichter hinzu. Mir fällt es schwer, Mitstreitern zu vertrauen, die ich nicht kenne.“

Vorsichtig hob Hisame den Blick. Er wusste nicht, worauf sein Gegenüber hinaus wollte, doch er ahnte, dass ihm das Gespräch wichtig war. Auch wenn es sich falsch anfühlte, Prinz Takumi über solch private Gedanken sprechen zu hören, war Hisame zu neugierig, um das Gespräch abzubrechen.

„Ich habe nachgedacht, Hisame. Du bist Corrins Sohn, richtig?“

Obwohl er wusste, dass es unschicklich sah, suchte Hisame Prinz Takumis Blick.

„Ja, Mylord Takumi. Warum fragt Ihr?“

Prinz Takumi leckte sich über die Lippen.

„Ich ... Ich bin ihr Bruder. Das macht mich zu deinem Onkel.“

„Oh.“

Vermutlich hätte er darauf etwas antworten sollten. Etwas, das intelligenter war, als „Oh“, zumindest, doch ihm fiel nichts ein. Seit er sein geheimes Reich verlassen hatte, war er so bedacht darauf gewesen, seinen Platz in der Armee einzunehmen - im Nachhinein betrachtet konnte er sich nicht erklären, wie er so etwas essentielles hatte übersehen können.

„Und ein ziemlich miserabler Onkel noch dazu“, fuhr Prinz Takumi fort, als Hisame nicht antwortete.

„Sagt so etwas nicht, Mylord–“

„Takumi. Bitte. Und es ist wahr - da liegt mir dein Vater seit Tagen mit deinem Geburtstag in den Ohren und ich schaffe es nicht einmal, dir ordentlich zu gratulieren. Und ein Geschenk habe ich auch nicht. Verzeih mir.“

„Das macht mir nichts aus, Mylo- Takumi ...?“

Die Anrede wegzulassen, fühlte sich furchtbar falsch an, auch wenn sein Gegenüber ihn darum gebeten - Prinz Takumi hatte ihn ernsthaft darum gebeten! - hatte.

Pri- Takumi jedoch schüttelte nur den Kopf.

„Es war trotzdem unbedacht von mir. Sind das Geburtstagsonigiri?“

„Äh, wie bitte?“

Erst verspätet fiel sein Blick auf den Teller neben ihm. Die verfluchten Onigiri hatte er beinahe vergessen!

„Ich glaube nicht, dass sie genießbar sind, My- Takumi.“

Takumi seufzte schwer.

„Ja, ich fürchte, Felicia hatte heute früh Küchendienst.“

Hisame wurde blass. Er spürte, wie ihm schwindlig wurde.

„Felicia-?“

„Die Misosuppe war noch von gestern Abend übrig, aber der Rest–“ Takumi schüttelte den Kopf. Plötzlich stockte er. „Hey, wie wäre es, wenn ich für dich probiere, ob sie essbar sind?“

„Nein, bitte nicht!“

Doch Takumi hatte längst eines der Onigiri in den Fingern. In seinen Augen funkelte Schalk - Schalk, den er sonst nur von Kiragi kannte.

„Das ist das mindeste, was ein Onkel für seinen Neffen tun kann. Oder glaubst du, ich trau mich nicht?“

Für einen Moment musterten sie beide den unförmigen Klumpen in Takumis Hand. Die violette Sauce glänzte unheilvoll.

„Ich traue Felicia nicht!“, erwiderte Hisame noch, doch da war es längst zu spät.

Takumi nahm einen Bissen - einen großen. Er kaute.

Hisame brach der Schweiß aus. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken, obwohl Takumi normal genug kau-

„BÄH!“

Sein Gegenüber spuckte.

Reis und Sauce flogen quer über den Tisch.

Hisame hörte Soleil und ihre Dienstmagd quietschen, doch er ignorierte sie. Er stand noch im selben Moment, sein Stuhl klapperte hinter ihm. Seine Hand suchte automatisch nach einem Becher Wasser, den es nicht gab.

„Alles in Ordnung?“, fragte er, seine Stimme viel zu hoch. Panisch. „Ist es Gift?“

„Schlimmer–“

„Schlimmer?“

Was konnte schlimmer sein, als Gift?

Takumi würgte, dann hustete er.

„Erdbeeren mit sauren Gürkchen.“
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  _Delacroix_
2016-09-28T09:41:25+00:00 28.09.2016 11:41
Ihh, einfach nur ihh und typisch für Felicia.
Wenn sie je ein Massensterben brauchen, muss die Gute nur mehr kochen. Am besten hoshidische Küche.
Antwort von: Arcturus
28.09.2016 11:45
Schlags Leo vor, der mag die Taktik sicher. x'D


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