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Ginny Weasley

Wie fühlt es sich an, besessen zu sein?
von

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Moderne Telekommunikation

„Hinter diesen hübschen, unauffälligen Blüten stecken enorme magische Verwendungsmöglichkeiten. Wer von euch kann mir eine davon nennen?“

Ginny sah auf die rosafarbenen Blätter, auf denen winzige, mit dem bloßen Auge kaum erkennbare, grüne Sprenkel zu sehen waren. Sie hatte keine Ahnung, worauf Professor Sprout hinaus wollte. Colin wüsste das bestimmt, schoss es ihr durch den Kopf.

Colin liebte Kräuterkunde! Von allen Gewächsen hatte er unzählige Aufnahmen mit der kleinen Kamera geschossen, die er von morgens bis abends mit sich getragen hatte. Unruhig stieg Ginny von einem Bein auf das andere. Sie vermisste Colin. Abwesend irrte ihr Blick zwischen Professor Sprout und kleinen, merkwürdigen Pflänzchen hin und her, die am Ende des Gewächshauses standen. Obwohl diese in einiger Entfernung und im Halbdunkel verborgen waren, spürte Ginny eine ungeheure Faszination von ihnen ausgehen.

„Miss Weasley, was gibt es hinter mir so Aufregendes?“ Ginny zuckte schuldbewusst zusammen und deutete mit der Hand auf das Regal.

„Bitte, was für Pflanzen sind das?“

Die Lehrerin drehte den Kopf. „Bei diesen Pflanzen handelt es sich um Alraunen“, klärte Professor Sprout die Klasse auf. Der Name weckte ein Gefühl tiefer Beklommenheit, gepaart mit einem Anflug von Zorn in Ginny, doch weshalb?

Nie zuvor hatte sie von Alraunen gehört!

„Sie sind nichts für Erstklässler und üblicherweise stehen sie auch nicht im Lehrplan. Doch angesichts des Bedarfs ist das Kollegium zu dem Schluss gekommen, die Alraunenzucht in diesem Jahr mit den höheren Jahrgängen durchzuführen“, führte die Lehrerin aus.

Laura hob die Hand. „Professor, aufgrund welchen Bedarfs?“

Professor Sprout schluckte und in ihrer Stimme lag ein leichtes Zittern, als sie antwortete:

„Der Angriff auf euren Mitschüler Colin Creevey, sowie Mrs Norris hat zu einer vollständigen Versteinerung geführt. Bislang sind nur Alraunen in der Lage, diese Versteinerung aufzulösen.“ Sie fuhr sich mit dem Zeigefinger über die Nase.

„Aber was bedeutet es???“, brach es aus Ginny hervor. „Wenn jemand zu Stein geworden ist, kann er doch auch gar nicht mehr Essen und Trinken! Oder bekommt Colin Umschläge? Oder...“

„Nein. Die Alraunen werden zu einem Trank verarbeitet. Sobald er das Innere des versteinerten Körpers erreicht, löst sich der Bann. Bei Colin haben wir es leichter, da sein Mund geöffnet war. Bei Mrs Norris indes wird es schwieriger. Sie bekommt den Trank über die Nase zugeführt, sodass er dahin gelangt, wo er wirken kann: In den Magen-Darm-Trakt.“

„Wann?“ Bildete Ginny es sich ein, oder klang ihre Stimme bang?

Professor Sprout schüttelte leicht und resigniert den Kopf. „Es dauert mindestens vier Monate.“

Laura schnappte nach Luft und die Lehrerin nickte ernst.

„Ja, es ist eine schlimme Sache...“ Sie biss sich auf die Lippe und sah aus dem Fenster. Gespanntes Schweigen erfüllte das Gewächshaus, bis ein Ruck durch Professor Sprout ging und sie in die Hände klatschte. „Aber genug von Alraunen. Widmen wir uns nun wieder dem Verfahren des Frostschutzes bei Pelargonien.“
 

Als das Läuten über die Wiese drang, hatte Laura es besonders eilig. Sie warf die Handschuhe achtlos auf den Tisch, packte Ginny am Arm und zog sie nach draußen.

„Erst in vier Monaten!“ Laura klang entrüstet. „Warum können sie es nicht importieren?“

Ginny bemühte sich, mit der Freundin Schritt zu halten. „Imporwas?“, keuchte sie.

„Importieren! Also aus anderen Gegenden, die es vorrätig haben, bestellen. Bei den Muggeln funktioniert das besser, das muss ich jetzt schon mal sagen.“ Laura schnaubte.

„Du bist Muggelstämmig?“ Überrascht blieb Ginny stehen und sah die Freundin an. Laura winkte ab.

„Nur zur Hälfte. Meine Mutter ist Apothekerin, die kann ein Lied von nicht lieferbaren Arzneien singen. Und das trotz Telefon.“

Ginnys Kopf begann zu schwirren. „Was ist denn das?“

Laura überlegte. Ihr kalter Atem stieg in Nebelschwaden auf und Ginny ging weiter.

„Das ist ein Apparat, den hält man ans Ohr und unterhält sich dann mit Menschen, die fünfhundert Kilometer entfernt leben. Also man spricht, die andere Person hört es und so unterhält man sich dann.“

„Wie mit einem Patronus?“

„Hmm… Nee. Egal, ich kann es nicht erklären.“

Kein Wunder, dass Daddy die Muggel so interessant findet, dachte Ginny. Scheint, dass sie uns Einiges voraus haben.
 

Während des Mittagessens hing Ginny ihren Gedanken nach und nahm von den Gesprächen ihrer Mitschüler keine Notiz. Etwas beunruhigte sie, lag so schwer im Magen, dass sie die Bohnen kaum herunterbrachte und stattdessen tiefe Gräben mit der Messerspitze in den Kartoffelbrei drückte.

Colin wird wieder gesund! Vielleicht weiß er sogar, wer ihn angegriffen hat! Alles wird wieder gut!

Und doch…

Sie musste unbedingt ihre Gedanken sortieren. Seit zwei Wochen schrieb sie seltener mit Tom. Es lag nicht nur an der Last der Hausaufgaben, die so zugenommen hatte, dass sie bis spät abends mit Laura im Gemeinschaftsraum arbeitete.

Nein, unerklärlicherweise überfielen sie hin und wieder beim Gedanken an den unsichtbaren Freund Anflüge von Angst. Doch das war ja albern!

Hinzu kam, dass sie in Laura eine gute Freundin gefunden hatte, mit der sie über beinahe alle Themen sprechen konnte.

Beinahe.

Zuneigung stieg in Ginny auf und das Bedürfnis, Tom zu schreiben, wurde übermächtig.

„Ich geh kurz in die Bibliothek“, sagte sie zu Laura, erhob sich und eilte in den Schlafsaal. Das Buch an sich gepresst, schlich sie durch die Gänge. Der vertraute Geruch alter Bücher brachte Ginny zum Lächeln. Erwartungsvoll ließ sie sich in einem Ohrensessel nieder, schlug das Buch auf und tunkte die Feder in die Tinte.
 

„Lieber Tom, heute war ein schöner Tag und zum ersten Mal konnte ich die Leidenschaft von Daddy bezüglich der Muggel wirklich verstehen! Stell dir vor: Es gibt Apparate, mit denen sie über hunderte von Kilometern miteinander reden können! Und dass, ohne sich zu sehen!

Merkwürdig, was?

Nur wie sie funktionieren, konnte Laura mir nicht erklären. Vielleicht weiß mein Vater es ja. Oder Hermine.“

„Hallo Ginny. Es freut mich sehr, dass du einen schönen Tag hattest. Die Erfindung der Muggel kenne ich – die gab es schon zu meiner Zeit. Doch ich halte nichts davon. Was ist so Tolles daran? Ist unsere Art der Kommunikation der der Muggel nicht weit überlegen?“

Ginny dachte nach.

„Sicher“, schrieb sie. „Doch da die Muggel nun mal nicht zaubern können, ist es doch faszinierend, was sie stattdessen entwickelt haben. Was hast du denn dagegen?“

Diesmal erschien die Antwort Toms schneller und seine Schrift war undeutlicher. „Das will ich dir verraten! Mit ihren Geräten vermögen sie, Kriege über Länder- und Staatsgrenzen hinweg zu befehlen. Ich habe es miterlebt.

Diese Geräte sollten vernichtet werden und die Muggel gleich mit!“ Ginny starrte entgeistert auf die Zeilen ihres Freundes. Das konnte doch nicht sein Ernst sein!? Sie runzelte die Stirn. Obwohl die Fenster der Bibliothek geschlossen waren, spürte Ginny einen eisigen Luftzug. Er schien vom Tagebuch selbst zu rühren, doch wie war das möglich?

„Tom, auch Zauberer führen Kriege.“ Mehr fiel ihr nicht ein. Ginny schlüpfte aus den Schuhen, zog die Beine an den Körper und umschlang sie mit den Armen.

„Ich habe dich erschreckt, verzeih mir. Meine Augen mögen die eines Sechzehnjährigen sein, doch habe ich Grauen erlitten, die ich einem Sechzigjährigen nicht wünsche. Die Muggel sind gefährlich und vor allem die magische Welt wäre ohne sie besser dran. Über Märchen lehren sie ihre Kinder den Hass gegen uns Zauberer und bis heute werden wir unterdrückt.“

Was er wohl erlebt hat, überlegte Ginny und Mitleid überkam sie.

„Aber so sind doch nicht alle“, schrieb sie. Der Satz verschwand. Ein scharfer Schmerz fuhr Ginny in die Schläfe und geblendet kniff sie die Augen zusammen.
 

Verplempere die Zeit mit der Blutsverräterin nicht!
 

So rasch der Schmerz gekommen war, verschwand er wieder. Ginny blinzelte.

„Du hast sicher Recht. Ich wünschte, mir wären andere Muggel begegnet. Aber davon abgesehen – gibt es eine neue Spur bezüglich des Erben von Slytherin?“

Erleichtert über den Themenwechsel schrieb Ginny beherzt: „Es tut mir Leid, dass du so schlechte Erfahrungen gemacht hast. Aber ja – es gibt großartige Neuigkeiten! Es gab keinen Angriff mehr und Colin wird wieder ganz gesund. Allerdings erst in frühestens vier Monaten. Sie müssen die Alraunen erst züchten. Trotzdem bin ich erleichtert. Professor Sprout hat uns heute erklärt, was eine Versteinerung bedeutet. Ich wüsste zu gerne, wie so etwas geschehen kann. Mittels eines Fluchs?“
 

Alraunen! Sie züchteten Alraunen! So wie damals. Nun, das war nicht allzu schlecht. Versteinerte konnten nicht ermordet werden. Und doch – er empfand es als persönliches Versagen, dass der penetrante Creevey überlebt hatte. Das nächste Mal würde er geschickter vorgehen. Nur gut, dass die dumme Elfjährige in letzter Zeit kein Misstrauen mehr gegen ihn hegte. Obwohl die Einträge unglaublich amüsant gewesen waren.

Überspann' den Bogen nicht! Es gibt zu viel zu tun! Die Mission ist zu wichtig!
 

Ginnys Kopfschmerzen intensivierten sich, ihr wurde übel. Ein großer, mächtiger Schatten legte sich über sie und Ginny sah auf. In der Erwartung, Hagrid zu sehen, starrte sie irritiert auf den leeren Gang vor sich. Langsam breitete sich ein warmes Kribbeln über ihre Finger aus, die Kälte wich, Kraft durchströmte sie. Ein breites Grinsen huschte beim Gedanken an Colin über ihr Gesicht. Sie setzte die Feder auf das Buch und schrieb:

„Das Schlammblut würde zerbrechen wie eine große Statue, die man von ihrem Sockel stößt. Wie wäre es mit dem Astronomie Turm?“

In seinen Seiten entspannte sich der junge Mann. Er hatte das Kind wieder unter Kontrolle.
 

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Anhören könnt ihr das Kapitel hier:

https://www.youtube.com/watch?v=JllQEkvBOpw



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