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Psychisch instabil

von

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Ein, zwei pro Tag

Ein gleichmäßiges Piepen. Die ganze Zeit, immer nur piep, piep, piep, piep, piep, piep.

Ich weiß nicht ob ich es beruhigend oder nervtötend finden soll.

Zumindest sagt es das ihr Herz noch schlägt, das sie noch atmet, dass sie am Leben ist.

Andererseits hätten sie auch ein weniger schrilles Geräusch nehmen können. Oder es leiser stellen.

Immerhin wa sie schon in ein anderes Krankenhaus versetzt worden.

Vorher lag sie im dem Gebäude in dem sie auch zusammengebrochen war. Eine Psychatrie mit angrenzenden Krankenhaus.

Warum klingt das so... nach Wahnsinn? Es ist doch eigendlich ganz sinnvoll. Oder nicht?
 

Ich blickte auf und sah das gleiche wie jedes mal. Sie lag einfach nur da, in diesem weißen Bett und was an diese Maschine angeschlossen. Diese Maschine die einem zeigt ob der Patient noch lebt. Die lebende Patientin, sagt das Piepen, aber wenn ich sie so ansehe, weiß ich nicht ob das wahr ist.

Sie war bleich, ihre Haare entweder glanzlos oder fettig, und stinkte nach altem Schweiss, fast toten Menschen und irgendwelcher Chemie.

So wie das ganze Krankenhaus. Nach dem Geruch ist das halbe Krankenhaus am verwesen.

Die Blumen an ihrer Seite verwesten schon seit Tagen, aber manche welkten erst. Irgendjemand sollte sie wegschmeissen. Ich konnte es nicht. Sie erinnerten mich daran wie lange sie schon hier liegt. Wie lange ich schon hier bin.

Jede Blume für einen Tag. Von jemand anderen außer mir bekommt sie keine Blumen. Niemand außer mir war hier. Dieses arme Mädchen hatte niemanden der sie besuchte.

Wird sie immer dünner oder bilde ich mir das ein?

War das ein Zucken?

Sah sie mich an? Nein, aber ich spürte ihre Blicke.

Die Krankenschwestern die von draußen immer wieder reinschielten. Möglichst auffällig unaufällig beobachteten sie mich, schon seit Tagen. Jeden Tag. Mein Gott, ich bin Psychater und darauf trainiert Menschen zu beobachten. Mir ihren Kopf auszumalen. Ihren Verstand, ihre Gedanken.

Sie tuschelten immer wieder.

Warum?

Fragten sie sich wer ich bin? Was ich hier will?

Vielleicht war es falsch, auf die Frage zu antworten das ich ihr Psychater war? Vielleicht hatte die Krankenschwester mich deshalb so seltsam angesehen?

Das gleichmäßige Piepen hatte eine Störung. Von draußen. Ich hörte ein Husten dann ein Röcheln und danach einen langgezogenen Piepton. Die tuschelnden Krankenschwestern stürmten erschrocken zu allen Seiten davon. Wenig später wurde das Bett aus dem Nachbarzimmer herrausgerrollt. Die Decke über das Gesicht dieser Person gelegt, die sich nicht mehr bewegte. Ihr Piepen war erloschen.

Ich blickte wieder zu Alice. Hoffen wir das ihr piepen nicht erlischt. Der Arzt hat gesagt, das wäre äußerst unwahrscheinlich. Aber vielleicht hat er das auch zu dem erloschenen Piepen gesagt?

Warum bin ich hier? Es ist doch ungewöhnlich wenn ein Psychater seine Patienten in einem Krankenhaus besucht, oder?

Es ist meine Schuld, alles.

Das sie hier liegt. Das ich ihr nicht helfen kann. Das die Bumen verwesen.

Es ist das mindeste, sie hier zu besuchen.
 

Meine Gedanken drehen sich im Kreis.

Ich brauche unbedingt frische Luft. Luft die nicht nach Tod und Medikamenten stinkt.

Und Kaffee. Aufjedenfall Kaffee. Ich stand auf und ging zum Fenster. Dort draußen erwartete mich nur dunkel.

Seit wann ist die Sonne untergegangen?

Ich öffnete das fenster und die Nachtluft strömte ein. Diese Luft, die nicht nach Autoabgasen stank war mir suspekt.

Ich gebe es zu, ich bin in der Stadt aufgewachsen, umgeben von Mülltonnen, Autos und Hochhäusern.

Ich sollte mir noch einen völlig überteuerten Kaffee holen und dann nach Hause fahren. Schlafen.

Wie sie. Nur ohne Piepen...
 

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Es war wieder hell. Ich war wieder hier.

Immer nach dem Feierabend.

Neue Blumen, neuer Kaffee, alte Erkenntniss, als ich zur Tür rein kam.

Sie war nicht wach.

Also setzte ich mich wieder an meinen alten Platz und holte meinen alltäglichen Papierkram raus. Protokolle, Notizen, Zeichnungen, Ordner, Akten.

Hier war es sehr ruhig und ich musste das abarbeiten. Und ich musste nachsehen ob es ihr besser geht, denn es ist meine Schuld.

Ich muss auch mehr schlafen.
 

Eine Stimme drang an mein Ohr. Erst verzerrt, dann immer klarer.

"Wach auf." Nicht aggresiv oder traurig, mehr wie ein einfacher Befehl von einer Maschine. Emotionslos. Immer und immer wieder, bis ein schriller Ton mein Ohr zerriss.

Ich war schlagartig wach und richtete mich auf. Irritiert blickte ich mich um. Ein Krankenhaus. Neben mir piepte es, genauso schnell wie mein Herzschlag war. Plötzlich bemerkte ich eine Gestalt in meinem Zimmer. Es war Ethan. Er schlief auf irgendwelchen Papieren.
 

"Zumindest schnarcht er nicht." Mein Blick schnellte zum Fenster.

Dort lehnte Ruvik an der Wand und sah hinaus. "Ich hab ihn schlafen lassen, damit er uns nicht störrt."

Ich sah kurz zur Tür und dann wieder zu ihm. Er folgte meinem Blick.

Wie von Zauberhand schloss sich die Tür leise. "Welcher Tag ist heute?" fragte ich.

"Ich denke Mittwoch." antwortete er mir kurz gebunden. "Das hilft mir nicht wirklich weiter." kritisierte ich. Er lächelte nur.

"Willst du mir wenigstens sagen wie lange ich geschlafen habe?" versuchte ich es wieder.

Er zeigte nur auf die Blumen. "Jeden Tage eine?" fragte ich. Er nickt. "Seine Fürsorge ist rührend, wenn auch sinnlos."

"Es störrt dich." stellte ich fest.

"Es ist, wie gesagt, völlig sinnlos. Und es ist langweilig." antwortet er nur.

"Du hättest dich anders vergnügen können."

"Habe ich. Sie waren schwach." Ich versuche ihn zu lesen. Es misslingt.

"Wieviele?" fragte ich, gefasst auf jede Antwort.

"Jeden Tag einen, vieleicht zwei." Mitgefühl ergriff mich. " Alle waren so... zerbrechlich. So armselig."

"Hat es dir wenigstens mit deinen Experimenten weitergeholfen?"

"Nicht wirklich. Sie waren zu schnell... defekt."

Ich sagte nichts. Diese Aussage war so schlicht und grausam zugleich.

"Hör auf damit. Mitleid hilft ihnen auch nicht mehr."

"Du bist grausam."

"Alle intelligenten Menschen sind entweder grausam oder depressiv, aber immer wannsinnig. Das hast du selbst gesagt."

"Und du hast darauf gesagt das Wahnsinn Ansichtssache ist." Er lächelt wieder nur. Ich frage mich was daran so amüsant sein soll.
 

Ein Stöhnen unterbricht uns. Ethan ist aufgewacht.

Er blickt sich desorientiert um. "Sie sind wach." war alles was mir dazu einfiel.

Er blickt mich etwas verschlafen an. "Du warst fast zwei Wochen lang im Koma. Ist das nicht eigendlich mein Satz?"

Stille legte sich über den Raum. Nur das Piepen ist allgegenwertig.

"Ja, das stimmt wohl." Er mustert mich eine Weile.

"Was ist?" fragte ich ihn.

"Er ist hier, oder?" er brauchte keine Antwort von mir. Er wusste es.

"Es tut mir Leid. Ich werde es nie wieder sagen."

Die Narben in Ruviks Gesicht verziehen sich zu einem selbstgefälligen Grinsen, ehe er verschwand.

"Es ist in Ordnung, ich bin sowieso öfters in Krankenhäusern. Gehen sie nach Hause und schlafen sie eine Weile. Am Ende müssen sie auf ihre Entlassung warten."
 


 


 


 


 


 


 


 

"Habt ihr diesen Mann im Raum 3.04 gesehen?"

"Ja, der sah echt gruselig aus. Ich frag mich ob der nur besucht oder auch hier behandelt wird."

"Ich glaube der ist wirklcih nur Besucher. Zumindest hat der keine Akte hier, ich hab nachgesehen."

"Komischerweise hab ich ihn noch nie auserhalb dieses Zimmers gesehen."

"Doch ich schon! Im Zimmer von dem alten Mann auf der 3. Etage. Der ist kurz danach gestorben."

"Stimmt, der Junge im Zimmer 08 hat auch was von diesem Mann erzählt. Aber niemand sonst hat ihn gesehen."

"Und was ist mit dem Anderen? Diesem Psychater?"

"Den hab ich schon oft gesehen. Aber es ist als ob er ihn nie sehen würde."

"Bei meiner letzten Nachtschicht hab ich ihn sehen. Im Zimmer 12 bei dieser Frau."

"Du meinst die mit Lungenkrebs."

"Ja, genau. Er stand vor ihrem Bett und hat irgendwas aufegschrieben. Danach ging ihr Blutdruck hoch und sie hat wie wid um sich geschlagen. Ich bin reingestürmt und er war weg."

"Das hast du bestimmt geträumt."

"Nein, es war so. Ehrlich."

"Vielleicht solltest du diesen Psychater mal nach seiner Karte fragen."

"Tolle Gruselgeschichten, wirklich, aber solltest du nicht Butabnehmen gehen?"

"Ich geh ja schon."



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