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Der Schatten und die Platina

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Der Schatten und die Platina
 

Mit zügigen Schritten durchquerte die Platina die Gänge der kleinen Privatschule. Es war sehr leer, denn die offiziellen Unterrichtszeiten waren bereits vorüber und nur noch einzelne Clubaktivitäten fanden auf dem Gelände statt. Haine fühlte sich ein wenig verloren, hatte sie sich in der fremden Schule doch völlig verlaufen. Dabei war die Seirin High doch gar nicht so groß!

Shizumasa- sama wäre sicher böse mit ihr, dass sie ihre Platina- Pflichten so sehr vernachlässigte. Immerhin war es das erste Trainingsspiel des Basketball- Clubs, dass sie beaufsichtigen sollte und sie hatte es irgendwie geschafft ihr gesamtes Team und den Vertreter der Schülerversammlung der Seirin zu verlieren und sich zu verlaufen. Dumme Haine, konzentrier dich! Die Sporthalle werde ich schon finden! So etwas kann man schließlich nicht übersehen, dachte sie und knallte abrupt in ein sehr warmes, unnachgiebiges Hindernis. „Aua!“, schimpft sie, mehr mit sich selbst, als mit ihrem Umfeld und beugte sich automatisch in eine entschuldigende Haltung. Ein lebenslang verinnerlichter Automatismus. „Verzeih mir, ich habe nicht aufgepasst! Ich komme nicht von hier und habe mich verlaufen! Bist du verletzt?“ Haine wusste, dass jahrelange Erfahrung in Straßenkämpfen ihr ziemlich viel Kraft verliehen hatten und sie leicht jemanden verletzen könnte. Doch da war keiner!

War sie über Luft gestolpert? Oder noch schlimmer, ein Gespenst? Sofort bekam sie eine Gänsehaut. Maora hatte ihr zwar mit frechem Grinsen zugeflüstert, die Seirin High hätte einen berühmten Schatten, aber mit keinem Wort Spuk und Verwünschungen erwähnt!

„Ähm, ich bin unverletzt.“, erklang es vor ihr. Da stand ein Junge, jetzt unübersehbar dank seiner blauen Haare. Bevor er den Mund geöffnet hatte, war er komplett unauffällig gewesen. Gruselig!

Jetzt sah er sie an. Haine stand ein wenig auf dem Schlauch, bis sie bemerkte, dass er auf ihre Frage geantwortet hatte. „Oh, ähm, ja, das ist gut! Dass du dir nicht wehgetan hast, meine ich! Ich bin Haine und suche die Sporthalle, könntest du mir vielleicht weiterhelfen?“

Sie war immer geradezu und direkt, also hatte sie keinerlei Bedenken, einen Fremden um Hilfe zu bitten. Der Junge reichte ihr nach amerikanischer Art die Hand. Verdutzt reichte Haine ihm ihre. „Kuroko Tetsuya. Ich werde Haine-san zur Sporthalle begleiten, da dies auch mein Ziel ist. Bist du für das Spiel hier?“, fragte er und wandte sich schon in die Richtung, die vermutlich zu den Basketballern führte. Dass er eine Sportuniform trug, bemerkte sie erst jetzt. Peinlich, aber Glück gehabt. Sie bejahte und bedankte sich, während sie ihm folgte. Kuroko war sehr höflich, wenn auch ein wenig distanziert, als er mit ihr durch die Gänge der Sporthalle entgegenlief. Es war erfrischend, nicht als Platina wahrgenommen zu werden und ein paar Nettigkeiten über den Weg und den Zustand der Teams auszutauschen. Obwohl Kuroko nicht viel sagte, spürte Haine eine tiefe Leidenschaft für den Sport in der Art wie seine Augen glänzten und seine Mundwinkel nach oben zuckten, wenn er Basketball erwähnte. Haine schloss ihn sofort ins Herz. „Du bist so süß, Kuroko-kun. Ich könnte dich glatt Kuro-chan nennen!“, sagte sie gedankenlos, worauf er „Bitte nicht.“, antwortete. Aber es war kein Feuer in seinem Widerspruch, weswegen ihn Haine gekonnt überhörte. Sie konnte ja nicht ahnen, dass Kuroko genug Spitznamen hatte, um eine mittelgroße Kindergartentruppe zu versorgen. Sie würde ihn einfach besten Gewissens so nennen, wie es ihr beliebte.

Schließlich erreichten sie ihr Ziel ohne große Umschweife. Die Sporthalle war in einem gut erhaltenden Gebäude untergebracht und machte den Eindruck mit viel Stolz gepflegt zu werden. Es liefen viele Schüler in Sportkleidung herum und zum ersten Mal gewann Haine einen Eindruck davon, wie viel Leute es wohl in einem funktionstüchtigen Team brauchte. Davon war das Team ihrer Schule, das erst dieses Jahr gegründet wurde, noch weit entfernt. Sie hatten grade so die nötigen Spielerzahlen für das Feld, ohne die Möglichkeit jemanden einzuwechseln. Was sie jedoch nicht an Erfahrung mitbrachten, machten sie mit Leidschaft und Tatendrang gut. Haine freute sich, dass ihr diese Aufgabe ganz allein vom Kaiser anvertraut wurde und wollte sich alle Mühe geben, den Anforderungen gerecht zu werden. Sie bedanke sich noch einmal bei Kuroko, der von einem Riesen mit roten Haaren eilig in Richtung der anderen Spieler seines Teams gezogen wurde. Er nickte Haine noch einmal zu und reihte sich zwischen seine Teamkollegen für eine Erwärmung ein. Es war richtig niedlich, wie er zwischen den anderen Spielern unterging. Lächelnd drehte sie sich zu ihren eigenen Leuten um, die schon aufgeregt auf sie zukamen. Besorgte Rufe, wie „Platina! Wo wart ihr?“ und „Habt ihr euch verlaufen? Bitte sagt dem Kaiser nichts!“ wurden ihr entgegen geworfen. Scheinbar war ihr Verschwinden nicht unbemerkt geblieben und sie hatte ihre Schulkameraden in Aufruhr versetzt. Noch eine Entschuldigung, dachte sie. Vielleicht sollte sie einfach immer leicht vorgebeugt durch die Welt laufen, sodass sie nie in Verlegenheit kam, eine Verbeugung zu vergessen. Nun wurde es Zeit, dass sie ein paar Worte an die Sportler richtete. Es war immerhin ihr erstes Spiel und die Aufregung stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Sie brauchten Motivation.

„Ich wünsche euch viel Glück beim Spiel. Ich weiß, eure Gegner haben mehr Erfahrung und mögen euch vielleicht im ersten Moment übermächtig erscheinen, vielleicht sind sie das auch. Immerhin sind sie im letzten Turnier sehr weit gekommen.“ Das war keine gute Rede, jetzt wurde das Team vor ihr auf einmal bleich. Einer von den jüngeren Spielern lief leicht grün an. „Aber sie sind auch nur Schüler, genau wie ihr!“, beeilte Haine sich, um über den missglückten Start hinweg zu kommen. „Also geht raus und macht eurer Schule alle Ehre!“, schloss sie ihre Rede euphorisch ab. Noch mal alles gerettet, denn die Sportler fassten schnell eigenen Mut und stachelten sich gegenseitig an. Beruhigt lehnte sich Haine zurück und suchte sich eine Sitzgelegenheit auf einer Bank neben einem Mädchen mit einer sportlichen Kurzhaarfrisur. Nachdenklich fuhr sich die Platina durch ihre eigenen langen Strähnen. Wie sie wohl mit so kurzen Haaren aussehen würde?

Mit einem Lächeln stellte sich Haine vor: „Hallo, Mein Name ist Haine. Darf ich mich zu dir setzen?“ Das andere Mädchen schaute verdutzt hoch, hatte sie scheinbar mit großer Konzentration der Erwärmung zugesehen. „Riko, mein Name. Klar kannst du dich setzen, aber lass dir sagen, ich verbrüdere mich erst nach dem Spiel mit dem Gegner.“, sagte sie verschmitzt und warf Haine ein gewinnendes Lächeln zu. Haine musste einfach zurücklächeln. Etwas an der offenen Art von Riko-san versetzte sie, trotz ihrer Unsicherheit in der fremden Lage, in Hochstimmung. „Welche Position beziehst du in deinem Team? Du siehst so aus, als hättest du hier das Kommando.“, fragte Haine neugierig und rutschte ein wenig näher, um sich besser unterhalten zu können. „Trainer!“, antwortete Riko stolz und wandte sich ihrer Gesprächspartnerin zu, „Und du?“ Haine überlegte kurz, bevor sie zugab: „Schülervertretung und moralische Stütze. Wir haben noch keinen Trainer oder Manager, weil das Team noch zu neu ist. Solange kümmere ich mich um die Mannschaft.“ Da sie keine Qualifikation für den Sport mitbrachte, hatte Haine mit einem plötzlichen Interessenverlust der Trainerin gerechnet, doch stattdessen überraschte Riko sie. Sie fing an zu Lachen.

Auf Haines überraschten Blick gab sie nur ein spitzbübisches „Also haben wir heute das Sagen, ja? Ein guter Freund von mir würde jetzt sagen: Lass uns Spaß haben! Wir beide können für heute eine ganze Turnhalle voller durchtrainierter Athleten nach Herzenslust herum kommandieren. Was glaubst du, würden andere Mädchen in unserer Position tun?“ von sich und auch Haine stimmte in ihr Lachen ein. Die mulmigen Blicke, die beide Basketballteams den Kichernden zuwarfen, bemerkten sie nicht.

Haine gab Riko gegenüber zu, dass sie nicht viel Ahnung von Basketball hatte, als sich die Spieler aufstellten. Während ihr Team komplett auf dem Feld stand, gab es auf der anderen Seite einige Spieler, die auf der Bank saßen. Haine warf Kuroko ein Lächeln zu, der scheinbar zu den Stammspielern gehörte und neben dem Riesen stand. Beide sahen in ihre Richtung und unterhielten sich leise miteinander. Kuroko winkte ihr mit der gleichen zurückhaltenden Geste zu, die er schon vorhin in den Gängen getragen hatte. Riko sah den kurzen Austausch zwischen den Beiden und fragte: „Du hast dich mit Kuroko angefreundet? So schnell? Die meisten Leute müssen ihn erst spielen sehen, um ihn überhaupt zu bemerken!“ Sie wirkte nachdenklich, als ob sie einen strategischen Vorteil und weiteres Vorgehen überlegen müsste. Das Spiel begann und Riko ging nicht mehr weiter darauf ein, sondern erklärte Haine eher einige grundlegende Regeln und das Bewertungssystem. Es war ein schnelles Spiel und die Platina hatte einige Mühe den vielen Gesetzmäßigkeiten zu folgen, doch sah sogar sie, dass ihr Team klar unterlegen war. Es überraschte niemanden in der Halle, dass sie mit fast doppelter Punktzahl verloren. Haine war überrascht, wie gefasst es ihr Team aufnahm und dass ihre Spieler im Nachhinein um eine Reflexion ihrer Spielweise und Verbesserungsvorschläge baten. Sie war erleichtert, dass die Moral des Teams nicht vollständig untergraben, sondern geradezu beflügelt worden war. Das äußerte sie auch Riko gegenüber, als sie sich für die Möglichkeit zu spielen bedankte. Riko versicherte ihr, dass sie jederzeit für eine Revanche zu Verfügung stehen würden. Sie wurde jedoch schnell in eine Debatte um bestimmte Strategien von einem ruhig wirkenden Brillenträger gezogen, der sie die ganze Zeit über leicht gebannt anstarrte.

Auf einmal fehlte Haine ein Gesprächspartner. Ihr eigenes Team stand um den rothaarigen Riesen, Kagami Taiga, herum und die Spieler versuchten abwechselnd, ihn dazu zu bringen, einzelne Mitglieder zu beachten.

Das Ass des gegnerischen Teams machte inmitten der vielen Aufmerksamkeit einen so verlegenden Eindruck, dass Haine breit lächeln musste. „Kagami-kun steht nicht oft so im Mittelpunkt.“, ertönte es neben ihr. Diesmal war sie darauf vorbereitet. Immer noch lächelnd wandte sie sich um: „Kuro-chan! Du hast so gut gespielt! Obwohl ich dich fast gar nicht gesehen habe! Wir sind sehr dankbar für die Chance hier sein zu können. Ich glaube, euer Kagagmi-kun hat eine Menge begeisterte Anhänger gefunden, nicht wahr?“ Sie deutete auf den Jungen, dem soeben das Versprechen abgenommen wurde, hin und wieder beim Training an der anderen Schule vorbei zu kommen und Tipps zu geben. Kuroko betrachtete das Schauspiel amüsiert. Wäre sie nicht so geübt darin, die Launen des Kaisers zu lesen, hätte sie es vermutlich nicht bemerkt. So jedoch erschien es ihr sehr deutlich.

„Vielleicht solltest du ihn retten gehen? Bevor sie ihn dazu bringen, die Schule zu wechseln? Wir haben ausgezeichnetes Schulessen, musst du wissen…“ Sie ließ den Satz auslaufen, denn Kuroko hatte ihr schon zugenickt und auf den Weg zu seinem Kollegen gemacht. Auch für Haine war es Zeit, ihr Team einzusammeln und sich auf den Heimweg zu machen. Das Spiel mochten sie zwar verloren haben, aber dafür konnten sie viele neue Freundschaften verbuchen.
 

Ende



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