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die Stilles des Herzens

von

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Kind sein

Der Himmel war hellblau, keine Wolke war zu sehen. Ich laufe zu den Wellen des Meeres und meine hellen Füße berührten das Wasser. Erschrocken weiche ich zurück, um gleich darauf wieder meine Füße ins Wasser zu tunken. Neugierig gehe ich einen weiteren Schritt ins Wasser, dabei werde ich von einer Welle nassgespritzt. Die Welle schwappte meine Beine hoch und der Saum meines wunderschönen rosa Kleides, welches ich so gerne habe, wird nass. Ich schreie los und werde gleich darauf wieder von einer Welle getroffen um noch lauter los zu schreien. Das war mir dann endgültig genug des Wassers und ich renne weinend zu meiner Mama zurück. Die mich sogleich liebevoll in ihre Arme schließt, um mich Geborgen aufzunehmen. Während der Umarmung kommt mir ihr Geruch in die Nase. So kuschele ich mich gemütlich in die Geborgenheit meiner Mutter. Sie löst sich zärtlich aus unserer Umarmung und nimmt meine Hand in die ihre, um gemeinsam mit mir, ihrer Tochter verbunden zu sein. Wir laufen über den von der Sonne angewärmten Sand zu dem angrenzenden Wald. Der Wald ist wie eine Wand in verschiedenen Braun- und Grüntönen. Ein Baum reiht sich an den nächsten. Ein Dickicht, das einmal ein Labyrinth der Natur gewesen sein könnte. Von überall hört man Vögel zwitschern, Tiere atmen und das Rauschen der Blätter. Bei jedem Schritt, den wir im Wald laufen, treten wir das Gras platt. Mit jedem Schritt treten wir drauf und hinterlassen für eine kurze Zeit eine Spur mit der man uns folgen kann. Doch wenn man nicht schnell ist steht das Gras wieder auf und es ist so als wäre nie eine Spur dort gewesen. So laufen Mama und ich weiter. Immer weiter in den Wald.
 

Während wir laufen vergeht die Zeit. So färbt sich der Himmel von Hellblau zu Rosa und von rosa zu rot-orange. Die Sonne, die den ganzen Tag scheint, geht unter und der Mond geht auf, um die Nacht ein wenig zu erhellen. Mama und ich sind schon weit in den Wald hinein gelaufen. So weit das ich müde bin. In diesem `Wald des Mythos´, oder wie Mutter ihn nennt, ist jeder geschützt. Solange man den Wald und seine Bewohner schätzt und respektiert, wird dieser Wald einem immer willkommen heißen. So hatte sie es mir jedenfalls erklärt. In der Zeit wo wir durch den Wald laufen steigt der Mond höher und höher in den Nachthimmel empor. Als meine Beine mein Gewicht nicht mehr tragen können nimmt meine Mama mich auf den Rücken. So schlaf ich glücklich auf ihren Rücken ein, während sie durch die Nacht läuft.

Als ich aufwache steht schon die Sonne am Himmel. Um mich herum sind die gleichen Geräusche wie ich sie seit klein auf kenne. Meine Mama sitzt ein wenig abseits und summt Mal wieder eine mir fremde Melodie vor sich her. Als sie mich hört dreht sie sich um, damit sie mich in ihre Arme schließen kann. Und wieder kuschel ich mich in ihren Geruch ein, der sie wie einen Schleier umgibt. Auch heute laufen wir weiter in den Wald hinein. Nicht in den tiefen Teil des Waldes, sondern in den mir Unbekannten. Wir laufen ohne große Verzögerungen los. Den ganzen Tag lang. Die Blätter der Bäume schützen uns vor den heißen Strahlen der Sonne. Unser Weg ist schwerer als ich angenommen hatte. So klettern wir oft über Geröll, wie umgekippte Baumstämme und Steinbrocken, meiden die gefährlichsten Tiere und achten auf Nahrungsquellen. So vergehen die Tage. Einer nach dem anderen. Immer der gleiche Ablauf. Aufstehen, loslaufen, aufpassen, Schlaflager suchen schlafen und alles am nächsten Tag wieder von vorne. Nur der Weg ändert sich täglich aufs Neue. Denn jeden Tag laufen wir weiter, in den mir unbekannten Teil, um ihn kennen zu lernen. Nach all diesen Tagen, des mühenvollen Laufens kommen wir endlich an. Obwohl ich das Ziel nicht kenne, kamen wir an einen Ort an dem ich fühlen kann, dass wir da waren, das es unser Heim ist. Der Ort ist wunderschön. Eigentlich schon fast unbeschreiblich schön. Es ist eine kleine Lichtung die alles zum Leben bietet. Nahrung in Hülle und Fülle. Ein kleiner Bach mit frischem klarem Wasser von den Bergen, die irgendwo jenseits des Waldes, aus der Erde hervorragen. In der Mitte der Lichtung steht eine uralte Weide, die mit ihren Blättern und Zweigen fast die ganze Lichtung überspannt. Ihr Blätterwerk dient wie ein großes grünes Dach. So kann man diesen Ort eher als versteckte Lichtung bezeichnen, und das ist sie auch. Unter ihr finden Mama und ich eine Art Heim, für eine lange Zeit. Unter der Weide ist Ordnung. Alles ist dort weich und mit Moos ausgepolstert. Ich haste natürlich sofort dorthin und mache es mir gemütlich. So schlafe ich auch Ruck Zuck ein. Meine Mama lässt sich ebenfalls nieder, auf den Boden aus Moos. Und so sinkt auch sie in den Schlaf, an mich angekuschelt. Ich habe diesen Ort, diesen Baum, den Fluss, all dies sofort lieb gewonnen. So merke ich kaum wie die Jahre vergehen und die Jahreszeiten wechseln. Die Jahreszeiten kommen und gehen. Die Blätter fallen von den Bäumen. Der Wald färbt sich von grün zu den Farben gelb und orange, bis zu rot und langsam fallen die ersten Schneeflocken herunter. Der Winter bricht ein. Der Fluss friert ein, keine Blumen sind mehr zu sehen und es gibt keine Früchte mehr. Als der Frühling wieder erwacht schmilzt der Schnee. Die ersten Blumen beginnen zu blühen. Der Fluss fließt plätschernd und der Wind wird wieder wärmer. Immer wärmer wird der Wind, der durch den Wald und auch durch die Lichtung bläst und mir den Duft der Blumen vorführt. So geht die Zeit vorüber, bis ich eines Tages die Realität feststellen musste. Die Zeit hält nie an und die schönen Momente der Zeit vergehen so schnell. Viel zu schnell. Dies muss ich schon allzu schnell erfahren.
 

Es ist ein kalter Wintermorgen. Ein Morgen der Stille und der Morgen meines zehnten Geburtstags. Meine Wimpern sind weiß, von einer Frostschicht bedeckt, und meine sonst so rosigen Lippen haben die Farbe blau angenommen. Ich suche mit meinen vor Kälte zitternden Händen nach meiner Mutter. Meine Hände tasten die unmittelbare Umgebung ab. Ich berühre und berühre nur Schnee und Eis, aber nicht meine Mutter. Sie ist nicht da, sie ist weg. Spurlos verschwunden ohne mir Bescheid zu sagen. Tränen fließen über mein Gesicht. Immer mehr Tränen rinnen über meine Wangen und landen im Schnee. Wobei sie im Fall sogleich gefrieren. Nach einer kleinen Weile des Weinens, die mir wie eine halbe Ewigkeit vorkommt, realisierte ich langsam das ich allein bin. Allein. Einsam und verlassen. Ohne die einzige Person in meinen Leben – meine Mutter. Aber ich möchte sie wieder haben, ich will sie suchen. Doch das ist nur ein Zweck, um mich eigentlich selber zu vergewissern ob Mama nun weg ist, oder nur in der Nähe. So laufe ich schweren Herzens los, auf der Suche nach meiner Mutter. Im tiefsten Winter.
 

Ich friere. Der Wind bläst mir das gefrorene Wasser, namens Schnee, in den Nacken. Dies lässt mich erschrocken zusammenfahren. Meine Füße tun nur langsam einen Schritt nach dem anderen. Es kann vielleicht daran liegen, dass sie sich Stück für Stück blau verfärben. Mein Blick irrt hingegen durch den Wald nach einem Anzeichen meiner Mutter, doch zu sehen bekomme ich nur die Farben braun und weiß. Ich bin erschöpft und müde. Langsam sinke ich auf die Knie, ich bin viel zu schwach um weiter zu laufen und so lasse ich mich auf den Schnee nieder. Nur um mich kurz hinzulegen. Nur um wieder zu Kräften zu kommen. Nur eine kleine Weile. Ich will den bösen Traum entfliehen, aufwachen und mich wieder mit meiner Mutter unter der Weide zu befinden. Jedoch muss ich feststellen, dass meine Mutter wirklich weg ist. Wahrscheinlich für immer. Langsam wird mir immer kälter und ich murmele mich zusammen um warm zu bleiben. Doch mein Körper ist Wind und Wetter ausgesetzt und so wird er kalt und steif. Theoretisch gesehen bin ich den Tod geweiht, hätte nicht jemand mich gefunden und aufgenommen.



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