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Sammelsarium

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte
von

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Firnament

Kalte Luft erfüllte die nächtlichen Straßen der Stadt. Autos huschten von einem Fleck zum Anderem, Menschen drängten sich trotz später Stunde durch die Gassen und Winkeln. Lichter fluteten den Schnee, welcher zu Matsch verschwunden war. Nur auf den höchsten Dächern herrschte die Neuschneepracht für eine längere Dauer als die von wenigen Sekunden.

In dieser lärmenden Masse war auch das schwarze Auto nichts Besonderes. Es gab viele dieser Art, man könnte meinen, es wäre ein neuer Hype. Elegant geschwungen, tiefdunkel lackiert und mit silbernem Allerlei verziert, natürlich nicht für nichts zu haben. Gespiegelte Gläser, in denen man kurz rasch seine Fassade aufbessern könnte. Und innen individuell auf den Kunden zugeschnitten, aber nicht für lau.

„Wann sind wir da?“ Die Stimme war im Lärm nicht zu hören. Sie war auch so schon sehr leise, wenn man sie mit dem dröhnenden Bass verglich, der antwortete.

„Gleich.“

Der Motor des Wagens brummte sein Brummen im Hintergrund, während sie sich im schleppendem Verkehr der Nachtgeister bewegten. Die Frau auf der Rückbank seufzte resigniert, denn dieses Gleich bedeutete vermutlich Noch ewig. Sie sah aus dem Fenster hinaus. Die Menschen der Stadt waren in so vielen Facetten vorzufinden. Mal geschminkt, mal einfach nur mit leichten Nuancen und dann gab es noch die Bienen, die von einem Termin zum Anderen hetzten. Diejenigen ohne Heim, die, die man schon aufgegeben hatte und jene, die nichts mit ihrem Leben anzufangen wussten. All das erschien ihr wie ein buntes Sammelsarium aus Farben und Formen.

Die Stadt war bunt. So bunt, wie sie nur sein konnte. Menschen in allen Farben pilgerten zu ihr, verblieben dort und verschwanden.

„Immer noch gleich?“ Ihre Stimme war ein Wispern, aber er hörte es klar und deutlich.

„Ja.“ Es war ein nur verständliches Verhalten, bei solch einer Stimme und einem absolutem Gehör seine Stimme nicht hören zu wollen. Sie erklang viel zu laut in seinen Ohren und wollte nicht verschwinden. Sie hallte auf seinem Trommelfell wieder, obwohl die Dauer so kurz, so kurz war.

Sie nickte frustriert. Ein Blick auf die Uhr am Armaturenbrett zeigte, dass noch Zeit war. Wenigstens würde sie nicht zu spät kommen, dachte sie sich. Es wäre ein Jammer gewesen, die Lämmchen warten zu lassen. Ein Glück, dass sie früh genug aufgebrochen waren. Sie erinnerte sich an das Dunkel der Vorstadt, ehe sie in das Herz eingedrungen waren.

Dort war es noch still gewesen, stiller als in diesem beinahe gänzlich schalldichten Auto.

„Möchtest du einen?“, fragte sie ihn, während sie eine Dose aus ihrer kleinen Handtasche zog, die eine rechteckige, schwarze Form aufwies. Das Leder war hart unter ihren Fingern und glänzte ebenso wie die Lackierung ihrer Nägel.

Er nickte.

Sie öffnete die Dose mit einem kaum hörbaren Plopp und entnahm ihr einen Keks. Sie schob sich selbst einen mit spitzen Fingern in den Mund, einen anderen legte sie in seine Hand, die er ihr entgegen streckte. Er nickte noch einmal dankend und steckte den Keks in den Mund. Sie kaute kaum hörbar, während er seinen Keks auflöste, um nicht allzu stark zu hören.

Eine weitere, kleine Ewigkeit verbrachten sie in Schweigen. Irgendwann wurde es ihr überdrussig, einfach nur hinauszusehen. Sie begann, vorsichtig zu summen. Eine Melodie beflügelte ihre Töne und verwandelten sich in ein Lied. Zu diesem Lied gesellte sich Text und es wurde verständlich. Durch die Aneinanderreihung von Worten bekam es einen Sinn, durch die Stimme eine Seele.

Der Fahrer hörte nur zu. Sie traf jeden der Töne, ihr Gesang löste eine gewisse Befriedigung in ihm aus. Sie war wirklich gut geworden. Er erinnerte sich noch an die alten Zeiten, die ihm wie eine Illusion vorkamen, eine Einbildung, wenn man sie mit den heutigen Tagen verglich. Sie waren so anders als damals. So viel anders.

„Gefällt es dir?“, fragte sie ihn.

Er nickte.

Sie lächelte. Sie lehnte sich tiefer in ihren Sitz zurück, während sie das Zentrum verließen und auf einer weniger befahrenen Straße in ein flotteres Tempo wechselten. Die heutige Nacht würde lang werden.

„Bist du bereit?“, fragte er sie.

Sie nickte.

Sie hielten an einer Seitenstraße an, die die Hintergasse der vielen Hotels bildete. Er stöpselte sich seine Ohren mit Ohrstöpsel zu, die wie moderne Funkgeräte aussahen. Sie waren es zum Teil auch, aber viel mehr sollten sie seine empfindlichen Ohren vor übermäßigem Lärm schützen. Nachdem er so präpariert war, stieg er aus dem Auto. Der ferne Lärm störte ihn nun nicht mehr weiter, er öffnete ihr die Hintertür. Sie schälte sich elegant aus dem Wagen, ihre Absatzschuhe glänzten im schwachen Licht einer Straßenlaterne.

Sie ging voraus zu der Tür, die in das Hotel führte. Sie wartete darauf, dass er ihr die Tür öffnen würde. Er kam schnell nach und mit einem Klick hatte die Tür sich geöffnet. Er steckte die Karte wieder in sein Jackett. Sie nickte ihm zu und trat dann in das Haus hinein.

„Mal sehen, wie lang die Nacht tatsächlich werden wird.“



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