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Crossroads

decisions are never easy
von

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Eskalation

Es war mal wieder alles schief gelaufen, was nur schief hatte laufen können. Nach all den Jahren hätte Severus eigentlich wissen müssen, dass es nie so funktionierte, wie er es sich vorstellte. Schon damals nicht, als er Lily das erste Mal, im Beisein ihrer schrecklichen Schwester, angesprochen hatte. Er wusste noch genau, wie böse sie ihn angestarrt hatte, als er diesen Ast auf Petunia hatte herabstürzen lassen. Es war ebenso wenig geplant gewesen, wie der peinliche Auftritt am Abend zuvor auf Slughorns Party.

Nie zuvor hatte Severus Filch so sehr verabscheut, wie in dem Moment, als er ihn erwischt und vor seinen Hauslehrer geschleift hatte. Alle hatten ihn angestarrt, sich über ihn lustig gemacht oder verärgert ausgesehen. Er erinnerte sich genau an Potters und Blacks breites Grinsen, während Slughorn ihn mit seiner Gutmütigkeit nur noch mehr zum Gespött gemacht hatte.

Als wäre er tatsächlich mit den Absichten gekommen, die man ihm unterstellt hatte. Severus interessierte sich nicht für Slughorns berühmten Bekanntenkreis, denn er wusste, dass jemand wie er dort niemals Anklang finden würde. Er war überdurchschnittlich begabt in Zaubertränke, ja, aber ihm fehlten einfach die edle Herkunft und das Charisma, um genügend beachtet zu werden.

Eines von beidem war Voraussetzung, um bei Slughorn einen Stein im Brett zu haben, und da seine Mutter lieber einen Muggel geheiratet hatte, anstatt der reinblütigen Familie Prince treu zu bleiben, fiel der erste Punkt schon einmal weg. Charisma war ebenfalls nicht seine Stärke und er konnte nicht mal mit einem herausragenden Äußeren bestechen, so wie zum Beispiel Zabini, eine Slytherin, der die Jungen in Scharen hinterher liefen. Warum auch immer, denn er konnte dem arroganten Biest nichts abgewinnen.

Lily hatte viel mehr Ausstrahlung…sie war klüger, freundlicher und bei ihrem Lächeln wurde ihm immer ganz warm. Als sie nach der unangenehmen Eskapade mit ihrer Schwester doch noch Freunde geworden waren, hatte er sich das erste Mal in seinem Leben richtig akzeptiert gefühlt. Sie war nett zu ihm gewesen, hatte ihm gespannt zugehört, wenn er ihr von Hogwarts erzählt hatte. Nie hatte sie ihn ausgelacht, weil seine Kleidung entweder eine Nummer zu groß oder zu klein war…oder weil er in diesem dreckigen Industrieviertel wohnte. Für sie war er keine Lachnummer gewesen, denn sie hatte ihn im Gegensatz zu den Kindern in der Muggel-Schule, in die er bis zu seinem elften Lebensjahr hatte gehen müssen, ernstgenommen.

Sie war für ihn da gewesen, wenn er die Streitereien zuhause nicht ausgehalten hatte, und er hatte nie viel sagen müssen, weil sie ihn auch so verstanden hatte. Es war alles erträglicher gewesen, als sie noch befreundet gewesen waren, doch das hatte er sich verspielt.

Lily hatte Recht gehabt, denn er war wirklich nur deswegen auf Slughorns Party gewesen, weil ihm das Gerücht zu Ohren gekommen war, dass sie mit Potter dorthin ging. Eigentlich hätte er sich denken können, dass das Unsinn war, aber der Gedanke hatte ihn trotzdem nicht in Ruhe gelassen. Also hatte er versucht, sich heimlich unter die Leute zu mischen – was ihm Filch jedoch zunichte gemacht hatte. Lily hatte ihn vor noch mehr Peinlichkeit bewahrt, indem sie für ihn gelogen hatte, und kurz war die Hoffnung in ihm aufgekeimt, er könne das zwischen ihnen doch noch in Ordnung bringen. Zumindest, bis sie ihn zur Rede gestellt und zusammengestaucht hatte, dass er sich aus ihrem Leben raushalten sollte.

Und als wäre das nicht schon schlimm genug, hatte sie Potter auch noch anständig genannt. Potter! Hatte sie schon vergessen, wie oft ihn die so genannten Rumtreiber erniedrigt hatten? Wie sehr sie Potter aufgrund seiner Arroganz und seines infantilen Verhaltens verabscheute? Sicher, sie hatte gesagt, dass sie ihn immer noch nicht leiden konnte, doch warum sprach sie dann überhaupt mit ihm? Es machte ihn innerlich rasend vor Wut und dennoch konnte er nichts tun.

Lily hatte ihm ja schon klar gemacht, dass sie Einmischungen seinerseits nicht wünschte…stattdessen sollte er sich ändern. Was erwartete sie denn? Dank Potter und seinen Kumpanen war er bei Lestrange und dem Rest seines Hauses doch sowieso unten durch. Niemand von ihnen redete mehr mit ihm…aber wie sollte er ihr das begreiflich machen, ohne wie ein kompletter Versager zu klingen? Außerdem hatte er die Hoffnung darauf, doch noch zu ihnen zu gehören, nicht gänzlich aufgegeben. Sollte er sie also anlügen? Vielleicht hätte er das tun sollen…doch was war mit den dunklen Künsten? Sie verlangte ja auch, dass er sich von dem distanzierte, was mittlerweile schon zu einer Obsession für ihn geworden war. Es gehörte zu ihm und wenn sie das nicht akzeptieren konnte, was hatte ihre Freundschaft dann für einen Sinn?

Er seufzte stumm, während er den leeren Korridor im 6. Stock entlang schlurfte, dabei in seinen düsteren Gedanken versunken. So sehr er sich Lily auch auszureden versuchte, es klappte einfach nie. Egal, welche Argumente er vorbrachte, um sich davon zu überzeugen, dass es besser so war…er wollte sie zurück. Die dunklen Künste waren nicht seine einzige Obsession. Leider, denn es hätte so vieles einfacher gemacht.
 

Severus hielt inne, als ihn ein unangenehmes Gefühl beschlich, und ruckartig drehte er sich um. Nach all den Jahren der Auseinandersetzungen mit Potter und Black hatte er ein Gespür dafür entwickelt, wenn er verfolgt wurde, doch dieses Mal schien er sich getäuscht zu haben. Der Korridor war leer. Niemand außer ihm war hier. Nicht verwunderlich, da die meisten im Unterricht saßen.

Allerdings hatten die Rumtreiber ebenso wie er eine Freistunde…so paranoid war seine Befürchtung, dass sie ihm auflauern könnten, daher nicht. Er hatte James Potters Blick nicht vergessen. Die einigermaßen ruhigen Zeiten waren damit wohl vorbei, denn sicher war Potter auf Rache aus, weil er ihm seinen Abend mit Lily ruiniert hatte. So gesehen hatte sein blamabler Auftritt wenigstens einen positiven Effekt gehabt.

Andererseits musste er nun mehr denn je auf der Hut sein und das war lästig. Er seufzte innerlich, ehe er seinen Weg fortsetzte – wobei er jedoch die Hand im Umhang ließ, wo sie seinen Zauberstab immer noch umklammert hielt. Vorsicht war besser als Nachsicht.

Vor allem da Potter und Black die Angewohnheit hatten, aus dem Nichts heraus aufzutauchen…

Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gedacht, vernahm er eine Art Schnaufen – und reagierte blitzschnell.

„Petrificus Totalus!“

Der Zauber traf die Person, ein paar Meter hinter ihm, frontal, ließ diese zusammenklappen und auf den Boden fallen, steif wie ein Brett und nur die Augen bewegten sich noch. Severus, der seinen Stab immer noch fest umklammert hielt, konnte seinen Triumph nur kurzzeitig genießen. Der pummelige Junge starrte ihn erschrocken an, unfähig, auch nur einen Muskel zu rühren – im nächsten Moment fuhr er herum, doch es war zu spät.

„Expelliarmus!“, bellte es hinter ihm und sein Stab wurde ihm aus der Hand geschleudert, blieb ein paar Meter weiter liegen.

Severus wich ein paar Schritte zurück, wagte jedoch nicht, sich umzudrehen und sich auf seinen Stab zu stürzen. Er erinnerte sich noch an das letzte Mal, als es ihn von den Füßen gerissen hatte. Stattdessen legte er so viel Hass wie nur möglich in seinen Blick, als er Potter und Black anfunkelte. Lupin, der mit skeptischem Gesichtsausdruck hinter seinen beiden Freunden stand, beachtete er gar nicht. Von dem musste er weder einen Angriff erwarten noch konnte er mit Hilfe rechnen.

„Was wollt ihr?“, knurrte er und spannte sich an, als Potter seinen Stab hob.

Allerdings richtete er diesen auf Pettigrew, der immer noch bewegungslos dort lag, und erlöste ihn schließlich von seinem Fluch.

„Wenn du ausnahmsweise mal kein Dummkopf bist, Snape, und brav zuhörst, belassen wir es beim Reden“, erwiderte Potter so hochmütig, dass er ihm am liebsten vor die Füße gespuckt hätte.

Jedoch wäre das angesichts seiner Lage sehr unvernünftig gewesen und so lächelte er stattdessen kalt.

„Ich wüsste nicht, was wir zu besprechen hätten“, gab er im selben Tonfall zurück, während Pettigrew aufsprang und zu seinen Freunden eilte.

Lupin schien etwas sagen zu wollen, doch dann überlegte er es sich wohl anders und schwieg lieber, den Blick zur Seite gewandt.
 

„Du weißt genau, worum es geht“, widersprach Potter und Black neben ihm fixierte ihn scharf.

„Stell dich nicht noch dümmer, als du bist, Schniefelus.“

Severus hätte ihm allein für diesen widerlichen Namen einen Fluch aufgehalst, doch noch musste er abwarten. Sobald sich eine Gelegenheit bot, würde er sich seinen Zauberstab schnappen und sich wehren.

„Du wirst dich von Evans fernhalten!“, übernahm Potter wieder das Reden. „Wenn ich noch einmal mitbekomme, dass du ihr in irgendeiner Weise nachstellst und sie mit deinen schleimigen Lügen belästigst, lernst du mich kennen!“

Severus spürte, wie die Wut in ihm hochstieg; wie konnte Potter es wagen, ihm vorzuschreiben, was er zu tun hatte?! Als würde er sich von Potter den Kontakt zu Lily verbieten lassen!

„So“, sagte er langsam und seine Lippen kräuselten sich. „…du denkst also ernsthaft, ich würde auch nur eine Sekunde darüber nachdenken, zu tun, was du verlangst, Potter? Wie käme ich dazu? Davon abgesehen, dass es nicht deine Entscheidung ist, wen Lily trifft und wen nicht. Weiß sie, dass du herumrennst und anderen Leuten ihretwegen drohst?“

„Ich drohe niemandem außer dir, Snape!“, knurrte Potter. „Und zwar, weil du schlecht für sie bist!“

„Oh tatsächlich?“, erwiderte er und klang mit Absicht gelangweilt. „Weil das jemand wie du ja auch so gut einschätzen kann…“

Sarkasmus tropfte aus seinen Worten und er genoss es, wie sein Gegenüber ihn zornig anfunkelte.

„So ist es!“, gab er bissig zurück. „Weil ich im Gegensatz zu ihr erkenne, was für ein mieser Kerl du bist!“

„Das ist ja auch nicht schwer, Krone“, fügte Black gehässig hinzu. „Man muss ihn ja nur ansehen…“

Ein zutiefst angewiderter Blick traf ihn, von oben bis unten, und Severus‘ Wangen brannten vor Scham und Hass. Seine Finger zitterten, woraufhin er sie in seine Handflächen grub, um es zu verbergen.

„…dann weiß man schon, dass er ein schmieriger Gnom ist, der mit seiner krummen Nase abgrundtief in dunkler Magie steckt.“

Er bemühte sich, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn die Worte demütigten. Auch wenn niemand außer den Vieren anwesend war, hatte er es satt, sich solche Sprüche anhören zu müssen.

„Mit dunkler Magie solltest du dich ja gut auskennen, Black“, erwiderte er und sah, wie sich dessen Miene verdunkelte. „Bei so einer Familie…wobei dein Bruder ja immer meint, du wärst vermutlich nur adoptiert worden. Muss wehtun, wenn einen die eigene Mutter als Missgeburt bezeichnet…“

Abrupt wurde es so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Blacks Gesichtsausdruck nach zu urteilen waren sie nun mindestens quitt und ein hämisches Grinsen legte sich auf Severus‘ Lippen. Was er gesagt hatte, war nicht mal ausgedacht, denn Regulus erzählte tatsächlich überall herum, dass Black das schwarze Schaf der Familie war.

Er beobachtete, wie sowohl Potter als auch Lupin einen nervösen Blick zu ihrem Freund warfen – und dann stürzte Black nach vorn, um sich allem Anschein nach auf ihn zu werfen. Severus wich zurück, nicht sicher, ob Black ihn verhexen oder auf ihn einprügeln würde.

„Du wagst es?! Du dreckiger, fetthaariger, kleiner Sch-“

„Tatze!“

Es war ein Bild für die Götter, wie Black sich gegen den Griff seiner beiden Freunde wehrte. Mit zornesrotem Gesicht versuchte er sich loszureißen, die grauen Augen fest auf ihn gerichtet, doch Lupin und Potter hatten sich je einen Arm gepackt.

„Lasst mich los!!“, bellte Black wie ein Irrer. „Ich bring ihn mit bloßen Händen um!!“

„Beruhige dich!“

„Der ist es nicht wert…Tatze!“

Anscheinend hatte er da einen wirklich wunden Punkt getroffen, so außer sich, wie Black war.
 

Severus nutzte die Situation sofort, indem er herumfuhr und zu seinem am Boden liegenden Stab hechtete. Hinter ihm wütete Black und das war sein Glück, denn dadurch reagierten die drei zu spät.

„Passt auf!“

Erst, als Pettigrew durch seinen panischen Aufschrei die Aufmerksamkeit auf ihn lenkte, achteten sie wieder auf ihn. Viel zu spät, denn Severus stand bereits wieder, den Stab in der Hand…dieses Mal würde das hier anders ausgehen. Er ließ sich nicht drohen.

„Stupor!“

Der rote Lichtstrahl traf Black frontal in die Brust, riss ihn von den Füßen und ließ ihn mit dem Hinterkopf auf dem Steinboden aufschlagen. Severus hoffte, dass er sich ernsthaft verletzt hatte – doch im nächsten Moment musste er einen Fluch von Potter abwehren.

„Conjunctivitius!“

„Protego!“

Pettigrews Schrei hallte durch den Korridor, als Potters Fluch an seinem Schild abprallte und zurückgeworfen wurde…direkt ins Gesicht des Kleinsten von ihnen. Dieser presste sich die dicken Finger auf die plötzlich zugeschwollenen, tränenden Augen und heulte laut auf. Derweil hatte Lupin Black anscheinend mit einem Rennervate geweckt, denn dieser war nun wieder auf den Beinen und hob seinen Zauberstab gegen ihn.

„Seid ihr total verrückt geworden?! Hört a-“

Lupins Versuch, das Gefecht zu beenden, endete abrupt, als ihn Severus‘ mit seinem Fluch traf – nicht einmal absichtlich, denn er hatte eigentlich Black treffen wollen. Lupin ließ vor Schreck seinen eigenen Stab fallen, als sich seine Haut zusammenzuziehen begann und tiefe Falten warf. Plötzlich sprossen Haare aus seinem Gesicht, bis sich ein langer, grauweißer Bart gebildet hatte…dann krümmte er sich zusammen, bis er gebückt da stand – Alterungsfluch.

„Oh Gott…“, röchelte Lupin mit heiser klingender Stimme und sah fassungslos an sich herab.

„Dafür zahlst du, Snape!“, brüllte Black, dessen Hände blutverschmiert waren – vermutlich von einer Platzwunde am Hinterkopf.

Als er und Potter gleichzeitig einen Fluch auf ihn schleuderten, konnte er nur einen abwehren. Ein Kribbeln breitete sich in seiner Nase aus und vor Schreck ließ er beinahe seinen Zauberstab fallen. Dann…veränderte er sich…und japste vor Entsetzen auf; seine Nase wuchs…und sie hörte nicht auf zu wachsen, bis sie die zehnfache Größe erreicht hatte und er kaum noch etwas sehen konnte. In blinder Wut schoss er einen Fluch zurück, woraufhin er jemanden aufschreien hörte – Lupin.

Abermals folgten Angriffe, wie es schien von allen Seiten, und er verlor den Überblick durch die vielen bunten Lichtblitze.

„Sternutatius!!“

„Ratzeputz!!“

Er wusste, dass er getroffen hatte, als er ein Niesen vernahm – doch es war auch der letzte Zauber, den er sprechen konnte. Schaum und Seifenblasen quollen aus seinem Mund, ließen ihn gurgelnd nach hinten taumeln, bis er gegen die Wand stieß.

„Stupor!“, jaulte Pettigrew von irgendwo auf, doch der rote Lichtstrahl erwischte nur sein Bein, ließ ihn umfallen und dabei mit der übergroßen Nase auf dem Boden aufschlagen.

Kurz wurde ihm schwarz vor Augen, während das Niesen und Stöhnen um ihn herum nicht verstummte. Mittlerweile wusste er nicht mehr, wo oben und unten war. Dazu kam, dass er kaum den Kopf heben konnte, weil ihn das Gewicht seiner verhexten Nase immer wieder nach unten zog. Jedoch wurde der Krieg zwischen ihnen auf der Stelle beendet, als energische Schritte im Korridor ertönten – Severus ahnte Schlimmes…und er sollte Recht behalten.
 

„Was, um alles in der Welt, ist hier los?!“, schallte Minerva McGonagalls Stimme durch den Korridor. „Haben Sie alle völlig den Verstand verloren?!“

Severus hätte sich nicht einmal erklären können, wenn er es versucht hätte, denn noch immer quoll ihm der Schaum aus dem Mund. Seine Sicht war verschwommen und als er sich mühsam aufsetzte, hatte er Probleme damit, seinen Kopf gerade zu halten. Das Gewicht seiner Nase, aus der durch den Sturz nun auch noch Blut tropfte, zog ihn automatisch nach vorn, so dass sein Nacken schmerzte. Während Pettigrew im Hintergrund wimmerte und jemand anderes qualvoll stöhnte, fuhr Professor McGonagall damit fort, sie ordentlich zusammenzustauchen.

"...sowas ist mir in meinem Leben noch nicht untergekommen!", fauchte sie, wie die Katze, in die sie sich verwandeln konnte. "Sich in der Schule mitten auf dem Gang und während einer Freistunde zu duellieren, ist eine Frechheit von Ihnen allen! Sie sollten sich lieber auf Ihre Prüfungen konzentrieren und lernen, anstatt sich zu verhalten, wie...wie...eine Horde wildgewordener Zentauren!"

Severus konnte ihre grünen Augen vor Wut hinter den eckigen Brillengläsern funkeln sehen und er wusste bereits jetzt, dass sie eine ordentliche Strafe bekommen würden. Das war mal wieder typisch...dabei hatte er sich nur gegen die Schikanen von Potter und seinen Kumpanen gewehrt. Aus den Augenwinkeln sah er Lupin auf dem Boden liegen, sich unter Krämpfen windend und immer noch aussehend wie ein Greis um die 90 Jahre. Geschah ihm ganz recht, auch wenn er hatte einschreiten wollen, immerhin gehörte er zum Feind.

"Hatschi!"

Dann war da Potter, dessen Gesicht kaum mehr zu erkennen war, da es von einer hüftlangen Welle dunkler Locken fast gänzlich verdeckt war. Sie ringelten sich um sein Gesicht und hörten nicht auf zu wachsen. Jedes Mal, wenn er ansetzen wollte, McGonagall anzusprechen, schüttelte es ihn und er bekam einen erneuten Nies-Anfall.

"Prof-hatschi! Wir haben nur – hatschi – es ist...hatschi!! Nur – hatschi!"

"Halten Sie den Mund, Mr Potter!", befahl die Professorin hart und sah einmal in die Runde. "Sie alle sollten sich schämen, sich wie unreife Kinder zu verhalten und...zum Kuckuck noch mal, ist denn hier keiner in der Lage, sich zu erklären?! Mr Lupin, Sie sind Vertrauensschüler, schildern Sie also den Vorfall!"

Doch alles, was folgte, war ein gepresstes Keuchen in Kombination mit einem Kopfschütteln und dann rollte sich Greis-Lupin wieder zu einem Embryo zusammen. Severus korrigierte sich gedanklich; vielleicht war seine eigene Verfassung doch nicht die schlimmste Demütigung von allen. Lupin sah aus, als würde er gleich wegsterben.

"Dann Sie, Mr Black?", fragte McGonagall unüberhörbar gereizt und spießte ihn praktisch mit ihrem Blick auf.

Zu ihrem Pech war Black genauso unfähig, sich zu artikulieren...sein Fluch hatte also doch noch getroffen.

"P-P-Prof-f-fessor...Sch-Sch-Schnie-f-f-el-i-i-ich m-m-meine S-S-Snape h-h-hat...e-e-es..."

"Du liebe Güte, seien Sie bloß still, sonst stehen wir hier noch Wochen, bis ich aus Ihnen herausbekommen habe, was passiert ist!", fuhr sie ihm über den Mund und der stotternder Black verstummte mit einem verärgerten Brummen.

"Mr Snape, Sie...Grundgütiger! Wie haben Sie…das ist ja…nun ja...wie auch immer, können Sie den Kopf gerade halten? Und…mir sagen, was vorgefallen ist?"

Severus stieg die Röte in die Wangen, als er sich bewusst wurde, wie entsetzt sie ihn ansah. Er fühlte sich bloßgestellt, vor allem als Black und Potter – stotternd und niesend – zu glucksen begannen. Gleichzeitig fühlte er aber auch Wut und öffnete den Mund – doch er spuckte lediglich noch mehr Schaum.

"Ich habblbl...nurlblbubb...blassbl..."

"Lassen Sie es gut sein", seufzte McGonagall. "Da kommen ja mehr Seifenblasen als Worte aus ihrem Mund. So bringt das nichts und...hören Sie sofort auf zu lachen, Sie beide!"

Sie fuhr zu Potter und Black herum, die nun etwas blasser wurden und sie mit großen Augen ansahen.

"Das hier ist keinesfalls komisch und ich ziehe jedem von Ihnen bereits jetzt 50 Punkte ab! Ja, Mr Potter, das sind 200 verlorene Punkte für Gryffindor und ich hoffe, Ihnen ist bewusst, wie maßlos enttäuscht ich von Ihnen allen bin!"

Sie schnaubte aus und wirkte dabei wie ein Drache, der jeden Moment Feuer spucken würde. Severus konnte sich nicht lange darüber freuen, dass es bei ihm nur 50 Punkte Abzug für Slytherin waren – denn sie wandte sich nun ihm zu.

"Ich werde Ihnen allen Strafarbeiten aufgeben – und Professor Slughorn davon in Kenntnis setzen, Mr Snape! Er wird sicher genauso wenig erfreut sein, wie ich es bin! Sie sind fast volljährig und benehmen sich allesamt schlimmer als...als..."

"Eine...hatschi...wildge-hatschi! ...wordene Horde...Hatschi..."

"Z-Z-Zent-t-tauren?"

"In der Tat!", zischte sie und sah dann zu Lupin, der immer noch röchelnd am Boden lag.

Direkt daneben stand Pettigrew, der durch die zugeschwollenen Augen längst nichts mehr sah und nur noch mitleiderregend heulte.

"Aber erstmal gehen Sie in den Krankenflügel! Sie alle! Mr Potter und Mr Black, helfen Sie Mr Lupin und Mr Pettigrew dorthin…und Mr Snape...nun...Sie versuchen...versuchen Sie einfach, den anderen zu folgen und mit Ihrer Nase...nun ja...Madame Pomfrey wird sich darum kümmern."

Sie schien außerordentlich genervt zu sein, doch Severus fand, dass sie dazu weniger Recht hatte, als er. Immerhin spuckte er in einer Tour Schaum und musste seine schnabelartige Nase halten, um nicht nach vorn zu kippen. Mittlerweile waren ein paar schaulustige Schüler dazu gekommen und vor allem zwei Erstklässler konnten nicht aufhören zu lachen – bis McGonagall sie wie ein Raubtier verjagte.
 

Wenigstens, dachte Severus grimmig, während er sich zum Krankenflügel hochschleppte, hatte Lily das nicht mitangesehen. Er wäre im Boden versunken.

Doch wie lange würde es dauern, bis sie durch Gerüchte dadurch erfahren würde? Missmutig starrte er über seine Riesennase Potters wallende Lockenmähne an. Es erheiterte ihn nur mäßig, dass dessen Haarpracht immer länger wurde, so dass er nun schon darüber stolperte. Während Lupin aussah, als würde er jeden Moment an einem Herzinfarkt sterben, so wie er schnaufte, führte Black derweil Pettigrew Richtung Krankenflügel, doch der pummelige Junge knallte trotzdem immer wieder vor die Wände und winselte dabei leise.

Keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort – sah man von dem penetranten Niesen ab, das von Potter kam. Selbst Severus war die Lust vergangen, einen erneuten Streit zu beginnen. Was sollte er auch machen? Die Rumtreiber mit Schaum bespucken? Wichtiger war es, diese enorm große Nase loszuwerden, bevor ihn noch mehr Leute damit sahen.

Allerdings machte es Madame Pomfrey zunächst nicht wirklich besser, als sie sie musterte und dabei langsam die Fassung verlor.

„Immer“, betonte sie mit strenger Miene. „Immer sind es Sie fünf, die so einen Unfug anstellen!“

Sie schüttelte den Kopf, ehe sie ein Seufzen verlauten ließ und dann auf die Betten deutete.

„Setzen Sie sich…wobei…am besten legen Sie Mr Lupin vorher hier ab.“

Sie warf dem nur noch zuckenden Werwolf einen besorgten Blick zu.

„Er wirkt ja, als hätte gleich sein letztes Stündchen geschlagen…nun gut, warten Sie hier! Ich bin sofort wieder bei Ihnen.“

Sie eilte davon, vermutlich um die passenden Tinkturen und ein Buch für Gegenflüche zu holen. Währenddessen tat Severus sein Möglichstes, Potter und Black einen besonders hasserfüllten Blick über seine Nase zuzuwerfen – es war schwierig und das brachte sein Blut erneut zum Kochen. Diese verdammten Bastarde!

„H-H-Hey…S-S-Snape…j-jetzt k-k-kannst d-du…m-m-mit d-deiner R-Rotz…N-N-Nase L-Leute…er…e-erschlagen…“

„Halbblbt dblein Mablaub, Blablbb!“, fauchte er zurück und die Seifenblasen flogen durch den Krankenflügel.

„Lass – hatschi! Lass es g-hatschi…gut sein…Ta-hatschi! Tatze…er ist schon ge-hatschi! Genug gestraft…m-hatschi! Mit dem – hatschi – Zinken!“

„Iblubb werblb diblubb-“

Doch seine Drohung wurde von einem gequälten Stöhnen unterbrochen, als sich Lupin auf dem Bett regte.

„Seid endlich still…alle!“, jaulte er und vergrub das Gesicht im Kissen.

Daraufhin herrschte tatsächlich Stille…bis Pettigrew wieder zu schluchzen und Potter zu niesen begann. Großartig…wirklich großartig.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Und es wird noch großartiger... ;) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Lichtregen
2015-07-25T19:28:18+00:00 25.07.2015 21:28
Oh Mann, dieses Kapitel war so unterhaltsam, wie ich es erwartet hatte. :D Aber erst mal der Reihe nach.
Snape kann einem echt leid tun… Kein Charme, keine Herkunft, mit er es sich prahlen ließe… Schweres Los… Wobei es wirklich gemein ist, dass man dort derart auf die Abstammung schaut. Das fand ich in den Harry Potter Büchern schon immer unfair. :(
Snape setzt sich aber auch immer sofort irgendwo in die Nesseln und fällt negativ auf… So wie mit Petunia. Was denkt der Kerl sich dabei? Da kann er ja von Glück sagen, dass Lily ihm danach überhaupt noch eine Chance gelassen hat. Und dann versaut er es wieder und stalkt ihr hinterher. X’D Er lernt einfach nicht daraus, dass man sich nicht so creepy verhalten sollte, wenn man einer Frau gefallen will… ;)
Seine Überlegungen dazu, was er tun könnte, um Lily zurückzubekommen, klingen auch einleuchtend. Wenn ohnehin keiner mehr mit ihm spricht, kann er sich von ihnen ja nicht mehr von selbst fern halten, das übernehmen die schon für ihn. Aber auf die dunklen Künste will er auch nicht verzichten… Verzwickte Lage, lieber Snape. Und wir wissen ja, wie deine falsche Entscheidung hinterher ausgefallen ist…

Und dann ging es endlich los! Der Einstieg hat mir sehr gut gefallen. Peter wird erst mal als Kanonenfutter missbraucht und es trifft ihn als erstes. XD
Und dann reden sie… Damit habe ich echt nicht gerechnet! Ich dachte, James und Sirius würden sich sofort auf ihn stürzen und es erst gar nicht auf diplomatischem Wege versuchen. Das hat mich wahrlich überrascht. Und endlich musste ja auch mal wieder Schniefelus, der widerliche Name, fallen. XD Sirius‘ Worte waren wirklich hässlich, aber Snape hat ja äußerst gut gekontert… So gut, dass alles eskaliert ist. Die Idee gefällt mir. :) Also dass nicht James der Auslöser der Auseinandersetzung ist, sondern Sirius.
Die ausgedachten Zaubersprüche gefallen mir richtig gut, da hast du gute Sprüche für gefunden. Wobei ich von Conjuncivitius erst irritiert war. Ich dachte so „Hä, Konjunktiv? Eine Sprechstörung?“ Nachgeschaut und gesehen, dass es Bindehautentzündung meint. XD Und armer Lupin! Wie er da röcheln und gebückt steht… ein Bild für die Götter! XDDD Die Überleitungen von einem zum anderen Zauberspruch und dem, was sie für Folgen haben, ist dir wirklich grandios gelungen. Man konnte sich alles so bildlich vorstellen. Und Peter ist wirklich zu nichts zu gebrauchen. XD

Und dann McGonagalls großer Auftritt! Yay! Sie muss sich ziemlich blöd vorkommen, wo ja keiner mit ihr sprechen kann… Niesen, Stottern, Schaum, Stöhnen… und Peter hat ja eh nichts mehr mitbekommen. XD Wie geschockt McGonagall auf Snapes Nase reagiert, ist auch einfach göttlich. XD Die Szene war insgesamt so genial, ich weiß gar nicht, was ich da herauspicken soll. ;)

Im Krankenflügel wird alles auch nicht viel besser. Ach ja, die fünf sind echt amüsant. :D
Das Kapitel fand ich große Klasse und hoffe, dass es noch mehr dieser Art gibt. ;)


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