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Vielleicht Morgen

Morgen vielleicht
von

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One-Shot


 

“I’ve learned that waiting is the most difficult bit, and I want to get used to the feeling, knowing that you’re with me, even when you’re not by my side.”

- Paulo Coelho, Eleven Minutes

 

Dieses Gefühl war neu für ihn. Neu und ungewohnt und irgendwie unangenehm, auch, wenn er dergleichen niemals öffentlich zugegeben hätte. Er saß hier in der Bibliothek, ein unsäglich schlechtes Buch in der Hand, bei dem er nach dem ersten Kapitel schon das Gefühl hatte, in schnellen Schritten der Verdummung anheim zu fallen und gleichzeitig… sorgte er sich? Aber nicht um den Hauptcharakter des Buches, der ihm auf den ersten Seiten schon derart unsympathisch geworden war, dass er das Buch gerne über die Brüstung hinweg in das Erdgeschoss des Turms geworfen hätte, wäre ihm das Papier nicht zu schade für ein derartiges Verhalten gewesen. Nein, das Buch war gleichwohl nicht mehr als eine Ablenkung, wenngleich er nicht behaupten konnte, dass sie sonderlich gut funktionierte. Seufzend stand er auf und verließ seinen nach persönlichem Geschmack eingerichteten Platz, um sich über die nahe gelegene Brüstung zu lehnen und sich einmal genauer in der Bibliothek der Himmelsfeste umzusehen.

Es herrschte die meiste Zeit über reges Treiben in den Gängen, die meisten Magier, die der Inquisition verpflichtet waren, studierten hier diverse Bücher oder gingen anderen Tätigkeiten nach. Viele Leute liefen auch nur hier vorbei, um zu Leliana zu kommen, der Meisterspionin ihrer immer größer werdenden Organisation, die sich im obersten Bereich des Turmes mit ihren vermaledeiten Krähen geradezu eingenistet hatte. Dorian konnte nicht von sich behaupten, dass er die Tiere gerne mochte, im Gegenteil. Als er ihnen ein einziges Mal hatte verständlich machen wollen, dass ihr Lärm unerträglich, unnötig und sehr nervenaufreibend war, hatten diese Biester einfach nur den Kopf schief gelegt und ihn aus ihren roten Augen derart dümmlich angesehen, dass er für sich selbst beschlossen hatte, dass er sie nicht als Werk des Erbauers betrachten konnte. Immerhin waren sie offensichtlich immun gegen seinen Charme und nur Wesen, die der Leere direkt entsprungen waren, sollten dazu überhaupt in der Lage sein.

Dorian seufzte leise und ergeben auf, als er nach oben blickte und die Decke des hohen Turms betrachtete, unter dem einige Vögel kreisten, ehe sie ihrer Herrin die Nachrichten aus fernen Ländern überbrachten. Einerseits hätte er sich gerne einen anderen Ort gesucht, an dem er seine Ruhe vor diesen rotäugigen Mistviechern hätte, aber andererseits waren sie die Informationsquelle schlechthin, und er wollte es nicht wirklich riskieren, eine Nachricht aus dem Emprise du Lion zu verpassen. Aber wie es schien, gab es auch heute wieder keine neuen Nachrichten und das bedeutete, dass sie den vierten Tag in Folge nichts von der kleinen Truppe gehört hatten, die in das schnee- und eisbedeckte Gebiet aufgebrochen war. Das war auf eine seltsame Art und Weise mehr als enttäuschend und machte ihm mehr zu schaffen, als er zuzugeben bereit war.

Solas war auch mit von der Partie gewesen, stellte er wieder einmal mürrisch fest, als er nach unten blickte und den leeren Platz im Erdgeschoss sah, an dem sich der Elf die meiste Zeit über aufhielt. Was er dort den ganzen Tag über machte, war Dorian noch immer ein Rätsel, aber jetzt vermisste er es direkt, nicht mehr benötigte Notizen zu Kugeln zusammen zu knüllen und sie – natürlich vollkommen unbeabsichtigt – auf Solas Platz zu schnipsen. Zumindest so lange, bis der Elf selbst die Treppen hinauf kam und ihn bat, damit aufzuhören. Oder bis er jemanden vorbei schickte, der es Dorian auf eindeutigere Art und Weise bewusst machte. In den besten Fällen war es der Inquisitor selbst, der dergleichen tat – aber der war ja im Moment nicht hier, sondern wanderte mit dem barfüßigen, besserwisserischen Elfen, dem Geschichten erzählenden Zwerg Varric und der resoluten und Schmonzetten liebenden Sucherin Cassandra durch Orlais, auf der Suche nach roten Templern und elfischen Artefakten und wusste der Erbauer, was er noch alles suchte! Auf jeden Fall war er nicht hier, und genau das war das Problem!

Mit einem leisen Geräusch, das weder wirklich ein Stöhnen noch ein Seufzen war, stieß sich Dorian von der Brüstung ab, strich sich die schwarzen Haare wieder in Form und ging zurück zu seinem Platz. Eine kleine Ecke nur, in der nicht mehr stand als ein Ledersessel (er wusste wirklich nicht, warum so viele Leute der Meinung waren, dass er zu pompös wirkte, nur, weil die Rückenlehne fast höher war als er groß), um den herum sich Bücher noch und nöcher stapelten, die er aus den Regalen entwendet, aber noch nicht wieder zurück gestellt hatte. Aus dem Fenster heraus hatte man einen Überblick über den gesamten Innenhof der Feste und auch einen Blick auf das Haupttor, das jeder durchschreiten musste, der gewillt war, die Inquisition aufzusuchen. Heute tummelten sich jedoch nicht mehr als ein paar Späher vor dem weit geöffneten Tor. Nichts, was einen zweiten oder dritten Blick wert gewesen wäre.

Dorian ließ sich wieder in den Sessel fallen und nahm das Buch wieder zur Hand, das ihm Cassandra freundlicherweise geliehen hatte. Zwar war er sich sicher, dass diese Frau unter Geschmacksverirrung leiden musste, wenn sie dieses Werk auch nur ansatzweise interessant oder ansprechend fand, aber vielleicht stellten sich die Abenteuer des Hauptmanns der Wache doch noch als interessant heraus. Vielleicht.

Nach einer gefühlten Stunde und drei weiteren Kapiteln, die ihn sicherlich einige wertvolle Zellen seines Gehirns gekostet hatten, hörte er Schritte die Treppe hinauf kommen. Unerwartet hoffnungsvoll blickte er in den Gang, denn jeder, der die Treppe nahm, kam unweigerlich an seinem Platz vorbei. Aber es war nur einer von Lelianas Spionen, gekleidet in die Späherrüstung der Inquisition, die Kapuze so tief ins Gesicht gezogen, dass Dorian auf den ersten Blick nicht zu sagen vermochte, ob es ein Mann oder eine Frau war.

„Ser Pavus“, begrüßte ihn der Spion (offensichtlich doch ein Mann) mit einem kurzen Nicken und Dorian erwiderte den Gruß knapp, ehe er sich wieder seinem Buch zuwandte. Natürlich waren sie noch nicht zurück gekommen. Aber alte Gewohnheiten wurde man nur schwerlich los. Wobei Dorian nicht sagen konnte, wann er sich diese Eigenart überhaupt erst angewöhnt hätte.

Nun, vielleicht morgen. Morgen vielleicht.

 

„Ksh! Verschwinde schon!“ Die Krähe, die sich in ihrem Anflug von Übermut auf der Rückenlehne seines Sessels nieder gelassen hatte, gab einen überaus beleidigt klingenden Laut von sich, ehe sie sich in die Lüfte schwang und an ihm vorbei in Richtung oberes Stockwerk flog. Dorian ließ die Hände wieder sinken und blickte dem Untier mit einem missbilligendem Ausdruck auf dem Gesicht hinterher. Lieber nahm er es noch mal mit ein paar Dämonen auf, die direkt aus dem Nichts getreten waren, als dass er sich noch einmal mit einer Krähe anlegte. Er war sich sicher, dass sie versucht hatte, nach seinem Finger zu schnappen. Und er mochte seine Finger und versuchte deswegen, sie so lange es ging zu behalten.

„Ähm, Ser Pavus?“ Eine in die Roben der nunmehr aufgelösten Zirkel gekleidete Frau kam auf ihn zu, in der Hand ein Pergament, das sie mehr als zögerlich nach ihm ausstreckte. „Einige Forscher haben in den Westgraten Schriften gefunden, aber sie sind auf Tevene verfasst. Wir hatten gehofft, dass Ihr uns vielleicht helfen könntet.“

Nach einem kurzen, durchaus irritierten Blinzeln nahm Dorian ihr den Wisch ab und besah sich die alten Schriftzeichen. Er war es schlichtweg nicht gewohnt, dass ihn die Leute hier um Hilfe baten. Für die meisten hier – und allem voran für die Vertreter der Kirche – war er jemand, der aus dem Land kam, das für Thedas die größte Bedrohung darstellte. Er wusste, dass Tevinter nirgendwo viel Gegenliebe zu erwarten hatte (außer in Tevinter selbst natürlich), aber er wusste auch, dass seine Heimat nicht so schlimm war, wie sie immer wieder dargestellt wurde. Nur, weil sich die Magier dort selbst überwachten und nicht wie im Süden in Zirkel eingesperrt waren, nur, weil sie Sklaverei nicht für das schlimmste aller vergehen hielten, nur deswegen war dieses Land nicht schlechter als andere. Nicht viel jedenfalls. Etwas höchstens.

Und wenn sich dann ein Magier aus Tevinter plötzlich der Inquisition und gut Freund mit ihrem Anführer war, dann wurden natürlich einige Leute sehr, sehr misstrauisch.

„Wirklich?“, fragte er dann mit einem verschmitzten Lächeln auf dem Gesicht, welches teilweise von seinem dünnen, überaus gepflegten Schnurrbart verdeckt wurde. „Das sollte nicht lange dauern.“

Fakt war, dass sie Entschlüsselung der Chiffre wirklich nicht lange brauchte. Wenn er etwas von seinem alten Lehrmeister gelernt hatte, dann, dass sich schnelle und effiziente Arbeit auszahlte. Und er konnte nicht leugnen, dass es sich gut anfühlte, gebraucht und nicht etwa gemieden zu werden, nur, weil er aus einem Land kam, das einen schlechten Ruf im restlichen Thedas genoss. Zweifellos ein weiterer Verdienst des Inquisitors, der ihn vor einigen Leuten verteidigt hatte, die Dorian nicht wirklich ihr Vertrauen hatten schenken wollten. Nicht, dass sich der Tevinteraner darauf viel eingebildet hätte, immerhin hatte ihr ach so furchtloser Anführer dasselbe auch bei einem Spion der Qunari und einem kleinen Geist direkt aus dem Nichts getan. Es hatte Gegenstimmen gegeben, aber zuweilen war der Mann, den viele auch den Herold Andrastes nannten, ein solcher Sturkopf, dass man hätte glauben können, dass er damit durch die Wälle der nächstbesten Festung brechen könnte.

„Ihr solltet die Westgrate von Euren Forschern genauer in Augenschein nehmen lassen“, flötete Dorian der jungen Magierin galant zu, als er ihr die Übersetzung der Chiffre mit seiner formschönsten Handschrift übergab. Sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln und vertiefte sich daraufhin wieder in das Gespräch mit ihren Magierkollegen. Dorian selbst wollte wieder zu seinem Buch zurückkehren – immerhin waren es nur noch ein paar Kapitel, bis er es endlich hinter sich hatte, als ein Spion atemlos an ihm vorbei eilte. Mit zusammengezogenen Brauen sah er dem Mann hinterher, ehe er sich umwandte und hinter ihm die Treppe hinauf stieg, die zu Lelianas Bereich führte. Als er den Mann sprechen hörte, lehnte er sich gegen den Treppenaufgang, die Arme vor der Brust verschränkt und spitzte aufmerksam die Ohren.

„Es sind wohl mehr Rote Templer im Emprise, als es zuerst den Anschein gehabt hat“, erklärte der Mann und gestikulierte dabei wild mit den Händen, während er über die Gefahren in dem Gebiet berichtete, in dem der Inquisitor gerade mit seiner Gruppe unterwegs war. Leliana stand mit unbewegtem Gesicht daneben, aber an ihrer Körperhaltung konnte Dorian nur allzu gut erkennen, dass es ihr nicht so egal war, wie sie es gerne hätte. „Sie haben die Minen unter ihre Kontrolle gebracht. Und allem Anschein nach haben sie… Riesen.“

Das Gespräch ging noch weiter, und mit jedem Wort verkrampfte sich etwas in Dorians Magen. Riesen, Rote Templer, Wölfe, Diebe, womöglich auch noch Risse voller Dämonen. Was für ein schönes, friedliches Örtchen, das sich die Truppe für ihre Reise ausgesucht hatte!

Er begegnete kurz Lelianas Blick, als sich der Spion mit einem kurzen Gruß auf und davon gemacht hatte und ja, er teilte die Besorgnis, die er jetzt in ihrem Blick sah, auch, wenn er unter der Kapuze und den roten Haaren fast versteckt war.

„Ich würde mir nicht zu viele Gedanken machen“, meinte Dorian und zuckte kaum merklich mit den Schultern. „Unser Inquisitor ist ziemlich gut darin, solche Leute umzubringen.“

Und vor allem war er gut darin, zu überleben. Und dieser Umstand war Dorian im Moment weitaus wichtiger, wenn er denn ehrlich war.

Er würde schon wohlbehalten mit all seinen Gefährten zurückkehren.

Vielleicht morgen. Morgen vielleicht. 

 

„Trinkt schon, Vint, trinkt!“ Die Faust des Eisernen Bullen landete mit einem so lauten Krachen auf den Tisch, dass das Holz drohte, unter der Wucht des Schlags zu zerbersten. Das Lachen, das der Kehle des Qunari entrann, erfüllte die kleine Schenke, die sich inmitten der Himmelsfeste befand. Hierher kamen Soldaten wie Magier wie einfache Bürger, wenn sie sich entspannen und vergessen wollten, dass die Welt, in der sie lebten, einmal mehr vor dem Abgrund stand. So war dieser Ort hier immer gut besucht und an diesem Abend hatten sich ein paar Mitglieder des Inneren Zirkels hier versammelt, um einen geselligen und vor allem trinkreichen Abend miteinander zu verbringen.

„Branntwein muss man genießen, Ihr Ochse“, sagte Dorian mürrisch und schwenkte das Glas in seiner Hand, während seine freie Hand auf den Qunari deutete. Der Mann mit den zwei gewaltigen Hörnern auf dem Kopf und der grauen, von Narben gespickten Haut lachte noch einmal aus vollem Herzen, ehe er sein Bier wie ein Barbar hinab stürzte. Angewidert sah Dorian zu, wie die Flüssigkeit Kinn und Wangen hinab lief und kurz darauf fiel der leere Krug klappernd auf den Tisch, während schon nach der nächsten Runde gebrüllt wurde. Der Graue Wächter Blackwall, der neben dem Bullen saß, kam mit dem Trinken kaum hinterher, Sera, die Alkohol anscheinend gar nicht vertrug, lag bereits wieder unter dem Tisch und murmelte sinnloses Zeug vor sich hin, und Cole beobachtete das Ganze wieder von der oberen Brüstung aus, das schmale Gesicht von seinem übergroßen Hut fast gänzlich verdeckt. Hauptmann Cullen war bereits gegangen, ehe ihn jemand zu einer Partie Sündenfall herausfordern und ihm dadurch das nächste paar Unterhosen abknöpfen konnte und Josephine hatte als Botschafterin anderweitig genug zu tun. Und manche Leute, wie Vivienne oder Leliana, die fanden sich hier in den seltensten Fällen ein.

Dorian blickte zuerst nur auf die Flüssigkeit in seinem Glas, und dann auf die leeren Plätze am Tisch. Die abenteuerlichen Geschichten fehlten, die Varric immer wieder zum Besten gab und damit alle Beteiligten entweder in ungläubiges Erstaunen versetzte oder zum Lachen brachte. Und das Lachen des Inquisitors fehlte, der, wenn er denn zusammen mit dem Bullen einen über den Durst getrunken und im Rausch den Humor eines zehnjährigen Jungen entwickelt hatte, über jeden noch so flachen und offensichtlichen Witz lachen musste.

Mit einem nach oben zuckenden Mundwinkel leerte der Tevinteraner sein Glas und stand auf. Der Abend war lang genug gewesen, im Moment wollte er sich lieber etwas Ruhe gönnen, denn wenn er sich jetzt dazu verleiten ließ, noch mehr zu trinken, dann würde er den dicken Kopf den gesamten nächsten Tag nicht mehr loswerden. Er verabschiedete sich von seinen Gefährten und machte sich auf den Weg zum Ausgang der Taverne.

„Vielleicht morgen. Morgen vielleicht.“ Dorian blinzelte und blickte nach oben. Coles Beine baumelten über die hölzerne Brüstung, auf der er saß und das blasse Gesicht zierte ein schwaches Lächeln. Seine Augen waren unter den wirren, hellblonden Haaren kaum auszumachen, aber Dorian wusste, dass sie auf ihn gerichtet waren. Dieser kleine Geist aus dem Nichts war wirklich zu gut darin, Gefühle zu erspüren und in Worte zu kleiden.

„Wir werden es sehen, Cole.“ Mit diesen Worten und einem warmen Lächeln verabschiedete er sich von dem Jungen und machte sich auf den Weg zurück zum Haupthaus der Himmelsfeste, das in den klaren Nachthimmel hinaufragte. Einen Moment lang blieb der Magier stehen und besah sich die Sterne, ehe ihn ein kühler Windhauch frösteln ließ. Warum nur musste es überall im Süden so vermaledeit kalt sein?

Er stieg die Treppe zum Haupthaus hinauf, das um diese Zeit nahezu leergefegt war. Abgesehen von ein paar Orlaisianern und einigen vereinzelten Bediensteten war hier niemand mehr anzutreffen. Dorian haderte einen Moment mit sich selbst, ehe er den Gang zu seinem eigenen Schlafplatz hinter sich ließ und den Thronsaal mit gemächlichen Schritten durchquerte. Ganz am Ende der Halle befand sich eine letzte, hölzerne Tür, die er nach einem Moment öffnete und die dahinterliegenden Stufen hinauf stieg. Am obersten Punkt des Turms befanden sich die Gemächer des Inquisitors, eine Unterbringung, die dem Herold Andrastes mehr als angemessen war. Wenn er denn auch etwas daraus gemacht hätte. Dorian kritisierte immer wieder den nüchternen Geschmack, den dieser Mann bei der Einrichtung deines Quartiers bewies, doch das wurde immer nur mit einem Lachen abgetan. Viel mehr als ein Bett und ein Schreibtisch befanden sich hier nicht. Da zwei Bücherregale und dort ein Kamin, der die meiste Zeit kalt blieb, da der Inquisitor überall mehr Zeit zu verbringen schien als hier.

Im Vorbeigehen sammelte Dorian ein paar Schreiben und Bücher ein, die überall auf Möbelstücken liegen gelassen worden waren oder aber ihr Dasein auf dem Boden fristen mussten. Er besah sich einige von ihnen, das meiste waren Berichte, einige Pergamente waren mit Notizen bekritzelt, andere waren noch gänzlich unbeschrieben. Eins der Bücher hatte mehrere kleine Papierschnipsel als Erinnerung zwischen den Seiten, auf einem von ihnen stand in krakeliger Handschrift „Dorian danach fragen“, darunter war im Buch ein Text in Tevene abgedruckt.

Der Tevinteraner lachte leise auf, und legte das Buch beiseite. Wenn er wieder zurück war, würde er ihn so ziemlich alles fragen können. Aber das implizierte eben, dass er Templern, Magiern und mitunter auch Drachen entkam. Aber das konnte er. Das hatte er schon immer gut gekonnt.

Dorian ließ sich auf das Bett sinken und starrte an die Decke. Nun, zumindest bei der Auswahl seines Schlafplatzes (und seines Bettgefährten) hatte der Inquisitor einen guten Geschmack bewiesen. Und ehrlich gesagt freute sich der Altus-Magier schon auf den Moment, in dem der große Herold wieder hierher kommen würde. Einfach, um einmal wieder er selbst sein zu können.

Vielleicht morgen. Morgen vielleicht.

 

Der nächste Morgen begann zumindest ohne das Geschrei der Krähen, das ihn sonst meist aus dem Schlaf riss. Dorian blinzelte ein paar Mal, weil die Sonne, die durch die meterhohen Mosaikfenster fiel, ihn aufs Äußerste blendete, und versuchte dann instinktiv, den Arm wegzuschieben, der um seinen Körper geschlungen war. Es dauerte einen Augenblick, ehe er wirklich realisierte, was hier vor sich ging und als es so weit war, wandte er sich in der Umarmung um, so gut es ging. Neben ihm lag der Inquisitor, den Kopf halt im Kissen vergraben und selig schlafend. Ein paar neue Schrammen und Kratzer hatte sein Gesicht zu verzeichnen, aber nichts, was nicht innerhalb weniger Tage oder durch die Hände eines fähigen Heilers wieder verschwinden würde. Dorians Fingerspitzen strichen vorsichtig über die Verletzungen, während er den Mann neben sich betrachtete.  

Er war in einem Stück zurück gekommen. Allein das war im Moment wichtig.

„Euer Glück“, flüsterte der Magier mit einer gewissen Erleichterung in der Stimme. „Sonst hätte ich Euch wiederbelebt, nur, um Euch selbst umzubringen, Amatus.“

„Ihr habt mir noch nie verraten, was das bedeutet.“ Die verschlafene Stimme des Inquisitors ließ ihn aufhorchen, und ein sanftes, warmes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Irgendwann im Laufe der Zeit hatte er begonnen, den Inquisitor diesen Kosenamen zu geben, einen, den er in seiner Kindheit oft gehört, aber niemals gegenüber jemand anderem verwendet hatte. Bis jetzt, um genauer zu sein.

Der Mann neben ihm streckte sich mit beinahe katzenartiger Eleganz und sah Dorian aus verschlafenen Augen an, die unverhohlenes Interesse zeigten. Wahrscheinlich wartete er noch immer darauf, dass ihm ein wenig Nachhilfeunterricht in Tevene gegeben wurde.

Dabei bedeutete das Wort so viel. So viel, dass der Magier unmöglich in der Lage war, die Tragweite dieses einen Wortes zu erklären, weil das bedeutete, Dinge zugeben zu müssen, die noch immer unausgesprochen in der Luft hingen.

„Vielleicht bedeutet es, dass ich Euch ein paar Gründe aufgelistet habe, warum es sehr unhöflich war, mich nicht auf diese Reise mitzunehmen.“

Die Ablenkung funktionierte, wenn er das Schnauben seines Gegenübers so hörte. Der Inquisitor richtete sich auf und Dorian sah das schiefe Lächeln auf seinem Gesicht nur allzu genau.

„Ich dachte, Schnee und Regen und Kälte seien so schrecklich, dass Ihr Euch weigert, auch nur einen Fuß dorthin zu setzen?“

„…Sie sind weniger schrecklich, wenn Ihr bei mir seid.“

Vielleicht würde er diesem Mann bald sagen, was Amatus bedeutete, vielleicht würde er ihm erklären, wie wichtig er für den Magier aus Tevinter geworden war, vielleicht konnte er es endlich über sich bringen, den Inquisitor als das zu betrachten, was er war. Das hier ist mehr, hatte er vor nicht allzu langer Zeit zu Dorian gesagt und vielleicht war er jetzt bald so weit, dass er das auch selbst glauben konnte.

Vielleicht morgen. Morgen vielleicht, Geliebter.
 

"Aber schrecklich sind sie dennoch."


Nachwort zu diesem Kapitel:
Nach all den tollen Headcanons auf Tumblr, in denen sich Dorian die Zeit vertreiben musste, weil er nicht mit auf Mission durfte, musste das mal aufgeschrieben werden. Ja, es ist ein bisschen kitschig geworden, aber hey, ab und an muss so etwas auch mal sein (so als Ausgleich zu den GTA-FFs xD). Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Samo
2015-12-06T13:55:08+00:00 06.12.2015 14:55
Achje, am liebsten hätte ich Dorian selbst geflauscht und getröstet, weil er lange hat warten müssen.
Aber der Inquisitor ist natürlich besser geeignet dafür :D
 
Dummerweise schreit das hier für mich so oder so nach mehr, aber es ist ja leider ein One-Shot :D
Antwort von: Kathey
06.12.2015 19:47
Vielen Dank für deinen lieben Kommentar ♥ x3
Vielleicht lasse ich ja noch mal ein paar FFs zu Dragon Age und insbesondere Dorian folgen, man weiß ja nie x3
Antwort von:  Samo
06.12.2015 19:57
Da kann ich nur hoffen: Vielleicht morgen, morgen vielleicht!? =p
Nein Quatsch, ich würd es natürlich gerne lesen falls da irgendwann noch mal was kommt :*


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