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Stolen Heart

von

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Dunkelheit

Erst auf dem Rückweg wurde Deidara bewusst, wie weit ihn seine verzweifelte Flucht getrieben hatte. Itachi brauchte einen halben Tag, bis sie die Basis erreicht hatten. Während dieser Zeit ließ ihn der Uchiha keine Sekunde aus den Augen. Wahrscheinlich wartete er auf einen weiteren Fluchtversuch und der Blonde musste zugeben, dass er mehr als einmal daran dachte. Aber wer konnte es ihm schon verübeln – er hing an seinem Leben und nur zu gut wusste er, dass in dieser Basis der Tod auf ihn wartete.

Ein eiskalter Schauer jagte ihm über den Rücken, als das Bild des Dokumentes wieder im Kopf Gestalt annahm. Das Schriftzeichen legte sich um seine Gedanken wie eine dicke Glaskuppel, die ihn noch zu ersticken drohte. Die Zeichnungen waren wie eingebrannt, unvergesslich. Immer wieder erinnerten sie ihn an sein unausweichliches Schicksal, wenn er nicht bald eine Möglichkeit zur Flucht fand. Und Itachi zerrte ihn genau dorthin.

Schon bald konnte man die Umrisse der kleinen Felsformation erkennen, die den Eingang zum Hauptquartier der Akatsuki-Organisation barg. Zum ersten Mal in seinen drei Jahren als Akatsuki stotterte Deidaras Herz und rutschte unwillkürlich tiefer. Erneut kroch die Angst seine Rücken hinauf und leckte an seinem Hals, seinem Nacken, wollte endlich ganz den Verstand einnehmen, wie ein blutrünstiges Tier, welches auf Beute aus war. Doch den Verstand zu verlieren hieß, sich selbst zu verlieren, das wusste Deidara sehr gut. Er musste jetzt durchhalten und wenn er Sasori gegenüberstand musste er standhaft bleiben.

Äußerlich vollkommen ungerührt sah der Iwa-nin zu, wie sein aufgezwungener Begleiter den Eingang entriegelte und folgte ihm nur unfreiwillig. Denn in seinem Kopf wanderten die Optionen seiner Bestrafung hin und her.

Fast rechnete Deidara damit, direkt zurück zu Sasori gebracht zu werden, dem Monster vor die Füße geworfen zu werden, ohne Hoffnung auf Rettung. Auch hielt er es für möglich, sofort in Pain-samas Büro zu landen, damit der Anführer seinem Ärger Luft machen konnte. Beides war kein schöner Gedankengang, doch Pain-samas Predigt reizte ihn doch mehr als eine direkte Konfrontation mit dem Puppenspieler.

Ein erneuter Ruck an seinen Haaren riss ihn aus seinen Gedanken und leise knurrend stolperte er schneller voran – weniger um den Schwarzhaarigen zufriedenzustellen, mehr um seine Haare zu schonen. Schnell stieß ihn der Uchiha in die Basis hinein, wobei die Beine des Blonden erneut bedrohlich zitterten. Die Flucht hatte beiden zugesetzt, auch wenn Itachi nur schlechte Laune davongetragen hatte.

Die kahlen Steinwände des unterirdischen Tunnels umfing die beiden Akatsukis wie eine kalte Umarmung und hieß sie willkommen. Deidara selbst überzog dabei eine Gänsehaut, wusste er doch, dass jetzt irgendwas passieren würde.

Doch zu seiner Verwirrung wurde er nicht mal ansatzweise in die Richtung seines Teamzimmers oder Pains Büros geschliffen. Es war eine andere Richtung, die er selbst nur ein paar Mal eingeschlagen hatte und die man hier allgemein auch nicht einschlug – denn sie führte weiter runter in die Tunnel, in denen nicht geheizt wurde und die nur drei Räume beherbergten. Normalweise standen alle Räume leer und wenn man es genau betrachtete, waren es auch keine ‚Räume‘ im Sinne von ‚Zimmer‘; es waren Verließe, Zellen für Shinobi, von denen Pain-sama noch etwas wissen wollte und die dort unten gefoltert wurden, bis der Anführer ihrer überdrüssig geworden war.

Sofort stieg Panik in dem jungen Akatsuki auf und er wehrte sich gegen den festen Griff. Sein Fuß knallte in die Versen Itachis und für eine Sekunde wurde der Griff tatsächlich locker. Sofort ergriff Deidara die Chance, riss sich gewaltsam los und wollte losrennen, doch beim Umdrehen stieß er gegen einen massiven Körper direkt vor sich. Mit einem Zischen erkannte er Kisame, der ihn an den Schultern packte und ihm jeglichen Fluchtweg versperrte.

„Du kleine Ratte…“, zischte der Uchiha angesäuert und griff erneut nach dem blonden Zopf. Gröber als vorher riss er ihn mit sich den Gang hinunter, tiefer in das Gewölbe hinein. Kisame folgte, wenn auch mit gemischten Gefühlen. Deidara und er waren vor einigen Wochen noch gute Freunde gewesen. Die plötzliche Veränderung hatte den Schwertträger zutiefst verwirrt und dazu noch war er an die Befehle von oben gebunden. Wie sein Teamkamerad mit seinem ehemaligen Freund umging gefiel ihm ganz und gar nicht – doch Widerspruch konnte er sich auch nicht leisten.

Inzwischen hatte Itachi Deidara in eine der kleinen Zellen gezerrt und ihm seine Lehmtaschen unter lautstarkem Protest abgenommen. Der Bombenkünstler wehrte sich so sehr, dass selbst Kisame eingreifen und ihn festhalten musste, während Itachi eine der stählernen Handfesseln, die an einer Kette an der Wand befestigt waren, an eines der Handgelenke anbrachte. So war er zwar nicht bewegungsunfähig, aber wenigstens eingeschränkt.

„Macht mich sofort los, un! Ihr könnt mich doch nicht hier sitzen lassen!“, brüllte der Iwa-nin und funkelte seine Kameraden wütend an.

„Tut uns leid, Deidara. Anordnung von Pain-sama. Du hättest nicht so oft weglaufen sollen…“, murmelte Kisame sichtlich bedrückt und näherte sich zusammen mit Itachi dem Ausgang. Bevor Deidara noch etwas sagen konnte, drückten sich die beiden durch die schwere Stahltür und schlossen sie von außen zu.

„Das könnt ihr nicht machen, un! Kommt her, macht das Scheißteil ab! Holt mich hier raus!“, sein Rufen schallte ungehört von den Wänden wieder und klang plötzlich sehr leer und einsam. Mutlos sackte er auf die Knie und starrte auf den grauen, unebenen Steinboden. „Bitte…un…“
 

Die Tage vergingen langsam und schleppend. Deidara verlor irgendwann das Zeitgefühl, für ihn gab es nur noch zwei Unterschiede: Zwielicht und absolute Dunkelheit. Zuerst versuchte er noch, die Zwielichtzeiten zu zählen, die er als Tag einordnete, doch irgendwann gab er auch das auf. So verging die Zeit, ohne, dass er es wirklich mitbekam. Nur eines war sicher: Es mussten bereits einige Tage vergangen sein.

Doch es gab noch weitaus schlimmere Probleme als nur das fehlende Zeitgefühl. Seit Kisame und Itachi ihn hier unten festgebunden hatten, war niemand mehr gekommen. Niemand brachte ihm etwas zum Essen, niemand brachte ihm ein wenig Wasser. Nichts. Das Schlimmste an dieser Situation war allerdings die Kälte. Die Hände des Blonden waren inzwischen taub, genau wie die Füße. Sein Problem war, dass er noch immer nur die schwarze Dreiviertelhose, sein Netzshirt und das kurze dünne Shirt darüber, welches allerdings noch den benetzten Bauch freiließ, trug. An den Füßen saßen nur die luftigen Shinobischuhe und die dünnen Gamaschen. Hier in der Zelle herrschten eisige Temperaturen.

Schlafen stellte sich als unmöglich heraus. Wenn die Dunkelheit eintrat, kam auch das leise Trappeln kleiner Füße – kleine Tiere, die hier unten lebten und dem Akatsuki ihre Gesellschaft anboten. Deidara blieb die Nächte über wach. Erst wenn das Zwielicht einsetzte und zumindest die größeren Tiere in ihre Behausungen in den Wänden und Nischen zurückkehrten, wagte er es, die Augen zu schließen, wenn auch niemals lange.

Seine Empfindungen stumpften langsam ab, während sich sein Magen vor Hunger schmerzhaft zusammenzog und sich seine Kehle durch den Flüssigkeitsmangel und das Schweigen mehr und mehr anfühlte wie Schmirgelpapier. Auch wenn sein Wille zum Leben noch nicht gebrochen war, so war er doch in tiefe Verzweiflung gesunken. Es war wie ein schwarzes Loch, in das man hineinfiel, ein Brunnen. Man sah den Ausgang von dem Grund des Brunnens aus, wusste jedoch ganz genau, dass man nie wieder nach oben kommen würde.
 

Nach einigen Tagen erklang plötzlich das stählerne Schaben eines Schlüssels im Schloss. Von dem ungewohnten Geräusch zutiefst erschrocken setzte sich Deidara trotz schmerzenden Gliedern mühsam auf. Inzwischen war er fast schon steif gefroren und musste sich schwer an die Wand lehnen, um nicht doch umzukippen.

Das Zwielicht war bereits halb gewichen, es musste Abend sein, als sich die Tür langsam aufschob. Vom für ihn grellen Licht geblendet kniff der Junge die Augen zusammen und zog langsam die Beine an den Körper, um sich zu schützen. Alles fühlte sich dumpf an und so musste er sich anstrengen, um überhaupt zu erkennen, wer sich nun doch dazu herabgelassen hatte, ihn zu besuchen. Es dauerte, bis Deidara einen kleinen, schmächtigen Körperbau erkennen konnte und noch einen Moment länger, bis er begriff, wer nun langsam auf ihn zukam und direkt vor ihm stehen blieb.

Sofort setzte sich dein Herz in doppelter Geschwindigkeit in Bewegung. Automatisch weiteten sich die azurblauen Augen und blinzelten immer wieder, als wollten sie es nicht wahrhaben. Der ganze vor Kälte ganz starre Körper spannte sich unwillkürlich noch mehr an, zitterte leicht. Wieder kroch die Angst wie ein hartnäckiger Begleiter heran und legte sich wie eine Decke über den Bombenkünstler.

„Du scheinst deinen Fehler eingesehen zu haben, Deidara“, allein die hohe Stimme des Puppenspielers machte ihn noch nervöser, als er sowieso schon war.

Warum war Sasori hier? Wollte er ihn nun abholen, jetzt, wo er doch eh schon schwach und wehrlos war? Damit er weniger Arbeit mit ihm hatte und einfach anfangen konnte? Die Stimme des Iwa-nin wollte nicht funktionieren.

„Wie du aussiehst… Eine solche Schande für Akatsuki. Es ist ein Wunder, dass Pain-sama dich am Leben gelassen hat. Das hätte er nicht gemusst. Jemanden wie dich kann man ersetzen“, ein leises Zischen verließ die Lippen des Rothaarigen.

„Das…“, Deidaras Stimme war brüchig und kaum verständlich, doch Sasori verstand jedes Wort. „…ist es doch, was…du dir erhoffst… Dass du…mich ersetzen kannst… aber… das kannst du nicht…un…“

Ein helles Klatschen war zu hören, als eine hölzerne Hand auf einer menschlichen Wange auftraf. Die sonst ruhigen, braunen Augen funkelten nun bedrohlich.

„Hüte dich vor deinen eigenen Worten, sie könnten dir zum Verhängnis werden, Balg. Ich warne dich, wage es ja nicht zu glauben, du könntest meine Ziele und meine Beweggründe verstehen!“, seine Stimme war nur noch ein wütendes Zischen, die Hand hing noch in der Luft, bereit, nochmals zuzuschlagen.

Langsam setzte sich der Iwa-nin wieder auf, die Wange feuerrot und die Hand darübergelegt, als wolle er den Schmerz mit der Hand auffangen. Blaue Augen trafen auf Braune, während sich Deidaras Mund zu einem Lächeln verzog.

„Du hast Angst, dass du es nicht fertigbringst, mich zu töten, Sasori no Danna, un. Und wenn du Angst hast, kann man dich in die Ecke drängen wie einen schäbigen Hund…“

Erneut schlug der Rotschopf zu, und nochmals, immer wieder, ins Gesicht, auf das Schlüsselbein, in den Magen. Der Kopf des Jüngeren wurde zur Seite gerissen, Blut fand seinen Weg aus Nase und Mund. Sein geschwächter Körper hielt den Druck und die Kraft der Schläge nicht aus und kippte mit einem Knall zur Seite, landete auf dem harten Steinboden. Doch Sasori stoppte seine Attacken nicht und trat ihm nochmals in die Rippen, bevor er sich runterbeugte und seinen Kopf an den Haaren hochzog.

„Für solche Bemerkungen wirst du ab jetzt leiden, das verspreche ich dir. Ich werde dich zum Weinen bringen, zum Schreien und Mitleid wirst du keines erwarten können. Ich kann dich töten, verlass dich darauf. Und irgendwann werde ich es auch tun… Denk daran.“

Mit diesen Worten ließ er seinen Kopf achtlos zurück auf den Boden fallen, nahm sein anderes Handgelenk und legte die andere Fessel an, die Kisame extra offen gelassen hatte – nun hing Deidara mit beiden Händen an die Wand gekettet da, auf dem Boden liegend und die Haare über dem Boden verteilt wie ein großer blonder Fächer, in den sich nun langsam die Farbe Rot mischte, denn das Blut tropfte immer weiter aus einer Platzwunde an seinem Wangenknochen, seiner Nase und aus seinem Mundwinkel.

Regungslos lag er da, sein ganzer Körper schrie vor Schmerzen. Er war sich nicht sicher, aber eine Rippe oder das Schlüsselbein waren sicherlich gebrochen. Wie es schmerzte, zusammen mit der Eiseskälte… Nur nebenbei bemerkte Deidara, wie sein Teamkamerad aufstand, nochmals fast schon angewidert das Gesicht verzog und den Raum mit einem lauten Knallen der Tür verließ, was ihm fast schon Kopfschmerzen bereitete. So laute Geräusche hörte man sonst nicht und vor seinen Augen tanzten sowieso noch schwarze und weiße Punkte von den Schlägen. Im Takt zum Tanz der Punkte schwankte seine Sicht, die Welt schien sich zu drehen… dazu noch war ihm schlecht.

Einen klaren Gedanken zu fassen war dem jungen Akatsuki nicht mehr möglich und so schloss er ergeben die Augen und sank in die kühle und fast schon barmherzige Ohnmacht, die ihn seinen Schmerz zumindest für eine Weile vergessen ließ.
 

„Deidara…? Komm schon, sag was.“

Stunden später nahm er eine nervende Stimme wahr, realisierte allerdings auch genau, dass es sich nicht um Sasori handelte, was ihn zumindest innerlich schon mal beruhigte. Die Gefahr war für’s Erste gebannt. Danach überlegte er weiter, ob er die Stimme zuordnen konnte. Wenn er sich nicht täuschte war es Kisame, der da direkt neben ihm hockte.

Ohne Widerstand ließ sich Deidara hochziehen und gegen die Wand lehnen. So saß er mit geschlossenen Augen da, während Kisame ihm mit einem Tuch das Blut aus dem Gesicht tupfte.

„Ich kann leider nicht viel machen… Du gehörst im Moment ausschließlich Sasori, Pain-samas Anordnung“, erklärte er und ein langer Schauer jagte über Deidaras Rücken. Sasoris Eigentum, vermutlich bis zum Tod – das hatten ihm seine Fluchtversuche eingebracht. Und wenn man sich seinen Zustand so ansah, waren seine Tage sowieso gezählt. Wie dumm er auch gewesen war, als er den Puppenspieler wissentlich provoziert hatte… Doch kampflos ging der Blonde eben doch nicht unter. Da musste schon mehr kommen.

„Wie hast du es nur geschafft, ihn so in Rage zu versetzen? Sasori hat seit Wochen in unserer Gegenwart das Gesicht nicht mehr verzogen, wenn man denn die Ehre hat und ihn zu Gesicht bekommt. Egal was du tust, um ihn wütend zu machen… Hör besser damit auf. Wenn sich diese Attacke wiederholt und er noch kräftiger zuschlägt, wird dein Herz bald stillstehen, genau wie seines.“



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