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Verrat und Bombenstimmung

von

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Langweiliger geht kaum

Ich parkte meinen Wagen ein und stieg aus. Vor mehr als 5 Jahren war ich beim Bomb Squad gelandet. Als wäre meine Zeit bei den Marines vorher nicht explosiv genug gewesen, hatte ich mich entschieden, mein Leben den explosiven Gefilden der Waffen zu widmen.

Es gab, Gott sei Dank, nicht jeden Tag Bombendrohungen oder Entschärfungen, viel öfter hieß es, junge Soldaten auszubilden. Sei es, wie man eine Bombe entschärft, oder, und das war wenig verwunderlich, wie man eine Bombe baut. Aus den einfachsten Materialen. Die Philosophie dahinter war ganz einfach: wer weiß, wie man eine Bombe baut, der weiß auch, wie man sie wieder auseinander nimmt und dafür sorgen kann, dass sie nicht hochgeht.
 

Im Internet kursierten einfach viel zu viele Anleitungen, so dass selbst Jugendliche mit ein bisschen Grips schon so etwas bauen konnten. Oft genug kam es vor, dass der Junge, der jahrelang gemobbt wurde, eine Bombe mit in die High School brachte. In den seltensten Fällen ging sie hoch. Dafür sorgten die insgesamt vier Teams, die hier in der Nähe des Anacostia Park ihre Räume hatten.
 

Als ich das Gebäude betrat kam schon Steven auf mich zu. Steven Mofray, vor einem Jahr zum Team gestoßen, war ein Mann Ende 20 mit kurzen braunen Haaren und ohne Lächeln. Ich konnte nicht herausfinden, was ihm die Freude gestohlen hatte. Irgendwann hatte ich es einfach akzeptiert.
 

„Du bist zu spät,“ meinte er tonlos. „Jaja, ich weiß. Ich spring schnell unter die Dusche, dann können wir los.“

Es war wieder einer dieser Tage, an dem wir von einer Schulung zu nächsten huschten. Soldaten, Polizisten. Ich blickte kurz auf meinen ‚Stundenplan‘. Na immerhin recht einfach. Grundlagentraining. Reine Theorie.
 

Ich verschwand in der Umkleide und stellte mich unter die Dusche, nachdem ich meine Joggingklamotten in meinen Spind gepackt hatte. Ich brauchte nicht lange, war ich doch durch den Zusammenstoß mit Jethro und dem folgenden Kaffee schon spät dran.

Schnell nahm ich mir Jeans, T-Shirt, BH und Unterhose aus meinem Spind und trocknete mich ab. Mein Chef würde zwar gerne auf etwas förmlichere Kleidung bestehen, aber damit rannte er bei mir immer gegen eine Mauer. Ging bei mir einfach nicht.

Nachdem ich meine nassen Haare zu einem Zopf geflochten hatte, ging ich wieder hoch zu Steven, der schon ungeduldig mit meinen Unterlagen in seiner Hand auf mich wartete.
 

„Der Rest des Teams hat heute Bürodienst,“ setzte er mich in Kenntnis. „Bürodienst?“ „Die liegengebliebenen Akten der letzten Wochen?“
 

Ach ja. Ich war wohl das schlechteste Vorbild für mein Team, was man sich wünschen konnte. Eher halbherzig fertigte ich aus den Notizen ganze Akten an, die für die Ewigkeit irgendwo eingelagert wurden. Und mein Team war kein Deut besser. Regelmäßig wurden wir deswegen verdonnert, alles aufzuarbeiten.

Die restlichen Teams fanden das ganze immer sehr amüsant, ich weniger, und war deswegen froh, dass ich heute zwei Lehrgänge hatte.
 

Mit Steven voran, gingen wir zu unserem SUV und fuhren Richtung Navy Yard. Der erste Lehrgang war für eine junge Gruppe Soldaten, Frischlinge, die noch nichts gesehen hatten. Während Steve losfuhr, schaute ich noch einmal in die Unterlagen und ging gedanklich den Lehrgang durch. Einfachste Grundlagen. Aber das dafür vier Stunden lang. Na Juchu! Einziger Sonnenstrahl: wenn alles gut ging, sah ich Jethro heute Abend wieder. Zwei andere Teams waren heute auf Rufbereitschaft. Zwar nur bis 16 Uhr, dann waren wir dran, aber ich hegte die Hoffnung, dass heute nichts, einfach nichts passieren würde.
 

Der Morgen zog sich hin. Entweder stellte ich zu hohe Anforderungen oder die jungen Menschen wurden tatsächlich immer schwerer von Begriff. Ich schaute auf meine Uhr, viertel vor eins. Ich beendete den Lehrgang und atmete durch. Die Soldaten flüchteten regelrecht aus dem Seminarraum und ich war kurz alleine.

Ich griff in meine Tasche und zog mein Handy und die Serviette heraus. Lange blickte ich auf die krakelige Schrift und meine Gedanken flogen zu den blauen Augen.
 

Ich tippte die Nummer in mein Handy ab. Ich atmete kurz durch und schollt mich selber für mein kindisches Verhalten, dann ließ ich das Gerät wählen.

Nach dem dritten Tuten meldete sich eine Stimme. „Gibbs.“ „Jetzt weiß ich auch wie Du mit Nachnamen heißt,“ meinte ich lachend. Ich konnte ein leises Lachen am anderen Ende hören.

„Pause?“ „Ja, Gott sei Dank. Trockene Schulungen sind definitiv nicht mein Ding.“ „Muss aber auch sein.“ „Allerdings, und leider bin ich der Schulungsleiter, drücken ist auch nicht.“ „Kaum.“ Einsilbig, dachte ich, vermutlich auf der Arbeit. „Heute Abend?“ fragte ich. „Gerne.“ „Wo? Wann?“

„8 Uhr? Osteria Morini?“ „Das ist am Anacostia Riverwalk, neben dem Navy Yard, oder?“ „Yes, Ma’am,“ witzelte er.

Na herrlich, direkt vor der Tür. „Passt perfekt.“ „Prima.“ „Bis heute Abend.“ Ich legte auf und grinste mir einen Wolf.

Als ich mich umdrehte blickte ich in Steves braune Augen. „Date?“ Ich nickte und lief rot an. “Viel Spaß.”
 

Auf dem Navy Yard gab es einen kleinen Donut-Laden, in dem Steve und ich uns schnell einen Kaffee und eine Kleinigkeit für zwischendurch holten. Zweiter Lehrgang des heutigen Tages: die örtliche Polizei. Auffrischung der Verhaltensregeln bei einem möglichen Bombenfund, Einschätzung des Gefahrenbereichs etc.

Dank des gemischten Alters der Teilnehmer und der schon vorhanden Berufserfahrung, war dieser Lehrgang um einiges angenehmer. Witze wurden gerissen, Anekdoten und –dötchen erzählt. Alles in allem sehr entspannend. Und hier war der Kaffee auch besser als in der Jung-Soldaten-Baracke auf dem Yard.
 

Es war kurz nach 17 Uhr als wir uns auf den Weg zurück machten. Ich schaute auf meine Armbanduhr und überlegte, ob ich es schaffen würde, nach Hause zu fahren oder ob ich lieber im Hauptquartier duschen sollte. Eine Bluse hatte ich noch im Spind, Make-Up in der Tasche und das Auf Brezeln überließ ich sowieso lieber anderen. Ich hatte dann immer das Gefühl, eine Maske zu tragen.
 

Als wir auf dem Southeast Freeway in einen Stau gerieten, entschied ich mich nicht nach Hause zu fahren.

Als wir fast eine Stunde später im Büro ankamen wollte ich direkt in die Umkleiden verschwinden, als die Alarmglocke zu summen begann. In dem Moment klingelte schon mein Diensttelefon.

„Nolan.“ „Bombendrohung, Daten kommen auf Dein Pad.“ „Danke Chef, Abend versaut.“ Motzte ich. „Ich kann auch nix dafür, dass die Idioten sich immer die unmöglichsten Zeiten rausfischen. Und euer Team steht nun mal in der Rufbereitschaft.“ „Sind ja noch alle hier.“ „Immerhin.“
 

Mittlerweile hatten bei allen die Handys gepiept und 5 Leute rannten zu den Einsatzwagen. Ich zückte mein Pad aus der Tasche, drückte es Steve in die Hand und schmiss mich ans Steuer. Im zweiten Wagen saß der Rest des Teams. Mit Vollgas fuhr ich aus der Halle und schaltete das Sondersignal ein. Steve schloss das Pad an und startete die Navigation. Ich warf nur einen flüchtigen Blick drauf.



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