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Die Herrin der Dämonen

Sesshoumaru X ?
von

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Entscheidungen mit Folgen

„Ihr habt WAS?“, Jou hielt das Telefon etwas weiter weg und zählte gedanklich bis drei, ehe er es wieder an seinen Kopf heran holt. „Ich habe euch doch befohlen es SOFORT zu tun!“

Jou mahlte mit den Zähnen. Er hatte bereits einen Spruch auf den Lippen im Sinne von: „Die Sklaverei ist vorbei, außer unserem Fürsten kann uns niemand etwas befehlen“, aber er hielt lieber die Klappen. Besonders, wenn man die Person bedachte, die hier neben ihm auf dem Boden des Motelzimmers hockte und mit seinen Klauen spielte.

„Ich sagte dir doch, dass er sauer sein wird.“, maulte Yoshimitsu und schielte kurz zu ihm hinauf.

Jou atmete einmal tief durch.

„Wir hatten keine Wahl. Wären wir geblieben, dann hätten sie uns getötet.“, erklärte er und fügte noch schnell hinzu: "Und wenn sie uns getötet hätten, wer würde dann Kuraiko für dich beseitigen?“

Akito am anderen Ende maulte etwas unverständliches.

„In Ordnung.“, meinte er dann. „Hat euch jemand erkannt?“

Kuraiko vielleicht. Aber für ihre Augen war es einfach viel zu dunkel.

„Nein“, antwortete Jou daher einfach nur.

„Gut.“, man hörte regelrecht, wie Akito überlegte, dann sprach er endlich weiter: „Wenn Kiyoshi und Riko ebenfalls im Herrenhaus sind, was seit der Geburt immer der Fall ist, habt ihr acht Dämonen zwischen euch und Kuraiko mit dem Balg. Wir müssen die also als erstes aus dem Weg räumen. Schade, es sind fähige Männer darunter.“

„Du hast schon eine Idee, oder?“, schnurrte Yoshimitsu ungeduldig und kroch so dicht an Jou auf der anderen Seite des Hörers heran, dass er genauso gut für Akito zu hören war, wie dieser für ihn.

„Ich denke es gibt da einen Weg, den wir nehmen können.“, Akitos Stimme klang überheblich und selbstsicher. Man, wie er ihn hasste!

Wobei ihm das auch erst wirklich klar war, seit er Mariko gesehen hatte.

Aber gut, der Kerl konnte sagen, was er wollte: An den anderen Dämonen kämen sie niemals vorbei. Beide, Kuraiko und ihre Tochter, waren sicher vor ihnen...

Dachte er.

„Geht nach Neuseeland. Auf dem Aoraki lebt ein alter Freund von mir. Er ist Sprengstoffexperte. Holt euch von ihm eine geeignete Menge, um das Herrenhaus zu sprengen. Vielleicht können wir damit nicht die erwachsenen Dämonen töten, aber das Weib und ihre Brut auf jeden Fall.“

Jous Augen zuckten, aber er versuchte sich nichts anmerken zu lassen.

Sprengstoff?

Er fluchte innerlich.

„Aber was bleibt dann für mich?“, jammerte Yoshimitsu. Jou sagte dazu nichts.

„Auf deine Gelüste kann ich hierbei keine Rücksicht nehmen, Yoshimitsu.“, meinte Akito am anderen Ende nur.

„Aber, aber, aber warum? Akito“, er jammerte wie ein kleines Kind, das seine Lieblingssüßigkeiten nicht bekommen sollte.

„Du hattest deine Chance!“, sagte Akito kalt. „Du hättest sie gleich zu Beginn töten können, als sie noch alleine war, oder heute Nacht, als ihr bei ihnen wart. Und du hast versagt. Ich kann auf dich keine Rücksicht nehmen. Die beiden müssen verschwinden!“

Yoshimitsu verzog bockig das Gesicht, sah aber die Argumentation seines Chefs ein.

„Jou, ich werde meinem alten Bekannten Bescheid geben. Er wird euch finden. Und ich sage ihm, was und wie viel ihr braucht. Geht sofort, holt das Zeug, und kommt wieder her. Ich erwarte, dass Kuraiko und Mariko innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden tot sind.“

„Gut.“, bestätigte Jou nur und es knackte in der Leitung. Akito hatte aufgelegt. Jou tat es ihm gleich und sah Yoshimitsu von oben an.

„Das ist nicht fair!“, jammerte der beleidigt. „Ich will sie eigenhändig umbringen!“

Jou blickte ihn ausdruckslos an.

Nein, auf keinen Fall. Das würde er nie und nimmer tun! Dafür würde er sorgen.

Nur konnte er seinen eigenen Freund umbringen?

Kuraiko und Mariko waren seine Familie. So, wie auch einige der anderen Dämonen in dem Haus. Und auch wenn man immer sagte, dass Blut dicker war als Wasser, so hatte er beinahe sein gesamtes bisheriges Leben mit ihm verbracht. Er kannte den Dämonen seit er klein war und er wusste, dass seine Blutsucht aus den Misshandlungen in seinem bisherigen Leben rührte. Aber würde er ihn töten können?

„Du bleibst hier. Wir haben noch etwas Zeit.“, meinte er und nahm seinen Mantel.

„Wo willst du hin?“

„Raus.“, meinte er nur. „Einen klaren Kopf bekommen.“

Am Ende war es doch so: Die, die sie umbringen wollten, das waren seine Blutsverwandten. Jedoch alles Personen, die er bisher nicht kannte...

Yoshimitsu, Tomomi und Akito dagegen, waren seine bisherige Familie. Er war mit ihnen aufgewachsen oder hatte ihnen beim wachsen zugesehen. Sie waren durch die selbe Hölle gegangen.

Doch er musste sich entscheiden.

Seine Leidensgenossen, oder seine Familie...

Er schloss die Tür des Motelzimmers hinter sich und sah in den Himmel. Schnee kündigte sich an. Damit stapfte er davon.

Drinnen klingelte das Telefon.

Wie ein Affe auf die Fäuste und Zehen gestützt, hopste Yoshimitsu hinüber und hob das Gerät mit zwei Fingern an. Nachdenklich besah er es sich, als wüsste er nichts damit anzufangen, dann aber drückte er den Knopf.

„Hallooooo“, sang er unschuldig hinein.

„Er ist gegangen, stimmt 's?“, fragte Akito am anderen Ende.

„Ja, ist er.“, Yoshimitsu sah zu der Tür, durch die Jou verschwunden war.
 

Blitzlichtgewitter in dem Pressesaal der Yokokume Cooperation.

Doch neben Klarasi, Kyllian und Sesshoumaru, saß auch der Polizeipräsident dabei. Letzterer richtete gerade seine Notizen.

Sie waren an diesem Morgen hier, um den aktuellen Stand der Ermittlungen gegen den Serienkiller an die Öffentlichkeit zu bringen.

Keiner von ihnen allerdings war sonderlich begeistert hier zu sein.

„Guten Morgen.“, begann Kylian dann endlich und die Gespräche um sie herum verstummten. „Und willkommen. Mein Name ist Kyllian Dubois, das ist meine Frau Klarasi, Fürstin der östlichen Dämonen, dies ist Sesshoumaru, Fürst der westlichen Dämonen und links von mir sitzt Sato-sama, Polizeipräsident der Präfektur Nagano, der hier für alle Polizisten Japans reden wird.“, so stellte er sie nacheinander vor und verschränkte dann wieder die Hände auf der Tischplatte vor sich. „Wie nun bereits die letzten Tage durch die Medien ging, ist nun auch der dritte der vier Großmeister über die Fürsten angegriffen und getötet worden. Rostislaw hinterlässt als einzigen Überlebenden seine Tochter Charlotta, die in Sicherheit vor den Mördern ihrer Familie bei dem Fürsten des Nordens lebt, Mikail.“

„Selbstverständlich...“ - so machte Sato weiter - „...werden wir auch weiterhin alles daran setzen, dass andere Familien, die einmal Dämonen besaßen, geschützt sind. Wir versichern Ihnen, dass die Teams in jedem einzelnen Land dieser Erde entsprechende Maßnahmen einleiten. Trotzdem gilt unser besonderes Augenmerk nun Japan und vor allem die Länder, in denen Dämonen aus der westlichen Herrschaft gefangen gehalten wurden. Die Task Force geht davon aus, dass die Morde mit dem Angriff auf Kuraiko Yokokume beendet werden, was – sollten die Mörder ihrem bisherigen Muster folgen – in einem Monat der Fall sein wird.“

Oder mit anderen Worten: Sollte es soweit kommen, dann waren sie am Arsch, weil sie nicht weiterkamen.

Ein Reporter meldete sich und Sato nickte ihm zu, dass er seine Frage stellen konnte.

„Wie schätzen Sie ihre Chancen ein, die Mörder tatsächlich zu stellen? Gestern Abend wurde ja bereits eine – bitte entschuldigen Sie den Ausdruck – großspurige Kampfansage der Dämonen dahingehend gebracht. Aber bisher gibt es kaum Ergebnisse.“

„Die Chancen stehen sehr gut.“, meinte der Polizeipräsident, doch die anderen dachten sich nur ihren Teil. Nein, die Chancen standen sogar absolut miserabel! Und das obwohl sie alle ganz genau wussten, wer verantwortlich war! „Es gibt Hinweise, denen nachgegangen wird. Dies ist der Grund, warum wir diese Konferenz auch im Beisein von Sesshoumaru-sama abhalten. Wie sie alle wissen, kursiert bereits seit der Rettung des Mädchens in Frankreich das Gerücht, dass es sich bei den Serienmördern um Hundedämonen handelt. Dieser Verdacht hat sich bestätigt. Da es also keine Menschen sind, haben wir die Zuständigkeit in die Hände des Fürsten des Westens gelegt.“

„Glauben Sie nicht, dass dieser Schritt etwas zu spät kommt?“, rief ein Reporter.

„Das mag vielleicht so aussehen, aber wir arbeiten bereits mit den Dämonen zusammen, seit klar wurde, dass sich die Morde auf ehemalige Herren konzentrieren. Da nun aber konkrete Verdachtsmomente bestehen, die in dem Volk von Sesshoumaru-sama zu finden sind, bat der Fürst darum, die Zuständigkeit selbst zu übernehmen. Und selbstverständlich haben wir dieser Bitte stattgegeben. Die Verfolgung und Bestrafung für Vergehen von Dämonen liegt nicht in der Zuständigkeit menschlicher Behörden, wenn wir auch dennoch durchaus mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln helfen werden.“

Wieder hob eine Reporterin die Hand.

„Ist das der Grund, warum man nach drei Monaten Sie und Yokokume-san nun wieder zusammen sieht?“, fragte sie an Sesshoumaru. „Benutzen sie einen Menschen als Köder?“

Der Angesprochene funkelte sie kurz an. Wie konnte es diese Frau nur wagen ihm zu unterstellten mit lebendigen Ködern zu angeln? Noch dazu dabei das Leben von Kuraiko aufs Spiel zu setzen?

„Nein.“, erklärte er also kühl. „Kuraiko Yokokume befindet sich an einem sicheren Ort, bewacht von einigen meiner besten Männer. Die Frau, die sie gestern mit mir in der Arena sahen, war meine Gefährtin. Eine Gestaltenwandlerin mit dem Namen Tomomi.“

Damit gaben sie sich alle zufrieden. Sie ahnten nicht, dass er sie durchaus im Privaten mit Kuraiko ansprach und sie immer deren Aussehen hatte – keiner wusste, dass Kuraiko inzwischen ein Kind zur Welt gebracht hatte, da sie die letzten Wochen sehr zurückgezogen lebte.

Sie dachten also lediglich, dass sie deren Gestalt für den dramatischen Effekt angenommen hatte.

„Wenn es keine weiteren Fragen gibt, dann möchte ich zum Abschluss noch eine Sache sagen.“, mischte sich nun wieder Kyllian ein. „Die Schlinge um die Gesuchten zieht sich zu. Wir wissen, wer sie sind und wir ahnen, wen sie als nächstes töten wollen. Sollten sie sich nicht freiwillig stellen, dann dürfen sie mit der Höchststrafe unter den Dämonen rechnen. Und zwar alle von ihnen. Daher appellieren wir noch einmal, wie gestern Abend bereits, an denjenigen von Ihnen, der nun schon so viele Unschuldige gerettet hat: Stell dich uns, sage aus und dein Fürst wird sich gnädig zeigen. Das wäre dann alles.“

Und so meinte er es auch. Keine Sticheleien und Gerüchte mehr von der Boulevardpresse, die am Rande vermutlich gleich eine Prügelei anfangen würden, nur um ihre Fragen noch stellen zu können und schon gar keine weiteren anklagenden Worte der halbwegs vernünftigen Propaganda. Das war das Letzte, was sie gerade gebrauchen konnten.

Die vier standen auf und verließen den Raum durch eine Seitentür in den Flur, flankiert von mehreren Dämonen liefen sie in die Richtung der Fahrstühle.

Kyllian sah sich um. Er hatte gedacht, dass Tomomi wieder hinter der Tür auf sie warten würde und Sesshoumaru empfing, aber nichts der Gleichen war geschehen. Er sah zurück auf den Fürsten, der mit sturem Blick einfach nur hinter ihm her lief.

„Das ist unsere Chance!“, raunte ihm Klarasi zu und bestätigte damit den Gedanken, den auch Kyllian hatte.

Jetzt oder nie!

Das war der perfekte Moment, um Sesshoumaru zu stecken, dass seine Herrin eine Tochter von ihm geboren hatte. Einen vollwertigen Dämon. Und dass beide wohl auf waren und nur auf ihn warteten!

Er nickte also seiner Frau zu und ließ sich etwas zurück fallen.

Nur wie sollte er das Gespräch beginnen?

„Hast du inzwischen eine Idee, wo wir Jou und Yoshimitsu finden können?“, fragte er also stattdessen.

„Nein“, antwortete Sesshoumaru nur. „Sie werden hier irgendwo in Japan sein. Ich kenne sie nicht, sonst könnte ich sie aufspüren.“

Kyllian nickte und sie kamen an der Kabine an, wo bereits Sato und Klarasi auf sie warteten. Doch der Franzose hinderte den Dämonen am Einsteigen. „Lass uns bitte einen anderen nehmen. Ich würde gerne was mit dir bereden.“

Sesshoumaru sah ihn abschätzend an, nickte dann aber und trat wieder zurück.

Sie stiegen in einen anderen Aufzug.

Durch gleichzeitiges Drücken der Etage und des Knopfes, dass die Türen sich schließen sollten, würde der Fahrstuhl ohne Zwischenstopp und ohne Störung hinauf fahren.

Als die Türen der Kabine sich verschlossen hatten sah Sesshoumaru ihn wieder an.

„Worum geht es?“

„Um Kuraiko.“

Der Fürst verzog keine Mine. Verdammt... Wo konnte er nur anfangen?

„Glaubst du wirklich, dass sie in Sicherheit ist?“

„Seit zwei Monaten befinden sich sechs der mir am nächsten stehenden Dämonen in dem Herrenhaus. Erst dachte ich, es sei Verrat, aber vermutlich haben sie recht. Wir müssen sie schützen. Auch sie hat einen solchen Tod nicht verdient. Trotz ihrer Taten.“

„Du glaubst also wirklich, dass sie dich benutzt hat und... gebrochen?“

Er schwieg. Er würde diese Worte niemals aussprechen. Es wäre, als würde er es zugeben, wenn er es täte, aber sein Stolz ließ es nicht zu. Niemand würde ihn, Sesshoumaru, jemals brechen. Weder in Zukunft, noch in der Vergangenheit. Niemand. Nicht einmal Kuraiko.

Er dachte zu lange an sie, er sah sie bereits wieder vor seinem geistigen Auge. Und es war wirklich Kuraiko, denn die Uhr hing zwischen ihren nackten Brüsten und ihr Keuchen war echt, nicht so künstlich und übertrieben wie das von Tomomi.

Er schloss kurz die Augen.

„Ich glaube nicht, dass sie das hat. Ich glaube, dass sie sich genauso nach dir sehnt, wie du dich nach ihr.“

„Jetzt wagst du zu viel, Mensch.“

„Hey, ich hab keine Angst vor dir. Reiß mir den Kopf ab, wenn du willst, er wächst wieder nach. Aber ihrer würde das nicht.“

Der Fahrstuhl erreichte die Chefetage und Sesshoumaru stieg aus.

„Was willst du eigentlich von mir, Kyllian?“

„Sie“ - er suchte nach den richtigen Worten - „Sie braucht dich, Sesshoumaru, und zwar dringend. Jetzt vermutlich mehr denn je.“

Er stapfte einfach hinter ihm her und sie erreichten die Tür.

Da hielt Kyllian ihn am Unterarm fest und sah ihm tief in die Augen.

„Es gibt da etwas, dass du noch nicht weiß, Sesshoumaru...“

Er sah ihn nur ausdruckslos von oben herab an und drückte die Klinke runter.

„Das wäre?“

„Sie liebt dich, Sesshoumaru, sie leidet und außerdem habt ihr...“

„Sesshoumaru“

Oh Gott... nein... nicht die schon wieder!

Kyllian rollte mit den Augen, als auch schon Kuraiko-Tomomi durch die Tür auf ihren Fürsten zuflog und die Arme um ihn schloss.

Sesshoumaru legte ihr nur einen Arm um und trat dann mit ihr noch vor Kyllian ein.

„Und? Wie war die Konferenz?“, fragte ein gut gelaunter Akito von der Couch. Natürlich war auch er hier. Und das war das Problem: Kyllian würde ihr Geheimnis nicht vor den beiden an Sesshoumaru weitererzählen. Er wusste nicht, wie Sesshoumaru reagieren würde, doch bei Akito und Tomomi war er sich sicher. Tomomi würde nicht davor zurückschrecken sich noch hier und jetzt vor allen auszuziehen und Sesshoumaru zu verführen. Und da sie nun mal leider im Körper von Kuraiko steckte, würde sie ihm damit mit Leichtigkeit das Hirn lahm legen. Und Akito, nun, der würde die Gunst der Stunde nutzen und seinen Jungs sagen, dass sie Kuraiko und Mariko auf der Stelle töten sollten.

Er ahnte ja nicht, dass das schon lange passiert war!

Also marschierte Kyllian hinüber zu Klarasi hinter dem Schreibtisch und sah ihr über den Rücken, wie sie angestrengt die anderen beiden Dämonen ignorierend einige Dokumente durchstöberte.

„Was wolltest du mir gerade erzählen, Kyllian?“, fragte Sesshoumaru da unvermittelt. Doch ebenso wie er, sahen auch seine Gefährtin und deren Chef zu ihm. Und ihr Blick schien das Blut in seinen Adern gefrieren zu lassen. Also schüttelte Kyllian den Kopf.

„Nichts, Sesshoumaru.“

Der Dämon sah ihn noch einige Augenblicke an.

Verdammt. Wenn doch nur Aktio nicht hier wäre! Denn der war es doch, der Kyllian einschüchterte und zum schweigen brachte, oder nicht? Normal war dieser Mensch um kein Wort verlegen, aber wenn Sesshoumarus Therapeut da war, dann schien er sich lieber die Zunge abzubeißen und die Augen auszustechen, als den Mann auch nur anzusehen!

Und irgendwas war mit Kuraiko...

Sesshoumaru musste gestehen, dass sein törichtes Herz einen Satz gemacht hatte, als er hörte, dass sie ihn liebte. Der Dämon in ihm hatte aufgeschrien, als er etwas von "leiden" gesagt hatte...

Aber etwas in ihm – vermutlich wie bereits erwähnt dieser übermächtige Stolz eines Daiyoukai – hielt ihn davon ab zu der Frau zurückzukehren. Seine Abhängigkeit in allen Belangen von ihr war so unnatürlich wie angsteinflößend. Ein falscher Schritt und sie würde ihn erneut versklaven.

Das hatte ihm Akito Mal um Mal bei ihren Sitzungen bestätigt – oder eher eingeredet...

Und um Nichts in der Welt wollte Sesshoumaru wieder zum Sklaven eines einfältigen Menschen werden!
 

Sein Entschluss stand fest. Mit jedem verfluchten Stich dieser Nadel war er sich sicherer in dem, was er tun musste: Mariko und Kuraiko um jeden Preis retten, auch wenn das heiß, dass er Yoshimitsu und auch Akito und Tomomi töten musste.

Niemand würde den beiden auch nur ein Haar krümmen.

Jou atmete tief ein und aus, als der Mann seine Tätowiernadel von seiner linken Brust nahm und noch einmal mit einem Tuch über das frisch Gestochene wischte.

Es war Blut geflossen, viel Blut, aber er hielt es aus. Für sie. Es war sein Schwur an die kostbarste Blume, die jemals in sein Leben getreten war.

„Ich bin fertig.“, meinte der Mann dann und sah – während er das Gerät auseinander baute und säuberte – dabei zu, wie die Wunde heilte und das perfekt angefertigte Bild sich schwarz und kräftig von seiner harten Brust abhob.

Anfangs hatte Jou geglaubt, dass der Mann abklappen würde und er dieses Tattoo gar nicht erst bekam. Er war einfach früh morgens mitten in die Inventur geplatzt, hatte einen Namen in lateinischen Buchstaben auf einen Zettel gekritzelt und ihm gesagt, er solle was draus machen und es ihm dann stechen. Gesagt getan und es hatte tatsächlich nur bis Mittag gedauert! Wenigstens hatte der Künstler nun auch wieder Farbe im Gesicht, nachdem er ihn fast zu Tode erschreckt hatte.

„Mariko“, las der Mann vor. „Wer ist das? Willst du mir das erzählen?“

Nun, da er fertig war, schien er auch gesprächig zu werden. Doch Jou sollte es egal sein. Er hatte, was er wollte und irgendwie hatte er sogar das Verlangen, dem Mann seine Fragen zu beantworten. Er kannte ihn nicht, es würde also keine Konsequenzen haben.

„Die wichtigste Person meines Lebens.“, erklärte er also schlicht und erhob sich von der Liege. Er ging hinüber zu dem Spiegel und betrachtete seinen Oberkörper darin.

Seine rechte Seite war überzogen von einem großen, eleganten Tribal. Es bedeckte ihn, hart und kantig und mit einer Aggressivität in der Ausstrahlung, die fast zu greifen war. Selbst die Schnörkel in seinem Gesicht, die sich über seine Clanzeichen zogen, ließen ihn so grimmig wie gefährlich wirken. Das verdecken seiner Clanmerkmale war damals etwas gewesen, das er gemacht hatte, um Aktio und Yoshimitsu ähnlicher zu sein. Beide hatten keine Zeichen, stammten von einer niederen Blutlinie ab, und sie waren seine Familie gewesen. Mit dem Erweitern und Verschlingen seiner Abstammungsmerkmale im Gesicht, hatte er symbolisch seinen Verwandten abgeschworen, wodurch ihn sein Vater nicht erkannt hatte, als er vor ihm stand.

Ein Fehler.

Ein großer Fehler.

Wie nur konnte er Akito, Yoshimitsu und Tomomi als seine Familie betrachten?

„Deine Frau?“, fragte der Tätowierer nun weiter und riss ihn damit aus seinen Gedanken.

„Nein, die Tochter der Tochter meines Bruders. Sie ist jetzt knappe zwei Tage alt.“

„Und schon ist sie die wichtigste Person in deinem Leben? Ihr Dämonen seit eigenartig.“

Jou rieb sich die Brust, die Stelle an der das neue Tattoo nun war. So sanft in feinen Linien, wie etwas Zerbrechliches, legten sich die Lettern über sein Herz.

Dieses Bild stand so völlig im Kontrast zu der anderen Seite seines Körpers.

Und zu seinem bisherigen Leben...

Es schien ihm fast wie ein Licht, nachdem er greifen musste, um Frieden zu erlangen.

Das alles hatte nichts mit seiner Liebe zu Kindern zu tun. Nicht mit dem Grund, warum er besonders Kinder vor Yoshimitsu gerettet hatte. Die Verbindung zu Mariko ging tiefer und war so viel reiner als alles andere, das er bisher gespürt hatte.

Falsch, es schien im nicht wie ein Licht, sondern SIE WAR das Licht...

Und dann war da dieses dunkle Monster Yoshimitsu...

„Sie ist in Lebensgefahr.“, erklärte er sich schließlich aus einem Impuls heraus. „Dieser Serienkiller, der umgeht, will sie töten.“

„Oh ha, mein Beileid. Versteck sie bloß, ehe er sie findet.“, der Typ kam rüber und reichte ihm sein Hemd und seinen Kapuzenpulli. „Im ersten Moment habe ich gedacht, dass du der Killer wärst. Ganz ehrlich. Ich habe auch mal Dämonen besessen. Ich dachte schon, jetzt ist es vorbei.“

Jou zog einen Mundwinkel zu einem Grinsen hoch.

„Keine Sorge. Ich bin das komplette Gegenteil zu ihm.“

„Ah ja“, der Mann sah ihn an.

Vielleicht ahnte er etwas, wer wusste das schon...

Doch Jou zog sich einfach an und kramte dann in der Hose nach seinem Portmonee. Er drückte es ihm einfach komplett in die Hand.

„Hier, das ist alles, was ich noch habe. Reicht das?“

Der Studioinhaber besah sich den Inhalt und zog dann nickend einige Scheinchen heraus. Den Rest gab er ihm.

„Hier, mein Großer, das hier reicht völlig.“

„Nein, bitte.“, Jou hob abwehrend die Hände. „Behalte den Rest und stecke ihn in deinen Laden. Du machst gute Arbeit. Sieh es einfach als Investition.“

Der Typ grinste und Prostete ihm mit der Geldbörse zu.

„Alles klar, da sag ich nicht nein. Danke, Mann.“

Jou hob eine Hand und klopfte ihm kurz auf die Schulter. Er ging an ihm vorbei und auf die Ladentür zu, da hielt der Mann ihn noch einmal auf.

„Und was hast du jetzt vor? So ohne Geld und alles?“

„Ich lege mich auf die Lauer und schütze mein kleines Mädchen.“, er schlug sich dreimal auf die linke Brust. „Wenn dieser Bastard sie töten will, dann muss er erst an mir vorbei.“

Der Mensch grinste zufrieden und nickte.

„Ich wette du kannst ihn aufhalten! Ich wünsche dir alles gute.“

Jou verneigte sich einmal kurz, dann verließ er den Laden und lief die Straße hinunter, die allmählich belebter wurde.

Sein Mädchen.

Mariko.

Dieses kleine Licht.

Ihr Name über seinem Herzen war sein Schwur, dass ihr niemals etwas Böses widerfahren sollte. Dieses Tattoo sollte ihn als das ausweisen, was er auf ewig, so lange er lebte, sein würde: Ihr alleiniger Dämon.

Dieser Dämon, der er war, würde ihr gehören. Für immer...

Gerade, als er sich fragte, ob es eigentlich pervers war, sich als Eigentum eines zweitage alten Babys anzusehen oder aber normal - immerhin war sie ein Teil seiner Familie und die Familie musste man schützen - stockte er.

Etwas stimmte hier nicht.

Er betrat den Hof des Motels. Die Türen der einzelnen Zimmer waren aufgerissen. An den Wänden und den Balustraden klebte Blut...

Er knurrte.

Verdammt, Yoshimitsu! Wie hatte er nur so dämlich sein können und diesen kleinen Wichser solange alleine lassen?

Doch alleine war er ja gar nicht.

„Hallo Jou“, erschrocken wirbelte der Gemeinte herum und sah sich Akito gegenüber. „Schön, dass du auch endlich wieder da bist.“

Hinter ihm landete kichernd Yoshimitsu auf allen Vieren im Staub.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  SUCy
2015-02-10T22:27:44+00:00 10.02.2015 23:27
Maaaaan warum hat er ihm nicht im Fahrstuhl einfach an den Kopf geknallt das er Vater ist? Zum Haareraufen :D
Auf Jou kommt jetzt wohl auch nix gutes zu...hoffentlich ist er danach noch in der Lage zu helfen...
Bin auf das nächste Kapitel gespannt!


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