ungeborene Kinder und ihre Väter
Lees Erinnerung
„Bleib stehen!“, brüllte die Frauenstimme quer durch die Eingangshalle. Irritiert hob Lee den Kopf und sah seinem Herrn und dessen Frau entgegen, wie beide die Treppe hinunter rauschten. Er ahnte fürchterliches, war es doch den Dämonen nicht entgangen, dass Taro Yokokume seine wunderschöne Frau Ruri seit geraumer Zeit betrog.
„Ich verlange Erklärungen!“
„Ich habe dir bereits alles erzählt, Frau!“, knurre Taro mehr oder weniger ruhig und nahm seinen Mantel von einer Dämonin entgegen, die sich sofort wieder verzog. Eine weise Entscheidung. Keiner von ihnen sollte die Auseinandersetzung des Ehepaars mit ansehen. Es ging sie nichts an.
„Geht, lasst einfach alles liegen, wir machen hier später weiter.“, beschloss Lee und scheuchte damit die anderen fünf Männer und Frauen auf, die mit ihm zusammen die Kabel für eine neue Alarmanlage verlegten. Wie von der Tarantel gestochen sprangen sie auf und eilten durch die nahe gelegene Tür in den Keller.
Lee sah noch einmal zurück. Es widerstrebte ihm diese zierliche Frau mit dem Hünen von Mann allein zu lassen. Taro Yokokume konnte wahnsinnig aggressiv werden, wenn er es auch noch nie gegenüber seiner Frau war.
„Warum, Taro!“, schrie Ruri verzweifelt und ein Schlüssel flog zu Boden.
Lee ließ die Tür zum Keller einen kleinen Spalt offen stehen und spähte hindurch. Fluchend hob sein Herr gerade den schweren Bund auf.
„Auch das hab ich dir schon gesagt, Frau!“, meinte er sichtlich genervt und ließ das Geklimper in seine Manteltasche fallen.
„Taro, wir haben doch zwei Kinder! Einen prächtigen Sohn und eine wunderschöne Tochter und...“
„ABER DAS IST NICHT GENUG!“, schrie er sie an und sie wich unwillkürlich einen Schritt zurück.
„Taro...“, hauchte sie geknickt und verletzt.
Diese arme Frau... Was konnte sie bitte für die Machtgier ihres Mannes, dass sie so damit gestraft wurde?
„Die Dämoninnen können mir ein dämonisches Kind gebären, darum tu ich das!“
Ruri hob eine Hand an ihr Gesicht und schniefte leise.
„Das kannst du nicht ernst meinen.“
„Und wie ernst ich das meine, Weib! Schau dich doch um, ich habe alles! Den vermutlich mächtigsten Clan von Dämonen den es gibt, ein großes Haus, Geld und Macht, alles was mir fehlt ist ein GEEIGNETER Nachfolger.“
„Du hast Kenshin und Mitsuko, deine WIRKLICHEN Kinder! Und sie lieben dich, Taro, wie kannst du uns so verraten?“
„Verrat? Keine Sorge, keiner von den beiden wird leer ausgehen, aber sie sind beide nicht dazu geeignet den Namen Yokokume weiter zu bringen.“
„Wie kannst du so etwas sagen?“, schrie Ruri.
„Sie haben kein dämonisches Blut und wenn man in dieser Welt noch mehr erreichen will als das, was ich habe, dann muss man dämonischer Abstammung sein! Daher versuche ich ein Kind mit einer Dämonin aus Rostislaw Stab zu...“
Ruris Hand flog schneller durch die Luft, als Lee sehen konnte und hinterließ einen brennenden roten Abdruck mitten in Taros Gesicht.
„Du hast doch vollkommen den Verstand verloren!“, schrie sie, doch gleich darauf flog auch ihr Kopf zur Seite. Die Wucht des Aufpralls der Hand ihres Mannes in ihrem Gesicht schleuderte sie seitlich gegen die schwere Eichenkommode, sodass der Spiegel darüber bedrohlich zitterte.
Es war still in der Eingangshalle.
Lediglich Ruris Wimmern vor Schmerz war zu hören.
„Ich werde nur Sesshoumaru mitnehmen und zwei der niedrigeren Dämonen.“, verkündete Rostislaw. „Der Rest jener, die sich außerhalb der Ebene aufhalten, haben den Befehl hier zu bleiben und dich und die Kinder zu schützen. Solltest du dir allerdings noch einmal solch eine Verfehlung erlauben, Weib, dann ist es mit dieser Großzügigkeit vorbei und du kannst sehen, wo du bleibst!“
Er ließ diese Worte einige Sekunden so in der Luft schweben, dann zurrte er die Seiten seines Mantels zusammen und knöpfte ihn zu.
„Ich bin Sonntag zum Abendessen wieder da und ich erwarte eine reichliche und vor allem gelungene Kost!“
Damit verließ er das Anwesen und ließ seine Frau einfach zurück.
Lee schloss die Augen.
Was für ein Idiot war dieser Kerl nur... seine Arme Frau.
„Lee?“, flüsterte ein Mann hinter ihm und er sah in die fragenden Augen des jungen Dämonen.
„Hol Riko.“, meinte er nur. „Sag, dass die Herrin ihrer Fürsorglichkeit bedarf. Und bring Kiyoshi her. Es kann sein, dass er sie sich ansehen muss.“
Der Mann nickte und eilte schon davon in den Keller.
Ruri in der Eingangshalle brach nun endgültig in Tränen aus. Nicht nur der beißende Geruch des Salzwassers drang zu ihm hinüber, auch ihr stockender Atem und das laute Heulen setzte ihm zu. Er atmete einmal tief durch, ehe er hinaus trat. Direkt hinter ihm drängten seine fünf Gefährten heraus, die sich um die Verkabelung des Hauses kümmerten, und machten sich wieder an die Arbeit.
Er sah ihnen nur kurz hinterher, dann überwand er die Distanz zu Ruri und hockte sich nach kurzem Zögern neben sie.
„Herrin...“, sprach er sie leise an. Erschrocken wirbelte sie herum und sah mit noch viel größeren, ängstlichen Augen in seine.
Natürlich, sie war schon öfter im Haus allein gewesen, ohne den „Schutz“ ihres Mannes, aber direkter Kontakt mit einem Dämonen, der nicht Nanashi, Riko oder Sarana war, das war ihr fremd.
Er zwang sich so also zu einem friedlichen Lächeln und zeigte ihr beide Handflächen.
„Ich tue Euch nichts, Yokokume-san“, er sah die rote Wange und den leicht bläulichen Schimmer, der sich bereits unter ihrem linken Auge breit machte.
„Darf ich das sehen?“, fragte er leise und streckte einfach die Hand aus. Sie zuckte zusammen, als er sie berührte, doch als er nur regungslos ihr Gesicht in den Händen hielt, wurde ihr klar, dass er ihr nichts tun würde. Verzweifelte Augen suchten seinen Blick, doch er zwang sich eben diesen zu senken, um ihre Verletzung zu begutachten.
„Das wird wieder. Riko wird Euch etwas zum kühlen bringen und dann wird man bald nichts mehr davon sehen.“
Sie nickte nur wortlos und schloss die Augen.
„Danke“, flüsterte sie.
Im selben Moment kamen auch schon Kiyoshi und Riko dazu. Lee machte Platz, damit der Arzt die selbe Diagnose wie er noch einmal stellen konnte – nur, dass er sich auch die Mundhöhle der jungen Frau ansehen wollt – und Riko hielt ihr gleich darauf den kühlenden Beutel unter das Auge.
„Was ist eigentlich passiert?“, fragte Kiyoshi Lee, als die Dienerin ihrer Herrin bereits auf die Beine half, um sie hinauf in ihr Zimmer zu bringen.
„Sie muss herausgefunden haben, dass ihr Mann sie betrügt.“
„Wunderbar.“, verkündete Kiyoshi sarkastisch und sah dabei zu, wie die beiden Frauen die Stufen erklommen. „Und der Bluterguss?“
„Sie hat ihm eine gescheuert und anders herum.“, meinte der General achselzuckend. „Wird sie ihn verlassen?“
„Vielleicht“, der Ältere war ebenso ratlos wie er. „Vielleicht wird sie es versuchen, aber letztendlich ist es eine dumme Idee wegen der Kinder und er wird sie mit Sicherheit auch nicht gehen lassen.“
Lee atmete schwer aus.
„Hat hier in diesem Haus eigentlich niemand Glück mit seinen Partnern?“
„Keine Ahnung. Ich bin nicht vergeben, wie du weißt und mich hat eine Frau auch nie verlassen, so wie dich.“
„Danke für die Erinnerung.“
Kiyoshi zuckte nur mit der Schulter und sah seinem Gesprächspartner dann nach, wie er einfach die Stufen hinauf marschierte, hinter den Frauen her.
Lee wusste noch nicht wirklich, was er hier oben wollte, aber im war einfach danach die riesige Treppe hinauf zu steigen. Oben sah er sich dann ratlos um. Aus einem der Gänge hörte er das Lachen von Kindern und ihre verzückten Schreie, seine Mutter hatte die beiden Plagen - er mochte sie nicht wirklich - recht gut im Griff.
Zum Glück hatten die beiden jedoch nichts davon mitbekommen, dass ihre Eltern sich gestritten hatten.
Im zweiten Flügel hörte er einige Dämoninnen leise miteinander redeten, während sie die Zimmer reinigten und in dem Anderen kamen gerade Ruri und Riko vor der Suite des Herrn und seiner Frau zum stehen. Langsam folgte er ihnen und blieb schließlich in der großen Flügeltür stehen, während Riko ihre Herrin auf die Couch verfrachtete und dann hinüber eilte zu einem Beistelltisch, um ihr etwas zu trinken einzuschenken.
„Meine Herrin, ist es mir gestattet, mich Euch zu nähern?“, fragte er leise, doch mit fester Stimme. Die junge Frau blickte auf, sah ihn erst irritiert dann, aber dann nickte sie.
„Natürlich, Dämon, tritt näher, setz dich zu mir, trink etwas.“
Sie rutschte etwas beiseite, um ihm auf der Couch platz zu machen.
Kaum, dass er saß, eilte Riko mit einem Tablett herbei, auf dem sie zwei Gläser Wasser balancierte.
„Kann ich sonst noch etwas für Euch tun?“, fragte sie dann weiter, aber Ruri schüttelte nur den Kopf.
„Danke, du kannst dann gehen.“, meinte sie nur.
Riko verneigte sich brav und verschwand aus der Suite.
Stille kehrte ein.
Stille, in der Lee seine Herrin eine Weile betrachtete. Was konnte er sagen, damit es ihr wieder besser ging?
Er pflegte keine besondere Beziehung zu ihr. Wie sie auch so schön klar gemacht hatte, wusste sie noch nicht einmal, wer er eigentlich war, sie wusste seinen Namen nicht und doch war es ihm ein Bedürfnis irgendetwas zu sagen, wodurch es ihr wieder besser gehen würde.
Während er so nachdachte holte er tief Luft, als wolle er zu einem Satz anfangen, doch am Ende war es Ruri, die als Erste etwas sagte: „Du hast es mit angehört, nicht wahr?“, fragte sie nur. „Darum warst du sofort da. Du hast den Streit mitbekommen.“
„Herrin, vermutlich hat jeder Dämon in diesem Haus den Streit gehört.“
Ruri nickte und sah in ihr Glas, ehe sie es leerte und wieder auf den Tisch zurück stellte.
„Ich weiß, dass es nicht sonderlich schlau ist einem Dämonen diese Gefühle zu zeigen.“, flüsterte sie nur. „Es ist nur... Ich glaube, ich hätte unsere Finanzen nicht überprüfen sollen. Immerhin ist das eure Aufgabe, nicht wahr?!“
Lee schüttelte den Kopf.
„Nein, Herrin, es ist Euer gutes Recht, selbst einen Blick auf Eure Konten zu werfen und selbstverständlich habt ihr ein Recht zu erfahren, warum Euer Mann so viel Geld monatlich an diesen Rostislaw überweist.“
„Du weißt also genau worum es geht.“, stellte sie fest.
„Jeder hier wusste es, Herrin, außer Euch und Euren Kindern natürlich.“
Ruris Blick erstarrte, als der Schmerz über seine Ehrlichkeit sie hart traf und senkte schließlich den Blick. Mit einer Hand wischte sie sich über die Augen. Augenblicklich lehnte Lee sich zu ihr hinüber und strich ihr über Schultern und Rücken.
„Nicht, Herrin, niemand, der so etwas tut, ist all die Tränen wert, die Ihr vergießt.“
Dieser Satz war es, der sie wirklich losheulen ließ. Es war seine Anwesenheit und Unterstützung, die sie dazu veranlasste, sich gegen ihn sinken zu lassen. Sofort schloss er schützend beide Arme um sie und drückte sie an sein Herz. Das stetige, kraftvolle Schlagen, dass sie scheinbar nicht nur hörte, sondern auch spürte, beruhigte sie nach einigen Minuten wenigstens ein wenig.
„Was soll ich tun?“, fragte sie schluchzend.
„Das kann ich Euch auch nicht sagen.“, gestand er. „Es wird schwer, aber Ihr werdet irgendwann darüber hinweg sein. Das verspreche ich Euch.“
Sie schniefte noch ein paar mal, dann stützte sie sich von seinem Brustkorb ab, um ihn anzusehen.
„Du sprichst, als wenn du selbst so etwas erlebt hast.“
Sein Blick wurde traurig und sie spürte, dass sie hier einen Nerv getroffen hatte.
„Das ist schon Jahre her.“, meinte er nur.
„Wer war sie?“, fragte sie und drückte sich kaum merklich dichter an ihn, legte die Knie über einen Schoß. Als er den Blick senkte, die Gedanken weit in der Vergangenheit, schloss sich einer seiner Arme fester um sie, der andere strich unkontrolliert an ihr hinab, blieb schließlich auf ihrem Knie liegen...
Und obwohl es keiner von beiden wirklich realisierte, fühlten sie sich so unendlich vertraut und miteinander verbunden, wie es bis vor wenigen Minuten noch undenkbar gewesen war.
„Ihr kennt Nanashi.“
„Ja, sie ist eine meiner Zofen und sie ist die Partnerin vom Fürst... oh nein...“
Er nickte.
„Wir waren verlobt und dass sie mich mit ihm betrog fand ich nur wenige Tage vor unserer Vereinigung heraus. Per Zufall, weil es mir unser Herr sagte, nicht der Fürst...“
„Ein Mensch“, schlussfolgerte Ruri.
„Korrekt, Herrin.“
Er hob den Blick und ihre Augen trafen sich. Die Verletzlichkeit in denen der Frau und die unendliche Trauer versetzten ihm einen Stich durch sein Herz.
„Aber nichts, Herrin, nichts rechtfertigt solch einen Betrug und wenn es Euch hilft: Er wird es nicht schaffen ein Kind auf Zwang mit einer Dämonin zu zeugen. Dämoninnen können beeinflussen, ob sie schwanger werden wollen oder nicht. Da er aber lediglich Geld für sie zahlt, um die vermeintlich fruchtbaren Nächte mit ihnen zu verbringen, wird er sich dessen nicht bewusst sein. Irgendwann wird ihm die Fähigkeit, ein Kind zu zeugen, verloren gehen, weil ihm keine Dämonin weiter dabei hilft einen hoch zu kriegen und dann wird ihm klar werden, was für ein Vollidiot er war.“
Ruri kniff die Lippen zusammen. Der Gedanke daran ließ ein kleines gehässiges Monster in ihr auflachen. Das war wirklich so etwas wie... Genugtuung.
„Dann wird er begreifen, wie dumm er gewesen war Euch nicht so zu behandeln, wie ihr es verdient! Dass er euch nicht Tag täglich auf Händen getragen hat!“, ein Knurren schwang in Lees Stimme mit, was Ruri einen Schauer über den Rücken jagte. Vollkommen fasziniert von dem Mann, den sie dort vor sich hatte, starrte sie in seine goldenen, leuchtenden Augen. Und erst hier wurde ihr bewusst, dass seine Finger sich in ihren Oberschenkel gruben. Dass er ebenso in ihren Armen lag, wie sie in seinen...
„Entschuldige, aber... ich kenne nicht einmal deinen Namen...“, flüsterte sie.
„Lee“, antwortete er sofort ohne zu überlegen.
„Und ich... bin Ruri“, flüsterte sie zurück. Ihre Augen senkten sich und er wusste, dass sie ihm auf den Mund starrte. Ein zustimmenden Knurren drang aus seiner Kehle, was sie dazu brachte die Lippen zu öffnen.
In diesem Moment geschah etwas zwischen ihnen, was sich keiner erklären konnte, aber es führte zu etwas, das beide niemals bereuen würden...
„Ich weiß“, knurrte er zurück und seine Hand fuhr weiter an ihrem Bein hinauf. Sie zitterte leicht, doch ihre Arme schlangen sich um seinen Hals.
„Ich weiß...“, murmelte er noch einmal, ehe sich ihre Lippen endlich trafen.
Unsanft wurde Lee zurück in die Realität gerissen.
B negativ.
Mehr brauchte es nicht, damit er wusste, wer und was Kuraiko war.
Das war die ganze Information, die er benötigte.
Lee stützte sich auf dem Fensterbrett ab und sah hinaus in die Dunkelheit vom Garten. Wut und Verzweiflung stieg in ihm hoch, als er mit der Faust auf den Stein schlug.
„Hey, Lee, alles in Ordnung mit dir?“, fragte Nanashi hinter ihm und legte beide Hände auf seine Schultern.
„Ja, alles gut.“, versuchte er sich heraus zu reden. „Ich kann es nur noch nicht fassen.“
„Ja, Rostislaw hat uns zwar vorgewarnt, dass die Herrin schwanger ist, aber es so bestätigt von Kiyoshi zu hören, ist doch etwas ganz anderes.“, sie nickte. Dass sie damit ganz weit ab von seinem Thema war, das würde er ihr sicher nicht sagen. Er wusste selbst noch nicht, wie er die Informationen verarbeiten sollte...
B negativ...
Er wandte sich seiner Mutter zu, die gerade Kaffee und Gebäck herein trug.
„Uyeda, Osamu und Masahiro haben schon den größten Teil der leer stehenden Flügel verkabelt.“, erklärte sie. „Und wie es im Südflügel aussieht, das wollt ihr nicht wissen! Als hätte eine Bombe eingeschlagen! Ich glaube, dass wir gerade richtig gekommen sind. Die Mörder waren sicher schon im Haus. Von allein fliegt keine Couch durch das Fenster und landet Meter weit vom Haus entfernt auf dem Rasen.“
Lee ließ sich neben seiner Verlobten auf die Couch fallen und nahm sich eine Tasse, als Riko herein trat.
Die drei Dämonen sahen auf. Sie mussten nichts fragen, damit die junge Frau zu sprechen begann.
„Also, um mit Sicherheit zu sagen, dass das Kind von Sesshoumaru-sama ist, müssten wir eine Fruchtwasseruntersuchung machen, aber das wäre zu gefährlich und ist angesichts ihres Geruchs wohl auch absolut überflüssig. Sie hat den Herrn seit einem Monat nicht mehr gesehen und ihre Suite oben riecht nach ihm, als würde er jetzt gerade dort drin sein. Das ist er aber nicht, wie wir alle wissen.“
Sie setzte sich zu ihnen.
„Der Zustand des Kindes allerdings bereitet Kiyoshi sorgen.“
„Ist es krank?“, fragte Lee sofort alarmiert.
„Nein, das nicht... es ist vollwertig.“, erklärte sie.
„Was?“, entfuhr es Sarana.
„Das gibt Probleme...“, murmelte Lee.
„Wie kann das sein? Sie ist ein Mensch!“
Riko nickt.
„Unter dem Mikroskop sieht es aus, als würden die Blutzellen langsam mutieren. In Kuraikos Blut befanden sich spuren von dem Blut ihres Kindes. Solang es in ihrem Körper ist, ist das Blut normal, sie wird sich also nicht verändern, doch außerhalb ihres Körpers haben die wenigen Zellen ihres Kindes ihre eigenen mutieren lassen. Kiyoshi geht davon aus, dass das Gleiche auch bei dem Kind geschieht, nur in viel größerem Stil, sodass es vollwertig wird. Für diese Theorie spricht, dass der Fötus bereits so weit entwickelt ist, als wäre sie im dritten Monat schwanger. Das Kind ist ein Dämon, Geburt in ca. acht Wochen.“
„Was?“, Sarana griff nach der Hand ihrer zukünftigen Schwiegertochter. „Das wird sie zerreißen! Eine solch schnelle Entwicklung des Kindes kann ihr Körper nicht aushalten! Sie wird aufreißen! Sie ist doch nur ein Mensch!“
„Und das in den nächsten Tagen vermutlich schon.“, Riko nickte. „Kiyoshi hat bereits eine Idee, wie wir das verhindern können. Wir kümmern uns darum, sobald wir wieder in der Festung sind.“
„Warum bekommt sie einen vollwertigen Dämon? Als Mensch?“
„Das liegt an Sesshoumarus Macht. Ab einem gewissen Alter und mit einer gewissen Stärke und Macht, überlagert das dämonische Erbe eines Elternteils das menschliche Erbgut und lässt es mutieren, wie wir es an Kuraikos Blutprobe gesehen haben.“
„Das habe ich ja noch nie gehört!“, meinte Nanashi und sah zu ihrem Partner, der aber schüttelte den Kopf.
„Ich schon, aber ich dachte, das wäre eine Legende.“
„Dieses Alter erreicht ja auch kaum ein Dämon. Die meisten sterben vorher durch die Hand eines anderen. Das meinte zumindest Kiyoshi.“
Lee beugte sich wieder vor und strich sich durch die Haare.
„Zusammengefasst also: Kuraiko ist von Sesshoumaru schwanger; Mit einem vollwertigen Dämonen; Sie wird daran sterben, wenn wir ihren Körper nicht irgendwie zusammenflicken während das Kind wächst und...“, Nanashi zählte alles an ihren Fingern ab und sah die anderen an.
Alle schwiegen.
„Und wir müssen Sie irgendwie davon überzeugen, dass sie doch zurück zu unserem Herrn geht.“, meinte Riko. „Sie kann die Schwangerschaft nur mit seiner Hilfe überleben, da unterscheidet sich das alles nicht von einer Schwangerschaft mit einem Mischlingskind. Wir werden unser Bestes tun, aber garantieren können wir für nichts.“
Sie schüttelte den Kopf.
„Ich rede mit Akaya...“, meinte Sarana. „Er wird irgendwie an Sesshoumaru heran kommen und ihn dazu bringen, dass er selbst noch einmal mit Kuraiko redet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie getrennt bleiben, wenn er von dem Kind weiß! Es handelt sich immerhin um einen vollwertigen Thronerben!“
„Was anderes.“, begann Lee und überlegte, wie er das Thema, das ihm auf der Seele lag, ansprechen sollte. „Hat Kiyoshi...“
„Den Vaterschaftstest beendet?“, fragte eine Männerstimme und der gemeinte Arzt betrat den Raum. „Oh ja, und wie er das hat, mein Lieber.“
„Vaterschaftstest? Ich dachte wir wären uns einig, dass Sesshoumaru der Vater ist.“
„Der Vater von Kuraikos Kind, aber nicht Kuraikos Vater.“
Saranas Rücken drückte sich durch und sie sah irritiert zwischen ihrem Sohn und dem Arzt hin und her. Auch Nanashi witterte, dass hier etwas nicht stimmte.
„Lee?“, fragte sie, doch der sah einfach nur fest in die Augen des Arztes.
„Der alte Taro Yokokume kann unmöglich Kuraikos Vater sein.“, meinte Kiyoshi. „Das habe ich euch ja schon erörtert. Sein Blutgruppe war A positiv, die seiner Frau 0 negativ. Kuraiko hat als Blutgruppe B negativ. Das ist in dieser Konstellation unmöglich.“
„Und du hast jetzt schon den Vater gefunden?“
„Der Vater hat sich selbst gefunden.“, Kiyoshi setzte sich und ließ Lee dabei nicht aus den Augen. „Hast du uns was zu sagen, Papa?“
„WAS?“, schrien die anwesenden Frauen.
„Was wollt ihr von mir?“, brülle Lee zurück. „Es war EIN einziges, beschissenes Wochenende und dann hat Ruri den Fehler gemacht es ihrem Mann zu sagen, weil sie sich scheiden lassen wollte, mit mir als Abfindung, damit wir hier weg konnten!“
„Lee“, hauchte Nanashi.
„Was willst du von mir hören? Du hattest was mit dem Fürsten und Ruri war die erste und einzige Frau, die ich während unserer Trennung hatte.“, blaffte er sie an, schüttelte dann aber den Kopf. „Ich wollte wirklich mit ihr gehen.“
„Ich erinnere mich.“, flüsterte Sarana. „Du warst...“
Lee nickte.
„Neun Monate Verbannung in der Zwischenebene. Korrekt. Ich wusste nicht einmal, dass Ruri schwanger war und wurde erst wieder herausgelassen, als sie tot war! Ich hätte nie gedacht, dass Kuraiko meine Tochter ist. Ich meine... es waren drei Tage und sie ist ein Mensch!“
„Gerade weil du nicht da warst.“, meinte Kiyoshi. „Ihre Mutter war während der Schwangerschaft von dir getrennt. Damit hatte sie in ihrem Bauch nie Bezug zu dir, nie eine Verbindung zu deiner dämonischen Präsenz. Der Fötus wurde also menschlich. Die dämonischen Gene sind unterdrückt worden.“
„Und Ruri starb, weil ich nicht da war.“
Kiyoshi nickte und Lee schlug sich beide Hände ins Gesicht.