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Der gnadenlose Richter

NaruHina
von

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Lamtra und Tanko

Lamtra war doppelt so groß wie Konoha. Das lag an dem Fluss Staud, der sich förmlich um das Dorf herumwand und es von drei Seiten als natürliche Grenze umschloss. Der Fluss wurde von vielen Handelsschiffen befahren und verband Lamtra mit dem Nyohhira-Reich, so dass aus dem Dorf ein kleines Handelszentrum geworden war. Die Vorderseite von Lamtra wurde durch einen zwei Meter hohen Palisadenzaun geschützt und es gab nur ein großes Tor, das in das Dorf führte und das vier Posten bewachten. Etwa einen halben Kilometer vor Lamtra gab es eine Felsengruppe und auf den höchsten von ihnen lagen wir und beobachteten das Kommen und Gehen an dem Tor.

Schon zur frühen Morgenstunde herrschte eine Menge Betrieb. Händler und Privatpersonen durchschritten das Tor und die Posten hatten viel zu tun, die Leute zu kontrollieren. Es fiel auf, das meistens nur Händler mit Karren oder Pferdewagen zur Seite gewunken und kontrolliert wurden, einzelne Personen oder kleine Gruppen ließ man meist unbehelligt passieren.

„Die sind wohl mehr auf unverzollte Ware scharf, anstatt die Leute selbst zu kontrollieren.“, mutmaßte Rin. „Bleibt es trotzdem bei unseren Plan?“

„Ja.“, bestimmte ich. „Einer der Posten muss uns nur direkt in unsere Gesichter schauen und wir sind entdeckt. Die Palisade kann man vom Tor aus über die ganze Länge hinweg sehr gut einsehen, also ist es unmöglich unbemerkt über den Zaun zu klettern, es bleibt also nur der Fluss.“

Naruto gab einen unwilligen Laut von sich. Die Aussicht, in das kalte Wasser des Flusses steigen zu müssen, behagte ihn nicht.

„Wir können doch unser Aussehen verändern. Denk an unsere Doppelgänger, die uns Tsunade damals auf den Hals gehetzt hat um uns zu testen.“

„Das waren Spezialisten, die man extra dafür ausgebildet hatte. Wir können uns zwar ähnlich verwandeln, aber nur für kurze Zeit.“, wehrte ich ab. „Das kostet sehr viel Chakra und wenn wir Pech haben verwandeln wir uns inmitten einer Menschenmenge zurück. Dann sind wir sofort aufgeflogen und wegen der folgenden Aufruhr legt Kapitän Tanko vielleicht früher ab, um in keine Schwierigkeiten zu kommen und wie sollen wir dann an unser Ziel kommen. Die ganze Mission wäre dann vermutlich gescheitert.“

Ich schaute meine Gefährten fest an.

„Wir gehen wie folgt vor: Wir gehen etwa einen Kilometer flussaufwärts und suchen uns dort das Versteck, das Tsunade für uns besorgt hat und von dem aus Naruto und ich unbemerkt in den Fluss steigen sollen. Wir lassen uns mit der Strömung zurück nach Lamtra treiben, laut Karte gibt es kurz vor den Hafen eine Böschung, die wir problemlos erklimmen können und von dort ist es nur einen Katzensprung bis zum Hafen. Diese Böschung liegt direkt im toten Winkel zu Lamtra und ist der einzige Ort, von dem man aus unbeobachtet in den Hafen kommt. Rin bleibt mit unserer gesamten Ausrüstung und vor allem mit dem Geld in unserem Versteck und wartet, bis wir sie mit der Maru abholen. Ich werde nur eine kleine Anzahlung für Tanko mitnehmen, sonst kommt er vielleicht noch auf dumme Gedanken und versucht gleich uns das ganze Geld abzunehmen. Dem Kerl ist alles zu zutrauen.“

Naruto seufzte ergeben.

„Das Wasser ist ziemlich kalt. Das dürfte für uns beide ziemlich unangenehm werden.“

„Sei froh, dass es schon so kühl ist. Im Sommer würde der Schnee im Gebirge schmelzen und den Staud mit zusätzlichen Wasser speisen. Dann wäre die Flussströmung so stark, das selbst ein geübter Schwimmer Schwierigkeiten bekommen würde. Außerdem haben wir gegen die Kälte unsere Spezialanzüge, also dürfte das alles kein Hindernis sein.“

Von Naruto kam nun kein Einwand mehr und wir kletterten vom Felsen runter. Wir blieben in einiger Entfernung von Lamtra und folgten dem Staud. Noch gab es nur wenig Schiffsverkehr auf dem Fluss, doch das würde sich ändern, sobald der frühe Morgen vom späten Vormittag abgelöst wurde. Aus diesen Grund schritten wir zügig voran, denn für unsere Schwimmaktion war es besser, wenn es auf den Staud noch nicht so viel Verkehr gab.

Durch unser Briefing wusste ich, das etwa ein Kilometer von Lamtra entfernt eine kleine Hütte direkt am Flussufer stand. Tsunade hatte diese Hütte von ihren Besitzer für eine Woche gemietet und dafür gesorgt, dass sie nun leer stand. Sie sollte uns als Versteck dienen.

Die Hütte entpuppte sich als ein baufälliger Schuppen, der so aussah, als würde der nächste etwas heftigere Sturm ihn einstürzen lassen. Tsunade hatte uns einen Schlüssel für die Bretterbude mit gegeben, aber wir brauchten ihn nicht, weil jemand einfach die Tür aufgebrochen hatte. Offensichtlich stand die Hütte schon seit längerer Zeit leer und diente zuweilen Hausierern und mittellosen Wanderern als Unterschlupf. Der Besitzer hatte diese ungebetenen Gäste jedoch wohl vertrieben, froh darüber, mit dieser Holzruine noch etwas Geld verdienen zu können.

Das Innere der Hütte sah noch schlimmer aus und in der Luft hing ein fürchterlicher Gestank. Einige der Gäste hatten wohl keine Lust gehabt für die Erledigung ihrer Notdurft aus die Hütte zu gehen. Wir hielten uns alle die Nase zu, liefen durch die Hütte, rissen die Hintertür auf, stürmten nach draußen in Richtung Flussufer und schnappten nach Luft.

„Großer Gott.“, krächzte Naruto. „Bei solch einen Gestank fallen selbst die Fliegen tot von der Decke.“

„Wenn ihr glaubt, dass ich in der Hütte auf euch warte, dann habt ihr nicht alle Tassen im Schrank.“, japste Rin. „Da kriegt mich selbst eine feindliche Armee nicht mehr rein. Lieber bleibe ich die ganze Zeit am Ufer und warte da auf euch.“

Ich schüttelte mich.

„Egal was Tsunade auch dem Eigentümer gezahlt hat, es war eindeutig zu viel. Wir sollten ihn dafür auf Schmerzensgeld verklagen.“

Wir schauten uns an und plötzlich platzte ein Gelächter aus uns drei heraus. Die Anspannung der letzten Tage suchte sich ein Ventil und nach dem Lachanfall fühlten wir uns alle besser.

„Gut das Kiba nicht in unser Team ist, der arme Kerl wäre in der Bude bestimmt umgekippt, bei seiner feinen Nase.“, gluckste Naruto.

Ich musste breit grinsen.

„Wer weiß. Dank dir hat er ja schon einige Stinkattacken erlebt und überlebt. Das härtet ab.“

Naruto versuchte ein ernsthaftes Gesicht zu machen.

„He, das ist nicht lustig. Ich war damals noch jung und hatte noch nicht die völlige Kontrolle über jeder meiner Körperfunktionen. Außerdem habe ich durch dieses schlau durchdachte Manöver damals den Kampf gewonnen.“

Über diese anrüchige Behauptung musste ich einfach lachen.

„Jetzt sag bitte nicht, das wäre damals so von dir geplant gewesen.“ Ich kicherte belustigt. „Dann war die Sache mit dem Spürkäfer und der Angriff auf meinen Geruchssinn also auch beabsichtigt?“

Naruto wurde nun tatsächlich rot und sah mich verlegen an.

„Erinnere mich bloß nicht daran. Habe ich mich für diesen Fauxpas eigentlich jemals bei dir entschuldigt? Falls nicht, dann tue ich es jetzt.“

Ich winkte nur ab. Ich hatte damals Tsunade vorgeschlagen einen Spürkäfer für die Suche nach Sasuke einzusetzen, um Naruto zu unterstützen. Zu viert hatten wir uns auf die Suche nach dem seltenen Tier gemacht und auf dieser Mission hatte ich Naruto und auch mir selbst bewiesen, was ich zu leisten und was ich zu erreichen vermochte. Das hatte meinem Selbstbewusstsein einen großen Schub gegeben und wieder mal hatte Naruto mein Leben positiv beeinflusst. Ich fragte mich, welche Situation dafür sorgen sollte, dass Naruto und ich uns auf Leben und Tod bekämpften. Ein Teil von mir versuchte mich davon zu überzeugen, dass die Unterhaltung mit Kyubi nichts anderes war als ein schlechter Traum, aber die rationale Seite von mir wusste, dass dies nur ein frommer Wunsch war. Nein, das Leben von Naruto war in Gefahr und ich schwor mir, alles zu tun um ihn zu schützen.

Ein Knuff von Rin riss mich aus meiner Grübelei.

„Hey, was ist mit dir? Ich habe dich was gefragt, Hinata.“

„Entschuldige, ich war völlig in Gedanken. Was gibt es denn?“

„Ich habe gefragt, ob ihr euch nun fertig machen wollt für eure Schwimmtour.“

Naruto blickte mich stirnrunzelnd an. Er schien zu spüren, dass mich etwas intensiv beschäftigte, aber er stellte mir noch keine Fragen. Ich war mir aber sicher, dass das nicht so bleiben würde.

„Natürlich, wir ziehen jetzt die Schwimmanzüge an und dann legen wir los.“, erklärte ich schnell um Naruto abzulenken. „Da wir die Hütte als Umkleidekabine nicht nützen können, sollte sich Naruto nun ein Platz zum Umziehen suchen, es sei denn, du willst uns eine Show bieten, Naruto.“

Naruto gab nur ein Grunzen von sich und griff sich seinen Rucksack. Rin fing an zu grinsen.

„Aber nicht spannen, wenn Hinata sich umzieht. Ich halte Wache, damit du nicht in Versuchung kommst, mein Freund.“

„Achte mal lieber auf Hinata.“, knurrte Naruto. „Sie hat schließlich hier den Superblick und ich bin ihr schutzlos ausgeliefert. Wer weiß, welche tiefen Abgründe sich bei ihr auftuen, wenn sie die Gelegenheit dazu bekommt.“

Ich machte ein entrüstetes Gesicht.

„So denkst du also über mich. Ich bin echt enttäuscht. Sowas würde ich doch nie machen.“

Naruto sagte kein Ton, warf mir aber einen Blick zu, der mich tatsächlich knallrot werden ließ, ein Blick, der sagte, eine günstige Gelegenheit macht Sünder. Dann packte er seinen Rucksack fester und machte sich auf die Suche nach einer Umkleidemöglichkeit.

Aus meinen Rucksack holte ich ein silberfarbenes Paket heraus und öffnete es. Der Inhalt war ein dunkler Ganzkörperanzug, der aus wasserabweisendes Material bestand und in den Fäden aus einen speziellen Metall eingewoben war. Das Metall leitete Chakra hervorragend und wandelte sie in Wärme um, so dass uns die Kälte des Flusses nichts mehr anhaben konnte. Rasch zog ich mich um, wobei mir Rin half, da der Anzug doch ziemlich eng geschnitten war und ich Schwierigkeiten hatte ihn überzustreifen.

Auf Höhe des linken Handgelenkes besaß der Anzug ein kleines Metallplättchen, das mit den Fäden verbunden war. Zur Probe legte ich eine Fingerspitze auf das Plättchen und gab etwas Chakra ab. Zufrieden spürte ich, wie Wärme durch den Anzug strömte.

„Alles okay?“, fragte Rin und ich nickte.

Meine normale Kleidung und ein Teil unseres Geldes packte ich in einen wasserdichten Spezialbeutel, den ich mir bequem auf den Rücken schnallen konnte-ein weiteres Gimmick aus dem Labor von Ibiki Morino.

Naruto kehrte zurück und machte ein unglückliches Gesicht. Beim Gehen zupfte er an sein Hinterteil.

„Der Anzug zwickt mich an einer Stelle, die ich euch nicht näher benennen will. Kein schönes Gefühl.“, knurrte er.

Rin sagte kein Ton sondern starrte Naruto mit großen Augen an und auch ich musste ein wenig schlucken. Naruto bot in den engen Anzug einen knackigen Anblick, der eine Frau schon auf gewisse Gedanken bringen konnte und natürlich bemerkte Naruto, wie üblich, nichts von unsere Reaktion.

Rin zeigte plötzlich ein anzügliches Grinsen.

„Also, falls die Sache mit dem Posten des Hokage nicht klappt, in meiner Stadt suchen noch einige Bars einen guten Table-Dancer. Ich kann da einiges für dich deichseln, wenn du Interesse hast. Bei deinen Aussehen kannst du echt viel Geld damit verdienen.“

Rin schnalzte dabei mit der Zunge und ich riss mich mit Gewalt von Narutos Anblick los, um sie empört anzublicken.

„Rin, nimm dich mal zusammen. Naruto ist doch keine Handelsware.“

Rin schaute mich spöttisch an.

„Aber falls doch, wieviel würdest du denn für ihn bieten?“

Zu meinem Glück enthob mich Naruto einer Antwort.

„Sagt mal, ihr wisst aber schon, dass ich hier stehe und euch beide hören kann?“, beschwerte er sich.

Rin und ich fingen an zu kichern. Narutos Kopf hatte sich mittlerweile in eine überreife Tomate verwandelt und er warf uns bitterböse Blicke zu.

„Du siehst halt drall und niedlich aus.“, schmunzelte ich. „Darauf stehen wir Frauen nun mal.“

„Genau.“, setzte Rin noch einen drauf. „Also pass bloß auf deine Unschuld auf, wenn Hinata oder ich in deiner Nähe sind. Futsch ist futsch.“

Rin und ich krümmten uns vor Lachen. Der Blick von Naruto wurde noch etwas böser, abrupt drehte er sich um und verschwand in Richtung Flussufer.

„Oh weh.“, machte ich. „Jetzt haben wir es wohl etwas zu weit getrieben. Er ist eingeschnappt.“

Rin wischte sich eine Lachträne aus ihrem Auge.

„Ach was, er wird auch wieder ausschnappen. Mach dir mal keine Sorgen, er hat schließlich Humor.“

Mit einem schlechten Gewissen folgte ich Naruto. Rin suchte sich das restliche Gepäck zusammen und kam hinter mir her. Naruto stand schon bis zu den Knien im Wasser und schaute uns entgegen.

„Der Fluss ist nicht sehr kalt.“, meldete er. „Wenn ihr damit fertig seid mich zu verkohlen, dann kannst du mir ja jetzt folgen, Hinata.“

Mit diesen Worten tauchte Naruto ins Wasser und ließ sich von der Strömung davon tragen. Mit einen Satz tauchte ich ebenfalls in das Wasser, um ihn zu folgen. Bevor mich die Strömung packte rief ich Rin noch zu:

„Wenn wir dich innerhalb von 24 Stunden nicht abholen ist für dich die Mission zu Ende. Du kehrst dann nach Konoha zurück und stellst dich. Hokage Tsunade wird sich dann schon um dich kümmern und alles aufklären.“

„Alles klar.“ Rin winkte mir zu.

Ich drehte mich im Wasser und folgte Naruto, der schon einen ordentlichen Vorsprung hatte. Ich legte einen Schlag zu und holte meinen Gefährten ein, der nur kurz zurück geblickt hatte, um zu sehen, ob ich zu ihn aufschließen konnte. Schweigend ließen wir uns nun von der Strömung treiben, um Kraft zu sparen. Einmal kam uns ein kleines Boot entgegen und wir tauchten unter, um nicht gesehen zu werden, aber sonst ließ sich keine Seele sehen und so erreichten wir ohne Probleme in kürzester Zeit die Böschung. Naruto verließ den Fluss, drehte sich auf der Böschung und streckte mir seine Hand entgegen. Ich ergriff sie, froh darüber, dass sich Narutos Unmut offensichtlich in Grenzen hielt. Trotzdem griff ich nach seinen Arm.

„Hör mal, das da eben war als kleiner Spaß gedacht. Ich wollte dich nicht ärgern, nur ein wenig auf die Schippe nehmen, das weißt du doch, oder?“

Naruto schaute mir fest in die Augen, auf eine Art und Weise, das mir etwas mulmig wurde.

„Ist alles okay mit dir?“, stellte er mir eine Gegenfrage. „Seit gestern Abend wirkst du so, als ob du Sorgen hättest. Du bist immer wieder geistig abwesend und starrst ins Leere, so als ob du über ein großes Problem nachdenken müsstest. Hat es vielleicht etwas mit Rin und mir zu tun, oder geht es um unser Gespräch?“

Ich ließ ihn los und war für einen Moment versucht, ihm alles über Kyubi und seine Prophezeiung zu erzählen, aber dann dachte ich daran, dass der Biju mir geraten hatte, ihm nichts von der ganzen Sache zu erzählen. Ich wollte auf keinen Fall den Fuchsgeist verärgern, denn ich war mir sicher, dass ich seine Hilfe noch brauchen würde.

Ich scheute Narutos Blick und tat etwas, was ich bis zu diesen Zeitpunkt für unmöglich gehalten hatte- ich log ihn an.

„Ich bin nur etwas nervös. Das ist schließlich meine erste Mission als Teamleiterin und ich will es nicht verbocken. Wenn ich einen Fehler mache, gefährde ich vielleicht das Leben von Rin und dir und falls euch etwas passiert, könnte ich mir das nie verzeihen.“

Über Narutos Gesicht huschte ein erleichtertes Lächeln, das mich beinahe körperlich schmerzte, weil er es mir aus dem falschen Grund schenkte.

„Da brauchst du keine Angst zu haben, Hinata. Du machst das unglaublich gut, viel besser als ich das jemals könnte.“

Naruto versuchte mir Mut zu machen, mir zu helfen bei meinem erfundenen Problem und ich fühlte, wie meine Augen zu brennen begannen. Schnell wendete ich mich ab.

„Ich danke dir, Naruto. Wir sollten uns jetzt umziehen. Ich komme schon irgendwie damit klar.“

Naruto tätschelte meine Schulter und zog seinen Rucksack vom Rücken.

„Dann such ich mir mal eine Umkleidekabine.“ Naruto grinste. „Ruf mich, wenn du fertig bist.“

Er verschwand hinter einer kleinen Biegung der Böschung. Ich holte meine Kleidung hervor und zog mich schnell um. Kaum war ich fertig, als Naruto auch schon nach mir rief.

„Bist du fertig?“

„Ja, komm her.“

Naruto tauchte wieder auf und machte einen erleichterten Eindruck.

„Also echt jetzt, dieser Anzug ist echt nicht für Männer gemacht, ich habe mich kaum getraut, mich zu bewegen.“

„Nun hab dich nicht so. Komm mit. Hinter der nächsten Anhöhe ist schon der Hafen.“

Ich übernahm die Führung. Kurz bevor wir den höchsten Punkt erreichten, ließen wir uns auf alle viere nieder und robbten die letzten zwei Meter. Gleich hinter der Anhöhe hörte die Böschung auf und ging in ein Lagerhausdach über. Vorsichtig schlängelten wir uns über das Dach und schauten über den Rand. Wir hatten Glück. Das Lagerhaus stand abseits vom hektischen Treiben des Hafens und so konnten wir unbeobachtet vom Lagerhaus springen. Da Narutos blonde Haare sofort aufgefallen wären, zog er sich wieder seine Kapuze über und ich setzte eine dunkle Brille auf um meine Augen zu verbergen.

Ich hatte den Plan des Hafens im Kopf und wusste genau, wo die Maru angelegt hatte. Yuji Tanko hatte einen eigenen Anleger gemietet, offensichtlich gingen seine dunklen Geschäfte ziemlich gut. Ich übernahm die Führung und Naruto trottete hinter mir her. Auf den Weg zur Maru kamen uns nun ständig Leute entgegen, meistens Hafenarbeiter und Matrosen, die mit ihrer Arbeit so beschäftigt waren, das sie uns kaum beachteten. Schließlich hatten wir scheinbar die Kontrolle am Tor passiert, also gab es auch keinen Grund uns zu misstrauen.

Die Maru gehörte im Hafen zu den größeren Schleppern, die die Aufgabe hatten, Flösse mit ihrer Ladung auf den Staud zu transportieren. Ihre Breite betrug etwas acht Meter, ihre Länge knapp einundzwanzig Meter und sie hatte einen Tiefgang von zwei Metern, bei einer Geschwindigkeit von sechs Knoten. Der Rumpf bestand aus Metall, die Aufbauten aus Holz. Hinter der Maru dümpelten zwei Flöße, beladen mit verschiedenen Frachtgütern, die man mit schweren Tauen gesichert und mit wasserfesten Planen bedeckt hatte. Massive Ketten verbanden die Flöße miteinander und mit der Maru. So wurden die Güter schon seit Jahrzehnten auf dem Staud transportiert.

Vor der Maru blieben wir stehen, an Deck arbeiteten drei Männer und ich rief ihnen zu:

„Hallo, ist der Kapitän zu sprechen?“

Einer der Männer hob seinen Kopf und nickte. Mit seiner Faust hämmerte er gegen eine Tür, die sich fast sofort öffnete und aus der ein hagerer Mann trat. Aufgrund des Fotos erkannte ich ihn sofort als Yuji Tanko. Sein Matrose deutete auf uns und der Kapitän blickte uns misstrauisch an.

„Was kann ich für die Herrschaften tun?“, fragte er wenig freundlich.

„Wir würden gerne eine Passage auf Ihrem Schiff buchen. Für drei Personen.“, sagte ich.

Seine Miene wurde sofort abweisend.

„Tut mir Leid, aber ich befördere keine Personen - nur Handelsware. Gegen Abend legt hier ein Passagierschiff ab. Nehmen Sie den Kahn.“

Damit wollte er sich abwenden, doch mein Ruf hielt ihn auf.

„Leider können wir nicht so lange warten, Kapitän. Wir würden für eine Passage auch deutlich mehr bezahlen, als es sonst üblich ist. Für uns ist Zeit sehr wichtig.“

Tanko drehte sich wieder zu uns um. Seine Augen hatten sich zu Schlitzen verengt und ich konnte deutlich sehen, wie es hinter seiner Stirn zu arbeiten begann.

„Über Geschäfte rede ich nur in meiner Kabine, also kommt beide an Bord.“

Beinahe hätte ich triumphierend gegrinst. Die Art und Weise wie er nun mit uns redete, zeigte mir, das er uns nun für Leute seines Schlages hielt und meine Andeutung, das wir bereit waren, viel Geld für einen Platz auf seinen Schiff zu bezahlen, hatte seine Gier geweckt. Wir hatten schon so gut wie gewonnen.

Über einen schmalen Laufsteg betraten wir die Maru und folgten Tanko in seine Kajüte. Dort ließ er sich auf den einzigen Hocker fallen und starrte Naruto an.

„Die Kapuze runter.“, verlangt er.

Naruto tat ihm den Gefallen und Tanko fing an zu Grinsen.

„Dachte ich es mir doch. Ihr habt mit eurem missglücktem Attentat ganz schön viel Staub aufgewirbelt. Ziemlich blöd von euch, den Feudalheeren zu verfehlen und eure Hokage zu treffen. Ihr könnt froh sein, das diese Tsunade noch am Leben ist, sonst wäre die Belohnung auf euren Köpfen noch höher und man hätte euch schon längst geschnappt. Warum habt ihr keine Angst, das ich euch den Behörden ausliefere, wie ich es als gesetzestreuer Bürger eigentlich tun sollte und die Belohnung kassiere?“

Ich zeigte ein Lächeln, in dem keine Spur Freundlichkeit lag.

„Erstmal kennen wir Ihren Ruf und wissen auch, wie Sie ihr Geld verdienen. Zweitens: Da Sie schon von uns gehört haben, wissen Sie auch, dass wir zu dritt unterwegs sind und unsere Freundin würde schon dafür sorgen, dass Sie nach solch einen Verrat nicht sehr lange Freude an Ihrer Belohnung haben. Drittens: Durch unsere Passage können Sie viel einfacher und ohne Gefahr für Ihr Leben sehr viel Geld verdienen. Brauchen Sie noch mehr Gründe?“

Tanko lachte kurz auf. Das ich gerade sein Leben bedrohte hatte, schien ihn nicht sonderlich zu beeindrucken. Vermutlich hatte er in seiner Laufbahn als Schmuggler schon schlimmeres gehört.

„Nein, die Gründe reichen, denke ich mal. Also drei Passagiere, ich nehme mal an, eure Freundin soll ich irgendwo außerhalb von Lamtra aufnehmen. Jetzt müssen wir uns nur noch über den Preis einig werden.“

„2,5 Millionen Yen pro Kopf.“, bot ich an. „ Dafür bringen Sie uns bis an das Roefsgebirge. Das dauert gerade mal zwei Tage und dann sind Sie uns sofort wieder los.“

Sofort schüttelte Tanko den Kopf.

„Das reicht nicht. Ich will 5 Millionen Yen pro Kopf. Man sucht euch und ihr seid eine gefährliche Ladung. Wenn man euch bei mir findet, bin ich erledigt. Da brauche ich doch eine Gefahrenzulage.“

„Drei Millionen für jeden. Mehr gibt es nicht.“

„Ich will aber 5. Falls euch das nicht passt, dort ist die Tür.“

Ich musste meine Rolle als Verbrecherin spielen und so machte ich einen Schritt auf Tanko zu, packte ihn an der Kehle, riss ihn brutal von seinen Hocker hoch, so dass er keine Chance zur Gegenwehr hatte, drückte ihn die Luft ab und spießte ihn mit meinen Augen förmlich auf.

„Gut, neues Angebot. 3 Millionen pro Kopf plus Ihrem erbärmlichen Leben. Nehmen Sie dieses Angebot besser an, denn es ist mein Letztes und bei einem Nein schneide ich Ihnen die Kehle durch und verhandele mit Ihrem Nachfolger. Ich bin mir ziemlich sicher, der wird dann etwas kooperativer sein.“

Ich ließ den Kerl los, damit er mir antworten konnte. Voller Hass und Wut blickte er mich an, aber meine Drohung tat seine Wirkung.

„Also gut.“, krächzte er und rieb sich seine schmerzende Kehle. „Wir legen in drei Stunden ab. Ihr könnt so lange in meiner Kajüte bleiben und wenn wir Lamtra verlassen haben, hole ich euch an Deck und ihr zeigt mir, wo ich eure Freundin abholen kann.“

„Sehr gut, Kapitän. Und hier ist eine Motivation für Sie.“

Mit diesen Worten warf ich ihm einen Bündel Yenscheine zu. Sofort verschwand der Hass in seinen Augen und machte der Gier platz. Als er seine Kajüte verließ, war er schon fleißig am zählen. Kaum waren wir allein, räusperte sich Naruto.

„Sag mal, was hättest du gemacht, wenn er Nein gesagt hätte?“

Ich schaute Naruto fest an und mein Blick ließ ihn blass werden.

„Oh Mann.“, flüsterte er. „ Deine Rolle als böses Mädchen fängt wohl an, dir Spaß zu machen.“

Ich ging auf Naruto zu und legte ihm meine Hände auf die Schultern. So nah kam ich ihm nur selten und ich schaute fest in seine blauen Augen.

„Nein, es macht mir keinen Spaß so zu handeln, aber mir blieb in diesem Fall keine andere Wahl. Tanko ist ein Verbrecher und er erwartet von uns, dass wir uns auch wie Verbrecher verhalten. Ich war mir sicher dass er, nach meiner Drohung, nachgeben würde. Außerdem soll er uns doch in zwei Tagen verraten, damit wir mit viel Lärm fliehen müssen und man auf uns aufmerksam wird. Ich habe Tanko neben seiner Geldgier nun einen zweiten Grund gegeben, uns zu verraten. Und dieser Grund heißt Rache. Es läuft also alles nach Plan.“

Zu meiner Erleichterung huschte ein Grinsen über Narutos Gesicht.

„Habe ich dir eigentlich schon gesagt, dass du ein Genie bist? Du übersiehst nie ein Detail. Du machst noch Ibiki Morino Konkurrenz. Wie gut, dass wir auf derselben Seite stehen.“ Sein letzter Satz ließ mich kurz zusammen zucken, aber zu meinem Glück merkte er nichts davon. Naruto hockte sich auf den Boden und ich ließ mich auf den Hocker nieder.

Für uns fing nun das Warten an.



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Von:  fahnm
2014-05-06T19:09:06+00:00 06.05.2014 21:09
Spitzen Kapi


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