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Nur wer frei ist, ist ein König

Frei zu sein bedarf es wenig [KakuzuxOC]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Tiggerwarnung: (angedeutet) Rape Komplett anzeigen

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Nächte

Es war warm und Shouta zitterte nicht mehr, aber er konnte nicht schlafen. Er lag so nahe neben Kakuzu, dass er dessen Geruch wahrnehmen konnte. Es war praktisch, und auf eine seltsame Art angenehm. Es sollte alles in Ordnung sein – aber war es nicht. Shouta seufzte leise, rutschte näher an Kakuzu heran, kniff die Lider zusammen. Einfach schlafen. Wie sehr er sich das wünschte.

Kakuzu bewegte sich im Schlaf. Für ihn schien die Sache zwar ungewohnt, aber erträglich zu sein. Eine körperliche Annäherung, die einen Zweck erfüllte. Wahrscheinlich hatte er in seinen einundneunzig Jahren Unangenehmeres erlebt, als neben einer Person, mit der man mehrmals geschlafen hatte, zu liegen.

Shouta berührte vorsichtig Kakuzus Brust. Durch den Stoff durch konnte er die Muskeln spüren. Sie waren angespannt.

Als Nukenin kam Kakuzu vermutlich niemals wirklich zur Ruhe. In diesem Reich mussten sie damit kaum rechnen, aber in seiner Heimat war es eine alltägliche Gefahr. Wenn Kakuzu überhaupt etwas gefährlich werden konnte.

Shouta blieb liegen, ohne sich zu bewegen, lauschte Shouta Kakuzus Atem. Kakuzu wäre das sicher unangenehm, aber je länger Shouta seinem Atem zuhörte, desto mehr ging die Ruhe auf ihn über. Er lehnte seine Stirn gegen Kakuzus Brust. Wenn er sich auf den Herzschlag und die Wärme konzentrierte und nicht auf die Berührung, war es angenehm, sogar vertraut. Irgendwie.

Er seufzte leise, atmete einmal tief ein und aus und konnte Kakuzus Geruch wahrnehmen, der sich über den der Reise legte. Shouta fragte sich, wie ein Mensch nach den Strapazen einer Reise noch so gut riechen konnte. Er fühlte sich dämlich, so zu denken, aber der Geruch erinnerte ihn an raue Wildnis. Ungeschliffen, gewaltig, aber schön. Irgendwie auch an Wärme.

Er schnaubte leise. Die Kälte verwirrte . Das Beste wäre, zu schlafen. Shouta rückte näher an Kakuzu heran. Einfach nur schlafen. Nur schlafen...
 

Doch Shouta schlief nicht.
 

Eine Stunde.
 

Zwei.
 

Drei.
 

Die Kälte war wieder da. Er zitterte, schmiegte sich an Kakuzu heran, rückte wieder ab. Seufzend drehte er sich mit dem Rücken zu Kakuzu. Vielleicht war es besser, wenn er nicht mit dem Gesicht zu ihm lag ... Shouta wollte nicht aufstehen. Es war zu kalt, und am nächsten Morgen würde er erklären müssen, wieso er nicht mehr im Bett war, wenn er doch herüber gegangen war.

Shouta zuckte zusammen, als Kakuzus Arme sich enger um ihn schlossen. Wäre der Griff nicht so fest gewesen, wäre er aus dem Bett gefallen. „Was soll das?“, knurrte Kakuzu. Shouta starrte ins Leere. Er wusste nicht, was er antworten sollte. Alle Antworten würden verletzbarer machen. Und Kakuzu würde sie nicht wissen wollen, durfte sie nicht wissen.

„Ist egal“, sagte er, „hab nur nicht damit gerechnet.“ Das war eine kleinere Lüge.

Kakuzus riesige Hand lag auf Shoutas Brust. Er spürte wahrscheinlich, wie schnell dessen Herz gerade schlug.

„Aha.“ Natürlich glaubte Kakuzu ihm nicht, aber er ließ ihn nicht los und Shouta wünschte sich, es würde ihm nicht gefallen. Er wünschte, er könnte einfach gehen.

„Warum?“, fragte er leise. Kakuzu schwieg, aber Shouta befürchtete, dass er die Antwort kannte. Er kam näher, und Shouta spürte seinen Atmen an seinem Hinterkopf. Shouta riss Kakuzus Hand von seiner Brust.

„Mach das nicht!“ Er wollte genervt oder wütend klingen und klang ängstlich.

„Ich kann dich wieder aus dem Bett schmeißen“, brummte Kakuzu und drehte sich, ohne auf eine Reaktion Shoutas zu warten, von ihm weg.

Es wurde noch kälter, aber sie waren sich weniger nahe. Shouta wusste nicht, ob er sich darüber freuen sollte. Dieses Mal schlief er ein.
 

Und träumte. Von gelblichgrauen Augen. Von Händen, die ihn nicht losließen. Von Schmerzen und Angst. Es war einer der Träume, die Shouta am nächsten Morgen als schlimmen Traum bezeichnen würde. Einer der Träume, derentwegen er Angst vor dem Einschlafen hatte. Einer der Träume, die ihn wahnsinnig machten. Es war einer der Träume von der schlimmsten Zeit.

Er träumte von dem Monster. Von den Augen des Monsters und seinen Händen, die Shouta würgten. Er wollte es von sich stoßen, aber er schaffte es nicht. Das Monster war zu nahe bei ihm. Er hörte seinen schlürfenden, keuchenden Atem und sein Stöhnen. Shouta spürte, wie sich der Schmutz in seinen Körper brannte. Er versuchte zu schreien, aber er konnte nur weinen. Er wollte das Monster nicht ansehen, aber es tauchte immer wieder vor seinem Gesicht auf. Es war da. Immer. Egal, wohin er sah. Er begann zu flehen, dass es aufhörte, auch wenn er wusste, dass es sinnlos war. Das Monster lachte ihn aus. Es würde nicht zulassen, dass Shouta ihm jemals entkam.

Das Monster tat ihm weh. In dieser Nacht. In jeder Nacht. Kein Entkommen. Keine Luft. Nur Schmerz. Todesangst.
 

„Shouta.“
 

Shouta schlug die Augen auf und rollte sich zur Seite, weg von dem anderen Körper. Er erkannte nicht, wer bei ihm lag, stürzte aus dem Bett, brachte möglichst viel Abstand zwischen sich und den anderen. Er starrte ins Halbdunkel. Und Kakuzu starrte zurück. Scheiße. Shouta wischte sich hektisch die Tränen aus dem Gesicht. Er versuchte, zu sprechen, aber konnte nicht.

„Was ist los?“ Kakuzu saß aufrecht im Bett. Er klang müde und genervt.

Shouta wich weiter zurück, stieß gegen das Bett gegenüber Kakuzus. Er zwang sich, langsam durch die Nase ein- und durch den Mund auszuatmen.

„Albtraum“, murmelte er. Es war nicht zu leugnen.

„Aha.“ Kakuzus Ton war undefinierbar. „Es ist Morgen. Willst du weiterschlafen?“

„Ich – was?“

Auch, wenn es nicht Kakuzus Plan gewesen war: Shouta war abgelenkt und vergaß die Angst für einen Moment. Weiterschlafen? Er konnte es versuchen, aber die Gefahr eines weiteren Albtraum war so groß ... Er wollte das nicht noch einmal träumen. Nicht diese Nacht. Am liebsten nie wieder.

Kakuzu sagte nichts, und Shouta war ihm dankbar dafür. Vielleicht wusste er, dass Shouta nicht antworten würde; vielleicht erwartete er auch nicht, dass er ihm mehr erzählte.

„Jeder hat Albträume“, sagte Shouta leise. Er sah auf den Boden, um Kakuzu nicht ansehen zu müssen. Shouta schämte sich, weil Kakuzu ihn hatte weinen sehen. Und er wusste nicht, ob er im Schlaf geredet hatte. Scheiße.

„Ja“, sagte Kakuzu. Die Antwort blieb im Raum hängen. Sie schwiegen, bis Kakuzu aufstand und sich die wenigen abgelegten Kleidungsstücke wieder anzog. Er achtete nicht auf Shouta, der immer noch auf dem Boden saß und wegsah. Shouta seufzte. Auch Kakuzu hatte Albträume. Shouta sah es in der Nacht. Unter Kakuzus geschlossenen Lidern huschten die Augen, und seine Muskeln waren zum Zerreißen gespannt. Aber Kakuzu weinte nicht. Er schlug nicht um sich.

„Du hast mich geweckt“, sagte Shouta leise, „danke.“ Geweckt zu werden war das beste, was ihm in dieser Situation passieren konnte.

Kakuzu blieb vor der Tür stehen. „Nicht dafür.“ Dann verließ er das Zimmer. Shouta blieb zurück. Ein Zittern ging durch seinen Körper, und er konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Er weinte leise, krallte sich in seinen Körper.

Er fluchte leise: „Scheiße, scheiße, scheiße.“ Er presste sich die Hand auf den Mund, biss hinein, um weitere Laute zu unterdrücken. Solange, bis es weh tat. Er rang nach Luft und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.

In seinem Rucksack war Schnaps. Für den Notfall. Aber hatte noch nie direkt bevor er etwas so Wichtiges erledigen musste, getrunken. Und er musste heute die Umgebung auskundschaften. Er konnte es sich jetzt nicht leisten, zu trinken.

Shouta versuchte, sich unter Kontrolle zu bekommen. Anziehen. Er starrte auf das Fenster am Ende des Zimmers. Es war zu klein, um durchzupassen. „Scheiße.“
 

Den Schal ins Gesicht ziehen, um es nicht mehr als nötig preis zu geben. Bei der Kälte war es normal. Es würde nicht auffallen. Er stieß die Tür, in den Raum, in dem sich Kakuzu und Hidan befanden, auf und auch, wenn er sie nicht ansehen wollte, tat er es. Er konnte sie nicht aus den Augen lassen, aber er sah ihre Gesichter nicht an. Er sah, wie sich die Körper bewegten, spürte, wie sich seine eigene Muskeln anspannten. Bereit, loszusprinten. Hidan, der bisher mit dem Rücken zu Shouta vor dem Kamin stand, drehte sich zum. Kakuzu verschränkte die Arme vor der Brust und Shouta konnte sehen, wie er seine Bewegungen verfolgte.

Sein Kopf ruckte kurzzeitig in Richtung Tür, so schnell, dass es ihm Genick weh tat. Ein paar Schritte noch. Nicht weit. Nicht weit.

Einer der beiden sagte etwas, das Shouta nicht verstand. Er musste hier heraus. Hier konnte er nicht atmen. Es gab keine Luft. Er drehte sich zu Kakuzu und Hidan um, lief rückwärts weiter.

Shouta versuchte zu sprechen, aber er war sich nicht einmal sicher, ob sich seine Lippen voneinander lösten. Es ging nicht. Die letzte Willenskraft darauf verwenden, sein Kekkei Genkai nicht zu aktivieren. Es wäre keine Hilfe. Es wäre der Untergang. Shouta stieß gegen Holz und ein grausamer, schreiender Gedanke lähmte ihn für Sekunden. Eingesperrt!

Die Starre löste sich mit der Geschwindigkeit, mit der sie gekommen war und Shouta tastete nach der Klinke und fand sie. In dem Moment, in dem er sie herunter drückte, drehte er sich um und ließ Kakuzu und Hidan vollends aus den Augen. Als er die Tür öffnete und die kalte, klare Luft ihm entgegenschlug, konnte er wieder atmen. Er riss sie auf, trat über die Türschwelle und schloss sie hinter sich. Er nahm tiefe Atemeinzüge.
 

Dann rannte Shouta, bis die Kälte in seinen Lungen brannte. Und selbst dann rannte er weiter. Es tat gut. Jetzt, da er nicht mehr eingesperrt war, klärten sich seine Gedanken.

Er stoppte stolpernd und stütze sich auf den Oberschenkeln ab. „Alles gut“, murmelte er atemlos. Er war in den Bergen; die einzigen Menschen in seiner Nähe waren Kakuzu und Hidan. Mörder, ja; aber keine Monster. Er fickte mit Kakuzu. Oft. Auch, wenn sie das besser nicht tun sollten, war es in Ordnung. Es gab keinen Grund, Angst zu haben. Ihm würde nichts passieren. „Alles ist gut. Alles gut.“

Shouta unterdrückte ein Schluchzen, wischte sich genervt über das Gesicht und richtete sich auf. Er musste sich umsehen und planen. Keine Zeit, zu weinen. Keine Zeit für Angst, erst recht nicht für Panik. Er trat gegen eine Schneewehe , der unspektakulär zerstob und niederrieselte.

Shouta fluchte: „Scheiße.“ Er fuhr sich durch die Haare und ging weiter. Wenn er zurückkam, würde er er sich beruhigt haben. Dann war alles gut.
 

Kakuzu sah Shouta nicht hinterher, sondern ließ sich auf den alten Sessel sinken. Er griff nach dem Geschichtsbuch, dessen Buchdeckel ein unglückseliges Geräusch von sich gab und kleine Papierreste auf seinen Schoß regnen ließ, als er es aufschlug. Es war jahrzehntealt. Älter als Shouta, vermutete Kakuzu, obwohl er nie nach dessen Alter gefragt hatte. Wahrscheinlich war er nicht viel älter als Hidan, wenn überhaupt.

Als Hidan etwas sagte, reagierte er nicht darauf. Er wollte jetzt nicht über Shouta reden. Was im Zimmer vorgefallen war, hatte Hidan nicht zu interessieren; Kakuzu war selbst nicht sicher, was passiert war. Der Junge hatte einen Albtraum gehabt. Das hatte Kakuzu nicht überrascht – Shouta schlief wenig und schlecht, er hatte damit gerechnet. Aber nicht damit, dass es so schlimm war, und erst recht nicht damit, dass er nach dem Aufwachen solche Angst hatte. Obwohl ... war es wirklich Angst? Shouta hatte gesagt, er hasse Ōrora. Er war betrunken gewesen, und nicht nur wegen des Alkohols durcheinander.

Kakuzu wischte die Gedanken beiseite und konzertierte sich auf das Buch in seinen Händen. Während Hidan das Feuer anfachte, schlug Kakuzu das Kapitel über die Könige auf. Als dieses Buch geschrieben worden war, hatte es acht Könige gegeben. Laut Shouta war vor einem Jahrzehnt ein weiterer König dazugekommen.

Die meisten Legenden von ihnen waren uninteressant. Aber die Geschichte des dritten Königs fesselte Kakuzu. Mit gerade neun Jahren war er inthronisiert worden und hatte darauf zweiundvierzig Jahre lang regiert. Wenn man dieser Geschichte glauben konnte, war er ein großartiger Herrscher gewesen – so wie alle König vor und nach ihm. Kakuzu bezweifelte aber, dass ein Kind ein guter Herrscher war. Die letzten beiden Könige regierten jeweils siebzig Jahre. Kakuzu war zwar selbst über neunzig, wusste aber, dass normale Menschen in diesem Alter nicht mehr zu viel imstande waren. Körperlich, häufig geistig. Dass zwei Könige hintereinander so lange regiert und ihre Vorgänger zumindest ein hohes Alter erreicht hatten, war interessant. Wahrscheinlich achtete man auf das Wohl der Monarchen mehr als auf das des Volkes.

„Ich muss bald opfern.“

„Wenn wir den Kristall holen, werden wir kämpfen. Du musst nur fertig sein, bis Shouta ihn hat“, sagte Kakuzu ungehalten.

Shouta hatte schon gesagt, dass ihr Diebstahl nicht lange unbemerkt bleiben würde. Wenn sie nicht mehr Ärger als nötig haben wollten, mussten sie danach fliehen- auch Akatsuki konnte sich nicht ewig gegen Heerscharen von Gegnern durchsetzen. Und zu kämpfen, wäre unnötig anstrengend. Verfolgt würden sie so oder so.

„Die verfickte Mission hält mich zu oft davon ab!“ Hidan warf einen Scheit unnötig grob ins Feuer; Kakuzu hörte die Funken knistern.

„Als du Akatsuki beigetreten bist, wusstest du, dass du nicht nach Lust und Laune töten kannst“, sagte Kakuzu, ohne aufzublicken. „Und wenn du Jashins Liebling bist, wirst du nicht plötzlich sterblich.“

„So eine Mission hatten wir noch nie. Und gerade du musst mir nichts übers Töten sagen- ich habe noch keinen meiner Teampartner umgebracht.“

„Nur, weil du mich nicht töten kannst“, erwiderte er und legte sein Buch beiseite. Wenn Hidan sprach, konnte er sich nicht konzentrieren.

„Du weißt, was ich damit sagen wollte.“

Ja, wusste Kakuzu.

„Was heißt überhaupt Jashins Liebling?“, fragte Hidan, ohne auf eine Antwort zu warten. „Ich bin sein Diener. Wenn ich nicht opfern kann …“

Am Anfang der Mission hatte Shouta gesagt, Jashin sei gerecht. Ob er das jetzt immer noch glauben würde? Den treuesten Diener verstoßen? Kakuzu antwortete nicht. Er stand auf, um ein wenig Trockenfleisch und Brot aus seinem Rucksack zu holen, und verzog das Gesicht. Langsam konnte er solches Essen nicht mehr sehen, und insgeheim hoffte er, dass Shouta wieder jagen würde. Hier oben war das allerdings unwahrscheinlich.Vielleicht, wenn sie in einer weniger lebensfeindlichen Gegend waren.

„Mir macht die Mission auch keinen Spaß“, sagte Kakuzu schließlich, „und deine Beschwerden machen es nicht besser.“ Er holte die Karte aus seinem Rucksack und breitete sie auf dem Tisch aus.

„Wir müssen mehr über die Umgebung in Erfahrung bringen und unsere Route planen.“ Kakuzu hoffte, Hidan würde nicht weiter vom Jashinismus erzählen, wenn sie beide beschäftigt waren. Er sprach oft darüber, aber Kakuzu interessierte es nicht. Er brauchte keine Götter.

Hidan beugte sich genervt über die Karte, und Kakuzu sah ihm an, dass er überlegte, einen Streit vom Zaun zu brechen; aber er entschied sich dagegen.

„Die Feste liegt da oben,“ sagte Hidan. Er deutete auf den nördlichen Teil der Karte, wo Wellenlinien und kalte Farben ein Gebirge zeigten: „Verdammt, wie sollen wir da hinkommen?“

„Sterben wirst du dabei jedenfalls nicht“, erwiderte Kakuzu, obwohl er sich dasselbe frage. Der Weg bis hinauf zu dem Grat, an dem die Feste lag, war weit, steil, und wahrscheinlich eingeschneit.
 

Keine zwei Stunden später war Shouta zurück. Kakuzu bemerkte, dass er zitterte und dass sein Blick unruhig durch den Raum wanderte. Er sah weder ihn noch Hidan ins Gesicht.

„Wir gehen übermorgen los, gegen Mittag.“ Shouta schlug seine Kapuze zurück; seine Ohren waren von der Kälte gerötet. „Ich leg' mich nochmal hin, wir sprechen später den Plan ab.“ Damit verschwand er ins Schlafzimmer.

„Was ist denn mit dem los?“ Hidan sah zu der Tür, dann zu Kakuzu, der nur genervt mit den Schultern zuckte.

„Woher soll ich das wissen?“

Hidan antwortete mit einem eindeutigen Blick. Einem, der sagte, dass man von ihm erwarten konnte, den Dieb zu kennen, weil sie viel Zeit miteinander verbrachten. Mehr, als nur durch Sex drauf gehen würde. Kakuzu konnte nicht leugnen, dass er neugierig war. Und Shouta, der Gesprächen aus den Weg ging war ungewohnt. Nach dieser Nacht vielleicht verständlich, aber seltsam zu erleben.

„Ich gehe raus. Vielleicht finde ich was zum Opfern“, sagte Hidan, schulterte seine Sense und verließ die Hütte.
 

Kaum war Hidan verschwunden, beschloss Kakuzu, Shouta nachzugehen. Er fand ihn auf den Bett zusammengesunken vor, eine Flasche Schnaps in der Hand. Schon wieder. Kakuzu überlegte, wieder zu gehen- betrunken war Shouta schwer zu ertragen. Aber er blieb.

„Was willst du?“, fragte Shouta, ohne aufzusehen. Er trank einen Schluck und hustete, als er sich verschluckte. Kakuzu fragte sich, warum er mit ihm schlief. Er setzte sich auf das Bett gegenüber.

„Was ist los mit dir?“

Shouta antwortete nicht sofort. Vorher trank er.

„Ich würde dich fragen, warum du das wissen willst, aber das würde nur darin enden, dass wir uns gegenseitig Fragen stellen.“

Kakuzu hätte ihm am liebsten die Flasche aus der Hand geschlagen.

„Du versaust die Mission, wenn du so weiter machst.“

„Ich dachte, du könntest besser lügen“, erwiderte Shouta und lachte unglücklich. Stille, bis Shouta weitersprach: „Warum willst du das wissen, bevor du mich überhaupt kennst? Und bevor ich etwas über dich weiß.“ Es gurgelte in der Flasche, als Shouta sie an seine spröden Lippen setzte. „Du weißt nicht einmal wie alt ich bin.“

„Du weißt etwas über mich.“

„Das stimmt“, sagte Shouta. Seine Mundwinkel zuckten, und er sah Kakuzu endlich an. Seine grünen Augen waren blutunterlaufen und glasig. „ Ich vermute, dass du fünf Herzen hast; vermutlich ist das der Grund für dein langes Leben. Und ich denke, dass du aus Takigakure verbannt wurdest, weil du dieses Jutsu gestohlen hast.“ Er trank weiter, hustete wieder. Anscheinend brannte das Zeug.

„Du bist einundneunzig Jahre alt, wenn du nicht in der Zwischenzeit Geburtstag hattest. Und du bist ein Mitglied bei Akatsuki. Bis auf Hidan hast du all deine Teampartner getötet. Mich auch nicht, obwohl ich dir genug Gründe gegeben habe.“

Kakuzu nickte langsam.

„Du warst im Gefängnis“, fügte Shouta hinzu.

Unwillkürlich sah Kakuzu die ringförmigen Tattoos auf seinen Unterarmen an. Er war gebrandmarkt.

„Ja.“

„Das tut mir leid“, sagte Shouta, und zu Kakuzus Verwunderung klang er aufrichtig.

„Es ist vorbei.“

Shouta schüttelte seinen Kopf. „Es ist niemals vorbei.“ Seufzen. Trinken. „Was weißt du über mich?“

Kakuzu musste überlegen. „Ich weiß nicht genau, wie alt du bist, aber ich schätze, Anfang zwanzig. Du bist in Kirigakure geboren. Du bist ein Dieb. Und ich glaube, du bist schwul.“

„Was für ein Genie.“ Shouta versuchte, zu grinsen.

„Du könntest auch bi sein.“

Shouta zuckte mit den Schultern. „Ich wollte nur die Stimmung auflockern.“ Er klang nicht fröhlich, und sein Blick war leer.

„Du bist klüger, als ich am Anfang gedacht habe.“

„Sollte das ein Kompliment sein?“

„Such es dir aus“, sagte Kakuzu und fuhr fort: „Du magst nicht, wenn man dein Haar anfasst. Du jagst anscheinend gerne und gut. Im Kampf bist du weniger nutzlos als erwartet, aber du suchst nicht die Konfrontation. Du trinkst oft, schläfst selten und wenn, dann schlecht.“

„Ich bin zweiundzwanzig. Im November geworden“, sagte Shouta nur. „Uns trennen neunundsechzig Jahre. Unter anderen Umständen fände ich das lustig.“

„Haben wir deinen Geburtstag verpasst?“, fragte Kakuzu. Über dieses Thema zu sprechen, war leichter.

„Ja“, sagte Shouta, „schätze, du schuldest mir ein Geschenk.“

„Hatten wir an dem Tag Sex?“

„Ja.“

„Dann war das dein Geschenk.“

„Na, danke.“

Sie schwiegen. Draußen heulte der Wind und fuhr durch die Bäume, und ab und an nahm Shouta einen Schluck. Ansonsten Stille. Kakuzu schloss seine Hände zu Fäusten, lockerte sie wieder und sah aus dem zugefrorenen Fenster. Dann wieder zu Shouta, trank und bei jedem Schluck das Gesicht verzog. Bevor Kakuzu wusste, was er tat, riss er Shouta die Flasche aus der Hand, und der ließ es mit sich machen. Kakuzu hätte ihn gerne geschlagen, aber eigentlich wollte er das nicht.

Kakuzu verstand es nicht. Er hatte Shouta völlig anders kennen gelernt: Fröhlich, vorlaut. Hatte er damals einfach besser verstecken können, wie er wirklich war? War das überhaupt wichtig?

„Es wäre einfacher, wenn du mich in Ruhe lässt“, sagte Shouta unvermittelt.

„Wieso?“

„Besser für dich.“

Kakuzu stellte die Flasche neben dem Bett auf dem Boden ab. „Und es wäre einfacher, dir zu folgen, wenn du nicht in Rätseln sprechen würdest.“

„Du würdest du mich hassen.“ Shouta seufzte.

Kakuzu wusste nicht, wie er darauf antworten sollte. Die Situation war noch schwieriger als vorher geworden, und alle Antworten führten nur auf die Frage zurück, was mit Shouta los war.

„Das weißt du nicht“, sagte er.

„Wie kannst du das behaupten?“ Shouta sprach lauter, härter als zuvor. „Du hast dazu kein Recht.“

„Hassenswerter als deine Art kann es nicht sein.“ Kakuzu sah, wie Shoutas Mundwinkel zuckten. „Und was sollte mich noch schockieren?“

Shouta sah von Kakuzu zu der Flasche auf dem Boden, machte aber keine Anstalten, sie aufzuheben. „Monster“, sagte er dann. „Monster schockieren jeden, der noch ein bisschen menschlich ist.“

Kakuzu wollte protestieren, doch Shouta schnitt ihm das Wort ab: „Wärst du nicht menschlich, hättest du keine Albträume.“

Er antwortete nicht. Stattdessen sah er zu, wie Shouta gedankenverloren die Beine an seinen Körper zog und sich eine Decke um die Schultern legte. Sein Gesicht war ausdruckslos, und seine Augen fixierten einen Punkt weit, weit fort.

„Ich will will nicht mehr reden“, murmelte Shouta, „ich will schlafen.“

Kakuzu seufzte. Das war nicht das Ende, das er sich erhofft hatte, aber heute war wohl nichts mehr zu machen. Wenigstens wusste er jetzt, wie alt Shouta war.

„Was machst du jetzt?“ Shouta vergrub sich unter den Decken und rollte sich zusammen. Weil sein Gesicht nun im Schatten lag, wirkten seine Augenringen noch größer und seine Haut ungesund bleich.

„Ich habe noch einige Schriftstücke, die ich durchgehen wollte.“ Er deutete auf einen Stapel Papiere. Wie das Buch hatte er sie hier gefunden. Taktiken der Soldaten, alte Pläne. Er war vor allem neugierig, inwiefern sie sich von denen der Ninja unterschieden.

Er hatte sie in der Hütte gefunden, genau wie das Buch über die Könige. Kriegstaktiken, Schlachtpläne und Karten, auf denen die Truppenbewegungen verzeichnet waren. Kakuzu war neugierig, inwiefern sie sich von ihren Shinobi-Äquivalenten unterschieden.

„Aha … Kannst du-“, begann Shouta, unterbrach sich, „ … vergiss es.“ Er drehte sich von Kakuzu weg. „Na ja. Mit dir zu reden, war okay, schätze ich.“

„Gleichfalls.“

Kakuzu wartete, bis Shoutas Atem ruhig und gleichmäßig wurde. Als dieser schlief, nahm er die Papiere und ging, doch an diesem Tag konnte er nicht mehr arbeiten.
 

Er starrte nur auf die Schrift, ohne zu lesen, und dachte nach.
 


 

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  jaceupinspace
2016-03-21T19:52:52+00:00 21.03.2016 20:52
wirklich toll wieder in die Geschichte eintauchen zu können :3 Danke fürs Weiterschreiben
Antwort von:  Die_Katzenhai
22.03.2016 21:43
Nichts zu danken. :) ich bin ja froh, dass noch gelesenwird! :'D
Von:  Hidan_1975
2016-03-12T20:20:44+00:00 12.03.2016 21:20
Hey

wow find das Kapi klasse und hab echt gedacht du hättest aufgehört mitten drin.
Schön von dir zu lesen,weil ich diese FF mag.

Wärst du so nett,mir eine ENS zu senden wenn du weitermachst oder hochlädst.

Mit ganz lieben Grüßen

Hidan_1975
Antwort von:  Die_Katzenhai
12.03.2016 21:53
Oh, so schnell schon ein Kommentar. :)
Vielen Dank dafür! Und keine Sorge, so schnell werde ich diese FF nicht abbrechen.

Ich hoffe, ich erinnere mich noch daran, wenn ich das nächste Kapitel hochlade. :'D Für den Notfall gibt es aber noch die Favoriten-Funktion. Ist wahrscheinlich verlässlicher als ich xD

miau und vielen Dank~
Die Katze
Antwort von:  Hidan_1975
12.03.2016 23:58
Ja logo,weil hatte deine FF schon vorher bis Kapi 35 gelesen.Ich find sie echt gelungen. /♥♡\ und mich megafreu.
Antwort von:  Die_Katzenhai
13.03.2016 10:04
Das freut mich wirklich zu hören. Danke! <3


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