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Das Lied im Automaten

von

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Begegnungen

Sie hatten die sich nähernden Schritte gar nicht wahrgenommen, auch wenn sie nicht besonders leise gewesen waren. Doch sie waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen und das emsige Kauen ihrer Nahrung hatten ihren Beitrag dazu geleistet. Dementsprechend überrascht waren sie, als sie auf die ihnen fremde Gestalt blickte. Stämmig und groß gebaut, mit grob zusammengenäht wirkender Lederbekleidung, wo man hier und da an den Säumen das Fell auf der Innenseite erahnen konnte. Dreckig blondes, eigentlich schon braunes Haar hing kurz geschnitten an dem von Wind und Wetter gegerbtem Gesicht in gepflegten Wellen herab. Ein freundliches Lächeln zierte den kräftigen Elfen.

„Oh, und dann auch noch einer dieser reinblütigen Elfen!“ Der Unbekannte stieß einen bewundernden Pfiff aus. Er setzte sich wieder polternd in Bewegung und ließ sich lachend auf den Größten der Steine nieder. „Was führt euch hierher?“

Das freundliche Gesicht und die fröhliche Stimme hatten die beiden Reisenden in eine vertrauensvoll warme Atmosphäre gehüllt, weswegen sie dem Fremden bereitwillig Auskunft gaben.

„Ein Rätsel“, antworte Feliff geheimnisvoll lächelnd.

„Uhh, wie spannend! Aber bevor ich weiter nach hake, Namen wären praktisch, oder?“ Er zwinkerte ihnen zu. „Man nennt mich den Unerschrockenen oder gemeinhin den Bezwinger. Aber für euch bitte Inkalak, verstanden?“

„Gerne. Feliff mein Name. Freut mich, dich kennenzulernen, Inkalak.“ Ein Lächeln schmückte sein Gesicht, als er sich vorstellte.

„Alyne. Wie kommst du zu den Titeln?“, fragte sie, neugierig geworden. Interessiert beugte sie sich vor, um besser hören zu können.

„Das ist eine lange Geschichte“, wetterte der Unerschrockene lachend. „Aber wenn ihr Zeit habt, erzähle ich sie euch.“

Alyne nickte begierig, sie hatte es schon immer geliebt, Geschichten zu hören. Sie waren der einzige Grund, abgesehen von langsamen Staubkörnern, weshalb sie ruhig sitzen blieb.

Inkalak hatte noch nie ein so eifriges Mädchen gesehen und so fing er besonders dramatisch an. Seine Stimme vibrierte leicht im dunklem Klang seines Tonfalles. „Es war in einer dunklen Zeit. Die Elfen waren noch verborgene Wesen, die keine Menschen kannten. Wohl kannten die Menschen die Elfen und plünderten die vielen Apparaturen, die das elfische Volk zu bieten hatte, ohne dass die Opfer wussten, wer es war. In dieser längst vergessenen Zeit wurde ein Suchtrupp gegen diese Diebe aufgestellt. Und ich war mit dabei. Aber mir ging es nicht primär um die Diebe, sondern um alles, was damit zusammenhing und nicht zusammenhing. Es war einfach der Drang, in der Welt herumzukommen.“ Er machte eine Pause. „Ich war mit einer Truppe von gut fünf Mann unterwegs, alles harteingesonnene Männer, unter denen ich nichts Besonderes war.

Wir alle hielten fest zusammen und waren einander treu ergeben, jeder vertraute dem anderem blind. Das ist sehr ungewöhnlich für eine Gruppe von mehr als drei Personen“, fügte er lächelnd hinzu, als er an seine alten Kameraden dachte. „Doch in einem Punkt war ich verschieden. Wir waren alle unterschiedlich, das ist schon immer so gewesen als Individuum, aber trotzdem. Ich war der Einzige, der kämpfte. Sie nannten mich der, der mit den wilden Tieren tanzte. Sie waren nicht feige, aber es zierte sich nicht für feine Elfen, das waren sie leider in manchen Punkten doch, gegen niedere Wesen zu kämpfen.

Doch gerade meine, man könnte es auch als 'Wahllosigkeit' bezeichnen, rettete uns allen das Leben, als ich einmal ein ganz besonderes Getier bezwungen hatte. Zähne, die so scharf wie tausend Messer waren, rissen alles in den Schlund. Widerhaken hinderte die Beute an einem heilen Davonkommen, das Fell war verschmutzt und die Gestalt von unsagbarer Hässlichkeit. Ich spürte kaum etwas beim Kampf, doch nachher stand es schlecht um mich. Das Vieh war an jedem Faser seines Körpers giftig gewesen, es war ein sogenannter Schleichgifter gewesen, aber ich überlebte dank meinen treuen Kumpanen, die keine Scheu mir gegenüber zeigten. Sie nahmen mich einfach an Armen und Beinen, trotz meiner Vergiftung. Sie sagten mir, dass ich sie ihm Wahn noch aufhalten wollte, doch ich kam nicht gegen sie an. Doch an dieses Ereignis kann ich mich auch nur äußerst schlecht erinnern.

Wie dem auch sei: Sie trugen mich schleunigst zu dem nächstem Dorf. Man sollte sie eher auch unerschrocken nennen, denn sie trugen mich in ein Menschendorf. Diese waren damals sehr gefährlich für uns Elfen, wegen dem Grad der damaligen Unbekanntheit von den Menschen. Man wusste einfach nicht, dass sie eigentlich schwächer als wir waren.

Aber zum Glück hatte ich noch ein weiteres Mal Glück. Die Ärzte dort konnten mir helfen und auch meine eigene Regenerationsfähigkeit half mir. Und seit diesem Tag nennen sie mich den 'Unerschrockenen' oder eben den 'Bezwinger', auch wenn ich gerne auf diese Titel verzichte. Zu allem Übel hat es sich aber eingebürgert...“ Er seufzte, nachdem er geendet hatte. „Danach habe ich Forschungen über das Vieh angestellt, weshalb sie mich wohl immer noch so nennen... Die Untersuchungen waren alles Andere als harmlos.“

Alyne war gerührt. Die Freundschaft der Männer und die Taten begeisterten sie in ungewöhnlich tiefer Weise. Sie liebte solche Banden zwischen Wesen, ihre Eltern hatten sie gelehrt, solche immer aufrecht zu erhalten. Feliff hatte die Geschichte auch mit Faszination aufgenommen, obgleich es ihn nicht so rührte wie sie. Er kannte so etwas einfach noch nicht, war aber auch erstaunt über solche Beziehungen.

„Und sie sind gerade auf dem Weg, um einen ihrer Freunde zu besuchen?“, riet er ins Blaue hinein, damit das andächtige Schweigen auch einmal ein Ende fand.

„Bingo! Woher wusstest du das?“, lachte der Mann, den man mit vielen Titeln versehen hatte, auch wenn sein Name ihn wohl am besten beschrieb. Der Freund. „Das reine Blut hat es dir verraten, nicht wahr?“

„Mit ihm geht noch eine gewisse Kenntnis durch einen, das stimmt“, lächelte der Elf verlegen.

„Ich bin sehr neugierig, musst du wissen. Darf ich eine unverschämte Frage stellen?“

„Ähm... Worauf bezieht sie sich denn?“

„Stimmt es, dass nur der Körper sich jede Generation erneuert? In dir ist also das Blut des allerersten Elfes, und keine Vererbung oder so?“, ignorierte Inkalak, der seine Neugier zu stillen gedachte, Feliffs Aufforderung.

Nun schwieg dieser. Es war ein Geheimnis, das er nicht verraten durfte. „Entschuldigen Sie“, fing er an, „aber ich darf das nicht sagen.“

„Oh, natürlich!“ Der Unerschrockene warf ablenkend die Hände in die Luft. „Das war mir nicht wirklich klar, ich muss mich entschuldigen.“

„Ach, nicht der Rede wert.“

„Darf ich auch etwas fragen?“, warf auf einmal die einzige Angehörige des schönen Geschlechts in die Runde hinein. Sie hatte das Gespräch der beiden nicht ohne Interesse verfolgt, wollte nun aber noch eine Sache loswerden. „Was ist so toll an Feliff? Oder an reinblütigen Elfen?“ Sie hatte es nie verstanden, aber vielleicht lag es auch schlicht daran, dass sie im Unterricht ständig schlief. Beziehungsweise mit anderweitigen Beschäftigungen unterwegs war.

„Also an mir ist nichts toll“, erwiderte Feliff mit einem Lachen. Es war wirklich seltsam. Er war wirklich seltsam. Was war mit dem zitterndem, übernervösem Elf von heute Morgen geworden?

„Sein Blut. Sein Blut ist sehr rein, was heißt, dass es gar nicht mit dem Blut von anderen Tieren oder Wesen vermischt ist“, begann Inkalak zu erklären, „Das bedeutet, dass seine Vorfahren alle Elfen gewesen sind. Durch diese Reinheit hat er einige Privilegien, die die Urelfen besaßen. Er ist besser in Magie als andere und auch sonst geschickter, schneller. Außerdem spüren die anderen Elfen den Reinheitsgrad bis zu einem gewissen Grad und urteilen dann darüber. Weißt du, reinblütige Elfen sind sehr mächtig und sehr selten. Man findet sie eigentlich kaum, aber bis heute sind der Thron und alle hohen Stellenplätze für Elfen von solch edlem Blut reserviert, der jetztige König ist demzufolge also nur ein Sitzwärmer“, grinste er. „Aber das ist auch nur die offizielle Version. Was wirklich dahintersteckt, weiß man nicht.“

„Und das macht ihn so toll?“ Sie wirkte skeptisch.

„Ja, jedenfalls für andere Elfen. Bei dir macht es scheinbar keinen Unterschied, was?“ Er lachte laut auf, aber es klang nicht spöttisch.

„Bei dir doch auch nicht“, funkelte sie amüsiert zurück.

„Das liegt nur an meinem Leben in der Wildnis, dort ist jeder gleich und nur die Stärke zählt. Wäre ich damals nicht aus dem Dorf gegangen, ich würde unserem Freundchen hier sogar die Schuhe lecken!“, beteuerte Inkalak und boxte Feliff scherzhaft in die Seite. Der doch etwas zierlich gebaute Elf jedoch flog beinahe in die Bäume, wenn seine Magie ihn nicht dort gehalten hätte. „Oh, entschuldige! Bist ja noch zerbrechlicher als du aussiehst“, merkte der Bezwinger an.

„Ich trainiere meinen Körper nicht so“, lächelte Feliff entschuldigend.

„Im Gegenzug zu der Dame hier, was?“ Zur Probe schlug Inkalak auch einmal gegen Alynes Schulter, doch ehe seine Hand diese erreichen konnte, hatte Alyne mit ihrer Linken abgeblockt.

„Es ist meine einzige Stärke“, lächelte sie, als sie sein verblüfftes Gesicht sah. Er hatte zwar geahnt, dass die sie auf jeden Fall trainierter als er war, das sah man ihr an, aber dass sie seinen, wenn auch sehr harmlosen, Schlag parieren konnte... Damit hatte er nicht gerechnet.

„Du bist stärker als du aussiehst, Mädchen!“, machte er seiner Bewunderung Luft.

„Danke.“ Sie grinste, ehe sie wieder in ihr Brot biss.

„Achja, wohin führt euer Weg euch denn?“, fragte Inkalak dann zwischen zwei Bissen in seine Mahlzeit, als es ihm wieder eingefallen war, „Mein Geheimnis habe ich ja schon gelüftet.“

„Wir sind auf dem Weg in meinen Heimatwald“, antwortete Feliff, ehe Alyne etwas sagen konnte.

„Der sagenumwobene Forst, den niemand jemals finden konnte?“ Der stämmige Elf schnappte hörbar nach Luft.

„Dort, wo die Elfen ihren Ursprung feiern könnten. Efarnia“, nickte der andere.

„Es stimmt also...“, hauchte der Bezwinger sehnsuchtsvoll.

Alyne verstand mal wieder nichts. Sie hatte den Namen Efarnia zwar ab und zu aufgeschnappt, doch das war auch schon alles. Was war da in Verbindung mit den Elfen und wer bitte war Feliff eigentlich? Er schien ja doch sehr besonders zu sein, jedenfalls mehr als sie zuerst gedacht hatte. Ob es wohl Glück brachte, mit ihm zusammen zu reisen? Oder eher Unglück? Wenn ihre Reise wegen solchen Begebenheiten immerzu aufgehalten würde, wohl eher Zweiteres.

„Wieso sollte man Efarnia erfinden?“, fragte Feliff, als Alyne ihre Gedanken wieder dem Gespräch zuwandte. Daraufhin schwieg der Ältere nur. Seine Miene verwandelte sich in eine düstere Maske, von der man nicht wusste, was sie verbarg.

War er wirklich nur der Unerschrockene, der Bezwinger, oder hatte er diese Titel auch auf eine andere Art und Weise verdient? Es war Alyne ein Rätsel, doch es schien ihr auch, dass dies in eine Dimension vordrang, in die sie nicht hinein durfte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich hoffe mal, ich habe es nicht allzu schlecht erzählt... (also Inkalaks kleine Geschichte XO) Ich sollte das wirklich mehr üben...
Und sonst wollte ich euch noch ankündigen, dass ich versuchen werde, ab dem nächsten Kapitel längere Kapitel zu schreiben! Mir sind sie einfach ein wenig zu kurz und in Anbetracht dessen, dass es momentan wahrscheinlich sehr lang wird, habe ich keine wirkliche Vorstellung von den immensen Kapitelanzahlen, die wahrscheinlich kommen werden... Also: Es wird längere Kapitel geben, aber ich versuche bei demselben Rhythmus zu bleiben!
Nächstes Kapitel werdet ihr ja dann sehen, was daraus geworden ist X3 Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Futuhiro
2014-12-26T18:47:20+00:00 26.12.2014 19:47
Uahuuu, ich bin wieder mit von der Partie. ^_^ (Mal sehen wie weit ich mit dem Lesen heute noch komme ... Sind inzwischen doch ganz schön viele Kapitel geworden.)

Der Kerl ist mir etwas zu extrovertiert, ich glaube der würde mich skeptisch machen. Aber immerhin hat seine Redseeligkeit einige Fragen gelüftet, das finde ich gut. Man kriegt ein viel besseres Bild von Feliff und der Welt, in der das alles spielt.


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