Kapitel 1
Zerstörung in Kyoto-Onyx
Aerith begann zu zittern. Sie hatte unbeschreibliche Angst.
"Es war nicht anders zu erwarten", seufzte die Mutter des Mädchens, "Kyoto-
Onyx war der Schattenkaiserin ein Dorn im Auge...Zu viele
Wiederstandsleute. Deshalb hetzt sie uns ihre Kämpfer auf den Hals.", "Sie
werden uns umbringen..." flüsterte Aerith mit viel gespannterer Stimme, als
ihre Mutter. Der Lärm von draußen, der Lärm, der von schreienden, laufenden
Menschen verursacht wurde, er war es, der Aerith solche Angst machte. Es
lief ihr kalt den Rücken hinab.
Seit Stunden verharrten die zwei Frauen schon auf dem Dachboden ihres alten
Hauses. Die Jüngere auf dem Fußboden, an die Wand gelehnt, ihre Mutter auf
einem Bett, das in der hintersten Ecke stand. Die beiden waren gerade beim
Abendbrot gewesen, als die Schattenkrieger an diesem lauen Sommerabend
angriffen.
Aerith rann der Schweiß die Stirn hinab, während sie dem Lärm außerhalb
lauschte.
"Nein!", das Mädchen sprang unerwartet auf, "Ich halte es nicht mehr aus!
Ich muss sehen, ob sich Uranus und Will in Sicherheit bringen konnten!
Sofort!" Sie lief zur Dachbodenluke, doch ihre Mutter ergriff ihren Arm.
"Aerith, du bleibst hier oben! Hörst du!" eindringlich sah die Frau ihre
Tochter an. "Ich will aber wissen, ob Uranus und Will noch leben!" Sie
versuchte sich von dem festen Griff ihrer Mutter zu befreien. "Wenn dich
Kaiserin Kamikazes Leute dich erwischen, wirst du nicht mehr leben!" Wieder
sah sie das junge Mädchen beschwichtigend und streng zugleich an.
Genau in diesem Augenblick wurde das Menschengeschrei leiser. Langsam, aber
es wurde leiser, und verstummte schließlich. Der Griff der Mutter lockerte
sich und Lillith schaute auf.
"Sie ziehen ab." Eine tiefe Erleichterung lag in ihrer Stimme.
Die Siebzehnjährige Aerith Ayuhata öffnete die Dachluke in Windeseile und
stürmte die Leiter hinab.
Sie lief durch den Flur des Hauses und bemerkte die Verwüstung, die in
ihrer Wohnung stattgefunden hatte. Das Haus, in dem sie aufgewachsen war,
hatte so Einiges abbekommen.
"Scheiß Kamikaze..." zischte Aerith und lief aus der Haustür, die zur
Hälfte aus den Angeln gerissen war.
Als sie den Blick auf die Straße warf, merkte Aerith, wie sich ihr Hals bei
diesem Anblick zuschnürte und sich ihr Körper verkrampfte.
Die Straße war teilweise aufgerissen, die gegenüberliegenden Häuser waren
nur noch Schutt und Asche, die Straße war mit Blut getränkt. Aerith hatte
nur noch einen Gedanken: Uranus.
Sie lief ihren Weg entlang, direkt auf das Haus zu, in dem Uranus wohnte.
Aerith kannte den blonden, jungen Mann schon fast ihr ganzes Leben lang.
Als sie fünf Jahre alt war, zog der Junge ganz allein in das kleine Haus am
Stadtrand ein, aber über seine Vergangenheit hatte er nie erzählt.. Er
sprach ohnehin sehr wenig.
Sie hatte ihn immer schon bewundert. Er war im Gegensatz zu ihr immer so
gefasst, auch in der größten Not und schlimmsten Situation.. Sie hatte ihn
nie weinen sehen oder gar schreien hören.
Die Straße war menschenleer, außer ein paar tote Körper, über die jemand
eine dunkle Decke geworfen hatte. Aerith schauderte.. Doch dann entdeckte
das Mädchen zwei Gestalten auf der Straße. Sie beugten sich über eine der
Leichen. Es waren Aerith' Freunde, Will und Uranus! "Hey!!! Uranus! Will!"
rief Aerith. Sie rannte auf die beiden zu. Will und Uranus sahen sie an.
Wills Gesicht war tränenüberströmt, Uranus blickte melancholisch.
Aerith fiel Uranus um den Hals. "Ich bin so froh...., daß ihr lebt!"
stammelte sie.
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"Natürlich leben wir. Dachtest Du, wir lassen und von Kamikaze so einfach
abschlachten...?!" fragte Uranus trocken. Ein kurzes aber schmerzvolles
Lächeln huschte über Wills Gesicht. Dann verfinsterte sich seine Miene
wieder.
"Meine Großmutter ist schwer verletzt worden. Und unser Nachbar musste
sterben.." sagte er.
Uranus schaute zur Seite. Seine Schultern zuckten. Aerith dachte er würde
weinen und legte ihm eine Hand auf die Schulter, doch als er sie wieder
anschaute waren seine Augen trocken.
Jetzt erst sah Aerith die Wunde, die Uranus am Arm hatte. Es war ein nicht
besonders tiefer Schnitt, aber dennoch bekam sie einen Schreck.. "Oh mein
Gott!", rief das Mädchen, " Dein Arm...! Komm ich verbinde ihn Dir..."
Aerith riss ein Stück ihres grünen Kleides ab, doch Uranus stieß sie mit
den Worten "Ist halb so schlimm..." wieder weg. Aerith schaute betrübt zu
Boden, denn sie spürte, wie sehr sie die Abweisung des blonden Jungen traf.
Sie hob wieder den Kopf und lauschte. "Sagt mal", begann sie, " warum ist
es hier so still und menschenleer,..?" Will sah Aerith an. "Die Verletzten
wurden schon von ihren Angehörigen ins Lazarett in Kyoto-Beryll gebracht
oder sie halten sich in ihren Häusern auf. Doch stell dir vor, die
Schattenkrieger haben einige Bewohner mit sich genommen. Ob sie wohl
versklavt oder geopfert werden..?" Das Mädchen sah ihn tadelnd an. "Sag
nicht so etwas Grausames!" "Aber du kennst Kaiserin Kamikaze.... sie ist
blutgierig, wahnsinnig und keine Macht dieser Welt wird sie aufhalten
können.... Uranus und ich sind zu einem Entschluss gekommen. Wir werden uns
auf den Weg nach Shadow-Land machen." Aerith starrte Will ungläubig an und
zwang sich zu einem Lächeln.. Scherzte er? "Will-chan, seid ihr
Verrückt!? Wie wollt ihr zu zweit diese mächtige Herrscherin besiegen??!"
Will stutzte. "Zu zweit??!" ,fragte er, "Wir dachten Du kommst mit!"
Aerith schwieg eine Weile. "Ihr seit ja vollkommen übergeschnappt!!!
Niemals werde ich mitkommen! Ich bin doch nicht lebensmüde!" polterte sie
los. Mit einem leichtem Schmunzeln im Gesicht entgegnete Will: " Auch
nicht, wenn Uranus dich bittet...?"
Aerith errötete. "Man könnte sich ja rein theoretisch mal auf den Weg
machen und einen Schlachtplan austüfteln, aber..."
"Sei nicht so ein Theoretiker, liebste Aerith." Will kniff ihr in die
Seite, "in der Theorie liegt die Praxis!" Will grinste, so dass man seine
spitzen Eckzähne sehen konnte.
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