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Krähenwinter

von

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Crystal - the other world 1

Part 5

Crystal - the other world 1

Fast zwei Wochen waren seit meinem Traum vergangen, doch nichts war geschehen. Aber vergessen konnte ich auch nicht. Jeden Morgen saß eine schwarze Krähe auf dem Apfelbaum im Garten. Es wurde mir sogar zur Gewohnheit morgens nach dem Aufstehen der Krähe, vom Fenster aus, einen guten Morgen zu wünschen, denn ich war mir sicher, dass immer ein und dieselbe Krähe dort saß und auf mich herabblickte.

Mein Alltag hatte sich einigermaßen wieder normalisiert, ich ging wie gewohnt zur Schule, machte Hausaufgaben, half meinem Großvater und traf mich mit meinen Freunden.

Was mir jedoch aufgefallen war, war, dass sich immer eine Krähe in meiner näheren Umgebung befand. Ob sie mich überwachten? Oder bildete ich es mir nur ein?

Dann endlich kam die lang erwartete und von der weißen Krähe vor zwei Wochen angekündigte Nachricht.

Nichts ahnend und in Gedanken versunken kam ich in die Küche. Eigentlich wollte ich nur Abendessen machen.

Es war der 30. Dezember. Morgen würden wir das Alte Jahr in Ehren verabschieden, wie es nun mal üblich war und das Neue Jahr mit einem Trinkspruch begrüßen. Ein kleiner Tannenbaum stand schon fertiggeschmückt im Wohnzimmer und die Geschenke für meine Mutter und meine drei Geschwister hatte ich bereits eingepackt und sicher versteckt.

Ich wollte gerade die Kartoffeln schälen, als mich ein Geräusch hochschrecken ließ. Ich sah nach oben. Es kam eindeutig vom Dachboden. Wieder hörte ich es, aber diesmal um einiges lauter. Was ging da vor sich? Es war wie das schnelle Flattern von Vogelflügeln, allerdings um einige Lautstärken erhöht.

Ich legte das Messer auf den Tisch, ging in den Flur und holte die Leiter, mittels derer ich auf den Dachboden klettern wollte.

Da erschien mein Großvater in der Wohnzimmertür.

"Was machst du denn da wieder, Wita?", wollte er wissen. Dann sah er, was ich vorhatte und zog beide Augenbrauen hoch: "Was willst du auf dem Dachboden?"

"Nichts. Ähm... Ich dachte, ich hätte von da oben was gehört und wollte mal nachsehen.", beeilte ich mich zu vergewissern.

"Du hast dich sicher geirrt. Ich habe nichts gehört.", meinte Großvater.

"Trotzdem. Besser, ich sehe nach.", sagte ich.

"Tu, was du nicht lassen kannst.", erwiderte er, drehte sich um und ich hörte ihn noch Etwas wie 'in letzter Zeit' und 'komisch benehmen' murren.

Langsam stieg ich die Leiter hinauf. Die hölzernen Sprossen waren schon uralt und quietschten was das Zeug hielt. Ich hatte Angst, dass sie unter mir endgültig durchbrechen, aber ich stieg immer höher nach oben. Ich wollte wissen, was es mit dem seltsamen Flattern auf sich hatte. Ich war mir aus einem unerklärlichen Grunde sicher, dass es eine Botschaft der weißen Krähe war.

Ich erreichte die Luke in der Decke und öffnete sie vorsichtig. Dennoch hustete ich angesichts des vielen Staubes, welcher überall auf dem Boden und auf allen Gegenständen lag.

Das einzige Licht kam von der Dachluke. Je weiter ich also vorwärts ging, desto finsterer wurde es. Warum hatte ich bloß keine Taschenlampe mitgenommen? Denn hier oben gab es kein elektrisches Licht.

<<Gleich stoße ich mir den Kopf und bin hin!>>, dachte ich sarkastisch.

Beinahe wäre das auch wirklich passiert, aber ich erreichte gerade noch rechtzeitig das kleine runde Fenster in der Dachnische. Hier war es zwar immer noch stockfinster, aber durch das Fenster konnte ich undeutlich die abnehmende Mondsichel erkennen.

Wieder hatte Meister Frost märchenhafte Muster auf die Glasscheibe projiziert. Ich sah genauer hin und erkannte einen Garten. Wunderschön war er. Und voller Rosen. Weiße, kristallschimmernde Rosen.

Der verzauberte Garten auf dem Glas und der Mond, der durch die Scheibe schien und riesig und geheimnisvoll über der Rosenlandschaft zu schweben schien, nahmen meine Gedanken vollständig ein. Ich fühlte mich hinein gesogen und wurde erfüllt von dieser unfassbaren Schönheit.

Ich hatte das Gefühl zu schweben. Ich schwebte über diesen Wundergarten im Mondlicht und fühlte mich geborgen. Eine samtene Wärme durchströmte meinen Körper und ich ließ mich einfach treiben. Egal wohin. Ich wollte einfach eins sein mit dem Licht des Mondes, der Nacht und dem verschneiten Rosengarten.

Es war, als ob mein Geist meinen Körper verlassen und in eine andere Welt, eine andere Stratosphäre fliegen würde...

Ich war mir der Tatsache, dass ich das Bewusstsein verlor und einfach auf der Stelle umkippte, nicht bewusst. Als ich hinfiel wirbelte ich eine Menge Staub auf. Bewusstlos und ziemlich bleich lag ich da und ein schwarzer Schatten flatterte aufgeregt vor dem Fenster hin und her. Das hereinströmende Mondlicht wurde von den unregelmäßigen Flügelschlägen zerrissen.

Doch das bekam ich nicht mit...

Ich schwebte immer noch über dieser atemberaubenden Landschaft.

"Wita!", eine sanfte Stimme durchbrach die Stille. "Wita! Wita!"

Widerwillig öffnete ich meine Augen. Ich wusste, wer mich da rief, noch bevor ich sie sah. Es war die weiße Krähe.

"Schön, dass du meinem Ruf gefolgt bist!", sagte sie.

Ich merkte, wie wir dem Boden entgegen schwebten.

<<Irgendwie schade...>>, fand ich.

Sicher landete ich und der Schnee unter meinen Füßen knisterte vergnügt.

"Es ist Zeit...", fuhr die Krähe fort.

"Wofür?..", fragte ich. Nun hatte sie mich schon zwei Wochen nichtswissend warten lassen. Ich hatte so viele Fragen...

"Die Dinge haben sich geändert, Wita. Zum Schlimmeren. Wir brauchen deine Hilfe dringender, als ich es bisher angenommen hatte...", ihre Stimme klang so traurig, dass sich meine Entschlossenheit, ihr zu helfen, egal was ich tun musste, noch mehr verstärkte.

"Aber was... Wie kann ich dir bloß helfen?", rief ich und hob meine Hände an. Hätte sie in diesem Moment als Mensch vor mir gestanden, ich hätte sie ziemlich heftig an den Schultern geschüttelt.

"Ich werde dir alles erklären, aber zuerst lass mich dir etwas zeigen. Das wird dir das Verstehen leichter machen.", sagte die Krähe. "Komm mit!"

Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und flog davon. So schnell ich konnte, folgte ich ihr.

Wir durchquerten den Garten. Ich konnte immer wieder nur staunen, wie wunderschön hier alles war. Noch mehr in Erstaunen versetzte mich das riesige Tor, an welches wir kamen. Es lag direkt gegenüber dem Garten und ein schneebedeckter Weg führte uns hin. Viel Zeit hatte ich allerdings nicht, mir die Ornamente, mit welchen das Portal verziert war, genauer anzusehen, denn die Krähe flog geradewegs und ohne anzuhalten hindurch.

Ich trat ebenfalls ein und sah mich um. Wir befanden uns inmitten einer gigantischen Eingangshalle, von der mindestens ein Dutzend Türen und Treppen abzweigten. An den Wänden hingen kostbare Teppiche und Gemälde und der Boden war weiß und mit feinen dunklen Linien durchzogen.

"Schnell, hier lang!", drängte die Krähe.

Ich wandte mich nach links und sah sie gerade noch, wie sie durch eine kleine, schmale Tür flog. Schnell folgte ich ihr. Hinter der Tür befand sich ein niedriger und relativ kurzer Gang. So wie es dort drinnen aussah, war seit Jahrzehnten nicht mehr geputzt worden.

Der Gang führte zu einer steilen und sichtbar antiken Wendeltreppe. Die weiße Krähe war nirgends zu sehen, aber da es ja nur diese eine Treppe gab, beschloss ich, ihr einfach zu folgen. Zuerst lief ich die Stufen so schnell ich konnte hinauf, wurde dann aber langsamer und ging schließlich nur noch. Wie weit war es denn noch? Immer weiter und weiter schlängelten sich die Stufen nach oben und es war kein Ende in Sicht. Es gab auch keine Fenster, geschweige denn Türen. Im Treppengang herrschte ein ungewohntes Dämmerlicht. Wenn ich zu lange an eine Stelle blickte fingen meine Augen an zu tränen.

Und dann diese unerträgliche Stille. Nur meine eigenen Schritte waren zu hören. Sonst nichts. Angst stieg in mir auf. Sie schien aus den tiefsten Abgründen meiner Seele zu kommen und erfüllte mein Bewusstsein gänzlich. Ich war kaum noch in der Lage, etwas vernünftiges zu denken...

Mechanisch, wie ein Roboter, setzte ich einen Fuß vor den Anderen. Da es kein Geländer gab streifte ich mit meiner rechten Hand an der erstaunlich glatten Wand entlang.

Immer weiter und weiter ging es in die Höhe... Nur Treppen. Nichts als Treppenstufen und die eiskalte marmorne Wand...

Wo war ich? Wie lange sollte es noch so weitergehen?

Ich stolperte und keuchte. Mir wurde es schwarz vor Augen. Ich blieb stehen. Weitergehen konnte ich nicht. Auf einmal hatte ich keine Kraft mehr um aufrecht stehen zu bleiben. Ich strich mir einige Haarstränen aus dem Gesicht. Mir war schwindelig.

Wohin hatte die weiße Krähe mich geführt? Ich wollte einfach nur weg!

"Armes Mädchen!", dröhnte eine eisige Stimme durch meinen Kopf. "Allein gelassen! So ganz allein... Hast du Angst!?! Ha, ha, ha!"

Ich schreckte hoch. Woher war die Stimme gekommen? Was wollte sie? Nur eines war sicher, die Stimme gehörte nicht der weißen Krähe.

Diese Stimme war eindeutig böse und grausam. Völlig ohne Gefühl. Höchstens mit einer Spur Hohn und dämonischem Vergnügen...

"Armes Mädchen...!", höhnte sie wieder.

Ein arktischer Windhauch streifte mich und ließ mich aufblicken.

Daraufhin stieß ich einen kurzen Schrei aus und hielt mir mit beiden Händen den Mund zu.

Einige Stufen über mir stand ein Mann. Ich erschauerte, umschlang mich selber mit beiden Armen, denn es war bitterkalt geworden, und trat zurück, wobei ich beinahe hintenüber gekippt wäre.

Von diesem Mann ging eine unheimliche Energie aus. Er war sehr groß und in einen samtschwarzen Umhang gehüllt. Er hatte schulterlange, ebenfalls pechschwarze Haaren und sein Gesichtsausdruck war im wahrsten Sinne des Wortes dämonisch. Ein grausames Lächeln umspielte seine Lippen und seine Augen... ja, sie waren am schlimmsten. Denn er hatte blutrot leuchtende Augen.

So stand er einfach da und starrte auf mich hinunter.

"Warum denn so ängstlich, Mädchen?!", lachte er eiskalt und in seinen Augen leuchtete für einige Sekunden ein bedrohendes Feuer auf.

Ich konnte nicht antworten und war wie gelähmt. Gebannt starrte ich ihn angsterfüllt und zitternd an.

Wieder lachte er. Dann streckte er seinen Arm mit der Handfläche nach oben aus und sagte: "Ich weiß, wer du bist und warum du hergekommen bist! Sie haben dich gerufen, habe ich Recht?! Aber das wird ihnen nichts nützen! Früher oder später werde ich als Sieger aus diesem Krieg hervorgehen! Und du...", er zeigte mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf mich, "Du wirst nicht besser enden! Solltest du dich auch nur versuchen einzumischen werde ich dich höchstpersönlich wie ein lästiges Insekt zerquetschen."

Sein Lachen erfüllte das ganze Treppenhaus und schien das Fundament erzittern zu lassen.

"Wenn ich es nicht jetzt schon tue!", rief er gehässig und verschwand. Von einem Augenblick auf den anderen war er verschwunden, aber sein gespenstisches Lachen war noch über Zeit und Raum hinweg zu hören.

Tränen der Angst und der Verzweiflung rannen an meinem Gesicht hinab. Ich fühlte mich schwach und nutzlos. Was hatte er da gesagt? Er würde mich töten? Wofür? Warum?

Ich schloss meine Augen und presste meine Handflächen gegen die Ohren. Ich wollte einfach nichts mehr sehen und nichts mehr hören.

Kaum war das grässliche Gelächter verklungen, hörte ich schon durch meine Hände hindurch neue Geräusche. Gekreische und Flügelschläge. Hastig näherten sich die Geräusche. Sie kamen vom oberen Ende der Wendeltreppen.

Ich wollte schon Hoffnung schöpfen, aber dann erkannte ich, dass es ein Schwarm Fledermäuse war. Schnell füllte sich der Gang mit kreischenden und geifernden Fledermäusen. Sie waren überall.

Ich schrie und fuchtelte panisch mit den Händen in der Luft herum.

"Verschwindet!", schrie ich. "Verschwindet!"

Doch die Viecher waren bissig. Je mehr ich mich wehrte, desto mehr wurden meine Arme zerkratzt. Eine Fledermaus biss sich an meinem Handgelenk fest, doch ich konnte sie abschütteln.

Ich begann zu rennen. Die Treppe nach unten. Doch schon kamen auch aus dieser Richtung Fledermäuse. Sie verfingen sich in meinen Haaren, zerrten an meiner Kleidung, kratzten und bissen wo es nur ging. Und ich schrie weiter. Was hätte ich auch tun sollen?

War das das Ende, von dem der Mann in Schwarz gesprochen hatte? Ich wusste es nicht...

Ich war im Begriff aufzugeben. Zu allem Übel stolperte ich und fiel hin. Schmerzhaft schlug ich auf den Treppenstufen auf und verlor für einige Sekunden das Bewusstsein.

Als ich dann wieder zu mir kam, hatte ich keine Kraft mehr, um aufzustehen. Also blieb ich liegen und ließ die Schar Fledermäuse, die immer größer zu werden schien, kreischen und schreien.

Wieder rollten Tränen über mein Gesicht. Ich fühlte mich allein gelassen und wollte nur noch, dass das alles endlich ein Ende haben sollte...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  sunshishi
2008-02-07T19:33:12+00:00 07.02.2008 20:33
Inhaltlich wieder super interessant.

Du hast die Empotionen und Gedanken der Charas gut rüber gebracht. Die Fledermausattacke hat mir gefallen - war aber echt fies.
Rein stilistisch gäbe es ein paar Dinge, die du verbessern könntest. Aber da sich die Geschichte so gut liest, möchte ich nicht ins Detail gehen.

Dat SuShi
Von:  shinjia
2003-08-04T21:42:13+00:00 04.08.2003 23:42
Was für ein fieser Cliff!
Der Teil hat mir wieder sehr gut gefallen. Der Typ scheint scheinbar nicht zu der netten Sorte Menschen zu gehören *fg*
Ich bin wirklich gespannt, wie es weitergeht.


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