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Love Lost

von

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Begegnungen

Nachdenklich blickte Tony in den Spiegel, er hatte sich gerade rasiert, strich kurz über seine Haut. Er sah noch immer nicht wieder sonderlich toll aus, obwohl er kaum etwas anderes tat, als zu schlafen oder zu essen, doch die letzten drei Tage bei Jethro nachdem der Abs und die Anderen eingeladen hatte, hatten ihm richtig gut getan. Er atmete wieder ruhiger, fühlte sich wacher und konnte auf die meisten der harten Medikamente tagsüber verzichten. Was ein gewaltiger Fortschritt war, den die Ärzte im Krankenhaus wohl so wenig erwartet hatten, wie er selbst, nachdem er den Tod so willig akzeptiert hätte. Und doch war er hier. Lebend. Er lächelte etwas. Und glücklicher als er es bisher in seinen Jahren gewesen war. Da draußen wartete sein Lover, sein Geliebter auf ihn, der ihn einfach hier einquartiert hatte.
 

Trotzdem wusste Tony, dass es noch ein verdammt langer Weg sein würde, bis er wieder in den Job konnte, nun, zumindest für mehr als die Schreibtischarbeit und er wusste, es gab keine Möglichkeit, Jethro zu überzeugen, solang nicht aktiv zu arbeiten, auch, wenn der erst ein neues Team würde einlernen müssen, eines, bei dem er kaum was tun konnte, was ihm richtig Probleme bereitete. Er konnte Jeth nicht den Rücken freihalten! Und er hasste es, nur daneben zu stehen, dauernd fürchten zu müssen, dass der Ältere beim nächsten Einsatz nicht zurückkommen würde, doch der Job war das Leben seines Geliebten, er konnte den nicht einfach bitten, was anderes zu machen! Und er selbst? Er würde, wie die Frau eines Soldaten im Kriegsgebiet jedes Mal nur heulend und betend irgendwo hocken, obwohl er nicht wirklich glaubte, weil er nicht wusste, ob er den Anderen wiedersehen würde, ob der angeschossen wurde.
 

Im gewissen Sinne war er wohl für den Rest seines Lebens ein Krüppel – auch, wenn er eben nicht so aussah. Er machte sich wenig Illusionen, schon vor dieser Geschichte hatte er mehr als genug Probleme gehabt.
 

„Tony?“, fragte Jethro, trat in das Bad, nachdem der Jüngere nach einer halben Ewigkeit nicht wieder aufgetaucht war. Er war überrascht, diesen vollständig angezogen am Spülstein abgestützt zu finden, ganz offensichtlich wegen irgendwas verstört und zwar auf ähnliche Weise wie von dem Alptraum am zweiten Tag im Haus. Er legte dem Jüngeren die Arme um die Taille. „Was ist los?“ Immerhin ging es dem Anderen doch jeden Tag ein wenig besser! Erst heut Morgen hatten sie sehr innig – und ausführlich – geküsst und zwar derart, dass er alle Mühe gehabt hatte, einen Teil seiner Reaktionen zu verbergen.
 

„Ich… nichts, ich…“
 

„Tony, bitte lüg mich nicht an“, bat Jethro leise, als er sah, wie der Jüngere, zum ersten Mal seit er im Krankenhaus aufgewacht war, versuchte, seine alte Maske aufs Gesicht zu zwingen. Er brachte den Anderen zum Schlafzimmer, setzte diesen aufs Bett, kniete sich vor ihn. „Was ist los?“
 

Kurz überlegte Tony, nichts zu sagen, doch er konnte nicht! Er hatte noch nie einem direkten Befehl des Anderen widersprechen können, schon gar nicht, wenn der ihn mit diesen tiefblauen Augen direkt ansah. Er legte seine Hände vors Gesicht, als würde es so leichter, darüber zu reden. „Ich hab Angst,“ gab er leise zu.
 

„Wovor?“, fragte Jethro besorgt. Der Jüngere hatte bisher nie zugegeben, wirklich Angst zu haben – zumindest nicht vor etwas Anderem als seinem Tod. Er packte Tonys Handgelenke, zog die entschieden von dessen bleichem Gesicht weg, hob dann dessen Kinn an.
 

„Ich…“, Tony atmete so tief durch, wie es eben nur ging, unterdrückte den Husten, der zu kommen drohte, sah auf die Hände, die seine Gelenke umschlossen. „Du wirst irgendwann wieder arbeiten, aktiv und an Fällen… aber ich werde nur… am Schreibtisch sitzen können, bestenfalls! Ich… Gott, ich hab keine Ahnung, wer auf deinen Rücken achtet! Ich… will nicht dauernd Angst haben, dass du von einem Einsatz nicht zurückkommst, ich… ich kann dich nicht verlieren!“, brachte er schließlich raus.
 

Oh, das…
 

Ja, Jethro hatte auch schon nachgedacht, eine ganze Weile, sogar mit Dad drüber geredet. Ein neues Team, das er von Grund auf erst mal aufbauen und trainieren musste. Von dem er nach dem letzten Desaster nicht wusste, ob er den einzelnen Leuten würde trauen können. Tony, der bestenfalls am Schreibtisch saß und wieder alles in sich reinfressen würde, weil er es so gewohnt war, der innerlich so panisch war, wie an dem Nachmittag, als das ihn nicht wach bekommen hatte. Das war kein Job der Welt wert. Es hatte eine Zeit lang Spaß gemacht, für den NCIS zu arbeiten, aber auch er war ja irgendwo müde. Er hatte sich immer so auf Tony verlassen, gerade wenn sie unterwegs waren. Auf wen sollte er sich dann stützen. Er seufzte, stand auf, setzte sich neben den Jüngeren. „Ich wollte das erst besprechen, wenn es dir besser geht“, erklärte er. „Aber wir können es auch jetzt tun.“ Er strich leicht über die zitternden Hände. „Ich bin schon mal in den Ruhestand gegangen, Geld ist nicht das Problem, ich hab mehr als genug und ja, ich weiß, dass du es hast, aber das brauchen wir sicher nicht. Darum geht es nicht.“ Er strich mit einer Hand schließlich über Tonys Seite. „Und ich denke, auch dir ist bewusst, dass das mit dem aktiven Dienst für dich nicht mehr möglich ist. Und ich… weiß nicht, ob ich irgendwem genug trauen würde, um zu sagen, dass er mir den Rücken deckt…“
 

„Was… was versucht du… gerade zu sagen?“, fragte Tony, sah auf, blickte zu dem Älteren, der neben ihm saß, ihn weiterhin hielt.
 

„Dass wir einfach beide in den Ruhestand gehen könnten. Wir würden mit allen Ehren und voller Pension entlassen werden, auch du, nach der Verletzung.“ Jethro musste ein Grinsen unterdrücken, als er die Erleichterung sah, die über das Gesicht seines Geliebten wusch.
 

„Was… was würdest du denn dann tun?!“, fragte Tony aufgebracht. „Ich… ich will nicht, dass du den Job verlierst, an dem dir so viel liegt! Nicht… nicht weil ich panisch bin!“ Ja, im ersten Augenblick war er unendlich erleichtert gewesen, doch was wollte Jethro denn tun, wenn er nicht arbeitete? „Du,., würdest doch verrückt werden!“ Er selbst… nun, er konnte sich beschäftigen, das wusste er, auch mit anderen Sachen, dazu brauchte er keine geladene Waffe und dauernde Tote, derer er so müde war. Die Fälle nahmen ihn so mit.
 

„Tony“, seufzte Jethro, zog den Kopf des Jüngeren zu sich. „Glaubst du wirklich, ich hätte das angeboten, hätte ich es nicht schon irgendwo durchdacht, du Dummkopf?“, er strich über die Wange, küsste den Anderen sanft, intensiv, zog sich erst zurück, als sein Geliebter sich wieder gegen ihn lehnte. „Ich habe die Nase auch voll, ich weiß nicht, wie ich neuen Leuten vertrauen soll, nach dem, was passiert ist. Das ist eine verdammt schlechte Voraussetzung für einen Job. Und danke, bevor ich Papierkram mach, geb ich mir lieber selbst die Kugel.“
 

„Was… hattest du vor? Du...kannst nicht nichts tun…nicht, ohne wahnsinnig zu werden…“, stellte Tony leise in den Raum. „Du hast… es nicht mal in Mexiko ausgehalten, bei Sonne, Strand und Booten…“
 

„Nun, dafür gab es einen einfachen Grund. Laut Mike bin ich aus dem Schlaf geschreckt und hab deinen Namen gerufen, bevor ich angefangen hab, wie ein Wahnsinniger entweder am Haus oder am Boot zu arbeiten“, konterte Jethro, küsste den Anderen noch mal. „Ich denke eher, dass es darauf ankommt, mit wem man nichts tut… und sollte uns langweilig werden, laden wir Abby ein, danach wollen wir nur noch Ruhe…“
 

„Das… das tust du für mich?“, fragte Tony, während ihm Tränen in die Augen stiegen. Dabei waren sie doch erst so kurz wirklich zusammen.
 

„Nein, das tue ich für uns“, korrigierte Jethro sanft, strich über die Wange seines Geliebten. „Und weil ich es will. Ein wenig reisen, ganz ohne um mein Leben fürchten zu müssen, weil mein Cover auffliegen könnte, dann zurück nach Haus kommen und eine Grillparty schmeißen, mit dir am Boot arbeiten… und andere Dinge tun“, fügte er an, während seine Stimme immer tiefer wurde. „Glaub mir, uns wird nicht langweilig werden…“ Er zog Tonys Gesicht noch näher an sich, küsste den Jüngeren, brachte diesen mit etwas Druck dazu, sich aufs Bett zurück zu legen, strich dessen Arme entlang. „Nicht von nervigen Anrufen an Dingen gehindert werden, die man tun möchte…“, er gab Tonys Mund wieder frei, wanderte tiefer, dessen Hals entlang, nicht wissend, was da gerade über ihn kam. Dabei war er unter einem Dach mit seinem Vater und Himmel, der Jüngere war bei Weitem noch nicht wieder wirklich gesund! Er wollte aufhören, sich selbst zusammenreißen, schon, weil sie in weniger als zwei Stunden eine Nachuntersuchung im Krankenhaus hatten, doch er konnte nicht! Genau, wie er befürchtet hatte, war die Möglichkeit, Tony so zu berühren etwas, dass ihn süchtig machte. Er merkte, wie er das einfache und doch elegante dunkelblaue Hemd wieder aufknöpfte, über die Brust seines Geliebten fuhr. „Gott, halt mich auf“, bat er mit rauchiger Stimme, wissend, dass er das nicht schaffen würde.
 

Überrascht ließ Tony sich auf die Decke gleiten, sah zu Jethro, der auf ein Mal wie ein Jäger über ihm kniete, ihn küsste, heiß, nicht sanft, besitzergreifend. Als sie den Kuss lösen mussten, wanderte der Ältere tiefer, öffnete sein Hemd, begann, seine Brust zu verwöhnen, über seine Warzen zu streichen, nahm eine davon in den Mund, während eine Hand bereits über seinen Schritt strich, Finger den Knopf der Stoffhose langsam öffneten. „Was… wenn ich das nicht will?“, flüsterte er, keuchte leicht, als die Hand den Druck ein wenig erhöhte. So einfach war er sonst nie erregt und ein kurzer Blick zeigte ihm, dass er nicht der Einzige war. Er spürte, wie sich Lippen über seine legten, genoss den heißen Kuss, der wie die meisten leider zu früh endete.
 

„Dann… fürchte ich, werde ich mich nicht… beherrschen können“, knurrte Jethro, riss dem Jüngeren die Hose regelrecht von den Beinen, schloss die Augen, um sich unter Kontrolle zu bekommen als Tony ihm sein Oberteil regelrecht runter zerrte, während er ihn mit dem Knie auch noch massierte! Er hatte sich immer seiner Kontrolle gerühmt, in den letzten Beziehungen, doch etwas sagte ihm, dass es damit sehr, sehr bald vorbei sein würde. Irgendwie hatte er keine Kontrolle, wenn es um Tony ging! Er packte die forschenden Hände, zwang sie über Tonys Kopf, sah, dass der verstand. Erst dann ließ er von dem Jüngeren ab, befreite sich aus seiner Kleidung, half dann seinem Geliebten raus, küsste diesen, legte die Hand um dessen bestes Stück. „Gott, ich liebe es, dich zu berühren“, hauchte er.
 

Tony keuchte nur, selbst schon zu stark erregt. Es war einfach zu viel, die dauernden Träume und Wünsche und dann die Erfüllung. Wie sollte er da denn auch was aushalten?! Er streckte seine Hüfte, bis sein Glied mit dem des Älteren in Kontakt kam. „So lange…“ wimmerte er regelrecht, wenig begeistert, als Hände seinen Unterkörper entschieden zurück aufs Bett drängten. „Bitte! Mach… mach was! Irgendwas!“
 

Jethro versuchte klar zu denken, er versuchte es wirklich, wissend, wenn er voll zur Sache ging, nicht in der Lage zu sein, das Bett an diesem Tag zu verlassen, was nichts war, dass er seinem Vater erklären wollte. Blieb also nur das Nächstbeste, was seinen Hunger im Grunde nur antreiben würde, doch irgendwo in seinem Hinterkopf war ihm auch klar, dass Tony noch nicht fit genug für alles andere sein konnte. Er schloss seine Hand um ihre beiden Glieder, begann, sie hastig auf und ab zu bewegen, während er sich mit der anderen neben dem Kopf des Jüngeren abstützte. „Ich wollte das hier schon so lange“, knurrte er mit tiefer Stimme. „Und ich garantiere dir, in dem Moment, wo der Arzt grünes Licht gibt, wirst du das Bett einen Tag lang nicht verlassen!“ Er küsste Tony, grinste, als dessen Augen sich noch mehr vor Lust weiteren, dessen Hände sich um ihn klammerten. „Du bist Mein! Mein ganz allein!“
 

„Dein“, keuchte Tony erregt, streckte sich dem Älteren entgegen. „Immer… immer gewesen! Bitte! Mehr!“
 

Jethro nickte, bewegte seine Hand schneller, beobachtete, wie Tonys Gesicht sich veränderte, dessen eines Bein sich um seine Taille zu legen versuchte. „Mein“, bestätigte er, beugte sich zu Tonys Hals, biss sich dort regelrecht fest, saugte an der leicht salzigen Haut, grinste in sich hinein, als er spürte, wie Tony sich unter ihm aufbäumte und mit einem mühsam unterdrückten Stöhner in seiner Hand und über ihre Bäuche kam. Mehr brauchte auch er nicht, bevor er dem Jüngeren folgte. Er brauchte seine gesamten, verbliebenen Hirnzellen, um sich von diesem runter zu rollen um sich daneben niederzulassen statt sich auf den Jüngeren sacken zu lassen, einen Arm weiterhin um dessen Mitte. „Ich liebe dich“, flüsterte er.
 

„Ich… dich auch“, murmelte Tony, der sich angenehm erschöpft fühlte, wartete, bis er sich wieder leichter tat, zu atmen. Es war so schön, sich nicht schmutzig, verlassen und gebraucht zu fühlen. Dazu war das hier um Längen besser gewesen, als in seiner Vorstellung. Was wirklich nicht einfach war, bedachte man, wie oft er von so was geträumt hatte, während er in seinem Bett gelegen und die Wand angestarrt hatte. Er wandte sich zu Jethro um, schmiegte sich an diesen.
 

Der Ältere grinste ein wenig, küsste Tony noch mal sanft. „So schön das hier war, aber ich denke, du solltest dich noch mal duschen und anziehen, der Arzt wartet auf dich.“
 

Der Jüngere seufzte, nickte dann. „Willst du…´?“
 

„Wenn ich mitgehe, sind wir eine Stunde später noch nicht wieder fertig“, schüttelte Jethro den Kopf, lächelte aber. „Geh, wir sehen weiter, wenn wir wiederkommen.“
 

Er selbst nahm seine Sachen und ging einfach ins das große Bad gegenüber, duschte sich und zog sich erneut an, ging dann noch unten, wo sein Dad ihm mit gehobenen Augenbrauen einen Kaffee hinhielt. „Was?“, fragte er nur.
 

„Spaß gehabt, Junior?“
 

„Wo du schon fragst – ja.“
 

„Du weißt, dass ihr in einer Stunde…?“
 

„Ja. Weiter?“
 

„Nichts“, lächelte Jackson einfach, schüttelte den Kopf. „Worüber habt ihr eigentlich vorher geredet? Hat sich ernst angehört.“
 

„War es auch. Tony hat endlich zugegeben, was ihm so zu schaffen macht.“
 

„Lass mich raten – der Job?“
 

„Mehr, dass er nicht mehr da ist, um meinen Rücken zu decken.“
 

„Und?“
 

Jethro hob die Augenbraue. „Dad, ich würde das erst gern mit ihm besprechen, danach bist du der Nächste, der es erfahren wird.“
 

„Dann bin ich gespannt“, erklärte Jackson, sah auf und lächelte. „Milch und Zucker?“
 

„Bitte“, nickte Tony, trat zu Jethro. „Bitte, sag mir, dass er nichts gehört hat“, flüsterte er, wurde feuerrot, als sein Geliebter nickte. Er legte seinen Kopf gegen dessen Schulter. „Ich fühl mich, wie ein erwischter Schuljunge…“
 

Jethro lachte nur leise, kämmte durch Tonys Haare.
 

„Kaffee mit Zucker und Milch.“
 

„Danke“, nickte Tony, trank einen Schluck. Er hatte sich an den starken Kaffee, den er selbst so oft für den Älteren gemacht hatte, gewöhnt.
 

„Macht euch ab und vergiss auf dem Rückweg das Einkaufen nicht.“
 


 


 


 


 


 


 


 


 

Mit prüfendem Blick sah Anthony DiNozzo Senior aus dem Wagen der Limousine auf das Gebäude, in dem sein Sohn, den er eigentlich doch nur verachtete, gearbeitet hatte. Er war verärgert, weil man ihm noch immer nicht Bescheid gesagt hatte, dabei müsste der Bengel doch, den Angaben des Direktors zu folgen, schon vor Tagen ins Gras gebissen haben! Aber gut, ein vielversprechender Geschäftstermin hatte ihn ohnehin nach DC geführt, also konnte er auf dem Rückweg auch noch hier vorbei sehen und fragen, warum man es nicht für nötig gehalten habe, ihn zu informieren, immerhin war er der einzige noch lebende DiNozzo und damit Haupterbe eines riesigen Vermögens, da seine nichtsnutzige Frau und deren Familie es gewagt hatten, ihn zugunsten von diesem Jammerlappen zu übergehen! Der Bengel hatte ihn um Millionen gebracht, Millionen, die er dringend brauchte und mit denen er seit Wochen fest rechnete!
 

Nun, das würde sich erledigen und der Bengel würde wenigstens irgendwas Gutes gehabt haben. Sein Tod würde ihn endlich wieder reich machen. Denn auch, wenn er sich nur in die besten Stoffe kleiden ließ und wie jetzt am liebsten mit einem Chauffeur unterwegs war, so war die schlichte Wahrheit, dass er kurz vor dem Bankrott stand. Etwas, dass in der Geschäftswelt natürlich Niemand mitbekommen durfte. Aber he, Jeder konnte mal Pech haben! Es war einfach ein kleines Unglück gewesen und noch eines! Daher machte er sich selbst auch keine Vorwürfe. Passenderweise würde er ja jetzt wieder zu mehr als genug Kohle kommen, um all seine Schulden zu begleichen.
 

Sich sein kaltes Grinsen vom Gesicht wischend, signalisierte er dem Fahrer, dass er auszusteigen wünschte. Ja, er ließ sich nun mal gern bedienen. Und Niemand würde es wagen, ihn in Frage zu stellen. Geschäftspartner würden ihn nur kurz auf den Versager ansprechen, denn man wurde nicht sehr persönlich. Sicher würde Niemand nach einem Grab fragen, so, dass er den Bengel wie der Hund, der er gewesen war, verbrennen und dessen Asche verstreuen konnte, so billig davonzukommen gedachte, was das anging. Ähnlich wie bei seiner Frau, die nur den einfachsten Stein bekommen und keine Grabpflege erhalten hatte.
 

Nun, es wurde Zeit, den trauernden Vater zu mimen. Wobei er sich auf einen Flirt mit Ziva freute, die eine ganz ähnliche Einstellung zu seinem Spross hatte, wie er selbst. Es streichelte sein Ego einfach, dass eine so junge Frau offensichtliches Interesse bei ihm zeigte.
 

Anthony trat durch den Eingang zum NCIS, befahl dem Wachmann, ihn sofort mit dem Direktor zusammenzubringen. Es dauerte unerhört lang, bevor der, nach einem kurzen Telefonat, endlich tat, was er zu tun hatte, ihn in einen Aufzug brachte und zur entsprechenden Etage. Er blickte kurz nach unten, doch er konnte Ziva leider nicht entdecken. Nun, sie würde vermutlich an einem Fall arbeiten. Schade. Erst der Wachmann riss ihn aus seinen Gedanken.
 

Leon legte den Hörer wieder auf, runzelte die Stirn. Was wollte der denn hier? Der hatte ihm gerade noch gefehlt! Der Mann war ihm schon bei dem kurzen Telefonat so unsympathisch wie ein Mörder gewesen! Er hatte auch nicht die geringste Lust, ihn überhaupt zu empfangen, doch nachdem der Wachmann ihm erklärt hatte, was für ein Gewese der Kerl machte, ließ er diesen hoch bringen. Mal sehen, ob er Diesem einen Dämpfer verpassen könnte. Oder das ganze Jethro überlassen sollte. Der war dafür sicher der Richtige. Nun, mal sehen.
 

Er sah kaum auf, als der Andere eintrat, schrieb in Ruhe weiter.
 

„Wird man hier nicht als Vater eines gedienten Agenten begrüßt?“, fragte Anthony arrogant.
 

„Ich bin beschäftigt und Sie haben mehr oder weniger Ihren Termin hier erzwungen, Sie werden mit dem leben müssen, was ich bereit bin zu geben. Setzen Sie sich und warten Sie.“ Damit wandte er sich wieder der Mail zu, die er gerade an seine Frau schrieb.
 

„Das…!“, doch Anthony blieb das Wort regelrecht im Hals stecken, als der Blick ihn traf. Verdammte Ausländer! Überall fraßen sie sich rein, sogar an höchste Stellen von Staatsbehörden! Schwarze mussten es nicht so hoch bringen!
 

In aller Ruhe beendete Leon seine Mail, schrieb sie noch etwas länger, schickte sie dann ab, riss sich zusammen und musterte den unsympathischen Mann, der auf den ersten Blick so harmlos aussah. „Was wollen Sie von mir?“, fragte er schließlich kalt.
 

„Nun, erst mal einen Whiskey oder so was.“
 

„Ich bin keine Kneipe“, zischte Leon angepisst. „Und Alkohol ist in Behörden verboten!“
 

„Ich bitte Sie, Ihre Vorgänger…!“
 

„Entweder Sie kommen zum Thema oder ich lasse Sie aus dem Gebäude eskortieren, Mister DiNozzo!“, verlangte Leon. „Ich habe, im Gegensatz zu Ihnen offensichtlich, einen Job, der ein wenig effektive Arbeit erfordert!“
 

„Gut, dann eben hart“, sprach Anthony. „Ich wünsche zu erfahren, warum ich nicht über den Tod meines Sohnes informiert wurde, wie ich es verlangt habe! Und ich werde diese Agentur verklagen, die ihn sein Leben gekostet hat!“ Jawohl! Dann würde er noch mal Geld bekommen, durch alle Medien gehen, als trauernder Vater und dem Sklaven eins rein würgen!
 

Leons Augenbraue hob sich, nun hatte er wirklich Mühe, seine Wut – und seinen sich anbahnenden Lachkrampf zu unterdrücken. Dieses falsche Schwein! Nun, er würde den Mann am liebsten selbst fertig machen, doch er wusste sofort, Jethro würde das hier viel mehr Spaß machen und wer war er dem Mann das zu nehmen? „Sie können gern versuchen, eine Klage anzustrengen, doch ich bezweifle, dass Ihre ein wenig klamme Konten einen wirklich guten Anwalt wert sind. Und ja, wir haben Ihr Einkommen überprüfen müssen, als Sie ein Verdächtiger waren.“ Er nahm eine Akte, die er schon seit einigen Tagen bereitgehalten hatte, blätterte darin. „Aber vielleicht erklärt sich ja ein Anfänger bereit. Könnte ein Durchbruch werden – oder eine vollkommene Blamage.“
 

„Was…?!“, Anthony merkte, wie er feuerrot anlief. „Was fällt Ihnen ein?!“
 

„Nein, was fällt Ihnen ein? Hier aufzutreten, als würde Ihr Sohn Ihnen mehr bedeuten, als eine mögliche Geldquelle. Des Weiteren bin nicht ich, sondern Mister Gibbs sein medizinischer Betreuer. Informationen bekommen Sie bei ihm.“ Er drückte auf den Knopf, wartete, bis seine Sekretärin sich meldete. „Mister DiNozzo Senior braucht die Adresse von Gibbs. Geben Sie ihm die wenn er jetzt raus kommt.“ Dann wandte er sich an den Mann, der aussah, als stünde er kurz vor einem Infarkt. „Verschwinden Sie, bevor ich Sie raus eskortieren lasse.“
 

Vollkommen empört sprang Anthony auf, deutete mit einem behandschuhten Finger auf den Schwarzen. „Das… das wird Folgen haben!“, herrschte er. „Ich klage Sie in Grund und Boden! Sie und diese Agency werden in einem Jahr nicht mehr existieren!!“
 

„Viel Spaß“, gab Leon nur zurück, bevor er Jethro eine SMS schickte. Mit einer Warnung und der Androhung, dass er am Abend selbst kommen würde, um zu sehen, ob er helfen konnte, eine Leiche zu beseitigen. Wobei er sich sicher war, dass Miss Scuto das ganz schnell erledigt haben würde. Apropos, die junge Frau brauchte ihr Cath-Pow.
 

Damit stand auch er auf, sah noch, wie der aufgebrachte Mann mit dem lächerlich teuren Mantel aus dem Büro stürmte, so schnell, dass der Wachmann kaum folgen konnte.
 


 


 


 


 


 


 


 

Mit einem Lächeln auf dem Gesicht lag Jethro in seinem Bett, strich leicht über Tonys Wange. Der Jüngere war nach dem Besuch im Krankenhaus schließlich doch eingeschlafen. Es war gegen Mittag, sie hatten vorher in einem kleinen Diner gegessen. Der Termin selbst war gelaufen wie gedacht. Doktor Pitt war begeistert über die Fortschritte gewesen, hatte aber vorsichtig angedeutet, dass er keine Rückkehr in den aktiven Dienst sah. Etwas, das Tony nach ihrem Gespräch am Morgen wesentlich besser hingenommen hatte, als Jethro es befürchtet hätte. Er konnte nicht anders, er küsste den Jüngeren leicht, spielte mit dessen Fingern.
 

Nun, es würde sich zeigen, was die Zukunft brachte. Sie würden den Weg von jetzt an auf jeden Fall gemeinsam gehen. Irgendwas würden sie beide tun wollen, doch nichts, was nur zu ständigen Gefahren führte, das war auch ihm klar. Er wollte nicht, dass Tony sich dauernd Sorgen machte und er konnte ganz ehrlich sagen, dass er von der Jagd auf psychopathische Killer die Nase gestrichen voll hatte. Es wurde einfach Zeit für etwas anderes. Nun, es würde sich schon was ergeben, meist schneller, als man es glaubte. Er küsste Tony erneut, genoss das Gefühl, als der sich näher an ihn kuschelte. Allerdings konnte er ein Knurren kaum unterdrücken, als sein Handy summte. Verdammt Abby und ihr blödes Timing, was wollte sie denn?
 

Er griff hinter sich, packte das Handy, runzelte dann aber die Stirn. Vance? Was wollte Leon denn von ihm? Er hatte offiziell Urlaub, verdammt noch mal! Er öffnete die Kurznachricht, setzte sich dann ganz langsam raus, während ein wirklich böses Lächeln ihm über die Züge glitt. Dann glitt er aus dem Bett, trat an Tonys Seite, deckte diesen zu, küsste ihn ein weiteres Mal und strich über dessen Wange. „Ich bin gleich wieder da“, versprach er, lief dann leise die Treppe nach unten, wo sein Vater schon wieder in der Küche werkelte. Der Mann hatte sich regelrecht hier eingenistet, doch im Moment war Jethro sogar ganz dankbar darum. Dad half ihm, mehr Zeit für Tony zu haben, kochte und sorgte für ein Mindestmaß an Ordnung, außerdem schien sein Geliebter gern mit ihm zu reden.
 

„Leroy, warum siehst du aus, als müsste ich dich kontrollieren, ob du scharfe Waffen bei dir hast?“, fragte Jackson. So hatte er den Jungen nicht mehr gesehen, seit der nach Mexiko war, um dem Mörder seiner Familie hinterher zu steigen.
 

„Leon hat mir gerade geschrieben, dass das Schwein auf dem Weg hierher ist“, knirschte Jethro, händigte seinem Vater dann seine eigene Glock aus.
 

„Tonys…?“
 

„Nenn ihn nicht Vater, das hat der Kerl nicht verdient“, knirschte Jethro nur.
 

Jackson musterte die Waffe eine Weile lang, nickte schließlich. „Das will ich miterleben“, erklärte er, setzte sich ins Wohnzimmer.
 

Jethro zuckte nur mit den Schultern, ging in die Küche, starrte kurz in den Kühlschrank, holte dann ein Bier raus, öffnete es und trank es fast zur Hälfte aus. Er wollte nicht zum Burbon greifen, noch nicht. Das würde er sich für danach aufbewahren. Als es schließlich sehr ungeduldig an der Tür klopfte, ging er langsam hin, öffnete nur einen Spalt breit, musterte den jungen Mann mit der Livree, hob eine Augenbraue, öffnete ganz. Wie konnte Senior sich so was um Himmels Willen leisten? Doch dann wies Jethro sich zurecht. Der Alte spekulierte auf Tonys Vermögen, ganz klar. Nun, er konnte es kaum erwarten, diese Hoffnung fallen zu sehen. „Ja?“, fragte er dann barsch.
 

„Jethro“, lächelte Anthony, der am Auto geblieben war, nun erst zur Tür ging, sich bemühend, ein halbtrauriges Gesicht zu machen. „Du erinnerst dich?“
 

„Was wollen Sie hier?“, fragte er nur kalt.
 

„Also… warum so unfreundlich? Ich bin es doch, der einen Verlust zu beklagen hat…“
 

„Und welcher sollte das sein?“
 

„Du solltest wirklich wissen, dass mein kleiner Anthony…“
 

„Das Glück hatte, zu überleben, ja, das ist mir durchaus bewusst, bedenkt man, dass ICH die Verantwortung getragen und mich um ihn gekümmert habe, da sein eigener VATER nicht informiert zu werden wünschte, außer es würde sich um den Tod von Tony drehen! Was wollten Sie?“, fragte Jethro weiter, zutiefst befriedigt, als er sah, wie die Farbe aus dem selbstsicheren Gesicht wich.
 

„Er… er lebt…?“, fragte Anthony entsetzt, nein, empört. Konnte der Bengel nicht endlich abkratzen? Gott, warum hatte damals auch die Putze den Bengel finden müssen, als der versucht hatte, sich umzubringen?! Er hätte dem mit Freuden geholfen, zu verrecken! Und nicht mal jetzt war der Arsch zu irgendwas gut!! Er hatte nur das Erbe antreten und das Geld einsammeln wollen!
 

„Ja“, knirschte Jethro. „Und Sie bekommen keinen einzigen Dollar von ihm! Verschwinden Sie, solange ich mich noch im Griff habe!“
 

„Sie können Sie es wagen?!“, herrschte Anthony nun zurück, seine Maske fallen lassend. „Bringen Sie mich zu dieser kleinen Schwuchtel! Ich will mit ihm reden! Ich hab ihn jahrelang durchgefüttert und… ahhhhh!“
 

Dieses Mal ging es mit ihm durch. Ohne auf die Vernunft zu achten, riss Jethro seine Faust herum, traf passgenau das Gesicht des Kerls, den er so wenig ausstehen konnte, tat, was er schon bei der ersten Begegnung hatte tun wollen und beobachtete mit dunkler Genugtuung, wie der Idiot wie ein gefällter Baum erst mal gegen das Auto krachte, dass der sich eigentlich ohnehin nicht leisten konnte.
 

„Ich… ich verklag…!“
 

Jethro trat auf den Kerl zu, packte dessen Kragen, zerrte ihn regelrecht wieder hoch. „Dann klage ich zurück“, versprach er dunkel. „Und ich habe viele Anwälte, die mir den einen oder anderen Gefallen schulden“, fügte er an. „Und ich fange dabei an, wie Sie Ihren Sohn benutzt und misshandelt haben, als er noch ein Kind war, mache dann weiter bei Psychischer Misshandlung, als er erwachsen war und der Erpressung, mit der Sie ihm Geld abgenommen haben, auf das sie absolut kein Anrecht hatten! Und ich werde auf SOFORTIGE Rückzahlung beharren! Ich werde Sie durch sämtliche Medien ziehen! Niemand wird mehr zugeben wollen, Sie auch nur zu kennen!“ Damit schubste er den Anderen unsanft gegen den Wagen. „Sonst noch was?!“
 

„Ich hätte die kleine Sau umbringen sollen, als er noch in die Windeln geschissen hat! Oder ersäufen sollen, wie den Köter, den er mit acht angebracht hat! Oder als er selbst versucht hat, sein erbärmliches Leben zu beenden!“, brüllte Anthony in die Welt hinaus. „Scheiß Schwuchtel! Mir! Ganz allein mir gehört das Geld!“
 

„Verschwinden Sie“, zischte Jethro noch mal.
 

„Nicht, bevor ich…!“
 

„Mein Sohn hat Sie gebeten, sein Grundstück zu verlassen, mehrfach, ich würde sagen, Sie tun das, ich bin wie er, nur ein wenig zittriger, was Abzüge angeht“, merkte Jackson an, der, da niemand ins Wohnzimmer gekommen war, schließlich zur Tür gegangen war, Jethros altes Jagdgewehr im Arm. Er konnte mit den kurzläufigen Dingern absolut nichts anfangen. „Und ich bin mir sicher, dass im Notfall eine Menge Leute bei der Beseitigung der Leiche sorgen werden, ohne mit den Wimpern zu zucken. Den armen Tony derart zu beleidigen! Ein Wunder, dass aus ihm ein so guter Mann geworden ist, bei dem Vater!“
 

Anthony erstarrte regelrecht, als er in den Lauf der Waffe sah. Er wusste, er hatte verloren, spürte, wie Blut aus seiner Nase auf das sündhaft teure Seidenhemd siffte, während seine hochtrabenden Träume gerade ins Wanken liefen. All das Geld, auf das er doch so fest gebaut hatte! „Ich…werde ihn verklagen! Bis er sich erhängt!“
 

Jethro lächelte fein. „Wie, wenn ich Sie vorher umgebracht habe?“, fragte er fast sanft. Er beobachtete fast schon amüsiert, wie der Alte in den Wagen hechtete, und er wusste, es würde Ärger geben. Er sah es im Blick des Fahrers. Der würde auf sein Gehalt bestehen – sofort. Und schon daran könnte der Alte scheitern.
 

Mit einem komischen Gefühl schoss Tony aus seinem wenig erholsamen Schlaf hoch. Sein Alter, er hatte die gesamte Zeit dessen Stimme gehört, das kalte Lachen oder ihn gesehen, als er, nachdem er selbst aus dem Krankenhaus entlassen worden war, in sein Zimmer gestürmt war um ihm eine Packung Pillen und eine geladene Waffe zu geben, mit dem eisigen Kommentar, dass er sich doch das nächste Mal richtig kalt machen solle. Das Einzige, was ihn daran gehindert hatte, war, dass er damals von einer Haushälterin erfahren hatte, dass er seinem Alten lebend weit mehr Schaden zufügen konnte, als wenn er sterben würde. Er sah sich hektisch um, während er versuchte, wärmer zu werden, sein Geliebter war nicht zu sehen.
 

Und dann wurde ihm richtig eisig. Das war wirklich die Stimme seines Erzeugers! Tony sprang regelrecht aus dem Bett, hechtete die Treppe herunter, griff automatisch nach der Waffe, die er nicht mehr bei sich hatte und die vermutlich ohnehin untauglich geworden war nach dem Sprung ins Wasser, rannte zur Haustür, vorbei an Jack, den er auch Dad nennen sollte, der ein Gewehr hielt, dass eigentlich über dem Kamin hing, bevor er Jethro praktisch in die Arme fiel. Er sah nur noch die Rücklichter einer sehr protzigen Limousine.
 

„Ruhig!“, befahl Jethro, fing den aufgebrachten jungen Mann, der zu schwanken begann, drückte ihn an sich. „Du sollst doch nicht rennen“, seufzte er, legte seinen Arm fester um dessen Taille, bis ihm etwas kam. Ihm wurde richtig schlecht, er riss Tonys Hand hoch, merkte, dass der da wie so oft die viel zu breite Rolex trug, die er auch bei der Arbeit schon mehrfach bemerkt hatte. Er strich den Ärmel des Pullovers zurück – und wurde nur noch stinkiger, als er die deutlich sichtbare und vor Allem fühlbare Narbe sah, die über das protzige Ding hinausging.
 

„Was hat er…? Nicht! Jeth, bitte!“ Doch es war zu spät. Der Ältere hatte ihn gepackt, starrte auf die Narbe, die er sonst immer verdeckt, mit langen Ärmeln, mit Lederbändern oder breiten Uhren. Nicht, dass er sich wirklich schämte, doch er hatte nicht darauf angesprochen werden wollen und er hatte nicht als schwach gelten wollen. Er zitterte, versuchte, sich loszumachen, doch der Arm um seine Mitte schien sich schraubstockartig zu verstärken, während eisblaue Augen auf sein Handgelenk starrten. „Bitte…“, flüsterte er schwach.
 

„Leroy, bitte. Lass uns rein gehen“, schaltete auch Jackson sich ein, der sich schon gefragt hatte, wie lang es dauern würde, bis der Ältere auf diesen Part des Gesagten zurückkommen würde.
 

Jethro runzelte die Stirn, nickte aber dann und schubste seinen Geliebten sanft wieder ins Haus, manövrierte ihn auf das Sofa. „Warum?“, fragte er schließlich, nahm Tony, der nur noch schwachen Widerstand leistete, die Uhr ganz ab, sah auf die Narbe, die sich nun auf einmal sehr deutlich abhob. Sie musste schrecklich tief gewesen sein. Und sie war richtig gezogen. Das war kein Versuch eines Kindes gewesen, Aufmerksamkeit zu erlangen. Tony hatte sterben wollen.
 

„Bitte“, flüsterte Tony, versuchte schwach, dem Anderen die Hand zu entziehen.
 

„Ich will es wissen“, beharrte Jethro, mit ruhiger Stimme, aber auch sehr unnachgiebig. Er hielt den Jüngeren weiter eng an sich gepresst. „Warum und wann?“
 

„Ich… ich war… fünfzehn, mein… Geburtstag. Der… Tag war… eine Katastrophe, ich… hatte auf eine Party gehofft, die… er hinter meinem Rücken abgesetzt hat. Ich dachte… sie hätten mich vergessen, es… war einfach zu viel, er… mochte mich nicht, er… war weg, hat mich in eine Schule abgeschoben und in… den Ferien wurde ich den Hausangestellten überlassen. Ich… wollte einfach nur ein paar… Freunde, ich… hab es nicht mehr ausgehalten! Ich… wollte zu Mom, zu… zu Irgendwem, der mich wirklich mochte, ich… hab mein Handgelenk aufgeschnitten, aber… ich hab es kaum geschafft, den Schnitt beim… zweiten zu setzen, es…wollte einfach nicht bluten… dann… dann wurde es schwarz und warm…“ Tony schluckte. „Danach bin ich im Krankenhaus wach geworden. Und… statt meines Vaters war… war da die Haushälterin! Sie… sie hat mir gesagt, dass ich leben muss, dass… Mom das Geld mir… hinterlassen hat und wenn ich jetzt sterben würde, alles… zu ihm gehen würde, dass er genau das wollte…“ Er atmete tief durch. „Das war das Einzige, was mich an einem zweiten Versuch gehindert hat. Dabei… war er es, der in Mein Zimmer gerannt kam und mir sowohl eine Knarre als auch Pillen aufs Bett geworfen hat, mit… dem Befehl, es das nächste Mal gefälligst richtig zu machen.“ Sich erschöpft fühlend ließ Tony sich gegen den Älteren sacken, sich sicher, dass der ihm gleich sagen würde, mit ihm nichts mehr zu tun haben zu wollen. Er wollte die Sicherheit und Wärme noch einen kurzen Moment genießen.
 

Sekundenlang bekam Jethro kein einziges Wort raus, er konnte nicht viel mehr tun, als seinen Griff zu verstärken, während seine Finger auch auf dem anderen Gelenk nach Sputen suchten, erfolglos. Was dem Jüngeren wohl eindeutig das Leben gerettet hatte. „Ich bereue es… ihm nur ins Gesicht geschlagen zu haben“, stellte er schließlich bitter fest.
 

„Du… bist nicht… enttäuscht, du… bleibst?“, fragte Tony unsicher, nicht in der Lage, das Zittern aus seiner Stimme zu halten.
 

„Gott, Tony, ich bin sauer, auf ihn! Nicht auf dich! Es zeigt doch nur wie stark du bist, dass du trotzdem zu einem solchen Menschen geworden bist! Einem, der bedingungslos lieben kann, ohne etwas dafür zu verlangen und der die ungesunde Tendenz hat, sich dauernd für Andere vor Kugeln zu werfen.“ Er küsste den Anderen in den Nacken. „Ich dachte, ich hätte mehr als deutlich gemacht, dass ich dich nicht gehen lasse…“
 

„Danke“, flüsterte Tony, merkte, wie er zitterte.
 

Der Ältere schüttelte einfach nur den Kopf, griff nach der Decke, die seit Tony hier war, immer am Ende des Sofas lag, legte die um seinen Lover, der eindeutig in einer Art Schock war. Er hob seinen Blick, als eine Tasse sich in sein Sichtfeld schob. „Dad?“, fragte er.
 

„Tee. Wirkt beruhigend“, erklärte Jack ruhig.
 

„Und woher hast du in diesem Hause Tee?“, fragte Jethro skeptisch, gab die Tasse aber weiter, sah, wie Tony seine Hände um sie legte, langsam daran nippte.
 

„Ich habe eingekauft. Und da sich ein Kranker unter uns befindet, dachte ich, ein wenig Kräutertee wäre nicht verkehrt“, grinste Jack nur, er beobachtete, wie Jethro den Anderen streichelte, ihm dann die fast leere Tasse abnahm, als der wieder einschlief.
 

„Ich wünschte wirklich, ich hätte ihm mehr getan“, knirschte Jethro schließlich.
 

„Nicht nur du, Junge“, murmelte Jackson, setzte sich auf den Stuhl, der inzwischen seinen Platz im Wohnzimmer gefunden hatte. Doch dann grinste er kalt. „Sag mal, der eine Junge, den du damals gerettet hast, der, der jetzt querschnittsgelähmt is… der is doch Anwalt, oder?“
 

„Was genau hast du vor?“, fragte Jethro lauernd.
 

„Ruinier den Mann, treib ihn in den Selbstmord. Nimm ihm, was ihm wichtig war. Seine Reputation. Er hat zwielichtige Geschäfte gemacht, oder?“
 

„Mehr als eines – er hat wohl mehr als einmal Tony gezwungen, ihn zu decken.
 

„Erpressung eines Bundesagenten? Ich mein, ich bin kein Anwalt, aber ich finde, das hört sich verdammt illegal an!“
 

„Jetzt wo du es sagst…“
 

„Und da is noch was…“
 

„Hm?“, fragte Jethro, strich eine Strähne aus Tonys wieder weniger angespanntem Gesicht.
 

„Als ihr in Stillwater wart, wegen des Falles, da hab ich etwas mit Tony geredet. Er hat mir was von seiner Mutter erzählt. Dass er denkt, sie wäre vollkommen gesund gewesen, sein Vater hätte ihm aber gesagt, sie sei krank gewesen, Jahre später dann die Geschichte mit dem Autounfall.“
 

„Was willst du sagen?“
 

„Tony hat seine Mutter beerbt, sie war offensichtlich reich, aber sie hat ihr Geld zu hundert Prozent oder fast komplett ihm vermacht, nicht ihrem eigenen Mann. Geld, hinter dem dieses Aas offensichtlich her ist, wie der Teufel hinter der Seele…“
 

„Du denkst…?“
 

„Ich denke, es wäre eine Möglichkeit, ein solcher Verdacht würde eine Exhumierung bedeuten, der Tony sicher zustimmen würde. Und schlechte Presse. Die einem Geschäftsmann nur schaden kann! Ich denke, du solltest diesen Freund von dir wirklich verständigen…“
 

„Dad, ich wusste nicht, dass du es so in dir hast“, stellte Jethro, ehrlich beeindruckt fest.
 

Jack lachte nur, drückte die Schulter seines Sohnes, mit dem er sich, seit Tony da war, wieder so viel besser verstand. „Von irgendwem musst du es doch haben und glaub mir, deine Mutter war für so was zu gutmütig – wobei – für so ein Schwein hätte sie sicher auch ihre Eckzähne ausgefahren.“ Er deutete auf Tonys Gesicht. „Der Kleine wird dich brauchen.“
 

„Ich weiß“, nickte Jethro, küsste Tonys Stirn. „Nachher kommt Vance, er wird sicher auch ein paar Vorschläge haben, Ducky und Abby wollen bestimmt auch mitmachen, Palmer“, er grinste ein wenig. „Gremlin“, fügte er an.
 

„Wessen Mord plant ihr gerade?“, fragte Tobias, der, mit seinem obligatorischen Kaffeebecher in der Hand, das Wohnzimmer betrat und ein wenig besorgt die identisch böse blickenden Gesichter sah. „Und bin ich eingeladen…?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  ai-lila
2013-09-06T18:18:11+00:00 06.09.2013 20:18
Hi~~

Könnte es sein, das Gibbs ein neues Hobby bekommt?
Na gut, er müsste dieses Hobby... Tonys Vater zu zerdrücken... mit all seinen Freunden teilen.
Aber hey, das wird sicher lustig. ^^
Selbst ich würde ´nen Knüppel schwingen.

Das war wieder ein klasse Kapi.
Freue mich schon auf das Nächste.
lg ai
Von:  Selina_Misao270889
2013-09-04T19:23:00+00:00 04.09.2013 21:23
Toll ich brauche mehr davon. Wie dreist kann man eigentlich sein. Tonys Vater wird sich noch umschauen. Vorallem wenn Fornell auch noch mitmischt. Jack war genial als er nit der Flinte in der Tür stand.
Ich freue mich schon riesig auf deine Fortsetzung.

LG Selina_Misao
Von:  Selina_Misao270889
2013-09-04T19:23:00+00:00 04.09.2013 21:23
Toll ich brauche mehr davon. Wie dreist kann man eigentlich sein. Tonys Vater wird sich noch umschauen. Vorallem wenn Fornell auch noch mitmischt. Jack war genial als er nit der Flinte in der Tür stand.
Ich freue mich schon riesig auf deine Fortsetzung.

LG Selina_Misao
Antwort von:  Selina_Misao270889
04.09.2013 21:24
Sorry ist doppelt. PC hat geharkt.


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