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Besitzansprüche

von

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Gildarts Rat

Der Fluss floss immer in die gleiche Richtung, stetig, gleichmäßig. Er tat es bereits, bevor Natsu geboren worden war und er würde es noch immer tun, wenn Natsu eines Tages starb. Unbeeindruckt von den Menschen war es dem Wasser egal, was um es herum und mit ihm passierte. Vielleicht sollte Natsu zu Wasser werden?, dachte der Rotschopf, während er gelangweilt den Schwimmer beobachtete, der mit jeder kleinen Welle auf und ab hüpfte. Wenn er Wasser wäre, wäre es ihm auch egal, dass ihm das Herz schwer war wie Blei und es mit jedem Tag schwerer wurde. Als Wasser würde es ihn nicht interessieren, dass Lucy gerade wiedereinmal mit diesem Gillian unterwegs war. Als Wasser würde er nicht so sehr darunter leiden, dass Lucy ihn nicht einmal mehr ansah.

Natsu wurde mit jedem Tag lustloser, mutloser. Er hatte keinen Spaß mehr daran, auf Missionen Chaos anzurichten. Er hatte keine Lust mehr darauf, sich mit Gray zu prügeln. Er konnte einfach keinen positiven Gedanken fassen. Natsu fühlte sich leer und einsam, dabei war nur eine Person in seinem Leben an der falschen Stelle. Eine Person, die er gerademal ein Jahr kannte. Aber Lucy war halt die eine Person, die er niemals missen wollte. Nicht einen Tag. Nicht eine Stunde. Nicht eine Minute. Nicht eine Sekunde. Nie. Doch es waren schon drei Wochen seit dem Vorfall mit Gillian ins Land gegangen und Lucy würdigte Natsu noch immer keines Blickes. Stattdessen verbrachte sie immer mehr Zeit mit diesem Schönling und kam von Woche zu Woche seltener in die Gilde. Eigentlich nur, wenn sie einen Auftrag auswählte, um ihre Miete zu bezahlen. Wenigstens bedeutete das, dass Lucy und der Kerl noch nicht zusammen lebten. Ein geringer Trost.

Ein schwerer Seufzer entfuhr Natsus Brust. Hier saß er nun, ganz alleine am Ufer dieses Flusses und philosophierte, wie Happy es nannte. Er, Natsu Dragneel, der sich bisher immer über Denker lustig gemacht hatte, philosophierte! Nichteinmal Happy hielt es noch in seiner Nähe aus, so niedergeschlagen war Natsu! Weswegen er auch gerade nach dem Lieblingsfisch des Katers angelte, was sich als schwierig herausstellte, da der Kater die seltene Magnolienforelle liebte, die mit einer gefühlten Chance von eins zu tausend mal in einen Köder biss! Aber was soll's, irgendwie wollte Natsu seinen kleinen Freund dafür entschädigen, dass dieser ihn so erbärmlich ertragen musste. Natsu fand einfach nicht zu seiner alten Form zurück. Er fühlte sich krank, schwach, antriebslos. Liebeskrank, nannte Polyuchka das, als er sie um ein Heilmittel ersuchte. Gebrochenes Herz. Dann hatte sie ihn besenschwingend aus dem Haus gejagt, die alte Hexe!

Natsu hörte Schritte hinter sich, doch es interessierte ihn nicht. Sicher nur ein weiterer Kamerad, der auf irgendeine unsinnige Weise versuchte, Natsu aufzuheitern. Bisher waren alle gescheitert. „Das klingt aber nach einem sehr tiefen Bruch.“ Diese Stimme weckte Natsu aus seiner Trance. Er wollte fast seinen untrüglichen Ohren nicht trauen, bevor seine Augen ihm das gehörte bestätigten. „Gildarts?“, rief Natsu erfreut, als er den Mann erblickte, der nun den Deich zu ihm hinunter kam. Es war selten, dass Gildarts nach Hause kam. Noch seltener, dass er so schnell wieder da war.

„Cana hat nicht übertrieben als sie mir geschrieben hat, dass du nur noch ein Häufchen Elend bist.“, meinte Gildarts ernst. Diese blöde Cana! Wieso schrieb sie ihrem Vater so einen Blödsinn? Auch wenn es der Wahrheit entsprach, jetzt stand Natsu wie ein Schwächling da, der sich so leicht von seinen Gefühlen aus der Bahn bringen ließ!

„Zieh nicht so ein Gesicht.“, lachte Gildarts und ließ sich neben Natsu im Gras nieder. „Frauen sind der Schwachpunkt aller Männer. Auch meiner.“

„Das ist kein Geheimnis.“, murrte Natsu und starrte wieder den Schwimmer seiner Angel an. Als könnte er so seine momentane Schwäche kaschieren. Gildarts und seine Weibergeschichten, wie gerne regte Cana sich darüber auf? Der Mann verprasste mehr Geld für leichte Mädchen als für seinen Lebensunterhalt. Er wäre mit Sicherheit schneller von seinen Missionen wieder da, wenn er nicht jedem Rock nachlaufen würde!

Gildarts lachte ungeniert. „Ja, Canas erste Frage war auch, mit wie vielen Damen ich wieder angebandelt habe.“, erzählte er leichtfertig. „Aber ich muss zugeben, meine Quote ist gesunken. Ich kann einfach nicht anders, als überall damit angeben, dass die Supermagierin Cana, die das Magiemessgerät gesprengt hat, meine Tochter ist. Ganz meine Tochter eben.“ Man, manchmal wünschte Natsu sich, Cana hätte nie eröffnet, dass sie Gildarts Tochter war! Diese übertriebene Zuneigung war echt lästig und peinlich! Hoffentlich würde Natsu niemals so werden, wenn er mal eine Tochter hatte. Wenn er jemals eine Tochter hatte. Aber die einzige Frau, die in seinen Augen als Mutter in Frage kam, ignorierte ihn komplett. Auch wenn seine Phantasien über das, was Natsu gerne mit ihr machen würde, gleichmäßig mit seiner Sehnsucht nach ihr wuchsen und detaillierter wurden. Es kam vor, dass er mitten in der Nacht aufwachte und sich einfach nicht mehr beruhigen konnte, bis er sich Erleichterung verschafft hatte, die er bevorzugt hinter der geschlossenen Toilettentür suchte. Er wusste nicht, in welchem Entwicklungsstadium Happy in den Augen der Exceed war, aber der Kater musste das sowieso nicht mitbekommen, selbst wenn er schon erwachsen sein sollte. Es war Natsu unheimlich peinlich.

„Also erzähl mal, wo drückt der Schuh?“, forderte Gildarts ihn auf. Was hatte Natsu noch groß zu verlieren? Sein Ansehen musste mit seinem momentanen Zustand eh im Keller liegen, also konnte er auch ehrlich zu Gildarts und zu sich selbst sein.

„Ich liebe Lucy.“, murmelte Natsu. Das erste Mal, dass er es laut aussprach. Es war ein befreiendes Gefühl.

„Das ist gut!“, freute sich Gildarts. Es war gut zu wissen, dass er Natsu nicht mehr unbedingt mit Lisanna verkuppelt sehen wollte. Lucy hatte er also auch anerkannt.

„Lucy hat einen Freund.“, sprach Natsu nun das Problem an. „Gillian.“ Er spukte den Namen mehr aus, als dass er sprach.

„Das ist schlecht.“, meinte Gildarts mitfühlend. Natürlich war das schlecht! Aber der Hammer kam ja noch!

„Ich wollte, dass der Kerl die Finger von Lucy lässt, jetzt will Lucy nichts mehr mit mir zu tun haben.“, seufzte Natsu niedergeschlagen. Er fühlte sich so elendig!

„Das ist ganz schlecht.“, kommentierte Gildarts. „Ich kann mir vorstellen, wie du es dem Kerl verklickert hast. Kein Wunder, dass Lucy sauer ist.“ Großartig, soweit war Natsu auch in seinen Erkenntnissen. Immerhin hielt ihm die halbe Gilde das regelmäßig vor. Aber wie er es sonst hätte anstellen sollen, fiel Natsu erst recht nicht ein. „Weiß Lucy, dass du sie liebst?“

„Ich glaube schon.“

„Hast du es ihr gesagt?“

„Nein.“

„Dann weiß sie es nicht.“ Verblüfft sah Natsu den Älteren an. War es nicht offensichtlich gewesen? Hätte Lucy nicht begreifen müssen, was er für sie empfand, allein von der Tatsache, dass er immer in ihrer Nähe sein wollte? Ihr hätte auf jeden Fall auffallen müssen, dass er mehr Zeit mit ihr, als mit irgendwem sonst in der Gilde verbrachte. Gildarts lachte. Worüber? „Natsu, Frauen glauben nicht, dass man sie liebt, bis man es ihnen ins Gesicht gesagt hat.“ Wie? Lucy war doch sonst so schlau! Auf soetwas kam sie nicht? „Versteh einer die Frauen.“, meinte Natsu und starrte das Wasser an.

„Das werden wir Männer nie.“, grinste Gildarts und klopfte dem Feuerdrachen aufmunternd auf die Schulter. „Aber ohne sie können wir auch nicht leben. Besonders ohne die eine ist es schwer. Ich bereue noch heute, dass ich Cornelia damals verlassen habe.“

„Canas Mutter?“ Natsu erinnerte sich, dass er diesen Namen gehört hatte, nachdem Cana Gildarts eröffnet hatte, dass sie seine Tochter war.

Gildarts nickte. „Ich habe schon mit vielen Frauen, sagen wir mal, angebandelt.“ Natsu schnaubte amüsiert. Wer hatte ihm denn auf die praktische Weise erklären wollen, wo die Babys herkamen? Natsu konnte damals gerade noch rechtzeitig vor der auserwählten Prostituierten flüchten, bevor er es bereute. Damals war er dafür noch nicht bereit gewesen. Heute fühlte er sich bereit, aber es war schwierig, wenn seine Auserwählte ihn jedes Mal schlug, wenn er sie berühren wollte. Gildarts beachtete Natsus Schnauben nicht. „Aber Cornelia, sie war einmalig! Sie war die einzige, die ich jemals wirklich geliebt habe. Darum habe ich sie ja auch geheiratet.“ Heiraten, das war ein Wort, dass in Natsus Kopf ganz weit weggerückt war. Er hatte schonmal mit dem Gedanken gespielt, wie es wäre, wenn er und Lucy verheiratet wären. Abends neben ihr einschlafen, morgens neben ihr aufwachen, den ganzen Tag mit seiner Frau verbringen. Sie würde dann wirklich ihm gehören. Außerdem könnte sie dann immer sein Haus so schön aufräumen, wie neulich. Dazu hatte Natsu keine Lust, aber Lucy schien das ja Spaß zu machen. Aber nun stand da eine Mauer Namens Gillian zwischen ihnen.

„Aber ich musste um meine Frau kämpfen.“, erzählte Gildarts unbekümmert weiter. „Sie war ein Teufelsweib und viele Männer begehrten sie. Aber ich konnte mich gegen meine Konkurrenz durchsetzen.“ Dann sah der Ältere zu Natsu. „Warum kämpfst du nicht um Lucy?“

Blöde Frage! „Weil Lucy mich hassen wird, wenn ich den Kerl verprügel'!“ So wie sie ihn schon allein dafür hasste, dass der Schönling unsanft auf seinem Hosenboden gelandet war. Der Typ war so schwach, in Sachen Stärke könnte Natsu ihn jederzeit zerquetschen wie eine Fliege!

„Doch nicht mit deinen Fäusten.“, seufzte Gildarts und schüttelte den Kopf. „Man kann nicht alles durch Gewalt lösen. Du musst Lucy durch Taten und Worte davon überzeugen, dass du der Bessere für sie bist.“

„Wie denn, wenn sie mich nicht in ihrer Nähe haben will?“ Sie sah Natsu ja nichteinmal mehr an!

„Du musst sie dazu bringen, dass sie dich wieder in ihrer Nähe will. Sie davon überzeugen, dass sie dich und nicht den anderen Kerl braucht. Kämpfe, Natsu, kämpfe! Du gibst doch sonst nicht so schnell auf!“ Das stimmte. Natsu hasste aufgeben. Wieso hatte er nur schon aufgegeben? Was war er doch für ein Holzkopf! Er könnte sich selbst für seine Dummheit schlagen. Anstatt sich das zu holen, was er haben wollte, vertrödelte er drei ganz Wochen, in denen er mit Sicherheit längst Lucy wieder für sich gewinnen hätte können. Natsu sprang auf und brüllte seinen aufgestauten Frust raus. Sollte das Wasser sie mitnehmen, seine Melancholie.

„So ist's recht!“, lachte Gildarts. In diesem Augenblick zog etwas an der Angel, die Natsu noch immer in der rechten Hand hielt. Sofort reagierte er und kämpfte mit dem Fisch. Er war stark, das musste ein echter Brocken sein! Aber Natsu war zu motiviert, um den Kampf aufzugeben. Mit aller Kraft zog er an der Angel und der Fisch landete auf dem Trockenen. Ein Fisch, so lang wie Natsus Arm, übersät mit weißen Tupfen. Ein Prachtexemplar der Magnolienforelle.

„Perfekt!“, grinste Natsu und erlöste das Tier gekonnt von seinen Qualen. „Den bringe ich Happy und dann ab zu Lucy. Wollen wir doch mal sehen, wer sie bekommt!“ Voller Elan und siegessicher lachend nahm Natsu seine Angel und seine Beute und stürmte in die Stadt davon. Ohne Zwischenstopp bahnte er sich seinen Weg zur Gildenhalle. Noch in der Tür blickte er sich nach einem Anzeichen Lucys um, doch ihren blonden Haarschopf konnte er nirgends entdecken. Schade eigentlich, aber gut. Sie war viel zugänglicher, wenn sie nur zu zweit waren.

Natsu erblickte die Schwanzspitze Happys. Wie erwartet verbrachte der Kater Zeit mit Charle. An ihm sollte Natsus ich ein Beispiel nehmen, Happy gab nie auf, die weiße Katze für sich zu gewinnen, egal wie sehr diese ihm auch die kalte Schulter zeigte. „Happy! Hier!“, grinste Natsu und ließ den Frischbrocken auf den Tisch vor seinem Partner fallen. Dieser war ganz hin und weg von dem Geschenk.

„So ein großer Fisch!“, staunte Happy und sah begeistert zu Natsu. Das Leuchten in seinen Augen war eine Beruhigung für den Feuermagier. Natsu hatte Happy ausgebrütet und aufgezogen. Er fühlte sich wie eine Mischung auf Vater und großer Bruder. Er hätte Happy über seinen Liebeskummer niemals vernachlässigen dürfen!

„Oh, was für ein Prachtexemplar!“, staunte auch Mirajane. „Soll ich dir daraus ein leckeres Fünf-Gänge-Menü machen?“

„Nicht mir, sondern Happy.“, grinste Natsu.

„Und Charle!“, fügte der Kater hinzu.

„Wenn du darauf bestehst.“, seufzte die Katze und sah desinteressiert aus, auch wenn alle wussten, dass sie sich in ihrem Inneren über diese Einladung freute.

„Dann überlasse ich es dir.“, meinte Natsu zu Mira und wandte sich wieder zum Gehen.

„Wo willst du hin?“, fragte diese überrascht.

„Zu Lucy!“, rief Natsu. „Ich werde um sie Kämpfen!“ Dann war er auch schon wieder weg, raus aus der Gilde, hinein in die Stadt. Unaufhaltsam eilte er durch die Straßen Magnolias, einen altbekannten Weg entlang, dem er schon viel zu lange nichtmehr gefolgt war. Dem kürzesten Pfad zu Lucys Wohnung. Dorthin, wo er sich am wohlsten fühlte, an Lucys Seite. Er hatte Glück, ihr Fenster stand offen, wodurch er nicht erst noch nach Hause musste, um den Zweitschlüssel zur Wohnungstür zu holen. Aber das bedeutete auch, dass die blonde Frau zu Hause war! Perfekt!

Ein beherzter Sprung und Natsu saß auf dem Fensterbrett, eine seiner leichtesten Übungen. Die Eindrücke des Raumes strömten auf ihn ein, wie lang vermisste Freunde. Alles roch nach Lucy, einfach alles. Sofort fühlte Natsu sich leichter, entspannter. Oh ja, so sollte sich sein Haus auch mal anfühlen, dann, wenn Lucy seine Frau war.

Doch von der Bewohnerin war weit und breit keine Spur zu sehen. Merkwürdig, sie verließ doch nie das Haus, ohne Fenster und Türen abzuschließen! Natsu glitt über ihr Bett auf den Boden. Die Wohnung hatte nur einen Raum mit Kochecke, eine Toilette, einen kleinen Abstellraum und ein Bad. Im Abstellraum brauchte er gar nicht zu gucken. Toilette? Hätte er inzwischen gerochen. Bleib also nur das Badezimmer übrig. Er riss den Vorhang beiseite – und fand die Gesuchte in einer ulkigen Position wieder. Sie stand mit dem Rücken zu ihm stocksteif aufgerichtet und versuchte verzweifelt, den rückwärtig angebrachten Reißverschluss ihres Kleides zu schließen. Natsu sah sofort das Problem: Es war zu eng. Es brachte ihren weiblichen Körper eher unvorteilhaft zur Geltung. Aber das half gerade auch nichts gegen den Lachkrampf, der ihn überkam. Es sah einfach nur urkomisch aus, wie sie sich verrenkte!

Lucy bemerkte ihn nun erst, fuhr erschrocken zusammen, schoss herum und funkelte den jungen Mann wütend an. „Ich habe dir verboten, herzukommen!“, fauchte sie wütend, musste dabei allerdings das Kleid festhalten, welches sonst heruntergerutscht wäre. Kein Hallo, kein schön dich zu sehen. Sie hatte es Natsu ja verboten, sie zu besuchen und klang sehr ernst dabei. Aber seinetwegen sollte sie ihn anzeigen, er würde trotzdem wiederkommen.

„Das hast du schön öfter.“, meinte Natsu locker und kam auf sie zu. „Und gerade sieht es so aus, als wäre ich im richtigen Moment gekommen.“

„Hau ab!“, zischte Lucy nur. „Ich muss das zu kriegen, bevor Gillian mich abholt.“

„Soll dein toller Gillian dich nicht so sehen?“, grinste Natsu und freute sich innerlich, dass sie noch nicht bereit war, sich dem Kerl so zu zeigen, wie sie wirklich war, mit all ihren süßen kleinen Macken.

„Natürlich nicht, das ist doch peinlich!“, murrte sie. „Ich hab so gehungert, um bis heute in dieses Kleid zu passen und ich kriege es immernoch nicht zu!“ Sie drehte Natsu wieder den Rücken zu und versuchte wieder, den Reißverschluss zu schließen. „Steh nicht so blöd da rum! Wenn du schon bei mir einbrichst, dann hilf mir!“ Soso, sie ließ Natsu also in ihre Nähe und sich von ihm helfen. Sie vertraute ihm eben doch mehr, als diesem Kerl.

Dies waren Chancen, in denen er angreifen konnte, die Natsu seiner Auserwählten wieder näher brachten. Er musste sie nutzen! Also Reißverschluss zumachen, auch wenn es langweilig war. Dies gestaltete sich allerdings als schwieriger, als gedacht. Lucys Weiblichkeit war einfach nicht kompatibel mit diesem Kleid! „Wieso ziehst du nicht einfach ein anderes Kleid an?“, wollte Natsu wissen, während er krampfhaft versuchte, den Läufer höher zu bekommen, ohne die weiche Haut seiner Freundin dazwischen zu bekommen oder den Stoff zu zerreißen, was allerdings bei der Spannung früher oder später eh passieren würde.

„Weil alle Frauen auf dem Ball dieses Kleid tragen werden.“, ächzte Lucy, denn die Enge erlaubte ihr kaum Raum zum Atmen. „Ich will nicht die einzige sein, die aus der Reihe tanzt.“ Endlich war es geschafft, das Kleid war geschlossen. Allerdings sah Lucy aus wie eine Wurst in der Pelle, ganz und gar nicht hübsch!

„Dann hättest du es dir wenigstens in der richtigen Größe geben lassen sollen.“, meinte Natsu und schüttelte ungläubig den Kopf. Nein, das sah abstoßend aus. Und so sehr, wie die Nähte gespannt waren, würde sie sich an diesem Abend mit Sicherheit nicht nur durch ihr Aussehen blamieren. Vielleicht ließ dieser Typ sie ja in Ruhe, wenn Lucy sich und ihn vor allen lächerlich machte?

„Ich dachte, ich könnte rechtzeitig noch etwas abnehmen.“, jammerte Lucy, ging in den Wohnraum und besah sich im Spiegel. Ihrer unglücklichen Miene nach zu urteilen sah sie selbst, wie falsch sie aussah. Abnehmen, so ein Schwachsinn. Lucys Polster saßen genau an den richtigen Stellen und Natsu verspürte große Lust, sie zu berühren. Aber er musste sich zügeln, er wollte nicht das dünne Seil zerreißen, auf dem er sich gerade befand. Lucy duldete ihn gerade. Sie unterhielt sich normal mit ihm. Und jetzt sah sie ihm endlich mal wieder in die Augen. „Warum bist du hier?“, wollte sie wissen.

„Weil ich mich nicht so einfach abservieren lasse.“, entgegnete Natsu und trat ein paar Schritte auf sie zu. „Wir haben zu viel erlebt, als dass du mich so einfach in die Ecke stellen kannst.“

„Ach Natsu.“, seufzte Lucy und schüttelte mit einem traurigen Lächeln den Kopf. Warum so traurig? „Bitte, versteh doch, ich möchte nicht, dass du dich weiter in mein Leben einmischt. Ich bin glücklich mit Gillian.“ Ah ja, glücklich, soso! Sie zeigte ihm aber immernoch nicht ihr wahres Ich. Das war der dünne Faden Hoffnung, an den Natsu sich klammerte. Und wenn er diesen Faden stärken wollte, musste er endlich ehrlich zu Lucy sein. „Du bist mir eben sehr wichtig!“, setzte Natsu an und sah, wie ein leichter Rotschimmer in ihre Wangen stieg, während sie ihn verwirrt ansah. „Ich...“, setzte Natsu zu seinem Geständnis an, doch er wurde unterbrochen. Die Schelle an der unteren Tür versetzte Lucy aus irgendeinem Grund in Panik.

Hektisch rannte sie zum Fenster. „Das ist Gillian!“, rief sie und sah zu Natsu. „Bleib vom Fenster weg!“ Sie griff die bereitgelegte Handtasche vom Couchtisch. „Er darf nicht wissen, dass du hier warst.“ Natsu wollte etwas dazu sagen, aber Lucy ließ ihn nicht zu Wort kommen. „Warte mit dem Gehen, bis wir außer Sicht sind. Und schließe das Fenster, so weit es geht hinter dir!“ Schon in Begriff, die Tür zu schließen, hielt sie nochmal inne und sah Natsu noch einmal in die Augen. Wieder dieses traurige Lächeln! „Es war schön, dass du da warst, aber bitte, komm nicht wieder.“, es war fast nur ein Flüstern. „Lebe wohl.“ Dann war die Tür zu und der Schlüssel im Schloss umgedreht. Laute Schritte auf der Treppe, verursacht durch diese unpraktischen Schuhe mit den hohen Absätzen, die Lucys Beine nur noch länger erscheinen ließen, als sie eh schon waren, dann Stimmen von der Haustür. Natsu war so fassungslos über diesen Abgang, dass er sich auf dem Boden fallen ließ während er versuchte, nicht zu hören, wie froh Lucy klang, während sie mit dem Kerl da unten plauderte. Natsu wollte nicht wissen, was die zwei miteinander sprachen, wollte nicht die geheuchelten Komplimente hören, die dieser Kerl über Lucys Aussehen fallen ließ. Es sah doch ein blinder mit Krückstock, dass Lucy dieses Kleid absolut nicht stand. Was nützten Lügen, wenn sie den anderen verletzten?

Die Haustür fiel in Schloss und es wurde still. Zu still für Natsus Geschmack, jetzt kamen wieder die Gedanken. Natsu versuchte krampfhaft, nicht zu denken, dass er wieder gescheitert war. Lucy hatte Lebe Wohl gesagt, aber hatte sie es auch so gemeint? Sicher nicht! Nicht mit dem Lächeln!

Natsu schüttelte wild den Kopf. Er wollte so nicht denken! Er wollte gerade überhaupt nicht denken! Mit geschlossenen Augen saß er in Lucys Wohnung, mitten im Zimmer und ließ die Umgebung einfach auf sich wirken. Natsu musste ganz dringend Lucy tanken. Auch wenn sie dafür am besten in seiner Nähe war, jetzt musste er mit ihren Spuren in ihrer Wohnung auskommen.

Natsu hatte einen kleinen Sieg errungen. Er hatte sich Lucy genähert und sie hatte seine Nähe zugelassen, ihn sogar eingeladen, noch näher zu kommen. Es war nur ein kleiner Schritt zum Ganzen, aber Natsu würde nicht aufgeben. Nicht nocheinmal. Nicht, bevor Lucy nicht für immer an seiner Seite war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Maryhase
2013-07-07T00:03:56+00:00 07.07.2013 02:03
Uhhh *,*
Ich will gar nicht viel sagen, nur dass dieses Kapitel auch wieder ganz toll war
Natsu ist Lucy wieder etwas näher gekommen
Hurra!!!
Und gleich zum nächsten Kapitel XD


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