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Nox

von

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Als es Winter wurde

Kapitel 1: Als es Winter wurde

Es war ein kühler Herbstmorgen, aber der Tag war viel zu schade um ihn drinnen zu verbringen. Doch einer seiner Klienten hatte ihm die Eintrittskarte geschenkt, und es wäre unhöflich gewesen nicht hinzugehen.  Heute war der letzte Tag und er hatte versprochen hinzugehen. Es war eine Ausstellung, welche extra für junge aufstrebende Künstler arrangiert worden war. Doch der schwarzhaarige Mann ging nur mit gelindem Interesse durch die Räume. Keines der Bilder war besonders herausragend. Er wollte schon gehen, da blieb er unvermittelt stehen und starrte wie gebannt auf eines der Bilder. Sein Blick wurde wie magische von dem Bild festgehalten und er konnte sich nicht davon lösen. Darauf war ein Engel, die Erde in der Hand, ein gütiger Blick. Seine volle Aufmerksamkeit war nur auf dieses Bild gerichtet, deswegen zuckte er zusammen, als plötzlich eine Stimme erklang:

„Mein Herr, ist etwas nicht in Ordnung mit dem Bild?“ Der Gefragte zögerte kurz, antworte doch dann:“Nein, es ist nichts.“ Dann schloss er kurz die Augen und schaute zu seinem Gesprächspartner hinüber. Vor ihm stand ein junger Mann mit schlapprigen lässigen Klamotten. Er war gut einen Kopf kleiner als er selbst und hatte die langen blonden Haare im Nacken zu einem lässigen Zopf gebunden. Der Junge schaute den elegant gekleideten Fremden mit großen Augen an: „Entschuldigen sie bitte, aber sind sie nicht Kain McLoyd?“ Der Mann drehte sich vollends zu seinem Gegenüber. Keinerlei Regung war in seinem Gesicht zu erkennen. „Was willst du, Kleiner?“ „Also, ich dachte mir, weil sie das Bild doch so angestarrt haben, das etwas damit nicht in Ordnung wäre. Verstehen sie etwas von Kunst? Können sie mir sagen was ich falsch gemacht habe?“ „Ist das dein Bild?“ „Äh..ja, das ist meines. Was ist damit?“ Für einen kurzen Moment starrte Kain den jungen Künstler an, schließlich antwortete er: „Nichts.“, drehte sich um und ging.

Er hatte den Ausgang fast erreicht, als er rennende Schritte hinter sich vernahm. Langsam dreht er sich um.“ was willst du noch, Kleiner? Weißt du nicht das man hier nicht rennen soll?“ Außer Atem blieb der Junge vor ihm stehen. „Entschuldigen sie bitte, aber … ich wollte sie noch etwas fragen.“ „Und das wäre?“ „Ähm.. also..“ Nervös begann er zu stottern: „Ich wollte sie fragen ob sie, wenn es ihnen keine Umstände macht, eventuell….“ „Spuck’s aus! Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.“ „Also, ich wollte sie fragen ob sie mir nicht Modell stehen könnten?“ „Warum sollte ich dir Modell stehen? Ich habe viel zu tun! Also lass mich in Ruhe, ja.“ Und abermals drehte er sich um und ließ den Blonden verunsichert stehen. Noch einen Versuch wagte der Junge. „Warten sie! Ich bitte sie! Ich würde sie auch bezahlen! Bitte warten sie doch.“ Kühl und abweisendsprach Kain „Ich sagte ich will nicht, also lass es! Du vergeudest deine Zeit. Und meine auch!“ Und McLoyd ging.

 
 

Was ist nur los mit mir? Seit einem Monat schon laufe ich ihm nach! Seit Tagen warte ich auf eine Gelegenheit ihn anzusprechen, und nun das. Das hätte alles ganz anders verlaufen sollen. Warum nur, warum konnte ich nicht so selbstbewusste auftreten, ihn beeindrucken? Wieso nur habe ich angefangen zu stottern? Ich wollte ihn doch unbedingt malen. Schon seit ich ihn diesen Frühling zum ersten Mal im Park gesehen habe. Er sah so schön aus, dass ich seit dem an nichts anderes mehr denken konnte, als daran ihn zu malen. Wochenlang habe ich versucht mehr über ihn herauszufinden, bis mir ein Windstoß die Zeitung mit seinem Bild darin an das Bein wirbelte. Und nun diese Blamage. All die Worte die ich mir extra für diese Zusammenkunft überlegt habe, alle Vorbereitung dahin, ausgelöscht durch den Blick seiner Augen. Diese wundersamen Augen. Wie Smaragde, nur strahlender und mysteriöser. Langsam verstehe ich warum ihm die Frauen zu Füßen liegen. Ich könnt mich Ohrfeigen. Wäre ich nicht so feige gewesen. Hätte ich ihn doch eher angesprochen.. oder zumindest nicht gleich aufgegeben. Ich hätte mich von seiner Reaktion auf mein Bild nicht so aus der Fassung bringen lassen dürfen… Morgen ist der letzte Tag des Prozesses. Meine letzte Chance mit ihm zu sprechen. Vielleicht kann ich ihn treffen, und vielleicht kann ich ihn ein weiteres Mal fragen ob er mir Modell steht. Und wenn er ablehnt, werde ich ihn so lange anflehen bis er es tut. Ich lasse mich nicht abwimmeln. Ich will ihn unbedingt malen. Und das werde ich auch.
 

 


 

 
 

Der Tag war warm, eigentlich viel zu warm für November, aber nicht unbedingt unangenehm. Doch die Räume des Gerichtssaales waren klimatisiert, daher war die Temperatur draußen irrelevant. Die Urteilsverkündung stand kurz bevor. Kain McLoyd war recht entspannt. Er wusste dass er schon gewonnen hatte. Der Richter betrat zusammen mit den Geschworenen den Saal. Die Anklage wurde fallen gelassen, so lautete das Urteil. McLoyd hatte gewonnen, der Prozess war zu Ende. Er hatte sich ein freies Wochenende verdient. Nur schade, dass es wahrscheinlich nicht dazu kommen würde. Er war schon lange nicht mehr gerufen worden. Es war an der Zeit. Er verließ gerade das Gerichtsgebäude durch einen Seiteneingang als er von fern eine laute Stimme rufen hörte:

„Mister McLoyd! Bitte warten sie doch!“ es war der Junge aus der Künstlergallerie.“Mister McLoyd, bleiben sie doch bitte einen Moment stehen!“ Völlig aus der Puste blieb der Blondschopf vor dem Anwalt stehen. „du bist doch der Junge von gestern. Was willst du noch?“ „Ich wollte sie noch einmal bitte.  Bitte stehen sie mir Modell! Ich würde sie so gerne einmal malen.“ „He Kleiner, ich sagte doch ich will nicht!“ „Ich bin kein Kleiner! Mein Name ist Alexander Ravenlord! Also nennen sie mich nicht andauernd Kleiner! Und noch etwas. Ich werde nicht aufgeben.“ Seine saphirenen Augen schienen Funken zu sprühen. „Ich möchte sie malen. Und wenn es sein muss, dann laufe ich ihnen so lange nach bis sie zusagen. Ich würde sie auch nicht bei der Arbeit stören. Ich würde sie zu Hause besuchen. Sie würden mich gar nicht bemerken. Ich möchte sie gerne ganz natürlich malen, so wie sie sind. Warum lehnen sie denn ständig ab?“ „Weil ich meine Ruhe haben will und es satt habe das mich ständig Leute anglotzen.“ Kain war ernsthaft verärgert.  „Und ich werde ja wohl kaum ungestört arbeiten können wenn ständig so ein kleiner Kunststudent bei mir rumhängt. Was denkst du dir da eigentlich? Was weißt du schon von mir außer meinen Namen?“

„Sie sind Kain McLoyd, ein berühmter Anwalt, 25 Jahre alt. Man sagt ihnen nach das sie jeden Prozess gewinnen. Sie haben Charisma ohne Ende, beherrschen das Pokerface wie kein Zweiter und die Frauen laufen ihnen scharenweise hinterher. Allerdings hat man nie von Affären oder anderen unseriösen Sachen im Zusammenhang mit ihnen gehört.“ „Dann, Kleiner, weißt du nur wenig. Noch einmal zum mitschreiben. Ich will nicht! Such dir jemand anderen dem du auf die Nerven gehen kannst und stiehl mir nicht meine Zeit!“ Und ein weiteres Mal lies Kain den jungen Alexander einfach stehen und ging.

 
 

Dieser nervige kleine Kunststudent! Seit Tagen schon läuft er mir nach. Der ist echt hartnäckig. Aber er hält was er verspricht. Der ist ja nicht mal nach Hause gegangen! Sogar während ich im Gericht bin scheint er mich die ganze Zeit zu beobachten. Echt lästig, das hat noch keiner gebracht. Dabei ist es schon Dezember und der Frost hat auch schon eingesetzt. Was mache ich nur mit ihm? Sollte ich jetzt einen Auftrag erhalten würde das brenzlig werden. Warum zum Teufel haut er nicht ab? Wieso um aller Welt will er mich malen? Was soll ich nur tun?

 

 

Als McLoyd an diesem Abend nach Hause kam, da saß Alexander vor seiner Tür, an eine große Tasche gelehnt aus der  Leinwände und Pinsel herausragten. Er schein eingeschlafen zu sein und blockierte den Eingang. Die Temperaturen waren in den letzten Tagen erheblich gesunken und er trug nicht einmal einen Schal. Seine Nasenspitze war schon blau. „Hey Kleiner! Wach auf! Was machst du da?“ Benommen nuschelte Alexander: „Guten Abend.“ Er setzte ein strahlendes Lächeln auf „Sagen sie bloß, dass das ihre Haustür ist?“ Sein Zähn klapperten vor Kälte aufeinander. Kain seufzte. „Dein Name war Alexander, oder?“ „Ja. Und was ist nun? Wollen sie mir Modell stehen?“ „Komm mit rein!“ Freudig strahlend fragte Alexander: „Sie sagen also zu?“ „Ich sage gar nicht, aber ich habe kein Lust morgen früh eine Leiche vor meiner Tür liegen zu haben! Und da du freiwillig nicht nach Hause gehst, kommst du jetzt mit rein! So ein Irrsinn, wer setzt sich denn bitte schön freiwillig bei diesen Temperaturen stundenlang vor eine Haustür. Du hättest erfrieren können! Du hast ja noch nicht mal einen Schal umgebunden! Was denkst du dir nur dabei?“

Er hatte in der Zwischenzeit die Tür aufgeschlossen und den Jungen mitsamt Tasche hinein bugsiert. Der war überrascht stehen geblieben. „Was ist?“ „Mister McLoyd?“ „Mhh?“ „Ihre Wohnung ist sehr schön. Ich hatte sie mir irgendwie anders vorgestellt. Spartanischer eingerichtet. Aber sie haben ja voll viele Bilder hier. Von wem sind die?“ Kain hatte sich eine Zigarette angezündet und sich auf der Couch niedergelassen. „Das ist jetzt unwichtig. Du musst völlig unterkühlt sein. Das Bad ist um die Ecke.“ Er zeigt mit dem Daumen über seine Schulter. „Geh unter die Dusche und nimm heißes Wasser. Du musst dich aufwärmen. Bleib solange drunter bis du wieder alles spüren kannst. Deine Finger sind kalt wie Eis. Wenn das noch länger so bleibt wirst du vielleicht nie wieder malen können, und das wäre doch sehr schade oder? Im Schrank sind Handtücher und frische Klamotten. Bedien dich. Wenn du fertig bist komm in die Küche. Ich mache in der Zeit etwas zu essen.“ Im ersten Moment war der Junge nur sprachlos. Doch nach ein paar Sekunden brachte reuig er heraus: „Vielen Dank. Das ist sehr freundlich von ihnen, und das wo ich sie die ganzen letzten Tage über genervt habe. Entschuldigen sie bitte. Es tut mir so leid.“ „Mensch, Alexander, schwing keine langen Reden, du sollst duschen gehen!“ „Mister McLoyd?“ „Was denn noch?“ „Bitte sagen sie Alex zu mir, Alexander ist so lang…“ „Meinetwegen, aber jetzt mach dass du unter die Dusche kommst, und komm ja nicht wieder bis du nicht wieder völlig aufgewärmt bist.“

Alexander ließ die Tasche im Gang stehen und verschwand im Bad. Nachdem Kain zu Ende geraucht hatte begab er sich in die Küche um etwas zu Essen zuzubereiten. Er deckte gerade den Tisch, als der Junge den Raum betrat. Er hatte ein weißes Hemd von Kain übergezogen, doch da er kleiner war und schmächtigere Schultern hatte als Kain war es ihm viel zu groß. Es hing ihm bis zu den Knien und die Ärmel waren viel zu lang. Das lange blonde Haar hatte er nun nicht mehr zusammengebunden und es hing ihm offen über die Schultern. Es war noch feucht. „Ähm.. Mister Mc…“ Kain fiel ihm ins Wort ohne überhaupt aufzusehen. „Jetzt lass den Mister doch mal weg. Nenn mich einfach Kain, okay? Schließlich nenne ich dich auch schon die ganze Zeit beim Vornamen.“ „Öh.. also Kain.. ich wollte sie fragen ob sie vielleicht einen Föhn haben?“ Jetzt drehte sich Kain zu ihm um. Der Anblick kam unerwartet. Doch sein Gesicht blieb auch diesmal eine versteinerte Maske. Mit etwas Verspätung antworte er: „Warte kurz, ich komme mit.“

Er gab Alexander einen Föhn und fand auch noch eine Trainingshose für ihn, die ihm einigermaßen passte. Sie war an den Hosenbeinen viel zu lang, aber es ging gerade so wenn er sie hochkrempelte. In der Küche zurück kümmerte er sich wider um das essen. Er wusste ja nicht was Alexander so mag, deswegen kochte er Spaghetti und Tomatensoße. Viele Leute mochten Spaghetti, es war also wahrscheinlich dass Alexander sie essen würde. Er musste unbedingt etwas essen, er sah viel zu dünn aus. Er schien in den Tagen in denen er ihm hinterhergelaufen war nichts z sich genommen zu haben. Alexander kam in die Küche zurück und machte sich über die Spaghetti her. Er schien sie zu mögen, denn am Ende blieb nichts davon übrig. Als sie wieder im Wohnzimmer waren fragte Alexander: „Kain?“ Seine Stimme war schon ganz verschlafen.

 „Mhh?“ Kain hatte sich eine Zigarette angesteckt, die Augen geschlossen und sich entspannt zurückgelehnt. „Warum wollen sie mir eigentlich nicht Modell stehen? Ist es weil sie früher mal ein berühmtes Model waren. Oder haben sie etwas gegen mich? Bin ich nicht gut genug? Sie haben so viele Bilder hier. Sie scheinen Kunst also sehr zu schätzen. Also…warum?“ Kurz war es still geworden. „Tja.. warum wohl?“ sinnierte Kain. „Ich weiß nicht, ich wollte einfach nicht.  Ich hab nicht gegen dich persönlich. Sonst hätte ich dich wohl kaum herein gebeten, oder? Aber mal ehrlich, du bist echt hartnäckig. Bleibst mir tagelang auf den Fersen, schläfst nicht, isst nicht und bindest dir nicht einmal einen Schal um. Du bist echt gedankenlos, weißt du das?“ Doch als Kain sich zu dem Jungen umdrehte war diese schon eingeschlafen. „Tss.. hab ich was davon gesagt das du hier übernachten darfst?“ Er stand auf und betrachtete den Schlafenden eine Weile, dann besann er sich, nahm ihn in seine Arme und trug ihn in sein Bett. Er deckte ihn zu, löschte das Licht und verließ den Raum.
 

 

 
 

So, jetzt hab ich ihn am Hals. Ist ja auch meine eigene Schuld, hätte ihn nicht hereinbitten sollen. Aber was hätte ich sonst tun sollen? Der wäre mir doch glatt vor meiner Tür erfroren. Und wie hätte ich das der Polizei erklären sollen, dass jemand vor meiner Tür sitzend erfroren ist? Ich glaube noch ein Tag und er wäre vor Hunger ohnmächtig geworden. So was Gedankenloses! Aber warum? Warum ist er so besessen davon mich zu malen? Ich versteh’s nicht! Vielleicht sollte ich noch einmal mit ihm reden…morgen.



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