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Göttlich verlassen

von

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Verlassen und vergessen? Teil 2

Kapitel 7 – Verlassen und Vergessen? Teil 2
 

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„Hier ist er. Der Fluss Lethe.“, sagte Persephone, als sie beide an dessen Ufer standen. Lucas trat entschlossen vor. „Und ich frage dich noch einmal: Bist du dir sicher, dass du das tun möchtest?“, fragte sie. „Wenn ich es nicht tue, werde ich niemals in der Lage sein, mein altes Leben … Helen … hinter mir zu lassen.“, meinte Lucas emotionslos. Persephone wusste, dass er das nicht nur deswegen tat, sondern viel mehr, weil es viel zu schwer für ihn werden würde, Helen für immer auszuschließen. Irgendwann würde er ihr das Portal zur Unterwelt wieder öffnen und dann würde sie ohne Frage herkommen. Damit würde sie ihr Leben auf der Erde für immer aufgeben. Und das konnte er nicht zulassen. Sie nickte einmal, um ihm zu zeigen, dass sie ihn nicht aufhalten würde. Lucas nahm in Gedanken Abschied von Helen und entschuldigte sich dafür, dass er das tat, bevor er sich hinkniete, mit den Händen Wasser schöpfte und einen großen Schluck trank. Das Wasser schmeckte abgestanden und alt und Lucas hätte es am liebsten sofort wieder ausgespuckt, doch so schnell dieser eklige Geschmack seinen Mund betreten hatte, so schnell war er auch schon wieder verschwunden. Entweder das oder Lucas hatte ihn einfach nur vergessen.
 

Die Tage zogen ins Land und schon bald war die Woche vorüber. Helen war bis auf weiteres von der Schule zu Hause geblieben. Jerry hatte ihr eine Entschuldigung geschrieben und sie krank abgemeldet. In gewisser Weise stimmte das sogar. Liebeskummer konnte schon eine üble Krankheit sein. Aber es waren sich trotzdem alle einig, dass es so nicht weitergehen konnte. Als sie am Samstagabend, nachdem die Erwachsenen schlafen gegangen waren – die mussten es nämlich wirklich nicht mitbekommen, nachdem ihr letzter Plan bezüglich Lucas nicht so toll geendet hatte – alle im Hause Delos saßen, beschlossen sie, etwas zu unternehmen. Alle außer Claire , die heute dran war, auf Helen aufzupassen – sie und Andy wechselten sich damit ab – waren da. „Ich sage, das geht so nicht weiter.“, rief Hector und sprach damit aus, was alle anderen dachten. „Bin ganz deiner Meinung, aber was sollen wir tun?“, fragte Andy. „Wir können sie nicht dazu zwingen, Lucas hinter sich zu lassen und ihr Leben weiterzuleben. Das wäre vergebene Liebesmüh. Sie kann ihn nicht vergessen.“, erklärte Orion. „Das konnte sie auch nicht, als wir damals am Fluss Lethe waren und sie selbst ihren eigenen Namen vergessen hatte.“
 

„Dann müssen wir die beiden wieder zusammenbringen. Lucas muss es doch in der Unterwelt genauso schlecht gehen. Wenn wir nur irgendwie Kontakt zu ihm herstellen könnten …“, schlug Cassandra vor. „Vielleicht können wir das. Wir haben doch auch einen Weg nach Jederland gefunden.“, fiel es Jason ein und sah Orion sofort erwartungsvoll an. „Helen hat vergessen, ihre Grenzen nicht nur für Zeus, sondern auch für andere undurchdringlich zu machen. Vielleicht hat Lucas ja auch vergessen, Orion aus der Unterwelt zu verbannen.“
 

„Das könnte sein. Ich bin nicht bei den Höhlen gewesen und habe es versucht. Ich glaube allerdings, dass Lucas doch daran gedacht hat. Er ist einfach nicht der Typ, der so etwas vergisst.“, gab Orion zu bedenken. „Versuch es trotzdem. Bitte.“, bat Cassandra und sah ihn mit ihren großen blauen Augen an. „In Ordnung, Kitty. Und für den Fall, dass es geht: Was soll ich ihm sagen? Er wird wohl kaum Helen wieder in die Unterwelt lassen und das alles noch mal von vorne durchstehen wollen. Ich konnte seine Gefühle sehen, als sie das letzte Mal getrennt waren.“ „Dir wird schon was einfallen.“, sagte Cassie aufmunternd. „Dir fällt immer etwas ein.“
 

„Und in der Zwischenzeit müssen wir Helen dazu bringen, ihr Zimmer wieder zu verlassen. Sie verhält sich schlimmer als Ariadne.“, erklärte Jason. Damit waren alle einverstanden. „Helen isst nicht mehr, trinkt nicht mehr. Sie tut überhaupt nichts mehr. Manchmal, wenn ich bei ihr bin, kommt es mir so vor, als würde sie gar nichts mehr fühlen.“, sagte Andy leise. „Sie tut mir so leid. Ich kann nachvollziehen, wie sie sich fühlen muss.“ Sie sah Hector an und der wusste natürlich sofort, dass sie auf die Zeit anspielte, in der er tot gewesen war. Hector hatte sie einmal gefragt, was passiert war, während er tot war. Ihr Gesicht nahm sofort den Ausdruck von Trauer und Angst an, so dass ihm klar war, dass sie nie wieder davon sprechen wollte. Also ließ er das Thema schnell wieder fallen.
 

„Das menschliche Herz kann nur einen gewissen Grad an Schmerzen ertragen, bevor ein Gefühl der Taubheit eintritt. Helen muss diesen Grad bereits überschritten haben.“, erklärte Orion. „In dem Fall wird es ja wirklich allerhöchste Zeit, etwas zu unternehmen.“, meinte Jason und da niemand etwas anderes dazu zu sagen hatte, wurde die Versammlung geschlossen und Orion machte sich alleine auf den Weg zu den Höhlen. Als sich ein Portal in der Nähe befand, verwandelte sich sein goldener Zweig wieder zu seiner Ursprungsform. Orion konnte einfach nicht glauben, dass Lucas vergessen haben sollte, dass er auch in die Unterwelt konnte, wenn er wollte. Aber so war es umso leichter für ihn. Er hoffte nur, dass er nicht am anderen Ende der Unterwelt rauskam, sonst würde er ziemlich lange unterwegs sein, bevor er Lucas finden würde. Naja, er würde es wohl oder übel darauf ankommen lassen müssen.
 

Glücklicherweise fand er sich sogar mitten in dem Palast wieder, nachdem er durch das Portal gestiegen war. Lucas hatte echt nicht aufgepasst. Gut für Orion. Jetzt galt es trotzdem noch, Lucas erst einmal zu finden. Er sprintete durch die zahllosen Gänge bis er nach dem 3. Mal links abbiegen und dem 5. Mal nach rechts endlich den Thronsaal erreichte. Er war leer. Mist, dachte Orion. Und er hatte so sehr gehofft, dass er Lucas hier finden würde. Hätte ihm die Sache wahnsinnig erleichtert. Aber nein …
 

Er wollte gerade ein paar Schritte in Richtung Mitte des Raums gehen, als Lucas vor ihm erschien. Orion wusste nicht, ob Lucas von sonst wo hergekommen war oder ob er schon die ganze Zeit dort gestanden hatte. Einen Moment lang sahen sich beide Männer einfach nur an. Orion suchte instinktiv nach dem Herz in Lucas‘ Brust, das, wie er es kannte, nur für Helen schlug. Davon war jetzt allerdings nichts mehr zu sehen. Liebte er sie etwa nicht mehr? Nein, das konnte Orion sich nicht vorstellen. Außerdem konnte er gar kein Herz in seiner Brust schlagen sehen. Dort war nur tiefe Dunkelheit. „Lucas …“, begann er, musste dann aber abbrechen, weil er nicht wusste, was er sagen sollte und überlegen musste. „Wer bist du und was machst du hier?“, fragte Lucas direkt. Das schockte Orion. „Lucas, ich bin Orion. Wir sind Blutsgeschwister. Ich bin der Freund deiner kleinen Schwester. Erinnerst du dich etwa nicht?“
 

„Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst. Ich kenne dich nicht und wir sind ganz sicher keine Blutsgeschwister.“ Lucas fragte sich, was dieser Fremde von ihm wollte. Er hatte ihn noch nie zuvor gesehen. Dessen war er sich sicher. Dennoch, das, was dieser Orion gesagt hatte, entsprach der Wahrheit. Er, als Falschfinder, sollte das doch wissen, oder? Aber vielleicht hatte er auch einen Weg gefunden, Lucas‘ Falschfinder-Begabung auszutricksen. „Lucas, wie kann es sein, dass du dich nicht mehr erinnerst? Wir haben uns gerade mal eine Woche nicht mehr gesehen. Du musst dich doch an Helen erinnern …“
 

„Du irrst dich. Ich habe dich noch nie gesehen. Und ich habe auch keine Ahnung, wer diese Helen sein soll. Bitte verlass die Unterwelt oder muss ich dich erst verbannen?“, sagte Lucas ruhig. „Verstanden. Ich finde den Ausgang allein.“ Orion wollte sich umdrehen und gehen. Er war schon fast aus dem Thronsaal raus, als eine Frauenstimme nach ihm rief. Er kannte diese Stimme. Persephone. „Orion, bitte warte.“ Orion hielt an. „Persephone, du bist noch hier?“, fragte er überrascht. „Ja, aber wir gehen auch in ein paar Tagen. Wenn Lucas hier mit allem allein zurechtkommt.“, erklärte Persephone.
 

„Persephone, du kennst ihn?“, fragte Lucas verwirrt. Warum war Orion ihm so unbekannt? „Ja, das tue ich. Komm, Orion, ich begleite dich nach draußen.“ Orion folgte Persephone aus dem Thronsaal. „Was habt ihr mit Lucas gemacht?“, fragte er, als ihm der Verdacht kam, dass sie und Hades damit etwas zu tun haben könnten. „Wir haben ihm nichts getan. Lucas hat sich selbst dazu entschieden. Er wollte aus dem Fluss Lethe trinken. Wir haben ihn nicht dazu gezwungen, sondern davon abgeraten.“
 

„Moment, er hat aus dem Fluss Lethe getrunken?“ Orion konnte es nicht glauben. Deshalb erinnerte er sich also nicht. „Das hat er. Er hat so viel getrunken, dass er sich nicht einmal an Helen erinnert. Er wollte sein altes Leben vergessen. Wir konnten ihn nicht davon abhalten.“, erklärte die Göttin des Frühlings. „Er erinnert sich wirklich an nichts.“ „So ist es. Er hat euch alle so sehr vermisst, dass er dem Schmerz ein Ende bereiten wollte. Vergessen war die einfachste Möglichkeit, auch wenn es nicht schön ist. Weder für ihn, der immer noch nicht so genau weiß, wer er selbst eigentlich ist, noch für seine Familie, die, wie du, einen Stich in ihren Herzen fühlen werden, wenn sie von Lucas’ Entscheidung erfahren.“
 

Orion nickte. Persephone hatte Recht damit. Es tat echt weh, wenn man von jemandem ins Gesicht gesagt bekam, dass dieser jemand sich nicht mehr an einen erinnern konnte. „Du solltest nach Hause gehen. Für Lucas kannst du nichts mehr tun. Er hat seine Entscheidung getroffen.“ Orion wusste nicht, was er darauf erwidern konnte. Der Schock, den er erlitten hatte, als sein Blutsbruder ihn nicht mehr erkannt hatte, saß noch zu tief. Schließlich entschloss er sich, die Unterwelt zu verlassen. Auch wenn die Zeit hier stillstand, so warteten seine Freunde doch auf ihn und seinen Bericht von dem, was geschehen war.
 

Auf seinem Weg nach Nantucket, wo er ja auch noch als Gast unter dem Dach der Familie Delos lebte, überlegte Orion sich, wie er seinen Freunden erklären konnte, dass Lucas sich aus seinem eigenen freien Willen dazu entschieden hatte, sie alle zu vergessen. Es war genauso schlimm, wenn nicht noch schlimmer, wie Helen mitzuteilen, dass Lucas weg war, doch was sollte er dagegen machen? Lügen kam nicht in Frage. Helen würde ihn sofort durchschauen. Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als die Wahrheit zu sagen, dachte er, als er an die Tür mit dem Schlüssel, den Cassandra ihm gegeben hatte, aufschloss, um die Erwachsenen nicht zu wecken.
 

Im Wohnzimmer saßen immer noch alle versammelt und sahen leise fern. „Und?“, fragte Andy hoffnungsvoll. „Ich kann die Unterwelt betreten.“, begann er zögernd. „Und ich habe Lucas getroffen und mit ihm gesprochen.“ Sofort wurden alle Anwesenden hellhörig. „Was hat er gesagt? Vermisst er uns?“, fragte Cassie. „Er hat aus dem Fluss Lethe getrunken und erinnert sich nicht mal mehr an uns.“, gestand der Junge schließlich. „Was? Wie kann das sein?“, rief Jason. „Lethe löscht alle Erinnerung, sobald ein Scion aus ihm trinkt.“, sagte Cassandra leise. „So ist es.“ „Wie konnte er das tun?“ „Persephone sagte, er hätte euch so sehr vermisst, dass er den Schmerzen so ein Ende machen wollte. Hat anscheinend funktioniert. Er erinnert sich an keinen von uns. Nicht einmal an Helen.“
 

„Und was machen wir jetzt?“, fragte Hector. „Wir können nichts tun.“, antwortete Orion traurig. „Solange Lucas sich nicht erinnert, wird er Helen nicht wieder in die Unterwelt lassen und sie ist die einzige Möglichkeit, durch die er sich vielleicht wieder erinnern könnte.“
 

„Was macht ihr so spät noch hier?“, unterbrach Noel sie, die im Morgenmantel im Türrahmen stand. „Habt ihr über Lucas gesprochen?“ Anscheinend wollte sie es auch wissen, wenn es Neuigkeiten über ihren Sohn gab. „Orion hat mit ihm geredet.“, erklärte Cassandra. „Aber weil Lucas aus dem Fluss Lethe getrunken hat und sich an niemanden von uns erinnern kann, war das Gespräch ziemlich erfolglos.“, ergänzte Jason. „Wir haben nur herausgefunden, dass es absolut nichts gibt, was wir tun können.“
 

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So, das ist das jetzt das letzte Kapitel für die Woche. Ihr werdet euch fragen: Wieso tun sie uns das an?
 

Hier die Antwort: Ich fahre übers lange Wochenende weg. Wieso?, fragt ihr euch.
 

Weil meine liebe Co-Autorin und ich leider zwei Stunden Autofahrt entfernt wohnen und uns nicht oft sehen können, treffen wir uns jetzt an einem Ort, an dem es … haltet euch fest … kein Internet gibt.
 

Nein, wir treffen uns nicht in der Arktis, für den Fall, dass ihr das gerade gedachten haben solltet. Jedenfalls können wir dort nichts hochladen, aber wir werden schreiben, bis die Tasten glühen. Versprochen. Solltet ihr dann übrigens irgendwelche mathematischen Formeln in der FF entdecken, liegt das daran, dass wir beiden nächste Woche Prüfungen schreiben. Jani-chan schreibt ihre Abschlussprüfungen und ich habe schon die Fremdsprachensekretariatsprüfungen hinter mir, die FOS-Prüfungen bedürfen leider noch meiner Aufmerksamkeit, also bitte verzeiht uns. *hundeblick aufsetz*
 

Am Sonntagabend kommt das nächste Kapitel. Verlasst euch drauf.
 

LG Anni-chan <333



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