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New Generation

Es wird wieder Zeit für ein Duell
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
New Generation spielt in Zeit nach Yu-Gi-Oh! GX.
Einige bekannte Charaktere aus dieser Epoche werden auch hier vorkommen.
Der Hauptfokus liegt aber auf unseren, eigenen Duellanten.
Lasst euch überraschen und wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen!
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Vorwort zu diesem Kapitel:
New Generation geht nun in die zweite Runde.
Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen!

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Und hier ist auch schon der dritte Teil unsere Fanfiction ;-)

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Und hier ist auch schon Teil 4 unserer NG Reihe ;-)
Have fun and enjoy it! [Habt Spaß und genießt es!]
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Vorwort zu diesem Kapitel:
*HUHU!!!!! Der „Sechste Zug“ ist FERTIG! *HALLELUJA!!!!
Noch etwas:
T-T Ich entschuldige mich bei der kompletten Leserschaft und bei meinen Co-Autor!
Die ganze Sache mit den Liedern ist mir komplett entglitten.
Ich kann nicht mehr aufhören damit. XD
Tut mir Leid, wenn die Lied-Einschübe nerven. Ich übernehme die volle Verantwortung! -> KFutagoh89 T-T

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Vorwort zu diesem Kapitel:
*Schnauf, … Schwitz, … Rauch -> FERTIG!!!
*Was ist?
*Der Siebte Zug ist fertig!
*Hurra! Der muss gleich ON! XD

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Vorwort zu diesem Kapitel:
*noch mehr Schnauf, … Schwitz, … Rauch -> WUMMS!
*O.o AHHH! WAS IST MIT DIR?
*KFutagoh89 am Boden liegend und eine zitternde Hand hochhebt + Manuskript
Ich hab die ersten Abschnitte des Achten Zugs *Keuch
*^^ Prima. Das kommt gleich ON. *freu
*KFutagoh89 zusammenbricht
*O.o AHHH! Futagoh!! *Fächer schnapp und erfrischende Luft zu wedeln



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Vorwort zu diesem Kapitel:
*hinter der Tür hört man klopfen, kratzen, hämmern und Sägegeräusche
*Ein Mikrowellen Ton erklingt. Als wäre etwas fertig
*Alles ok bei dir KFutagoh89?
*Breit grinsend erscheint ein zerzauster Autor
Der zweite Abschnitt des Achten Zugs ist bereit zur Korrektur. *Keuch
*^^ Prima. Da haben unsere Fans drauf gewartet! *HER MIT!
*KFutagoh89 dreht sich um und bricht zusammen
*O.o AHHH! Futagoh!! *Fächer schnappen und erneut erfrischende Luft zu wedeln.



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Vorwort zu diesem Kapitel:
*eine weitere Nacht hört man hämmernde und sägende Geräusche aus dem Arbeitszimmer.
*Futagoh89? Alles ok?
*Übermüdeter und gähnender CO-Autor kommt aus dem Raum.
Der letzte Abschnitt des Achten Zugs ist bereit. *Ätz
*^^ Prima. Da haben unsere Fans noch mehr zum lesen!
Sich Manuskript schnappen!
*KFutagoh89 lehnt sich in Türrahmen an, schläft ein und fängt an zu schnarchen.
*Nekokuma grinst *Ventilator gezuckt und angeschaltet. Damit auch diesmal für eine frische Luftzufuhr gesorgt ist. xD

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Erster Zug / Der neue Anfang

„Egal was passieren wird. Ich bleibe mir treu!“ Diese Worte schwor sich ein 19 jähriger, junger Mann. Er trug ein langarmiges Hemd. Dazu eine dunkelblaue Jeans und helle Schuhe. Er besaß schwarzes, kurzes Haar. Seine Augen waren grau. Um seinen Hals hing eine Leder-Kette mit einen Yin & Yang - Anhänger. Er befand sich auf einen Spielfeld, auf dem gerade ein Duell stattfand. Ein Duell im Kartenspiel „Duell-Monster“. Doch er war nicht allein. Ihn umgab eine jubelnde Menschenmenge. Sie befand sich auf Tribünen, die einen Kreis um das Spielfeld bildeten. Alles erinnerte an das antike Amphitheater in Rom. Über die Lautsprecher hörte man die Stimme des Moderators. Sie übertonte das Geschrei des Publikums. Die gesamte Schülerschaft der Straßburger EU-Gesamtschule hatte sich zu diesem nervenaufreibenden Spektakel eingefunden. Die Gesamtschule konnte zu einer der wenigen Schulen Europas gezählt werden, die das Spiel Duell-Monster mit einer beruflichen Zukunft verknüpfte. Sehr talentierte Spieler bekamen sogar die Chance, sich an der weltberühmten Duellakademie in Japan zu bewerben. Diese erhielten die Anwärter allerdings nur durch das Bestehen eines speziellen Examens. Das Prüfungskomitee bestand neben dem Rektor und einigen Lehrern der Schule auch aus Abgeordneten der Europäischen Union (EU). Der Moderator der Prüfung war Mr. Fox, einer der ältesten Lehrer. Er trug einen klassischen, schwarzen Anzug mit passender Krawatte.
 

„OH! Es sieht schlecht für André Burkhard aus. Er besitzt nur noch 500 Lebenspunkte. Brian Nabokov hingegen ist wie üblich in Topform. Mit Hilfe seines Decks hat er gute Chancen das Examen zu bestehen. Somit steht es ihm zu, sich an der weltberühmten Duellakademie auf Domino City Island zu bewerben. Sein Punktestand beträgt momentan 1800. Ob sich André aus dieser Situation noch befreien kann? …“ Jubel und Entrüstung beherrschten die Zuschauer, die durch ihre Stimmung die Situation regelrecht anheizten. Beide Schüler hatten ihren eigenen Ruf an dieser Schule. Brian, der Macho war nicht sonderlich beliebt. Er gehörte zu den Störenfrieden und machte nur Ärger. Der Blondhaarige zeichnete sich durch respektloses Verhalten aus. In jeglicher Hinsicht. Merkmal seines Charakters war, dass er seine Mitmenschen schikanierte und demütigte. Jeder fürchtete sich vor einem Zweikampf mit ihm. Um dies zu unterstreichen, bestand sein Duell-Monster Deck aus den berüchtigten Monarchen. In diesem Zusammenhang konnte man das Sprichwort: „Gleiches gesellt sich zu gleichem“ passend zitieren. André dagegen gehörte zu den Personen, die mit allem und jedem auskamen. Er harmonierte regelrecht mit seiner Umgebung. Der Schüler strahlte eine innere Ruhe aus. Natürlich gab es aber auch Ausnahmen. Mit Brian und seiner Clique kam der Grauäugige überhaupt nicht klar. Neben guten schulischen Leistungen zeichnete sich André auch durch soziales Engagement aus. Allerdings brandmarkte ihn eine Sache für das Leben. Seine Eltern, der Vater Franzose, die Mutter Deutsche, lebten getrennt. Die damit angespannte und zerrissene Situation innerhalb der Familie belasteten den Jungen sehr. Selbst wenn man es ihm äußerlich nicht ansah. Andrés Duellstil unterschied sich von dem seiner Mitspieler. Er besaß seinen eigenen (Dick-) Kopf, wenn es um Duell-Monster ging. Dies bescherte ihn nicht nur Siege. Allerdings konnte er mit den Niederlagen sehr selbstbewusst umgehen und dies imponierte seine Gegner und Freunde immer wieder. Die Fabelwesen Harpyie und Einhorn bildeten das Thema seines Decks.
 

In dieser Prüfung standen sich nun zwei sehr unterschiedlichen Menschen gegenüber. Die Zusammenstellungen der einzelnen Spielkarten, die zum Einsatz kamen, spiegelten ihre Persönlichkeit am besten wieder. Somit stellte sich also die Frage: „Welcher Spieler sollte die einmalige Gelegenheit erhalten an der berühmten Akademie aufgenommen zu werden?“ Die Worte von Mr. Fox dröhnten an Andrés Ohren. Dem Duellanten lief der Schweiß seitlich herab. Der Schwarzhaarige wartete bereits so lange auf diesen Moment. André wollte schon immer an der japanischen Duell-Akademie ein Studium über Duell-Monster beginnen. Ziel war es mehr über das Spiel und dessen Besonderheiten zu lernen. In welche berufliche Richtung dies allerdings dann weiter führen sollte, konnte selbst André noch nicht sicher sagen. Um aber dieses erste, große Ziel zu erreichen gab es noch eine Hürde zu überwinden. Er musste diesen Kampf gegen Brian gewinnen. Es existierte nur diese eine Chance für ihn. Im Moment sah es nicht gut für André aus. Sein Gegner führte den Angeschlagenen vor den Prüfungsbeobachtern regelrecht vor. Die Monarchen. Diese Art von Monster-Karten hasste er. Mit 2400 Angriffskraft und einen guten Effekt wurde jede Auseinandersetzung mit ihnen die reine Qual. „Mist! Was soll ich nur tun? „Zarborg, der Donnermonarch“ und „Möbius, der Frostmonarch“ bilden eine unüberwindbare Barriere. Was soll ich bloß tun?“ Zum Glück war der Volljährige am Zug. Allerdings konnte dies sein letzter sein. Er besaß nur noch eine „Harpyie Nr. 1“ mit lächerlichen 1600 Angriffspunkten (ATK) auf dem Spielfeld. Die Vogelfrau verschränkte derweil ihre geflügelten Arme und beäugte ihren Gegner. Andrés restliche Feld-Karten wurden bereits durch die Monarchen zerstört. „Ich habe nur noch diese eine Möglichkeit.“, dachte der Duellant. „Ok! Mein Zug!“ rief er Brian entgegen. Dieser grinste nur herablassend. Als der Halbfranzose seine Karte zog, antwortete Brian spöttisch: „Es ist vorbei! Streber! Keines deiner Monster ist stark genug, um meine Monarchen zu vernichten! Und vergesse die verdeckte Karte nicht!“ Der Pole lachte laut auf. Auch jetzt zeigte er sich von seiner schlimmsten Seite und badete in der eigenen Boshaftigkeit. Langsam drehte André die gezogene Karte um. Seine Augen strahlten. „Ich spiele … „Topf der Gier“! Dies erlaubt mir zwei weitere Karten auf meine Hand zu nehmen.“ Mr. [Herr] Arrogant winkte diese Tatsache ab und lächelte weiter. „Zieh so viele Karten wie du willst. Du besiegst mich so oder so nicht.“ André zog die Augenbraunen zusammen. Am liebsten hätte er diese Überheblichkeit kommentiert. Doch er musste Ruhe bewahren. „Es bringt nichts, wenn ich diesem Kerl die Meinung sage. Das lenkt mich nur vom Duell ab. Ich hoffe „Topf der Gier“ kann mir weiter helfen.“ Der Spieler aktivierte den Karteneffekt und zog zwei neue Karten. Als der Schwarzhaarige feststellte, welche Karten er in der Hand besaß, seufzte er innerlich. Allerdings vor Freude und nicht niedergeschlagen. Das neugewonnene Blatt auf der Hand würde dieses Duell nun entscheiden. Er verlor keine Zeit und fuhr fort. „Ich spiele eine Karte verdeckt! Und rufe mein „Legendäres Einhorn“! Aus einem Lichtkreis erschien die Kreatur. Spiralförmige Lichtstrahlen umhüllte das Geschehen. Das Horn in der Stirnmitte erstrahlte in silbern, blauem Licht. Das Tier gab ein lautes Wiehern von sich. Aus seinen Nüstern konnte man den warmen Atem des Fabelwesens sehen. 1900 ATK und 1600 DEF (Verteidigungspunkte) besaß es. „Damit beende ich meinen Zug!“ kam es von dessen Beschwörer. „Na dann, ich ziehe.“ erwiderte Brian. Alles was danach geschah, verlief in einem hohen Tempo.
 

„Ich aktiviere meine verdeckte Karte mit dem Namen „Schrumpfen“. Ich halbiere die Angriffsstärke deines blöden Gauls auf 950. So mein Zarborg. Beende dieses Duell. Setze die Gewitterfaust ein!“ Wie ihm befohlen stürzte sich der Monarch auf das geschwächte Einhorn. Brian hatte den klaren Sieg vor seinen Augen. Doch plötzlich gab es einen lauten Knall. Blitze schlugen auf die Monarchen ein. Sie explodierten und verschwanden vom Spielfeld. Fassungslos starrte Herr Voreilig auf die Plätze, an denen sich noch vor wenigen Sekunden seine Kreaturen befanden. „Wa … Was ist passiert? … Zarborg? … Möbius?“. Als sich der Rauch legte, stand auf der gegnerischen Seite, das schneeweiße Einhorn. Unversehrt. „Wie kann das sein? Das ist Betrug!“ schrie Brian den Kontrahenten an. Dieser atmete mit geschlossenen Augen tief durch. Als sich ihre Blicke schließlich trafen, glühten Andrés Augen vor Entschlossenheit. Nun war klar, dass sich das Duell zu seinen Gunsten gedreht hatte. Für den Angeber war es nun vorbei. „Kein Betrug, mon cheri! [mein Lieber] Nur der Effekt einer Fallenkarte. Sie heißt: „Icarus-Angriff“! Mit ihrer Wirkung konnte ich deine Bestien in die ewigen Jagdgründe schicken. Zwar kostete es meine Harpyie, aber durch sie ist es mir erst ermöglicht worden.“ Man sah das blasse Abbild der Harpyie, die ihrem Besitzer zunickte und schließlich wieder verschwand. Sein Gegner konnte es nicht fassen. Mit nur einer Karte und einem lausigen Monster hatte sich das Duell um 180 Grad gedreht. Nun war André an der Reihe. Er zögerte auch nicht lange. „Einhorn. Beende dieses Duell. Hornattacke auf seine Lebenspunkte!“ befahl er dem Pflanzenfresser. Das Tier erhob sich auf seine Hinterbeine. Dann galoppierte es los. Mit dem Horn bohrte es sich in ein unsichtbares Schild und ließ die Lebenspunkte auf null sinken. Der Blondhaarige fiel auf die Knie. Er biss auf die Zähne. Doch langsam zeichneten sich Tränen in seinen Augen ab. Sie liefen im schließlich über die Wange. André ließ die Szenerie unberührt. Sein einziger Gedanken dazu war: „Jemand wie der hat kein Mitleid verdient.“ Mr. Fox verkündigte die Ergebnisse. „Nach diesem packenden Duell hat sich nun doch André Burkhard die Bestnote in Duellieren an unserer Schule verdient. Er ist nun berechtigt sich an der berühmten Duellakademie auf Domino City Island in Japan zu bewerben. Wir, das Prüfungskomitee gratulieren dir von Herzen und wünschen dir viel Erfolg auf der Akademie der Duellanten.“ Die Menge jubelte vor Begeisterung. Nun war es offiziell. André würde auf die Akademie gehen und ihre Schule repräsentieren. Der Traum des Kämpfers ist wahr geworden. Glücklich sprang er in die Luft und rief: „HAMMA! Duellakademie, ich komme!“ Die darauf folgenden Tage vergingen wie im Fluge. Schließlich stand André mit seinem Koffer und Rucksack am Flughafen von Frankfurt am Main, Deutschland. Viele seiner Schulkameraden, sein Vater, sowie Lehrer und der Kommissionspräsident der EU haben ihn bis hier her begleitet. Sie jubelten und beglückwünschten André. Der ganze Rummel konnte einen regelrecht erschlagen. Doch bevor André davon erdrückt wurde stieg er in seinen Flieger, eine Flugmaschine der Lufthansa, ein. Wenig später starteten die Turbinen und „der Vogel“ erhob sich in die Lüfte. Der Schüler schaute ein letztes Mal zurück bis es dann nur noch vorwärts gehen konnte. Nach fast 14 Stunden landete der Flieger mit wenig Zwischenstopps in Tokio. Mit dem Bus ging es dann zum Hafen. Von dort aus nahm der Reisende eine Fähre, welche die Insel der Duellakademie ansteuerte. André stand am Deck und ließ sich die Seeluft um die Nase wehen. Der Wind zerzauste sein Haar. „Duellakademie. Bald bin ich da. Mache dich auf mich gefasst.“, dachte er. Seine schmalen Lippen formten ein Lächeln. Nun fing ein neues Abenteuer an.
 

Einige Stunden zuvor in der japanischen Stadt „Domino City“. Die ersten Sonnenstrahlen schienen in ein einfaches, kleines Zimmer. Nur ein etwa fünf Zentimeter breiter Spalt ließ das Licht der Sonne durch die Vorhänge des Schlafzimmers gelangen. Man erkannte sofort wer dieses Zimmer als sein Reich beanspruchte. Mehrere Poster überzogen die Wände. Nur an wenigen Stellen zeigte sich die eigentliche Wandfarbe. Die Augen von Sängern, Tieren und Fabelwesen jeder Art, sowie Duell-Monster schienen auf eine Jungen gerichtet zu sein. Dieser saß aufrecht in seinem Bett. Er machte den Eindruck die ganze Nacht nicht geschlafen zu haben. Es stimmte zwar nicht ganz, doch fühlte sich Kazuo kein wenig erholt. Dies wurde durch seine Aufregung noch mal gesteigert. Heute stand etwas sehr besonderes auf dem Tagesprogramm. Dies zeigte sich sehr deutlich an einem Kalender, der in gewisser Weise den Angelpunkt für die Augen des rothaarigen Jungen bildete. Ein einziger dieser vielen Tage war mit mehreren, unterschiedlich farbigen Kreisen umzogen worden und mit mehreren Stichworten beschrieben. „Tag des Schicksals, … Anfang der neuen Zukunft …“ waren nur zwei von vielen. Als der Nachttisch-Wecker mit seinem schrillen Klingeln auf sich aufmerksam machen wollte, wurde er mit einem gezielten Schlag zum verstummen gebracht. Ein Stöhnen ertönte, als sich der Körper vom Bett erhob. Alles war für die Abreise vorbereitet. Tasche, Kleidung, sowie selbstverständlich die Decks und eine neue Duell-Disk lagen bereit. Die Duell-Disk hatte Kazuo als Geschenk von der Duellakademie bekommen. Dafür lieferte er zuvor eine beeindruckend gute, schriftliche Arbeit ab, die ihm die Höchstzahl von 100 Punkten bescherte und so auch diesen Preis. Dies verwunderte den Sieger nicht wirklich, weil er ein kleines Genie auf dem Gebiet von Duell-Monster war. Es kam selten vor, dass der junge Mann in diesem Bezug etwas nicht wusste. Aufgrund der guten Zensuren hätte er sich sogar eine spezielle Anfertigung machen lassen können. Was Kazuo natürlich ablehnte. Der Duellant ließ sich nur eine besondere Farbe auftragen, die ihn wiederspiegeln sollte. Jetzt war er kurz davor sein größtes Hobby zum Beruf zu machen. Der erste Schritt war bereits gemacht.
 

In kürzester Zeit zog er sich an. Zu seinen Klamotten gehörte neben schwarzer Hose und T-Shirt eine Weste im dunklem rot. Passend zu seinen Haaren, mit ihrer einzigartigen Farbe. Sie variierte von weinrot bis hin zu einem leuchtenden blond. Wenn seine Haare von der Sonne beschienen wurden, wirkten sie wie eine lebende Flamme. Ein Feuer, welches vom Haupt bis zur Mitte seines Nackens hinab loderte. Seine Haut wurde schon bei geringer Sonneneinstrahlung braun, wodurch er einen ganzjährigen, südländischen Teint besaß. Das spanische Blut seines Vaters, welches durch seine Adern floss, hatte zudem Einfluss auf sein Äußeres. Zu dem Kontrast seiner gebräunten Haut leuchteten die grünen Augen förmlich. Schnell schaute er, ob sich alle Karten noch in seiner Weste befanden. Neue Decks zu kreieren war eines seiner liebsten Beschäftigungen, wobei er natürlich an jedem von ihnen sehr hing. Kazuo schnallte sich seine Duelldisk um den Arm, die sich wie seine Weste und sein Haar in Rot- und Orangetönen hielt und ging zur Tür. Er drehte sich noch einmal um: „So meine Freunde. Lasst das Abenteuer beginnen.“ Schnell war die Tür hinter ihm geschlossen und sein Zuhause verlassen. Kurz darauf stand er schon an der Reling eines Schiffes. Dort verharrte er mehrere Stunden. Kazuo hätte nie gedacht, dass er dort von seinen Mitreisenden öfters gemustert werden würde. Lag es nur an seiner speziell bemalten Duell-Disk am Arm oder eher an seinem Aussehen allgemein? Kazuo war aber von Natur aus kein Mensch, der deswegen Trübsal blies. Er ignorierte die Blicke und stand, oder eher gesagt, er tänzelte von einem Bein zum anderen. Die Aufregung ließ ihm keine Ruhe. Er schaute über das Meer in Richtung der ersehnten Insel. Der Meereswind umwehte sein Haar und die Sonnenstrahlen reflektierten sich in glänzenden Farben auf der Wasseroberfläche. Kazuo wollte sich nichts entgehen lassen. Es dauerte nicht mehr lange und schon war ein kleiner schwarzer Punkt am Horizont zu erkennen, der langsam immer größer wurde. Das Herz des Jungen begann wie wild zu klopfen. „Endlich ist es soweit. Endlich kommt der Moment von dem ich schon so lange geträumt habe.“, sprach Kazuo zu sich gewandt. Man konnte ein noch helleres Leuchten in seinen Augen erkennen. Sie strahlten noch reiner als es eh schon üblich war. Jede Müdigkeit schien wie weggeblasen, als der Reisende immer mehr von der Insel erkennen konnte.
 

Das Eiland hatte sich in der letzten Zeit ein wenig verändert. Dies verwunderte den Besucher ein wenig. Denn die Insel besaß kaum Ähnlichkeiten mit dem Poster in seinem Zimmer, welches er schon öfters erwartungsvoll anstarrte. Die drei, klassischen Häuser waren nicht mehr wieder zu erkennen. Existierten sie überhaupt noch? Die Gebäude von damals sahen nun sehr identisch aus und unterschieden sich nicht mehr wirklich voneinander. Bereits vorab wurde durch eine öffentliche Stellungnahme des Schulleiters bekannt, dass die Akademie die alte Hierarchie abschaffen und durch ein neues Schulsystem ersetzen würde. Dies erklärte auch, weshalb die neuen Unterkünfte daher modern und vor allem sehr einheitlich aussahen. Doch insgeheim hoffte Kazuo weiterhin, dass ein Teil der alten Tradition die Modernisierung überdauerte. Weiterhin gab es das große, imposante Schulgebäude, welches in seinem Erscheinungsbild unverändert blieb. Kazuo konnte es schon gar nicht erwarten es zu betreten. Das Bauwerk war von innen genauso eindrucksvoll wie von außen. Alle Neuankömmlinge wurden kurz nach ihrer Ankunft unverzüglich von einem verträumt wirkenden Lehrer in das Schulgebäude geführt. Einige von ihnen fingen schon an zu tuscheln oder sahen sich, wie Kazuo auch, alles genau an. Nach wenigen Minuten standen sie in einer großen Halle. In deren Mitte prunkte eine große Duellplattform. Die Sitzplätze um die Arena waren bis auf den letzen Platz von den älteren Jahrgängen besetzt. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen konnte ein tolles Gefühl sein. Der Japaner sah sich um. Im fiel dabei auf, dass gar nicht so viele Schüler mit ihm gereist waren. Höchstens ein dutzend, wenn nicht sogar weniger. Gerade als sich Kazuo darüber Gedanken machen wollte, wurde er von etwas anderem davon abgelenkt. Der Schulleiter hatte sich erhoben und sprach über ein Mikrofon eine Willkommensrede. Sie war an die Neulinge gerichtet. „Willkommen auf unseren kleinen Insel. Ihr seid die wenigen Schüler, die sich dieses Jahr für unsere Akademie bewerben konnten.

Entweder durch Empfehlungen von unseren internationalen Partnern an den verschiedensten Schulen auf der gesamten Welt oder durch das bestehen unseres Testes. Leider haben sich dieses Jahr nur wenige Schulen gemeldet und noch weniger die Mindestpunktzahl des Testes erreicht. Nichts desto trotz wünsche ich euch spannende Jahre hier auf der Akademie. Macht ihr alle Ehre. Sie sorgt dafür, dass ihr nach eurem Abschluss für den Rest eures Lebens gut vorbereitet werdet. Doch bevor wir euch auf eure Zimmer aufteilen, darf das alljährliche Ritual nicht fehlen. Das Willkommensduell!!“ Der Ausruf des Direktors wurde durch einen Jubelschrei von jedem einzelnen Schülers erwidert. Fast nebenbei gab der Sprecher das Mikrofon weiter. Ein anderer Mann wendete sich an die Neuankömmlinge, sobald der Lärm etwas abklang. Es handelte sich um den Lehrer, der die Schüler bereits zu der Halle geführt hatte. Kazuo war anfangs darüber verblüfft.
 

„Óla Chicas et Chicos. [Hallo Mädchen und Jungs] Ich bin Professor Alvarez und werde heute die Duelle moderieren. Wenn ich einen per Name aufrufe, geht er bitte aufs Kampffeld und stellt sich seinem Gegner. Die Gegnerin dieses Jahres ist unsere über alles geliebte Professorin Rhodes.“ Ein einstimmiges Raunen ging durch die Halle. „Der erste Gegner ist unser einziger Schüler, der es geschafft hat dieses Jahr den Aufnahmetest zu bestehen und dazu noch mit höchst möglicher Punktzahl. Willkommen, Kazuo García!“ Ein erstauntes Tuscheln und Schweigen übernahm den Rest der Schüler. Doch Kazuo war wohl noch mehr über sich selbst verwundert. Er hätte nie gedacht, dass er als Einziger den schriftlichen Test bestanden hatte. Langsam und bedächtig wollte der Neuankömmling auf die Plattform gehen. Seine Nervosität machte da aber nicht mit. Er rannte fast um sein Leben, so kam es jedenfalls vor, als er sich auf einen der markierten Stellen der Kampfplattform platzierte.

Kazuo konnte es einfach nicht mehr abwarten. Kaum stand er bereit, atmete er noch einmal tief durch und sah auf die andere Seite. Dort Schritt langsam und elegant zugleich seine Gegnerin. Der Junge hatte schon viel von ihr gehört. Sie war eine gute Freundin von Jaden Yuki, der für jeden Duellanten ein bekannter Name sein musste. Obwohl seine Augen die Gegnerin verfolgten, bereitete er sich gedanklich auf das Duell vor. Er öffnete seine Weste und mehrere Taschen wurden darin erkennbar. Sechs Stück an der Zahl und jede groß genug für ein Deck. Nach einem kurzen Schweigen fing Kazuo an mit sich selbst zu reden. „So meine Freunde. Wer möchte es versuchen? Es wird nicht einfach.“ Niemand, der in seiner Nähe stand, hörte seine Worte. Doch auf einmal durchzog eine Stimme den Spieler. „Ich möchte es versuchen.“ Kazuo hob die Augenbraue und schloss seine Weste wieder. „Du wolltest doch noch nie kämpfen?“, antwortete er der Stimme. Da ertönte ein schleierhaftes Lachen. „Bis jetzt war es auch noch niemand wert.“ Mit einem Schulterzucken griff der Junge zu seinem Gürtel, wo noch mal drei Decks verstaut waren. In der Zwischenzeit stand die Professorin auch schon längst an ihrem Platz. Mit einem Lächeln sprach sie noch einmal zu dem neuen Schüler: „Auf ein faires Duell.“

„Danke, Ihnen auch.“, erwiderte der Südländer. Beide schoben gleichzeitig ihre Decks in die Duelldisk und riefen den Schlachtruf der Duellanten: „Zeit für ein Duell“.
 

Kazuo starrte verwundert auf seine ersten fünf Karten und erhob eine Hand. „Können wir noch mal von vorne anfangen?“ Nach anfänglicher Stille fingen mehrere Schüler an zu lachen. Selbst der Moderator wusste nicht mal, wie er darauf reagieren sollte. Irritiert sahen alle auf den Grünäugigen. „Wieso denn?“, erwiderte Prof. Rhodes mit ruhiger, dennoch erstaunter Stimme. Kazuo antworte unverblümt: „Weil ich glaube, dass dieses Duell dafür da ist, meine Fähigkeiten zu testen und ich gerade nichts für den Sieg getan habe.“ Jetzt war Alexis, wie die Professorin mit Vornamen hieß, doch verwirrt: „Was für einen Sieg?“ „Diesen.“ Mit einer schnellen Handbewegung legte Kazuo alle fünf Karten gleichzeitig auf seine Disk. Er schien schlagartig von einem starken Wind umgeben zu sein. Als sich auch schon die Kreatur erhob die gerade beschworen wurde. Alle staunten nicht schlecht, als sie das Monster erkannten. Auf einmal schien auch der Moderator seine Stimme wieder gefunden zu haben. „Das ist nicht zu glauben. Kazuo hat es geschafft, gleich in seiner Anfangshand alle fünf Teile der legendären „Exodia“ zu erhalten. Er hat noch nicht mal ziehen müssen und hat das Duell schon gewonnen. Das ist ein neuer Rekord für diese Schule!“ Der neue Schüler interessierte sich nicht für die Worte von dem Kommentator. Der Rothaarige wartete immer noch auf eine Antwort seiner Gegnerin. Sie war erstaunt, doch bekam sie ihre Fassung schnell wieder. „Du hast Recht, was dieses Ritual angeht. Deswegen habe ich nichts gegen deine Bitte einzuwenden. Du darfst auch in der nächsten Runde anfangen.“ „Oh … Alexis! …

Perdone [Verzeihung], … ich meinte Professor Rhodes, lässt den neuen Schüler trotz dieser Niederlage wieder anfangen. Sie scheint alles als reines Glück abzutun.“, donnerte es durch die Lautsprecher. Kazuo nahm schnell sein Deck und steckte es an seinen gewohnten Platz. Ein Seufzer war zu hören. „Warum musst du es immer so übertreiben? … Ok, dann nehme ich euch, meinen kleinen Freunde.“ Schnell war das zweite Deck gezückt und gemischt. Wieder waren beide bereit und sagten den typischen Ritualspruch: „Zeit für ein Duell!!“ Nun, auf seine Anfangshand sehend, war der Jüngere recht zufrieden. „Ich lege ein Monster in den Verteidigungsmodus und eine Karte verdeckt. Ihr Zug.“ „Gut. Diesmal ist das Duell nicht so schnell vorbei.“, erwiderte Alexis. Allerdings fragte sich die Professorin: „Warum hat Kazuo sein Deck gewechselt?“. Sie zog eine Karte und ging sofort in den Angriff über. „Ich spiele „Cyber Tutu“. Im Angriffsmodus. Ich greife dein verdecktes Monster an.“ Ohne was zu sagen aktivierte der Junge seine Fallenkarte. „Angriffsstop“. Das Monster wurde in der Hälfte seiner Attacke von einer unsichtbaren Wand aufgehalten und ging auf seinen Ausgangspunkt zurück. „Ok ich spiele zwei Karten verdeckt. Du bist am Zug.“ Kazuo zog seine Karte und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Ich flippe meine Monster „Batteriemann Microzelle“. Jetzt darf ich ein Batteriemann Monster aus meinem Deck speziell beschwören. Ich wähle dich, „Batteriemann AA“. Anschließend aktiviere ich meine Karte „Inferno missachtende Beschwörung“. Ich wähle „Batteriemann AA“.“ In kürzester Zeit standen zwei weitere Batteriemänner auf dem Feld. Die Antwort kam sofort, denn auch zwei weiter „Cyber Tutu“ tauchten neben der Ersten auf. „Jetzt aktiviere ich meine Zauberkarte „Kurzschluss““. Die Augen der Professorin wurden groß. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sofort war ihr Feld leergefegt. Sie umgab kein Schutz mehr. „So. Der spezielle Effekt meiner Batteriemänner AA ist ein Zuwachs von 1000 Angriffspunkten für jeden Batteriemann AA auf dem Feld. Los meine Batteriemänner. Greift ihre Lebenspunkte direkt an.“ Sofort schossen Blitze aus den Händen von zwei der Monster, die jetzt jeweils 3000 Angriffspunkte aufwiesen. Die Lebenspunkte der Lehrkraft wurden mit einem Schlag von 4000 auf null gesetzt. Eine Stille breitete sich im Raum aus. Erneut hatte der Neuling seine Herausforderung in kürzester Zeit bewältigt. Die Lautsprecher ertönten. „Kazuo hat wieder gewonnen.“ Die anfängliche Stille wurde zu einem Jubelgewitter. Der Spieler ging zu seiner geschlagenen Gegnerin und hielt ihr die Hand hin. „Es war ein gutes Duell.“ „Ja, das war es und ich gratuliere dir zu deinem Sieg.“ Sie nahm seine Hand entgegen. Zufrieden kehrte Kazuo, das Deck dabei verstauend, zurück zu den anderen Jugendlichen. Die Blicke, die auf ihm ruhten, beachtete er nicht. Erwartungsvoll wartete der Duellant darauf, wer als nächstes sich beweisen musste. Alle erwarteten mit Spannung, welcher der Neuen nun zum Zuge kam.
 

„Dieser Kazuo ist wirklich gut. Er wirkt zwar etwas seltsam, aber er weiß wie man ein Deck im Zweikampf einsetzen kann.“ Diese Gedanken gingen André durch den Kopf. Er hatte zwar erwartet, dass es viele gute Duellanten gibt. Doch die Show, die der Rothaarige ablieferte, war einfach nur beeindruckend.

Mit seinen grauen Augen beobachte André Kazuo. Professor Alvarez begann wieder in sein Mikrofon zu sprechen und so die nächste Duellrunde anzukündigen. „Nach diesen sehr außergewöhnlichen Duellen kommen wir nun zur zweiten Runde. Die Duellakademie hat sich im Laufe der Zeit als Zentrum für internationale Duellanten entwickelt. Somit dürfte es Euch nicht verwundern, dass unser nächster Herausforderer nicht aus Japan kommt. Begrüßt mit mir André Burkard.“ Die Zuschauer klatschten und jubelten. Der Aufgerufene konnte es zunächst nicht begreifen. Erst langsam realisierte der Junge, dass er gemeint war. André atmete tief durch, bevor er sich auf den Weg zur Plattform machte. Sein Weg wurde durch den Moderator kommentiert. „André kommt aus Europa. Genauer gesagt aus der Stadt Straßburg, die zwischen Frankreich und Deutschland liegt. Die Straßburger Gesamtschule ist die bekannteste Schule in ganz Europa. Sie brachte schon einige, sehr außergewöhnliche Duellanten hervor und ist auch in diesem Jahr vertreten. Wir können also gespannt sein. Herr Burkhardt nehmen Sie Ihren Platz auf der Duellplattform ein.“ Andrés Herz raste. Die Situation ähnelte dem Examen. Doch wich sie komplett von diesem ab. „Hoffentlich mache ich keine Fehler.“ Dem Europäer schossen viele Gedanken durch den Kopf. Der Druck, der auf ihm lastete war gigantisch. Er wünschte sich nichts sehnlicheres, als auf dieser Akademie aufgenommen zu werden. Jedoch war ihm auch klar, dass er nun einen Repräsentanten seiner ehemaligen Schule darstellte. Er machte sich zu der eigenen Aufregung auch einen innerlichen Stress. Seine Nerven lagen erst einmal blank. Sobald er seinen Platz einnahm, fing auch schon das Duell an. „Also André, auf ein faires Duell. Als Neuling steht dir der erste Zug zu.“, kündigte Professor Rhodes an. Der Angesprochene registrierte es. Doch sein Denken lief langsamer ab als sonst. Als er immer noch nicht antwortete, sprach ihn Alexis unter räuspern erneut an. „Hm, … André! Fange bitte mit dem Duell an.“ Die Zuschauer begannen zu tuscheln. Auf Andrés Stirn zeichnete sich der Schweiß ab. Doch urplötzlich machte es in seinem Kopf: KLICK! Ein Schalter legte sich um und der Halbfranzose hatte seinen Verstand wieder. Er verbeugte sich vor der Lehrerin. Diese schaute ihn irritiert an. Bevor sie etwas dazu sagen konnte, antwortete André ihr. „Madame le professeur [Frau Professor]. In Europa ist es Sitte, dass man der Dame den Vortritt lässt. Verzeihen Sie mir meine kurze Benommenheit. Auch ich freue mich nun auf dieses Duell. Je suis prêt [Ich bin bereit].“
 

Alle waren zunächst sprachlos. Eine solche Anrede erwartete keiner von ihnen. Alexis, die Französisch verstand, nickte dem Gentleman zu. „Si vous le souhaitez, Monsieur Burkhard [Wenn Sie dies wünschen, Herr Burkhard].“ Beide Lippen formten gleichzeitig die Worte: „Zeit für ein Duell!“. Nun konnte es losgehen. „Als erstes spiele ich „Etoile Cyber“. Im Angriffsmodus.“ Wie eine Ballerina tänzelte das weibliche Wesen auf das Spielfeld. „Abschließend spiele ich eine Karte verdeckt. Dein Zug!“ Nun war der Jüngere dran. „Dann mal los“, kam es von ihm. Er sah auf seine Handkarten. „Also, ich rufe mein „Einhorn-Baby“, ebenfalls im Angriffsmodus.“ Das Fohlen erschien auf seiner Seite. Ein Raunen ging durch das Publikum. Vor allem die Mädchen waren von dem Anblick des kleinen, süßen Einhorns ganz entzückt. Doch der Spieler war noch nicht fertig. „Als nächstes lege ich eine Karte verdeckt. Damit beende ich meinen Zug.“ Er übergab an Alexis. Beide hatten einen ähnlichen Zug durchgeführt. Mit nur einem Unterschied. Die Lehrkraft besaß momentan das stärkere Monster auf dem Spielfeld. „Dein Einhorn ist niedlich. Aber gegen meine Etoile leider machtlos. Ich aktiviere: „Fusionstor“. Das Spielfeld veränderte sich. Dunkler Nebel und grüne Quadrate auf dem Boden bestimmten das Bild. „Was hat sie vor?“, ging es André durch den Kopf. Er ahnte, dass die Duellantin eine Fusion plante. Doch um welche sollte es sich nur handeln. „Ich greife mit Etoile Cyber dein Einhorn-Baby an.“ Die Ballerina drehte sich um ihre eigene Achse und bewegte sich in Richtung des gegnerischen Wesens. „Nicht so schnell, Madame le professeur! [Frau Professor!] Ich blocke den Angriff Ihres Monsters mit der Fallenkarte: „Beschützerinstinkt“. Die Karte erleuchtete. Plötzlich ertönte ein lautes Gewieher. Aus der Karte sprang eine pferdeähnliche Gestalt hervor. Es besaß ebenfalls ein Horn in seiner Stirnmitte. Auch wies das Tier Zebrastreifen an allen vier Beinen auf. Seine Stehmähne wie auch sein Schweif durchzog bläuliches Haar. Die ATK betrug 1500, die DEF 1300. Das Einhorn stellte sich vor das Fohlen. Alexis Monster kam auf es zu. Da aber seine Angriffsstärke weniger betrug, als die des neuen Gegners, zersprang das Monster beim Aufprall in seine Einzelteile. Die Frau verlor 300 Lebenspunkte. Es gab nichts, womit sie diesen Angriff noch verhindern hätte können. Erschrocken versuchte sie zu analysieren, wie es zu diesem Ereignis kommen konnte. „Wie kann es sein, dass nicht das Einhorn-Baby, sondern das andere Monster angegriffen wurde?“ André antwortete ihr. Dieser erklärte: „Die Karte „Beschützerinstinkt“ erlaubt mir aus meinen Deck oder meiner Hand eine „Einhorn“-Karte zu beschwören, falls ein „Einhorn-Baby“ angegriffen werden sollte. Der Angriff wird dann auf das „Einhorn“ umgelenkt. „Etoile Cyber“ hatte 300 ATK Punkte weniger als mein Fabelwesen. Somit zerstörte es sich selbst.“ In diesem Augenblick wurde für viele Beteiligte eins klar. André Burkhard war kein schusseliger Duellant, wie es zunächst schien. Sein Deck bestand aus Karten, die niemand wirklich kannte. Mit voller Spannung konnte man nur abwarten, wie sich dieses Duell entwickeln würde. Der Herausforderer besaß nun zwei Monster auf seiner Seite. Professor Rhodes dachte scharf nach. Diese Kartenkombination war auch für sie neu. Doch als Lehrerin an der Duellakademie hielt der erste Schock nicht lange an. Im Gegenteil. Es wurde erst jetzt interessant. „Ein guter Zug, Monsieur [Herr]. Aber bilde dir nicht ein, dass dieses Duell schon fertig ist.“ „Non, Madame le professeur [Nein, Frau Professor]. Und ich garantiere Ihnen, es wird noch richtig spannend.“, erwiderte der Europäer. Die Blicke trafen sich. Beide Augenpaare funkelten. Das Duell konnte nun richtig losgehen.
 

„Nach diesem Angriff aktiviere ich meine verdeckte Karte: „Eine Rivalin taucht auf“. Mit dem Effekt dieser Karte ist es mir gestattet ein Monster derselben Stufe zu beschwören, das mein Gegner auf dem Feld hat. In diesem Fall wähle ich „Klingenläuferin“.“ Nach deren Ankündigung glitt die Frauenfigur mit seinen Schlittschuhen wie auf einer Eisfläche aufs Feld. „Da ich noch eine normale Beschwörung durchführen kann, rufe ich nun eine weitere „Etoile Cyber“ aufs Feld.“ Gesagt. Getan. Die zweite Ballerina erschien. André erstarrte. In seinen Hinterkopf wusste er, was nun folgen sollte. „Ich nutze den Effekt von „Fusionstor“ und verschmelze meine beiden Monster zu einem. Erscheine, „Cyber-Klingen“!“ Die zwei Damen wurden in einen Strudel gezogen. Aus ihm erschien die neue Lady. Andrés Befürchtung wurde bestätigt. „Cyber-Klingen“ befand sich nun auf dem Feld. Dies bedeutete nichts Gutes. Alexis fuhr fort. „Mein Monster besitzt Effekte, die sich an der Anzahl deiner Monster orientiert. Mit einem kann „Cyber-Klingen“ nicht im Kampf zerstört werden. Bei zwei verdoppelt sich ihre Angriffskraft von 2100 auf 4200. Und wenn drei Monster vorhanden sind, dann ist „Cyber-Klingen“ gegen Monster-, Zauberkarten- und Fallenkarteneffekte immun.“ Ein Lächeln zauberte sich auf ihre Lippen. Sie besaß nun eine perfekte Kampfmaschine. Der Schüler war nun in arger Bedrängnis. „Mein Zug ist nun vorbei. Aber im Nächsten wird meine Cyber Powerfrau zuschlagen.“ Die Professorin übergab an den Neuling. André beherrschte die Fassungslosigkeit. „Cyber-Klingen“ war ein Monster, welches noch schlimmer sein konnte als die Monarchen, die er so sehr hasste. Und mit zwei Wesen auf seiner Seite, wurden auch ihre ersten beiden Effekte aktiviert. „Wie soll ich diese Mauer überwinden?“, fragt er sich selbst. Er zog seine nächste Karte. Doch helfen konnte sie ihm nicht. „Verdammt. Was soll ich nur tun?“ Man merkte, wie angespannt der Junge war. Er versetzte seine beiden Monster in den Verteidigungsmodus und beendete seinen Zug. Nun konnte Alexis Monster zuschlagen. Sie ließ sich dazu nicht zweimal bitten. „Ich aktiviere die Zauberkarte: „Meteoritenschauer“. Der Effekt gibt meiner „Cyber-Klingen“ die Möglichkeit die Differenz aus der ATK meines Monsters und DEF deines Verteidigungsmonsters von deinen Lebenspunkten abzuziehen. Angriff auf sein Fohlen!“ Wie ihr befohlen sprang die Kämpferin auf das kleine Einhorn zu. Mit einem Hieb ihrer Faust zersprang das Einhorn-Baby. Der Halbfranzose verlor 3400 Lebenspunkte. Der Duellant zuckte zusammen. Er hatte ein besonderes Band zu seinen Karten. Der Schmerz den sie empfunden, spürte auch ihr Besitzer. André atmete schwer. Nur noch 600 Punkte blieben ihm. Das Publikum tobte. Sie feuerten ihre geliebte Lehrerin an, die klar im Vorteil war und das Duell bestimmte. Nach ablegen einer verdeckten Karte in der vorgesehen Kartenzone, beendete sie ihren Zug.
 

„Es ist vorbei. Ich habe versagt!“ Diese Gedanken hämmerten sich in Andrés Kopf. Es war einfach unerträglich. Er sah seinen Platz in der Akademie in weite Ferne rücken. Verzweifelt umklammerte der Schwarzhaarige seine Kette. „Moment mal!“, ein Geistesblitz durchzuckte ihn. „Yin & Yang. Natürlich. … Sie könnten mir weiterhelfen.“ Er prüfte seine Lage. Was befand sich auf dem Spielfeld und seiner Hand. Nach kurzer Zeit wurde sein Denken wieder klar. André hatte eine „Cyberharpyie“ auf der Hand. Auf dem Feld standen sich „Einhorn“ und „Cyber-Klingen“ gegenüber. Ein letzter Versuch konnte unternommen werden. „Ich aktiviere die Zauberkarte: „Topf der Gier“. Durch sie erhalte ich zwei weitere Karten.“ Er nahm sich die zusätzlichen Karten und fuhr fort. „Als nächstes rufe ich meine „Cyberharpyie“ aufs Spielfeld.“ Die Vogelfrau erschien und ließ ihrer Krallen blitzen. „So, nun werde ich die Karte: „Sonne & Mond“ aktivieren.“ Seine Gegnerin betrachtete ihn verblüfft. „Was soll diese Karte bewirken?“, fragte sie ihn. „Das werde ich Ihnen nun zeigen. Effekt von „Sonne & Mond“, aktiviere dich!“ Die Karte erleuchtete. An der Decke der Halle bildete sich ein Yin & Yang Zeichen. Es bestand aus der hell leuchtenden Sonne und dem silbernen Mond. Plötzlich trennten sie sich und die Einzelstücke stürzten auf das Einhorn ein. Ein lauter Knall. Ein grelles Licht und das Gewieher von zwei Pferden schallten durch den Raum. Die Intensität des Lichts nahm ab und offenbarte, was geschah. Das vorherige Einhorn war verschwunden. An seiner Stelle standen nun zwei andere Einhörner. Das eine hell wie der Tag. Schneeweiß leuchtete sein Fell. Unter seinem Horn konnte man eine schwarze Sonne sehen. Das andere Wesen war pechschwarz. Wie die Nacht. Auf seiner Stirn konnte man einen weißen Halbmond erkennen. „Darf ich vorstellen: die Einhörner „Yin“ und „Yang“.“ Alexis sprach den Duellanten an. „Monsieur [Herr] Burkhard, ich bin tief beeindruckt. Eine tolle Show. Doch hätte diese spezielle Beschwörung nicht gereicht? Weshalb hast du die „Cyber-Harpyie“ noch beschworen?“ Jeder stellte sich diese Frage. André musste den Effekt erläutern. „Der Effekt von „Sonne & Mond“ beinhaltet, dass sich mindestens ein „Einhorn“ auf meiner Spielfeldseite

befinde muss. Außerdem müssen zwei Gegensätze vorhanden sein. In diesem Fall ist es Wind und Erde, welche sich in den Monster „Cyber-Klingen“ und „Cyber-Harpyie“ finden. Erst dann ist es mir gestattet, diese Einhörner zu rufen.“ Nach der Erklärung des Karteneffekts klatschte die Professorin in die Hände. „Bravo. Diese Kartenkombinationen gefallen mir. Man sieht auf den ersten Blick, dass das gesamte Deck in sich harmoniert. Ein solches Deck im Kampf einzusetzen zeichnet einen geschickten Duellanten aus. Doch was willst du nun tun? „Cyber-Klingen“ hat nun ihren dritten Effekt hinzugewonnen. Somit ist sie die ultimative Waffe. Deine Einhörner und die Harpyie können sie nicht besiegen.“
 

Alexis behielt Recht. Show hin. Show her. Derzeit befand sich nichts auf seiner Seite, was ihr Monster gefährlich werden konnte. Aber die Augen des Duellanten blitzen vor Entschlossenheit. Er kündigte nun seinen kommenden Zug an. „Madame le professeur [Frau Professor], momentan sieht es für mich schlecht aus. Aber ich aktiviere nun eine Karte, die in ihrer Stärke einzigartig ist.“ Dieser eine Satz ließ nicht nur die Lehrerin aufhorchen. Auch die Zuschauer tuschelten daraufhin. Was würde nun passieren? Was hatte der Europäer damit gemeint? Es verging keine Minute und André aktivierte seine Karte. „Ich aktiviere die Zauberkarte: „Vereinigung der Einhornkräfte“!“ Bei diesen Worten bäumten sich seine Einhörner auf ihre Hinterbeine auf. Sie standen sich gegenüber und kreuzten ihre spiralförmigen Hörner miteinander. Die Körper der Fabelwesen wurden in Licht getaucht. Es schien sehr hell und grell. „Was passiert hier?“, fragte Alexis den Schwarzhaarigen und hob dabei ihren linken Arm vors Gesicht. „Der Effekt meiner Zauberkarte summiert die ATK meiner Einhörner, die sich derzeit auf dem Feld befinden. Diese Gesamtzahl wird dann direkt von den Lebenspunkten meines Gegenspielers abgezogen!“, antwortete er. Ihr Blick erstarrte. Die Angriffskraft des „Yin & Yang“-Einhorns ergaben zusammen 4600. Die Blondhaarige würde das Duell verlieren. „Einhörner! Direkter Angriff auf Ihre Lebenspunkte!“ Mit diesem Befehl erschien ein Lichtstrahl aus der der Mitte des Hornkreuzes. Es bildete einen Pfeil, welcher auf die Professorin zu schoss. „Ich aktiviere: „Zauberschild Typ 8“!“ Sie warf eine Zauberkarte ab und ein unsichtbares Schild blockte den Pfeil ab. Er löste sich in Luft auf. „Non! [Nein]“, schrie André. Seine Augen weideten sich. Die einzige und letzte Chance wurde mit einer Anti-Karte zerschlagen. Es war definitiv für ihn vorbei. Alexis atmete auf. „Puh! ... Diese Karte hätte mein Ende bedeutet. Zum Glück lag meine Fallenkarte in der Kartenzone. André, du überraschst mich erneut. Du bist ein hervorragender Duellant. Doch in meinen Zug wird meine „Cyber-Klingen“ deine Lebenspunkte auf null setzen. Das Duell ist somit entschieden.“ Doch André hörte die Worte seiner Gegnerin nicht. Sein Blick war gesenkt. Er schwieg. Langsam lief dem Halbfranzosen eine Träne die Wange hinab. Sie zog eine Linie der Trauer und des Schmerzes. Langsam legte der Verlierer seine rechte Hand auf sein Deck. Die Professorin erkannte die Gestik, schwieg jedoch. „Ich gebe auf. Ich will im nächsten Zug meine Freunde nicht sterben sehen. Sie haben gewonnen.“ Sein Kopf erhob sich wieder. Nun sah man das Gefühl der Niederlage und der Trauer in seinen Augen. Jedoch lächelte André. Er lächelte die Lehrerin an. Alle konnten nicht fassen was sie sahen. „Merci beaucoup, Madame le professeur! [Vielen Dank, Frau Professor] Danke für dieses aufregende Duell. Danke, dass ich hier sein durfte! Merci! [Danke]“ Der 19 Jährige verbeugte sich mit geschlossenen Augen erneut vor der Japanerin. Sein ganzes Verhalten machte alle Beteiligte sprachlos. Seine Gedanken beherrschten aber nur drei einzige Sätze: „Es ist vorbei. Ich habe versagt. Straßburg, … es tut mir leid!“
 

Das Duell des Europäers beeindruckte Kazuo sehr. Er fühlte etwas, was er eigentlich bis jetzt nur bei seinen Duellen spürte. „Dieser Junge ist interessant“, hauchte es leise durch die Ohren des Zuschauers. „Du bist heute aber gesprächig. Ich weiß gar nicht, ob ich dich vorher schon so viel reden gehört habe“, flüsterte Kazuo zu sich selbst. „Es waren auch bis jetzt noch nicht so viele von uns in einem Raum anwesend. Oder was glaubst du, was du bei den Jungen spüren kannst?“ Bei diesen Worten ging dem Duellanten ein Licht auf. Das war dieses bekannte Gefühl. Der Rest interessierte im Moment nicht. Er verfolgte noch nicht mal die restlichen Duelle. Das einzige, worauf sich der Junge konzentrieren konnte, war André. Er betrachtete ihn von unten bis oben. Bis er schließlich sah, was er gesucht hatte. Es war leicht durchsichtig und stand direkt hinter dem Franzosen. Es schien ein Tier zu sein, doch um es klar zu definieren war es noch zu schemenhaft. Das Tier gehörte zu den Vierbeinern und stand nah neben dem jungen Mann. Es legte seinen Kopf auf dessen Schulter. Anscheinend wollte das Wesen ihn trösten. „Ich sehe es. Aber scheinbar ist es noch nicht ganz da.“ Die Stimme meldete sich wieder. „Ich meine nicht nur ihn. Schau dich um. Auf den eine Professor besonders.“

„Was meinst du damit Exodis? Welcher Prof…“ Kazuo blieben die Wörter im Hals stecken. Wieso fiel ihm diese Person noch nicht eher auf. Er saß direkt eine Reihe über dem Rektor und war mit allen Sinnen auf das Duell vertieft. Aber nicht nur er, auch eine Reihe von Geistern befanden sich an seiner Seite. Doch auf einmal ignorierte der unbekannte Professor das weitere Duellgeschehen. Kazuo folgte seinem Blick. Er landete bei André. Die Konturen des Wesens wurden deutlicher. Der Schwarzhaarige schien über sein Deck zu streichen. Bald ist es so weit.“, ging es Kazuo durch den Kopf.
 

„Warum? … Warum habe ich verloren. Bin ich im Punkto duellieren ein hoffnungsloser Fall?“ Diese Fragen schwirrten in Andrés Gedanken. Auf einmal spürte er einen leichten Druck auf seinen Schultern. Er schaute auf und sah den Kopf eines Tieres. Es war schneeweiß und hatte blaue Augen. Der Kopf erinnerte an ein Pferd. Ganz klar. Es war das Wesen auf der „Einhorn“-Karte. Sein Geist hatte die Karte verlassen und stand nun neben seinem Besitzer. „Ach Einhorn. Mein guter Freund. Ich bin froh das du da bist.“ André lehnte seinen Kopf an den anderen. Tränen liefen über seine Wangen. Der Halbfranzose war froh, dass er in diesem Augenblick nicht alleine war. Ein Gebrüll übertönte plötzlich die Situation. Der Letzte der Neuankömmlinge beendete gerade sein Duell. Professor Rhodes war nur weitere zweimal von einem Schüler besiegt worden. Von einer Amerikanerin namens Brittany Wilson und einem Südafrikaner namens Mongezi Makeba. Plötzlich kamen komische Geräusche durch die Lautsprecher. Es hörte sich fast so an, als hätte das Mikrofon blitzschnell den Benutzer gewechselt. Dies bestätigte sich sofort. Der Professor direkt hinter dem Rektor hatte sich das Mikro geschnappt und war aufgestanden. „So das Ritual ist hiermit beendet. Ihr habt euch alle super geschlagen. Leider muss ich sagen, dass nicht alle diese Prüfung bestanden haben und viele wieder auf ihre alten Schulen zurück müssen. Ich, Professor Yuki, habe die Ehre die Namen der neuen Schüler an dieser Akademie durchsagen zu dürfen. Die, deren Namen nicht genannt werden, müssen zurück zum Hafen und werden dort mit dem Schiff wieder nach Domino City gebracht.“ Ein enttäuschtes Stöhnen ging durch die Neulinge. Sie hatten alle nicht erwartet, dass dies eine weitere Prüfung war. Alle dachten, sie wären schon angenommen worden. Doch so war es nicht. Professor Yuki räusperte sich. Er nannte die ersten Namen. „So. Der Erste, der bestanden hat, ist Kazuo García aus Domino City.“ Sofort begann wieder ein Jubelschrei von der ganzen Schülerschaft. „Als nächstes: Brittany Wilson, Santa Rosa High School in Kalifornien. Nummer 3: Mongezi Makeba, aus der Lusaka High School in Lusaka.“ Beiden Schülern wurde auch ein Jubeln und Klatschen zuteil.
 

„Und zu guter Letzt, für seine doch einzigartigen Duellstil: André Burkard.“ Alle schienen über diese Entscheidung überrascht zu sein. „WAS?“ Der Benannte konnte es nicht fassen. „Ich? … Ich bin bei den Auserwählten?“ Der junge Mann war kurz davor in Ohnmacht zu fallen. Hatte er jetzt fantasiert oder war alles real? Jedoch fing sich der Schwarzhaarige zu einem gewissen Teil wieder. Der andere Teil starrte weiterhin Professor Yuki fassungslos an. Selbst die anderen Professoren und Lehrkräfte drehten sich in die Richtung von Prof. Yuki. Dieser redete weiter, nachdem auch André seinen Beifall bekommen hatte. „So. Ich möchte den Rest für die tollen Duelle danken! Ihr habt euch alle gut geschlagen. Die Vier, die ich aufgerufen habe, folgen bitte Professor Alvarez zu ihren Räumen. Ich erwarte viel von euch.“ Bei den letzten Worten sah der Professor direkt in die Augen von Kazuo und André. Dann setzte er sich wieder hin. Die Aufnahme war vorbei und der spanische Lehrer stand wieder direkt neben den vier Neuen. „Folgt mir.“, war das einzige was man von ihm hörte. Kazuo war wieder überrascht, wie schnell Professor Alvarez von den Tribünen neben ihnen aufgetaucht war. Er führte sie direkt zu einen der Häuser. Kurz nach dem eintreten wurde Brittany von einer Dame, sie schien vom Aussehen her Südländerin zu sein, in Empfang genommen. Sie begleite das junge Mädchen in den linken Flügel des Hauses. „So ihr drei Helden. Der linke Flügel ist für el Chicas [die Mädchen] und der rechte für la Chicos [die Jungen]. Verstanden!“ Der Spanier schaute sie ernst an. Doch die Herren verstanden genau und nickten ihm zu. Der Lehrer sprach weiter. „Alle zwei Zimmer sind im Erdgeschoß. Mongezi, dein Zimmer ist die Nummer 403. Du brauchst keinen Schlüssel, denn dein Mitbewohner wird bestimmt schon warten. Ihr beide teilt euch ein Zimmer.“ Er zeigte dabei auf Kazuo und André. Beide schauten sich an und wieder zum Lehrer zurück. „Wenn ihr noch fragen habt kommt ins Zimmer 301. Das ist mein Zimmer. Also, hier euer Schlüssel und viel Spaß ihr drei.“ In einem hohen Bogen warf Professor Alvarez den Schlüssel in Richtung von Kazuo und André. Gerade so schaffte es der Grünäugige den Schüssel zu fangen. Anschließend trotteten die beiden Duellanten ohne etwas zu sagen in Richtung ihres Zimmers, dessen Nummer im Schlüssel eingraviert war. „Ich kann es noch immer nicht fassen!“. André wiederholte diesen Satz ständig in seinen Kopf. Kazuo hingegen suchte die Türnummern ab, bis sie endlich vor ihrer Zimmertür standen.

Zweiter Zug / Neue Freundschaft und andere Probleme

Kazuo schloss mit dem Schlüssel die Tür auf. Es war die Nummer 288. Der Halbspanier staunte beim betreten des Wohnraumes nicht schlecht. Er hatte sich ja vieles ausgemalt. Aber diese Einrichtung erwartete er nicht. Geistesabwesend folgte André seinem neuen Mitbewohner. Der Verwirrte konnte noch immer nicht begreifen, dass er tatsächlich hier stand und nun mit dem Japaner ein Zimmer teilte. Doch beim Anblick des Wohnraumes wurden alle seine Sinne wieder wach. Das Zimmer war riesig. Ein moderner Einrichtungsstil präsentierte sich den zwei Neuankömmlingen. Die Betten standen an der rechten und linken Wandseite. Ein großer Gemeinschaftsschrank stach hervor. Auch Schreibtische mit Stühlen waren vorhanden. Abgerundet wurde das ganze mit einem Teppich und einer Deckenlampe. Die Zusammenstellung der Farben war schlicht. Nur der Teppich wies merklich das bunte Wappen der Duellakademie auf. „Wow!“, kam es aus beiden Mündern. Sie betraten nun ihr Zimmer vollständig und schlossen die Tür hinter sich. Sofort untersuchten sie alles. Neben dem Hauptraum teilte sich die kleine Wohnung in ein Bad und eine kleine Küche auf. André stürmte auf einmal in die Küche. Er durchsuchte alle Schränke und begutachtete den Herd. „Parfait! [Perfekt!] Alles ist da. Nun kann ich mich kulinarisch austoben!“ Sofort musste der Halbfranzose laut loslachen. Denn genau dieses Handwerk, die Kunst der Nahrungszubereitung, beherrschte André ziemlich gut. Neben der französischen und deutschen Küche konnte er auch das eine oder andere, internationale Gericht servieren. Wenn der Schüler kein Duellant wäre, dann hätte er wahrscheinlich einen tollen Koch abgegeben. Allerdings bescherte der Blick in den Kühlschrank keinen Gaumenschmaus. Er gähnte vor Leere. Andrés Magen begann zu knurren. „Ah non! [Oh nein!] Ich bekomme Hunger.“ Er drehte sich um und rief Kazuo. „Hey Kazuo, Tu-est faim? [Bist du hungrig?]“. Nachdem der fremde Junge in die Küche verschwand, zog der Jüngere gleich seine Weste und den Gürtel für die Decks aus, um sie auf einen der Schreibtische zu legen. Kurz darauf ließ er sich auch schon auf das linke Bett fallen. Wie von selbst, begann Kazuo mit sich selbst zu reden. So sah es zumindest für jeden Außenstehenden aus. Jedoch sprach der Junge mit seinen unsichtbaren Freunden, den Geistern seiner Duell-Monster Karten. „Hier lässt es sich doch leben. So viel Komfort hätte ich nicht erwartet. Oder was meint ihr? …“ So in den Gedanken versunken, bekam er nicht die Fragen seines Zimmergenossen mit.
 

Es kam keine Antwort. André fragte erneut. Doch wieder kam keine Antwort. Er ging schließlich zu Kazuo. „Was ist los? Warum antwortest du mir nicht?“ Nun, nachdem Kazuo wieder den Jungen in dem Türrahmen sah, wurde ihm erst bewusst, dass er wohl etwas verpasst haben musste. Er stützte sich auf seine Unterarme ab. Gerade wollte er eine Antwort geben, da kam ihm der Kleinere schon zuvor. André schaute ihn an. Langsam verstand er den vermeintlichen Grund. „Je suis désolé. [Es tut mir Leid] … Entschuldigung! Ich habe vergessen, dass nicht jeder Französisch versteht. Ich wollte nur wissen, ob du auch Hunger hast.“ Gerade hörte der Angesprochene das Wort: „Hunger“, da gab sein Magen auch schon die Antwort mit einem lauten Grummeln. Kazuo hatte total vergessen, wie spät es war. Vor lauter Aufregung hatte er heute auch noch nichts gegessen. Eine leichte Röte schoss ihm ins Gesicht. „Wenn du es gerade erwähnst. Ja, ich habe Hunger. Aber wie kommen wir an etwas zu Essen? Ich glaube nicht das wir schon was hier haben.“ André dachte kurz nach. „Vielleicht weiß Professor Alvarez genaueres. Wir sollten vielleicht ihn erst mal fragen, bevor wir uns selbst auf die Suche machen. …“ Der Duellant stockte. Plötzlich fasste er sich an den Kopf. Ein Lachen überkam ihn. „Ich bin ein Idiot. Excuse-moi. [Entschuldigung] Ich heiß André Burkhard. Ich freue mich dich kennen zu lernen!“ Er reichte dem anderen Jungen die Hand. Etwas überrascht über die Geste nahm Kazuo freundlich die Hand entgegen. „Freut mich auch. Kazuo García mein Name. Die Idee von dir finde ich nicht schlecht. Machen wir uns auf den Weg. Hoffentlich ist Professor Alvarez auch auf seinem Zimmer. Heute müssen die Lehrer bestimmt viel erledigen.“ Der Grauäugige nickte ihm zu. Mit einem leichten Sprung stand der Liegende auch schon wieder neben seinem Bett. Kazuo wollte sich gerade auf dem Weg zur Zimmertür machen, als plötzlich ein Klopfen zu hören war. „Herein! Es ist offen.“ Bevor er auch nur überlegte, kamen ihm diese gewohnten Worte über die Lippen. Die Person vor die Tür ließ sich das nicht zweimal sagen. Das Erste, was man erkennen konnte, war ein großer, metallener Wagen. Das Gefährt quietschte als es in das Zimmer geschoben wurde. Beide Jungs sahen sich verwirrt an, bis endlich ein Kopf dahinter erschien. Es war Professor Alvarez. „Óla [Hallo] ihr zwei. Habt ihr euch schon umgesehen? Ich habe total vergessen, euch eure Sachen zu bringen. Hier, in dem Wagen, sind das Gepäck, etwas zu Essen und die Lehrbücher mit Stundenplänen. Die Nahrungsmittel müssten für eine Woche reichen. Wenn nicht, meldet euch bei mir. Ich wünsche euch noch einen schönen Tag. Ruht euch aus, denn morgen beginnt der erste Schultag. Wenn ihr alles aus dem Wagen geräumt habt, stellt ihn einfach auf den Gang. Nachher wird er vom Hausmädchen abgeholt. Hasta luego! [Bis dann!]“. So schell wie er auftauchte, so schnell verschwand der Spanier auch wieder. Nun, erneut alleine im Zimmer, sah der Rothaarige zu seinem Zimmerkameraden. „Ich werde aus ihm irgendwie nicht schlau? … Ok, ran an die Arbeit“
 

Gleichermaßen irritiert stimmte der Andere ihm zu. Sie begannen die Sachen vom Wagen zu nehmen und zu verstauen. Es dauerte nicht lange, bis alles sich auf seinem Platz befand. Die Kleidung wurde im Schrank untergebracht. Die eigenen Anreisetaschen unter den Betten. Die Bücher auf den Schreibtischen und das Essen in den Kühlschrank. Wie gewünscht stand der geleerte Wagen schließlich auf dem Gang direkt neben der Zimmertür. Schon entschwand André in die Küche. Kazuo machte es sich wieder auf dem Bett bequem und studierte den Stundenplan. Am morgigen Tag standen glücklicherweise nur zwei Fächer an. „Duellgeister“ bei Professor Yuki und „praktische Anwendung“ bei Professor Princeton. Doch bevor er sich weitere Gedanken machen konnte, wurde seine Nase von einem wohltuenden Geruch umspielt. Er hielt inne und nahm jede Duftnote in sich auf. „Das riecht fantastisch“, blitze es durch seinen Kopf. Ein knurren seines Magens bestätigte dies zusätzlich. Der Geruch kam ihm auch irgendwie vertraut vor. Nur wenige Augenblicke später saß er auch schon wartend am Esstisch. Die Küche war so groß, dass sich locker zwei Personen in ihr aufhalten konnten. Der Hungrige hielt es einfach nicht mehr auf dem Bett aus. Als dann das Essen endlich vor ihm stand staunte er nicht schlecht. „Das sieht super aus, wie hast du das hinbekommen? … Alles aus den Zutaten die wir haben?“ Der Halbfranzose lächelte den Mitbewohner an. „Weißt du, ich koche schon mein Leben gerne. Das habe ich von meiner Mutter.“ Er setzte sich ebenfalls an den Tisch. „Aber nun genug geplaudert! Bon appétit! [Guten Appetit!]“ „Ich wünsche dir auch einen guten Appetit.“ Sofort fingen beide an zu essen. Der Hunger wuchs in der Zwischenzeit einfach zu enorm an, so dass beim Essen keine Zeit für eine Unterhaltung blieb. Nach einer halben Stunde war das Grundbedürfnis gestillt und das Gericht restlos vertilgt. Gemeinsam spülten sie das Geschirr ab und machten es sich dann auf ihren Betten gemütlich. Beide ließen noch mal alles auf sich wirken. Jeder durchlief in seinen Gedanken das Geschehene. Die neue Umgebung, die Ereignisse des heutigen Tages und was wohl noch alles in der Zukunft passieren konnte. Der Grünäugige ergriff schließlich das Wort. „Hast du dir schon deinen Stundenplan angesehen? Ich habe morgen nur Duellgeister und praktisches Anwenden. Ich bin gespannt was mich da erwarten wird.“ „Interessant!“, antwortete der Gefragte. „Ich habe morgen auch Duellgeister und die praktische Anwendung. Allerdings kommt Duellstil-Management bei Professor Rhodes hinzu. Hast du das überlesen? Mal schauen wie der Unterricht abläuft.“ Verträumt sah der Koch zur Decke. Der Südländer überraschte die gleiche Stundenbelegung. Bei genauerer Betrachtung fiel ihm auf, dass der Andere Recht behielt. Auch er hatte Duellstil-Management. „Das hätte ich nicht erwartet. Aber umso besser. Dann ist wenigstens eine Person da, die ich schon kenne.“ Ein freundliches Lächeln bildete sich auf dem Gesicht von Kazuo. „Was glaubst du wie Professor Yuki wohl ist? Man hat ja schon so viel von ihm gehört. Aber ob wirklich alles wahr ist?“ Durch Kazuos Worte wieder zurückgeholt wendete sich André von der Decke ab. „Ich weiß es nicht. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass er ein brillanter Duellant und Lehrer ist. Lassen wir uns doch einfach überraschen.“
 

Eine kurze Stille breitete sich aus, ehe André weiter sprach. „Ich bin immer noch überrascht, dass ich nun hier liege. Dabei habe ich verloren. Das Leben ist seltsam. Hat immer eine Überraschung parat.“ Vor seinem inneren Auge spielte sich ein sehr trauriges Ereignis in seinem Leben ab. Der Schmerz darüber saß noch tief. Doch konnte er nichts mehr daran ändern. „Du bist Spanier, oder? Ich denke es einfach mal, weil dein Nachname spanisch klingt.“ „Fast richtig. Meine Mutter ist Japanerin und mein Vater Spanier. Ich habe ihn aber schon lange nicht mehr gesehen. Er ist wegen seiner Arbeit sehr viel unterwegs. Was aber nicht heißt, dass ich keinen Kontakt zu ihm habe. Er hat mich bis jetzt mindestens einmal pro Woche angerufen.“ Kazuo gingen noch mal die wichtigsten Erlebnisse seines Lebens durch den Kopf. Was er schnell wieder verwarf, denn jetzt wartete ein neuer Abschnitt auf ihn. „Deine Eltern müssen richtig stolz auf dich sein.“ André verstummte für einen Moment. Noch ehe Kazuo darauf reagieren konnte, fuhr der Europäer fort. „Ich bin das Produkt einer deutsch/französischen Liebe. Na ja, Liebe kann man nicht mehr sagen. … Als ich noch ein Kleinkind war, gerade mal sechs Jahre, haben sich meine Eltern getrennt. Sie haben sich nicht mehr verstanden. Streit hat ihren und meinen Alltag bestimmt. Das war schlimm. …“ Erneutes Schweigen erfüllte den Raum. Etwas verwirrt über diese Ehrlichkeit schwieg der Zuhörer einige Momente. „Ich weiß ungefähr was du meinst. Meine Eltern haben sich auch geschieden. Sie lebten sich im Laufe der Zeit zu weit auseinander. Am Anfang bestimmte der Streit die meisten Auseinandersetzungen. Doch jetzt sind sie gute Freunde. Wir leben sogar wieder alle unter einem Dach. Was den Stolz betrifft, meine Mutter ist immer noch der Meinung, dass Duell-Monsters nur ein Spiel ist. Deswegen werde ich bisher von meinem Vater unterstützt. Dafür bin ich sehr dankbar, sonst hätte ich wohl nie meinen Traum so gut ausleben können.“ Während Kazuo sprach schoss ihm noch mal ein Bild von seinem Vater und seiner Mutter mit ihrem typischen Gesichtsausdruck, wenn es zum Gespräch über Duell-Monster kam, durch seinen Kopf. Dabei konnte er sich ein einfaches Grinsen nicht verkneifen. „Ich liebe meine Eltern. Sie lieben mich auch. Aber, es ist anders. Wir bilden nun keine Einheit mehr. … Egal!“ Der andere Erzähler begann zu lächeln. „Es bringt nichts in der Vergangenheit zu verweilen. Die Zeit treibt uns in Richtung Zukunft. Ein Zurück gibt es nicht. Es geht nur noch vorwärts.“ Der 19 Jährige schaute zu seinem Zuhörer. „Ich habe das bisher nicht vielen erzählt. Ich hoffe, wir können Freunde werden.“ Jetzt war Kazuo etwas über die direkte Art des Anderen überrascht. Er fühlte sich bei André wohl und hatte schon seit Jahren nicht mehr so viel mit einer Person geredet. Für ihn war klar, dass einer guten Freundschaft nichts im Weg stehen würde. Er erwiderte den Blick mit einem genauso freundlichen Lächeln. „Klar. Es würde mich freuen, wenn wir Freunde werden. Ich weiß nicht warum, aber mit dir zu reden ist einfach toll. Um ehrlich zu sein, ich habe schon seit Jahren mit niemanden so lange geplaudert.“ Den Älteren verblüffte die Offenheit seines Gesprächpartners ebenfalls.
 

Spontan wechselte er auf das Thema Duell-Monsters. „Ich habe deinen Duellstil gesehen. Ich bin sehr beeindruckt. Aber es sieht so aus, dass du viele Varianten spielst. Ein Hauptdeck gibt es wohl bei dir nicht.“ Über den plötzlichen Themenwechsel etwas überrascht, musste der Angesprochene erst mal überlegen, was er antworten konnte. „Alle meine Decks sind meine Hauptdecks. Es gibt keins was ich weniger oder mehr bevorzuge. Sie sind meine Freunde und ein Teil meiner Familie. So habe ich mir meine Freunde „gesucht“. Wenn man es so sagen kann. Denn ich war eigentlich noch nie der gesprächige Typ, was oft in meiner Altersgruppe wohl als seltsam abgestempelt wurde. Ich hatte auch nicht unbedingt andere Gesprächsthemen als Duell-Monster, was auf meiner Schule eher zurück geblieben ist.“ Der letztere Teil hörte sich schon fast verträumt, nostalgisch an. „Aber genug davon. Wie du schon gesagt hast. Die Vergangenheit ist vorbei und man sollte in der Gegenwart leben. Außerdem bin ich nicht der Einzige in diesem Zimmer, der einen interessanten Duellstil besitzt. Vor allem deine Karten sind interessant. Ich habe zwar schon von ihnen gelesen, aber in Aktion durfte ich sie noch nicht sehen. Man kann richtig spüren, dass du eine enge Bindung zu deinen Karten hast. Wieso eigentlich Harpyien und Einhörner?“ Das Gespräch entwickelte sich auf beiden Seite sehr vielversprechend. Sie hatten einen guten Draht zueinander. Ihre Interessen glichen sich. „Fabelwesen sind toll. Ich finde sie einfach faszinierend. Besonders das Einhorn und die Harpyie gehören zu meinen Favoriten. Das Einhorn hat etwas Starkes und Sanftes zugleich. Die Harpyie ist eine kämpferische Frau, die ihren Willen mit Kraft und Krallen durchsetzt. Vielleicht spiegeln ausgerechnet diese Zwei mein Inneres wieder. Immerhin sollen Duellanten mit ihren Lieblingskarten eine besondere Beziehung eingehen. So heißt es zumindest. Mein Deck baut jedenfalls auf ihnen auf. Aber, ich erzähle wahrscheinlich nichts Neues.“ Wieder konnte sich Kazuo kein Grinsen verkneifen. Langsam fühlten sich seine Mundwinkel taub an. So viel gelächelt und gegrinst hatte er schon eine lange Zeit nicht mehr. „Nein, da sagst du nichts Neues und ich für meinen Teil war auch schon immer von Fabelwesen fasziniert. Wenn sich meine Gedanken nicht gerade um Duell-Monster drehten, ist es ein angenehmer Zeitvertreib von mir. Die Chimären haben es mir angetan. Ich habe mal eine Frage: Ist dir heute das erste Mal eine Karte erschienen? Ich konnte vorhin erkennen, dass sich eine Karte langsam materialisiert hat. Nur konnte ich nicht genau erkennen was für eine.“
 

André schaute den Halbjapaner erstaunt an. „Du hast Einhorn gesehen? Krass. Dann kann nicht nur ich Duellgeister sehen.“ Kazuo nickte. Er redete weiter. „Habe ich mir fast gedacht. Der Schleier des Wesens und deine Reaktion darauf waren eindeutig. Das erste Mal, als ich welche gesehen habe, ist für mich etwas Besonderes. Ich erinnere mich sogar noch an meine erste Karte.“ Fast wie durch ein Startsignal tauchte „Der Kobold der tobenden Flammen“ auf der Schulter des Besitzers auf. „Da ist er ja schon. Er ist ein kleiner Schelm. Pass also gut auf und seine Neugier ist unschlagbar. Trotzdem möchte ich ihn nicht unter meinen Freunden missen.“ Kurz darauf flog die kleine Gestalt auch schon los. Er drehte eine Runde um den Kopf von André. Währenddessen setzte sich Kazuo in seinem Bett auf. Als der Feuerkobold anscheinend genug gesehen hatte, flog dieser zurück zu ihm. Auf Kazuos Kopf legte er sich gemütlich hin. Die Stelle schien wie geschaffen. Umrandet von dem Feuer ähnelnden Haar. Dabei grinste der Zwerg frech in die Richtung, wo André ihm zusehen konnte. „Er scheint dich zu mögen“, kam darauf nur von Kazuo als kleine Feststellung. „Er ist niedlich. Erinnert mich an ein kleines, verspieltes Kind.“. Andrés Blick wendete sich seinem Duellgeist zu. Das pferdeähnliche Wesen stand neben seinem Bett und verfolgte das Geschehen. Sein Besitzer erhob die Hand und streichelte über die Stirn des Duell-Monsters. Es schnaufte vor Glückseligkeit. „Ich hab noch ein paar weitere Freunde. Wobei jeder natürlich seinen eigenen Charakterzug besitzt. Aber ich möchte dich nicht überfordern. Ich kann nachvollziehen wie unerwartet und plötzlich das Erscheinen dieser Duellgeister am Anfang ist. Doch wie es funktioniert, dass eine Karte echt wird, weiß ich bisher auch nicht. Aber hoffentlich werden wir das morgen in unserem Unterricht erfahren.“ Zwischendurch setzte der kleine Kobold wieder zum Flug an, um mal das ganze Zimmer richtig zu erkunden. Schnell rief Kazuo noch der kleinen Kreatur hinterher. Stell aber nichts an. Hast du verstanden!?!“ Was aber nur mit einem vorwitzigen Kichern beantwortet wurde. „Er ist zwar der Erste gewesen, aber irgendwie auch der mit den meisten Flausen im Kopf.“ Ein leichter Seufzer entglitt dem Mund des Spielers. André konnte sich kein Grinsen verkneifen. „Aber er passt zu dir.“, antwortete er darauf. Ein lautes Gähnen entfuhr Kazuo. „Oh, Entschuldigung.“ Ein schneller Blick auf die Wanduhr zeigte ihm, warum er auf einmal so müde wurde. Es war schon spät geworden. „Ich glaube wir sollten uns langsam mal schlafen legen. Es ist schon nach 23 Uhr und morgen fängt unsere neue Zukunft an.“ Auch der Europäer konnte ein Gähnen nicht zurück halten. Sein Duellgeist hatte sich bereits zum schlafen hingelegt und schlummerte tief. „Ich bin auch hundemüde. Lass uns nun schlafen. Der morgige Tag wird anstrengend. Da sollten wir fit sein.“ Er zog seine Decke an sich heran. Kuschelig und warm war sie. André fielen langsam die Augen zu. Jedoch hörte er seinem Mitschüler weiterhin zu. Zwar lagen beide nun unter ihrer Decke, doch redeten sie noch miteinander. Bis tief in die Nacht hinein. Man merkte es ihnen äußerlich nicht an. Doch die Aufregung und Spannung auf den nächsten Tag erschwerte ihnen das einschlafen. „Was würde geschehen?“ Mit diesem letzten Satz entglitten sie dann doch ins Land der Träume.
 

Am Morgen des neuen Tages wachte André zuerst auf. Kazuo schlief noch fest als er sich auf den Weg ins Bad machte. Nach dem allmorgendlichen Waschritual und frisch angezogen, verschlug es ihn sofort in die Küche. Laut gähnend bereitete der Ältere das Frühstück für Kazuo und sich zu. Es war eine Mischung aus belegten Broten und Müsli. Dazu gab es Fruchtsaft und viel Obst. Der Halbfranzose verstand es eine vollwertige Mahlzeit auf den Tisch zu zaubern. Selbst wenn es sich dabei legendlich um das Frühstück handelte. Der halb Schlafende hörte zwar, dass sein Zimmergenosse aufgestanden war, doch blieb er lieber noch ein wenig im Bett liegen. Er war schon immer ein Morgenmuffel gewesen. Nach ein paar Minuten hielt Kazuo es aber auch nicht mehr im Bett aus. Denn es dauerte nicht lange und es erreichte ihn auch schon der verführerische Geruch des Frühstücks. Immer noch ziemlich verschlafen trottete der Duellant, nur in Boxershorts bekleidet, langsam in die Küche. Sein rechtes Auge reibend und noch mal herzhaft gähnend brachte er gerade so ein „Morgen“ heraus. André begrüßte den Anderen. „Bonjour! [Morgen!] Hast du gut geschlafen?“ „Gut geschlafen habe ich. Aber nicht lang genug für meinen Geschmack. Wie viel Zeit haben wir noch? Ich muss mich ja noch fertig machen.“ Darauf antwortete der Koch mit seiner freundlichen Stimme: „Frühstücke erst einmal. Wir haben etwas mehr als eine Stunde noch, bis der Unterricht bei Prof. Yuki anfängt.“ Das ließ sich Kazuo nicht zweimal sagen. Es roch köstlich. Zwar lag nur ein normales Frühstück vor ihm auf dem Tisch ausgebreitet, doch sah es unglaublich lecker aus. Sofort begann er sein Frühstück zu genießen. Es war einfach perfekt. Alles passte zusammen. Selbst das Müsli war klasse, obwohl der Jüngere eigentlich kein Fan von Müsli war. Die Zeit verstrich. André wartete im Wohnraum auf seinen Kumpel. Zum ersten Schultag trug André ein schwarzes T-Shirt. Auf der Vorder- und Rückseite war ein silbernes Tribal aufgedruckt. Dazu hatte er eine zerschrammte Jeans und weiße Schuhe an. Seine Arme wurden mit dunklem Unterarmstülpen bedeckt. Um seinen Hals hing an einem Lederband ein Eisernes Kreuz. Ein rockermäßiges Outfit legte der Schüler an den Tag. „Kazuo! Beeil dich! Wir kommen sonst zu spät!“, rief er schließlich. Der Gerufene schreckte auf und sah auf die Uhr. Es waren 50 Minuten vergangen. Außer frühstücken kam er zu nichts weiterem. Der letzte Rest Müdigkeit war schlagartig verschwunden. Sofort sprang er auf und flitzte ins Bad. Dort angekommen kämmte er sich und wusch sich das Gesicht, für mehr blieb keine Zeit mehr. Danach, zum Schrank stürmend und schnell Kleidung herausfischend, wuselte er in Eiltempo durch das Zimmer. Schnell zog er eine schwarze Hose an und warf dazu ein gelbes T-Shirt über sich. In aller Eile griff er nach seiner roten Weste und den Gürtel mit seinen Decks. Anschließend schlüpfte er in seine Schuhe und raste durch die offene Tür, an der schon André ungeduldig wartete. Sie rannten von den Wohnblocks in Richtung der Akademie. Ihnen blieb nicht mehr viel Zeit. Die Zeit verflog wie im Flug. Auf die letzte Sekunde genau betraten sie das Unterrichtszimmer für „Duellgeister“. „Puh! Noch rechtzeitig.“, atmete der Rocker auf. Beide mussten schwer nach Luft schnappen und stützten sich dabei auf ihre Knie ab.
 

„Na endlich!“ erklang es plötzlich. Erschrocken zuckten beide zusammen. „Wer war das?“, fragten sich die Schüler. Als ihre Köpfe aufsahen, erblickten sie ihren Lehrer. Professor Yuki. Er saß auf seinen Stuhl am Lehrerpult und wartete bereits auf die Neuen. „Jetzt setzt euch. Der Unterricht hat bereits begonnen.“, forderte der Braunhaarige die Zwei auf. André und Kazuo beeilten sich und nahmen Platz. Doch etwas stimmte nicht. „Zuerst möchte ich mich Euch vorstellen. Mein Name ist Prof. Jaden Yuki. Ich unterrichte das Fach „Duellgeister“ an dieser Akademie. Am ersten Tag möchte ich, dass sich jeder der Klasse vorstellt.“ „… der Klasse vorstellen? …“ Irritiert sahen sich die beiden Männer um. Sie saßen in der ersten Reihe und das alleine. „Äh, Professor Yuki? Entschuldigen sie meine Frage, aber wir sind doch nur zu zweit? Sind nicht noch mehr Schüler in diesem Fach?“ fragte Kazuo etwas verwirrt. Sein Mitschüler nickte zustimmend. Doch der Lehrer blieb gelassen. „Es gibt keine Mindestanzahl für eine Klasse. Es ist wahr. Ihr seid die Einzigen, die an diesem Fach teilnehmen werden. Aber bitte stellt Euch trotzdem nacheinander vor.“ Immer noch verwirrt stand schließlich André auf. Er verbeugte sich vor der Lehrkraft. „Monsieur le professeur. [Herr Professor] Mein Name ist André Burkard. Ich komme aus Straßburg, Europa. Ich freue mich Sie kennen lernen zu dürfen.“ Er setzte sich wieder. Dem Beispiel seines Freundes folgend stand auch der Halbspanier auf. „Mein Name ist Kazuo García. Ich komme aus Domino City und bin auch sehr erfreut Sie kennen lernen zu dürfen.“ Danach setzte er sich wieder auf seinen Stuhl. Jaden lächelte. „Sehr schön. Ich werde euch mit André und Kazuo ansprechen. „So, als nächstes steigen wir nun in die „Duellgeister“ Thematik ein. Holt bitte eure Decks heraus.“ Die Schüler kramten in ihren Taschen und legten schließlich die Kartenstapel vor sich auf den Tisch. Vor Kazuo waren nun neun Decks nebeneinander aufgereiht. „Gut. Nun passt auf.“ Jaden zog eine Karte aus seiner Hemdtasche und zeigte sie. Auf ihr war ein geflügelter Kuriboh zu sehen. „Komm heraus, alter Freund!“, sprach er zu der Karte. Sie erleuchtete. Aus ihr hüpfte eine runde Haarkugel heraus. An ihrer Seite öffneten sich die zusammengeklappten Flügeln zu ihrer vollen Länge. Mit großen Kulleraugen schaute es die Neulinge an. Der Grauäugige konnte es nicht fassen. „Krass!“, das war alles, was er heraus brachte. Kazuo war nicht so überrascht wie sein Klassenkamerad. Er hatte ja schon am Tag zuvor die kleine Fellkugel beim Aufnahmeritual um den Professor fliegen gesehen. Doch musste er zugeben, dass das Duell-Monster in der Nähe noch niedlicher war.
 

„Wie ihr gesehen habt, ist es sehr einfach, dass ein Duellgeist erscheint. Aber weiß jemand, wie das passiert?“ Die Frage des Lehrers blieb unbeantwortet. Keiner wusste es. Jaden fuhr fort. „Duellgeister sind unsere Freunde und Beschützer. Sie können nur erscheinen, wenn man eine starke Bindung zu ihnen hat. Meistens ist es ein Duellgeist, der als Abdruck auf unserer Lieblingskarte zu sehen ist. Zu dieser Karte herrscht oft die größte Bindung, die aus Respekt und Liebe besteht. Und nur so ist es dem Duellgeist möglich, sich in der realen Welt zu materialisieren.“ Seine Schüler staunten Bauklötze. Diese Antwort war so simpel und doch ist keiner der Zwei darauf gekommen. „Nun möchte ich eure Duellgeister sehen. Schließt dabei eure Augen. Konzentriert euch. Fühlt das Band. Das Band, welches euch mit eurem Duellgeist verbindet.“ André und Kazuo folgten den Anweisungen von Prof. Yuki. „Wenn ihr die Verbindung spürt, dann ruft den Duellgeist bei seinen Namen. … Jetzt!“ Doch dann unterbrach der Halbspanier die Situation mit einer Meldung. Die Lehrkraft bemerkte das mit einem Grinsen. „Ja? Was ist Kazuo?“ Etwas verlegen, dass er sich schon so früh melden musste, antwortete der Rothaarige mit leichter Schamröte. „Ich wollte fragen, ob ich alle meine Duellgeister herbeirufen soll?“ Jaden schien im ersten Moment etwas verwundert über diese Frage. Doch schnell erschien wieder das freundliche Lächeln auf seinen Lippen. „Ja Kazuo, wenn du das schaffst, bitte ich dich darum. Aber ich glaube André sollte anfangen.“ Der Europäer war immer noch konzentriert und hatte seine Hand auf sein Deck gelegt. „EINHORN!“, rief er. Neben sich erleuchteten kleine Sterne. Sie bildeten eine Spirale, aus der das Wiehern eines Pferdes ertönte. Als das Licht verblasste erschien das Einhorn in seiner vollen Lebensgröße. Der Duellant war stolz auf sich, dass es bei ihm auf Anhieb klappte. Sanft streichelte er die Stirn seines Duellgeistes. Sein Zimmernachbar freute sich mit ihm. Doch nun war er selbst an der Reihe, was noch mal durch einen Blick von seinem Professor bestätigt wurde. Nervosität stieg in ihm auf. Zwar hatte er schon oft seine Freunde um sich, aber sie noch nie bewusste gerufen. Kazuo schloss seine Augen und stellte sich jeden bildlich vor. „Kommt meine Freunde“, rief er. Sofort umschlossen ihn mehrere unterschiedliche Lichter. Nach und nach tauchten seine Kreaturen auf. Zuerst der kleine Feuerkobold. Gefolgt von drei fast identischen Batteriemänner AA, die nur jeweils eine andere Farbe im elektrischen Feld, welches sie umgab, besaßen. Etwas abseits stand Exodis mit verschränkten Armen. Über den Kopf von Kazuo schwebte eine grünfarbige Wolke die etwas Ähnlichkeit mit einer Katze hatte. Dazu kam ein lilafarbiger Frosch mit einem Horn auf seiner Stirn, der sich direkt auf der Schulter des Jungen bequem machte. Genauso abseits wie Exodis verbargen sich weitere Duellgeister. Sie trauten sich jedoch nicht näher heran. „Einige sind ziemlich schüchtern gegenüber Fremden. Dazu kommt jetzt noch, dass sie gesehen werden können. Ich möchte mich für sie entschuldigen. Vielleicht trauen sie sich ein anderes Mal näher heran.“ Auf die nächste Reaktion des Lehrers war Kazuo nicht gefasst gewesen. Professor Yuki klatschte in die Hände. „Fantastisch. Ihr beherrscht die Kunst des Duellgeist aufrufen perfekt. Das erste Themengebiet ist somit abgeharkt.“ Er grinste sie an. Die Jungs freuten sich. Duellgeister“ gefiel ihnen. Der Unterricht war locker und Jaden schien Spaß zu verstehen. Einen besseren Lehrer hätten sie sich nicht wünschen können. „Jeder von euch bekommt eine 1+. Für heute ist Schluss. Das kommende Fach findet in der großen Halle statt. Dort erwartet euch Prof. Princeton bereits. Aber ich gebe euch einen Tipp: Legt euch ein dickes Fell zu!“ Daraufhin lachte er laut auf. Er kannte seinen Kollegen genau und warnte seine Schützlinge lieber vor. Der Halbfranzose und Grünäugige verstanden die Warnung. Keiner vergeudete seine Zeit. Höflich verabschiedeten sie sich von Jaden. „Praktische Anwendung“ stand nun an. Was sollte sie dort erwarten?
 

Die Halle befand sich nicht weit vom Unterrichtsraum entfernt. Dort angekommen war bereits einiges los. Schüler und Studenten, unterschiedlicher Jahrgangsstufe, duellierten sich. Der Anblick konnte einem den Atem rauben. „Kazuo, wir müssen sofort zu Professor Princeton.“, sprach André zu seinem Freund. Der Zimmergenosse antwortete nur mit einem Nicken und folgte ihm. Er sah sich in der Halle um. So viele Duelle gleichzeitig hatte er noch nie gesehen. Hier und da waren sogar Monster, die er nur vom Lesen kannte. Der Südländer war innerlich total aufgeregt und konnte es schon gar nicht mehr abwarten, sich ins Getümmel zu stürzen. Sie gingen an den anderen Duellanten vorbei und schauten nach ihrer Lehrkraft. Endlich erblickten sie den Lehrer. „Da ist er. Monsieur le professeur [Herr Professor]“, rief André. Der Angesprochene drehte sich zu ihnen um. Ein düsterer Blick machte seine Mimik aus. „Na also, nun haben sich auch Herr García und Herr Burkhard zum Unterricht bequemt. Das gibt schon mal Minuspunkte für Unpünktlichkeit.“ Er grinste seine neuen Schüler herablassend an. Doch bevor der Europäer etwas dagegen sagen konnte, wurde er gleich zum Opfer von Chazzs heutiger Laune. „Ihr Französisch können Sie gleich ablegen. Mit dieser Sprache kommen Sie bei mir nicht weiter. Als schlechtester Duellant, der sich beim Willkommensduell präsentiert hat, werden Sie sich umso mehr anstrengen müssen, um meine Richtlinien für die Benotung einhalten zu können.“ Die kalte und abweisende Art des Lehrers versetzte André einen Schlag ins Gesicht. Professor Princeton gab ihm zu verstehen, dass er es am schwersten bei ihm haben wird. Der totale Gegensatz zu Professor Yuki war eindeutig. Jetzt verstand der Grauäugige auch, weshalb er sich ein dickes Fell zu legen sollte. André drückte seine Hand zu einer Faust zusammen. Hielt sich aber zurück und schwieg. Seine Anspannung sah man ihm an. Kazuo sah sofort die Wut bei seinem Freund. Sachte legte er eine Hand auf dessen Schulter. Dabei lächelte er ihn an und versuchte ihn ein wenig zu beruhigen. Was zu helfen schien, denn langsam entspannte sich die Faust des Halbfranzosen wieder. „Nun zu Ihnen, Herr Garcia. Ich schätze Ihren Duellstil nicht besser als der von Herrn Burkhard ein. Vor allem die Tatsache, dass Sie im ersten Duell gegen Professor Rhodes die Exodia in der Hand besaßen, beeindruckt mich wenig. Im Gegenteil. Es zeigt mir nur wie viel Glück Sie im Endeffekt hatten. Mehr nicht!“ Sofort erkannte er das Motiv seines Lehrers. Er wollte sie provozieren. Doch darauf fiel der Rothaarige nicht rein. „Ich bin genau derselben Meinung wie sie Prof. Princeton. Deswegen habe ich ja auch um eine Wiederholung gebeten. Da Glück alleine ein Duell nicht entscheidet, aber ein großer Bestandteil von Duell-Monsters ist.“ Die Antwort schien Chazz nicht zu gefallen. Den Halbspanier ignorierend fuhr er fort. „Es ist in der praktischen Anwendung Tradition, dass sich die Neulinge untereinander duellieren. Dieses Jahr jedoch, machen wir da eine ganz kleine Änderung.“ Er grinste teuflisch. „Oh nein, was hat er vor?“, schoss es André durch den Kopf. „In diesem Schuljahr werden sich die zwei besseren Neulinge gegen die zwei schlechteren im Team-Match duellieren. Das Ergebnis entscheidet über die erste Benotung. Fräulein Wilson, Herr Makeba, bitte hervortreten.“ Aus seinem Rücken traten die Genannten hervor. Sie lächelten. Der Europäer biss erneut auf die Zähne. „Auweia! Ausgerechnet die Zwei gegen uns. Prof. Princeton möchte Kazuo und mich wohl am Boden sehen. Aber da werde ich nicht mitspielen. Ja, lacht nur. Ich zeige euch, was ich alles kann.“ Seine Augen funkelten die Gegner an. Die Hand, die immer noch auf der Schulter lag, drückte leicht. Kazuo stand immer noch ganz ruhig vor seinen Kontrahenten. Etwas näher an seinen Kampfpartner tretend erkannte er die steigende Wut bei seinem Zimmerkameraden. „Beruhige dich. Er möchte uns nur provozieren und damit testen, wie wir mit so etwas umgehen können. Wenn er wollte, dass wir gnadenlos besiegt werden, hätte er sich seine besten Schüler rausgepickt und nicht die anderen zwei Neulinge. Also ganz ruhig. Sonst übersiehst du noch einen guten Zug im Spiel. Außerdem weiß ich, dass du gut spielst und sie keine Chance gegen uns haben.“ Langsam nahm Kazuo die Hand von der Schulter und machte sich bereit für das Duell. Er griff zu einen seiner Decks am Gürtel und begann wieder vor sich hin zu reden. „So meine Freunde, ihr wart schon lange nicht mehr an der Reihe. Ich zähle auf euch.“ Der Ältere kochte vor Wut. Zwar hatte Kazuo Recht, aber sein Temperament konnte sich nicht so schnell beruhigen. Er bereite ebenfalls sein Deck vor. „So, ich glaube heute ist Frauen-Power angesagt. Mal sehen, ob es klappt.“, dachte der Halbfranzose sich dabei. Wieder ertönte die Stimme von Chazz. „Stellt Euch auf. Fräulein Wilson wird den ersten Zug eröffnen“, befahl der Lehrer. Alle nahmen ihre Positionen ein. „Das Duell beginnt, … JETZT!“ Gleichzeit legten die Neulinge ihre Decks in die Duell-Disk und riefen: „Zeit für ein Duell!“
 

Die Amerikanerin sah sich ihr Blatt an. Sie grinste. „Let the show begin! [Lass die Vorführung beginnen!]. Ich spiele „Elementarheld Wildheart“. Im Angriffsmodus.“ Der Indianer erschien und ließ seine Muskeln spielen. „Dann lege ich noch zwei Karten verdeckt. Du bist dran, Rotschopf.“ Ein kurzer Blick auf die Handkarten reichte für Kazuo aus, um sich seine Strategie auszumalen. Dieses Deck hat viele Fähigkeiten und das würden bald auch seine Gegner spüren. Doch dafür war noch nicht die richtige Zeit gekommen. „Ich lege eine Karte verdeckt und beende damit meinen Zug.“ Nun war Mongezi an der Reihe. Davor nickte der Jüngere noch mal zu seinem Kameraden, in der Hoffnung, dass dieser die Geste verstand. Denn er hatte einen Plan. Der Afrikaner spielte „Kycoo, den Geisterzerstörer“. Ebenfalls im Angriffsmodus. Auch er legte eine Karte verdeckt in seine Kartenzone. Er griff allerdings nicht an. „Ich lasse mir Zeit. Eure Niederlage soll nicht so schnell erfolgen“, kündigte der braunäugige Spieler selbstsicher an. Dabei konnte der Junge ein hämisches Grinsen nicht unterlassen. Nun war André dran. Er hatte die Geste verstanden. „Jetzt werde ich dieses Duell beschleunigen. Kazuo wird es dann im nächsten Zug beenden können.“ Er sah sich seine Hand an und begann seinen ersten, gnadenlosen Zug. „Ich aktiviere die Feldzauberkarte: „Jagdgründe der Harpyien“. Eine Windböe umspielte das Geschehen. Das Spielfeld veränderte sich von Beton zu einer Ebene. „Als nächstes beschwöre ich meine „Cyberharpyie“. In Angriffsposition.“ Die Vogelfrau erschien mit einem lauten, typischen Schrei. Ihre Rüstung schimmerte im Tageslicht. 2000 ATK und 1500 DEF. „Die Jagdgründe erhöhen nicht nur ihre Angriffs- und Verteidigungsstärke um 200. Nein, auch der spezielle Effekt meiner Feldzauberkarte wird aktiviert. Harpyie! Zerstöre die Karte von Monsieur [Herrn] Makeba.“ Das Monster bekam eine blitzartige Peitsche. Die Harpyie holte aus und die Blitzpeitsche zerstörte die verdeckte Fallenkarte. „Super, nun zu ihnen Mademoiselle [Fräulein] Wilson. Auch sie sollen die Stärke meiner Harpyien spüren. Ich spiele: „Vornehmer Egotist“. Die Vogelfrau erhob ihren rechten Flügel und kicherte. Daraufhin bildete sich am Himmel ein Kaleidoskop. Aus einer Harpyie wurden Drei. Jede der Damen besaß 2150 ATK 2300 DEF. Die „Harpyien-Schwestern“ befanden sich nun auf Andrés Seite. „Harpyien-Schwestern, befördert meine gewählten Karten auf den Friedhof. Blitzpeitsche aktivieren!“ Wie befohlen schlugen die Peitschen auf die verdeckten Karten des Mädchens ein. Sie zersprangen in tausend Teile. Seine Gegner waren schockiert. Ihre Verteidigungen fielen dem Effekt der „Jagdgründe der Harpyien“ zum Opfer. Zu ihrem Glück hatte die Sache einen Hacken. Auch Andrés Feldzauberkarte verschwand vom Spielfeld, da mit drei Vogelfrauen auch drei Karten zerstört werden mussten. Doch der Duellant war noch lange nicht fertig. „Harpyien, Angriff auf die Monster und Lebenspunkte der Beiden. Zeigt eure Krallen! ATTACKE!“ Dieser Schlachtruf war für seine Damen das Startsignal. Die Harpyie, mit dem orangen Haar, griff den Elementarhelden an. Er wurde zerstört und seiner Besitzerin 450 Lebenspunkte abgezogen. Die Dritte der Schwestern nahm sich Kycoo aufs Korn und verarbeitete ihn zum sprichwörtlichen Hackfleisch. Mongezi verlor 150 Punkte. Zum Schluss erzeugte die Anführerin der Harpyien-Schwestern einen Windstoß, der die Lebenspunkte mit 1950 weiter reduzierte. Die zwei angeblichen Elitenduellanten schrieen auf. Insgesamt verloren sie 2550 Punkte. Ihnen blieb noch 5450 von 8000 Lebenspunkten. Der Europäer beendete nach legen einer verdeckten Karte seinen gelungenen Zug.
 

Es hatte sich schon eine kleine Menge an Interessenten um das Duellfeld versammelt. Ein zustimmendes Raunen ging durch die Masse als der Spieler sein Zug beendete. Sichtlich sauer zog Brittany ihre nächste Karte. Sie hatte mit so einem vernichtenden Anfangszug nicht gerechnet. Nach einem Blick auf die Karte hellte sich ihre Mimik wieder auf. „Ich lege ein Monster verdeckt in Verteidigungsposition und beende meinen Zug.“ Sie schien der Meinung zu sein, die Lage unter Kontrolle zu bringen. Nun war allerdings Kazuo an der Reihe. Er zog und sah schnell über seine sechs Karten in der Hand. Wenn alles so funktionierte, wie er es plante, würde dieser Zug der Letzte in diesem Match sein. „OK, Ich spiele die Spielfeldzauberkarte „Antike Stadt der Humanoiden“. Aus dem Hallenboden erhob sich eine Stadt aus weißem Marmor mit unterschiedlichsten Statuen von Menschen ähnlichen Kreaturen. Sie alle reihten sich hinter dessen Besitzer auf. „So, jetzt beschwöre ich mein Monster „Humanoider Wolf Fallensteller“ mit 1500 ATK und 1500 DEF.“ Sofort erschien, mit einem lauten Heuler, eine Art Werwolf. Um ihm herum hingen Fallen und Netze, sowie Seile. Das Wesen war mit allerlei bewaffnet. „Jetzt setze ich die Fähigkeit meines Fallenstellers ein. Wenn ich eine verdeckte Fallenkarte auf meinem Feld zerstöre, kann ich ein verdecktes Monster auf der gegnerischen Seite sofort und ohne das es seinen Effekt aktiviert wird auf den Friedhof legen.“ Das Monster der Blauäugigen konnte sich noch nicht mal zeigen und war schon im Friedhof verschwunden. Von einem Schrei des Entsetzens begleitet verschwand das verdeckte Monster mit der verdeckten Fallenkarte des Rothaarigen. „Nein, mein „Verwandlungskrug Nr. 2“. Das kann doch nicht sein. Was sind das überhaupt für Karten. Du schummelst doch!“ Kazuo entgegnete nur kühl: „Tut mir Leid dir das sagen zu müssen, aber ich schummle nicht und die Karten waren ein Geschenk meines Vaters aus Spanien. Ich kann nichts dafür, dass du sie nicht kennst.“ Zustimmend nickte André. „Diese Karten habe ich bereits gesehen. Ein Lehrer an unserer Schule spielte diese Karten auch. Machen sie sich also auf einiges gefasst, Mademoiselle [Fräulein].“ Er konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Kazuo fuhr fort. „Mein Zug ist daher noch nicht zu Ende. Ich spiele „Törichtes Begräbnis“ und lege eine beliebige Monsterkarte von meinem Deck auf den Friedhof. Danach mische ich es anschließend. Ich wähle meinen „Humanoiden Einhorn-Reisender“. So. Jetzt aktiviere ich meine Fallenkarte.“ Brittany wurde schon rot vor Wut. „Was für eine Fallenkarte! Du hast nur ein Monster auf dem Feld.“ Der Halbspanier winkte diese Tatsache ab. „Diese hier.“ Auf einmal fing der Friedhof an zu leuchten und eine Falle erschien auf dem Feld. „Diese Falle kann nur aktiviert werden, wenn sie von dem Feld auf den Friedhof gelegt wurde. „Wiedergeburt eines Humanoiden“. Mit dieser Karte kann ich ein beliebiges „Humanoiden“-Monster vom Friedhof auf mein Feld beschwören und ich wähle „Humanoiden Einhorn-Reisender“ mit 1000 ATK und 1800 DEF.“ Mit einem Wiehern erschien ein Einhorn. Aber es stand auf zwei Beinen in einer aufrechten, menschlichen Haltung. Es trug einfache, schon ziemlich abgenutzte Kleidung und hatte einen Rucksack über die Schulter hängen. „Da ich meinen Reisenden speziell gerufen habe, aktiviert sich sein Effekt. Ich darf alle meine restlichen „Humanoiden Einhorn-Reisender“ Karten aus dem Deck und meiner Hand auf das Feld beschwören.“ Sofort standen zwei weitere Reisende auf dem Feld. „So und jetzt meine Humanoiden greift die beiden direkt an!“ Sofort stürmten alle Monster, Einhörner und Wolf, los und setzten ihre Angriffe um. Als alle Angreifer wieder vor Kazuo standen ertönte auf einmal ein schon fast hexenähnliches Gelächter. Es kam von Brittany. „Dieser riesiger Zug und wir haben immer noch 950 Lebenspunkte.“ Der dunkel-gelockte Südländer lachte ebenfalls. Sie schienen ihrem Sieg dennoch sicher zu sein. Doch auf einmal blieb ihnen das Lachen im Halse stecken. Der Spielführer sah sie mit eiskalten Augen an. „Wer hat gesagt, dass ich fertig bin? Ihr habt mein Spielfeld vergessen. Oder bemerkt keiner von euch etwas?“ Ihre Augen wurden groß. „Die Statuen leuchten.“
 

„Genau. Je nachdem wie viele Statuen leuchten, kann ich einen Effekt in der gegnerischen oder eigenen Battle Phase aktivieren. Es leuchten vier Statuen. Für jede Beschwörung die ich getätigt habe. Wenn vier Statuen leuchten, darf ich eine Fusion durchführen und ich verschmelze meine drei Einhorn-Reisenden in eins meiner mächtigsten Monster. Erscheine „Humanoider Zerberus der Weise“ mit deinen 3500 ATK und 3000 DEF. Greif Brittany direkt an.“ Eine riesige Gestalt mit drei Einhornköpfen und einem Stab in der Hand tauchte auf. Sie beugte sich nach vorne, um einen gezielten Schlag auf den Kopf der Frau fallen zu lassen und somit die letzten Lebenspunkt zu vernichten. Das Duell war entschieden. Kazuo und André gingen als Sieger hervor. Sie hatten bewiesen, dass in ihnen mehr als nur ein Glückspilz und ein Versager steckten. Den Besiegten liefen die Tränen. Mit ihrer eigenen Niederlage konnten beide schlecht umgehen. Lehrer Princeton kam auf sie zu. Er sah sie alle lange an, bevor seine Stimme erklang. „Dieses Duell war nicht gut. Aber auch nicht schlecht. Für die heutige Benotung steht folgendes fest. Brittany Wilson: 5, Mongezi Makeba: ebenfalls 5. Herr Garcia: 3. Herr Burkhard: 4. Mehr sage ich nicht dazu. Der Unterricht ist für Sie zu Ende. Das Duellstil-Management finden Sie im ersten Obergeschoss.“ Chazz drehte sich um und verließ die Halle. Andrés Wut erreichte wieder die 180 °C Marke. „Dieser, dieser … !“. Der Grauäugige fluchte innerlich. Natürlich auf Französisch. Denn falls es hörbar war, sollte niemand es verstehen können. Kazuo kam zu ihm und legte wieder seine Hand auf die Schulter. „Reg dich nicht auf. Irgendwann kann er nicht mehr die Augen davor verschließen, dass du ein guter Duellant bist.“ Der Angesprochene nickte. „Du hast Recht. Egal. Eines Tages werde ich ihn beeindrucken.“ André wollte gerade Kazuo folgen als er plötzlich stehen blieb. Die Augen des Schülers starrten jemanden an. Dieser war groß und muskulös. Der Mann konnte geschätzte 25 Jahre alt sein. Sein Outfit bestand aus einem dunklen Hemd mit passender Jacke und Hose. Es harmonierte mit seinem blonden Haar. Um den Hals befand sich eine silberne Panzerkette. Doch nicht nur der erste Anblick ließ ihm den Atem stocken. Vor allem die eisblauen Augen stachen hervor. Sie rundeten das männliche Gesicht mit den schmalen Lippen und den leichten Bartwuchs ab. Der Europäer spürte plötzlich eine Hitze in sich, die er bisher noch nie gefühlt hatte. Sie fing in der Brust an und durchströmte langsam seinen ganzen Körper. Es zeichneten sich sogar vereinzelte Schweißperlen auf seiner Stirn ab. André schluckte schwer. „Was ist nur mit mir los?“, fragte er sich verzweifelt. Der Anblick dieses Mannes ließ den 19 Jährigen einfach nicht los. „Hey Leon! Komm jetzt. Wir müssen los.“, rief eine Stimme. Der Beobachtete lief seinem Kumpel entgegen und ging an André vorbei. In dem Moment, als ihre Blicke sich das erste Mal trafen, stieg dem Jüngerem die Schamesröte ins Gesicht. Ohne darauf zu reagieren schritt der stolze Schüler voran und verließ die Halle. Noch lange sah André ihm nach. „Étonnant! [Erstaunlich!] Was für ein schöner Mann.“, dachte sich der Halbfranzose. Plötzlich schoss ihm ein Gedankenblitz durch den Kopf. „Schöner Mann?!? ANDRÉ! Seit wann sind Männer schön? Bist du etwa …?“ Er lief noch mehr rot an und raufte sich anschließend die Haare. „NEIN! … Dass kann es nicht sein. … Das einzige, … was mich gerade nervt, … ist diese Vier von diesem blöden Professor Princeton. Warum reizt der mich auch so? Es gibt nichts, worüber ich mir sonst Sorgen machen müsste. Alles nur Kinderkram, erster Schultagstress und pure Ungerechtigkeit. Mehr nicht! Oder? …“ Er bemerkte nicht, dass Kazuo bereits neben ihm stand und den Anderen irritiert beäugte. „Was ist denn los? Ärgerst du dich immer noch über Prof. Princeton?“ Der Angesprochene erschrak. Schweißgebadet drehte er sich langsam zu ihm um. „ÄHH? …“ Mehr brachte er in diesem Moment nicht aus seinem Mund heraus. Sein Kopf glühte feuerrot. Man konnte nicht unterscheiden ob es Scham oder Wut sein sollte. Kazuo sprach weiter. „Wir sollten uns beeilen. Sonst ist Prof. Rhodes auch noch sauer auf uns.“ Er ergriff den Arm seines Freundes und rannte mit ihm im Schlepptau los. Sie hatten wirklich kaum noch Zeit. Das Duell gegen Wilson und Makeba hatte länger gedauert als der Rothaarige vermutete. Für weitere Überlegungen, weshalb André sich so seltsam benahm, ließ ihm die Zeit keine Gedanken zu. Schnell ging es aus der Halle und in Richtung des ersten Obergeschosses. Auf dem Weg kamen den beiden mehrere, kleine Gruppen von Schülern entgegen. Wahrscheinlich hatten auch sie gerade ihre letzte Stunde hinter sich gebracht. Geschickt versuchte Kazuo den Schülern auszuweichen, was aber kein leichtes Unterfangen war. André half dem Duellanten nicht. Im Gegenteil. Seine plötzliche geistliche Abwesendheit behinderte ihn noch mehr. Langsam machte sich der Mitbewohner ernste Sorgen. „Was ist auf einmal mit ihm?“ Er drehte sich, ohne auch nur etwas langsamer zu werden, zu dem Benommenen um. „Was ist denn mit dir lo… AH!“ Zu Ende konnte Kazuo nicht sprechen. Ungewollt hatte er einen Mitschüler gerammt und fiel zugleich zu Boden. Verlegen rieb sich der Unfallverursacher den Hinterkopf. Er erhob seinen Kopf. „Tut mir leid. Ich habe nicht richtig …“ Wieder fand der Satz kein Ende. Der Grünäugige starrte nur zu der Person auf, in die er gerade rein gerannt war. Sofort begann sein Herz an zu rasen. Sein Mund wurde trocken und alle möglichen Gedanken versuchten sich in seinem Kopf zu überbieten. Egal wohin er sah, nichts ließ sein inneres Chaos wieder abklingen. Nicht die langen, braunen, lockigen Haare, die zu einem Pferdeschwanz gebunden waren. Auch nicht die einfache Kleidung, eine Jeans, ein blaues T-Shirt mit den Initialen der Schule und eine einfache schwarze Jacke. Am Wenigsten jedoch dieses unglaubliche, freundliche und mitfühlende Lächeln, in perfekter Harmonie zu seinen schon fast goldenen Augen. Der Halbjapaner war sprachlos. Sein Gegenüber richtete das Wort an ihn. „Oh, Entschuldigung. Ich hoffe dir ist nichts passiert? Bist du nicht einer der Neulinge? Hast du dich vielleicht verlaufen?“ Die Stimme war atemberaubend und spiegelte noch mal die einzigartige Ausstrahlung des Gesichtes wieder. „Ich bin Tobi, Tobi Schäfer. Kann ich dir aufhelfen?“ Tobi reichte seine Hand dem immer noch perplexen Jungen entgegen. Erst zögerte Kazuo. Doch dann ergriff er auch schon die Hand. Ohne Vorwarnung durchzog ihn ein Kribbeln und sein Herz blieb für einen Moment stehen. Er suchte nach Worten. Endlich fand er welche. „Danke. Ich bin Kazuo García. Entschuldigung, dass ich in dich rein gelaufen bin.“, antwortete er dem Schüler. „Im stehen sieht er sogar noch besser aus“, schoss es durch seinen Kopf. Der Mann war ungefähr ein halben Kopf größer als Kazuo. War nicht durchtrainiert, aber auch nicht dick. Vielleicht ungefähr ein oder zwei Jahre älter als er selbst. Erst nach wenigen Momenten bemerkte der Jüngere, dass er sein Gegenüber genau musterte. Tobi lächelte dabei freundlich. Sofort zeichnete sich die Schamesröte in seinem Gesicht ab. Schnell versuchte der Verlegene von der Situation abzulenken.
 

„Ähm? … Ja, … ich, … ich suche das Zimmer für Duellstil-Management.“ „Oh das trifft sich ja gut. Ich habe jetzt auch Duellstil. Einfach in diese Tür. Professor Rhodes wartet bereits. Wir sehen uns ja dann gleich.“ Kurz zeigte der Braunhaarige auf die Tür hinter sich und verschwand danach auch schon in dem Zimmer. „Man, war der süß. … Warte, … süß? Was rede ich denn da? Er ist auf jeden Fall älter als ich und dazu noch ein Mann. Aber irgendwie war er doch total schnuckelig … AAAAHHHHH!! Ich muss an was anderes denken. Jetzt habe ich auch noch Unterricht im selben Raum wie der. Das kann ja heiter werden.“ Innerlich total zerrissen stand Kazuo einfach nur da und starrte auf die offene Tür. André, der sich wieder ein bisschen gefangen hatte, klopfte auf die Schulter seines Kumpane. „Ich will ja deine scheinbare Gelassenheit nicht untergraben. Aber, wir müssen jetzt da rein!“ Mit einer Hand schob er den Anderen in das Klassenzimmer. Dieses war mit einem Wort: VOLL! Sie suchten sich einen Platz und setzten sich. Der dritte Unterricht begann. Prof. Rhodes begrüßte ihre Schüler. „Hallo alle miteinander. Auch in diesem Jahr werde ich Duellstil-Management unterrichten. Holt eure Bücher und Schreibutensilien heraus. Wir fangen mit dem Thema „Was ist ein Duellstil?“ an.“ Wie aufgefordert zückten die Schüler ihr Material. Alexis legte los. Mit der klassischen Tafel und einigen anderen Hilfsmitteln zog sie den Unterricht im rasanten Tempo durch. Theorie. Der ganze Unterricht bestand nur aus Theorie. Die Lehrerin erschlug einen regelrecht damit. Von allen heutigen Fächern war das Management stink langweilig. Jedenfalls empfanden dies einige Schüler und seufzten. Brav schrieben jedoch alle mit und notierten sich die Informationen, die wichtig für das Thema waren. Das Themengebiet basierte auf einer psychologischen Reflektion der eigenen Persönlichkeit. Durch die Reflektion sollten die Zuhörer herausfinden, wieso ihnen manche Duellstile eher lagen als andere. Aber nicht nur der eigene Duellstil sollte besser ergründet werden. Alexis demonstrierte anhand von Diagrammen und Tabellen, welche wesentlichen Duellstile existierten und unter welchen Motiven sie entstanden sind. „Häufig ist das Ziel des Duellstils den anderen Duellanten zu beeindrucken. Aber das hat, wie so oft, seine Vor- und Nachteile. Daher ist es wichtig, mehrere Duellvarianten und ihre Vorgeschichte zu kennen. …“ So zog sich der Unterricht unendlich in die Länge. André versuchte mit der Lehrerin Schritt zu halten. Ständig schossen ihm andere Gedanken durch den Kopf. „Wer ist dieser Leon? … Warum wird mir so komisch, wenn ich an ihn denke? … Was ist nur heute los mit mir? …“ Fragen über Fragen. Keine konnte beantwortet werden. Doch irgendwie schaffte es der Schwarzhaarige den Unterrichtsstoff mitzuverfolgen. Ab und zu wanderte sein Blick zu seinem Tischnachbarn. Dieser schien ebenfalls nicht 100%ig bei der Sache zu sein.
 

Mehr nebensächlich ließ Kazuo den Unterricht über sich ergehen und schrieb alles mit, obwohl nicht ein einziges Wort seinen Kopf erreichte. Seine Augen gingen über die Massen von Schüler bis er wieder an einer Person hängen blieb. „Tobi. Ein einfacher Name, aber irgendwie passt er auch zu ihm.“ Nun total auf den Jungen fixiert, mit der rechten Hand die Worte des Lehrers aufkritzelnd und den Kopf auf die freie Hand stützend, sank der Halbspanier in eine Art Trance. Plötzlich drehte sich der Beobachtete um, als hätte er die Blicke gespürt. Die Augenpaare trafen sich. Sofort stellten sich die Nackenhaare des Erwischten. Zu allem Überfluss erschien schon wieder dieses gutmütige Lächeln auf dem Gesicht des Mitschülers, kurz bevor er auch noch anfing ihm zu zuwinken. Ohne zu überlegen hob nun auch der Grünäugige die Hand, doch blieb sie mitten in der Bewegung stehen. Tobi hatte sich schon wieder umgedreht. Als Kazuo realisierte was er machen wollte, erschien sofort wieder eine leichte Röte auf seine Wangen. „Was ist bloß mit mir los?“ Endlich klingelte die erlösende Schulglocke. Professor Rhodes legte die Kreide beiseite. „Für heute ist genug. Morgen geht es weiter. Lest euch nochmals die Merkmale einiger Stile durch. Wir bauen den morgigen Unterricht darauf auf und gehen dann über zu „Was macht meinen Duellstil einzigartig?“. Ich wünsche euch einen schönen Abend. Bleibt fleißig! Bis morgen.“ Die Klasse erhob sich und verließ geschlossen das Zimmer. Erst außerhalb des Schulgebäudes fanden die Freunde ihre Stimme wieder. „Endlich Feierabend. Puh, dass war jetzt Theorie non Stopp. Und morgen geht es weiter. Ich hoffe, es wird besser. Sonst schlafe ich noch ein. Aber, es ist irgendwie auch interessant.“, sprach André mit Kazuo auf dem Heimweg. Seine Gedanken über den geheimnisvollen Mann namens Leon waren für den Moment vergessen. „Also heute war wirklich jede Art von Unterricht dabei. Wobei mir Professor Yuki am liebsten war.“, antwortete Kazuo. „Schau mal!“. André zeigte in Richtung der untergehenden Sonne. „Was für ein schöner Sonnenuntergang. Da fällt mir ein, unser Erster, den wir auf der Akademie erleben.“ Er grinste. Der Freund stimmte ihm zu. „Was für ein schönes Ende für den ersten Tag auf der Duellakademie.“ Gemeinsam schauten sie sich den Sonnenuntergang an. Doch sie waren nicht allein. Auch andere Schüler ließen sich das Schauspiel nicht entgehen. Darunter auch zwei, die zukünftig für Kazuo und André eine wichtige Rolle spielen sollten. Doch soweit dachte niemand. Das Einzige was zählte, war der unbeschreibliche Moment der goldenen Abendsonne.

Dritter Zug / Hitze und Kälte

Der Abend und die darauf folgende Nacht verliefen unspektakulär. Kazuo und André schlossen den ersten Schultag gemütlich ab. Nach der Ankunft in ihrer Wohnung diskutierten sie über den Tag. Der Europäer sorgte dabei für das Essen. Nach dem ausgiebigen Mahl, informierten sie sich über die Besonderheiten der Duellstile. Morgen, im Unterricht von Professor Rhodes, wollte keiner von ihnen blöd dastehen. Viel redeten sie nicht. Die Ereignisse des Tages erschlugen beide Schüler regelrecht. Übermüdet lagen sie schließlich in ihren Betten und schliefen auch sofort ein. Doch die innere Zerrissenheit verfolgte Kazuo und André in ihren Träumen. Der neue Morgen begann wie der vom gestrigen Tag. Der Ältere musste auf den Langschläfer Kazuo warten und so verpassten sie fast das Duellstil-Management. Glücklicherweise befanden sich die Freunde dann doch vor der Lehrerin im Klassenzimmer. Alexis betrat dieses kurz darauf. „Guten Morgen!“, begrüßte sie alle. Ein „Morgen, Frau Professor“ wurde erwidert. „Legen wir gleich los! Ich hoffe ihr wart fleißig. Na dann, …“ Der Unterricht begann. Wie am Tag zuvor bestimmte die Blondhaarige das Lerntempo. Ihr Informationsfeuerwerk verfolgten die Meisten. Allerdings gab es kaum einen, der nicht gähnen musste. Die Thematik beinhaltete nichts Aufregendes. Trotzdem war sie auf eine gewisse Art und Weise doch interessant. Das Duellanten-Duo schrieb brav seine Notizen zum Unterricht auf. Jeder ging dabei seinen eigenen Gedanken nach. „Puh. Ich bin ziemlich K.O. und hundemüde. Dabei habe ich doch die Nacht gut geschlafen. Kazuo sieht auch fertig aus. Was hat ihn gestern bloß beschäftigt?“ André blickte zu ihm. Seine eigenen Probleme schienen in diesem Moment unwichtig zu sein. Der Schwarzhaarige sorgte sich um seinen neu gewonnenen Kumpel. Kaputt und erschöpft, lehnte sich Kazuo auf seinen Arm. Er war wie der Halbfranzose völlig erschöpft. Gestern schlief er zwar früher als bei der ersten Nacht ein, jedoch wurde er öfters von komischen Träumen geweckt. Als Albträume konnte man sie nicht bezeichnen. Im Gegenteil. Wenn er an sie dachte wurde ihm wohl zu mute. Nur die Themen besorgten ihn ein wenig. „Warum musste ich bloß von ihm träumen?“ Nach einer schier unendlichen Stunde beendete die Lehrerin das erste Schulfach. Hausaufgaben gab es auch. Die Schüler seufzten. André überraschte es wenig. Was den Unterrichtsstoff und dessen Menge plus der Hausaufgaben betraf, so war er nichts anderes gewohnt.
 

Langsam erhob sich der Grünäugige von seinem Platz. Es freute ihn, dass der Unterricht vorbei war. Ein schneller Blick auf den Stundenplan, den er am Morgen noch hastig in seine Hosentasche gestopft hatte, verriet ihm das nächste Fach. Geschichte war an der Reihe. Als er das las, wurde er noch müder. „Hoffentlich ist Geschichte nicht so langweilig wie auf den anderen Schulen.“, überlegte er. Mit seinem Freund machte sich Kazuo auf den Weg zum nächsten Saal. Gemeinsam betraten sie schließlich ein Zimmer im zweiten Obergeschoss. Professor Alvarez erwartete die Schüler bereits. Passend zum Unterrichtsthema schmückten alle möglichen Postern und nachgebildeten Artefakten aus der Geschichte das Klassenzimmer. Man konnte aus jeder Ecke eine andere Information über die Geschichte finden. Dazu noch die hohen, offenen Fenster. Alles zusammen vermittelte ein Gefühl von einem modernen Museum. „Óla! [Hallo!] Willkommen zu eurer ersten Geschichtsstunde in diesem Schuljahr. Nehmt Platz.“ Sie setzten sich. „Wie schon einige wissen, heiß ich Professor Felipe Alvarez. Ich stamme aus Madrid, der Hauptstadt von Spanien. Spanien hat seine eigene, besondere Geschichte. Vor Unterrichtsbeginn schlage ich vor, dass sich zwei, drei Schüler vorstellen. Viele kommen aus anderen Ländern, die ebenfalls eine eigene Geschichte besitzen.“ Der Lehrer sah sich um. Sein Blick fiel auf André. „Señor [Herr] Burkhard. Bitte fangen Sie an.“ Ein klein wenig geschockt erhob sich der Aufgerufene von seinem Sitzplatz. Als er vor der Klasse stand fing er mit einer Verbeugung an. „Bonjour! [Hallo] Mein Name ist André Burkhard. Ich komme aus Straßburg. Straßburg liegt zwischen Frankreich und Deutschland. Beide Staaten haben in der Geschichte nicht nur sich selbst und gegeneinander geprägt, sondern auch ihre Nachbarländer in ganz Europa. Frankreich hatte z.B. viele Könige, wie den Sonnenkönig: Ludwig XIV, der das Schloss Versailles erbaut hat. Oder die berühmten Marie Antoinette, die ihr Leben in Luxus genoss bis sie der Französischen Revolution zum Opfer fiel. Deutschland dagegen hat sich erst im Laufe der Zeit von vielen Großfürstentümern zu einer Nation entwickelt. Jedoch ist seine Geschichte durch die zwei Weltkriege ziemlich düster. Da ich in beiden Ländern aufgewachsen bin, kenne ich ihre Besonderheiten dadurch sehr gut. Von allen europäischen Ländern gefallen sie mir am meisten.“ Er setzte sich wieder. „Gracias, Señor Burkhard. [Vielen Dank, Herr Burkhard]. Die Französische Revolution und die deutsche Geschichte werden auch hier nochmals vorkommen. Sie haben uns schon einmal einen kleinen Einblick gegeben. Dafür nochmals vielen Dank. … Wer will nun?“ Und so lief der Unterricht langsam an. Professor Alvarez gestaltete seinen Unterricht super. Das Fach Geschichte wird oft als langweilig und öde abgestempelt. Doch schaffte es Felipe, bei seinen Schülern das Interesse zu wecken.
 

Nach Geschichte folgte endlich etwas mehr Aktivität. Sport stand auf dem Programm. Jadens Kumpane Tyranno, erwartete die Schüler in der Halle. „Hallo! Heute steht etwas Sport an. Ich bin euer Sportlehrer und heiße Tyranno Hassleberry. Folgt mir zum Sportplatz.“ Gemeinsam verließen sie das Gebäude und suchten die Umkleiden am gigantischen Sportareal auf. Sport konnte in einer großen Halle und im Freien stattfinden. Durch den herrlichen Tag mit viel Sonnenschein, entschied sich der Lehrer für Outdoor Aktivitäten [Sport im Freien]. Da nicht jede Klassenstufe einen separaten Umkleideraum besaß, teilten sich zwei, drei Schülergruppen einen Raum. Natürlich trennte man zwischen den Geschlechtern. Die Neulinge waren nicht die Einzigen in der Umkleide. Auch einige der älteren Jahrgänge teilte sich mit ihnen dieselben vier Wände. Der Grauäugige bemerkte, dass auch der Duellant namens Leon dabei war. Ohne auf den Jüngeren zu achten, zog sich dieser für den Unterricht um. Schnell entledigte er sich seines T-Shirts. Sein durchtrainierter Oberkörper kam zum Vorschein. André starrte ihn unbewusst an. „Was für ein Körper. Diese Muskeln, diese einzigartige Schönheit. …“ Der Träumer stockte und lief rot an. „Was denke ich da! HALLO ANDRÉ! Du redest von einem MANN! Geht es dir noch gut?“ Der Schwarzhaarige verwarf seine ersten Gedanken und zog sich endlich um. Wieder tief in Gedanken versunken machte sich auch Kazuo daran sich umzuziehen. Es dauerte nicht lange. Zusammen mit dem Europäer machte er sich dann auf dem Weg zum Sportplatz. Dort angekommen sah er sich erst einmal um. Das Gelände war groß und sah einladend aus. Der Platz war mit einer großen Liegewiese und teilweise vorhanden Sitzplätzen umrandet. Dort ging es bereits hoch her. Einige Schüler, die nicht teilnahmen, sahen sich das Spektakel gerne an. Die Lehrkraft kündigte den heutigen Unterricht an. „So. Heute werden wir keine Zeit mit Techniktraining und der Gleichen vergeuden. Ich bitte Leon Norman und Wiktor Jelzin zu mir.“ Die Aufgerufenen stellten sich zum Sportlehrer. Jeder kannte den Anderen. Sie reichten sich die Hände. Ein freundliches Grinsen lag auf ihren Lippen. „Wählt eure Mannschaftsmitglieder. Fußball ist angesagt. Ich möchte ein schönes und faires Spiel sehen.“ Dem Halbfranzosen lief es eiskalt den Rücken runter. Fußball. Diesen Sport hasste er. André hoffte, dass er auf die Ersatzbank kam. Der 19 Jährige wollte nicht mitspielen. Allein bei dem Wort: „Fußball“ überkam ihn sofort die pure Unlust. Das hätte Kazuo sich echt denken können, noch bevor er den ersten Fuß auf den Platz setzte. Was anderes außer Fußball hätte ihn nicht erwarten können. Er verabscheute diesen Sport. Noch nie verstand er, was daran so interessant sein sollte. Warum liefen zweimal zehn Personen einem Ball hinterher? Außerdem durfte der Ball ja nur mit den Füßen in einen Kasten befördern werden.
 

Die zwei älteren Schüler wählten sich ihre Mannschaftsmitglieder aus. Langsam ging das Wählen der Spieler voran, dabei hoffte der Südländer irgendwie aus der Sache raus zu kommen. Zum Schluss standen noch die drei Neulinge da. Diese bestanden aus Kazuo, Mongezi und natürlich André. Leon war an der Reihe. „Hm, … Ich nehme … den Afrikaner. Jetzt bist du dran, Wiktor.“ Er grinste wieder. Wiktor dachte nach. „Schwierig. … Schwierig. … Ich nehme den da!“ Der Russe zeigte auf seine Wahl. André! Innerlich schrie der Auserwählte auf. „Dann wären wir so weit. Platziert euch. Das Spiel kann dann beginnen.“, kam es von Tyranno. Kazuo setzte sich auf die Ersatzbank. Die Ersatzbänke standen am Ende der Liegewiese. Von dort bejubelten schon einige Mädchen Leon. Wiktor verwies den Neuling ins Tor. „Pass auf Leons Mörderbälle auf. Hals und Beinbruch.“

Der Duellant zitterte. „Warum immer ich?“, fragte er sich. Als er sich dann doch mit seiner Situation abfand, sah er noch geschwind zu Kazuo. Mit der ganzen Situation relativ zufrieden, machte es sich der Rothaarige auf der Bank gemütlich. Nicht nur, weil es sich um Fußball handelte. Im Allgemeinen war er bei Sportarten noch nie ein Ass gewesen. Der 18 Jährige war nicht der Sportlichste. Das Einzige, was er konnte, war tanzen und das eigentlich nur ungewollt. Seine Mutter besaß einfach die dumme Idee, aus ihm einen Tanzstar zu machen. So musste er mehrere Tanzschulen besuchen und dazu noch Ballett lernen. Es war eine Qual. Der Vorteil dabei war, dass er dadurch ziemlich beweglich wurde. Der Nachteil jedoch, Kazuo konnte sich bei Musik nicht ruhig verhalten. Sobald sie erklang, tanzte er automatisch los. Zudem stieg in ihm eine Wut auf, wenn er unbegabte Tänzer sah. Doch zum Glück war er hier davor sicher. Nebenbei bemerkte er noch den Blick von seinem Zimmerkameraden. „Entweder wäre er lieber an meiner Stelle, oder…“ Abrupt wurde er auch schon aus seinen Gedanken gerissen. Eine Meute von Mädchen war neben ihm erschienen und schaute wild kreischend und winkend auf das Feld. Schnell sah er sich um. Irgendwem mussten diese Rufe gelten. Der Torwart war etwas irritiert wegen den schon fast brüllenden Mädchen. Aber er stellte schnell fest, wem diese Fangemeinde zu Füßen lag. Leon. Der Ältere lächelte den weiblichen Zuschauer zu. Ein Augenzwinkern folgte. Teilweise bekamen die Damen kurze Ohnmachtsanfälle. Sie waren dem Aussehen des Schülers gnadenlos verfallen. André schüttelte den Kopf. „Wie kann man den auf so einen Womanizer [Frauenheld] abfahren? Gut, er sieht super aus. Mehr auch nicht.“ Ein Pfiff ertönte. Das Spiel begann.
 

Der Stürmer von Andrés Mannschaft griff an. Leon blockierte ihn und schnappte sich den Ball. Wiktor versuchte sein Glück. Scheiterte jedoch. Der Deutsche kam auf André zu. „Halt ihn!“, rief der Mannschaftskapitän. Konzentriert hielt der Halbfranzose Leon im Auge. Er schoss. TOR. Die Mädchen tobten. Der Duellant grinste triumphierend mit einer erhobenen Faust den Tormann an. „Was war das?“ Der Schwarzhaarige war fassungslos. Der Ball hatte ihn nur knapp gestreift. Ohne das er sich bewegt hatte. Wiktor kam und fauchte ihn an. „Ich habe dich gewarnt. Mach es nächstes Mal besser. Sonst geht’s du aus dem Tor!“ Eine klare Ansage. Leon, der dies mitbekam lachte nur herablassend. „Dieser Kerl meint wohl, dass ich Angst habe. Ich sage nur eins dazu: IRRTUM!“ Entschlossen konzentrierte sich der Jüngere auf den nächsten Angriff. Der nächste Ball sollte nur kommen. Anpfiff. Der Ballwechsel schien diesmal sehr ausgeglichen zu sein. Doch wieder ergatterte sich Leon den Ball und trippelte ihn aufs Tor zu. Er holte aus und schoss. Wie eine abgefeuerte Kanonenkugel flog der Ball auf André zu. Seit dem ersten Tor war das laute Geschrei schon fast nicht mehr auszuhalten. Jetzt wünschte sich der Halbspanier schon fast er würde auf dem Feld stehen. Doch mehr Sorgen machten ihm die scharfen Schüsse des Angreifers. Wenn man da nicht aufpasste, konnten ziemlich böse Verletzungen entstehen. Ein ungutes Gefühl stieg in ihm auf, als er sah wie der zweite Schuss direkt auf seinen Freund zu raste. „JETZT!“, dachte sich André. Er stellte sich gegen den Ball und blockte ihn mit den überkreuzten Händen ab. Der Fußball prallte leicht auf den Boden ab. Der Tormann blockierte den Angriff souverän. Leon war entsetzt. Noch nie hatte jemand seine berühmten Mörderbälle aufgehalten. Kazuo sprang auf und riss die Arme hoch. Er hatte bis jetzt bei keinem Spiel so mitgefiebert. Kaum stand der Rothaarige, da wurde er schon mit giftigen Blicken beschossen. Die Fangemeinschaft sah es nicht gerne, dass gegen ihren Star gejubelt wurde. Das interessierte den Grünäugigen aber nur wenig. Er formte seine Hände zu einem Trichter und setzte ihn an seinen Mund: „André! Mach weiter so!“ Für den Moment versank der Angesprochene in seine Gedanken. „Ich habe es mir fast gedacht. Mit einer Blockhaltung, die eigentlich im Volleyball genutzt wird, hält man jeden harten Ball auf. Na dann!“. Erst jetzt bemerkte er die Zurufe seines Kumpels. André lächelte zurück und erhob seinen rechten Daumen als Zeichen seines Triumphes. Das Spiel konnte jetzt richtig losgehen. Er hob den Ball auf und beförderte ihn mit einem typischen Sprungaufschlag nach Vorne. Das Publikum staunte. Der Ball flog zielgenau zu einem freistehenden Spieler. Dieser umspielte die Verteidigung und beförderte den Ball ins Tor. 1 zu 1 stand es nun. Leon sah den Kontrahenten zornig an. „Herr Hassleberry. Der Torhüter, der gegnerischen Mannschaft, spielt keinen, richtigen Fußball. Dieser Aufschlag stammt vom Volleyball. Das ist regelwidrig.“ Die Lehrkraft dachte einen Moment nach. „Prinzipiell hast du Recht. Da wir aber kein Profi-Fußball spielen, lasse ich es diesmal gelten. Zumal das Spiel endlich interessant wird. Solange er keinen groben Fehler macht, ist dem Tormann gestattet, Volleyballtechniken einzusetzen. DAS SPIEL GEHT WEITER!“ Erneut ertönte die Pfeife. Leon kochte innerlich. André hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Doch so schnell gab er nicht auf.
 

Jetzt, durch die neue Gefahr angestachelt, packten die Mädchen Pompons aus und begannen mit unkoordinierten Bewegungen ihren Star anzufeuern. Kazuo, der sich schon wieder hingesetzt hatte, schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. So eine schlechte Choreografie sah er schon lange nicht mehr. „Ganz ruhig! Nicht aufregen. Wenn du jetzt ausflippst wirst du nur noch dumm angesehen und es ist erst der zweite Schultag. Das kannst du dir nicht erlauben.“ Leicht schielte er wieder in Richtung der Mädchengruppe. Unglücklich versuchte eines von ihnen einen Spagat. Was nur damit endete, dass drei weitere Mädchen ihr wieder auf die Beine helfen mussten. Das war zu viel. Kazuo konnte nicht mehr sitzen bleiben. Schnell schnappte er sich zwei der Pompons aus den Händen einer der Fans und machte sich bereit. In einem einfachen, dreiviertel Takt riss der Südländer die Arme und Beine hoch, während er anfing seinen Freund zu zujubeln: „Los André! Du schaffst es! Hältst jeden Ball! Stoppst den Angriff und bringst ihn zum Fall!“ Als er die Rufe beendete, machte er noch einen schnellen Flick Flack, der mit einem Salto endete und sofort in einen perfekten Spagat überging. Dabei immer noch die Pompons fest in der Hand. Aus dem Spagat stieg er mit Leichtigkeit in einen Handstand und landete mit etwas Schwung auf den Beinen. Alle am Rand staunten nicht schlecht. Schnell warf er die Pompons zu einer der Mädchen und zischte sie gleichzeitig an. „Macht es richtig oder lasst es sein. Ihr verletzt euch sonst noch dabei.“ Ohne weiteren Kommentar setzte er sich wieder auf die Bank. Als er auf einmal einen Finger auf seiner Schulter spürte. Überrascht drehte sich Kazuo um. Es war Tobi. Sofort wurde dem Rothaarigen heiß, als der Andere anfing zu sprechen. „Nicht schlecht. Wo hast du das den gelernt?“ Die Worte überschlugen sich, als Kazuo versuchte, einen Satz hervorzubringen. „Ich… Wie lange bist du schon hier? ... Hast du alles gesehen? ... Ich war in mehreren Tanzkursen. … Warum bist du überhaupt hier?“ „Ist eigentlich nichts Besonderes. Ich habe jede Woche um diese Uhrzeit eine Freistunde und setzte mich in den Sportunterricht. Das ist viel besser, als sich nur zu langweilen. Aber ich glaube, du solltest dein Freund noch ein wenig anfeuern. Es scheint geholfen zu haben.“ Mit einem Zwinkern und diesem unglaublichen Lächeln, setzte sich Tobi wieder an seinen Platz. Immer noch etwas perplex versuchte sich der Irritierte wieder auf das Spiel zu konzentrieren.
 

André starrte zu Kazuo hinüber. Sein Kopf leuchtete knallrot. Wie die Farbe einer Tomate. „Ach du meine Güte! Ist das Kazuo? Der gibt sich ja richtig Mühe, um mich anzufeuern. Der ist ja süß. … Moment mal! Süß? ANDRÉ!!!! Was geht heute mit dir ab? Erst dieser Leon und nun auch Kazuo? HALLO! Sei froh, dass er dich unterstützt. Er ist eben ein wahrer Freund.“ Die letzte, gedankliche Tatsache rüttelte den Träumer wieder wach. Das Spiel ging nämlich weiter. Es war im vollen Gange. Immer wieder versuchten Leon und andere Stürmer die Bälle zu versenken. Doch sie alle scheiterten an der Volleyballtechnik des Schwarzhaarigen. Ein Blocker, ein Baggern, ein Schmetterball. Der Junge schenkte seinen Gegnern keinen Punkt. Als der Ball zu weit links flog, sprang der Europäer ihm entgegen. Mit einem Arm beförderte er den Fußball senkrecht in die Luft. Durch einen Vorwärtssalto landete der Torwart anschließend wieder auf seinen Beinen. Ein leichtes Raunen ging durch die Menge. Die letzte Parade war atemberaubend. Wie sich das Haar von dem Schwung durch die Luft bewegte. Einzelne Schweißperlen glitzernden in der Sonne. Dazu wie jeder Muskel in den Armen und Beinen arbeitet, als sich der Spieler in der Luft drehte, damit er wieder auf seinen Füßen landen konnte. Dem zuschauenden Mitbewohner viel die Kinnlade runter. Doch schnell fing er sich wieder und schüttelte wild den Kopf: „Fang jetzt nicht noch damit an. Du hast schon genügend Gedanken im Kopf!“ Die berühmte Saltoannahme war geglückt. Mit zwei Schritten sprang André dem Ball entgegen und schlug ihn über das halbe Spielfeld. Es schmerzte ein wenig. Doch das interessierte ihn nicht. Einzig der Sieg über Leon beherrschte seinen Kopf. Nach Ablauf der Spielzeit stand es schließlich 4 zu 1 für die Mannschaft von Teamleader Wiktor. Jubelnd kamen die Mitspieler auf André zu und feierten ihn. Dank ihm konnte das Sportass Leon ausgebremst und so der Sieg errungen werden. „Einfach klasse! Willst du in unsere Mannschaft eintreten?“, fragte Wiktor. Alle erschlugen den Neuling mit ihren Fragen. Kazuo gesellte sich dazu. Schnell versuchte er alle von dem neuen Sporthelden weg zu bekommen. Was schwerer war, als es sich der Grünäugige vorstellte. Schnell überschrie er das ganze Gerede: „Es reicht jetzt! Lasst ihn doch mal atmen. Morgen habt ihr noch genügend Zeit ihn anzuwerben.“ Ein etwas eifersüchtiger Unterton klang hervor, der natürlich von Kazuo selbst nicht gewollt war. Die Meisten sahen sich verwundert an. Manche hoben noch ein wenig vor Verwirrung die Schultern, aber schnell war die ganze Meute auch schon auf den Weg zu den Umkleiden. „Danke Kazuo. Komm wir gehen.“ Gemeinsam gingen sie ebenfalls zu den Umkleidekabinen. Dort angekommen erwartete den Halbfranzosen eine böse Überraschung. Leon befand sich bereits dort. Als er ihn erblickte baute sich der Ältere vor ihm auf. „So, du möchte gern Fußballer. Mal sehen, ob du im duellieren genauso gut bist wie im betrügen. Ich fordere dich heraus! Ein Nein gibt es nicht!“ Abneigung und auch Spuren von Hass kamen André entgegen. Der Kleinere hatte keine Wahl. „Na schön. Wen Monsieur [der Herr] es wünscht. Wir treffen uns am Haupteingang. Das Duell findet auf der Wiese statt.“ Nun funkelten auch seine Augen, die des Gegenübers an. Der Student grinste hinterlistig. „Gut. Ich erwarte dich in einer dreiviertel Stunde dort. Schreibe schon mal dein Testament.“ Mit einem lauten Lachen verließ er mit seinen Kumpels die Umkleide. Beiden Duellanten blieben je etwa eine halbe Stunde, um sich auf den bevorstehenden Kampf vorzubereiten.
 

Nach Ablauf des Zeitlimits erschienen die Kämpfer überpünktlich am festgelegten Ort. „Na so was. Der Kleine hat ja Mut. Aber nun ist der Spaß vorbei.“, sprach Leon. André blieb gelassen. Er antwortete seinem Gegner. „Es braucht schon mehr, um mir Angst zu machen. Fangen wir endlich an, LEON!“ Er erhob seine Duell-Disk. Diese klappte sich aus und die Lebenspunkte wurden angezeigt. Durch die Worte angestachelt, aktivierte auch der Blondhaarige seine Disk. Das Duell konnte beginnen. „ZEIT, FÜR EIN DUELL!“ Sie zogen ihre ersten Handkarten. Leon eröffnete das Spiel. „Ich spiele „Gladiatorungeheuer Bestiari“. In der Angriffsposition.“ Der große Vogelmann in Ritterrüstung landete auf der Erde. 1500 ATK und 800 DEF. André biss die Zähne zusammen. „OH NEIN! Die berühmten Gladiatoren. Das kann ja heiter werden.“ Schweiß zeichnete sich auf seiner Stirn ab. „Warum werden ständig meine Hass-Karten gespielt. Das ist doch pure Absicht. EGAL! Ich werde Leon in seine Schranken weisen. Und wenn ich es mir grad Recht überlege, die Viecher passen zu ihm!“ Der andere Duellant spielte weiter. „Nun aktiviere ich: „Atempause des Gladiatorungeheuers“. Ich lege zwei Gladiatoren in mein Deck zurück und ziehe dafür drei neue Karten.“ Er führte den Effekt durch. „Zum Schluss lege ich eine Karte verdeckt und beende meinen Zug.“ Nun konnte der Halbfranzose loslegen. „Na schön. Ich rufe: „Kirin“. Ebenfalls in Angriffsmodus.“ Ein rotes Reh tauchte aus einem Meer von Flammen auf. Es besaß ein sichelförmigen Stirnhorn und eine pferdetypischer Mähne. Hautschuppen, wie man sie nur von Reptilien kennt, überzogen Rücken der Kreatur. Sein Löwenschweif teilte sich in zwei Hälften. „Nun nutze ich den Effekt des „Weltraum-Taifuns“. Deine verdeckte Karte ist Geschichte!“ Durch die Windböe der Zauberkarte erhob sich die Karte in die Luft. „Spiegelkraft“. Sofort zersprang sie in tausend Teile. Leon schien dennoch sehr gelassen zu sein. Mit Beginn des Duells hatte sich auch eine kleine Menge an Zuschauer um das Geschehen versammelt. „Kirin! Greife sein Monster an!“ Das Wesen galoppierte auf den Vogelmann zu. Sie zerstörten sich beide. Der Angegriffene konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „HA, HA, HA! Was für ein Zug. Zerstört sein eigenes Monster. Dir ist schon klar, dass du ohne Verteidigung keine Chance hast!“ Der Angesprochene verzog keinen Gesichtsmuskel. Dies irritierte Leon. Sein Lachen verstummte. „Kirin hat einen besonderen Effekt. Falls „Kirin“ im Kampf zerstört wird, kann ich eine „Einhorn“-Karte von meinen Deck spezial beschwören!“ Aus einer Lichtsäule sprang das Einhorn mit lautem Wiehern hervor. „Meine Battle Phase ist noch nicht vorbei. Einhorn, Attacke auf die Lebenspunkte!“ Wie befohlen rannte das Tier auf den Blauäugigen zu. Er verlor 1500 Punkte. „Abschließend lege ich eine Karte verdeckt und beende diesen Zug!“ Kazuo hatte sich etwas seitlich und mit genügend Abstand zu André hingestellt. Als er über das Duellfeld sah, konnte er ein Schmunzeln nicht verbergen. Es würde ein interessantes Duell werden, dem war er sich sicher. Gespannt erwartete er die nächsten Züge. Innerlich drückte er seinem Freund die Daumen. Die nächste Runde begann sofort.
 

Der Deutsche spielte „Gladiatorungeheuer Laquari“ Der Tigermensch fauchte den Pflanzenfresser an. „Laquari! Angriff auf das Pferdchen!“ Die Raubkatze sprang in Richtung des wehrlosen Einhorns. Die 1800 ATK überbot nun mal die schwächere Ausgangslage des Opfers mit 300 Punkten. Doch André beschützte seine Kreatur. „Ich aktiviere: „Garten der Jungfrau“. Der Angriff deines Monsters wird annulliert und die Battle Phase beendet.“ Eine Mauer aus Steinen und Gestrüpp türmte sich vor dem Einhorn auf. Die Bestie prallte ab und platzierte sich mit einem Salto zurück zu seinem Besitzer. Langsam begann Leon innerlich zu kochen. Sein Gegenüber konterte die Angriffe gut. Er hatte es sich viel einfacher vorgestellt. „Zum Schluss aktiviere ich: Übungsgelände der Gladiatoren. Ich füge „Gladiatorungeheuer Darius“ in meine Hand hinzu.“ Der Zug endete. „Mein Zug“, rief André. „Ich beschwöre: „Legendäres Einhorn“.“ Ein zweites Fabelwesen erschien auf seiner Seite. „Einhörner! Greift ihn an!“. Die Fabelwesen bündelten ihre Kräfte. Gemeinsam zerstörten sie den Tigermenschen und senkten die Lebenspunkte des Sportlers um weitere 1600 Punkte. Nun musste sich der Ältere was einfallen lassen. Er war wieder dran. „Ich spiele meinen Darius und greife dein Einhorn an!“ Der Pferdegladiator erschien und ließ seine Peitsche knallen. Schließlich holte er aus und zerschlug das schwächere Einhorn. André verlor 200 Lebenspunkte. „Nun aktiviert sich der allgemeine Effekt der Gladiatoren. Ich mische Darius ins Deck zurück und beschwöre einen weiteren Laquari. Seine ATK steigt auf 2100. Mein Zug endet durch legen einer verdeckten Karte.“ Die Karte erschien in der vorgeschriebenen Position und der Schwarzhaarige konnte weiter spielen. „Nicht schlecht! Der spielt nun richtig. Jetzt wird es interessant.“, dachte sich André dabei. Er spielte seine nächste Karte. „Ich aktiviere die Karte „Wahrung der Harmonie“.“ Das Spielfeld veränderte sich. Pflanzen sprossen aus der Erde. Bäume erhoben sich. Wasser begann in kleinen Bächen zu fließen. Eine paradiesische Landschaft entstand. Ein wohliges Gefühl umgab Kazuo. Es kam ihn vor, als würde er in einem seiner Kinderfantasien stehen. Es war zu schön um wahr zu sein. Mit Freuden sah er dem Duell zu. Ihm war klar, dass der Halbfranzose die Oberhand hatte und diese auch nur schwer wieder verlieren würde. Der Zuschauer verfolgte das Schauspiel weiter. Leon sah sich um. „Was soll nun dieses Grünzeug bewirken?“, fragte er genervt. „Wahrung der Harmonie lässt das Kampfgeschehen für drei deiner Züge abklingen. Keiner von uns kann nun Angreifen. Die Karte ist den „Verräterischen Schwertern“ nachempfunden.“, erklärte der Kartenbesitzer. Die Besonderheit dieser Karte behielt er aber noch für sich. Der Fabelwesen-Duellant beendete seinen Zug. „Dann warte ich halt. Das ist sowieso nur eine Herauszögerungstaktik. Mehr nicht.

So ich rufe „Gladiatorenungeheuer Andal“ und beende meinen Zug.“ Der über zwei Meter große, angriffslustige Bär ließ bei seinem Erscheinen ein lautes Brüllen ertönen. Unbeeindruckt zog André eine neue Karte. Er beschwor kein Monster und beendete den Zug.
 

Plötzlich begannen einige der Pflanzen zu welken. Die Zuschauer waren erstaunt. Die Karte war ein Meisterwerk, darin war sich der Halbspanier sicher. Zu viele Gefühle strahlte die Karte aus, um nur ein einfaches Massenprodukt zu sein. Leicht enttäuscht stellte er fest, dass dieser Zauber sehr bald verschwinden würde. Als Leon wieder dran war, grinste er teuflisch. „He he, nun rufe ich meine stärkste Bestie. Ich verschmelze meine drei Gladiatoren miteinander.“ Sie bildeten ein Dreieck. Nebel und Flammen umgab sie. „Erscheine! „Gladiatorungeheuer Heraklinos!““. Die mächtige Kreatur erhob sich aus den Rauchschwaden. 3000 Angriffspunkte und 2800 Verteidigungskraft machte ihr Kampfpotenzial aus. Der kleinere Duellant starrte das neue Monster geschockt an. Er hatte zwar schon einiges über dieses Wesen gehört. Aber noch nie war André ihr gegenüber gestanden. „Der legendäre Heraklinos. Alle Achtung.“, brachte er nur hervor. Sein blauäugiger Gegner lächelte nur triumphierend und beendete gezwungen den Spielzug. André reagierte darauf. Allerdings blieben im momentan nichts anderes übrig, eine Karte zu ziehen und dann seinen Zug zu beenden. Die Runde, in der „Wahrung der Harmonie“ die Kampfphase der Duellanten ausknockte, gestalte das Duell eintönig. Leon erfreute die letzte Effektrunde jedoch. „Der Effekt deiner Zauberkarte ist in deinen nächsten Zug aufgehoben. Dann kann sich mein Heraklinos deine Monster und Lebenspunkte vorknöpfen. Das Duell ist dann vorbei.“ Er beschwor zusätzlich einen weiteren „Gladiatorungeheuer Andal“ auf seine Spielfeldseite und beendete den Zug. Die Pflanzen verschwanden. Ebenso wie die restliche Landschaft. Die vertrauten Mauern der Duellakademie erschienen wieder. André zog. „Hurra! Nun kann ich Heraklinos und Andal vom Feld fegen. Sorry, Leon!“, dachte er innerlich. „Der Effekt von „Wahrung der Harmonie“ ist zwar aufgehoben. Allerdings, …“ Der Sprecher grinste Leon an. „… kann ich nun „Pegasus“ rufen! ERSCHEINE!“ Aus dem klaren Himmel schoss ein Licht zur Erde. Es stoppte abrupt und ein geflügeltes Pferd zeigte sich. 2400 ATK und 2100 DEF. Irritiert und verärgert zugleich schaute der Blondschopf seinen Gegner an. „Wie kann das sein? Diese Karte benötigt einen Tribut! Aber dein anderer Gaul steht noch an Ort und Stelle. Du betrügst!“, schnaubte Leon. André grinste weiter. „Nun ja, ich habe nur den besonderen, zweiten Effekt meiner Karte verschwiegen. Aber das ist nun auch egal. Ich werde nun mein beste Karte spielen.“ Sein Gegner lachte auf. „Yin und Yang? Da kann ich nur lachen. Die können sich nicht mit Heraklinos messen. Außerdem kann ich durch eine Karte, die aus der Hand abgeworfen wird, jeden Zauber- und Fallenkarteneffekt annullieren. Du hast keine Chance!“ Ganz ruhig sah André den Blondschopf an. „Ich brauche Yin und Yang nicht. Im Gegenteil. Ich werde dich mit nur einem Monster bezwingen. Ich rufe dich: „ALICORN!“ Er hob die Karte in die Luft. Sie erstrahlte. Aus dem Spiel von Licht und Wind verschwanden Pegasus und Einhorn. Ein neues, gewaltiges Wiehern donnerte aus dem Zentrum des Spektakels.
 

Kazuos Augen wurden groß. Von dieser Karte hatte er schon alles gelesen, was man in Erfahrung bringen konnte. Es gab keinen, der sie vorher gesehen hatte. Der Schüler war auf die Gestalt unglaublich gespannt. Es zerriss ihn schon fast innerlich, als sich alles wieder beruhigte und die Kreatur fast wie in Zeitlupe zur Erde schwebte. Der Ungeduldige wollte sie sehen. Um alles auf der Welt. Als er dann endlich die ersten Merkmale erkannte, stockte ihm der Atem. Das Wesen sah aus wie das Einhorn. Sein Stirnhorn war jedoch um einiges länger. Auch die gesamte Gestalt war größer und muskulöser. Zu seiner rechten und linken Seite präsentierten sich die majestätischen Flügel, die an Pegasus erinnerten. Eine magische Aura umgab das Wesen. Man konnte meinen, man spüre dessen Herzschlag. Die Aura verströmte Wärme und Kraft aus. „Darf ich vorstellen: „ALICORN“ Das mächtigste Fabelwesen.“ Leon, der zunächst nicht wusste was geschehen war, fing sich wieder und grinste erneut. „OH! Ein neuer Gaul. Wie interessant. Wie oft willst du mich noch langweilen?“ Der Sarkasmus konnte sich nicht verstecken. Leons Anhängsel stimmten ihm zu. In Kazuo stieg eine Wut auf, die er vorher noch nie verspürte. Wie kann man sich über so eine unglaubliche Karte nur so lustig machen. Sein Blick wurde eiskalt und sah zu den Freunden des blonden Gegners von André. Sie verstummten sofort. Die funkelten grünen Augen schienen sich förmlich in ihre Seelen zu bohren. Es dauerte nicht lange, da beruhigte sich alles wieder. „Sie wissen einfach nicht was sie erwartet.“, ging es durch seinen Kopf. Ein leichtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, was seine kalte Aura noch mal ungewollt untermalte. Dann war auch schon die Zeit für Alicorn gekommen. „Dann wart nur ab, was mein Pferdchen alles kann. Alicorn! Erhebe deine Flügel!“, sprach André sein Monster freundlich an. Das Tier öffnete die Flügel und bäumte sich auf. Ein Flügelschlag folgte. Der daraus resultierende Wind zerfetzte Heraklinos und Andal. Schockiert starrte Leon auf sein leeres Feld. Sein Körper sackte auf die Knie. Er brachte keinen Ton heraus. „Durch das Einsetzen von Pegasus und Einhorn konnte ich Alicorn beschwören. Wenn es auf diese Art gerufen wird, dann zerstört es alle Karten auf dem Spielfeld, außer sich selbst.“ Leons Niederlage schien gekommen zu sein. Doch André legte nur eine Karte verdeckt und beendete seinen Zug. Weiter verwirrt sprach der Kniende den Anderen an. „Wieso hast du mich nicht angegriffen? Hast du Mitleid oder willst du mich zum aufgeben zwingen?“ „Du kannst gerne aufhören. Aber du solltest eins wissen. Alicorns Effekt beinhaltet auch, dass ich meine Battle Phase überspringen muss. So hast du noch mal die Chance, deinen letzten Zug zu gestalten.“ Der Ältere stand in kürzester Zeit wieder auf seinen Beinen. „Dann werde ich dieses Duell nun beenden! Ich ziehe.“ Seine Augen glühten vor Entschlossenheit. Dieser Blick beeindruckte André.
 

„Selbst wenn er ein Idiot ist, duellieren kann er sich. Vor allem gibt er sein bestes. Das ist die richtige Einstellung!“ Leon sah sich seine Karte an. „Perfekt!“, schrie er. „Das Duell ist vorbei! Ich spiele die Karte: „Wiedergeburt!““. Dem Europäer zuckte es in den Händen. Seine verdeckte Karte konnte den Effekt von „Wiedergeburt“ annullieren. Doch urplötzlich beherrschte ihn ein Gedanken. „Wenn ich ehrlich bin, dann möchte ich ihm diesen Sieg nun gönnen. …“ André stockte. „Moment mal! Ihm den Sieg gönnen? NEIN! NIEMALS!“ Innere Zerrissenheit spalte sein Denken und Handeln. Der Duellant konnte keine Entscheidung treffen. Er verpasste den Aktivierungsmoment. Mit Hilfe von „Wiedergeburt“ erschien Heraklinos. Doch nicht nur er war wieder da. Auch Bestiari stand auf der gegnerischen Seite. Was war geschehen? „Leon! Wie kommt es, dass du zwei Karten mit Wiedergeburt bekommst?“ Der Ältere beantwortete die Frage zufrieden. „Ich habe „Wiedergeburt“ mit der Zauberkarte: „Zauberserie“ kombiniert. So konnte ich zwei Monster rufen. Als nächstes beschwöre ich „Gladiatorenungeheuer Murmillo“.“ Der Fischkrieger erschien neben Bestiari. „Nun verschmelze ich die beiden, einzelnen Gladiatoren zu „Gladiatorenungeheuer Gyzarus“. Mit seinem Effekt zerstöre ich das fliegende Pony und setze deine Lebenspunkte auf null!“ Das Duell war gelaufen. Viermal besaß der André die Chance, „Alicorn“ und sich vor den Bestien des Deutschen zu schützen. Jedes Mal versagte seine Reaktion. Er konnte nichts mehr tun. Wie angekündigt verschmolzen die Kreaturen zu einer Neuen. Dann zersprang das geflügelte Einhorn in seine Einzelteile. Gemeinsam reduzierten die Gladiatoren die Lebenspunkte des Grauäugigen. André verpasste die Momente der Gegenwehr schlicht und einfach. Er stellte sich in dieser Situation wie ein Anfänger an. Nun war Kazuo verdutzt. Wie konnte auf einmal sich das Duell so stark um 180 Grad drehen. Irgendetwas stimmte nicht. Normalerweise reagierte André doch nicht so teilnahmslos, wenn er verlor. Da war doch etwas faul. Dies schien auch Leon zu bemerken. Mit zielsicheren Schritten ging er auf seinen Gegner zu. „Zeig mir deine verdeckte Karte!“, befahl er seinem Gegenüber. Dieser schien weiterhin irgendwie verwirrt zu sein und schaute mit einem leeren Blick zu Leon auf. Dies nutze der Blonde und griff nach der Karte, die in der Disk steckte. Als er sie ansah, warf er sie gleich zu Boden. Er wirkte wütender als vor dem Kampf: „Was soll das?! Du hättest gewinnen können! Dieser Kampf zählt nicht! Das wirst du mir noch bezahlen!“ Er drehte sich auf dem Absatz um und verschwand mit seiner Clique in Richtung einer der drei Unterkünfte. Der Rothaarige, der alles mitverfolgt hatte, bückte sich nach der Karte und prüfte sie. Es handelte sich um „Feierliches Urteil“. Die Tatsache irritierte ihn umso mehr. Kazuo ging zu seinem Zimmergenossen und legte die Karte zurück ins Deck, bevor er ruhig seine Hand auf dessen Schulter legte. „Was ist mit dir los, André? Du hättest doch wissen müssen, dass du mit dieser Tat eigentlich noch alles schlimmer machst.“
 

Geistabwesend verfolgten die Augen des Verlierers das Drumherum. „Warum? … Warum habe ich nicht reagiert? Ich erkenne mich selbst nicht mehr.“ Er konnte es einfach nicht begreifen. André realisierte erst langsam, dass er den Kampf verloren hatte. Eine kleine Träne erschien in seinem rechten Auge. Schließlich bemerkte er auch die Hand seines Freundes. „Kazuo! Ich bin ein Idiot. Ich habe zu viel nachgedacht und den Aktivierungsmoment verpasst. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Vielleicht bin ich einfach übermüdet.“ Ruhig hörte sich der Halbspanier alles an. Er wusste nicht, wie er am besten reagieren sollte. „Komm wir gehen auf unser Zimmer, da kannst du dich ein wenig entspannen. Vielleicht war der Tag heute auch einfach zu anstrengend.“ Langsam ging er in Begleitung von André los. Sie schwiegen fast den ganzen Weg über. Keiner von beiden wusste was er sagen sollte. In Gedanken versunken ging er einfach vor sich hin. Bis er plötzlich gegen etwas stieß. Er landete auf dem Boden und rieb sich wieder mal verlegen den Hinterkopf. „Langsam habe ich das Gefühl, das dieses Gegeneinander stoßen zur Routine wird.“, schoss es durch seinen Kopf. Er sah auf. Sofort färbte sich sein Gesicht rot. Vor ihm stand die einzige Person, die ihn in diesem Moment noch mehr verwirren konnte, als er es schon war. Tobi. Der junge Mann begrüßte ihn mit diesem gutmütigen Lächeln. „Wie es aussieht, stößt du dich gerne an mir. Kann ich dir aufhelfen?“ Der Schüler reichte Kazuo seine Hand entgegen. Diesmal zögerte der Duellant nicht. Sofort überkam ihm, wie auch schon beim ersten Mal, dieses wohlige Gefühl. „Entschuldigung. Habe ich dir wehgetan?“ Der Braunhaarige erwiderte nur mit einem Kopfschütteln. „Mir geht es gut. Kommst du heute Abend um 20 Uhr auch zu der Feier in der Haupthalle?“ Fragend sah Kazuo nun zu Tobi. „Was für eine Feier?“ „Was! Du weißt nichts darüber. Professor Yuki hat eine kleine Party organisiert, damit sich die Neuen wie du, mit dem Rest der Schule anfreunden können. Du kommst doch, ich würde dich gerne tanzen sehen.“ Nach dieser Aussage wurde der Kopf des Südländers noch roter als er es schon ohnehin war. Er konnte nur mit Anstrengung einen klaren Satz hervorbringen: „Klar komme ich. Die Feier wird doch wegen mir und den anderen Neuen gehalten.“ Daraufhin entsprang ein noch schöneres Lächeln auf dem Gesicht des älteren Schülers. Irgendwie strahlte es Vorfreude aus. „Ok! Dann sehen wir uns dort. Ich freue mich schon.“ Nachdem er zu Ende gesprochen hatte, drehte sich Tobi auch schon um. Er hob zum Abschied kurz noch mal die Hand und verschwand hinter einer Ecke. Kazuo sah hinterher und versank wieder in seinen Gedanken. André vergaß er in diesem Moment schon fast.
 

Verwundert beobachtete der Halbfranzose die Szene. Ein leichtes, heimliches Grinsen konnte er nicht unterdrücken. „Da hat ja Kazuo eine Verabredung. Dieser Tobi scheint nett zu sein.“ Auch André verfolgte dessen verschwinden. „Eine Party klingt super. Ein hoffentlich schöner Ausklang des Tages.“ Plötzlich durchzuckte ihn ein Gedankenblitz. „OH NEIN! LEON WIRD AUCH DA SEIN! AHHHHH! … Bleib jetzt bloß ruhig. Immerhin steht nun Gleichstand zwischen dem und mir.“ Vor dem inneren Auge spielten sich Sieg im Fußballspiel und Niederlage im Duell kurz ab. „Eigentlich kann es mir ja egal sein. Monsieur Womanizer [Herr Weiberheld] wird so oder so mit seinem Harem dort abhängen. Da habe ich hoffentlich meine Ruhe. Außerdem ist ja Kazuo noch da. Der Abend wird bestimmt lustig.“ Ermutigt durch die eigenen Worte und einem leichten Glückshormonschub, begann André mit seinem Zimmergenossen über den kommenden Abend zu quatschen. „Wie sieht es aus? Gehst du hin? Ich werde es mir nicht entgehen lassen. … Wir müssen uns aber dann beeilen! Es dauert nicht mehr lange, bis es dunkel ist. Komm!“ Wieder, dank dem Zimmergenossen wachgerüttelt, gingen beide zu ihrem Apartment. Neben dem umziehen, wollten sie auch eine Kleinigkeit essen, bevor es zur Feier ging. Im Zimmer angekommen, bereiteten sie sich gleich für den Abend vor. Kazuo zog sich bis auf die Boxershorts aus und verschwand direkt mit einer neuen und einem Handtuch im Bad. Langsam stellte er das Wasser ein, bevor er sich der Boxershorts entledigte und unter die Duschbrause stellte. Es war angenehm warm und entspannend, wie das Wasser langsam den Rücken nach unten floss. Noch mal die ganzen Ereignisse des Tages Revue passieren lassend, ließ er sich vom Wasser berieseln. Die Gedanken in den ersten Unterrichtsstunden, das spontane Anfeuern im Sportunterricht und wie André sich im Tor bewegte. Sofort wurde er wieder etwas rot. Schnell ließ er sich das Wasser über das Gesicht laufen. Das unerwartete Kompliment von Tobi und das Treffen, was nur wenige Minuten zurück lag, kamen ihm als nächstes in den Kopf. „Er freut sich schon.“ Die Gedanken wurden von einem knallroten Kopf beantwortet. Schnell lenkte er sich ab. Kazuo wusch seine feuerartigen Haare und den restlichen Körper. Nachdem jeder Seifenrest im Abfluss verschwand, stieg er auch schon aus der Dusche und trocknete sich ab. Als er seine Boxershorts an hatte, betrachtete er sich kurz im Spiegel. Während Kazuo sich frisch machte, stand der Europäer in der Küche. Die Zeit, die der Andere im Bad verbrachte, wollte er mit kochen ausnutzen.
 

Geschwind schnippelte, hackte und zerkleinerte der Hobby-Koch verschiedene Gemüsesorten. Gleichzeit briet das Fleisch in der Pfanne. André zauberte in Windeseile eine leckere, aber auch leichte Mahlzeit. Er hatte sich vorgenommen, wenn passende Musik laufen würde, auf der Party zu tanzen. Da durfte nichts Schweres im Magen liegen. Während dem Kochen malte sich der Duellant den Abend aus. Dabei konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen. Doch auch die heutigen Ereignisse spukten in seinen Gedanken. Der Badezimmerspiegel war unglaublich groß. Man konnte sich bis zu den Oberschenkeln, da er leicht nach vorne gekippt war, sehen. Kazuo musste zugeben, dass er gar nicht so schlecht aussah. An seinem Körper zeichneten sich überall die Muskeln ab. Selbst ein Sixpack konnte man erkennen. Sie waren nicht extrem stark ausgebildet, aber dennoch sichtbar. Ein weiterer Vorteil von dem Ballet und den Tanzkursen. „Würde ich Tobi gefallen?“ Schnell verwarf er den Gedanken, schnappte sich das Handtuch und verließ das Bad. Nur in Boxershorts gekleidet und dem Handtuch im Haar erschien er im Wohnraum. Sofort, nachdem er die Tür verlassen hatte, wurde seine Nase von einem unglaublichen Geruch umspielt. „Mein Gott. André ist echt klasse. Er ist nett, kann super kochen, ist nicht auf den Kopf gefallen und sieht auch nicht unbedingt schlecht aus.“ Als der Halbspanier merkte was er gerade dachte, rieb er sich zur Ablenkung mit dem Handtuch wild durchs Haar und machte sich auf den Weg in die Küche. „Bonsoir Monsieur! [Abend der Herr!] Setz dich. Das Essen ist schon fertig.“ Kazuo machte es sich bequem und gemeinsam aßen sie ihr Abendbrot. Kurz darauf sprang André auf und stellte seinen Teller auf den Abwaschbereich. „Kannst du das Geschirr machen? Ich mach mich schnell fertig.“ „Klar. Mach dich fertig. Ich kümmere mich darum.“, gab Kazuo zurück. Dabei winkte er in einer selbstverständlichen Geste seinem Freund zu. Kurz darauf sammelte der Rothaarige den Rest an Besteck und Tellern zusammen, um sie schnell spülen zu können. Das Handtuch über die Schultern gehängt stand er auch schon an der Spüle. Zufrieden entschwand der Koch ins Bad. Das Geräusch von fließendem Wasser erklang. Der 19 Jährige liebte es warm zu duschen. Das nasse Element musste sogar besonders heiß sein. Dampf entstieg bereits aus der Dusche. Sein Denken wurde immer wieder mit den unerklärlichen Momenten des Tages gespeist. Doch oft verwarf André sie erneut. „Ich habe keine Lust mehr, mir darüber Sorgen zu machen. Der Abend soll toll werden. Nur das zählt jetzt.“ Nach Beenden des Reinigungsvorgangs, begleitete eine Wasserdampfhülle den jungen Mann. Er verließ nur mit Handtuch bekleidet das Bad und suchte den Kleiderschrank auf. Gekonnt zog er Boxershorts, Hose und Hemd in kürzester Zeit an. Dafür, dass er für einen Moment entblößt da stand, störte ihn diese Kleinigkeit nur wenig. Dem Zuschauer konnte jedoch der Blick auf einen recht gut gebauten Körper garantiert werden. André gehörte eigentlich nicht zu denen, die sich durch pralle Muskeln auszeichneten. Dennoch wies seine Statur leicht athletische Züge auf. Er konnte im großen Ganzen zufrieden sein. Schließlich stand der Duellant fertig angezogen im Wohnraum. Er trug über einem engen, weißen, langarmigen T-Shirt ein dunkelbraunes kurzarmiges Hemd. Dazu hatte André eine dunkelblaue Jeans und noch dunklere Schuhe an. Seine Haare lagen wild durcheinander. Das Outfit konnte in die Kategorie: Lässig und Sportlich eingeordnet werden. Seine Yin und Yang Kette zeichnete sich vom hellen T-Shirt ab. Das Markenzeichen des Duellanten durfte einfach nicht fehlen.
 

„Hey Kazuo! Wie sehe ich aus?“, fragte der Grauäugige seinen Kumpel. Gerade, das letzte Besteck in der Schublade verstauend, hörte Kazuo auch schon einen Laut. Er hatte sich während dem Spülen Zeit gelassen. Schnell ging er zum Rufenden. Gelassen lehnte sich der Duellant an die Wand und legte den Kopf etwas schief, bevor er antwortete. „Schick, schick. Da könnte man sich glatt in dich verlieben.“, scherzte er. Dabei bildeten seine Lippen ein breites Grinsen. „Du bist ein Schmeichler.“, entgegnete der Halbfranzose. Dabei betrachtete er seinen Gesprächspartner. „Zieh dich mal an! Oder willst du so auf die Feier?“ Daraufhin lachte André. Erst jetzt merkte der Rothaarige, dass er immer noch nur mit Boxershorts da stand. Kurz prüfte der Grünäugige sich selbst, bis er wieder in die Richtung seines Freundes blickte. „Ich war am überlegen, ob ich vielleicht noch weniger an haben sollte.“ Auch er musste loslachen. Grinsend ging Kazuo schließlich an André vorbei und nahm sich schnell ein paar Sachen aus dem Schrank. Dann verschwand er erneut im Bad. Da er durch den Nebel nichts mehr erkennen konnte, riss der junge Mann das Fenster auf. Selbst das eigene Spiegelbild zeigte sich widerspenstig. Nach einigen Minuten war wieder klare Sicht. Schnell machte er sich an seine Haare. Dafür rubbelte er noch mal kräftig über sie. Jetzt war das Haar schon fast perfekt. Gekonnt flechtet der Schüler auch schon links von seinem Gesicht einen kleinen, dünnen Zopf, der mit einem einfachen schwarzen Band zusammengehalten wurde. Darauf folgte nur noch ein schwarzes Hemd, wobei er die oberen vier Knöpfe offen ließ. Dies legte seine Brustmuskeln etwas frei. Um den Hals legte er sich eine locker gebundene rote Krawatte. Danach schlüpfte Kazuo in eine schwarze Hose, wo auch schon das Hemd drin verschwand. Die Hose wurde von einem einfachen Ledergürtel an seinem Platz gehalten. Seine Lieblingsschuhe, rote Chucks mit schwarzen Runen, und Fingerlose schwarze Handschuhe, die jeweils eine andere rote Rune am Handrücken aufwiesen, durften auch nicht fehlen. Sich schnell noch mal im Spiegel betrachtend, festigte Kazuo seine Frisur noch mal mit etwas Haarspray. Der Mann war zufrieden. Durch die spezielle Farbe seiner Haare wirkten sie schon fast lebendig. Das Fenster wurde wieder geschlossen und er verließ das Bad. Nun stand der Halbspanier fertig vor seinem Zimmerkameraden. „Und? Habe ich jetzt genug an?“, neckte er seinen Freund etwas. „Wow! Du siehst super aus!“, entkam es dem Betrachter. Kazuo war nicht wieder zu erkennen. Grinsend gesellte er sich zu ihm. „Monsieur [mein Herr], begleiten Sie mich zu dem Fest?“ „Mir ist es eine Ehre, Monsieur [mein Herr].“, antwortete der Gefragte mit einer extra überspielten, höflichen Stimme. Beide mussten laut loslachen, als sie endlich den Wohnraum verließen und sich auf den Weg machten.
 

Kaum hatten sie die Wohnblocks verlassen, da sahen sie zwei bekannte Gesichter. Es waren Brittany und Mongezi. Sie schienen aufeinander gewartet zu haben. Als die Blonde Kazuo und André erblickte, stürzte sie sich sofort auf die weiteren Männer: „Wie ich sehe geht ihr auch zur Party. Lasst uns doch zusammen gehen! Let’s go BOYZ! [Lass uns gehen Jungs!]“ Bevor einer der Herren antworten konnte, wurden sie auch schon am Arm gepackt und von dem Mädchen mitgezogen. Sofort erfasste sie auf ihren Weg die wunderschöne Nacht. Die Sterne funkelten um die Wette. Der Vollmond leuchtete hell. Gemeinsam folgten sie dem Pfad zur Akademie. Die Amerikanerin prahlte mit ihrem Kleid. „Das Kleid und die Accessoires sind von „Versace“ und „Gucci“. Sonderanfertigungen! Habe ich von meinen Vater zum Geburtstag geschenkt bekommen. …“ In einer Tour ging das so weiter. André, der eigentlich gut erzogene Mann, verdrehte nur die Augen. „Oh mon dieu! [oh mein Gott!] Kann man die nicht abstellen? … Dieses Mädchen mag ich doch so oder so nicht!“, dachte er.

Kazuo hatte schon längst abgeschaltet und bekam keine Wörter von Brittany mehr mit. Er war in seinen Gedanken versunken und erachtete es als nicht wichtig, sich mit dem Mädchen irgendwie zu verständigen. Solche Personen kannte er zu genüge. Meistens handelte es sich dabei um Einzelkinder, die rund um die Uhr verwöhnt wurden. Vor allem aber sind sie kein bisschen auszustehen. Der Südafrikaner hingegen schien da anders zu sein. Die Kleidung, die er trug, interessierte Kazuo am meisten. Er hatte so was noch nie gesehen. Mongezi bemerkte das Interesse. Zögerlich fing er an über sein traditionelles Gewand zu reden. Er erklärte seine Bedeutung. Gespannt hörten die beiden anderen Jungs zu. Die blondhaarige Schülerin hingegen plapperte munter weiter, ohne sich darüber sicher zu sein, ob ihr jemand zuhörte. Je näher sie dem Schulgebäude und der Festaktivitäten kamen, umso mehr Schüler begegneten den Vieren. Es gab schon ein reges Treiben in den Gängen. Die Flure wurden immer voller. Selbst wenn man den Weg nicht wusste, hätte man nur der Menschenmasse folgen müssen und um das Ziel zu erreichen. Endlich kam die Gruppe an die Festhalle. Sie war wie ausgetauscht. Kazuo erinnerte sich, dass hier noch am ersten Tag ihre Willkommensduelle stattgefunden hatten. Doch nun wies nichts mehr darauf hin. Der Raum war bunt geschmückt. Wappen der Schule, Duell-Monster Abbildungen und vieles mehr wechselte sich dabei ab. Selbst eine große Tanzfläche breitete sich in der Mitte aus. Eine Theke für Getränke und viele Sitzmöglichkeiten gehörten ebenfalls dazu. André schaute in die Runde. Schnell entdeckte er Leon. Wie vorhergesehen, stand der Frauenheld bei seinen weiblichen Fans und amüsierte sich mit ihnen. Der Schwarzhaarige atmete auf. „Gut. Der ist schon mal beschäftigt. Da habe ich meine Ruhe.“ „Hey Kaz…“, André wollte gerade mit seinem Freund sprechen. Aber dieser war verschwunden. „Wo ist er?“, fragte er sich.
 

Kurz nach der Ankunft in der Halle, wurde Kazuo auch schon durch die regen Bewegungen und dem umschauen von seinem Freund getrennt. Bei den vielen Menschen konnte er, auch so oft er sich umsah, nicht seinen Kameraden entdecken. „Der wird schon wieder auftauchen.“, dachte sich Kazuo. Gerade wollte er suchen, wo es etwas zu trinken gab, da griff auf einmal jemand nach seiner Schulter. Der Rothaarige rechnete damit, dass André ihn gefunden hatte und drehte sich um. „Ah da bist …“. Seine Kinnlade viel runter. Nicht der Halbfranzose stand vor ihm sondern Tobi. Er sah atemberaubend aus. Der Ältere trug sein Haar offen. Sein T-Shirt kombinierte der Schüler mit einem offenes Hemd sowie einer Jeans. Natürlich durfte sein freundliches Lächeln nicht fehlen. „Ich bin froh, dass du gekommen bist.“ Gerade wollte der Duellant etwas erwidern, da wurde er aber auch schon unterbrochen. Professor Yuki war ans Mikrofon getreten. „Guten Abend! Willkommen zur diesjährigen Kennenlernfeier! Habt euren Spaß! Vergesst den Schulstress und lernt euch kennen. Bis dann!“ Noch mal, von der kurzen Ansprache etwas mehr aus seiner leichten Starre geholt, konnte sich Kazuo auch endlich mit dem Mitschüler unterhalten. „Auch ich bin froh, dass ich gekommen bin. Hier ist ja viel los.“ „Ja, die Tanzfläche ist noch nicht offen. Deswegen ist man hier etwas zusammengedrückt.“ „Ach so ist das. Weißt du, wo man hier was zu trinken her bekommt?“ Auf dem Gesicht von Tobi schien ein noch weiteres und freundlicheres Lächeln aufzutauchen. Der Jüngere hätte nicht gedacht, dass dies überhaupt möglich war. „Klar. Ich bring dich hin“ Schnell ergriff der Braunhaarige die Hand seines Gesprächpartners und führte ihn durch die Menschenmenge. Sofort breitete sich wieder das warme Gefühl in Kazuo aus und er konnte nur noch auf seine Hand starren, die in der Hand des anderen Mannes lag. In wenigen Sekunden verschwand das Gefühl aber auch schon wieder. Sie hatten die Theke erreicht und Tobi ließ seine Hand los. Ein klein wenig Enttäuschung breitete sich in Kazuo aus. „So hier wären wir. Hol dir schnell was zu trinken. Bald müsste die Tanzfläche offen sein und das erste Lied gespielt werden.“ Der Halbspanier sah auf und konnte seinen Kumpel auch an der Theke entdecken. Er ging sofort zu ihm, dicht gefolgt von Tobi und hob seine Hand. Als er in hörreichweite des Europäers war, fragte Kazuo wohin er verschwunden sei und wo die anderen geblieben wären. Die zweite Passage der Frage stellte er aber nur aus Höflichkeit, denn wirklich wissen wollte er es nicht. „Da bist du ja endlich!“, antwortete der Grauäugige. „Dann kann ja die Party losgehen! Die anderen Zwei habe ich abgeschüttelt. Brittany ist ja so was von eingebildet. Zum Glück lebe ich noch und wurde nicht von ihr zu Tode geredet.“ Er gab einen lauten Lacher von sich. Der Mitbewohner verstand sofort was sein Freund meinte. Lächelnd antwortet er mit dem Kopf nickend. Weitere Worte waren nicht nötig. Plötzlich spürte er eine Hand auf der Schulter. Kazuo wusste genau, von wem sie stammte. „Ach! … Du hast ihn ja schon gesehen. Darf ich ihn dir vorstellen. Das ist Tobi.“ Während er sprach zeigte der Duellant auf seine Begleitung. Darauf wandte er sich dem Braunhaarigen zu: „Und das ist mein Zimmerkamerad.“ Plötzlich lief der Jüngere rot an. „Excuse-moi! [Entschuldigung] … Hallo Tobi! Ich heiße André.“ Er reichte dem Angesprochenen die rechte Hand. „OH, … Hallo André.“, erwiderte Tobi.
 

Beide schüttelten sich die Hände. Ein Lächeln lag auf ihren Lippen. Als sich die einander Vorgestellten ansahen, wechselten die Augen des Zuhörers zwischen beiden. „Sie lächeln sich an? … Langsam dauert das aber ein wenig lange.“ Sein Blick versteinerte sich ungewollt und ungemerkt. Er verweilte in seinen Gedanken. „Warum stört mich das so? Bin ich neidisch? Nein, dass kann nicht sein. Aber was ist es dann? ...“ Seine innerlichen Fragen ließen ihn immer mehr in sich selbst versinken. Als er den Blick seines Kumpels deutete, zog der Europäer seine Hand sofort zurück. Er räusperte sich. „Ja, … Habt ihr schon was zu trinken? Der Barkeeper kann viel anbieten. Einige schmackhafte Cocktails und andere Drinks! …“ André versuchte die Situation zu entspannen. „Klingt gut!“, stimmte Tobi ihm zu. „Ja, … ÄH, OK! Lasst uns was trinken.“, entschied der Unentschlossene. Mit dem Vorschlag seines Freundes tauchte Kazuo wieder aus seiner innerlichen Diskussion auf und verwarf sie sofort. Alle stellten sich vor die Theke. Für einen kurzen Moment, als die drei Männer ihre Getränke endlich in den Händen hielten, flüsterte André Kazuo ins linke Ohr. „Was hast du? Bist du vielleicht eifersüchtig?“ Bei der Frage erschrak der Gefragte sofort. Genau das beschäftigte ihn doch selbst schon. Er wurde schlagartig rot. „Wieso… sollte ich eifersüchtig sein? Dafür gibt es doch keinen Grund.“, stammelte er nur kurz vor sich hin. Doch seine Gestik und Mimik verriet das totale Gegenteil. Hastig trank er von seinem Cocktail, um von der Situation abzulenken. Als weiterer Schutz drehte sich der Schüler noch von seinem Freund weg. Doch das war ein großer Fehler. Jetzt sah der Duellant direkt zu Tobi, der ihn nur wieder mit diesem unglaublichen Lächeln empfing. Seine Gesichtsfarbe nahm ein noch tieferes rot an. Wenn das überhaupt möglich war. Vor Scham konzentrierte er sich auf seinen Cocktail und nahm einen weiteren, großen Schluck. „Keine Sorge! Dein „Date“ geht mich nichts an. Solange du dich nicht nur mit IHM abgibst.“ Dabei grinste André leicht. Er setzte gerade das Glas an, als auf einmal eine Melodie erklang. Sie drang an sein Ohr. Immer schneller. Immer lauter.
 

BABY, BABY

JUST A LITTLE BIT

BABY, BABY

JUST A LITTLE MORE

BABY, BABY

LET ME SEE YA

WALK TO ME, TALK TO ME, HANDLE ME RIGHT
 

Das Lied kannte er. Es gehörte zu Andrés Lieblingsliedern. Der Rhythmus entfesselte sein Tanzzentrum. Er konnte sich nicht mehr halten. „Hey KAZUO! Komm! Mach mit!“ Der Europäer begann mit beiden Füßen zu steppen. Er drehte sich und zeigte auf seinen Kumpel. „LET THE SHOW BEGINN! [Lasst die Show beginnen]“
 

I DID CAUSE A COMMOTION

I CAN’T HELP BUT MAKE A SCENE

I AIN’T LOOKIN FOR SOMETHIN PREMINTENT TO GET AT ME

(IF YOU WANT THAT, YOU CAN KEEP THAT)

TELL YOU WHAT IT’S GONNA BE

YOU BETTER STEP UP YOUR GAME,

BEFORE YOU CAN STEP WITH ME
 

Etwas überrascht folgte der Grünäugige seinem Freund auf die Tanzfläche. Eine Aufforderung zum Tanz konnte er eh nie abschlagen. Als Erstes bewegte er einfach seinen Körper zu der Musik und ließ sie auf sich einwirken. Darauf folgten einfache Tanzschritte. Die sich zu immer mehr komplizierten Schritten steigerten. Jetzt war Kazuo voll im Tanz versunken und bekam fast nichts mehr um sich mit.
 

CAN’T YOU SEE ME WALKIN THROUGH THE DOOR

MAYBE I SHOULD TURN IT UP A LITTLE BIT MORE

I CAN’T HELP BUT FEEL RESPONSIBLE

FOR WHAT THE GIRLS HATE AND THE BOYS ADORE
 

„Auf geht’s, Kazuo!“, schrie der Schwarzhaarige. Sein Körper. Seine ganzen Bewegungen wurden durch die Musik geleitet. Nichts konnte die Beiden nun aufhalten.
 

SAY HEY

WHAT’S IT GONNA BE TONIGHT

COME HIT ME UP

COME HIT ME UP

SAY HEY

PARTY WITH ME TONIGHT

COME HIT ME UP

COME HIT ME UP

SAY HEY

WE BEEN RUNNING ALL NIGHT

COME HIT ME UP

COME HIT ME UP

I KNOW YOU FEEL IT CAUSE YOU CHECKING ME RIGHT

COME HIT ME UP

COME HIT ME UP
 

BABY, BABY

JUST A LITTLE BIT

BABY, BABY

JUST A LITTLE MORE

BABY, BABY

LET ME SEE YA

WALK TO ME, TALK TO ME, HANDLE ME RIGHT
 

Unbewusst zogen die beiden Tänzer die Blicke auf sich. Der Scharm der Zuschauer, sich selbst auf der Tanzfläche der Musik hinzugeben, umgab sie fast wie eine Mauer. Emotionen wie Entsetzen, Neid, Schadenfreude und Staunen strömte ihnen entgegen. Doch André und Kazuo interessierten sich nicht dafür. Sie gingen im Rhythmus des Liedes auf. Keiner der Zwei hielt sich zurück.
 

I WALK IN JAWS ALL BE DROPPIN

IT’S SO ELECTRIFIED

DON’T MEAN TO INTEND MY DATE

DON’T MEAN TO MAKE LOSE YOUR MIND

(IF YOU WANT THIS, WORK IT FOR THIS)

SHOW ME THAT YOU GOT WHAT’S RIGHT

YOU BETTER MAKE AN IMPRESSION WON’T GET ANOTHER TRY
 

Nun standen sich die Jungs gegenüber. Der Eine betrachtete den Anderen. „Mal sehn, ob ich mit ihm mithalten kann“, überlegte sich André. Der Europäer erhob seine Beine. Sie fingen wieder an zu steppen. Wie es der Rhythmus der Musik vorgab. Kopf, Schultern, Rücken und Hüften. Alles bewegte sich im Takt. Immer mit einem Lächeln untermalt. Eine Mischung aus Jive und Freestyle bot der 19 Jährige. Er vergaß seine Probleme und den stressigen Alltag und blühte ungeahnt auf.
 

CAN’T YOU SEE ME WALKIN THROUGH THE DOOR

MAYBE I SHOULD TURN IT UP A LITTLE BIT MORE

I CAN’T HELP BUT FEEL RESPONSIBLE

FOR WHAT THE GIRLS HATE AND THE BOYS ADORE
 

Der Halbspanier verstand die Geste gut. Sofort ahmte er die Schritte von seinem Freund nach. Sie waren kein Problem. Nach einer kurzen Zeit übernahm er seinen Teil. Kazuo begann mit einem Tanzschritt, der nicht ganz einfach schien. Sein Oberkörper blieb gerade und an derselben Stelle, während die Beine mit den Füßen nur so über die Tanzfläche glitten. Ihre Bewegungen vollzog der ganze Körper in einer mystischen Art und Weise. Dies ging über in einfache Hüftschwünge, gefolgt von typischen Breakdance Handständen. Am Ende stand der Rothaarige mit einer Drehung um die eigene Achse wieder in der Anfangsposition.
 

SAY HEY

WHAT’S IT GONNA BE TONIGHT

COME HIT ME UP

COME HIT ME UP

SAY HEY

PARTY WITH ME TONIGHT

COME HIT ME UP

COME HIT ME UP

SAY HEY

WE BEEN RUNNING ALL NIGHT

COME HIT ME UP

COME HIT ME UP

I KNOW YOU FEEL IT CAUSE YOU CHECKING ME RIGHT

COME HIT ME UP

COME HIT ME UP
 

BABY, BABY

JUST A LITTLE BIT

BABY, BABY

JUST A LITTLE MORE

BABY, BABY

LET ME SEE YA

WALK TO ME, TALK TO ME, HANDLE ME RIGHT
 

Angesteckt durch den Tanzstil des Anderen, veranstalteten die Freunde einen kleinen Tanz-Kampf. Jeder von ihnen gab sein Bestes. Die Show, die beide Schüler zeigten, war einzigartig. Langsam, aber sicher, steckten sie das Publikum an. Einige der Zuschauer begannen nun ebenfalls zu tanzen. Jeder auf seine Art. Die Musik setzte zum Höhepunkt an.
 

UH OH

HEY

UH OH

HEY

UH OH

HEY

OHHHHHH
 

SAY HEY

WHAT’S IT GONNA BE TONIGHT

COME HIT ME UP

COME HIT ME UP

SAY HEY

PARTY WITH ME TONIGHT

COME HIT ME UP

COME HIT ME UP

SAY HEY

WE BEEN RUNNING ALL NIGHT

WHAT’S IT GONNA BE TONIGHT

I KNOW YOU FEEL IT CAUSE YOU CHECKING ME RIGHT

COME HIT ME UP

COME HIT ME UP
 

André und Kazuo stellten sich nebeneinander. Ihre Bewegungen verschmolzen miteinander. Sie formten einen Körper. Ein Körper, in dem die Musik das Blut in seinen Adern bildete. Nach wenigen Momenten konnte man schon nicht mehr erkennen, wo der Erste anfing und der Zweite aufhörte. Sie waren ein vollkommenes Ganzes geworden und jeder der sie ansah, wurde in ihren Bann gezogen.
 

SAY HEY

WHAT’S IT GONNA BE TONIGHT

COME HIT ME UP

COME HIT ME UP

SAY HEY

PARTY WITH ME TONIGHT

COME HIT ME UP

COME HIT ME UP

SAY HEY

WE BEEN RUNNING ALL NIGHT

COME HIT ME UP

COME HIT ME UP

I KNOW YOU FEEL IT CAUSE YOU CHECKING ME RIGHT

COME HIT ME UP

COME HIT ME UP
 

BABY, BABY

JUST A LITTLE BIT

BABY, BABY

JUST A LITTLE MORE

BABY, BABY

LET ME SEE YA

WALK TO ME, TALK TO ME, HANDLE ME RIGHT
 

BABY, BABY

JUST A LITTLE BIT

BABY, BABY

JUST A LITTLE MORE

BABY, BABY

LET ME SEE YA

WALK TO ME, TALK TO ME, HANDLE ME RIGHT
 

Das Lied endete. Jetzt waren die Schlussbewegungen an der Reihe. Sofort setzte Kazuo zu einem Salto im Stand an, der ohne Makel gelang. André hingegen vollzog eine letzte Drehung und zeigte danach auf seinen Kumpel. Ein lautes Jubeln ertönte. Die Zuschauer waren begeistert. Die Freunde klatschten in die jeweils andere Hand. „Alter! Du bist ein echter Dance-King [Tanz-König]. Alle Achtung!“, schnaufte der Europäer. Er musste erstmals Luft holen und stützte sich dabei auf den Knien ab. Schweiß zeichnete sich auf seiner Stirn ab. „Du bist auch nicht schlecht. Ich habe nur den Vorteil, dass ich schon seit dem ich sechs Jahre alt war, von Tanzschule zur Tanzschule geschickt wurde. Mir hat man jede Tanzart gelehrt, die es gibt. Du hast dir wahrscheinlich alles selbst beigebracht. Außerdem, … wenn ich der Dance-King [Tanz-König] bin, dann musst du die Dance-Queen [Tanz-Königin] sein.“, gab der Rothaarige neckend und fast gar nicht außer Atem zurück. Atemlos brachte André nur ein kleines Grinsen auf seine Lippen. Das Tanzspektakel raubte ihn die Energie. Dennoch hatte er riesigen Spaß gehabt und freute sich darüber. Langsam ging der Halbjapaner wieder von der Tanzfläche, die sich in kürzester Zeit schon stark gefüllt hatte. Dafür blieb es an der Theke recht leer und Kazuo fand sogar sein Glas wieder. Langsam trank er vom Cocktail, als er einen Lufthauch an seinem Ohr spürte. „Komm! Lass uns raus gehen. Ein wenig Luft tut uns beiden gut.“ Es war Tobi. Der Angesprochene drehte sich zu ihm um und verfolgte auch schon, wie der Größere in Richtung Ausgangstür verschwand. Schnell trank der Rothaarige das Getränk aus und eilte hinterher. Auf den Weg nach draußen gab es hier und da kleine Gruppen, die sich in Gespräche vertieften. Tobi schien einen schnellen Schritt zu haben. Denn erst weit außerhalb der Schule, konnte Kazuo ihn einholen. Es war etwas kühl geworden. Jedoch funkelten die Sterne noch heller als zuvor. Der Mond strahlte eine angenehme Wärme aus. Beide schwiegen als sie einen kleinen Pfad entlang gingen. Die Stille war für den Schüler unangenehm. Irgendwann erreichten sie eine Bank. Der Ältere setzte sich auf sie und gab mit einer Geste zu verstehen, dass der Südländer sich neben ihn setzen sollte. Es dauerte nicht lange, da saß auch Kazuo auf der Bank. Das Schweigen hielt noch etwas länger an. Beide Schüler sahen einfach nur in den Himmel und ließen alles auf sich wirken.
 

Nach dem recht gelungenen Auftritt umschwärmten zwei, drei Damen den Älteren der beiden Tänzer. „Du tanzt super! … Wo hast du das gelernt? … Bist du mit jemand auf dieser Party? … Hast du schon eine Freundin? …“ Die Fragen nahmen kein Ende. Im Bezug auf die weibliche Begleitung, gar eine Freundin, musste André schmunzeln. „Excuse-moi Mademoiselles [Verzeihen Sie meine Damen]. Ich gehe erstmal etwas trinken. Danach beantworte ich gerne Ihre Fragen.“, sprach der Halbfranzose zu den Mädchen. Mit einer Verbeugung, ganz Gentlemanlike, verabschiedete er sich von ihnen und lief zu Bar. „Puh! Die wäre ich zunächst los. Die sind ja schlimmer als die hübschen Französinnen in Straßburg. …“ André entschwand mit leichter Schamröte in seine gedankliche Vergangenheit. Der Duellant achtete nicht darauf, wohin er seine Schritte setzte. Plötzlich stieß André gegen jemanden. Dadurch wachgerüttelt entschuldigte er sich sofort. „OH! Tut mir Leid! Ich wollte nicht …“ Die Worte blieben ihm im Halse stecken. Der Schüler hatte Leon angerempelt. Dessen Blick verfinsterte sich. Sein Freundeskreis und einige, weibliche Fans taten es ihm gleich. Der Kleinere fand sich vor einer menschlichen, eiskalten Mauer wieder. Er schluckte schwer. „Schau mal an! Wen haben wir denn da! Was willst du hier!“, knurrte der Älteren seinen Gegenüber an. „Ich … ÄH …“, André brachte keinen Satz hervor. Mit einem Kopfnicken befahl der Deutsche, dass seine Freunde ihn allein lassen sollten. Gehorsam verschwanden sie alle. Danach funkelten die eisblauen Augen den Schwarzhaarigen an. „Sag! Was willst du!“, fauchte Leon erneut. André erwiderte nichts. Er konnte keinen einzigen Gedanken formen und aussprechen. Der 19 Jährige starrte sein Gegenüber nur an. Das Schweigen zerriss Leons Geduldsfaden. Mit einer ruckartigen und harten Bewegung drückte der Student André blitzschnell an eine Wand. Mit den Händen hielt er sein Opfer an den Schultern fest. Immer noch fixierten seine Augen den Jüngeren. „Willst du mich ärgern? SAG! Was soll dieses ganze Verhalten!“ André lief der Schweiß seitlich herab. Seine Gedanken und Empfindungen waren gespaltet. Zum einen fürchtete er sich vor der aggressiven Art des Blonden. Zum anderen beeindruckte den Halbfranzosen dessen Männlichkeit. André drehte den Kopf zur Seite. Eine leichte Röte verfärbte seine Wangen. Leon erschrak. Er ließ die Schultern los. Endlich erwiderte der Grauäugige ihm.„Leon. Es tut mir Leid! Heute habe ich keinen klaren Kopf! …“ Darauf biss er auf seine Unterlippe. Sein Gesicht bewegte sich und sah schließlich in das von Leon. Nun wich die Schamesröte Wut. „Immer wenn du in der Nähe bist, setzt mein Verstand aus! Nichts gelingt mir. Das Duell und auch eine einfache Entschuldigung nicht. Weißt du überhaupt wie ich mich dabei fühle? Du Idiot!“ Nun schnaubte André den „Gegner“ an. Er führte seine Ansage fort. Dabei hörte Leon verblüfft zu. „Du meinst wohl, dass hier alles nach deiner Pfeife tanzt. Aber Monsieur [mein Herr], da beißt du bei mir auf Granit. Lass mich in Ruhe und gehe mir endlich aus den Kopf!“. André stockte. Die letzten Worte kamen ungewollt und verwandelten die Wut in Scham zurück. Beschämt befreite sich der nun mehr Verzweifelte aus dieser Situation. Er stieß Leon zur Seite und entschwand in die Nacht. Der Ältere verfolgte sein Verschwinden.
 

Kazuo konnte gar nicht sagen, wie lange sie nun gemeinsam den Himmel betrachteten. Schließlich fing er an zu sprechen. „Eine wunderschöne Nacht, nicht wahr?“ „Ja.“ „Ich habe den Mond noch nie so hell und groß gesehen.“ Wieder verfielen beide in Schweigen. Ungewollt fing der Jüngere an zu zittern. Es war wirklich kalt geworden. Auf einmal spürte er eine Berührung an seiner Seite. Tobi war näher gerückt. Irritiert, von der Berührung, sah Kazuo zur Seite. Sofort glänzten ihn zwei goldene Augen entgegen. Der Duellant vergaß alles in diesem Moment. Der Rothaarige wollte gerade den Mund öffnen, da wurde ihm ein Finger davor gehalten. „Seitdem du das erste Mal in mich gelaufen bist, gehst du mir nicht mehr aus den Kopf. Mit deinem Tanz hast du mich jetzt total gefangen.“ Ihre Gesichter kamen immer näher. Sie berührten sich schon fast. „Ich …“ mehr konnte Kazuo nicht hervorbringen. Ihre Lippen hatten sich vereint und ein Gefühl von Glückseligkeit durchströmte seinen Körper. Sofort erwiderte der Jüngere den Kuss. Die Zunge von Tobi bat zärtlich um Einlass und diese wurde ihm auch gewährt. Die Zungen rangen spielerisch miteinander. Jeder untersuchte die Mundhöhle des Anderen. Ihre Hände erforschten gegenseitig den fremden Körper. Sie strichen über den Rücken, die Seiten, den Hinterkopf und über die Schultern. Jede Erhebung, jeder noch so kleiner Zentimeter wurde untersucht. Der Kuss hielt eine gefühlte Ewigkeit, bis sich die Lippen wieder trennten und beiden nach Luft schnappten. Doch genau in diesem Moment übermannte den Südländer die Panik. Als wäre ein Schalter umgelegt worden. Er sprang auf: „Ähm … Ich muss weg. … Ich muss … noch Hausaufgaben machen. Man sieht sich!“ So schnell er konnte rannte der Schüler in Richtung seiner Unterkunft. André befand sich bereits dort.
 

Der Schwarzhaarige ließ sich auf sein Bett fallen. Nach dieser Aktion, wollte er nur noch eins. Sich verstecken. „Was hat dich da gerade geritten? Spinnst du?“ André krallte sich an sein Kissen. „Das Studium wird Horror. Leon wird mich zur Schnecke machen. Und jetzt denkt er auch, dass ich …“. Erneut umspielte die Schamröte seine Wangen. „Sag mal André! Bist du vielleicht doch schwul? Aber, … aber das kann doch nicht wahr sein!“ Verzweifelt und enttäuscht stützte der Duellant den Kopf auf seinen Knien ab. Seine Arme umschlossen die angezogenen Beine. In dieser Haltung verharrte er eine Weile. „Ich will nicht schwul sein!“, hämmerte es weiterhin in seinen Gedanken. Völlig außer Atem erreichte Kazuo endlich sein Zimmer. Noch nie war er so verwirrt. Sachte strich er sich über seine Lippen. „Was habe ich getan? Das kann doch alles nicht gerade passiert sein! Bin ich … verliebt? Aber warum in einen Mann? Habe ich ihn jetzt verletzt? Warum packt mich gerade jetzt die inner Panik? Es ist nicht richtig einen Mann zu lieben. Aber warum hat es sich dann so gut angefühlt? So ein Gefühl kann doch nicht falsch sein.“ Immer noch in den Gedanken versunken öffnete er schließlich die Zimmertür. Kaum hatte er einen freien Blick in das Zimmer, waren alle Gedanken verflogen. André, sein erster und richtiger Freund, saß in einer Haltung auf dem Bett, die man nur als niedergeschlagen interpretieren konnte. Sein eigenes Gefühlschaos war nur noch nebensächlich. Langsam schritt er zu der zusammengekauerten Gestalt. „André, alles OK? Was hast du denn?“ Der Angesprochene reagierte nicht. Jetzt war Kazuo noch besorgter. Er konnte sich nicht zusammenreimen, was wohl in der Zwischenzeit passiert sein konnte. Sachte legte der Rothaarige seine Hand auf die Schulter seines Zimmerpartners. Erst jetzt schien André zu reagieren. „Ist was passiert?“, fragte Kazuo, nun in der Hoffnung eine Antwort zu bekommen. Der Ältere spürte die Anwesenheit seines Freundes. Dennoch fragte er mit leiser Stimme: „Bist du es Kazuo?“. „Ja ich bin’s!“, erwiderte der Duellant. „Kazuo, …“, der Europäer begann leicht zu schluchzen. „… ich hatte Zoff mit Leon. Es ist so schrecklich. Ich werde den morgigen Tag nicht überleben. Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Es ist alles vorbei! Ich… Ich… glaube das ich mich verliebt habe.“ Verzweifelt krallte der bedrückte Mann seine Finger in seine Haare. Jetzt war es raus. Nun gab es kein zurück mehr. Die Gestik wurde durch leichtes Zittern des Körpers bestärkt. Verwundert von der Ehrlichkeit, setzte sich Kazuo erst mal neben den Kleineren. Dieser hatte die ganze Zeit, während er sprach, nur gerade ins Leere gestarrt. Im ersten Moment wusste selbst Kazuo nicht genau, was er jetzt machen sollte. Zu viele Gefühle schwirrten gleichzeitig durch seine Gedanken.
 

Die Zeit verging und beide schwiegen. Irgendwann übernahm eines der Gefühle die Oberhand. Es war das Verständnis. Wenn es jemanden gab, der die Gefühle des Kameraden verstand, so war es Kazuo selbst.Nur eine Sache konnte er nun tun. Dies wurde ihm jetzt klar. Langsam legte der Rothaarige seine Arme um die immer noch zusammengekauerte Person und sagte nur einen kleinen Satz: „Ich verstehe dich.“ Langsam erhob André seinen Kopf. In diesem Moment brach alles über ihn hinein. Nichts hielt ihn mehr auf. Alle seine Gefühle brachen auf einmal aus. Die erste Träne entwischte seinem Auge. Dann die Zweite, die Dritte und Vierte, bis sie nicht mehr zählbar schienen. Schnell schlang auch er die Arme um seinen Freund. Sein Schluchzen wuchs. Kazuo strich dabei sanft über den Rücken des Weinenden. Sein Hemd war schon von den Tränen durchweicht. Doch es störte ihn wenig. So lange er seinem Seelenverwandten helfen konnte, war dem Trost Spendeten alles andere egal. Nach wenigen Minuten beruhigte sich der Junge langsam wieder. Das Schluchzen hörte auf, das Weinen ließ nach. Die mit Tränen getränkten und leicht rot angelaufenen Augen schauten auf. Sie trafen auf die Smaragdfarbigen von Kazuo. Mitgefühl und Verständnis, eine einzigartige Wärme, piegelte sich in ihnen wieder. „Kazuo. … Danke!“, brachte er leise hervor. „Ich weiß nicht was ich sagen soll. … Schon wie du mich beim Fußballspiel angefeuert hast. Es hat mir Mut gegeben. … Du bist bisher immer für mich da gewesen. Sei es bei den Duell gegen Leon oder sonst. … Das heutige Tanzen war ebenfalls fantastisch. Ich hatte noch nie so einen …“, mehr brachte er nicht heraus. Es wurde wieder still. Beide sahen sich nur tief in die Augen. Keiner rührte sich. Niemand wusste, was er jetzt tun sollte. Das Herz von André schlug ungewohnt schnell und laut. Der Schwarzhaarige hätte schwören können, dass Kazuo es hören musste. Den Handlungsunfähigen verwunderte es umso mehr, dass sein Gegenüber sich dadurch nicht stören ließ. Ab diesem Moment schien er keine einzigen Bewegungen seines Körpers kontrollieren zu können. Es kam ihm fast so vor, als würde er nur zusehen, als sein Gesicht dem seines Zimmerpartners immer näher kam. Bis sich schließlich ihre Lippen berührten. Schlagartig war André von unglaublichen Eindrücken überschwemmt. Es wurde ihm kalt. Trotzdem hatte er das Gefühl, schwitzen zu müssen. Schlagartig war ihm wieder heiß und gleichzeitig zitterte er. Seine Lippen brannten scheinbar wie Feuer. Aber es fühlte sich angenehm an. Seine Augen blieben die ganze Zeit geschlossen. Jedes Gefühl für Zeit verschwand. Ob es jetzt nur wenige Sekunden oder mehrere Tage waren. André konnte es nicht beurteilen. Doch urplötzlich durchzuckte ihn ein Gedankenblitz. „Scheiße! Was machst du da gerade! ANDRÉ! Was tust du?! Hör auf! Das ist der beste Freund, denn du je hattest!“
 

Erschlagen von der ganzen Situation, ließ Kazuo alles über sich ergehen. Es fühlte sich einfach gut an. Warum sollte er sich daran stören? „Es fühlt sich genauso wenig falsch an. Wie bei Tobi.“ Gerade, den Gedanken zu Ende gebracht, wurde der Jüngere wieder von allen Geschehnissen aus diesem Abend überrollt. Die Bank, der Himmel, sein Kuss, das Trösten, was dann wieder mit einem Kuss endete. Alles überforderte ihn einfach. War es richtig? War es falsch? Er könne doch nicht zwei Menschen gleichzeitig lieben? Langsam bildeten sich Tränen in seinen geschlossenen Augen. Sie konnten nicht lange von den Lidern zurückgehalten werden und liefen seitlich an seinem Gesicht hinab. Es war zu viel. Kazuo wusste nicht mehr was er machen sollte. Noch weniger war er sich über sich selbst sicher. Auf einmal tropfte etwas Feuchtes auf die Wange von André. Sofort löste er den Kuss. Geschockt starrte der Grauäugige seinen Freund an. Der 19 Jährige befreite Kazuo und sich selbst aus der Umarmung. Er konnte nichts dazu sagen. Das unglaubliche Gefühl wurde von Sorgen und Selbstzweifel ersetzt. „… Es, … Es tut mir leid. … Ich … ich hätte das nicht machen dürfen. Ich weiß nicht was …“ Zu mehr kam er nicht. Der Südländer stand schlagartig auf und lief aus dem Zimmer. „Warte!!!“, brüllte der Mitschüler noch hinterher. Doch es war zu spät. Kazuo rannte so schnell wie möglich. Alles war zu viel geworden. Seine Tränen liefen und hörten einfach nicht auf zu fliesen. Egal wie oft er sie wegwischte. Er musste weg, einfach nur weg. Das war der einzige Gedanke den ihn begleitete. Er sah nichts und wollte auch nichts sehen. Verschwinden, dass wollte er und irgendwann würde er dies auch tun. Hauptsache er rannte weiter. Immer weiter.

Vierter Zug / Hinter den Kulissen

Endlich war es wieder so weit. Ein neues Schuljahr begann. Für jeden fing ein weiterer Lebensabschnitt an. Wie so oft, sollten auch diesmal neue Schüler an der berühmten Duellakademie aufgenommen werden. Für die alten Hasen änderte sich wenig. Jedoch besaß jeder von ihnen andere Erwartungen an dieses Schuljahr.
 

In einem Einzelzimmer stand ein junger Mann vor seinem Schrank. Nur mit Boxershorts bekleidet. Langes, welliges, braunes Haar zierte seinen Kopf. Zwei goldene Augen stachen aus dem Gesicht hervor. Sein Körper war nichts Besonderes, wenn man ihn näher betrachtete. Er war nicht durchtrainiert und besaß sogar ein wenig Speck an den Hüften. Allerdings in einem noch natürlichen Maße. Er suchte sich seine Kleidung aus. Wie jeden Tag waren es nur einfache Klamotten. Eine Jeans, ein T-Shirt mit irgendeinem Motiv und einfache Turnschuhe. Kurz betrachtete sich der Schüler abermals im Spiegel, bevor er den Schrank schloss. Der Braunhaarige schien mit sich zufrieden zu sein. Schnell band er sein offenes Haar noch mit einem Gummi in einem Pferdeschwanz zusammen und steuerte dann seine kleine Küche an. Dort angekommen nahm er sich nur eine bescheidene Porzellanschüssel und füllte sie mit Cornflakes. Gemeinsam mit der Milch ergab dies ein typisches Frühstück für ihn. Der Blick des Essenden richtete sich nach draußen. In der Küchenwand befand sich ein großes Fenster, wo durch der Duellant freie Sicht auf das Meer hatte. Sein Name lautete Tobi Schäfer. Etwas verträumt verfolgte er den Wind, der das Gras umwehte und die Seevögel einzigartige Flugmanöver durchführen ließ. Tobi war jetzt schon ein Jahr auf der Duellakademie und einer der wenigen Schüler, die das Privileg besaßen, in einem Einzelzimmer wohnen zu dürfen. Nach einem Jahr jedoch wurde dem Schüler immer mehr klar, dass ein Einzelzimmer eigentlich mehr Nachteile als Vorteile mit sich brachte. Man war die ganze Zeit alleine und hatte keinen zum reden. Alleine musste man sich um alles kümmern, was so im Zimmer anfiel. Die zeitweise angenehmen Vorteile, wie sich zurückziehen zu können oder keine Kompromisse eingehen zu müssen, wirkten auf Tobi gegenüber den Nachteilen ziemlich klein. Aber er beschwerte sich nicht. Dies war nicht seine Art. Seine Einstellung oder der Leitsatz lautete daher: „Man muss auch die Unannehmlichkeiten des Lebens erdulden können.“ Außerdem war ein Platz auf der Duellakademie dies alles wert gewesen. Er gehörte zwar nicht zu den so genannten Vorzeigeschülern, aber der junge Mann konnte sich im guten Mittelfeld behaupten. Gerade stellte Tobi seine leere Schüssel in die Spüle, da klopfte es auch schon an der Tür. Eine Stimme drang durch die Eingangspforte: „Tobi? Bist du wach? Wir kommen sonst noch zu spät zur Aufnahme.“ Es war Kyuzo, sein bisher einziger Freund auf der Schule. Der Deutsche überlegte kurz, dann fiel der Groschen! „Ich bin gleich da!“ Das Geschirr konnte noch warten. Einige Blocks weiter stand ein anderer Schüler ebenfalls in seinem Zimmer. Die vier Wände befanden sich einige Meter über der Erde. Dadurch besaß es einen riesigen Balkon, von dem aus die Sicht auf die Insel und das Meer drum herum umso schöner war. Der Mann, geschätzte 25 Jahre alt, teilte sich mit einen Mitbewohner dieses kleine Reich. Wie die meisten Einzel- und Wohngemeinschaftszimmer unterteilte sich die Unterkunft in einen großzügigen Schlaf- und Wohnraum. Dazu kamen ein Bad und eine kleine Küche.
 

Oft wird gedacht, dass die Akademie eine reine Schule sei. Dies war aber nicht der Fall. Die Duellakademie stellte eine Mischform aus Schule und Berufsakademie da. Neben herkömmlichen Abschlüssen, die denen dem weltweiten Standard entsprachen, konnten hier auch Studiengänge besucht werden. Nach Beenden dieses Studiums schloss man nach einer besonderen Theorie- und Praxisprüfung ein „Duell-Akademie-Examen“ ab. Ab dann standen die Türen für die Welt offen. Sofern man das Examen auch bestand. Der Student hatte blondes, kurzes bis halblanges Haar. Sein hervorstechendes Merkmal waren die eisblauen Augen. Sie rundeten das markante Gesicht und den durchtrainierten, männlichen Körper ab. Der Duellant hieß Leon Norman. Mittlerweile war es das letzte Semester, welches er an der Akademie verbrachte. Leon wies allerdings einen deutlichen Altersunterschied, als der normale Durchschnitt auf. Dies hatte jedoch zwei Ursachen. Zum einen dauerte das komplette Studium regulär drei ganze Jahre. Zusätzlich kam ein halbes Jahr vor und nach dem Studium hinzu, welches den Duell-Akademie Aufenthalt ebenfalls verlängerte. Zum anderen musste der Blondschopf, der nicht unbedingt zu den so genannten Strebern gehörte, ein Studienjahr wiederholen. Aber alles in allem hatte er sein Ziel, den Beruf des Event-Managers mit Duell-Monster zu kombinieren, bald erreicht. Dieses neue Schuljahr, war sein erhofftes Abschlussjahr. „Endlich. Nach diesen vier Jahren kann ich hoffentlich meinen Abschluss machen. Wurde auch langsam Zeit. Wenn mich diese Professorin nicht durchfallen gelassen hätte, wäre ich schon früher weg.“ Vor seinem inneren Auge spielten sich Szenen aus der Vergangenheit ab. Leon stand vor der Abschlussprüfung. Seine Vorfreude war riesig. Doch während der Prüfung erreichte er nicht die vorgeschriebene Gesamtpunktzahl. Die Professorin, Alexis Rhodes, hielt es nicht für sinnvoll, dem Schüler die nötigen Endpunkte zu geben. Ihrer Meinung nach, hatte sich sein Duellstil in der Zeit seines Aufenthalts kaum geändert. Auch die Grundlagen und das Verständnis zu Duell-Monster blieben unverändert. Dies unterstrich sie mit einer kleinen Ansprache: „Herr Norman. Wie ich sehe, haben Sie in all den Jahren an dieser Akademie keine Fortschritte gemacht. Die Basis und die richtige Einstellung zu Duell-Monster fehlen Ihnen komplett. Daher erhalten Sie die letzten Punkte für die Gesamtwertung nicht. Letztendlich bedeutet das: Sie müssen ein Jahr wiederholen! Ich hoffe, Sie begreifen dann, was es heißt Duell-Monster zu spielen. Ihre Zukunft wird es Ihnen danken!“ Mit einer Faust haute der Blauäugige spontan an die Wand. „Diese blöde Kuh! Was soll das heißen: „Ich habe nicht die richtige Einstellung“?“ Zornig setzte der Deutschstämmige ein Fausthieb nach. „Der werde ich es zeigen! Es wäre doch gelacht! Ich werde mein Examen machen! Darauf können sie sich verlassen, Frau Professor!“ „Hey Leon! Warum so wütend?“, fragte sein Zimmergenosse ihn. Der Angesprochene drehte sich zum anderen um. Mit zusammengezogenen Augenbrauen zeichnete sich eine finstere Mimik in dem Gesicht des Studenten ab. Verängstigt schluckte sein Kumpel. „ÄH… Schon gut!“, brachte er zögerlich hervor. „Ich meinte ja nur. Vergesse nicht, dass wir heute die Willkommensfeier haben. Danach wird wahrscheinlich wieder praktische Anwendung stattfinden. Professor Princeton will doch keine Zeit vergeuden bis die Prüfungen anstehen. Spar deine Kraft für die Duelle auf.“ Langsam wendete sich Leon von ihm ab. „Eigentlich hast du Recht. Nachher brauche ich noch genug Energie um diese Pappnasen aufmischen zu können.“, erwiderte er schließlich. Seine schmalen Lippen formten ein Lächeln. „Und trotzdem. Diese bekloppte Lehrerin wird es noch bereuen mich durchfallen gelassen zu haben!“ schoss es durch Leons Kopf. Sein Kumpel betrachtete ihn schweigend. Auch er hatte mit den Launen seines Kameraden zu kämpfen. Hitziges Temperament mit leichter Reizbarkeit und ein großer Dickkopf war die beste Beschreibung, um die hervorstechenden Charakterzüge des Duellanten auf zu zeigen.
 

Der Zeit verstrich wie im Fluge und schon stand die Willkommensfeier der Duell-Akademie an. Die gesamte Schülerschaft versammelte sich in der Halle und nahm in geordneter Reihenfolge ihre Plätze auf der Tribüne ein. Tobi machte es sich auf einem der Plätze gemütlich. Neben ihn setzte sich Kyuzo. Auf dem gemeinsamen Weg zur Halle wurde Kyuzo von jedem Schüler begrüßt, der ihnen begegnete. Er war nun mal eine Person, mit der man sich nicht schlecht stellen konnte. Dazu sah er auch unglaublich gut aus. Der Schüler war hilfsbereit, freundlich, zuvorkommend und es gab keinen, der sich nicht mit ihm verstand. Der Goldäugige hat schon öfters überlegt, warum sich dieser beliebte Mensch überhaupt mit ihm abgab. Kaum saßen beide auch schon, fingen alle in der Umgebung an mit Kyuzo zu reden. Dies war Tobi schon gewohnt. Er konnte nur nicht begreifen, wie jemand so viel Aufmerksamkeit ertragen konnte. Ihm selbst reichten eigentlich ein paar Freunde, mit denen man sich gut unterhalten konnte. Jetzt half nur eins. Da ein Gespräch unmöglich wurde, wartete Tobi einfach auf die Neuankömmlinge. Vielleicht war ja jemand interessantes dabei. Der 25 Jährige setzte sich neben seinen Zimmergenossen. Um ihn herum saßen einige Mädchen. Sie kicherten und tuschelten miteinander. An Leon haftete der Ruf eines Frauenhelden. Es gab bei den weiblichen Fans keine, die eine potenzielle Möglichkeit für ein Date mit dem Sunnyboy versäumen wollte. Der Blauäugige grinste den Damen zu. Teilweise erlitten sie dadurch kurze Schwächeanfälle. Dies belustigte ihn. „Diese Gänse bekommen von mir einfach nicht genug. Wie sie immer umfallen. Echt zum kaputtlachen!“, dachte Leon dabei. Plötzlich wurde die Tonstärke des Publikums leiser. Die Neulinge betraten zusammen mit Professor Alvarez die große Halle. Nun, da sich die Neuankömmlinge endlich zeigten, fiel Tobi sofort etwas auf. Offensichtlich waren es noch weniger Duellanten, als letztes Jahr, wo er noch selbst zu ihnen gehört hatte. Vielleicht eine Hand voll. Nun müsste es bald zu dem interessanten Teil kommen. Den Duellen. Der Braunhaarige weiß noch genau, wie es letztes Jahr bei ihm gewesen war. So eine Aufregung verspürte er noch nie. Dazu noch dieses unglaubliche Gefühl gewonnen zu haben. Seit dem erfüllte ihn kein weiterer Sieg so sehr wie dieser. Sein Blick ruhte nun auf den jungen Menschen, da er selbst sehen wollte, wie viele diesen Druck gewachsen waren. „Mal sehen, wer dieses Jahr dabei ist. Hoffentlich ist einmal ein guter dabei. Die Letzten waren ja so was von unfähig!“, überlegte der Blondhaarige, während er mit seinen Augen die neuen Schüler beobachtete und jeden mindestens einmal genau betrachtete. Endlich ergriff der Direktor das Mikrofon und hielt seine Willkommensrede. Bei den Namen „Alexis Rhodes“ kam Leon die Wut hoch. „Diese blöde Kuh gibt es also doch noch!?! Hoffentlich wird sie ordentlich fertig gemacht.“ Ein herablassendes und teuflisches Grinsen bildete den Mittelpunkt seines Gesichtsausdruckes. Die Duelle wurden eröffnet. Jedes Duell war klasse. Man konnte erkennen, warum es diese Schüler bis hier her geschafft hatten. Doch ein Duell wollte Tobi nicht mehr loslassen. Das Spiel des ersten Duellanten. Von Kazuo García. Irgendetwas an ihm ließ diese Kämpfe wie ein Kinderspiel wirken. Doch zeichnete sein Charakter kein bisschen Hochmut aus. Er war gelassen und bedacht in jedem seiner Züge. Man musste einfach von ihm fasziniert sein. Kazuo war der Einzige, der den schriftlichen Test bestand und dazu noch zweimal einen Professor mit Leichtigkeit besiegen konnte. Deswegen wunderte es den Goldäugigen auch kaum, dass der Rothaarige in der Akademie aufgenommen wurde. Innerlich stieß Leon ein Freudeschrei aus. „HURRA! Die Rhodes ist besiegt worden! Zwar hatte dieser Japaner nur Glück, aber sie hat gleich zu Anfang verloren.“ Seine Laune besserte sich ein wenig. Die Duelle gingen weiter. Als der Duellant André Burkhard vorgestellt wurde, horchte der Blauäugige auf. Er selbst stammte auch aus der Schule in Straßburg. „Mal sehen, wie sich dieser Grünschnabel schlägt. Wenn er von den Straßburgern kommt, dann hat er neben guten Zensuren auch ein klasse Deck. Mal sehen.“ Genau verfolgte der Ältere das Geschehen. Es enttäuschte ihn am Ende sehr. „Dieser Junge ist ja eine totale Niete. Gut, Manieren hat er. Aber sonst? Null!“ Für Leon war der Neuling schon abgeschrieben. „Hey Leon. Kommt der nicht aus derselben Stadt wie du?“, fragte ihn sein Kumpel. Der Blondhaarige nickte. „Ja. Aber der ist total schlecht. Die Straßburger scheinen nicht mehr das zu sein, was sie einmal waren. Eigentlich schade. Aber so ist es nun mal.“ Gelassen lehnte er sich zurück. Die letzen Duelle wurden durchgeführt und schließlich kam es zur Ernennung der neuen Schüler. Bei Nr. 4 schreckte Leon hoch. „WAS!?! DER!“, empört schlug der Student auf das Tribünengeländer. Sein Freund versuchte ihn zu beruhigen. „Bleib cool. Selbst wenn dieser André dabei ist. Der hält es so oder so nicht lange an der Akademie aus.“ Beschwichtigt durch die Worte, beruhigte sich Leon wieder. „Es ist eine Schande, dass dieser Taugenichts an dieser Akademie bleiben darf. Aber im Endeffekt kann es mir auch egal sein. Komm wir gehen! Die Show ist schon lange vorbei.“ Gemeinsam verließen sie die Publikumsplätze. Als alle neuen Gesichter wieder aus der Halle verschwanden, leerte sich die Halle langsam. Jeder musste seinem noch bevorstehenden Schultag hinter sich bringen.
 

Dazu gehörte natürlich auch Tobi, der immer noch auf das Duellfeld sah. Er wusste einfach nicht, warum ihn dieser Junge so in den Bann zog. Erst durch ein wildes Schütteln wurde ihm klar, dass die Willkommensfeier vorbei war und nur noch er und sein Freund Kyuzo sich in der Halle befanden. „Aufwachen! Wir müssen uns beeilen! Wir haben gleich praktische Anwendung und du kennst Professor Princeton. Der kann Verspätungen nicht ausstehen.“ Nur durch das erwähnen des Faches und dem Namen des Professors stand Tobi in wenigen Sekunden Kerzen gerade. Er konnte beides einfach nicht ausstehen. Den Lehrer wegen seiner Art und das Fach wegen den Auseinandersetzungen mit wild fremden Leuten. Tobi hatte immer das Glück gegen total eingebildete und arrogante Duellanten kämpfen zu müssen. Er nahm seine Beine in die Hand und machte sich sofort auf den Weg in die Duellierhalle. Die Clique um Leon Norman erwartete ihren Star bereits. Sie unterhielten sich kurz. Jedem zuckte es in den Fingern. Actionreiche Duelle standen wieder an. „Wann kann es endlich los gehen“, dachte jeder. Ein klein wenig außer Atem stand Tobi noch rechtzeitig in der Halle. Mit Kyuzo ging er zu dem aushängenden Plan. Dort stand an jedem Namen das Duellfeld, wo ihn seinen Gegner erwarten würde. Die Zahl stand für die Reihe und der Buchstabe für die jeweilige Spalte. Der Braunhaarige ging langsam die Liste mit den Augen entlang, bis sie an seinem Namen stehen blieben. 5D. Bevor er sich noch von seinem Freund verabschieden konnte, meldete er sich zuerst: „Also Tobi, wir sehen uns nachher. Ich muss zum Feld 20C. Tschau.“ Mit erhobener Hand verabschiedete Kyuzo sich und ging davon. Eine kleine Gruppe folgte ihm und verwickelte den netten Menschen sogleich in ein neues Gespräch. Seufzend ging Tobi auch zu seinem Feld. Als er dort ankam, war dieses jedoch noch leer. „Hoffentlich habe ich diesmal Glück. Ich will nicht schon wieder gegen einen überheblichen und zu selbstüberzeugten Duellanten antreten müssen.“, schoss es noch durch seinen Kopf, als er auf seinen Gegner wartete.

„Also ich werde mal zu meinen Feld gehen. Nachher treffen wir uns wieder, OK?“, fragte Leon seine Freunde. Sie nickten und alle suchten ihre Felder auf. „5D, 5D. Wo ist … AH da! Hallo Tobi!“, rief der Deutsche seinem Gegner zu. Tobi hätte sich am liebsten selbst ins Gesicht geschlagen. Wie so oft hatte er das Pech gepachtet. Ausgerechnet musste es sich, wie kann es anders sein, auch noch um ein Paradebeispiel handeln. Der Braunhaarige kannte seinen Gegner genau. Sehr oft standen sie sich schon gegenüber. Innerlich grinste der Ältere. „Wieder der Schäfer. Ein Kinderspiel. Das Duell ist schon gelaufen.“ Tobi gab zu, dass Leon ein guter Duellant war. Aber egal wie das Duell ausging, es konnte nur schlecht für ihn enden. Wenn er verlieren würde, dann erwatete ihn bereits eine großzügige Portion Hochmut. Andererseits, falls er dennoch siegen sollte, dann bekäme der Schüler sofort den Stolz seines Gegners und dessen Temperament zu spüren. Wie man es drehte und wendete. Nichts war positiv. Ein kleiner Seufzer entwich ihm, als er auch schon sein gemischtes Deck in seine Disk steckte: „Hi Leon. Auf ein gutes Duell.“, antwortete Tobi schließlich. Der Blonde verlor keine Zeit: „Dann wollen wir mal anfangen. Erwarte keine Gnade.“ Daraufhin aktivierte sich seine Duell-Disk. „ZEIT FÜR EIN DUELL!“, ertönte es zeitgleich aus den Mündern.
 

Tobi fing an. Er zog und sah sich seine sechs Handkarten genau an. Am liebsten hätte er geschrien. So eine schlechte Hand besaß er schon lange nicht mehr. Viel konnte er nicht machen. Als erstes legte er ein Monster verdeckt und danach drei Karten in sein Zauber- und Fallenkarten Zone. „Du bist dran.“, bekam der Goldäugige nur heraus, als er seinen Zug beendete. „Na schön. Ich spiele meinen Darius. Im Angriffsmodus.“ Wie angekündigt erschien der Pferde-Gladiator und ließ seine Peitsche knallen. „Zum Schluss lege ich eine Karte verdeckt und beende den Zug“. Er gab an seinen Gegner ab. Nun war Tobi etwas verwundert. Normalerweise nutzte Leon jede Möglichkeit anzugreifen. Schon allein wegen den Effekten seiner Monster. Nachdem er dann gezogen hatte, sah seine Hand immer noch nicht besser aus. „OK, ich beschwöre meine „Mutter Grizzly“. Doch Leon lächelte. „Reisender Tribut! Ich aktiviere dich!“ Alle Monster-Karten zersprangen in ihrer Einzelteile. Nun wusste Tobi, was sein Gegner plante. Etwas genervt legte er noch eine Karte verdeckt und beendete seinen Zug. Nun setzte der Blauäugige in seinen neuen Zug nach. „Ich hole mit „Wiedergeburt“ Darius zurück. Dann spiele ich: „Gladiatorungeheuer Bestiari“ Der grüne Vogelmann tauchte neben den Pferd auf. „Nun verschmelze ich sie zu „Gladiatorungeheuer Gyzarus“. Erscheine!“, rief Leon. Ein Blitz. Ein Donnern. Viel Rauch. Gyzarus bewegte seine breiten Schwingen, während er langsam zur Erde sank. „Effekt aktivieren!“, befahl der Duellant. Mit einem Knall zersprangen zwei der verdeckten Karten. Es waren „Spiegelkraft“ und „Adliger der Auslöschung“. Jetzt lagen nur noch zwei weitere Karten in der gegnerischen Zauber- und Fallenkarten Zone. „Es ist zwar ein mögliches Risiko, aber ich ziehe es jetzt durch.“, schoss es dem Studenten durch den Kopf. „Los Gyzarus! Greife seine Lebenspunkte direkt an.“ Der vogelartige Krieger öffnete seinen Flügeln und mit Schallgeschwindigkeit flog er auf Tobi zu. Der Braunhaarige schloss die Augen. Der Angriff erfolgte. Ohne Probleme sanken die Lebenspunkte auf 1600. Gyzarus Besitzer freute sich. „So! Jetzt aktiviere ich noch den Effekt von Gyzarus und zerteile ihn wieder.“ Der Effekt der Gladiatoren konnte nur mörderisch sein. Nach einem kurzen aufblitzen standen, neben Darius und Laquari, auch Bestiari wieder auf seiner Spielfeldseite. Sie bildeten den neuen Schutz für den Blonden. „Falls du dich fragst, warum nun auch Bestiari da ist, dann erkläre ich es dir. Gyzarus erlaubt mir zwei Gladiatorenungeheuer zu rufen. Mit seiner Hilfe und der Kombination mit Darius Effekt konnte ich nun auch Bestari wieder vom Friedhof zu rufen. Ich lege eine Karte verdeckt und beende meinen Zug.“ Innerlich schon aufgegeben, sah der Braunhaarige auf sein Deck. „Toll. Was kann ich jetzt noch machen? Der letzte Schutz, wurde mir genommen. Der Rest war doch alles nur ein Bluff.“
 

Gerade verließ ihn der Mut, da schoss ihm das Bild von der Willkommensfeier in den Kopf. „Wenn Kazuo ohne Probleme einen Professor besiegt, dann werde ich wohl noch so einen arroganten Duellanten in die Knie zwingen können.“ Tobis Augen blitzten förmlich auf. „Mein Zug.“ Ohne irgendeinen Zweifel zog er seine nächste Karte. „In Ordnung, ich spiele „Topf der Gier“ und darf zwei weitere Karten aus dem Deck ziehen.“ Unbeeindruckt wartete Leon nur darauf, dass er endlich weiter spielen konnte. Mit den neuen Karten in der Hand erweiterte sich das Funkeln in den Augen zu einem selbstsicheren Glänzen. So gut fühlte er sich schon lange nicht mehr. „Jetzt spiele ich „Riesen-Trunade“ und jeder bekommt alle seine Feldkarten wieder auf die Hand.“ Es zuckte in den Fingern des Gegners. Der Blauäugige überlegte, ob er seine Karte aktivieren sollte. „Soll ich? … Soll ich nicht? … Hmm … Ich lass es mal. Ich hebe die Karte für später auf.“ Als die Karten sich in den Händen befanden, fuhr Tobi fort. „Als nächstes kommt meine Zauberkarte „Magischer Hammer“ ins Spiel. Ich lege alle meine Handkarten in mein Deck und ziehe dieselbe Anzahl von Karten.“ Nun mit drei neuen Karten auf der Hand konnte er sich kein Grinsen mehr verkneifen. So einen Spaß hatte er schon lange nicht mehr gehabt. „Ich spiele: „Hai-Angriff aus dem Jenseits“. Für jeden Hai auf meinem Friedhof darf ich bis zu zwei gegnerische Monster zerstören.“ Kurz drauf entstiegen auch schon zwei haiähnliche Gestalten aus dem Nichts und zerrissen die Gladiatoren in Fetzen. Leons Blick erstarrte. „MEINE GLADIATOREN!“, brachte er entsetzt hervor. Doch viel Zeit zum realisieren und verstehen blieb nicht. Der Goldäugige legte noch mal an Tempo zu. „Das war aber noch lange nicht alles. Jetzt aktiviere ich „Blutspur“. Damit darf ich, wenn Monster auf dem Feld durch einen Zauber- oder Fallenkarteneffekt zerstört wurden, die gleiche Anzahl an Hai-Monstern aus dem Deck oder meiner Hand speziell beschwören. Ich rufe „Tornado-Hai“ und „Blitz-Hai“.“ Sofort erglänzte Tobis Duelldisk in einem hellen Schein und zwei Monster erschienen auf seinem Feld. Ein Hammerhai, der am Ende seines Körpers einen kleinen Tornado besaß. Seine Angriffsstärke betrug 1200, die Verteidigung 1800. Der andere Knorpelfisch war ein Schwerthai mit einem kleinen Blitzableiter auf der Stirn. Er erzeugte dadurch ein leichtes elektrisches Feld um sich. Mit 1000 ATK und 1900 DEF spielte er ungefähr in derselben Liga wie der erste Hai. Nur noch eine Karte blieb in Tobis Hand übrig. „Jetzt aktiviere ich den Effekt meines Monsters „Giri, der Haijunge“. Wenn ich ihn von meiner Hand auf den Friedhof werfe, darf ich die Feldzauberkarte „Hairiff“ sofort auf meine Hand nehmen. Die ich natürlich sofort ausspiele.“ Wie angekündigt führte der Duellant sein Vorhaben durch. Leon konnte nichts unternehmen. Das Spielfeld verschwand und wurde durch eine Unterwasserlandschaft ersetzt. Sie standen nun auf den Grund eines Kliffs. An den Wänden wuchsen Korallen in jeglicher Form und Farbe. Hinter Tobi waren in der Ferne Schatten zu erkennen, die alle Ähnlichkeiten mit Haien hatten. „Nun aktiviere ich einen Effekt meiner Spielfeldzauberkarte. Wenn ich zwei Hai- Monster auf dem Feld habe, darf ich zwei weitere Karten ziehen.“ Kaum gesagt, schon waren die Karten gezogen. „Jetzt beschwöre ich meinen „Frost-Hai“ mit seinen 500 ATK und 1700 DEF im Angriffsmodus.“ Neben den beiden anderen Meerestieren erschien nun ein Tigerhai in hellem Blau. Seine Rücken- und Brustflossen bestanden aus Eis. „Jetzt da mein Blitz-, Tornado- und Frost-Hai auf dem Feld sind, kann ich eine meiner mächtigsten Karten rufen. Los erscheine, „Meteorologenfestung Walhai“!“ „NEIN! Nicht der!“ Der Blondschopf war fassungslos. Das Duell erreichte seinen Höhepunkt. Er hatte keine Chance mehr. Alle drei Haie schossen ihre Energie in Form von Eis, Strom und Luft direkt nach oben. Sie bündelten sich und erstrahlten in unterschiedlichen Farben. Es erinnerte an das flackernde Polarlicht. Aus der Mitte des Schauspiels erschien ein riesiger Walhai. Seinen Köper schmückten verschiedene Instrumente, die sich Richtung Rücken ausbreiteten. Außerdem umgab ihn eine Eis-, Strom- und Windaura. Seine Werte beliefen sich auf 2500 Angriffs- und 3300 Verteidigungskraft. Leon war total schutzlos. „Los meine Haie! Greift ihn direkt an.“ Mit diesem Befehl bündelten alle 4 Monster ihre Kraft und senkten in einer Runde die Lebenspunkte des Studenten auf null. „NEIN!“, schrie Leon. Das Riff und die Monster verschwanden und gaben wieder die gewohnte Sicht auf die Halle frei.
 

Tobi war fassungslos und unglaublich glücklich. Noch nie behauptete er sich gegen den Blauäugigen so gut wie dieses Mal. Sein ganzer Körper kribbelte. So hatte er sich bis jetzt nur bei seinem ersten Sieg bei Duell-Monster gefühlt. Der Braunhaarige wollte Bäume ausreisen. Sein Gegner interessierte ihn in diesem Moment wenig. Er drehte sich auf dem Absatz um und hob nur die Hand: „Tschau Leon. Es war ein klasse Duell. Man sieht sich bestimmt wieder.“ Langsam aber sicher wurde Leon klar, dass er gegen Tobi verloren hatte. „VERDAMMT! Dieser Mistkerl. MAN!“ Er richtete sich zur vollen Größe auf und schrie wütend dem Deutschen nach. „WART NUR AB, SCHÄFER! DAS WIRST DU MIR BÜßEN! MEINE RACHE WIRD FÜRCHTERLICH SEIN!“ Unbeeindruckt ging der Angesprochene weiter. Nun kochte der Blauäugige. „Dieser, DIESER …’#!@?!&$’!!!“ Der Duellant schnaubte stinksauer. „Tobi! Du Glückspilz! Das büßt du mir.“, fauchte der Verlierer erneut, bis er schließlich das Duellfeld verließ und in Richtung Apartment verschwand. Einige Mitschüler, die die Szenen beobachteten, besaßen gemischte Gefühle. Zum einen beeindruckte sie der siegreiche Tobi. Zum anderen kannten sie Leon Norman genau. Ihn als Feind zu haben, konnte auf Dauer gefährlich werden. Tuschelnd zerstreuten sich die Zuschauer in alle Himmelsrichtungen. Für den heutigen Tag war der Unterricht für Tobi zu Ende. Langsam ging er zu seinem Zimmer zurück. Seine Laune war unbeschreiblich. Nichts konnte sie ihm mehr vermiesen. Im Zimmer angekommen machte er sich sein Abendessen und legte sich danach gemütlich in sein Bett. Langsam versank er in seine Gedanken. „Wäre die Willkommensfeier nicht gewesen, hätte ich nie den Mut gefasst weiter mit voller Kraft zu kämpfen. Das alles nur wegen diesem Kazuo. Es würde mich interessieren wie er so ist. Auf jeden Fall lasse ich mich nicht mehr unterkriegen. Egal was für ein Gegner mich erwartet.“ Immer weiter versank er in seine Gedanken bis er langsam in einen angenehmen Traum glitt. In seiner Wohnung angekommen schmiss Leon seine Disk auf den Boden. Zielstrebig ging er zu einem frei schwebenden Boxsack. Ein Schlag traf das alte Leder. Ein Zweiter folgte. „Dieser Idiot. Na warte! …“, schwirrte es den Blonden durch den Kopf. Er biss auf die Zähne. „Der kann sich zukünftig warm anziehen. Niemand legt sich mit Leon Norman an!“. Er bemerkte, wie sich sein Kumpel durch die Tür ins Zimmer hineinschlich. „Hallo Sascha! Warst du erfolgreich?“, fragte er ihn. Erschrocken schluckte der Angesprochene zuerst. „Ich, äh, … die Duelle sind gut gelaufen. Und selbst?“ Der Student brachte die Frage kaum heraus. Schon erschallte ein weiterer Schlag gegen den Boxsack. Es knarrte laute und man hätte schwören können, dass der Sack etwas nach unten glitt. Mit einer düsteren Miene betrachte Leon, der den Schlag ausführte, seinen Zimmergenossen. Dieser erstarrte vor Angst. „Frag lieber kein zweites Mal. Verstanden!“, befahl der Deutsche. Seine Augenbrauen zogen sich dabei zusammen. Nickend antworte der Andere. Leons Aggression machte ihm Angst. Die Panik ergriff Sascha. Er flüchtete durch die Tür hinaus. Einen Moment sah Leon ihm nach. „Weichei!“, raunte er schließlich. Sein Wutanfall nahm etwas ab. Doch ständig kam ihn ein Gedanken: „TOBI! DAS BÜßT DU MIR!“ Am späten Abend traute sich Sascha zögerlich in den gemeinsamen Wohnraum. Leon lag bereits im Bett und schlief ruhig. Erleichtert ging auch er schlafen. Doch der Schein trog. Leon wurde von Albträumen verfolgt und schreckte immer wieder hoch. „Verdammt! So schlafe ich nie ein!“, fluchte er innerlich. Er stand erneut auf und stellte sich nur in Boxershorts bekleidet ans Fenster. Der Mond schien hell. Das Meer blieb still. „Hätte ich nur „Feierliches Urteil“ aktiviert.“ Der Blauäugige seufzte. „Und meine Wutanfälle werden auch immer schlimmer. Sascha hat richtig Angst bekommen.“ Kurz sah Leon zu seinen schlafenden Freund. „Er ist der Einzige, der mich einigermaßen mag. Und doch verhalte ich mich so. …“ Er schwieg und schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, führte Leon seine Gedanken weiter. „Ich hoffe, dass Sascha mir nicht mehr böse ist. Morgen stehen wieder einige Fächer an. Tobi bekommt seinen Denkzettel schon. Aber zuerst kümmere ich mich um meinen Prüfungsvorbereitung. Mal sehen ob es klappt.“ Mit diesen letzten Worten legte sich Leon wieder in sein Bett und schlief dann endgültig ein.
 

Der neue Morgen begann mit einem hellen und warmen Sonnenstrahl. Er fiel durch das dicke Fensterglas und beschien das ruhende Gesicht des Studenten. Im Licht der aufgehenden Sonne hatte das markante Gesicht etwas Engelhaftes an sich. Mit einen lauten Grummeln erhob Leon die Hand. Alles blende ihn. Langsam erwachte er. Der 25 Jährige verließ das Bett und ging ins Bad. Sein Weg wurde durch ein Gähnen bekleidet. Schon ertönte das Geräusch von Wasser. In Windeseile stand er nackt unter der Dusche. Das kühle Nass ergoss sich über ihn. Es floss an seinen muskulösen Körper herab. Die Kälte führte zu einer leichten Gänsehaut und seine Brustwarzen richteten sich auf. Seine Gedanken sortierten sich nur mühsam. Als Leon fertig war, kam er mit einen Handtuch um die Hüften und einem zweiten über der linken Schulter in den Wohnraum zurück. „Morgen!“, begrüßte der Blauäugige Sascha. „Morgen“, antwortete der Gegrüßte vorsichtig. Leon bemerkte die Angst und kam langsam auf ihn zu. Als er vor ihm stand, reichte der Größere dem Anderen die Hand. „Tut mir Leid wegen gestern. Ich habe die Beherrschung verloren. Nimmst du meine Entschuldigung an?“ Zuerst sah Sascha ihn an. Dann grinste er. „Natürlich. Junge, du bist wie eine Diva. Ich sollte dir wohl ab und an ein Snickers anbieten.“ Daraufhin lachte der Jüngere auf. Er spielte dabei auf einen Werbespot an, der einfach perfekt dazu passte. Leon verzog eine Augenbraue. Er grinste dann ebenfalls. Dann lachten beide miteinander. Das Lachen hielt einige Minuten an. Irgendwie war es entspannend. Als sie sich wieder fingen, klatschen die Männer gegenseitig in die rechte Hand. „Na dann! Die Diva bestimmt jetzt: Anziehen und ab in den Schulstress!“ Sascha stimmte ihm zu. Salutierend verschwand er auch ins Bad, um sich frisch zu machen. Gut gelaunt verließen die Freunde das Apartment. Der alltägliche Kampf konnte von neuen beginnen.
 

Dieser Morgen war für Tobi wie jeder andere. Aufgeweckt von einem monotonen Piepsen trottete der Junge erst mal ins Bad. Dort stieg er in die Dusche. Es folgte seine übliche Morgenwäsche. Danach suchte sich der Schüler seine Kleidung für den heutigen Tag aus und verspeiste anschließend sein Frühstück in der Küche. Eine Schüssel Cornflakes. Doch eine Sache war anders. Noch immer war der Braunhaarige in einer fast schon unglaubwürdigen Freude und diese würde auch nicht mehr so bald verschwinden. Egal was ihm auch an diesem heutigen Tag passieren würde. Wie auch sonst klopfte es wieder an seiner Tür und Kyuzo konnte man sprechen hören: „Tobi komm schon! Ich will nicht wieder zum Unterricht hetzen.“ Der Goldäugige gab nur ein freudiges „Bin gleich da“ zurück und war dann auch schon aus seinem Zimmer getreten. Als Erstes stand praktische Anwendung an. Professor Princeton erwartete die Schülerschaft bereits. Mit einer kurzen Ansprache entschied die Lehrkraft schließlich, wie die heutigen Duelle aussehen werden. Die Duellanten platzierten sich und schon ging das wilde Treiben los. Beschwörungen, Monster-, Zauber- und Fallenkarteneffekte und Kombinationen. Die Halle dröhnte von den vielen Befehlen und Reaktionen, die die einzelnen Züge mit sich brachten. Im Augewinkel entdeckte Leon, dass die Neulinge André und Kazuo sich den anderen Duellanten anschlossen. Doch darüber nachdenken konnte er wenig. Sein eigenes Duell brauchte die volle Konzentration des Spielers. Die Zeit verstrich. Mit einem letzen, gekonnten Zug beendete Leon sein Duell. „Endlich. Jetzt habe ich ein wenig Zeit, bevor es mit dem nächsten Fach weiter geht.“ Der Duellant wollte gerade gehen, als sein Interesse durch eine Schar Schüler geweckt wurde. Sie umkreisten ein laufendes Duell. Neugierig schloss er sich ihnen an. Dank seiner Größe konnte Leon das Geschehen im Hintergrund verfolgen. Das Duell bestritten die Neulinge untereinander. Die Amerikanerin Wilson und der Südafrikaner Makeba gegen den Japaner García und den Europäer Burkhard.
 

Der Blauäugige schüttelte nur den Kopf. „Wieso kämpfen diese beiden Loser [Verlierer] gegen die zwei Top-Neulinge? Die haben doch keine Chance.“ Er wollte schon wieder gehen, als plötzlich der Schwarzhaarige seinen Zug eröffnete. „Ich aktiviere die Feldzauberkarte: „Jagdgründe der Harpyien“. Eine heftige Windböe baute sich auf und veränderte das Spielfeld. Aus Beton wurde eine Ebene. „Als nächstes beschwöre ich meine „Cyber-Harpyie“. In Angriffsposition.“ Jetzt wurde es für Leon interessant. Der Duellant kannte die berühmte Harpyien-Kombination. „Mal sehen, wie er sich schlägt.“, dachte sich der Beobachter dabei. Die Vogelfrau erschien mit einem lauten, typischen Schrei. Ihre Rüstung schimmerte im Tageslicht. 2000 ATK und 1500 DEF. André kündigte sein Vorhaben an. „Die Jagdgründe erhöhen nicht nur ihre Angriffs- und Verteidigungsstärke um 200. Nein, auch der spezielle Effekt meiner Feldzauberkarte wird aktiviert. Harpyie! Zerstöre die Karte von Monsieur [Herrn] Makeba.“ Eine Blitz-Peitsche tauchte auf. Die Harpyie holte aus und die verdeckte Fallenkarte wurde zerstört. „Beeindruckend. Diese Kombination ist zwar nichts Neues, aber sehr effektiv.“, gab Leon selbst zu. Er erwartete, dass der Jüngere seinen Zug nun beendete. Doch eine Überraschung geschah. „Super, nun zu ihnen Mademoiselle [Fräulein] Wilson. Auch sie sollen die Stärke meiner Harpyien spüren. Ich spiele: „Vornehmer Egotist“. Bei diesen Worten wurden die Augen des Deutschen groß. „Ruft er etwa …?“ Doch bevor er die Frage stellen konnte, beantwortete sie sich von selbst. Die Harpyie verdreifachte sich. Die berühmten „Harpyien-Schwestern“ befanden sich nun auf Andrés Seite. Ihr Besitzer wusste genau, was er tat. „Harpyien-Schwestern, befördert die verdeckten Karten auf den Friedhof. Blitzpeitsche aktivieren!“ Wie befohlen schlugen die Peitschen auf die Karten ein. Sie zersprangen in tausend Teile. Das gegenseitige Tuscheln innerhalb des Publikums wuchs stetig. Der Franzose lieferte eine beeindruckende Show ab. Selbst Leon konnte nichts Negatives dazu sagen. Der Zug ging weiter und endete schließlich über einen Angriff auf die Gegner und in dem legen einer verdeckten Karte. Leon war baff. „Sehr beeindruckend. Ich habe den Kleinen wohl unterschätzt. Ich bin gespannt, wie es weiter geht.“ Die Zuschauer verfolgten jeden einzelnen Schritt in dieser Auseinandersetzung. Am Ende gewannen Kazuo und André. Lächelnd drehte sich der 25 Jährige um. „Da steckt in diesem Jungen tatsächlich ein wahrer Straßburger.“ „Hey Leon! Komm jetzt! Wir müssen los.“, rief Sascha ihm zu. Der Angesprochene bemerkte ihn und ging zu seinen Kumpel. Auf seinen Weg merkte er, dass ihn jemand beobachte. Leon sah genauer hin. Er stellte fest, dass es André war. Gelassen lief der Student an ihm vorbei. Als sich ihre Blicke trafen, errötete der Grauäugigen. „Was hat er denn?“, fragte sich Leon. Es irritierte ihn zwar ein wenig, aber richtig interessierte es den Duellanten auch nicht. Mit seiner nach außen stolz wirkenden Mimik schloss sich Leon Sascha an. Gemeinsam verließen sie die Halle, um zu ihrem nächsten Fach, Mathematik, anzutreten. Sein Kopf behielt das Ereignis für einen Moment bei sich. Doch nach kurzer Zeit vergaß Leon es auch wieder. Das Interesse, die Situation zu hinterfragen fehlten nämlich völlig.
 

Tobi hatte fast seinen ganzen Schultag hinter sich gebracht. Jetzt fehlte nur noch Duellstil-Management. Professor Rhodes war in den Augen des Braunhaarigen eigentlich eine gute Lehrerin. Doch wurde ihr Unterricht leider oft einfach zu viel, da unglaubliche Mengen an Unterrichtsstoff auf einen einstürzten. Aber selbst dies konnte die gute Laune des Duellanten nicht trüben. Kyuzo war schon vorgelaufen, während der Goldäugige langsam zum Klassensaal schlenderte. Dieser kam auch schon in Sicht. Kurz bevor Tobi eintrat, spürte er plötzlich einen Schubs im Rücken. Sofort drehte er sich um. Was er sah verwunderte ihn ein wenig. Genau vor seinen Füßen saß nun die Person, der er seiner guten Laune verdankte. Ein Lächeln zauberte sich auf sein Gesicht. Jetzt da Tobi ihn das erste Mal von nahem sehen konnte, fielen ihm die außergewöhnlichen Haare und die beiden grün funkelten Augen auf. Der Rothaarige wirkte verwirrt, denn außer hoch zu schauen tat er nichts. „Wenn er nichts sagt, dann mach ich das eben.“, dachte sich der Zuschauer und wendete sich an den Jüngeren: „Oh, Entschuldigung. Ich hoffe dir ist nichts passiert? Bist du nicht einer der Neulinge? Hast du dich vielleicht verlaufen? Ich bin Tobi, Tobi Schäfer. Kann ich dir aufhelfen?“ Danach reichte er seine Hand der sitzenden Person. Als Erstes schien sein Gegenüber zu zögern. Doch dann ergriff er die Hand und ließ sich aufhelfen. Wieder entstand eine kleine Pause bis der Jüngere antwortete: „Danke. Ich bin Kazuo García. Entschuldigung, dass ich in dich rein gelaufen bin.“ Danach wurde der Blick von Kazuo etwas glasig. „Das macht nichts. Ist ja nichts passiert.“ Doch schien der Neuling nichts gehört zu haben. Tobi lächelte einfach nur weiter und wartete darauf, dass sein Gegenüber wieder aus seinen Gedanken aufwachen würde. Auf einmal färbten sich die Wangen des Gesprächspartners rot, bevor er wieder etwas unbeholfen anfing zu sprechen: „Ähm? … Ja, … ich, … ich suche das Zimmer für Duellstil-Management.“ „Oh das trifft sich ja gut. Ich habe jetzt auch Duellstil. Einfach in diese Tür. Professor Rhodes wartet bereits. Wir sehen uns ja dann gleich.“ Kurz zeigte Tobi dabei auf die Tür hinter sich und verschwand danach auch schon in dem Zimmer. Langsam ging er die Reihen entlang, bis er endlich seinen Freund fand. Zum Glück hatte Kyuzo ihm einen Sitzplatz frei gehalten.
 

Kurzer Hand setzte er sich auch direkt auf den freien Stuhl und wartete, dass der Unterricht endlich begann. Fleißig schrieb der Schüler alles auf, bis er auf einmal ein Gefühl im Rücken verspürte. Tobi drehte sich langsam um und erblickte wieder Kazuo, der ihn anscheinend beobachtete. Sofort erschien erneut ein Lächeln auf seinem Gesicht. Kurz winkte er ihm zu und dann drehte sich der Braunhaarige auch schon um. In diesem Fach durfte man einfach nicht länger als wenige Sekunden unaufmerksam sein. „Irgendwie ist er ja niedlich. Er wirkt so unbeholfen und naiv.“ Doch bevor er sich über seine eigenen Gedanken bewusst werden konnte, zog Professor Rhodes ihr Tempo noch mal an. Ihm blieb einfach keine Zeit in Gedanken zu schwelgen. Mathematik ödete Leon total an. „Dieser Professor ist so langweilig.“, dachte er. Professor Misawa lebte für die Welt der Zahlen und Gleichungen. Er kombinierte diese Leidenschaft mit Duell-Monster und erschaffte dadurch eine neue Variante dieses Faches. Trotzdem hasste der Student Mathematik. Er gähnte, während er dabei Notizen aufschrieb. „Man. Das ist so langweilig. Ich würde viel lieber draußen sein und Fußball spielen. Morgen ist zum Glück Sport. Dann ist wieder mehr Action angesagt.“ Nach einer quälenden Stunde ertönte das erlösende Klingeln. Die Stunde und der heutige Unterricht waren nun zu Ende. Leon hatte sich schon die ganze Zeit darauf gefreut und verschwand als einer der Ersten aus dem Klassenraum. Gähnend lief Tobi in Richtung seiner Unterkunft. Dabei wurde er von seinem Freund Kyuzo begleitet. „Der Unterricht bei Professor Rhodes ist wirklich der Schwerste auf dem ganzen Campus.“, gab der Goldäugige mit einem weiteren tiefen Gähnen an seinem Freund weiter. „Ja, das stimmt. Aber wenigstens gibt es in ihrem Unterricht keine Zeit sich zu langweilen.“, antwortete dieser kurzer Hand. Der Zuhörer stimmte mit einem Nicken zu. Beide liefen schweigend weiter, bis sich de Himmel in einem schönen warmen orange tauchte. Tobi blieb stehen und sah sofort in Richtung der Sonne. Wie sie langsam am Horizont verschwand und dabei einfach alles in warme orange und rot Töne färbte. Es war ein atemberaubender Anblick. Tobi lebte zwar schon ein ganzes Jahr auf der Insel, doch so kräftig Farben sah er noch nie. „Schön.“, kam es leise aus dem Mund des Schülers. Ihm blieb einfach nichts anderes übrig, als dem Schauspiel bis zum Ende zu zusehen. Wie das rot immer weiter in ein violett wechselte, als wollten die letzten Lichtstrahlen sich mit aller Kraft am Himmel festhalten. Bis sie keine Chance mehr hatten und der schönen sternenklaren Nacht Platz machen mussten. Nun da alles vorbei war ging Tobi langsam in Richtung seiner Unterkunft.
 

Nach Mathematik verschlug es Leon, zusammen mit seiner Clique, auf die Grünanlagen. Jeder erzählte von seinen Schultag. Aufmerksam hörte der Student zu. Dabei lag er im Gras. Die Sonne sank langsam in Richtung Meeresoberfläche. „Also Leute! Ich mach mich auf den Weg. Morgen steht Geschichte an und Professor Alvarez hat uns noch Hausaufgaben gegeben.“ Mit einen breiten Grinsen verließ der Blondschopf die Anderen. Auf den Weg zu seiner Wohnung blieb Leon auf einmal stehen. Seine Augen verfolgten den Verlauf der Abendsonne. Sie tauchte alles in orange, rote und goldene Töne. „Was für ein schöner Sonnenuntergang.“, dachte er dabei. Eine Weile stand der 25 Jährige nur da und beobachte das Farbenspiel. Doch dann ging er weiter und suchte sein Zimmer auf. Viel geschah nicht mehr. Leon sah sich einige Kapitel im Geschichtsbuch an und notierte sich wichtige Punkte. Todmüde fiel der Blauäugige ins Bett und war auch schon bald im Land der Träume entschwunden. Es dauerte nicht lange, da erreichte Tobi sein Zimmer. Kurz nach dem er ankam, machte er sich erst mal an sein Abendessen. Es bestand aus einfachen, belegten Brote. Als er schließlich gesättigt war und alles wieder aufgeräumt hatte, machte er sich bettfertig. Mit verschränkten Armen hinter dem Kopf lag Tobi in seinem Bett. Hier kamen ihm einzelne Erinnerungen. Vor allem der Zusammenstoß mit einer bestimmten Person, die ihm schon in so vielen Punkten geholfen hatte, blitze darunter hervor. „Er war schon niedlich mit seiner schüchternen Art. Oder lag es nur an der neuen Umgebung, die ihn ein wenig überforderte? Ach egal. So oder so, ich hoffe wir verstehen uns gut. Vielleicht sehen wir uns ja sogar morgen wieder?“ Dabei konnte Tobi sich kein Grinsen verkneifen, was aber sofort von einem Gähnen ersetzt wurde. Sich auf den nächsten Tag freuend sank der Duellant dann auch schon in einen wohltuenden Schlaf.
 

Ausgeruht von der guten Nacht, saß der Goldäugige auch schon in seinem ersten Unterricht. Mathematik war angesagt. Normalerweise nicht gerade das Lieblingsfach des Schülers. Doch verstand es sein Lehrer wirklich zu unterrichten. Professor Misawa kombinierte die Lehre der Zahlen perfekt mit Duell-Monster. Selbst totale Mathematikmuffel konnten so ein Interesse an dem Fach entwickeln. Außerdem ging der Unterricht unglaublich schnell vorbei. Dieser Schultag gefiel Tobi eher nicht. Kyuzo hatte einen völlig anderen Stundenplan als er. Langsam machte er sich auf den Weg zum Sportfeld. Wie jedes Mal wollte er seine Freistunden damit vertreiben indem er anderen bei ihrem Sportunterricht zusah. Es dauerte nicht lange, da erreichte er auch schon sein Ziel. Wie sonst auch machte er es sich auf der Wiese, die den Sportplatz umrandete, bequem. Es waren noch keine Schüler anwesend. Nur der Lehrer, Professor Hassleberry, zeigte sich. „Mal sehen was heute passiert. Meistens ist es eigentlich schon spannend.“, dachte sich Tobi, als auch die ersten Schüler das Feld betraten. Seine Augen wurden groß als er dazu noch drei Neulinge auf dem Feld erkennen konnte. Ein breites und freundliches Grinsen erschien auf seinem Gesicht. „Das wird auf jeden Fall interessant.“ Ebenfalls ausgeruht wachte Leon frühzeitig auf. Nach einem gemeinsamen Frühstück verließ er zusammen mit Sascha die Wohnung. Geschichte bei Professor Alvarez interessierte ihn genauso viel wie Mathematik. In seinen Gedanken hatte der Mann jedoch seine Abschlussprüfung schon vor Augen. „Ich muss mich zusammenreißen! Eine weitere Blamage will ich nicht erleben!“ Entschlossen und hartnäckig blieb der Student diesen Worten treu und versuchte fleißig zu sein. Zu Ende des Unterrichts rief Felipe Leon zu sich. „Senõr [Herr] Norman!“ „Ja, Herr Professor?“, antwortete er ihm. „Ich möchte Sie für Ihren Ergeiz loben. Geschichte war eigentlich einer Ihrer schwachen Fächer. Doch Sie haben sich deutlich verbessert. Machen Sie weiter so!“, sprach die Lehrkraft. Erstaunt und froh zugleich bedankte sich der Blauäugige bei seinen Lehrer. „Vielen Dank, Herr Alvarez. Ich schätze Ihr Lob sehr. “ Er verließ das Klassenzimmer. Sport stand nun an.
 

Tyranno erwartete seine Schützlinge bereits. Gemeinsam ging es zu den Umkleiden. Die Klassenstufe von Leon teilte sich den Umkleideraum mit den drei Neulingen. Der Ältere bemerkte André Burkhard. „Na sieh mal an. Der Kleine ist auch da. Anscheinend haben die Neuen mit uns Sport.“ Schnell entledigte er sich seines T-Shirts. Seine Gedanken rissen ab. Denn plötzlich fiel ihm etwas ein. „Da fällt mir ein, dass Wiktor bestimmt heute seine Revanche einfordert. Aber dem werde ich in seine Schranken weisen!“ Nach dem umziehen bewegten sich alle nach draußen. Der Lehrer, dessen Haupt Rasterlocken zierten, stand schon bereit. Er kündigte den Unterricht an. „So. Heute werden wir keine Zeit mit Techniktraining und der Gleichen vergeuden. Ich bitte Leon Norman und Wiktor Jelzin zu mir.“ Die Aufgerufenen stellten sich zu ihm. Jeder kannte den Anderen. Sie reichten sich die Hände. Ein freundliches Lächeln lag auf ihren Lippen. „Wählt eure Mannschaftsmitglieder. Fußball ist angesagt. Ich möchte ein schönes und faires Spiel sehen.“ Das hatte sich Leon gedacht. Nun konnte eine neue Runde im Duell zwischen dem Russen und ihm beginnen. „Ok. Wiktor, fange bitte an!“, sprach der Blauäugige seinen Gegner an. Dieser nickte und so wählte jeder seinen Mitspieler. Eine Mannschaft entstand auf beiden Seiten. Zum Schluss standen die drei Neulinge da. Tobi sah gespannt zu als die Mannschaften gewählt wurden. Doch die letzte Wahl war für ihn am spannendsten. Er wusste nicht warum, aber am liebsten hätte er Kazuo auf dem Feld gesehen. Die Neugier war einfach zu groß, wie sportlich der Rothaarige wohl sein konnte. Leon dachte nach. „Nur noch der Rothaarige, der Farbige und dieser André. Die Auswahl wird schwer. Wer wäre besser.“ Der Student schätzte anhand des Aussehens und der womöglich verbundenen Fitness ab, wer von den Drei ihm eher zusagte. Schließlich zeigte er auf seine Wahl. „Hmm, … Ich nehme … den Afrikaner. Jetzt bist du dran, Wiktor.“ Er grinste wieder. Der Osteuropäer dachte nach. „Schwierig. Ich nehme den da!“ Der russische Kapitän zeigte auf seine Wahl. André! Herr Hassleberry mischte sich ins Geschehen ein. „Dann wären wir so weit. Platziert euch. Das Spiel kann dann beginnen.“ Kazuo setzte sich auf die Ersatzbank. Mit seinem Team verteilte sich der blondhaarige Student auf der einen Spielhälfte. Er beobachtete den Franzosen. „Der geht ins Tor?“, stellte er fest. Der Student schüttelte den Kopf. „Wiktor, Wiktor, … Du hast nichts dazu gelernt. Aber egal. Dann wird es ein einfaches und schnelles Spiel.“ Der Blauäugige schaute sich noch einmal um. Plötzlich erklang lautes Geschrei. Er sah genauer hin und erblickte einige, weibliche Fans. Der Sportler lächelte. „Diese Mädchen sind unbeschreiblich. Mal sehen, vielleicht lasse ich diesmal ein Date zu.“ Er zwinkerte ihnen zu. Zwei, drei der Damen bekamen spontane Ohnmachtsanfälle.
 

Der Braunhaarige war am Anfang enttäuscht. Er hätte so gerne den Grünäugigen spielen sehen. Seine Augen verfolgten Kazuo, wie dieser es sich auf der Ersatzbank bequem machte. „So blöd. Es hätte mich schon interessiert was er kann.“, ging es ihm noch durch den Kopf, als auch schon der Pfiff ertönte und seine Gedanken wieder aufs Spielfeld gelenkt wurden. Das Spiel begann. Ein Stürmer von Wiktors Mannschaft trippelte mit samt Ball los. Leon rannte auf ihn zu. „Sorry Tai! Der gehört mir“, rief er seinen Gegner zu. Der Angesprochene versuchte auszuweichen. Doch geschickt ergatterte der Mannschaftsführer den Ball. Im Eiltempo raste er über den Platz. Wiktor probierte einen Angriff auf Leon. Er rutschte am Boden entlang. Doch das Sport-Ass wich mit einem Sprung, samt Ball, aus. Niemand konnte ihn aufhalten. Kurz vor dem Tor setzte er zum Schuss an. Der Jüngere blieb in der Mitte stehen. Leon holte aus und der Ball flog nach dem Tritt direkt an ihm vorbei. Nur noch Zentimeter trennten sie. Das erste Tor ging an Leons Team. Tobi war nicht überrascht, nachdem das erste Tor fiel. Da er schon öfters bei den Sportstunden zusah, kannte er Leons Talent für Fußball. Das machte das ganze Spiel auch irgendwie etwas langweilig. Wenn man sich das Spielende schon denken kann verlor es irgendwie an Reiz. Aber vielleicht könnte sich das ändern, denn zwei Neulinge sind ja noch auf dem Feld. Leon erhob seine Faust. „Das erste Tor ist gemacht. Das nächste kommt!“, schoss es ihm dabei durch den Kopf. Er sah André. „Der Kleine scheint Angst zu haben. Perfekt. Dann wird einem Sieg nichts entgegenstehen.“ Vor lauter Vorfreude konnte der Ältere ein Grinsen nicht verbergen. Das Spiel ging weiter. Zunächst verlief es sehr ausgeglichen. Doch dann bekam Leon erneut den Ball. Er umspielte die Gegner und schoss mit aller Kraft den Ball in Richtung Tor. Der Franzose stellte sich gegen den fliegenden Ball. „Den hält der nicht!“, dachte Leon. André überkreuzte die Hände und blockte den Ball. Er prallte ab und sank auf die Erde. „WAS!“, erschrocken riss Leon die Augen auf. „Wie kann das sein! Niemand hält meine harten Bälle. Ein „Mörderball“ wie er im Buche steht.“ Total fassungslos blieb er wie angewurzelt stehen. Der Jüngere beförderte den Ball mit einer Sprungangabe nach vorne. Der Ball landete letztendlich im Tor. Der Kapitän verfolgte die Ereignisse. „Moment mal. Der spielt Volleyball! Das ist BETRUG!“. Leicht begann eine innere Wut in ihm zu brodeln. Leon sah den Tormann zornig an. „Herr Hassleberry. Der Torhüter, der gegnerischen Mannschaft, spielt keinen, richtigen Fußball. Dieser Aufschlag stammt vom Volleyball. Das ist Betrug.“ Die Lehrkraft dachte einen Moment nach. „Prinzipiell hast du Recht. Da wir aber kein Profi-Fußball spielen, lasse ich es diesmal gelten. Zumal das Spiel endlich interessant wird. Solange er keinen groben Fehler macht, ist dem Tormann gestattet, Volleyballtechniken einzusetzen. DAS SPIEL GEHT WEITER!“ Erneut ertönte die Pfeife. Die Wut heizte sich auf. „Na schön. Lange wird der Kleine das nicht aushalten. Der wird meine ganze Kraft zu spüren bekommen. Ziehe dich warm an!“
 

Seine Fans begannen den Blauäugigen anzufeuern. Doch nicht die Zurufe, sondern die Wut peitschte ihn an. Tobi gab zu, dass der Block des Neuen nicht schlecht war. Keiner konnte bis jetzt die Bälle von Leon halten. Der erste Schock und die darauf folgende Wut konnte man gut im Gesicht des Frauenhelden ablesen. Ein leichtes Grinsen konnte sich der Braunhaarige nicht verkneifen. Dass Leon auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht wurde, war immer etwas, was Tobi nur zu gerne sah. „Der Junge muss auch mal lernen, dass er nicht der Beste in Allem ist.“, blitze es in seinem Kopf auf, als etwas anderes seine Aufmerksam in Anspruch nahm. Fast sofort viel seine Kinnlade runter. Kazuo war aufgestanden und hatte sich zwei Pompons von den Mädchen in seiner Nähe geschnappt. Kurz darauf feuerte er seinen Freund damit an. Was der Rothaarige sagte kam nicht bei seinem Gehirn an. Tobi war einfach von den Bewegungen gebannt. „Ich muss näher ran.“ Gleich aufgestanden machte er sich auf den Weg zu seinem Ziel. Gerade als er ankam vollzog Kazuo den Höhepunkt des Anfeuerns. Von nahen musste Tobi noch mehr staunen. Wie sich der Körper des Jüngeren bewegte und diese unglaublichen Figuren meisterte, als wären sie eine Kleinigkeit. Dazu noch diese Feuer ähnliche Haar, was zu flackern wirkte. Doch so überraschend wie es begann hörte es auch schon auf. Tobi war ein klein wenig enttäuscht. Als sich der Jüngere wieder auf die Ersatzbank setzte, ging er auch schon direkt zu ihm hin. Leicht tippte der Braunhaarige auf die Schulter des Akrobaten. Dieser drehte sich um und schien ziemlich überrascht zu sein. Der Beobachter hätte schwören können, dass Kazuo ein klein wenig rot im Gesicht war. Er musste wieder lächeln. „Er sieht einfach zu niedlich aus, wenn er überrascht ist.“ Der Ältere sprach den männlichen Cheerleader an. „Nicht schlecht. Wo hast du das den gelernt?“ Die Worte überschlugen sich, als der Gefragte versuchte, einen Satz hervorzubringen. „Ich… Wie lange bist du schon hier? ... Hast du alles gesehen? ... Ich war in mehreren Tanzkursen… Warum bist du überhaupt hier?“ „Ist eigentlich nichts Besonderes. Ich habe jede Woche um diese Uhrzeit eine Freistunde und setzte mich in den Sportunterricht. Das ist viel besser, als sich nur zu langweilen. Aber ich glaube, du solltest dein Freund noch ein wenig anfeuern. Es scheint geholfen zu haben.“ Mit einem Zwinkern machte sich Tobi wieder auf den Weg zu seinem Platz und setzte sich hin, um den Spielfluss weiter zu folgen. Doch das Lächeln bekam er nicht mehr aus seinem Gesicht.
 

Das Sport-Ass gab alles. Sein ganzes Können demonstrierte er. Nichts half. Der Neuling blockte die Angriffe seiner Gegner gekonnt ab. Leon versuchte einen sehr scharf angeschnitten Ball. Er flog etwas weiter links. Der Schüler sprang ihm entgegen. Eine „Saltoannahme“ führte er durch. Das Publikum war von dieser Darbietung sichtlich erstaunt. Selbst Leon blieb der Mund offen stehen. „Das ist doch nicht wahr! Der Kerl ist gut. Der will sich mit mir messen. Na warte!“ Purer Neid und tiefe Wut bestimmten das Spielverhalten des Spielers. Der Student schoss einen Ball nach den anderen. Das Spiel entwickelte sich zur Nervenpartie. Wer der zwei Kontrahenten machte schneller schlapp? Am Ende stand es 5 zu 1 für die Mannschaft von Wiktor. Nachdem das Spiel endete, machte sich Tobi auch langsam auf den Weg zu seinem nächsten Fach. „Der Sportunterricht war heute echt interessant. Wer hätte gedacht, dass so viel frischer Wind durch die Akademie wehen würde. Und das allein durch vier neue Schüler.“, ging es durch seinen Kopf als er die Gänge des Gebäudes durchstreifte. Sein Lächeln tauchte wieder auf, als er an die Anfeuerung von Kazuo dachte. „Ob ich ihn noch mal in solchen Bewegungen sehen kann?“ Mit diesem letzten Gedanken verschwand er auch schon ins Klassenzimmer.
 

Leon kochte. Nichts konnte ihn bremsen. „Dieser Betrüger! Na warte. Das lass ich nicht auf mir sitzen!“ Wutschnaubend verschwand er mit seinen Kumpels zu den Umkleiden. Er kühlte zuerst seinen hitzigen und verschwitzten Körper unter der kalten Dusche. Danach wartete der Deutsche auf André. Als der „Held des Tages“ antrabte, baute sich Leon vor ihm auf. „So, du möchte gern Fußballer. Mal sehen, ob du im duellieren genauso gut bist wie im betrügen. Ich fordere dich heraus! Ein Nein gibt es nicht!“ Abneigung und auch Spuren von Hass spiegelte sich in seiner Gestik wieder. Er drückte den sprichwörtlichen Revolver auf die Brust des Jüngeren. Dieser nahm die Herausforderung an. Er schlug als Schlachtfeld die Wiese am Haupteingang vor. Das war Leon nur Recht. „Gut. Ich erwarte dich in einer dreiviertel Stunde dort. Schreibe schon mal dein Testament.“ Mit einem lauten Lachen verließ er mit seinem Clan die Umkleide. Im Unterricht passierte nichts Spektakuläres. Nachdem endlich die Schulglocke zum Schulschluss klingelte, lief Tobi sofort zu seinem Wohnraum. Dort angekommen machte es sich der Braunhaarige erst mal gemütlich. Doch kaum lag er auf seinem Bett, klopfte es auch schon an seiner Tür: „Ich bin’s! Kyuzo. Kann ich rein kommen.“ Tobi gab etwas verwundert Antwort: „Ja, komm rein, ist offen.“ Das ließ sich sein Freund nicht zweimal sagen. Kyuzo gesellte sich zu ihm und setzte sich auf einen bequemen Stuhl. „Und weist du schon was du heute Abend machst? Oder hast du die Party vergessen?“ Den Goldäugige durchzuckte ein Gedanke. Er hatte wirklich die Willkommensparty vergessen. „Klar komme ich zur Feier. Aber was hast du denn bestimmtes vor, dass du extra hier her kommst um mich zu fragen?“ Tobi kannte seinen Freund gut genug, dass er wusste das Kyuzo etwas Bestimmtes sagen wollte und seine Vorahnung war nicht falsch. „Ähm, … ich wollte dir nur sagen, dass ich wohl ein Date habe. Ich hoffe es macht dir nichts aus alleine auf der Party zu sein?“ „Klar warum sollte mich das stören? Habe deinen Spaß.“ Kaum hatte Tobi zu Ende gesprochen, stand Kyuzo auch schon an der Zimmertür. „Na dann. Man sieht sich vielleicht nachher.“ Mit diesen letzten Worten verschwand er auch schon aus dem Zimmer. Der Zurückgebliebene seufzte leise vor sich hin. „Na toll was soll ich jetzt alleine auf einer Feier machen?“ In Gedanken versunken saß der Duellant auf seinem Bett und wusste jetzt nicht genau wie er sich am Abend verhalten sollte.
 

Bis die Vorbereitungszeit vorbei war, hielt sich Leon mit Sascha in ihren Wohnraum auf. Gemeinsam besprachen sie, welche Strategie der Student einsetzen sollte. „Ich glaube, ich bleibe bei den Gladiatoren. Die sind derzeit die spielstärksten Karten. Zwar könnte man auch Lichtverpflichtete oder die berühmten Monarchen und Jinzo Kombination verwenden. Aber die Gladiatoren scheinen mir im Moment als die beste Wahl.“ Sein Freund stimmte ihm zu. Sascha kannte sich mit Duellstrategien sehr gut aus. „Die Harpyien sind zwar mit der Spielfeldzauberkarte im Vorteil. Jedoch kommen sie ohne Unterstützung alleine nicht gegen die Gladiatoren an. Spiele sie geschickt und beschwöre so schnell wie es geht deine effektivste Karte. Dann hat dieser Frischling keine Chance.“ Der Duellant freute sich über die Unterstützung seines Kumpels. Gemeinsam erschienen sie kurz vor Ablauf des Zeitlimits am Duellierplatz. Auch weitere Freunde und Fans des 25 Jährigen versammelten sich bereits dort. Wenige Minuten später tauchte auch André in Begleitung von Kazuo auf. „Na so was. Der Kleine hat ja Mut. Aber nun ist der Spaß vorbei.“, sprach Leon. Der Gemeinte blieb gelassen. Er antwortete dem Älteren. „Es braucht schon mehr, um mir Angst zu machen. Fangen wir endlich an, LEON!“ Er erhob seine Duell-Disk. Diese klappte sich aus und die Lebenspunkte wurden angezeigt. Durch die Worte angestachelt, aktivierte auch der Blondhaarige seine Disk. Das Duell konnte beginnen. Mit einem schnellen Beginn verlief das Duell zunächst ausgeglichen. Der Franzose konterte die Angriffe des Anderen geschickt. Leon verlor in kurzer Zeit einen Haufen Lebenspunkte. Sein Kopf rauchte. „Verdammt. Diese Witzfigur von Duellant führt mich wie beim Fußballspiel vor. Mir muss schnell etwas einfallen.“ Im Laufe des Duells schien ihm das Glück für einen Moment zurück gekehrt worden zu sein. Leon beschwor „Gladiatorungeheuer Heraklinos“. Das Spiel drehte sich zu seinen Gunsten. Doch dann rief André ein Monster, dass „Alicorn“ hieß. Schneller, als der Blauäugige schauen konnte, zerstörte das geflügelte Einhorn seine Monster. Der angebliche Grünschnabel besaß alle Fäden in der Hand. Seine Züge bestimmten das Duell. Langsam aber sicher verzweifelte Leon innerlich. „Es ist zum Mäusemelken. Nichts gelingt mir. Jetzt fehlt nur noch ein Zug und dieser Gaul setzt meine Lebenspunkte auf null.“ Man sah den Schweiß auf seiner Stirn. Mit aller Hoffnung, die er noch hatte, zog der Blondhaarige seine letzte Karte. Als er realisierte, um welche es sich handelte, atmete der Duellant auf. „Hurra. Ich bin wieder im Spiel. Jetzt werde ich den Kleinen in seine Schranken weisen!“ Er verlor keine Zeit und aktivierte seine Karte. Die darauf folgenden Züge ließen den Studenten als Sieger aus diesem Duell hervortreten. Jedoch störte ihn etwas.
 

„Seltsam. Der Franzose reagiert nicht. Seine verdeckte Karte hat er auch nicht aktiviert. Mal sehen welche es ist.“ Mit zielsicheren Schritten ging er auf seinen Gegner zu. „Zeig mir deine verdeckte Karte!“, befahl er seinem Gegenüber. Dieser schien weiterhin irgendwie desorientiert zu sein und schaute mit einem leeren Blick zu ihm auf. Dies nutze der Blonde und griff nach der Karte, die in der Disk steckte. Als er sie ansah, warf er sie gleich zu Boden. „Was soll das?! Du hättest gewinnen können! Dieser Kampf zählt nicht! Das wirst du mir noch bezahlen!“ Wut und Unverständnis kamen in ihm hoch. André hatte die Karte „Feierliches Urteil“ nicht aktiviert. Der Kleinere hätte anstatt Leon gesiegt. Diese Tatsache begriff der Ältere nicht. In seinen Kopf schwirrte ein „Warum?“ herum. Es ließ ihn keine Ruhe. Er fühlte sich zugleich in seiner Duellantenehre gekränkt. Siegen wollte er. Doch keinen Sieg geschenkt bekommen! Schnaubend drehte er sich schließlich auf dem Absatz um und verschwand mit seinem Anhängsel in Richtung der Unterkünfte. Den ganzen Weg ging ihm dieses Ereignis nicht mehr aus dem Kopf. „Was will er damit bezwecken? Hat der etwa Mitleid mit mir gehabt. ICH BRAUCHE KEIN MITLEID!!!!“ Der temperamentvolle Mann versuchte einen klaren Kopf zu bewahren. Dies war jedoch leichter gesagt, als getan. Nur Sascha gelang es, Leon wieder zu beruhigen. Äußerlich wurde der Student wieder gelassen. Sein Inneres jedoch blieb bei einer Frage: „Warum?“ „Hey! Jetzt ist wieder alles OK! Vergesse diesen Zwerg. Heute steht die Schulfeier an. Keine Lust mehr?“, redete Sascha auf ihn ein. Leon reagierte zögerlich. „Stimmt. Heute ist die Feier. Da lenke ich mich mal von dem ganzen Schulstress ab.“ Der Blondschopf wurde wieder normal. Zusammen mit der Clique besprachen er und sein Zimmergenossen den Treffpunkt und die Zeit. Dann verschlug es die Studenten in ihre Wohnung zurück.
 

Tobi schlenderte etwas an der frischen Luft. Er hatte gerade seine Unterkunft hinter sich gelassen. „Was könnte ich bloß machen. Alleine auf der Party ist es langweilig. Doch möchte ich auch nichts verpassen. Wenn ich noch jemanden, anderen fragen könnte.“ Doch da wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Irgendetwas oder besser gesagt irgendjemand hatte ihn angerempelt. Sofort sah er auf den Boden und entdeckte dort einen jungen Mann, den er nicht erwartet hatte. Kazuo lag mit einer Hand am Hinterkopf vor ihm. Sofort musste Tobi wieder lächeln. „Wie es aussieht, stößt du dich gerne an mir. Kann ich dir aufhelfen?“ Der Schüler reichte dem Rothaarigen seine Hand entgegen. „Entschuldigung. Habe ich dir wehgetan?“ Der Gefragte erwiderte nur mit einem Kopfschütteln. „Genau in diesem Moment überkam dem Goldäugigen eine Idee. „Mir geht es gut. Kommst du heute Abend auch zu der Feier in der Haupthalle?“ Fragend sah Kazuo nun zu Tobi. „Was für eine Feier?“ „Was! Du weißt nichts darüber. Professor Yuki hat eine kleine Party organisiert, damit sich die Neuen wie du, mit dem Rest der Schule anfreunden können. Du kommst doch? Ich würde dich gerne tanzen sehen.“ Nach dieser Aussage wurde der Kopf des Südländers knallrot. Er schien etwas angespannt zu sein: „Klar komme ich. Die Feier wird doch wegen mir und den anderen Neuen gehalten.“ Daraufhin bildete sich ein noch weiteres Grinsen auf den Lippen des älteren Schülers. Tobi freute sich darauf. Jetzt würde er nicht mehr alleine da stehen. „OK! Dann sehen wir uns dort. Ich freue mich schon.“ Danach drehte sich Tobi auch schon um und machte sich wieder auf den Weg zu seiner Unterkunft.
 

In der Wohnung angekommen entledigte sich Leon sofort von seinen Klamotten. Halbnackt verschwand er ins Bad. Als das Wasser auf seinen Körper prasselte, schloss der Mann seine Augen. „Warum? … Warum hat er mich gewinnen lassen? Ich verstehe es einfach nicht. Mit dem stimmt etwas nicht.“ Eine Faust schnellte nach vorne. Sie traf auf die harte, geflieste Wand. „Warum mache ich mir über diesen Jungen so viele Gedanken? Der kann mich mal kreuzweise. Und trotzdem, diese Sache lässt mir keine Ruhe. Automatische drehte seine linke Hand die Wärme des flüssigen Elements heißer. Kochend heißes Wasser ergoss sich über den Körper. Gedankenverloren ignorierte der Blauäugige den Schmerz, der stetig stieg. Dann drehte die Hand die Temperatur des Wassers auf eiskalt. Auf den Wechsel reagierte die Haut und allgemein der Körper des Mannes sofort. Gänsehaut, angespannte Muskeln und aufgerichtete Brustwarzen zeichneten sich ab. „LEON! VERGESS ES! Die Erinnerungen lassen sich nicht weg waschen oder gar brennen. Heute ist die Feier. Habe deinen Spaß!“ Nach mehr als einer Stunde stieg Leon endlich aus der Dusche. Mit einen Handtuch bekleidetet ging er vom Bad zu seinen Kleiderschrank. In der Zwischenzeit machte sich nun auch Sascha im Bad frisch. Kurz vor Beginn des Festes wartete Leon ungeduldig auf seinen Zimmergenossen. Er trug ein helles Hemd, welches seinen muskulösen Körper sehr betonte. Die oberen Knöpfe blieben offen. Eine eng anliegende Hose und dunkle Schuhe gehörten ebenfalls dazu. Sein halblanges Haar bildete einen Mittelscheitel und hing beidseitig herab. „SASCHA! JETZT BEEILE DICH MAL!“, forderte der Ältere seinen Kumpel auf. Hastig kämmte der Gerufene seine Haare zu Recht und erschien aus dem Bad. Ohne große Worte machten sie sich auf den Weg zur Party.
 

Tobi grinste bis über beide Backen. So gefreut hatte er sich schon lange nicht mehr. Ständig dachte er daran, dass er Kazuo wieder beim Tanzen zusehen konnte. Tobi lag auf seinem Bett und behielt das Kopfkissen fest in seinem Griff. Je mehr er darüber nachdachte, desto glücklicher schien er zu werden. Doch da schlug plötzlich ein Frage wie ein Blitz in seine Träumerei ein: „Warum freue ich mich so? Was habe ich denn überhaupt?“ In diesem Moment fielen ihm die Worte ein, die er im Zusammenhang mit Kazuo benutzte: „Niedlich und süß. Was habe ich mir da gedacht?“ Tobi machte sich eigentlich noch nie viele Gedanken über Liebe und Beziehungen. Zwar war der Braunhaarige bisher nicht wirklich verliebt oder dergleichen. Was Homosexualität betraf, so besaß Tobi eine große Toleranzschwelle und diese Form der Liebe störte ihn nicht. Für Verliebte jeglicher Art freute er sich einfach. Dadurch kam eine daran gekoppelte Frage auf: „Bin ich in ihn verliebt?“ Nur bei dem Gedanken wurde er schon rot und umarmte das Kissen noch fester. „Und wenn schon.“ Sofort schmiss er sein Kissen wieder ans Kopfende und machte sich für die Party fertig. Nach einer Dusche schnappte er sich schnell ein paar Kleidungsstücke. Ein T-Shirt mit einem passenden Hemd darüber und einer Jeans. Dazu etwas feinerer schwarze Schuhe. Das Haar trug er ausnahmsweise offen. Tobi betrachtete sich im Spiegel und machte sich zufrieden auf den Weg zu Willkommensfeier.
 

Schnell fand sich die Clique zusammen. Jeder trumpfte mit seinem Outfit auf. Vor allem die Mädchen wetteiferten darum, wer die Königin des Abends sei. Das interessierte den stolzen Studenten wenig. Er beteiligte sich an einen Gespräch und erwartete die Eröffnung des festlichen Anlasses, der von Professor Yuki organisiert wurde. Es dauerte nicht lange da war Tobi auch schon in der Halle. Langsam füllte sie sich. Sie sah mal wieder ganz anders aus als sonst. Der Braunhaarige wusste einfach nicht wie die Schule das jedes Mal hinbekam. Gespannt schaute er sich um. Doch konnte er den Gesuchten nirgendswo erkennen. „Kommt er doch nicht?“ schoss es durch seinen Kopf. Doch dann stachen die typischen, flammenden Haare des Duellanten aus der Masse raus. Tobi kämpfte sich durch die schon ziemlich angewachsene Schülermenge. Endlich erreichte er sein Ziel. Sachte legte er seine Hand auf die Schulter des Neulings. Dieser gab dann sofort eine Antwort, bevor er sich ganz umdrehte: „Ah da bist …“. Seine Kinnlade viel auf einmal runter. Der Goldäugige konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, als er sein Gegenüber so fassungslos sah. „Ich bin froh, dass du gekommen bist.“ Kazuo schien antworten zu wollen, doch da wurde er unterbrochen. Jaden war ans Mikrofon getreten. Die Lehrkraft eröffnete den Abend. „Guten Abend! Willkommen zur diesjährigen Kennenlernfeier! Habt euren Spaß! Vergesst den Schulstress und lernt euch kennen. Bis dann!“ Nun konnte der Spanier zu seiner Antwort zurückkommen: „Auch ich bin froh, dass ich gekommen bin. Hier ist ja viel los.“ „Ja, die Tanzfläche ist noch nicht offen. Deswegen ist man hier etwas zusammengedrückt.“ „Ach so ist das. Weißt du, wo man hier was zu trinken her bekommt?“ Auf dem Gesicht von Tobi schien ein noch weiteres und freundlicheres Lächeln aufzutauchen. „Klar. Ich bring dich hin“ Schnell ergriff der Größere die Hand seines Gesprächpartners und führte ihn durch die Menschenmenge. Es dauerte nicht lange, da hatten sie auch schon die Theke erreicht und Tobi ließ die Hand seines Begleiters los. „So hier wären wir. Hol dir schnell was zu trinken. Bald müsste die Tanzfläche offen sein und das erste Lied gespielt werden.“ Der Schüler schien jemand an der Theke zu kennen und ging sofort auf ihn zu. Tobi folgte ihm schweigend. Beide schienen sich super zu verstehen. Außerdem erkannte er den Zweiten wieder. Es war der Neuling, der heute Mittag so eine Glanzleistung im Tor ablieferte. Höflich fiel er den Beiden nicht ins Wort. Doch irgendwann entwickelte sich ein unangenehmes Gefühl in seiner Brust. Sachte legte er wieder seine Hand auf die Schulter von Kazuo. Dieser schien die Geste zu verstehen und stellte sie aneinander vor. „Ach! … Du hast ihn ja schon gesehen. Darf ich ihn dir vorstellen. Das ist Tobi.“ Während er sprach zeigte der Rothaarige auf seine Begleitung.
 

Darauf wandte er sich dem Älteren zu. „Und das ist mein Zimmerkamerad.“ Plötzlich lief der Franzose rot an. Wieder entsprang ein Grinsen auf dem Gesicht von Tobi, als sich André selbst noch mal vorstellte und ihm die rechte Hand zustreckte. Beide schüttelten sich die Hände. Ein Lächeln lag auf ihren Lippen. Als sich die einander Vorgestellten ansahen, wechselten die Augen des Dritten im Bunde zwischen ihnen hin und her. Sein Blick versteinerte. Tobi beobachtete alles gespannt. Vor allem dieser Blick von Kazuo, machte ihn ein wenig stolz. Es schien schon fast so, als wäre er eifersüchtig. Nach dem Vorschlag von André bestellte der Braunhaarige sein Getränk. Für einen kurzen Moment, als die drei Männer ihre Getränke endlich in den Händen hielten, fingen die beiden Anderen an miteinander zu flüstern. Irgendwann drehte sich Kazuo von seinem Freund weg und sah damit dann direkt zu den Goldäugigen. Er musste wieder sofort Lächeln, was sofort eine rote Farbe auf das Gesicht seines Gegenübers zauberte. Dazu sah Kazuo noch verlegen in sein Glas. „Mein Gott ist er niedlich.“, dachte sich Tobi. Mittlerweile entwickelte er sich, in Gegenwart des Jüngeren, zu einer Grinse-Katze.
 

Viele Schüler und Studenten klatschten, als die Rede zu Ende war. Leon erfreute es. „Jetzt kann es ja losgehen.“, warf er in die Runde. Seine Freunde stimmten zu. Einen Moment unterhielten sie sich noch. Einige Fans des Blauäugigen gesellten sich dazu. Die Chance nutzte der Männerclan. Zugleich schnappte sich jeder von ihnen eine weibliche Begleitung. Geschlossen ging es in Richtung Tanzfläche. Leon führte eine wunderschöne Asiatin, ihr Name war Aiko Chang, nach Gentlemanart auf das Parkett. „Aiko. Schenkst du mir den heutigen Tanz?“, fragte der Europäer. Die Dame nickte errötet. Ungeduldig warteten alle auf das erste Lied. Langsam begann der Abend und das erste Lied ließ seine ersten Töne erklingen. Sofort fing André an sich zu der Musik zu bewegen und forderte Kazuo zum Tanz auf. Tobi verfolgte alles mit seinen Augen. Er ging den Zwei bis zum Rand der Tanzfläche nach. Die Freunde fingen an einen Tanz aufs Parkett zu zaubern, der einfach nur atemberaubend war. Der Zuschauer konnte seinen Blick nicht abwenden. Er wollte nichts davon verpassen. Die Ersten begannen zu tanzen. Der Blondschopf erkannte das Lied sofort. „Gia Farrells Song: „Hit Me Up“. Alles klar!“ Spontan eröffnete der Mann mit seiner Partnerin die Tanzfläche. Sie zögerte einen kleinen Moment. Dann ahmte sie die Bewegungen des Studenten nach und so begann sie sich nach dem Rhythmus der Melodie zu bewegen. Doch plötzlich hielten sie inne. Eine große Menschenmenge umkreiste etwas. „Was ist da los?“, kam es aus ihren Mündern. Gemeinsam schlossen sie sich der Mehrheit an. Leon kämpfte sich nach vorne. Bei freier Sicht staunte der 25 Jährige Bauklötze. Der Goldäugige wurde förmlich in den Bann gezogen. Diese Bewegungen waren schon fast hypnotisierend. Sein Blick glitt über den Körper von Kazuo. Wie sich seine Muskeln anspannten und entspannten. Es war einfach atemberaubend. Genau in diesem Moment wurde Tobi etwas klar. Er wollte ewig Kazuo weiter beobachten. Bei ihm sein. Nichts mehr von ihm verpassen. „Ich bin verliebt. Bis über beide Ohren.“ Langsam entfernte er sich von der Tanzfläche und ging wieder zur Theke, trank seinen Cocktail auf einen Zug aus und begab sich, Gedankenversunken, auf dem Weg zur Ausgangstür. Nichts konnte ihn in diesem Moment ablenken. „Ich liebe ihn. Das ist nun klar. Doch was ist wenn er mich nicht liebt? Wie kann ich das nur raus finden.“
 

Passend zum Lied tanzten die Neulinge Kazuo und André. Sie boten eine einzigartige Show. „Verdammt. Der tanzt ja wie ein Profi.“, dachte Leon. Leichte Schamröte umspielte das perplex wirkende Gesicht. Doch schnell holte ihn sein alter Ego wieder ein. „Moment mal! Wie ein Profitänzer? Übertreibe mal nicht! Der tanzt nicht besser als jeder Andere. Das wirkt nur so.“ Seine Mimik wandelte sich in Gleichgültigkeit. Allerdings konnte man in seinen Augen Spuren von Neid erkennen. Leon verließ das Geschehen. „Ist mir doch egal, wenn sich dieser Dreikäsehoch wichtig machen möchte. Aiko wartet bestimmt auf mich.“ Er gesellte sich zu ihr. Doch die Asiatin verfolgte gespannt das Tanzduell, welches die beiden Schüler ausfochten. Sie wirkte wie hypnotisiert. „Hey Aiko! Was ist nun?“, sprach Leon die Schwarzhaarige an. Die Studentin winkte mit einer Hand ab. „Jetzt nicht Leon! Ich will mir das nicht entgehen lassen!“ „Wieso bloß? Die wollen doch nur Aufmerksam haben. Wahrscheinlich leiden die Zwei an ADS [Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom]. Jetzt komm schon!“ Ein eifersüchtiger Unterton lag in seiner Stimme. Doch Aiko blieb wie angewurzelt stehen und beobachte die Tänzer weiter. Leon schüttelte nur den Kopf. „Ich verstehe das nicht. Soll das heute mein Pechtag werden? Erst blamiert mich der Kleine beim Fußball. Dann schenkt er mir aus unerklärlichen Gründen das Duell. Und nun stielt der Franzose mir die Show.“ Er seufzte schwer. „Warum muss ich ständig mit diesem Typ zusammentreffen? Ich habe genug Probleme. Einen Unglücksbringer in dieser Form brauche ich nicht noch dazu!“
 

Nun stand Tobi im Gang und sah aus einem der großen Fenster. Der Mond leuchtete ihm freundlich entgegen. Er wusste nicht was er jetzt tun sollte. Doch da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Kazuo stotterte, wurde rot und wirkte in seiner Gegenwart verlegen. „Ist er vielleicht auch in mich verliebt? Ich muss es einfach wissen.“ Entschlossen drehte er sich wieder um und entdeckte den auffälligen Tänzer an der Theke. Der Braunhaarige war sich noch nie so sicher über sein Tun wie jetzt. Er tritt langsam zu dem abgelenkten Kazuo. Dieser schien sich voll und ganz auf sein Getränk zu konzentrieren. Sachte näherte sich Tobi dem Ohr des Neulings: „Komm! Lass uns raus gehen. Ein wenig Luft tut uns beiden gut.“ Sofort machte sich der Goldäugige in einem schnellen Schritt auf den Weg. Sein Ziel war außerhalb der Schule. Er sah nicht mal zurück. Wenn ihm Kazuo nicht folgte, dann waren seine Schlussfolgerungen alle falsch. Er besaß einfach nicht den Mut sich umzudrehen und wollte es so weit wie möglich hinauszögern.
 

Nach dem Spektakel lockerte sich Leons Anspannung wieder. Entspannt holte er mit Aiko den Tanz nach. Seine Gestik und vor allem seine eisblauen Augen strahlten wieder vor Freude. Anscheinend war der Abend doch nicht gelaufen. Seine Freunde verwickelten ihn in ein Gespräch, als er plötzlich etwas in seinen Rücken spürte. Leon drehte sich um. Er traute seinen Augen nicht. André hatte ihn angerempelt. „Was will DER schon wieder?“, fragte er sich. Seine Mimik verfinsterte sich. „Wieso lässt der mich nicht in Ruhe? Der nervt mich einfach! Na warte, jetzt werd ich dich mir mal zur Brust nehmen!“ Der Student baute sich vor dem Jüngeren auf. „Schau mal an! Wen haben wir denn da! Was willst du hier!?!“, knurrte er seinen Gegenüber an. „Ich … ÄH …“, André brachte keinen Satz hervor. Mit einem Kopfnicken befahl der Deutsche, dass seine Freunde ihn allein lassen sollten. Gehorsam verschwanden alle. Danach funkelten die eisblauen Augen den Schwarzhaarigen an. „Sag! Was willst du!“, fauchte Leon erneut. André erwiderte nichts. Der Kleinere starrte sein Gegenüber nur an. Das Schweigen zerriss Leons Geduldsfaden. „Der Kerl treibt mich in den Wahnsinn!“, schoss es ihm nur durch den Kopf. Seine Aggression wurde wie ein Feuer wieder angefacht. Mit einer ruckartigen und harten Bewegung drückte der Ältere, André blitzschnell an eine Wand. Mit den Händen hielt er sein Opfer an den Schultern fest. Immer noch fixierten seine Augen den Jüngeren. „Willst du mich ärgern? SAG! Was soll dieses ganze Verhalten!“ Dem Schüler lief der Schweiß seitlich herab. „Er hat Angst.“, stellte Leon fest. Gedanklich grinste er. „Sehr schön! Dann wird er jetzt seine Grenzen erkennen.“ Der Student erhöhte den Druck auf die Arme. Mit seinen Verhalten wollte er nur eins klarstellen:

LEG DICH NICHT MIT MIR AN!
 

André drehte den Kopf zur Seite. Eine leichte Röte verfärbte seine Wangen. Leon erschrak. „WAS geht mit dem ab?“, schoss es ihm durch den Kopf. Er ließ die Schultern los. Nach dem er frei war, antwortete der Grauäugige ihm endlich. Die Ansage, die der Schüler an ihn richtete, verblüffte Leon erneut. Er bekam die Worte nur halb mit. Dennoch beeindruckte ihn die Charakterstärke des Jüngeren sehr. „Wow! Der Kleine hat Mumm. Ich sollte ihn nicht noch einmal unterschätzen! Er kann ja genauso aggressiv sein wie ich. Irgendwie könnten wir Geschwister sein. …“ Doch die letzen Worte von André ließen ihn aus seiner Gedankenwelt aufhorchen. „… Lass mich in Ruhe und gehe mir endlich aus den Kopf!“. Der Duellant stockte. Sein Kopf glühte rot vor Scham. Leon bemerkte es. „Was hat er? Er sieht so seltsam aus. … Ich soll aus seinen Kopf? Was heißt das? … Irgendwie erinnert mich das Ganze an ein verliebtes Mädchen. …“ Das Verhalten seines Gegenübers verunsicherte ihn. Doch registrierte André es nicht. Der Franzose befreite sich schließlich aus dieser Situation. Er stieß Leon zur Seite und entschwand in die Nacht. Der Blondhaarige verfolgte sein Verschwinden. Seine Fragen blieben offen.
 

Die Nacht war wunderschön. Es schien schon fast so, als hätte Tobi die Sterne und den Mond auf seiner Seite. Erst bei einem kleinen Pfad machte er langsamer. Immer noch traute er sich nicht zurück zuschauen. Doch da hörte er schon Schritte neben sich. Er war sichtlich erleichtert. „So was mache ich jetzt? Wir sind alleine. Soll ich ihn einfach fragen? Ich weiß es nicht.“ In Gedanken versunken lief er einfach weiter bis sie an einer Bank ankamen. Sofort setzte er sich auf die Bank. Zu einem konnte man so die Sterne besser beobachten. Zum anderen hatte Tobi vor der Frage, die in seinem Kopf spukte, Angst. Würden seine Beine nachgeben? Schnell gab er zu verstehen, dass sich auch Kazuo hinsetzten sollte. Es dauert nicht lange, da saß auch der andere Junge etwas entfernt von Tobi auf der Bank. Nun packten ihn Zweifel. Er wusste nicht was er oder wie er es sagen sollte. In seiner Hoffnungslosigkeit, suchte er nach einer Antwort in den Sternen. Auf einmal fing der Sitznachbar an zu reden: „Eine wunderschöne Nacht, nicht wahr?“ Tobi konnte nur mit einem einfachen „Ja“ antworten. „Ich habe den Mond noch nie so hell und groß gesehen.“ Danach fielen sie in Schweigen. Als Tobi weiter überlegte spürte er auf einmal etwas. Kazuo begann zu zittern. Ohne auch nur nachzudenken rückte er an den Frierenden näher, bis sie sich berührten. In diesem Moment war jeder Zweifel verflogen. Fast gleichzeitig sahen sich die jungen Männer an. Die grünen Augen funkelten ihn wie zwei große Smaragde entgegen. Jetzt funktionierte der Körper des Älteren wie von alleine. Gerade öffnete der Jüngere den Mund, da bewegten sich die Finger von Tobi wie von selbst vor die Lippen des Anderen. Die Worte kamen wie selbstverständlich aus seinem Mund: „Seitdem du das erste Mal in mich gelaufen warst, bist du mir nicht mehr aus den Kopf gegangen. Mit deinem Tanz hast du mich jetzt total gefangen.“ Ihre Gesichter kamen immer näher. Tobi konnte schon Kazuos warmen Atem im eigenen Gesicht spüren. Ihre Gesichter waren nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt. Dem Südländer entglitt nur noch ein Wort, da waren ihre Lippen schon vereint. Nun war es soweit. Der Ältere wurde von Gefühlen überschüttet. Wie ein Feuerwerk, vor dem man sich nicht entziehen konnte. Doch dann kam noch ein zweites Gefühl hinzu. Kazuo erwiderte den Kuss. Nun fühlte sich der Deutsche, wie aus dem eigenen Körper gezogen. Es kam ihm so vor, als würde er einmal um den Mond fliegen. Nur um auf der Erde, in seinem Körper noch weitere Glückseeligkeit zu spüren. Nun ließ sich Tobi einfach in das Bett von Gefühlen fallen. Sachte drückte er mit seiner Zunge an der weichen Lippe von dem Rothaarigen. Sofort öffneten sich die Lippen. Beide Zungen vereinten sich zu einem Tanz. Jeder untersuchte den Mund des Partners. Doch nicht nur die Zungen untersuchten den fremden Körper. Auch die Hände glitten über den Körper des zweiten Mannes. Sie strichen über den Rücken, die Seiten, den Hinterkopf und über die Schultern. Jede Erhebung, jeder noch so kleiner Zentimeter wurde untersucht. Der Kuss hielt eine gefühlte Ewigkeit, bis sich die Lippen wieder trennten und beiden nach Luft schnappten. Es war einfach perfekt. So wunderbar hatte sich Tobi noch nie gefühlt. Doch auf einmal schreckte der Schüler hoch: „Ähm … Ich muss weg. … Ich muss … noch Hausaufgaben machen. Man sieht sich!“ So schnell er konnte rannte der Verstörte in Richtung seiner Unterkunft. Gerade war er noch auf Wolke Sieben gewesen. Und so schnell fiel der Goldäugige wieder wie Ikarus dem Boden entgegen. „Was habe ich bloß getan?!“ schwirrte es in seinem Kopf.
 

Verwirrt stieß Leon wieder zu seiner Clique. Die Party neigte sich ihrem Ende zu. Schließlich trennten sich ihre Wege und Sascha und er suchten ihr Apartment auf. Todmüde ließ sich sein Kumpel aufs Bett fallen. Binnen weniger Sekunde schlief der Mann auch schon ein. Leon betrachtete ihn kurz und grinste. „Der gute, alte Sascha. Der schläft jetzt wie ein Murmeltier.“ Der Blauäugige zog sich um. Bevor er ins Bett ging verweilte er noch mal an dem großen Fenster. Der Mond schien weiterhin hell. Der Himmel war klar. Seufzend lehnte sich Leon an einer Wand an. „OH Man! Jetzt geht mir dieser André erst Recht nicht aus dem Kopf. Was war vorhin mit ihm bloß los? Ich begreife das einfach nicht.“ Lange grübelte der Blondhaarige nach. Plötzlich erinnerte er sich an eine ähnliche Situation. Ein Mädchen aus seiner damaligen Schulklasse verhielt sich genauso. Später erfuhr er, dass sie in ihm hoffnungslos verknallt war. Bei den Gedanken, stellten sich alle seine Nackenhaare auf. „OH mein Gott! Heißt das, dieser Zwerg ist in mich ver…!“ Leon brachte den Satz nicht zu Ende. Ein Schaudern beherrschte seinen Körper. „NIEMALS! Ich bin keine Schwuchtel! Das kann er vergessen!“ Total aufgewühlt suchte er Zuflucht in seinem Bett. Unruhig wälzte er sich hin und her. Der 25 Jährige fand keinen Schlaf. Die Tatsache, dass André homosexuell und zudem scharf auf IHN war, ließ Leon keine Ruhe. „NEIN! Der soll bloß aufpassen! … Jetzt verstehe ich auch, wieso er in der Umkleide rüber geschaut hat. … AHHH! Scheiße! …“ Nach langem hin und her fielen Leon doch die Augen zu. Jedoch verfolgten ihn „Albträume“. In sich zusammen gezogen saß Tobi immer noch auf der Bank. Er spürte nichts. Nur Angst und Zweifel durchzogen seine Gedanken: „Was habe ich getan? Was habe ich bloß getan? Ich war zu voreilig. Ich habe alles zerstört!“ Wie sehr er doch seine letzte Tat verfluchte. Tobi konnte nichts mehr daran ändern. Doch dann wurde auf einmal sein Handrücken nass. Zum ersten Mal sah er wieder auf. Da war aber nichts. Er sah sich um und sofort sah er eine Gestalt.

Im Eiltempo lief sie davon. Er musste nicht zweimal hinsehen. Ohne Zweifel war gerade Kazuo an ihm vorbeigelaufen. „Er weint?“ Auf einen Schlag waren seine Gedanken nur noch mit Sorgen gefüllt. Tobi sprang auf und lief seiner Liebe hinterher.

Fünfter Zug / Verletzungen und ihre Folgen

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Sechster Zug / Ende Gut, alles Gut?

Langsam erhob sich der leuchtende Himmelskörper aus dem tiefschwarzen Meer. Die Strahlen der Morgensonne erkämpften den neuen Tag. Unaufhaltsam suchten sie sich ihren Weg. Das Licht der Morgenröte traf auf die kleine Zeltgruppe. André spürte seine Wärme. Sie war zwar nur zaghaft, aber dennoch angenehm. Mit struppigem Haar setzte er sich aus seiner Schlafstelle auf. Mit müdem Blick schaute er sich um. Seine Augen musterten den schlafenden Nachbarn. „Leon ist seltsam. Er besitzt zwei verschiedene Gesichter. Aber gleichzeitig ist er irgendwie … so süß!“ Lächelnd stand der Schwarzhaarige vorsichtig auf. Niemals würde der Schüler es zugeben. Doch das Herz des Duellanten schlug für diesen schlummernden Hitzkopf. André wusste aber genau, dass er durch eine unüberlegte Handlung den Respekt und die Achtung des Anderen verlieren würde. Und genau das wollte er um alle Umstände verhindern. Schweigend, mit ein wenig Wehmut in den Gliedern, verließ der 19 Jährige das Zelt. Laut gähnend streckte er sich, bevor das Frühstück für alle richtete.
 

Etwas kitzelte an der Nase. Mit diesem ersten Gedanken wachte Kazuo in dem warmen und erhellten Zelt auf. Es dauerte einige Momente bis der Halbspanier realisierte, wo er war. Neben diesem kitzelnden Gefühl im Gesicht spürte der Duellant noch eine andere Aura an seiner Seite und ein regelmäßiges Geräusch an seinem Ohr. Sofort blühte das Liebesgefühl aus dem tiefsten Inneren des Zuhörers auf. Hätte ihm jemand vor wenigen Tagen erzählt, dass er so glücklich sein werden würde, hätte er seinen Gesprächspartner für verrückt erklärt. Sachte drehte der Schüler den Kopf zur Seite und sah noch eine kleine Weile die schlafende Person an. Tobi legte zur Abwehr des Lichtes den linken Arm über die Augen. Seit dem gestrigen Abend schienen zwei Schlafsäcke mehr als überflüssig zu sein. Langsam schmiegte Kazuo seinen Kopf auf den regelmäßig steigenden und sinkenden Brustkorb des Älteren. So wäre er am liebsten für ewig liegen geblieben. Doch war ihm zugleich klar, dass es längst Zeit zum Aufstehen war. Wenige Sekunden lauschte der Rothhaarige noch den Herzschlag, bevor er sich schließlich in die Sitzposition zwang. „Wir müssen aufstehen.“, konnte der Südländer nur mit einem lauten Gähnen hervorbringen. Die Antwort darauf war ein unverständliches Grummeln des sich zusammenrollenden Braunhaarigen neben ihm. Ein glückliches Lächeln entsprang auf dem Gesicht des Jüngeren.
 

Fleißig begann der Koch aus den vorhandenen Zutaten das heutige Morgenmahl zu zaubern. Und wie so oft gelang es ihm auf Anhieb. An diesem Tag gab es Müsli mit Obst und Fruchtsaft. Da eine Kühltruhe fehlte, wurden Joghurt und Getränke in einem Wasserbecken gekühlt. Das Milchprodukt rundete das Ganze ab. André bemerkte, dass die Anderen ebenfalls aus ihren Zelten kamen. „BONJOUR! [Guten Morgen!] Greift zu! Es ist angerichtet!“, begrüßte der Halbfranzose die hungrige Meute. Ein breites Grinsen lag auf seinen Lippen. Leon gesellte sich zu gleich neben André. Diesem fiel das ungewohnte Verhalten sofort auf. Aber er beschwerte sich nicht. Im Gegenteil. Es erfreute ihn sehr. „Hier. Orangen und Kiwis in der Kombination mit Müsli sind ein echter Wachmacher!“ sprach der Kleinere den Studenten an. Dabei reichte er ihm die Schüssel mit den angekündigten Fressalien. Dankend nahm der Blauäugige an und stürzte sich sogleich darauf. Kazuo, ein klein wenig verwundert über die Zugänglichkeit von Leon, nahm sich einer der fertigen Schüsseln und machte es sich bequem. Der Rest der Truppe tat es ihm gleich. Nun saßen alle in einem Kreis und genossen die ersten Bissen des Essens. Schließlich ließ es sich auch der Koch das Frühstück schmecken. Alle sprachen nur wenig miteinander, denn sie waren zu stark mit frühstücken beschäftigt. Die Sonne stieg immer höher. Die Temperatur kletterte das Thermometer hinauf. Die Anzeige würde 25 Grad zeigen, hätte die Gruppe eins dabei gehabt. Optimale Bedingungen, um wieder an den Strand zu gehen. Nach dem Speisen räumten die Camper das Lager ein wenig auf. Professor Yuki gab dabei klare Anweisungen und in kürzester Zeit war alles Wichtige erledigt. „Ich würde vorschlagen, dass wir gegen Mittag wieder ans Wasser gehen. Dort erwartet euch eine Überraschung.“ Bei seiner Ankündigung grinste der Lehrer. Verdutzt und neugierig zugleich konnten es die vier Männer nicht erwarten. Sie setzten sich zusammen, als Jaden in seinem Zelt verschwand. „Was meint ihr? Was hat Professor Yuki vor?“
 

Der Rothaarige griff sich bei der Frage nur an den Hinterkopf. Er wusste es nicht, aber eine Sache wurde für ihn deutlich. Die Lehrkraft wusste genau, was sie tat. Das lag klar auf der Hand. Jaden brachte durch seine Methode die zwei Streithähne dazu nun normal miteinander umzugehen. Nun sprach er die ganze Gruppe laut an: „Ich weiß es nicht. Aber lassen wir uns doch einfach überraschen.“ Nach diesem Kommentar spürte Kazuo wie eine Hand seinen Kopf berührte und anfing sein Haar mit wilden Bewegungen zu zerzausen. Verwundert betrachtete er Tobi, der der Verursacher seines nun total unordentlichen Haares war: „Was sollte den das jetzt?“ „Nichts Besonderes. Mir war einfach nur danach.“, antwortete der Goldäugige darauf mit seinem üblichen Grinsen. Sofort färbten sich die Wangen des Halbspaniers rot. Zum Glück kam Professor Yuki kurz darauf in Badesachen bekleidet aus seinem Zelt und gab nur ein einfaches Zeichen, welches alle gut verstanden. Sie sollten sich auch umziehen. Es dauerte nicht lange.
 

In Badeklamotten gekleidet marschierten sie geschlossen zum Strand. Dort entdeckten die Schüler plötzlich eine Gestalt. Sie war groß und besaß einen muskulösen Körper. Der Mann hatte dunkle Haut und schwarze Haare. „Herr Hassleberry!“, schoss es André durch den Kopf. Der Grauäugige bemerkte jedoch nicht, dass er seinen Gedanken laut aussprach. Etwas überrascht über die laute Äußerung sah Kazuo erst mal kurz zu seinem Zimmerkameraden, bevor er schließlich auch den anderen Lehrer in der Runde ansah. „Was macht er wohl hier?“, dachte Kazuo sich darauf hin selbst. „Du hast Recht!“, stimmte Leon André zu. Nach wenigen Momenten stand ihr Sportlehrer vor der versammelten Mannschaft. Tyranno umarmte den Professor. „Jaden. Wie geht es dir? Ich habe alles von Yoshio erfahren.“, begann er. Und so hielten die Lehrkräfte einen kleinen Smalltalk, bis Jaden auf den Grund des heutigen Treffens zurückkam. „Hassleberry, hast du an die Überraschung gedacht?“, fragte der Professor mit geheimnisvoller Betonung seiner Stimme. Der Angesprochene nickte. Sie lächelten. „Was haben die vor?“, umkreiste es Andrés Gedanken, während er die Szenerie beobachte. „Na dann folgt mir.“, forderte Tyranno die Gruppe auf. Gemeinsam folgten sie ihm. Er führte sie von der Lagune weg. Nach wenigen Minuten zeigte der Dunkeläugige auf ein kleines Schiff, welches sich etwas entfernt vom Strand befand. „Da geht es drauf. Und von dort fahren wir ins Meer. Ich hoffe ihr könnt schwimmen.“ Bei diesen Worten verstand der Halbfranzose, was die Überraschung war. Eine Tauchtour auf dem offenen Meer stand an. Innerlich spalteten sich seine Gefühle. Zum einen freute er sich riesig darauf. Zum anderen jedoch, hatte der schwarzhaarige Europäer Angst.
 

Tauchen war also die Überraschung. So etwas hätte sich der Südländer nie träumen lassen. Er hatte ja viel erwartet, aber ganz bestimmt nicht so etwas. Es war zwar nicht sein erster Tauchausflug, aber der Letzte lag schon ziemlich lange zurück. Damals handelte es sich um eine Geburtstagsüberraschung seines Vaters. Es war einer der wenigen Male, an denen sie einen gemeinsamen Urlaub in Spanien unternommen hatten. Kurz sah er zur Seite, um zu sehen, wie Tobi auf das Ganze reagierte. Im ersten Moment stockte ihm der Atem. Ein Glänzen, welches sich in seinen goldenen Augen spiegelte, hatte er bis jetzt noch nie gesehen. Sie schienen förmlich wie Sonnenlicht zu strahlen. Doch zum reden war in diesem Moment keine Zeit. Der Rest der Gruppe war schon weiter gelaufen. Mit einem kleineren Boot ging es zum größeren Schiff. Zögerlich bestieg André das schwimmende Objekt. Das leichte Schaukeln und der tiefe Ozean verunsicherten ihn. Leon, der vor ihm war, spürte die Anspannung des Kleineren. Er drehte sich um und hielt André die Hand zur Hilfe hin. „Komm! Das schaffst du schon!“, ermutigte der blondhaarige Student den Jüngeren. Wie durch Geisterhand schöpfte der Angesprochene neuen Mut und erreichte schließlich das Deck des Schiffes. Kazuo sah dem ganzen Geschehen vom Schiff aus zu. Egal wie Professor Yuki es anstellte, damit sich die zwei Streithähne versöhnten, die Strategie funktionierte. Er konnte sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen, als er langsam zu Tobi Schritt, der immer noch mit demselben Blick an der Schiffspitze in Richtung offenes Meer sah. Irgendwie wusste er, dass es jetzt nicht an der Zeit war ein Gespräch anzufangen. Aber auch deshalb nur, damit der Rothaarige noch etwas länger dieses unglaubliche Funkeln in den goldenen Augen betrachten konnte. Tyranno stellte sich ans Lenkrad und startete die Motoren. Die Schraube begann sich zu bewegen und die Fahrt konnte losgehen. Mit lauten Motorgeräuschen entfernte sich das Schiff vom Festland. Die Schüler standen an der Spitze des fahrenden Gefährts und sahen aufs blaue Meer hinaus. Der Fahrtwind umwehte sie. Ihre Haare tanzten. Die Kleidung flatterte. Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Man konnte bald nur noch Wasser um sich herum erkennen. Doch das störte die Gruppe kein bisschen. Jeder sah auf das sich bewegende Blau und genoss den leichten Wind, sowie die Wärme der Sonne auf dem Gesicht und diesen typischen salzigen Geruch der einen zu umnebeln schien. Es war einfach perfekt. Man fühlte sich frei und unbeschwert.
 

André genoss den Augenblick. Sie fuhren dem Horizont entgegen. Auf einmal hörte man ein leichtes platschendes Geräusch. Der Halbfranzose sah sich um. Er bemerkte, dass graue Tiere ihnen folgten. Sie schwammen freudig neben dem Schiff und gaben manchmal ein quietschendes Geräusch von sich. Manche setzten zu einem Sprung aus dem Wasser an. Der Grauäugige schien der Erste zu sein, der die Lebewesen entdeckt hatte. „Schaut! Delfine!“, rief er begeistert. Sofort beugte sich der Schüler über den Rand des Schiffes, um die Meeressäuger besser sehen zu können. Ein sehr großes Tier sprang plötzlich aus dem Meer. Während es in der Luft flog perlte das Wasser von seinem stromlinienförmigen Körper ab. Der Anblick beeindruckte den Tierliebhaber. Aber André war nicht der Einzige, der sich dieses Spektakel um keinen Fall entgehen lassen wollte. Der Rest der Truppe folgte dem Beispiel des Halbfranzosen. Jeder sah den Tieren fasziniert zu.
 

Kazuo sah sich um. Sein Blick blieb wieder an dem Gesicht seines Freundes hängen. Das Gesicht strahlte neben dem typischen Lächeln und den unglaublichen Funkeln in den Augen noch etwas Neues aus. Im ersten Moment kam es dem Rothaarigen bekannt vor. Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Es war Liebe. Nichts und niemand schien dem Braunhaarigen jetzt etwas antun zu können. Dieser Augenblick ließ die Zuneigung, die der Beobachter für diese Person empfand, weiter anwachsen. Am liebsten hätte er Tobi jetzt in einem innigen Kuss gefangen. Doch da wurde er durch die Worte von André aus seinen Gedanken gelockt. „Ich glaube es sind Große Tümmler. Schau mal, was für tolle Sprünge die können!“ Die Tiere der offenen See beeindruckten die Zuschauer mit ihrem natürlichen Verhalten. Welches sich zum Beispiel in akrobatischen Sprüngen zeigte. Nach einer Stunde hielt das Schiff an. Es schaukelte leicht. Professor Yuki erschien auf dem Oberdeck. „So meine Herren. Es geht auf kleine Erkundungstour.“, dabei grinste er. Begeisterung ergriff die Schüler. Tyranno, der eine dunkle Badehose trug, erwartete sie bereits. „Hier bekommt jeder eine Taucherbrille und Flossen. Dann kann es sofort losgehen. Bleibt aber in der Nähe des Bootes. Ich habe keine Lust euch aus dem Wasser zu fischen.“ Beim letzten Satz musste er laut loslachen. Der Sportlehrer reichte ihnen die Ausrüstung. André sprang schließlich ins Meer. Es wirkte fast so, als wäre der Schüler selbst ein Delfin. Kurz nach ihm folgte Leon und Tyranno. Nach Luft schnappend winkte der Sportlehrer den Zurückgebliebenen zu. „Na kommt endlich. Das Wasser ist super!“ Durch die Worte ermutigt traute sich nun auch Jaden ins kalte Nass.
 

Nun standen nur noch Tobi und Kazuo auf dem Schiff. Kurz sahen sich Beide an und gaben sich gegenseitige eine Hand, bevor sie mit einem Sprung im Wasser landeten. Und so ging das kleine Abenteuer los. Im offenen Meer konnte man keine Korallenriffe mit ihrer einzigartigen Flora und Fauna erwarten. Man konnte noch nicht mal den Meeresboden sehen. André tauchte unter. Das Licht der Sonne brach sich an der Wasseroberfläche. Der Junge hatte das Gefühl, als würde er in eine unbekannte Welt vorstoßen. Neben sich entdeckte er Leon. Der Ältere war ein hervorragender Schwimmer. Die Beiden alberten ein wenig herum. Der Halbfranzose imitierte für einen Moment die Schwimmbewegung eines Wals. Als ihm die Luft ausging, tauchte er mit einer großen Welle auf. Dabei warf der Schüler sein nasses Haar durch die Luft. Er fühlte sich pudelwohl.

Kazuo und Tobi ließen erst nach wenigen Sekunden los, um sich so besser unter Wasser bewegen zu können. Jeder von ihnen schwebte ein wenig im Wasser. Ein tiefes Blau umgab sie. Nur ein heller Kreis an der Stelle, wo sich diese beiden Welten berührten, warf Licht in die Umgebung. Es war einfach wunderschön. Mit Hilfe der Schwimmflossen glitten die beiden Männer durch die kühle und angenehme Flüssigkeit. Doch trennten sie sich nie weit voneinander. Der Halbjapaner beobachtete nach einer Zeit den Goldäugigen, wie dieser durch das Meer schwamm. Das Haar schwebte im Wasser, als wäre es lebendig. Tobi schien gemerkt zu haben, dass er beobachtet wurde und erwiderte den Blick. Beide sahen sich so eine kleine Weile an, bis auf den Gesichtern ein warmes Lächeln erschien.
 

Am liebsten wäre Kazuo für immer an diesem Ort geblieben. Doch da war etwas was ihn davon abhielt. Er brauchte Luft. Zwar konnte er ziemlich lange die Luft anhalten, doch war nach 3 Minuten Schluss. Der letzte Sauerstoff verließ seinen Mund in Blasen und schwebte nach oben. Mit kräftigen Armzügen und Hilfe der Schwimmflossen schoss er nach oben. Als Erstes erschien eine kleine Wölbung aus Wasser an der Oberfläche. Als wollte der Wasserspiegel nicht aufgehen. Dann zerriss sie schließlich doch und ein tiefes Einatmen war zu vernehmen. Kurz darauf war ein Zweites auftauchen zu hören. Nun waren die Verliebten wieder an der Oberfläche. Doch es hielt sie nicht lange dort. Nachdem die Lungen wieder mit genügend Sauerstoff aufgefüllt waren, verschwanden sie wieder unter Wasser, um noch etwas länger diese wunderbare Welt zu genießen. Und so verging die Zeit. Nach dieser unmessbaren Zeitspanne kehrten die ersten Taucher zum Schiff zurück. Nur noch André, Tyranno und Leon waren im Wasser. Der Grauäugige tauchte wieder ab. Der Lehrer und Leon unterhielten sich an der Oberfläche. Plötzlich weideten sich ihre Augen. „SCHEIßE! ALLE AUFS BOOT!!!!“, schrie Herr Hassleberry. Als wäre der Teufel hinter ihnen schwammen beide Männer zum schützenden Boot. André bemerkte davon nichts. Er schwebte im Wasser und ließ sich treiben. Den schwarzen Schatten hinter ihm registrierte der Ahnungslose nicht.
 

Kazuo war schon lange wieder auf dem Schiff und lag mit Tobi zusammen auf einem Handtuch. Sie wärmten sich in den angenehmen Strahlen der Sonne. Keiner ahnte etwas Böses, als schließlich der Schrei des Lehrers an ihre Ohren gelangte. Sofort saßen beide in einer aufrechten Position und sahen sich kurz an. Schnell sprangen sie auf die Beine um den Grund für Herrn Hassleberrys Befehl heraus zu finden. Das Einzige was sie sehen konnten, waren zwei Personen die so schnell wie möglich zurück zum Schiff schwammen. Doch in der unmittelbaren Nähe erkannten sie den Grund für die Panik. Große Rückenflossen tauchten an der Wasseroberfläche auf. Sofort wurden die Augen des Rothaarigen riesig. Er brüllte nun auch zu den Personen im Wasser: „Beeilt euch!“
 

„Es ist so klasse im offenen Ozean zu schwimmen.“, dachte André, während er verträumt im Wasser schwebte. Auf einmal nahm er ein eigenartiges Rauschen an seinem Ohr wahr. Verdutzt sah sich der Schwimmer um.
 

„SIND ALLE DA!“, fragte Tyranno nervös. Professor Yuki prüfte die Lage. Der Professor schrie auf. „WO IST ANDRÉ!?!“ Tatsächlich. Der Halbfranzose befand sich nicht unter ihnen. Alle liefen kreidebleich an. Leon fand als Einziger die Worte wieder. „DER IST NOCH IM WASSER!“ Als wäre ein Beschützerinstinkt in ihm aktiviert worden, stürmte der Student zur Bootskante. Herr Hassleberry hielt den Voreiligen zurück. „LASS DAS! DU KANNST IHM NICHT HELFEN! NIEMAND KANN DAS!!“ „WIR MÜSSEN DOCH ETWAS TUN KÖNNEN“, bettelte der Blondhaarige regelrecht. Jaden kam dazu und schüttelten den Kopf. „Gegen diese „Wölfe der Meere“ haben wir keine Chance.“ Immer mehr Rückenflossen tauchten auf. Das Schicksal des Schülers schien besiegelt zu sein. Kazuos Gedanken überschlugen sich. Er wusste nicht was er tun sollte. Egal wie er sich hinstellte oder setzte, es war ihm total unwohl zu mute. Irgendetwas musste er doch tun können. Jede Idee die ihm einfiel half kein bisschen weiter. Es konnte doch nicht sein, dass nur zuschauen die einzige Option war.
 

Während André sich weiterhin unter der Wasseroberfläche befand, lauschte er den Geräuschen in seiner Umgebung. Er schloss dabei die Augen, um noch besser hören zu können. Neben Rauschen waren viele Pfeifgeräusche zu hören. Teilweise klangen sie sehr hell, verzerrt und knatterten. Langsam aber sicher erkannte der Duellant diese Töne. Der innere Angstpegel stieg rapide. Die Augen rissen auf und weideten sich. „OH Nein! Das sind …“ „WAS!“, schrie Leon, als er die Antwort auf Kazuos Frage hörte. Professor Yuki nickte. „Als „Wölfe der Meere“ werden nicht Haie oder andere Raubfische genannt. Es sind Wale. Mit ihrem pechschwarzen Körper lauern sie in der Tiefe um Robben, Pinguine und sogar andere Wale anzugreifen. Es sind perfekte Tötungsmaschinen. Deshalb nennt man sie auch Mörder- oder Killerwale!“ Die ersten Tiere holten Luft. Der Blas zeigte sich deutlich. Geschockt und verzweifelt zugleich verfolgte Leon das Geschehen. Man sah ihm an, dass er in dieser Situation total hilflos war. Kazuo saß zusammengekauert auf dem Boot. Er wollte und konnte nicht aufs Meer sehen. „Wie konnte so was nur passieren?“, war die einzige Frage, die sich immer wieder in seinem Kopf drehte. Da spürte er eine warme Hand auf seinen Schultern. Es war Tobi, der mit einem ernsten Gesicht die offene See sah. Man konnte auch erkennen, dass er noch nicht aufgab. Der Braunhaarige war ruhig und gelassen und begann in einem schon fast beruhigenden Ton zu reden: „Bleib ruhig. Ihm wird schon nichts passieren.“ Es war ein kurzer Satz. Er klang schon fast wie eine Feststellung. Die Panik wurde fast aus dem Kauernden herausgezogen. Nun saß er da und sah genau zu dem Geschehen. Er musste einfach dran glauben, dass seinem Kumpel nichts passieren würde. Ein sehr großes Tier, wahrscheinlich ein Männchen, schlug beim Abtauchen mit der Schwanzflosse auf die Wasseroberfläche.
 

Das Echolot der Wale kam stetig näher. Der Taucher konnte sich vor lauter Angst nicht bewegen. Aus seinem Rücken erschien schließlich ein Großer Schwertwal. Unbeeindruckt schwamm das Tier an André vorbei. Es besaß nur eine kleine Rückenflosse. „Das ist ein Weibchen. Wie groß sie ist.“ Trotz der Angst um sein Leben faszinierte ihn dieses Tier. Auf einmal drehte der Wal um und steuerte den Halbfranzosen an. „Jetzt ist es vorbei!“, war sein letzter Gedanke. Der Schwarzhaarige schloss die Augen. Auf seiner Haut merkte André die Bewegungen des Meeressäugers. Das Weibchen hatte sich auf wenige Meter angenähert. Scheinbar war es neugierig. Mit den typischen Orca-Lauten untersuchte es im Sicherheitsabstand das fremdartige Lebewesen. Zögerlich öffnete der Junge wieder die Augen. Der Wal schwebte vor ihm. Dieser Moment brannte sich in sein Gedächtnis ein. Zwei unterschiedliche Individuen sahen sich in die Augen und betrachten den jeweils Anderen. Der Augenblick war unbeschreiblich. Plötzlich verspürte der Schüler einen heftigen Schmerz. Ihm ging die Luft aus. Die Lunge hämmerte an die Brust und flehte um den lebenswichtigen Sauerstoff. Reflexartig schwamm André nach oben, der Wasseroberfläche entgegen. Sein Verhalten wurde von der Walkuh gemustert. Keuchend und hustend tauchte der Grauäugige aus der Tiefe wieder auf. Tyranno stürmte an das Lenkrad. Beim Start der Motoren krachte es laut. Das Schiff setzte sich in Bewegung. „HALTE DURCH!“, schrie Leon dem Jüngeren zu. Neben den Schüler tauchte eine schwarze Finne auf.
 

Kazuo hielt die Luft an. Nun war sein Freund so nahe. Er hoffte, dass ihm nichts passieren würde. Der Rothaarige stand auf, danach spürte er wieder die Hand des Älteren auf seiner Schulter. Es brannte eine Frage in ihm. Schnell wandte er sich an den Braunhaarigen: „Wieso bist du dir da so sicher?“ Die Antwort war anders als Kazuo gehofft hatte: „Ich habe da eine Ahnung.“ Nun war der Zuhörer verwirrt. Doch beruhigte ihn diese Antwort komischer Weise doch. Er konnte jetzt sowieso nichts machen. Nur warten und aufs Meer sehen. Völlig neben sich tat André etwas, was er wohl bei klarem Verstand nie getan hätte. Er rede auf das Tier ein. „Du bist die Leitkuh. Habe ich Recht?“ Fontänenartig atmete der Wal aus. Als hätte er dem Duellanten geantwortet. Irgendwie erschien ein Lächeln auf Andrés Lippen. „Ich tue euch nichts. … Ich liebe das Meer und seine Bewohner. … Ebenso wie euch. … Lasst ihr mich zu meinen Freunden zurück? … Bitte.“ Der schwarzweiße Wal atmete erneut. Als würde das Tier die Worte des Zweibeiners verstehen. Dann tauchte das Weibchen ab.
 

In einigen Metern entfernt tauchte die Orca-Gruppe wieder auf. Sie entfernte sich von ihm. Erleichtert atmete der Schwimmer auf. Vorsichtig schwamm er dem Boot entgegen. „ANDRÉ! KOMM. ICH HELFE DIR!“, dabei reichte Leon seine Hand. Mit einem Ruck wurde der Schüler aufs Schiff gezogen. Kazuo rannte auf ihn zu. „Alles in Ordnung? Ich bin so froh das dir nichts passiert ist.“ Schnell umarmte er seinen Zimmerkameraden. „Ich hatte solche Angst um dich. Aber warum haben sie dich auf einmal in Ruhe gelassen?“ Nun lehnte sich der Rothaarige etwas zurück, hielt sich aber mit seinen Hände immer noch an den Oberarmen fest, um dem Halbfranzosen direkt in die Augen sehen zu können. Sichtlich fiel allem ein Stein vom Herzen. In der Ferne sprangen einige Mitglieder der Walschule in die Luft. Die Frage von Kazuo schien fast jeden auf dem Schiff zu beschäftigen. „Ich glaube, die hätten mir so oder so nichts getan“, begann André, als er sich in ein kuscheliges Handtuch wickelte, dass Tobi ihm gebracht hatte, nachdem er den Schwarzhaarigen von seinem Freund befreit hatte. „Wie kommst du darauf?“, fragte Jaden verblüfft. „Nun ja. Ich weiß, dass es zwei Arten von Schwertwalen gibt. Die Einen fressen Robben, Delfine und andere Meeressäuger. Andere ernähren sich nur von Fisch. In Delfinarien werden nur Fischfresser gehalten. Und ich denke, es waren auch hier welche.“ „Du hast schon Recht, was das Fressverhalten und die Delfinarien betrifft. Aber wieso denkst du, dass hier ebenfalls „harmlose“ Fischfresser dich umkreist haben?“ Der Schwarzhaarige dachte einen Moment lang nach. „Ich vermute es deshalb, weil Rund um Japan keine Meeressäuger wie Robben oder Delfine in großer Zahl vorkommen. Die ganze Walfamilie bestand aus vielen Einzeltieren. Diese Argumente lassen mich Schlussfolgern, dass es sich um Fischfresser handelt.“ Interessiert hörten ihm die Anderen zu. Nun meldete sich Tobi auch zu Wort: „Das habe ich mir auch schon gedacht.“ Jetzt wandten sich die Blicke der Zuhörer verblüfft zu dem Redenten. Alle stellten dieselbe Frage wie aus einem Mund: „Du auch! Und warum hast du nichts gesagt?“ Bevor er antwortete sah Tobi noch den Walen hinterher. „Mich faszinierten schon immer Meerestiere. Egal welche Art davon. Gleich am Anfang hat es mich gewundert, dass es hier Schwertwale gibt. Doch eins war mir fast hundertprozentig klar. Sie konnten für den Mensch nicht gefährlich sein. Ich habe kein Wort gesagt, da falls ich mich doch irren sollte, ich euch allen nicht fälschlich das Gefühl von Sicherheit geben wollte.“
 

„Deswegen besteht dein Deck also aus Haien. Aber ist auch egal. Hauptsache der Kleine ist wohlbehalten zurückgekehrt.“ Dieser Satz stammte von Leon, der André leicht angrinste. „Du hast Recht“, stimmte Professor Yuki ihm zu. „Lasst uns zur Insel zurückfahren. Für heute hatten wir genug Nervenkitzel.“ Der Lehrer verschwand zu Tyranno, der das Schiff auf Heimkurs brachte. Während der Fahrt sah André aufs Meer hinaus. Niemals würde er die Begegnung mit dem Schwertwal vergessen. Der Wind umwehte sein halbtrockenes Haar. Die See war ruhig und die Sonne schien hell vom Himmel herab.
 

Je näher sie dem Festland kamen, umso deutlicher wurden die Konturen des Strandes, der Felsen und der Klippen. Das Wasserfahrzeug folgte einem steilen Klippenzug, der in den hinteren Teil der Insel führte. Der Kapitän steuerte die sichelförmige Bucht an. Das Schiff stoppte.

„So. An alle Passagiere! Bitte Aussteigen!“, rief Tyranno den Mitreisenden zu. Etwas verdutzt sahen, neben Leon und André, auch Tobi und Kazuo ihren Lehrer an. Als Erster fing sich der Blondhaarige und grinste. „Wenn Sie meinen!“ Der Student nahm Anlauf und sprang in die Lagune. Davon überzeugt und angestachelt folgte der Rest. Es türmten sich die Wasserfontänen. Die Schüler lachten, als sie sich gegenseitig im Wasser ansahen. Die Älteren machten den Anfang und schwammen zum Ufer. Kazuo blieb an der Seite seines Liebsten. Nur André blieb als Einziger zurück. „Wo bleibt Professor Yuki?“, fragte er sich. Der Grauäugige suchte im Wasser, sofern es überhaupt möglich war, nach einem guten Blick auf das Schiff. Erstaunlicherweise gab es tatsächlich einen solchen Punkt. Der Halbfranzose konnte direkt auf das Deck des Schiffes blicken. Seine Augen weideten sich, während die Wangen rot anliefen. Seine Aufmerksamkeit erregten die beiden Lehrer Jaden und Tyranno. Oberkörperfrei und durch die Sonne leicht gebräunt, schmiegten sich die beiden Männerkörper zärtlich aneinander. Die Hände beider berührten dabei die Hüften des jeweils Anderen. Der Zuschauer konnte es nicht direkt sehen, aber er ahnte, dass Herr Hassleberry und Professor Yuki sich küssten. Je nach dem wie der Brauhaarige den Kopf bewegte, erschien ein Teil des Gesichts des Sportlehrers. Seine Augen waren dabei geschlossen. Man erkannte sofort, dass er jede Sekunde der Zuneigung und die Nähe des Anderen sehr genoss. Die Verliebten vergaßen ihre Umgebung völlig. Scheinbar konnte sie nichts stören.
 

„Krass!“, schoss es André dabei durch den Kopf. Möglichst leise entfernte er sich vom Schiff. Das gerade Gesehene ließ ihn aber nicht los. „Wer hätte das gedacht. Professor Yuki und Herr Hassleberry. Wie zwei verliebte Teenager.“ Der Halbfranzose konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Spontan entschloss er sich ein letztes Mal in das flüssige Element abzutauchen. Erschrocken flüchteten einige, kleinere Fische, als der Duellant in ihre Unterwasserwelt erschien. André schaute ihnen nach. Während sein Körper sich von der Strömung treiben ließ, ging er seinen Gedanken nach. „Kazuo und Tobi. Die beiden Lehrer. Es überrascht mich doch immer wieder, wer wen insgeheim liebt. Die gegenseitige Liebe muss einfach wunderschön sein. Ach warum kann nicht auch Leon …“ Der Schwarzhaarige schüttelte sich. Sofort verwarf er diesen Gedanken wieder. „Vergesse es André! Leon wird vielleicht ein Kumpel bleiben. Mehr auch nicht. Zerstöre dieses klitzekleine Freundschaft durch egoistische Gedanken nicht!“ Innerlich pochte das Herz des Schülers schneller. Es schmerzte leicht. André unterdrückte seine Gefühle. Der Grauäugige wusste genau, dass er auf diese Art nie von Leon geliebt werden konnte. Doch auf die Anwesenheit des Älteren wollte und konnte er nicht mehr verzichten. Ihm würde es das Herz zerreisen, wenn er diese einzige Nähe zum blauäugigen Studenten verlieren würde. „Wieso muss Zuneigung und aufkeimende Liebe so verdammt weh tun?“, fragte sich der 19 Jährige. Er tauchte wieder auf. Nach einigen Metern erreichte André den Strand. Dort erwarteten ihn bereits die Anderen und überraschenderweise auch Professor Yuki. Langsam gesellte er sich dazu.
 

„So. Nun sind wir vollständig.“, stellte die Lehrkraft fest. Er klatschte in die Hände. „Dann auf zum Lager! Heute ist der Abbau. Es geht zur Akademie zurück!“ Jaden schritt voraus. Mit Enttäuschung im Gesicht verfolgte der Halbfranzose das Verschwinden des Lehrers zuerst mit den Augen. „Was? Schon Aufbruch. Ach nein!“. André sah zu Kazuo. Der Rothaarige konnte nur das Gefühl erwidern. Er hätte auch viel lieber noch etwas Zeit an diesem wunderschönen Ort verbracht. Sachte drehte er sich noch mal um. Mit einem leisen Rauschen kämpften sich die Wellen an den Strand. In der Ferne waren die beiden Spitzen der sichelartigen Bucht zu erkennen. Wie gerne wäre er noch etwas hier geblieben. Da spürte er etwas auf seinen Schultern. Tobi hatte seinen Arm auf diese gelegt und sah in dieselbe Richtung, wie es der Jüngere bereits getan hatte. „Der Platz wird für immer unser geheimer Ort bleiben. Irgendwann kommen wir noch mal hierher. Jetzt sollten wir aber schnellstens Professor Yuki folgen.“ Mit seinem so unglaublichen Lächeln sah er wieder zu dem Jüngeren. Dieser konnte nicht viel entgegenbringen, als ein einfaches Nicken. Sie machten sich schließlich auf den Weg zum Zeltlager. Auch Leon schien nicht begeistert zu sein.
 

„Was! Jetzt schon?“, brachte er nur hervor. André entstieg in seine Gedankenwelt. Innerlich weigerte er sich das Campen zu beenden. Der Grauäugige wusste genau, dass so die Zeit, die er mit Leon verbringen konnte, wieder auf die wenige Male, wenn sie sich in der Schule trafen, beschränken wurden. Doch genauso war dem Duellanten klar, dass dieses Erlebnis am Strand irgendwann ein Ende haben musste. Wütend und traurig zugleich presste der Halbfranzose ein Lächeln auf die Lippen. Seine wahren Emotionen unterdrückte er krampfhaft. „Kopf hoch! Es war doch eine tolle Zeit. Kommt wir beeilen uns.“ Er stürmte los. „Wer zuletzt kommt, der muss die meisten Sachen tragen.“ Ein Lachen ertönte. „Hey! … Na warte! Ich werde es bestimmt nicht sein!“, erwiderte Leon. Das Sportass rannte ebenfalls los. André blickte zurück. „Ach wenn dieser Strandausflug, diese angebliche Strafe für ewig wäre. …“, schlich es in seine Gedanken. Er hoffte, dass es keiner mitbekam. Doch tiefe Traurigkeit übermannte ihn. Der unglücklich Verliebte versuchte die Momente, die er mit Leon verbringen konnte, zu genießen. Doch die bittere Wahrheit, dass aus Zuneigung niemals gegenseitige Liebe werden konnte, stach immer wieder auf sein schmerzendes Herz ein. Das Rennen zum Lager machte ihm zwar Spaß, aber richtig freuen konnte sich der Schüler nicht. Der Rothaarige sah nur den beiden Rennenden hinterher. Ihm war jetzt nicht nach einem Wettlauf. Schnell ergriff er die Hand von Tobi. „Lass uns den Weg genießen. Die Beiden hatten schon mehr als genug zum Tragen, als wir hier ankamen. Da können wir beim Rückweg auch mal etwas mehr schleppen.“ Als Antwort gab es nur ein einfaches Drücken der Hand und wieder das Lächeln, in das sich Kazuo von Anfang an verliebt hatte. Langsam folgten sie den anderen Duellanten, die schon längst außer Sichtweite waren.

Irgendwie war es absehbar. Die Nachzügler Kazuo und Tobi waren die Gepäckträger.
 

André bemerkte, wie der Halbspanier einen schweren Rucksack auf einen Zweiten trug. „Der Arme. Das kann ich mir ja nicht anschauen.“, stellte er bemitleidend fest. „Hey Kazuo! Ich nehme dir den ab!“, rief der Schwarzhaarige ihm zu. „Nix da. Ich habe das Rennen verloren und trage das jetzt. Außerdem hast du auf dem Herweg wesentlich mehr getragen.“, antwortete der Südländer darauf. Mit einem selbstsicheren Blick Betrachtete er seinen Freund. „Hoffentlich lässt er jetzt nach.“, ging es nur durch seinen Kopf. „Verweigern gibt es nicht! Jetzt rück diesen Rucksack raus!“, gab André bestimmend zurück. Der Angesprochene seufzte. Er überreichte widerwillig das Gepäckstück. In kurzer Zeit war die Truppe abmarschbereit. Das Bild hatte sich kaum geändert. Zwar besaß Kazuo mehr zu tragen als beim ersten Mal, aber André machte seinen Titel: „Europäischer Packesel“ alle Ehre. Der Halbfranzose trug sogar etwas mehr. Seine scheinbare Hilfsbereitschaft sollte nur von dem wahren Grund ablenken. Der Junge mutete sich so viel zu, um die Last in der eigenen Seele vergessen zu können. Jaden ergriff das Wort. „Also dann! Duell-Akademie wir kommen!“ Mit diesem Schlachtruf machte sich die Gruppe auf dem Heimweg. Nach einiger Zeit erreichten sie den Aufstieg zum höher gelegenen Plateau. Er war lang und sehr steil. Alle kamen dennoch zügig voran. Nur einer blieb plötzlich stehen. Es war André.
 

Kazuo sah besorgt hinter sich, als er merkte, dass sein Kumpel immer mehr zurückblieb. Ihm war es nicht geheuer, dass wegen ihm sein Zimmerkamerad so viel zu tragen hatte. Gerade wollte er zurückgehen und ihm helfen da gab André seinerseits eine Antwort. „Alles ok!“, schnaufte er. Der Schüler hatte das Gewicht des Gepäcks deutlich unterschätzt. Mühselig setzte der Europäer einen Fuß vor dem Anderen. Selbst Schnecken schienen schneller zu sein. „Jetzt mach André! Wir kommen sonst zu spät in der Duell-Akademie an!“, drängelte Jaden. Schweiß zeichnete sich auf der Stirn des Jüngeren ab. „Man! Muss dieser Aufstieg so blöd steil sein!“, fluchte der Schwarzhaarige innerlich. Er wollte es nicht. Aber man sah ihm an, dass er seine ganze Kraft aufbieten musste, um mindestens einen Schritt zu gehen.
 

Der Rothaarige konnte sofort erkennen, dass André nicht die Wahrheit gesprochen hatte. Noch mehr von Schuldgefühlen geplagt, blieb er einen kurzen Moment stehen. „Ich muss ihm helfen. Das kann man ja nicht mit ansehen, wie er sich quält.“, beschloss er innerlich. Gerade wollte er wieder herabsteigen, als schon jemand anderes an ihm vorbei lief. Leon gesellte sich zum Kleineren. Er hatte schneller als Kazuo auf die Situation reagiert. Der Grauäugige bemerkte ihn nicht. Er stellte gerade für sich selber fest, dass er einen Punkt erreicht hatte, an dem seine Kraft versagte. Der Schüler blieb stehen. „Brauchst du Hilfe?“, fragte Leon ihn grinsend. Erst jetzt bemerkte André ihn. Verlegen spielte er dem Blondhaarigen etwas vor. „Nein, … ich ruhe mich gerade nur kurz aus.“ Doch für Leon war klar, dass der Jüngere ihm gerade etwas vorgaukelte. „Du steckst doch fest!“, antwortete er. „Das Stimmt nicht! Jetzt lass mich!“, entgegnete André. In seiner Stimme schlich sich ein ungewollter, gereizter Ton ein. Der Student hob eine Augenbraue an. „OK. Wenn Monsieur [der Herr] nicht will.“, und drehte sich mit diesen Worten um. Der Duellant realisierte das und biss auf die Zähne. „Verdammt. ANDRÉ, stell dich nicht so an!“ „Äh, … Leon! …“, sprach André den Studenten wieder an. Der Angesprochene blickte zurück.
 

„… Ich kann nicht weiter. Ich … ich stecke fest.“, brachte der Halbfranzose zögerlich heraus. Seine Wangen verfärbten sich vor Scham rot. Er wich dem Blick des Blauäugigen aus und senkte den Kopf. Lächelnd kam der 25 Jährige zu ihm. Mit seiner linken Hand hob er das Gesicht des Beschämten an. Ihre Blicke trafen sich erneut. „Willst du gezogen oder geschoben werden?“, fragte er. Seine Lippen grinsten frech. Die Röte im Gesicht des Gefragten wurde immer intensiver. „Das ist so peinlich!“, schwirrte es in dessen Gedanken. Leons Frage blieb unbeantwortet. „OK. Schon verstanden!“, brachte er hervor. Der Blondhaarige stieg weiter herab und stellte sich hinter den Stummen. Mit leichtem Druck schob er André an. Der Aufstieg konnte fortgesetzt werden. Kazuo konnte sich ein eigenes Lächeln nicht verkneifen. Die Situation war einfach zu unglaublich. Vor nicht mal drei Tagen hatten sich die Zwei auf Teufel komm raus bekriegt. Und jetzt wird der eine vom andern bergauf geschoben. Egal ob es von Anfang an so geplant war oder nicht, eins wusste der Rothaarige mit Sicherheit. Ohne diesen Ausflug wäre es dazu nie gekommen. Kazuo entwickelte noch mehr Hochachtung gegenüber seinem Lehrer. Wer so was planen konnte, hatte auch Achtung und Respekt verdient. Zufrieden drehte er sich wieder nach vorne um. Seinem Freund wurde geholfen und jetzt musste er sich weiter auf seinen eigenen Aufstieg konzentrieren.
 

„Das ist so peinlich! … Oh mein Gott! … Einfach so peinlich! …“, dieser Gedanke verfolgte den Schüler, selbst als die Gruppe den Zugang zum Meer bereits hinter sich gelassen hatten. Die Verfärbung seines Gesichts machte alles nur noch schlimmer. Am liebsten wäre der Halbfranzose in Grund und Boden versunken. Der Weg zur Akademie war zwar nicht mehr schwierig, aber für den vor Scham Sterbenden eine einzige Qual. Leon ist an Andrés Seite geblieben. Sie fielen etwas zurück. Professor Yuki drehte sich immer wieder um. „Geht es nicht schneller?“, entwickelte sich zu seiner Standardfrage, die immer mit einem „Ja, Herr Professor“, beantwortet wurde. Kazuo und Tobi gingen hinter der Lehrkraft und hielten das Schritttempo ein. André fiel kontinuierlich Zentimeterweise zurück. Bis Leon dem Lehrer einen Vorschlag zurief. „Professor! Gehen Sie mit den Anderen vor. Ich bleibe bei dem Kleinen. Es ist ja nicht mehr weit.“ Die Gruppe hielt an. Jaden hob die Augenbrauen und dachte anschließend nach. „Eigentlich darf ich die Aufsichtpflicht nicht vernachlässigen. Aber, …“ Der Braunhaarige kratzte sich am Kopf. „… In Ordnung! Wenn ihr euch nicht wieder zankt habt ihr meine Erlaubnis!“, antwortete er schließlich Leon. Dieser nickte. „Kazuo und Tobi! Abmarsch!“, befahl der Erwachsene. Im Eiltempo schritt der Lehrer wieder voran. Kazuo folgte seinem Lehrer. Doch drehte er sich noch einmal um. Er hob die Hand und rief zu seinem Zimmerkameraden: „Pass auf dich auf. Ich warte auf dich in unserem Zimmer.“ Breit grinsend drehte er sich wieder nach vorne. Er beschleunigte kurz seine Schritte, da Jaden schon etwas zu weit voraus gegangen war. „OH NEIN!“, dachte André. „Das ist nicht gut. Leon mit mir allein in der Pampa. Das kann ja witzig werden!“
 

Der Schüler schluckte schwer, bevor er seinen Weg in Begleitung des Studenten fortsetzte. Die Anderen verschwanden relativ schnell aus dem Blickfeld des Halbfranzosen. Beide Männer schwiegen. Die Minuten verstrichen. Doch auf einmal fing Leon an zu erzählen. „War doch eine gute Idee. So sparst du dir deine Kraft und ermüdest nicht so schnell.“ „Ja. Schon.“, brachte André knapp hervor. Unbeeindruckt redete der Ältere weiter. Dabei verschränkte er die Arme hinter dem Kopf. „Diese Strafe war echt seltsam. Aber sie hat mich dich besser kennen lernen lassen. Aber irgendwie bist du ein komischer Kauz. Mal total glücklich und freundlich und dann wieder so mürrisch und abweisend. Was ist den heute mit dir los?“, hakte der Blauäugige nach. Er brachte es so selbst verständlich und locker rüber, dass es André unangenehm wurde. „Was soll ich sagen? Das ich ihn liebe und mein Verhalten von vorhin megapeinlich fand.“, dachte er gedankenverloren nach. Plötzlich legte Leon seine rechte Hand auf Andrés schwarzes Haar. Mit wilden Bewegungen legten sich die Haare in sämtliche Himmelsrichtungen. Die Aktion weckte den Grübelnden auf. „Hey! Was soll das?“, fragte André den Deutschen leicht erzürnt. „Endlich wieder wach?“, lachte Leon zurück. Verunsichert sah der Grauäugigen seinen Gesprächspartner an.
 

„Irgendwie bist du für dein Alter wie ein kleines Kind. Könnest mein jüngerer Bruder sein. Und um deine Frage zu beantworten: Ich find dich echt in Ordnung und unter Freunden macht man das eben.“ Wärme. Angenehme Wärme breitete sich bei diesen Worten in Andrés Körper aus. „Freunde?“, fragte er Leon. Dabei begannen seine Augen zu glitzern. „Ja. Ab heute gehörst du zu meinen Freunden. Wir Straßburger halten doch zusammen!“ Mit einer schnellen Bewegung nahm der Ältere den Schüler in den Schwitzkasten und rieb nochmals an seinen Haaren. Mühsam kämpfte sich André aus dem Klammergriff und holte erstmal Luft. Die Gestik des Duellanten brachte Leon zum Lachen. Die Stimmung steckte an und auch der Halbfranzose musste loslachen. In diesem Moment vergaß er eine Tatsache komplett. Den genau diese menschliche und warmherzige Art, die der sonst so hitzige Student an den Tag legte, war genau das, was André an seinem Gegenüber schon immer vermutet hatte und deshalb liebte. Und das setzte ihm zum Glücksgefühl tiefe Stiche in sein betrübtes Herz. Die Stunden vergingen. Die Abendröte zeigte sich schon deutlich. Da erschienen in der Ferne zwei Gestalte. Es waren André und Leon. Auch sie erreichten endlich die Duell-Akademie. Professor Yuki nahm sie im Empfang.
 

„Da seid ihr ja. Wie ich sehe ist alles gut verlaufen. Oder gab es Stress?“ Die Frage des Lehrers wurde durch ein Kopfschütteln beider Männer beantwortet. Zufrieden nahm der Braunhaarige André einige Gepäckstücke ab. „Na dann. Geht auf eure Zimmer. Morgen geht die Schule wieder los. Ihr müsst fit sein, denn es gibt einigen Stoff nachzuholen. Vor allem bei Professor Rhodes.“. Als er von seiner Kollegin sprach musste Professor Yuki laut loslachen. Doch den beiden Schülern war durchaus klar, was sie morgen erwartete. Seufzend und müde trennten sich ihre Wege. Die Duell-Akademie hatte sie wieder.
 

Der nächste Tag begann und endete schleppend. Auch die darauf folgenden kamen und gingen. Allmählich lief der Schulalltag wieder an. Die Themengebiete der einzelnen Unterrichtsfächer komplizierten sich stetig. Da waren klare Gedanken unablässig. Vor allem Professor Rhodes zog ein Lerntempo an, wie es Kazuo und André noch nie erlebt hatten. Die Zeit verstrich. Die „Bestrafung“, deren Austragungsort die Sichelbucht der Insel war, lag auch schon wieder einige Wochen zurück. In dieser Zeit besuchte Tobi als Einziger des ehemaligen Viergespanns die beiden Duellanten. Oder Kazuo verschwand für den ganzen Tag bei dem Braunhaarigen. Wehmütig verfolgte der Halbfranzose diese Entwicklung. Sein einsames, nach Liebe trachtendes Herz sehnte sich nach Nähe. Eine angenehme Nähe, die nur der blonde Student ihm geben konnte. Doch aus purer Angst vor dem, was geschehen könnte, unterdrückte der junge Mann seine Gefühle. Ein neuer Tag begann.

Typisch für die Sommerzeit, strahlte die Sonne vom himmelblauen Erdendach. Die Temperaturen hielten sich konstant auf 26 Grad Celsius. Die Freunde durchquerten die Grünanlagen. Mitten im Gespräch erweckte ein Lachen die Aufmerksamkeit des grauäugigen Europäers. Es war Leon, der es sich mit seiner Clique in dem vielen Grün gemütlich machte. Wie angewurzelt blieb André stehen.
 

Kazuo sah überrascht zurück. Wie eine Statue stand sein Freund da und sah in eine bestimmte Richtung. Als er erkannte wohin der Blick des Halbfranzosen ging, wusste er sofort den Grund für diese Reaktion. Langsam Schritt er zu seinem Freund zurück. Ihm war schon in geraumer Zeit aufgefallen, dass André etwas verborgen hielt. Er war nicht mehr so fröhlich wie früher und verschwand immer häufiger in seinen Gedanken. „Geh doch zu ihm. Er wird dir schon nichts tun. Außerdem würde sich Leon bestimmt auch freuen. Also trau dich. … André? … Hallo? Jemand zuhause?“ Ein leichter Seufzer entglitt dem Rothaarigen. Daraufhin erhob er seine Hand. Nur eine Sache half in dieser Situation und das war eine Berührung. Die Worte seines Zimmerkameraden nahm André überhaupt nicht wahr. „Ach Leon. Wieso kann aus uns nie mehr als Freundschaft werden. Es wird immer schwerer meine Gefühle für dich zu kontrollieren. Jede Sekunde, die ich ohne dich verbringe, macht mich regelrecht wahnsinnig. Der Herzschmerz treibt mich in deine starken und beschützenden Arme. Aber ich weiß, dass es nur Wunschdenken und keine Realität ist. Dennoch …“ Die Berührung von Kazuos Hand auf seiner Schulter rüttelte den Träumer wieder auf. „Äh … Ja Kazuo? Was ist?“, fragte er irritiert.
 

Der Grünäugige sah direkt in die Augen seines Freundes. Er wusste was in André vorging. Ein leichter Seufzer entglitt zum zweiten Mal über seinen Lippen: „Warum machst du es dir so schwer? Seine Gefühle sollte man nicht unterdrücken. Davon wird man nur krank. Ich weiß, dass es nicht einfach ist. Trotzdem solltest du was tun, nur zusehen hilft dir nicht und ich glaube das ist dir auch klar.“ Die Worte endeten mit einem freundlichen Lächeln. Er machte sich Sorgen um seinen besten Freund und er konnte es einfach nicht mehr ertragen, wie sich sein Kumpel so quälte. André wendete den Kopf ab und schwieg. Die Wangen des Schülers verfärbten sich bei diesen Andeutungen. „Ich kann Kazuo nichts vormachen. Er weiß genau, was ich für Leon fühle. Aber ich kann sein Mitleid nicht ertragen.“ Er biss die Zähne zusammen. Noch ehe der Halbjapaner etwas sagen konnte, schaute der Schwarzhaarige ihn erneut ins Gesicht. Seine Augen drohten seinem Gegenüber. Erschrocken von der Mimik ließ Kazuo die Schulter seines Gegenübers los. Verwirrt sah er ihn eine Zeit lang an, bis sich seine eigenen Gedanken wieder geordnet hatten. „Du weißt, dass ich mir nur Sorgen um dich mache. Ich möchte nicht, dass du dich selbst kaputt machst. So was könnte ich nicht ertragen.“, antwortete der Rothaarige, mit der Hoffnung das André seine Besorgnis verstand. „Lass mich für einen Moment allein.“, gab der Halbfranzose mit genervter Stimmlage als Antwort zurück. Sein Kumpel legte erneut eine Hand auf André Schulter. Der Grauäugige befreite sich von ihr: „Lass das! Ich will jetzt allein sein!“ Mit diesen Worten drehte er sich um. Rennend entfernte sich der Schüler vom Schauplatz.
 

Sein plötzliches Verschwinden blieb nicht unbemerkt. Einer der Zuschauer stand auf und eilte ihm nach. Weit abseits des Schulgebäudes blieb André an einem Baum stehen. Der Stamm besaß einen beeindruckenden Umfang und vermittelte dadurch das Bild eines alten, standhaften Riesen. Der Schüler lehnte sich mit dem Rücken an den pflanzlichen Giganten. Zugleich fühlte er sich, trotz innerer Zerrissenheit, geborgen. Im Wind tanzte sein pechschwarzes Haar.
 

SHOW ME THE MEANING OF BEING LONELY
 

SO MANY WORDS FOR THE BROKEN HEART

IT'S HARD TO SEE IN A CRIMSON LOVE

SO HARD TO BREATHE

WALK WITH ME AND MAYBE ...
 

André blickte zum Himmel. Am blauen Firmament erschien das lachende Gesicht von Leon. Die Augen des Schülers zitterten. Erinnerungen spielten sich wie auf einer großen Leinwand ab. Der Junge verfolgte diese Bilder, die sich vor ihm zeigten.
 

NIGHTS OF LIGHT SO SOON BECOME

WILD AND FREE, I COULD FEEL THE SUN

YOUR EVERY WISH WILL BE DONE.

THEY TELL ME ...
 

SHOW ME THE MEANING OF BEING LONELY

IS THIS THE FEELING I NEED TO WALK WITH?

TELL ME WHY

I CAN'T BE THERE WHERE YOU ARE

THERE'S SOMETHING MISSING IN MY HEART
 

Das Gesicht des Älteren verschwand. Der Duellant senkte betrübt den Kopf. Der Halbfranzose entfernte sich in langsamen Schritten vom Baum. Er durchstreifte die Wiesen am Rande des Waldes. Sein Kopf senkte und erhob sich ständig. Sein Blick ruhte daher entweder auf dem grünen Gras und den bunten Blumen oder dem tiefblauen Meer. Unaufhörlich umwehte die Luft sein Haar und seine Kleidung. Kein Gedanken konnte sich materialisieren. Der innere Schmerz seines Herzen stieg stetig. Der Duellant schloss die Augen.
 

LIFE GOES ON AS IT NEVER ENDS

EYES OF STONE OBSERVE THE TRENDS

THEY NEVER SAY FOREVER GAZE IF ONLY

BEAUTY ROADS TO AN ENDLESS LOVE (ENDLESS LOVE)

THERE'S NO CONTROL

ARE YOU WITH ME NOW?

YOUR EVERY WISH WILL BE DONE

THEY TELL ME ...
 

SHOW ME THE MEANING OF BEING LONELY

IS THIS THE FEELING I NEED TO WALK WITH?

(TELL ME WHY) TELL ME WHY

I CAN'T BE THERE WHERE YOU ARE

THERE'S SOMETHING MISSING IN MY HEART
 

Als André wieder seine grauen Augen öffnete, ruhte sein Blick auf dem weiten Ozean. Vor ihm entdeckte er eine Möwe. Der Seevogel schlug mit seinen Flügel. Dann ließ sich das Tier auf den Luftströmen treiben. Die Flugrichtung führte zum endlosen Horizont. In Andrés bereits feuchten Augen zeichneten sich die ersten Tränentropfen an.
 

THERE'S NOWHERE TO RUN

I HAVE NO PLACE TO GO

SURRENDER MY HEART, BODY AND SOUL

HOW CAN IT BE YOU'RE ASKING ME TO FEEL

THE THINGS YOU NEVER SHOW?
 

Plötzlich spürte der Duellant die Anwesenheit einer weiteren Person. Er sah sich nach links um. Etwas abseits stand Leon. Überrascht und geistesabwesend zugleich trafen sich die eisblauen und nebelgrauen Augen der beiden Männer. Auch hier umspielte der Wind das Geschehen und ließ die Haare der Zwei unkontrolliert tanzen.
 

YOU ARE MISSING IN MY HEART
 

In André herrschte ein Machtkampf. Kopf und Herz bekämpften sich gegenseitig. Beide Gefühlszentren fochten aus, wer jetzt die höhere Priorität hatte. Die innere Zerrissenheit machte den Halbfranzosen handlungsunfähig. Leon sprach ihn an. „Was ist los? Was hast du André?“ Mit einem besorgten Gesicht kam der Student auf ihn zu.
 

TELL ME WHY

I CANNOT BE THERE WHERE YOU ARE
 

Panik erfüllte den Körper des Jüngeren. Die Wassertropfen in den Augen bildeten schließlich Tränenlinien, die sich zu kleinen Bächen vergrößerten. Noch ehe Leon reagieren konnte, rannte der Schwarzhaarige blitzartig in Richtung Wald. Die sich bewegende Luft trug einige Tränentropfen mit sich. Leon rief ihm nach: „ANDRÉ!“
 

SHOW ME THE MEANING OF BEING LONELY

IS THIS THE FEELING I NEED TO WALK WITH?

(TELL ME WHY) TELL ME WHY

I CAN'T BE THERE WHERE YOU ARE (WHERE YOU ARE)

THERE'S SOMETHING MISSING IN MY HEART
 

So schnell André konnte, stürmte er in das dichte Unterholz. Die herabhängenden Zweige peitschten in sein Gesicht und zerkratzten es.

„Es tut so weh. Warum nur du!?! Warum ausgerechnet du, Leon!?!“ Der Schüler rannte ohne Pause weiter. Auf einmal erschien sein Duellgeist neben ihm. Das pferdeähnliche Wesen galoppierte im selben Tempo an der Seite seines Besitzers. Der Schüler sah es mit getrübten Augen an.
 

SHOW ME THE MEANING OF BEING LONELY

IS THIS THE FEELING I NEED TO WALK WITH?
 

Ohne zu wissen, wie es dazu kam, befand sich der Duellant mit dem nächsten Augenaufschlag auf dem Rücken des Einhorns. Gemeinsam ritten sie durch den Wald. Das Tier wich gekonnt den Bäumen und anderen Hindernissen aus. Die Bewegungen des Duellgeistes schienen für den Betrachter elegant und lautlos zu sein. André hielt sich an der Mähne fest. Fliegende Wassertropfen markierten ihren Weg.
 

(TELL ME WHY) TELL ME WHY

I CAN'T BE THERE WHERE YOU ARE (WHERE YOU ARE)
 

Nach einiger Zeit erhellte Licht die Umgebung. André schloss die geblendeten Augen. Als er sie wieder öffnete, stand das Einhorn auf einer Lichtung. Tiefgrünes Gras bedeckte sie. Blumen, mit ihren unterschiedlichen Farben, stachen als einzelne Farbtupfer aus diesem grünen Meer aus Gras heraus. Schmetterlinge flatterten in der Luft. Das Licht der Sonne umschloss diese kleine Oase und grenzte sie vom restlichen, dunklen Wald ab.
 

THERE'S SOMETHING MISSING IN MY HEART
 

Kraftlos ließ sich der Grauäugige ins Zentrum dieses Ortes fallen. Mit geschlossenen Augen setzte er sich auf. Der Duellgeist hatte sich neben ihm gelegt und stützte den tieftraurigen Jungen mit seinem eigenen, weißen Körper.
 

Kazuo hatte verwirrt dabei zugesehen wie André, dicht gefolgt von Leon, davon rannte. Er wollte sich dabei nicht einmischen. Außerdem war es so die beste Möglichkeit, dass diese Sache ein für alle Mal geklärt werden konnte, wenn beide sich miteinander auseinander setzten. Gerade wollte er sich wieder umdrehen, da spürte er etwas an seiner Schulter. Das Gefühl kam ihm bekannt vor. Als er dann noch einen Kuss an seinem Hals spürte, wusste der Rothaarige sofort, wer hinter ihm stand. Schnell drehte er sich um und sah daraufhin in die zwei goldenen Augen. „Na wie war dein Tag?“, fragte daraufhin Tobi. Der Halbspanier antwortete sofort: „Eigentlich gut. Nur ist gerade André weggerannt und Leon hinterher. Hoffentlich passiert ihnen nichts.“ Eine leichte Berührung spürte Kazuo auf seiner Wange. Tobi hatte ihn sachte darüber gestrichen. „Du bist immer so einfühlsam. Ihnen wird schon nichts passieren. Außerdem ist Leon ja da. Der wird auf André aufpassen. Du weißt doch noch, dass er schon einmal fast ins Meer mit Schwertwalen gesprungen wäre, um den Kleinen zu retten.“, beruhigte der Braunhaarige die Person in seinen Armen. „Du hast ja Recht.“
 

Gerade wollten die Beiden sich auf den Weg zu den Unterkünften machen, da hörten sie Rufe: „Kazuo, Tobi! André ist in den Wald gerannt. Ich kann ihn nicht mehr finden!“ Es war Leon. Erschrocken drehte sich das Pärchen wieder um. Schwer atmend stand der Blonde vor den Zwei. „Was sollen wir tun?“, fragte er verzweifelt. Kazuo, selbst von der Situation überrascht, konnte kein Wort raus bringen. Tobi ergriff das Wort: „Wir suchen zu dritt. Dann werden wir ihn schon finden. Zeig uns wo du ihn aus den Augen verloren hast.“ Als alle drei Duellanten losgehen wollten, ertönte plötzlich die Lautsprecher: „Tobi Schäfer. Herr Tobi Schäfer. Bitte melden Sie sich im Rektorat.“ Verwirrt sah die angesprochene Person zu den Lautsprechern. „Es ist bestimmt nichts Schlimmes. Ich komme nach. Keine Angst, ich werde euch schon finden.“ Mit diesen letzten Worten rannte der Braunhaarige in Richtung Schulgebäude. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, führte Leon den Halbjapaner zur Stelle, wo André in den Wald verschwand. Die Suchenden kamen in wenigen Minuten am Waldrand an. Die Wand aus Grün und Braun schien unendlich zu sein. „Hier rein ist er gelaufen?“ fragte Kazuo den Älteren etwas verwundert. Dieser konnte nur zustimmend nicken. „Da brauchen wir noch etwas Hilfe. Alleine finden wir ihn bestimmt nicht.“ Ohne eine weitere Begründung öffnete der Rothaarige seine Weste. Ein starker Wind schien von seinem Körper aus zu kommen. Es dauerte nicht lange und schon standen alle seine Geisterfreunde bei ihm. Exodis, die drei Batteriemänner AA, der Feuerkobold, ein Humanoider Reisender und noch ein paar weitere Kreaturen. Ohne ein weiteres Wort schwärmten sie in alle Richtungen aus. Sie wussten genau, was sie tun sollten. „So jetzt fangen auch wir an zu suchen. Wie werden ihn schon finden.“ Nach diesen Worten zeichnete sich ein selbstsicherer Gesichtsausdruck bei dem Halbspanier. Leon stand nur verwirrt neben ihm und wusste nicht so recht, was gerade passiert war. Gemeinsam betraten sie den Wald und begannen mit ihrer Suchaktion.
 

Langsam wachte André auf. Verschlafen schaute er sich um. Zuerst fragte sich der Schwarzhaarige, wo er sich gerade befand. Doch schnell holten ihn die Erinnerungen wieder ein. Traurig kauerte sich der Junge an seinen Duellgeist. Das pferdeähnliche Wesen lag neben ihm und sah seinen Besitzer an. Der Schüler erhob seine linke Hand. Sanft streichelte er den Kopf des Einhorns. „Mein Freund. Du hältst selbst in der finstersten Stunde zu mir. Ich habe dich so lieb.“ André schloss die Augen. Unter den geschlossenen Lidern flossen die Tränen. Das Haupt des Fabelwesens drückte sich an die Stirn des Duellanten. Auf seine Art und Weise spendete es der armen, betrübten Seele des jungen Mannes Trost. Um sie herum erfreuten sich die Schmetterlinge auf der Wiese und die Vögel in den Kronen der Bäume über das lebenspendende Licht der Sommersonne. Die kleine Lichtung glich einer Oase, in der man seine Sorgen und Ängste vergessen konnte. Nach einiger Zeit setzte sich der Halbfranzose wieder auf. Mit ruhiger Stimme sprach er mit seinem Duellgeist. „Weißt du. Ich erkenne mich seit einiger Zeit selbst nicht mehr wieder. Ständig taucht Leon in meinen Gedanken auf. Mittlerweile weiß ich, dass ich ihn liebe. Aber er ist erst seit kurzem ein Freund. Er wird mich hassen, wenn raus kommt, dass ich für ihn mehr empfinde als nur Freundschaft. Dann habe ich überhaupt nichts mehr von ihm. Es ist doch alles nur hoffnungslos.“ In Verzweiflung, Frust und Trauer gefangen krallten sich die Finger des Grauäugigen in das schwarze Haar. „Was soll ich nur tun?“, bebte seine Stimme. Wieder musste der Junge weinen. Es heißt, dass Einhörner kein Mitleid kennen würden. Doch der Duellgeist von André spürte wie sehr sein Besitzer unter Herzschmerzen litt.
 

Aufmunternd legte es seinen Kopf auf die Schulter des Schülers. Es holte André aus seiner Gedankenwelt zurück. Glücklich und voller Dankbarkeit umarmte der Junge den Hals des Fabelwesens. „Danke, mein Freund!“ Auf einmal stand das Einhorn auf. Seine Ohren zuckten in sämtliche Richtungen. Scheinbar hörte es etwas. Verdutzt verfolgte der Schwarzhaarige das Verhalten des Duellgeistes. Nach kurzer Zeit schaute es seinen Besitzer wieder an. „Was hast du?“, fragte André verunsichert. Wie durch ein Signal begann das Tier wie ein Hund um den Schüler zu springen. Es verhielt sich sehr ungewöhnlich. „Was ist mit dir?“, fragte der Duellant immer öfter. Plötzlich zeigte das Einhorn in eine Richtung und trabte los. Sein Horn leuchtete silbern auf. „Hey! Einhorn! Warte!“, schrie André ihm nach. Er folgte ihm. Während sie die Lichtung entlang rannten, öffnete sich der Wald. Eine schmale Schneise entstand. Mit dem nächsten Augenaufschlag befand sich André wieder auf den Rücken des Duellgeistes. Das schneeweiße Wesen galoppierte los. Sein Tempo stieg stetig an. Der Wald wurde lichter. Gras breitete sich aus. Die Klippe der Insel erschien. „Was tust du?“, rief der verängstigte Duellant dem Tier zu. Er klammerte sich an der Mähne fest. Das Einhorn rannte ungebremst weiter. Der Schüler schloss die Augen. Das pferdeähnliche Wesen sprang von der Kante der Klippe ab. „Jetzt ist alles vorbei!“, dachte der Grauäugige.
 

Doch auf einmal hörte er das Schlagen von Flügel. Er öffnete die Augen. Unter ihm breiteten sich die Insel und das umgebende Meer aus. Sein Duellgeist hat auf magische und unerklärliche Weise Flügel bekommen. Gemeinsam flogen sie durch die sommerliche Luft. Der Wind blies in Andrés Gesicht. „Einhorn! … Das ist ja unglaublich!“, mehr brachte er in diesem Moment nicht heraus. Er konnte es nicht glauben, was er sah. Sie folgten der felsigen Klippe der Duell-Akademie-Insel. Der zuvor tieftraurige Junge verspürte eine angenehme Kraft in ihm. Die Begeisterung an dem Flug stieg. Mutig ließ er die Mähne des fliegenden Einhorns los. Mit ausgestreckten Armen konnte der Halbfranzose meinen selbst auf den Luftströmungen zu treiben. Ein Jubelschrei ertönte. Zustimmend wieherte der Duellgeist. Sie überquerten das Wäldchen in dem sie noch vor wenigen Minuten waren.
 

Kazuo hatte jetzt schon eine geschlagene Stunde damit verbracht, sich einen Weg durch den Wald zu kämpfen. Trotzdem kam es ihm so vor, als wäre er nur wenige Meter vom Waldrand entfernt. Nichts wies darauf, dass sein Freund kurz vorher an dieser Stelle in den Wald gelaufen war. Entweder war er unglaublich blind oder er suchte an den falschen Plätzen. Keine abgebrochenen Äste oder sonst irgendwelche Zeichen waren zu finden. Langsam bezweifelte er, auch nur ein kleines Anzeichen zu finden. Nicht mal seine anderen Freunde, neben Leon, hatten sich auf irgendeine Weise gemeldet. Da hörte Kazuo ein vertrautes Geräusch, was immer näher an ihn heran kam. Schnell drehte sich der Rothaarige in die Richtung, woher er das Geräusch vermutete. Nach wenigen Augenblicken tauchte auch schon eine kleine Gestalt im dichten Wald auf. Es war einer der drei Batteriemänner. Ganz aufgeregt schwirrte die kleine Kreatur um den Kopf des Südländers. Dieser musste nicht lange überlegen. Er wusste genau, was ihm der Duellgeist sagen wollte. „Wo lang?“, fragte er nur kurzer Hand und folgte dem kleinen surrenden Ding, was sofort voraus flog. Es dauerte nicht lange, da stand Kazuo wieder am Rand des Waldes. Zu seiner Überraschung war er wirklich nicht weit vom Startpunkt der Suchaktion entfernt gewesen. Doch egal in welche Richtung er auch sah, nirgends konnte der Grünäugige auch nur ein Zeichen von André sehen.
 

„Wieso hast du mich wieder aus dem Wald geführt? Hier ist doch niemand.“ Nach diesen Worten schien das Männchen noch aufgeregter hin und her zu schweben, bis er über den Kopf von Kazuo stehen blieb. Nachdem er dem Batteriemann AA nachgesehen hatte, weiteten sich schlagartig seine Augen. Nun wusste er, was der Geist gemeint hatte. Der Halbfranzose schwebte auf dem weißen Einhorn durch die Lüfte. Das hatte er auch noch nicht erlebt. Ein wenig geschockt stand der Rothaarige noch ein paar Sekunden nur so da, bis er sich wieder fing. Eilig erhob der Schüler seine Hände zum Trichter geformt an seinen Mund: „André was machst du denn da oben?! Komm runter, bevor dich noch jemand sieht, der keine Duellgeister sehen kann!“ Aufgeregt tänzelte Kazuo von einem Fuß auf den anderen, als er ein rascheln hinter sich hören konnte. „Verdammt! Leon! Wie erkläre ich ihm das? Ich kann es im Moment noch nicht mal mir richtig erklären.“, raste es durch seinen Kopf, als schon die ersten Körperteile von Leon zu erkennen waren.
 

André hörte etwas. Sein Blick wanderte zur Erde. „Da ist ja Kazuo. Leon ist auch dabei. Was machen die denn da?“ Der Duellant tätschelte auf den Hals des Einhorns. Das Tier verstand die Gestik. Es steuerte die Wiese vor dem Wald an. Elegant und ohne einen großen Laut landete der Duellgeist in dem Meer aus grünen Halmen. Die Flügel an seiner Seite verschwanden. André stieg ab. Noch ehe die zwei Suchenden dazu stießen, löste sich das Einhorn auf. Der Duellgeist kehrte in die Duell-Monsterkarte zurück. André holte die Karte aus seiner Hosentasche heraus und betrachte sie. Ein Lächeln zauberte sich auf seine schmalen Lippen. „Vielen Dank, mein Freund!“, bedankte er sich bei dem Abbild des Einhorns. Scheinbar leuchte das Stirnhorn kurz auf, welches wohl als Antwort gedeutet werden konnte. Der Mitschüler und der Student erschienen aus dem Wald. Zufrieden und glücklich steckte der Schwarzhaarige die Karte wieder in die Hosentasche zurück.
 

Nachdem der Kopf des Blonden auftauchte, war Kazuo so schnell wie möglich in das Blickfeld des Älteren gesprungen. Mit aller Kraft versuchte er jedes möglich erblicken des fliegenden Schülers zu verdecken. Als er aber Schritte hinter sich hören konnte, drehte sich der Rothaarige wieder um. Mit voller Erleichterung sprang er um den Hals seines Zimmerkameraden, der wohlbehalten und im Ganzen wieder aufgetaucht war. „Wie kannst du einfach verschwinden! Lauf nie wieder einfach so weg!“, flüsterte der Halbspanier in das Ohr seines Freundes. Leon sah dem ganzen Geschehen verdutzt und verwirrt zu. Er wusste einfach nicht was gerade geschehen ist. Die Umarmung des Freundes fühlte sich so schön an. André wollte Kazuo am liebsten nicht mehr loslassen. Doch schließlich trennten sie sich voneinander. Sein Blick wanderte zu Leon. Der Blauäugige schüttelte grinsend den Kopf. „Man. Du machst ja Sachen.“ Verlegen verfärbten sich die Wangen des Angesprochenen rot. Der Student kam auf ihn zu und umarmte ihn ebenfalls. „Wir haben uns alle Sorgen um dich gemacht. Versprich mir, dass du so was nicht mehr machst“, redete er weiter. Der Halbfranzose drückte den Älteren fest an sich. Seine Stirn stützte sich auf der muskulösen Männerbrust ab. „Ich verspreche es!“, antwortete er. Der Schüler genoss jede Sekunde, die er nun in den Armen von Leon verbringen konnte. Aber scheinbar war, ohne dass der Grauäugige es bewusst wahrnahm, er nicht der Einzige, dem diese Nähe etwas bedeutete. Doch auch jede Umarmung fand ihr Ende. Lächelnd wuschelte der Größere Andrés Haar. „Alles wieder klar?“, fragte Leon ihn. Nickend strahlten ihm die nebelgrauen Augen entgegen. „Gut. Dann lasst uns was aus der Cafeteria holen und den Tag gemütlich ausklingen lassen.“, schlug er den Anwesenden vor. Der Vorschlag des Studenten kam gut an. Gemeinsam kehrten sie an die Akademie zurück. Dort holte sich jeder ein Eis und machten es sich in der Grünanlage gemütlich. Die teilweise verwunderte Blicke der Mitschüler ignorierten sie. Der aufregende Schultag konnte endlich zu Ende gehen.
 

In der Nacht jedoch schreckte André hoch. Er prüfte, ob sein Zimmerkamerad durch seine Geräusche ebenfalls aufgewacht ist. Doch scheinbar schlummerte der Schüler seelenruhig wie ein kleines Baby. Der Halbfranzose atmete auf. Ein leichtes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Langsam und ganz vorsichtig schlich er in T-Shirt und Boxershorts bekleidet aus dem gemeinsamen Wohnraum. Der Weg des Schlaflosen führte diesen zur Wiese zurück. Die Sterne funkelten wie tausende Diamanten von oben herab. Der nächtliche Himmel glitzerte regelrecht. Der zunehmende Mond ließ alles in einem angenehmen Licht erstrahlen. André legte sich ins Gras und betrachtete die funkelnden Punkte über ihn. Doch als er meinte, es könnte nicht noch schöner werden, erschienen um ihn herum viele, grünliche Lichter. Eine Gruppe von Glühwürmchen hatte ihre Partnersuche in der Nacht begonnen. Sie führten einen geheimnisvollen und eigenen Tanz vor. „Was für ein schöner Anblick“, dachte er sich dabei. Er sprach seinen Gedanken unbewusst laut aus. „Da stimme ich dir zu.“, erwiderte eine weitere Stimme. Der Schüler schreckte hoch. Die Stimme aus dem scheinbaren Nichts, die in ihm plötzlich ein wohltuendes Gefühl vermittelte, überraschte ihn mehr, als die Tatsache, dass er seinen Gedanken offen ausgesprochen hatte.
 

„Wer ist da?“, fragte er. Er spürte, wie sich in ihm, trotz des Gefühls, die Angst aufbaute. Das Licht des silbernen Himmelskörpers beschien eine Gestalt. Sie trat ins Helle. Es war Leon. Der Jüngere atmete auf. „Man. Hast du mich erschreckt.“, gab er zurück. Der Student grinste frech. Er setzte sich neben ihm. „Konntest du auch nicht schlafen?“, fragte der Blondhaarige ihn. Der Angesprochene nickte. Ihre Blicke fixierten sich auf die leuchtende Scheibe am schwarzblauen Himmelstuch. „Ich komme im Sommer oft hier her. Der Ausblick und die Sterne am Himmel sind herrlich. Mich faszinieren sie immer wieder.“, erzählte der Blauäugige drauf los. André hörte ihm aufmerksam zu. Die Zeit verstrich. Es fiel dem Verliebten jedoch gar nicht auf, da er immer wieder seinen Blick von Leon abwenden musste. In ihm hämmerte das Verlangen. Das nach Liebe trachtende Herz pochte stetig schneller. André war sich sicher, dass man es schon von außen sehen musste. Schließlich hielt es der Schwarzhaarige nicht mehr aus. „Leon! Ich …“, schoss es zögerlich aus ihm hervor. Der Ältere drehte sich zu ihm um. Die Blicke der beiden Duellanten trafen sich. Nachdem die blauen Augen, die durch das Mondlicht wie aus Eis wirkten, seinen Blick erwiderten, fühlte es sich für den Schüler an, als wäre die letzte Kraft aus seinem Körper gezogen worden. Zaghaft und mit zitterndem Arm berührte seine Hand die Wange des anderen Mannes. Man konnte förmlich die Aufregung und Unsicherheit spüren. „Bitte! Leon! Bitte hasse mich nicht!“, flehte die zerrissene Seele des Jungen. Es gab keinen Weg mehr zurück. Unangekündigt hob der Student seinen Arm. Andrés Herz raste. Würde es nun förmlich aus seinem Hals springen? Er hielt den Atem an. Ein warmes Prickeln startete an seiner Hand und schien sich immer weiter in seinem Körper auszubreiten. Sanft hatte Leon die feingliedrige Hand des Jüngeren mit seiner umschlossen. Der gegenseitige Blick wurde von Beiden nicht unterbrochen. Wie von einem unsichtbaren Band waren sie miteinander verbunden. Die eisblaue Farbe der Studentenaugen schien förmlich von innen zu glühen. Man konnte meinen, dass sie lächelnden. Oder wollte André dies nur in ihnen erkennen?
 

KANN ES WIRKLICH LIEBE SEIN?

IM SANFTEN ABENDWIND
 

Mit seiner anderen Hand ergriff Leon zärtlich das Kinn des Kleineren. Jede Berührung schien kleine, warme und angenehme Blitze durch den Körper des Halbfranzosen zu jagen. Langsam zog er das Gesicht von André immer näher an sich heran. Schon längst hat der Körper des Schwarzhaarigen jede Handlung und Bewegung eingestellt und machte diese auch gleichzeitig unmöglich. Er ließ sich einfach von dem Älteren führen. Es trennte sie nur noch wenige Zentimeter voneinander. André kam alles wie ein viel zu schöner Traum vor.
 

DIE HARMONIE, VOLL TIEFER FRIEDLICHKEIT

MIT ALLEM WAS WIR SIND
 

Ohne große Worte vereinigten sich die Lippen der beiden Männer. Sie schlossen ihre Augen. Der Grauäugige konnte die vielen Empfindungen gar nicht beschreiben, die durch seinen Körper strömten. Ihm war heiß und kalt. Er fühlte sich an, als wäre er unter Strom und zugleich in der angenehmen Sommersonne. Seine Haut kitzelte, kribbelte und prickelte vor Freude und Glückseligkeit. Wie lange mussten seine Lippen auf diesen Moment warten. Unzählige Gefühlen und Eindrücke überschlugen sich in seinem Kopf. Nichts hätte sie trennen können.
 

KANN ES WIRKLICH LIEBE SEIN?

SPÜRST DU SIE ÜBERALL?
 

Völlig von den Impulsen seines Herzen gesteuert zog Leon André näher zu sich ran. Langsam drückte er den Kleineren zu Boden, bis er schließlich über ihm lag. Sie verband weiterhin der erste Kuss. Jeder konnte den Herzschlag des anderen spüren. Selbst ihre Herzen schienen sich näher kommen zu wollen. Ihr Takt glich sich immer mehr an. Die Hände suchten sich ihren Weg unter die T-Shirts. Jede noch zu kleine Unebenheit wurde von den Fingerkuppen abgetastet und registriert. Wie von einem gemeinsamen, inneren Befehl bestimmt, öffneten sich ihre Münder. Die Zungen begannen in einem eigenen Tanz sich zu liebkosen. Geschütz durch die Dunkelheit, die sich wie eine Decke über ihnen ausbreitete, blühte die keimende Liebe zwischen ihnen nach langer Zeit endlich auf. Gemeinsam verbrachten sie die gesamte Nacht zusammen. Keiner konnte mehr vom Anderen lassen. Das für die Liebe schlagende Herz hatte den warnenden Verstand besiegt. Nur noch Zärtlichkeit und vollendetes Glück wollten sie miteinander teilen.
 

ENDLICH EINS, IM SCHUTZ DER DUNKELHEIT

LIEBE IST ERWACHT
 

Das Bad der Gefühle war einfach unbeschreiblich. Ohne zu wissen, wie er zurück in die Realität gekehrt ist, wachte André mit den ersten Sonnenstrahlen auf. Er schreckte aus dem Bett hoch. „Wo bin ich? … Was ist passiert? … War das alles nur ein Traum?“, schoss es durch seinen Kopf. Seine Hände fuhren über die Bettdecke. Seine Finger berührten jemanden. Der Blick wanderte langsam seiner Hand nach. Neben dem jungen Duellanten schlief Leon. Gleichmäßig erhob und senkte sich die Decke im Takt des sich bewegenden Brustkorbs. Das Gesicht des Schlummernden glich, trotz seiner markanten Züge, dem eines kleinen, süßen und unschuldigen Engels. Scheinbar war es doch kein Traum gewesen. Freudestrahlend verließ der Halbfranzose die Schlafstelle. Er verschwand ohne einen größeren Laut ins Bad. Die Dusche wurde angeschaltet und ehe man es sich versah, war der Schwarzhaarige wie ausgewechselt. Mit einem Summen auf den Lippen schwebte der über beide Ohren Verliebte in die Küche. Heute sollte es ein extra feines Frühstück geben. Seiner Kreativität ließ er freien Lauf.
 

Ein leises Grummeln war zu hören, als Kazuo mit aller Kraft versuchte das Sonnenlicht wie eine lästige Fliege von sich fern zu halten. Er drehte sich noch mal von Seite zur Seite, doch brachte das keine Erleichterung. Schließlich gab er auf und stieß die Decke von sich weg. Mit unverständlichen Wörtern, stieg der Südländer langsam aus dem Bett. Er war einfach ein Morgenmuffel. Weiter vor sich her nuschelnd, schlurfte der Rothaarige in das Bad, um sich erst mal frisch zu machen. Er bekam nichts um sich herum mit. Nachdem er mit einer guten Ladung eiskaltem Wasser aus seinem schlafähnlichen Zustand befördert wurde, verließ der Duellant nur mit Boxershorts und T-Shirt bekleidet das Badzimmer. Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, hörte er auch schon ungewohnte Geräusche aus der Küche. Ohne lange zu überlegen spazierte er in das Zimmer, woher die seltsamen Töne herkamen. Dort angekommen musste Kazuo einfach nur über die unglaublich gute Laune staunen, die der Schwarzhaarige so früh am Morgen an den Tag legte. Für den müden Schüler war es einfach ein Rätsel, wie man kurz nach dem Aufstehen so glücklich sein konnte. Fragend sah er einfach dabei zu, wie der Halbfranzose mit einem Summen auf den Lippen das Frühstück vorbereitete. André bemerkte seinen Zimmerkameraden. Strahlend und mit einem extra breiten Grinsen im Gesicht begrüßte er den Anderen. „Bonjour! [Guten Morgen!] Kazu!“ Vor lauter Glücksgefühl störte es ihn nicht, dass er in diesem Moment seinem Kumpel einen dicken Kuss auf die Wange drückte. Weiter Summend kehrte er an den Herd zurück. Das eintönige Geräusch ging in ein Pfeifen über.
 

Nun war Kazuo total von der Rolle. Das gerade erlebte, war weit von der normalen Frühstückslaune seines Zimmerkameraden entfernt. Darüber nachdenkend was wohl mit André geschehen ist, ließ sich der Rothaarige auf einen Stuhl gleiten. Egal welche Idee ihm in den Sinn kam, nichts konnte dieses Verhalten erklären. Vor allem bei der Tatsache, dass in den letzten Wochen eigentlich eine Verschlechterung der Laune bei dem Halbfranzosen zu erkennen war. Da ihm auf Teufel komm raus nichts einfiel, blieb ihm nur noch eine Möglichkeit. „Ähm, André? … Warum bist du heute so gut gelaunt? Gestern Mittag warst du noch mit den Nerven am Ende.“, fragte er schließlich zögernd seinen Freund.
 

„Wieso? Darf ich nicht fröhlich sein?“, fragte der Schwarzhaarige. Offen gestanden hörte er nur mit halbem Ohr zu. Jemand gesellte sich in die Küche hinzu. „Guten Morgen“, gähnte der Halbschlafende. Es war der blondhaarige Student. Oberkörperfrei und nur in Boxershorts bekleidet ging er zu André. Sanft umschlossen die muskulösen Arme des Älteren den Koch. Sein Kopf stützte sich auf den Schultern des Kleineren ab. Auch er grinste. „Und was machst du grad, mein kleiner Engel?“, flüsterte Leon ihm ins linke Ohr. „Bonjour [Guten Morgen], mein Großer. Ich mach grad unser Frühstück.“, gab André mit liebvoller Stimme zurück. „Heute gibt es leckere Pfannkuchen mit Schokosoße oder süßen Apfelmus. Dazu gibt es frische Erdbeeren und ein Fruchtgetränk. Und für die Langweiligen von uns einen einfachen Croissant mit Butter-Honig-Aufstrich und eine Tasse Kaffee.“, fuhr der Grauäugige fort. Seinem Gesprächspartner lief das Wasser im Munde zusammen. Spitzbübisch tauchte Leon seinen linken Zeigefinger in die warme Schokosoße und kostete. „Mmm. … Ich glaube, … ich nehme die erste Komposition.“, und küsste nach diesen Worten André zärtlich am Hals. Für einen Moment vergaßen beide Männer, dass sie nicht allein waren. Nun war alles klar. Im ersten Moment zwar ziemlich überrascht, genoss Kazuo das Spektakel mit einem breiten Grinsen. „Komisch, dass ich ihn vorher nicht bemerkt habe. Aber es freut mich. Hat ja auch lange genug gedauert.“, ging es dem Rothaarigen durch den Kopf. Doch als sich beide immer näher kamen, wurde es dem Halbspanier schon ein wenig peinlich. Solche intime Momente sollte man nicht einfach so beobachten. Als sich herauskristallisierte, was in den nächsten Momenten passieren würde, räusperte sich Kazuo laut, bevor er zu sprechen begann: „Guten Morgen Leon. Gut geschlafen?“ Immer noch grinsend stützte sich der Duellant mit den Ellbogen am Tisch ab, während er seinen Kopf in einer leichten Schräglage auf die Hände legte. Mit Spannung wartete er auf eine Reaktion der beiden Verliebten.
 

Mitten in der Bewegung hielt sie inne. Im ersten Moment fühlten sich die Duellanten ertappt. Doch André behielt einen kühlen Kopf. Sein Blick wanderte zu Kazuos Gesicht. Als er dieses für sich sprechende Grinsen sah, fackelte der Grauäugige nicht lange. In aller Ruhe schmierte er ein Honigcroissant fertig. Dann, ohne dass es Kazuo ahnte, kam er mit einem gleichwertigen Grinsen auf ihn zu. Ehe das Opfer reagieren konnte, landete das französische Backwerk in dessen Mund. Sprachlos und perplex zur gleichen Zeit sah der Rothaarige ihn mit großen Augen an. Mit einer unübertroffenen Gelassenheit erklärte der Halbfranzose den Grund seines Handelns. „Mein zuckersüßer Kazu. Ich habe dich wahnsinnig lieb. Aber behalte das gerade gesehene und ALLES was es zu dem Thema Leon und mich gibt für dich. Sonst erhältst du einen solchen Maulkorb öfter!“ Über seine eigenen Worte musste der Schüler plötzlich laut loslachen. Es steckte an. Leon konnte sich bei diesem Anblick auch nicht zurück halten. Er gesellte sich zu seinem Freund und legte einen Arm um ihn. Ihre Blicke ruhten auf den immer noch schweigenden Schüler. Kazuo hatte einfach zu viel Ähnlichkeit mit einem Spanferkel, dem ein Apfel im Mund steckte.
 

Mit einem einzigen, weiteren Biss landete das ganze Croissant im Mund des Geknebelten, bevor es mit einem Schlug im Magen verschwunden war. Die Verwunderung im ersten Moment war schon wieder verflogen. Das Grinsen schlich sich wieder in sein Gesicht, da er nun in die leicht irritierten Gesichter seiner Freunde sah. „Da solltest du dir ein besseres Druckmittel aussuchen, als deine guten Kochkünste an mich zu verfüttern. Außerdem müsstest du wissen, dass ich so was für mich behalte. Oder glaubst du ich weiß nicht in was für einer Lage ihr seid?“ Der letzte Satz war in gewisser Weise auch eine Anspielung an sich selbst und Tobi gewesen. Bevor beide Duellanten auch nur etwas sagen konnten, ergriff der Jüngere wieder das Wort: „Wollt ihr noch länger Statuen spielen oder wollen wir endlich anfangen zu frühstücken?“ Kurz sahen sich die Sprachlosen noch mal an, bevor alle drei in ein lautes Lachen verfielen. Nach ein paar Minuten hatten sie sich dann endlich wieder beruhigt und begannen damit ihr Frühstück zu genießen. Es mundete jedem. Nachdem sie fertig gegessen hatten, spülten sie noch das Geschirr. Beide frisch Verliebten setzten sich wieder aufs Bett, während ich Kazuo langsam anzog. Er trug nichts besonderes heute. Eine einfache Hose und ein einfaches T-Shirt, mit blauen Turnschuhen. Zum Glück war heute ein schulfreier Tag. Nun angezogen stand der Rothaarige schon an der Tür und drehte sich noch mal kurz um. „So ich geh mal zu Tobi. Er wurde gestern zum Rektor gerufen und hat sich seitdem nicht mehr gemeldet. Ich schau mal nach ihm. Ich wünsche euch zwei noch viel Spaß.“, nach dieser kurzen Verabschiedung, verschwand der Südländer mit einem breiten Grinsen auf den Lippen aus dem Zimmer. Er verspürte einfach nur pures Glück für seine Freunde.
 

Als die Tür zugefallen war, lehnte sich André an den Größeren an. Mit einem Lächeln schaute Leon seinen kleinen Liebling an. „Was ist?“, fragte er. Seine warme und angenehme Stimme zauberte dem Angesprochenen eine Gänsehaut. „Ach nichts. Ich bin einfach nur glücklich. … Glücklich dich zu haben.“ Mit diesen Worten zog er mit seiner linken Hand den Kopf des Älteren zu sich. Ihre Lippen vereinigten sich wieder. Es war nur ein kurzer, aber ein sehr intensiver Kuss. Die eisblauen und nebelgrauen Augen der Männer funkelten den Anderen an. „Ich liebe dich.“, hauchte der blondhaarige Student in Andrés Ohr. Die Wangen des Angesprochenen liefen rot an. „Ich dich auch!“, antworte André ihm. Ihre gegenseitige Liebeserklärung untermalten die lächelnden Lippen. Eine Zeit lang saßen sie einfach nur da und genossen jede Sekunde, die sie in der Nähe des Anderen verbringen konnte. Es dauerte nicht lange, da hatte Kazuo auch schon das Zimmer von Tobi erreicht. Den ganzen Weg über schlich sich in ihn immer mehr das Gefühl von Sorge ein. Nun stand er vor der Tür. Eine unangenehme Ahnung breitete sich ihn ihm aus.
 

Zitternd erhob Kazuo die Hand und klopfte an die Tür. Es kam keine Antwort. Nun bekam er Angst. „Tobi bist du da?“, die Stimme zitterte bei diesen Worten. Immer noch kam keine Antwort. Gerade wollte der Rothaarige wieder rufen, da drang eine Stimme hinter ihm an sein Ohr: „Was suchst du denn hier?“ Die Stimme war kalt und abweisend. Doch irgendetwas an ihr kam dem Schüler bekannt vor. Langsam drehte er sich um und tatsächlich, Tobi stand direkt hinter ihm. „Warum bist du den gestern nicht mehr zu uns gestoßen? Ist was Schlimmes im Rektorat passiert?“ Kazuo versuchte so ruhig wie möglich seine Worte zu äußern, doch konnte man die Angst dahinter deutlich heraushören. Schnell suchte der Jüngere nach diesen goldenen Augen, die ihm bis jetzt immer den Mut zurückgegeben hatten. Was er aber fand war nichts, außer einer Mauer aus bitterer Kälte. „Nichts ist passiert. Ich habe nur kein Bock mehr auf dich.“ Die letzten Worte drangen nicht richtig in den Kopf des Zuhörers. Vor Schreck ging er ein wenig zur Seite. Immer noch nicht verstehend fragte er den Älteren unbeholfen: „Was… Was meinst du?“ In der Zwischenzeit hatte Tobi seinen Zimmerschlüssel hervorgeholt und ins Schloss gesteckt. „Kapierst du es nicht? Oder willst du es nicht verstehen? Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben. Ich habe genug von dir!“ Die Abneigung und Härte, die Kazuo mit diesen Worten entgegen kamen, machte ihn schon fast benommen. Er konnte nur noch stottern: „ A… Aber wa… was war mit …“ Die Tür ging mit einem Klick auf. Der Braunhaarige drehte den Kopf und sah dem Verwirrten genau in die Augen. Wie zwei gefühlslose und scharfe Messer stachen sie in die Seele des Halbjapaners. Jedes folgende Wort riss an seiner Seele:
 

„Noch mal zum Mitschreiben! Ich WILL NICHTS MEHR von DIR! Das Ganze war NUR EIN SPIEL! Jede Liebkosung und ätzende Liebesgeständnis diente NUR dazu, um das ZU BEKOMMEN, was ICH WOLLTE. ABER NUN bist du EINFACH ZU LANGWEILIG!“, derweil schwang die Tür auf und Tobi betrat den Raum. „ICH SAGE DAS NUR NOCH EIN MAL! HALTE DICH GEFÄLLIGST VON MIR FERN! ICH WILL DICH NIE WIEDER SEHEN!“ Die Zimmertür schlug mit Wucht und lautem Knall zu. Der Gang war wieder leer. Nur noch eine Person stand da und verstand die Welt nicht mehr. Tränen liefen an seinem Gesicht herab. Sein Universum, sein Liebesglück, ALLES um ihn herum war zersprungen. Mit dem zersprungenen Herzen lagen die Scherben vor Kazuos Füßen. Sein Verstand konnte nicht begreifen, was passiert ist: „Was? … Warum? … Wieso? Habe ich was falsch gemacht? Aber …“ Die ungeklärten Fragen überschlugen sich in seinem Kopf. Seine Beine gaben nach. Doch das bekam der Rothaarige schon nicht mehr mit. Die Kraft und die geistige Anwesenheit hatten ihn schon längst verlassen. Im Gang kniend und den Tränen hingebend, fand sich nur noch eine leere Hülle, deren Augen voller Schmerz und Trauer immer trüber wurden.

Siebter Zug / Dunkelheit und dessen Geheimnis

Tiefe. Absolute, schwarze Tiefe. In das ungreifbare und nicht enden wollenden Nirgendwo. Diese Sätze. Die verletzenden Worte aus dem Mund des braunhaarigen Deutschen. Es konnte doch einfach nicht wahr sein. Der Schüler namens Kazuo García verlor seinen Halt in dieser realen, aber unbarmherzigen Welt. Tobi, seine erste und einzige Liebe, hatte ihn die ganze Zeit nur etwas vor gemacht. Es war alles nur ein makaberes Spiel. Hatte sich der Halbjapaner so leicht täuschen lassen? Immer noch in seiner Haltung verharrend starrte der Verletze gefühls- und gedankenlos auf den Boden. Dieser stechende Schmerz. Hatte es überhaupt schon mal eine Zeit gegeben, an der er nicht dieses Ziehen gespürt hatte? Er erinnerte sich nicht mehr. Mit Zittern, in jeder seiner Muskelpartien suchte er nach einem letzten Rettungsseil. Doch keine Hilfe kam.
 

Die Tür zu der Vergangenheit, einer Vergangenheit vollster Glückseligkeit, war förmlich vor seinen Augen zugeknallt worden. Jetzt gab es kein zurück mehr. Die Gestalt wusste schon nicht mehr, wie lange er an dieser Stelle gekniet hatte. Nur dieses taube Gefühl in seinen Beinen, nachdem er sich schließlich wieder zum stehen zwang, signalisierte ihm die entstandene Blutarmut in den Gliedmaßen. Die Tränen waren schon längst versiebt und getrocknet. Noch einmal sah er zu der Tür, die ihm alles geraubt hatte. Der letzte Glanz in den früher saphirfarbigen Augen verschwand. Nun blieb nur noch ein trübes Grün zurück. Ohne sich noch einmal umzudrehen, schritt die Gestalt davon. Nun war das alte Ich völlig gestorben. Langsam und mit einer unübertrefflichen Ruhe ging Kazuo zu seinem Wohnraum zurück. Die Bewegungen, die der Körper des jungen Duellanten ausführte, wirkten fast, als würde er über den Boden schweben. Nur wenige Mitschüler kreuzten den Weg des Stummen. Ohne ein Anzeichen irgendeiner Reaktion auf die verwunderten Blicke, schritt der Rothaarige einfach weiter. Es interessierte ihn nicht mehr, was die Anderen über ihn dachten. Nach einer guten halben Stunde erreichte er sein Ziel. Automatisch, wie eine Maschine ohne jegliche Empfindung, öffnete Kazuo die Eingangstür. Niemand war darin zu sehen.
 

Der Blick des Südländers wanderte wie in Zeitlupe zur Wanduhr. Kein einziger, winziger Muskel in seinem Gesicht verzog sich. Die vollständige Mimik wirkte unheimlich. Seine Gedanken erkannten und analysierten erst Stückchenweise, dass es bereits Nachmittag war. Aber um ehrlich zu sein interessierte es Kazuo nicht im Geringsten. Ohne klare Kontrolle über sein handeln, schritt der Schüler zu seinem Schreibtisch. Wie immer hing seine Weste mit den Decks über den Stuhl und sein Gürtel lag auf der sonst leeren Tischplatte. Die Hände des Duellanten ergriffen die Objekte, die für ihn bisher so lebenswichtig und unersetzlich schienen. Er verweilte einige Sekunden auf derselben Stelle, bevor er den Wohnraum erneut durchstreifte und vor seinem Schrankteil stehen blieb. Ohne die Untermalung eines Kommentars oder Gesichtsausdrucks, öffnete der Grünäugige die Schranktür und sah direkt auf den kleinen Safe, der darin befestigt war. Bis jetzt hatte er ihn noch nicht gebraucht. Sachte, aber mit gespürter Entschlossenheit, eröffnete sich das leere Tresorinnere und darin verschwanden der Gürtel und die Weste. In einer fliesenden Bewegung verschlossen sich die Türen des Sicherheitskasten und des Möbelstückes, nachdem der Safe mit dem dazugehörigen Schlüssel zugesperrt wurde. Nun stand Kazuo da und begutachtete den kleinen, zierlichen Schlüssel in seiner Hand. Wer Emotionen erwartete, musste leider enttäuscht werden. Die starren Gesichtszüge verhärtete sich dagegen umso mehr. Der Schüler ballte die Faust und verfrachtete den Gegenstand in die kleine Schublade seines Schreibtisches. Die Abnabelung zu allem, was an sein altes Ich erinnerte, vollzog sich ungebremst. Als wäre das nicht beängstigend genug, schien im selben Moment eine bittere, jeglicher Emotion entsagte Kälte von Kazuo auszugehen. Die Aura breitete sich wie finsterer und undurchdringlicher Nebel in der Wohnung aus.
 

Jeder Zentimeter nahm das Gefühl, welches sie in einem auslösen konnte, an. Die Atmosphäre wirkte sich negativ auf den Körper des Duellanten aus. Die einst feurigen, fast lebendigen Haare des Halbspaniers schienen zu erlöschen und verfärbten sich in einem dunklen Ton. Plötzlich, ohne eine Vorwarnung, schnappte sich Kazuo seine Duelldisk und verließ das Gemeinschaftszimmer wieder. Doch die unangenehme und bedrückende Stimmung, die in den vier Wänden herrschte, riss nicht ab. Man konnte meinen, dass sie regelrecht darauf wartete, alles Glück dieser Erde zu verschlingen.
 

André kehrte am Abend endlich in das Apartment zurück. Den ganzen Tag hatte er mit Leon in der Natur verbracht. Sein Herz machte innere Freudesprünge. Der halbfranzösische Duellant schwebte wie auf Wolke Sieben. „Ach. Es gibt doch wirklich nichts, was mir meine Laune versauen könnte.“, dachte er ständig. Dabei grinste er frech. Doch als der Schwarzhaarige den Raum betrat, schlug seine Meinung schlagartig um. „Was ist hier los?“, fragte er sich. Verunsichert steuerte der Grauäugige den Kleiderschrank an. Unter seinen ganzen Klamotten kramte er einen Pullover heraus. Hastig stülpte André ihn über sein T-Shirt. „Ist die Klimaanlage kaputt, oder warum ist es hier so kalt.“ Der Fragende konnte sich das Phänomen nicht erklären. Er eilte in die Küche, um sich trotz der angenehmen Außentemperaturen einen warmen Kakao zu machen. In der Nacht verfolgten den Halbdeutschen Albträume. Wenn er durch sie aufwachte und hoch schreckte, so kam ihm die Finsternis im Schlafraum noch dunkler und unheimlicher vor als jemals zuvor. So zog es sich einige Tage hin. „Was ist nur mit Kazuo los?“. Diese Frage beschäftigte André in dieser Zeitspanne.
 

Seit der Zimmerkamerad von Tobi zurückgekehrt war, verhielt er sich sehr seltsam. So abweisend und gedankenverloren. Jede noch zu kleine, alltägliche Sache war komplett anders als zuvor. Das gemeinsame Frühstück ließ der Freund immer öfter ausfallen. Im Unterricht schwieg er pausenlos. Und egal in welcher Situation sich der Rothaarige befand, der Gesichtsausdruck änderte sich nie. Anfangs dachte er, dass die beiden Verliebten sich nur kurz gestritten hatten. Aber jetzt wirkte das Ganze wie eine regelrechte Beziehungskrise. Seinen aufmunternden und mitfühlenden Worten schienen Kazuo nicht mal zu erreichen. Die Laune oder besser die Stimmung, die der Südländer an den Tag legte, zog André langsam aber sicher ebenfalls ins seelische Tief.

Der Schulstress war für diesen letzten Sommertag wieder vorbei und es gab einiges zu erledigen. André arbeitete in der Küche, als es an der Zimmertür klopfte. „Herein! Die Tür ist offen!“, rief der Schüler dem Besucher entgegen, während er in den Hauptraum ging. Daraufhin öffnete sich die Tür und der groß gewachsene Student Leon betrat den Raum. Freudestrahlend fiel der Jüngere dem Eisblauäugigen sofort um den Hals. Der Mann erwiderte die liebevolle Umarmung mit einem Kuss auf die Schläfe. „Na wie geht es meinen kleinen Bub?“, gab er frech zurück. Das Lachen in Andrés verschwand augenblicklich. Mit Schmollmund wandte sich der schwarzhaarige Duellant von Leon ab. „Was ist?“, fragte der verblüffte Ältere mit hochgezogener Augenbraue.
 

Sein Freund zögerte nicht mit seiner Antwort. „Ich find das fies von dir. Immer hakst du auf meiner Körpergröße rum. Das ist einfach nicht fair!“ Der leicht angesäuerte Schüler wollte gerade in die Küche zurück, als ihn zwei starke Arme fest umklammerten. „Hey! Was soll das?“, beschwerte sich André, bis Leon ihm den Zeigefinger auf die Lippen drückte. „Sch… Warum ärgert dich das immer so? … Verstehst du keinen Spaß? Nimm doch nicht alles so todernst!“, raunte der Blondhaarige dem Kleineren ins Ohr. Seine beruhigende und sanfte Stimme ließ die miese Laune in André abklingen. Der Junge drehte sich um und schaute in das Gesicht seines Gegenübers. Schnell vereinigten sich die Lippen der beiden Männer. Wie immer durchströmte den Halbfranzosen ein prickelndes Gefühl, sobald er dies tat. Lächelnd trennten sie sich nach einem kurzen Moment wieder. „Tut mir Leid. Ich bin heute nicht so gut drauf. Verzeihst du mir?“, während er sich entschuldigte lehnte sich André an die muskulöse Männerbrust an. Zarte Röte verfärbten seine Wangen. Leon legte seine linke Hand auf das pechschwarze Haar seines Partners. „Ist schon gut.“, erwiderte er. „Aber was bedrückt dich so?“, harkte der Blauäugige nach. Der andere Duellant erhob seinen Kopf. „Kann ich dir das in der Küche sagen?“ Leon nickte. Die frisch Verliebten nahmen sich an die Hand und gingen nun gemeinsam in die Küche. Der Student ließ sich auf einen der freien Stühle fallen. In der Zwischenzeit ging André zu den Hängeschränken und holte zwei Tassen und eine kleine Kekspackung aus ihnen hervor. Er platzierte die Gegenstände auf den Tisch und goss in jede Tasse heißen, frischen Tee. Dankend genehmigte sich der Blondschopf einen Schluck. Es schmeckte ihm sichtlich. „AH. … So, … nun zum Thema zurück. Was ist los?“, begann Leon schließlich. Der Gastgeber atmete tief durch und fing mit seiner Geschichte an. In allen Einzelheiten schilderte er seinem Freund, was ihn bedrückte.
 

Kazuos derzeitiges Verhalten stach als Hauptargument hervor. Aufmerksam hörte Leon André zu. Als der Jüngere seinen letzten Satz beendete, legte er seine Hand auf die des Anderen. „Leon. Wir müssen etwas tun. So kann es einfach nicht weiter gehen. Kazuo macht mir schreckliche Sorgen. Er ist nicht mehr der Kumpel, den ich hier kennen gelernt habe. Ich fühle mich so allein und hilflos. Ich habe doch nur ihn.“, fügte der Grauäugige hinzu. Mitfühlend umschloss die kräftige Männerhand die des Gesprächpartners. „Keine Sorge. Ich werde schauen, ob ich mit Tobi reden kann. Immerhin kenn ich ihn schon etwas länger als ihr. Aber … eins finde ich jetzt nicht so toll von dir!“, antwortete Leon. Seine Stimmlage wechselte dabei in einen eifersüchtigen Unterton. Verwirrt sah André ihn mit leicht geweideten und fragenden Augen an. „Du bist nicht allein. Außerdem wer ist hier mit wem zusammen?“, fuhr er fort. Endlich verstand der Schüler, auf was sein Liebhaber anspielte. Demütig senkte er den Kopf. „Tut mir Leid. Natürlich bin ich nicht allein. Immerhin hab ich dich. Verzeih mir.“ Grinsend legte der Blondhaarige seine Hand erneut auf das Haar des Anderen. Er verwuschelte es ein wenig, bevor er ihm antwortete. „Du bist einfach zu niedlich. Ich bin dir nicht böse. Ich weiß doch, dass du dir einfach große Sorgen um Kazuo machst. Aber keine Angst. Wir bekommen das schon wieder hin.“ Seine aufmunternde, warme und herzliche Art ließ dem grauäugigen Europäer die Tränen in die Augen steigen. Ohne Vorwarnung klammerte er sich an den Studenten. Sein Gesicht vergrub er an dessen Brust. Sanft zog Leon ihn an sich heran. Allein seine Nähe beruhigte den Schüler. Und das wusste der Blauäugige genau. Aufmunternd und voller Zuversicht wiederholte er seinen letzten Satz: „Wir bekommen das schon wieder hin“
 

Ob es nun Morgen, Mittag, Abend oder Nacht war. Kazuo machte daraus schon lange keinen Unterschied mehr. Die Welt um den Duellanten herum, wirkte nur noch fad und farblos. Wieso sollte es ihn überhaupt interessieren? Momentan besaß er nur noch ein Ziel. Dieses war so schnell wie möglich von diesem verfluchten Ort zu verschwinden. Er würde alles dafür tun. Und das tat er auch. Nur noch der Unterricht bekam seine vollste Aufmerksamkeit. Die Menschen in seiner Umgebung waren ihm egal geworden. Diese Lebewesen, die nicht lieben und sich auch nicht in ihn hineinversetzen konnten, brauchte er einfach nicht. Kazuo konnte sich auch ganz gut alleine durchschlagen. Sie würden ihn sowieso nur von seinem Ziel aufhalten. Jeder der sich ihm in den Weg stellte, sollte die Wahrheit erfahren. Sie sollten am eigenen Leib spüren, wie falsch und schmerzhaft die Lüge der ach so großen Liebe ist. „Diese Täuschung muss aufgedeckt werden. Allein die reine Wahrheit darf gelten.“, ging es dabei durch seinen Kopf. Eine zweite Stimme meldete sich zu Wort: „Die Anderen sollten vielleicht davon wissen.“ In den getrübten Augen des Halbspaniers begann ein unheimliches Leuchten. Sie glimmten förmlich in einem rötlichen Farbton. Zwei Schüler trafen sich im Schutze der Nacht an einem gemütlichen Plätzchen am Klippenrand. Beim Anblick des Sternenzeltes und den ans Festland schlagenden Wellen rückten sie immer näher zusammen und kuschelten miteinander. Beide versanken in ihre eigene, glückliche Welt. Jeder von ihnen wollte dem Geliebten so nah wie möglich kommen. Keiner nahm die näher kommende Gefahr wahr.
 

Sicher und verborgen im Schatten der angrenzenden Bäume funkelten zwei rote Punkte, die von einem schiefen Lächeln ergänzt wurden. Lautlos erschien die Gestalt aus dem schützenden Dunkeln. Eine unheimliche Kälte breitete sich wie Rauch von ihr aus. Man konnte nicht viel erkennen. Ein Kapuzenmantel verdeckte jegliche, menschliche Merkmale. Nur die zwei roten Augen und weiß blitzende Zähne erfreuten sich schon am Anblick ihre Opfer. Erst als nur noch drei Schritte die vermummte Gestalt vom Pärchen trennte, schreckten die beiden Ahnungslosen auf. Der Junge stellte sich sofort schützend vor das Mädchen. Eine perlweise Hand erschien aus dem Mantel. Die Person wies auf eine unheimliche Art und Weise keine genauen Konturen auf. Sie schien nur aus Schatten zu bestehen. Der Körperteil hingegen wirkte im starken Kontrast dazu umso greifbarer. Dazu stachen diese hell leuchtenden Augen hervor, die sich immer intensiver in die des Jungen zu bohren schienen. Alles wies auf ein Wesen hin, das nicht von dieser Welt stammen konnte. Immer mehr wurde von dem Arm sichtbar. Erst jetzt erschien eine Duelldisk. Sie schien in blauen Flammen zu stehen. Der Zeigefinger der Gestalt zeigte genau auf den Schüler. Dieser fand erst nach einigen Minuten seine Worte wieder: „Was … was wollen sie?“ Als hätte der lebende Schatten auf diese Frage gewartet, erhob sich eine unheimlich schallende Stimme: „Es ist Zeit für ein Duell!“ Wie von einem Signal geweckt klappte sich die Duelldisk auf und die Aura des Vermummten schien sich wie eine Kuppel über den anderen Duellanten auszubreiten. Alles passierte so schnell. Das Mädchen wusste nicht was sie in dieser Situation tun konnte. Wie durch einen schweren Seidenvorhang konnte sie nur schemenhaft ihren Freund erkennen.
 

Verzweifelt versuchte sie nach ihm zu greifen, doch es half nichts. Die Aura hielt sie wie eine starke Barriere zurück. Gerade als sie anfangen wollte zu schreien. Verschwand der Vorhang und alles wurde wieder so, als wäre nie etwas gewesen. Man hätte schon meinen können, dass alles nur ein böser Traum gewesen war. Besorgt ging sie zu ihrem Geliebten. Gerade wollte das Mädchen ihn an der Schulter berühren, da passierte etwas, was sie so unerwartet wie ein Blitzeinschlag traf. Ihr Freund, ihre große Liebe hatte ihre Hand einfach weg geschlagen. Bevor sie nur realisierte was gerade geschah, fing der Duellant an zu reden: „Lass mich in Ruhe! Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben! Du bist und bleibst eine Heulsuse und eine nervige Plage! Verschwinde, Miststück! Wenn ich dich noch einmal in meiner Nähe sehe, dann lernst du mich kennen!“ Mit diesen letzten Worten drehte sich der Junge um und ging in Richtung Unterkünfte zurück. Wie versteinert verfolgte die Verletzte sein Verschwinden. Kraftlos und der Ohnmacht nahe fiel die Zurückgewiesen auf die Knie. Tränen liefen ihr die Wangen herunter. „Tino. Warum tust du mir das an? Das musste alles nur ein böser Traum sein!?“, wiederholte es sich die ganze Zeit und immer wieder in ihrem Kopf. Verzweifelt und ohne jegliche Erklärung gab sie sich ihren Tränen hin.
 

Leon war den Rest des Tages bis in die Nacht bei André geblieben, um ihn in seiner Lage beizustehen und zu beruhigen. Während die beiden Männer zusammen saßen, erhob sich der Kopf des Jüngeren. Verliebte Blicke tauschten die Zwei miteinander aus. Ein Grinsen untermalte die Szenerie. „Danke Leon.“, kam es über seinen Lippen. Der Ältere nickte und beugte sich zu ihm herab. Der zärtliche Kuss ließ das Herz des Kleineren einen Hüpfer machen. André führte den Besucher schließlich an die Haustür. „Ich werde mit Tobi reden.“, versprach der Blondhaarige ihm. Mit diesen Worten verließ er die Wohnung und machte sich auf den Weg zur Akademie. Nach Leons Gehen räumte André die Räumlichkeiten ein wenig auf. Seine Arbeit wurde durch ein glückliches Summen begleitet. Er ließ es sich auch nicht nehmen sogar Kazuos Bereich ebenfalls aufzuräumen, der seltsame Weise chaotischer als sonst wirkte. Dabei bemerkte der Schüler sofort etwas. Verdutzt suchte er den Schreibtisch, das Bett und den Schrank ab. Verwirrt kratzte er sich am Kopf. „Wo steckt den seine Duell-Ausrüstung? Die ist ja wie vom Erdboden verschwunden.“, fragte er sich. Auch eine zweite Durchsuchung blieb erfolglos. Da es aber langsam blöd wurde, dass der Halbfranzose in den Sachen seines Freundes stöberte, beließ er es dabei. Die Hausarbeit ging rasch voran. Nach langer Abwesendheit erschien Kazuo wieder in dem gemeinsamen Wohnraum. „Willkommen zurück. Hattest du einen schönen Tag?“, begrüßte der Schwarzhaarige ihn freundlich.
 

Kaum hatte Kazuo den Raum betreten, da wurde er schon wieder von dieser unnatürlichen, hohen Freundlichkeit begrüßt. Jede Faser seines Körpers sträubte sich dagegen. Der Blick vereiste. Mit einer ruhigen, aber dennoch durchdringenden und kalten Stimme, antwortete er auf die gestellte Frage: „Was verstehst du schon?“. Ohne seinen Zimmerkameraden noch eines weiteren Blickes zu würdigen, ging er an ihm vorbei. Zuerst schmiss er seine Sachen zu einem Knäuel zusammengerollt auf seinen Schreibtisch. Danach warf er sich auf sein Bett. Die Arme hinter dem Kopf gefaltet und die Beine übereinander gelegt, lag er nur da und starrte auf die Decke. Von jetzt auf gleich schien der Junge in seine Gedanken verschwunden zu sein. Die Reaktion auf seine Begrüßung verwirrte den Schwarzhaarigen umso mehr. „Was ist nur los mit ihm? Habe ich was Falsches gesagt oder getan?“ Wie schon die Tage zuvor endete sein Gespräch mit dem rothaarigen Duellanten ohne jegliche Aufklärung. Die Nacht erreichte langsam ihren Höhepunkt. André konnte kein Auge zudrücken. Wach lag er in seinem Bett und dachte schweigsam nach. Plötzlich hörte er etwas. Der Grauäugige drehte sich vorsichtig zur Seite. Er stellte fest, dass der Zimmerkamerad aufgestanden ist. Kazuo zog sich leise an und entschwand anschließend aus dem Raum. „Was hat der zu dieser Zeit vor?“, überlegte André, während er sich selbst umzog und dem Freund nachschlich. Der Weg des Duellanten führte zum Waldrand. Unbeirrt schritt Kazuo ins finstere Unterholz. Seine Gestalt verlor André aus dem Auge.
 

„Verdammt! Wo ist Kazuo bloß hin?“, fluchte der Verfolger. Das dichte Blattwerk und die Dunkelheit erschwerten es ihm, seinen Kumpel wieder zu finden. Enttäuscht und müde machte er sich auf den Rückweg, als er einen Schrei hörte. Einen Moment lang zögerte er, aber dann eilte er zu der Stelle, an der André die Quelle der Stimme vermutete. Und Tatsächlich. Am Waldrand wurden zwei Schüler von einer unheimlichen Gestalt bedroht. Sie schien von Nebelschwaden umhüllt zu sein. Ihre Aura war kalt und furchteinflößend. „Was geschieht hier?“, schoss es dem Zuschauer durch den Kopf. Der Vermummte erhob eine Hand und zeigte auf das Mädchen. Ihre männliche Begleitung stellte sich schützend vor sie. „Es ist Zeit für ein Duell“, raunte die Gestalt den zwei vor Angst zitternden Menschen zu. Wie auf Kommando aktivierten sich die Duell-Disks der Drei. Der Rauch wurde dichter und umhüllte sie. Fassungslos beobachtete André alles. Erneut ertönten Schreie. Die undurchsichtige Wand löste sich wieder auf. Am Boden lagen die beiden Opfer. Ohne groß nachzudenken, stürmte der Schüler heran und prüfte den Puls der beide, am Boden Liegenden. Er atmete auf. Sein Blick wanderte zu dem Herausforderer, der die Aktion des Neuankömmlings verfolgt hatte. „Was hast du mit diesen Schüler gemacht?“, fragte er den Vermummten. Es kam keine Antwort. Jetzt wurde ein Gefühl im Grauäugigen wach. Das Gefühl der Abneigung und Wut. Er stand auf und schaute seinen Gegner an. „Sag! Wer oder was bist du? … Was gibt dir das Recht so mit unschuldigen Schülern umzugehen?“. Seine Stimme verschärfte sich im Tonfall. Wenn es etwas gab, was er abgrundtief hasste, dann war es die Gewalt gegen Wehrlose. Wutschnaubend formulierte er seinen nächsten Satz, der fast wie ein Befehl klang. „GEB DICH ENDLICH ZU ERKENNEN!“
 

Zwei blasse Hände erstreckten sich aus dem Mantel und ergriffen die tief sitzende Kapuze. Nachdem der Kopf frei lag konnte man ein erstarrtes Gesicht erkennen, dass frei von jeglichen Emotionen war. Aus den getrübten Augen ging ein unheimliches, rotes Leuchten aus. Dazu wehte das dunkelrote Haar im kühlen Nachtwind. Die Person rührte sich kein bisschen mehr. Zielsicher bohrte sich der Blick, der einem regelrechten Schmerz zufügen konnte, in die Person, die dem Stummen immer mehr zu einer Plage geworden ist. Die Augen des Halbfranzosen weideten sich. Wie gelähmt starrte er an das Antlitz der Gestalt, die niemand anders, als sein bester Freund Kazuo war. Mit bebender Stimme versuchte er seine Fassung wieder zu erlangen und die Situation zu verstehen. „Ka, Kazuo? … Was, was ist mit dir passiert?“, fragte er ihn schließlich. Immer noch schien sich nichts von dem Halbspanier zu rühren, nur das Haar flatterte weiterhin im Wind. Kaum erkennbar bewegten sich die Lippen des Angesprochenen. Trotzdem war die Stimme so klar zu verstehen, als würde man die Worte direkt in den Kopf gedrückt bekommen. „Du verstehst einfach nicht. Wie kannst du auch? Du lebst immer noch in dieser falschen Welt. Du hast die Wahrheit noch nicht erkannt. Du bist nichts anderes als ein törichter Narr. Ein kleines Kind was nur den Ball sieht, wenn es spielt. Was soll ich auch von so jemanden erwarten?“.
 

Wie eiskaltes Wasser ergossen sich die Worte seines einzigen Kumpels über Andrés Seele. Doch ohne dass er es selbst sofort merkte, keimte dort langsam eine unbändige Wut in ihm auf. Er konnte einfach nicht glauben, was Kazuo gerade gesagt hat. „Warum? … Was hat dich zu dem werden lassen?“, fragte er ihn erneut. Zum ersten Mal veränderte sich das Gesicht des Rothaarigen. Es wirkte fragend. Als würde er überlegen, ob es nicht klar genug ausgedrückt hatte. Erst einmal seufzte er laut, bevor er wieder das Wort ergriff: „Wieso fragst du das? Ist es nicht eindeutig? Wie kann man es am besten ausdrücken. ... Ich bin aufgewacht. Ich habe den Sinn der Welt entdeckt. Sie ist nur da um Schmerzen zu zufügen. Nichts anderes gibt es auf der Welt, außer Schmerz und Abneigung. Der ganze Rest ist nur pure Fantasie. Verstehst du das nicht? Niemand interessiert sich für jemanden anderen, als sich selbst. Wer das nicht versteht, verschließt seine Augen vor der Wahrheit.“ Das einfache rote Glimmen in den Augen des Sprechenden schien sich noch zu verstärken, während er sprach. Das war einfach zu viel. Abneigung. Pure Abneigung und Wut kochte langsam in André auf. „Du bist nicht Kazuo! Der Kazuo den ich kenne, der ist nicht so wie du!“, fauchte er seinen Gegenüber an. Das Gesicht des Angesprochenen veränderte sich zu einer Grimasse. Die Augen weiteten sich. Ein unangenehmes schiefes Grinsen erschien auf seinen Lippen. Unnatürlich weiß wirkende Zähne kamen dahinter zum Vorschein. Bevor der Südländer sprach, riss er erst beide Arme hoch. Ein widerschallendes, kaltes Lachen riss sich durch die stille Nacht: „Wie bin ich denn sonst? … Besorgt? … Zuvorkommend? … Freundlich? … Lache ich ohne Ende? … DAS ALLES SIND NUR SINNLOSE EMOTIONEN! WEITER NICHTS! … So was braucht man nicht. Diesen unnötigen Ballast widersetze ich mich! …“. „SEI STILL!“, schrie der Wutentbrannte seinen vermeintlichen Freund an.
 

Diese so erkaltete Einsstellung seines Zimmerkameraden fachte das Temperament des Duellanten weiter an. „ES REICHT MIR ENTGÜLTIG! … ES GIBT WOHL NUR EINE SACHE, DIE DICH NOCH WACHRÜTTELN KANN! … EIN DUELL!“ Ehe Andrés Worte endete, aktivierte sich seine Duell-Disk. Diese Sprache verstand sein Gegner sichtlich. Die Duellanten machten sich bereit. „ZEIT FÜR EIN DUELL“, schallte es aus ihren Mündern. „Ich bin dran. Du weißt ja, LADIES FIRST! [Die Damen zuerst!]“, begann der Schwarzhaarige seinen Eröffnungs-Zug. Ein schneller Blick auf seine Hand Karten erfreute ihn. „So. Mal sehen, ob die Kombinationen ihn wieder an früher erinnern.“, dachte er sich dabei. „Nun denn. Ich spiele „Einhorn-Baby“ im Angriffsmodus. Danach eine Karte verdeckt. Damit beende ich meinen Zug!“, kündigt er vor dem erscheinen seiner Karten an. Das Fohlen setzte sich quietsch vergnügt auf sein Hinterteil und blickte in die Runde. Hinter ihm zeigte sich die verdeckte Karte. Der Halbjapaner zog seine erste Karte. Nur kurz sah Kazuo auf seine Hand. In einer fließenden Bewegung waren 5 Karten verdeckt gespielt. Wie durch Magie entwickelte sich eine feuerähnliche Aura um die Duell-Disk des Rothaarigen. Mit dem Unterschied, dass es sich um blaue Flammen handelte und eine Eiseskälte von ihr auszugehen schien.
 

Nun erhob sich auch die Stimme des Handelten: „Wenn du glaubst, dass ich schon fertig bin, dann hast du dich getäuscht. Ich setze den Effekt meines Monsters ein. Wenn alle Zauber- und Fallenkartenstellen in der Kartenzone besetzt sind, darf ich meine Kreatur spezial beschwören. Zeig dich „Avaritia, schwarze Seele der zerbrochenen Welt“. … Attackiere dieses kleine Pony.“ Vor Kazuo erschien eine schwarze Kugel, die zugleich die Form eines Menschen annahm. Die Werte beliefen sich auf 2100 ATK und 200 DEF. Das Wesen bestand nur aus schwarzem Nebel. Langsam zeichnete sich ein riesiges Maul in Bauchhöhe des Monsters ab. Sofort riss die Bestie das Maul auf und stürzte sich hungrig auf das „Einhorn-Baby“. „Von wegen! Ich aktiviere „Beschützerinstinkt!“. Mein „Legendäres Einhorn“ wird das Fohlen schützen!“, entgegnete der Grauäugige. Das groß gewachsene Einhorn, mit sehr langem Mähnen- und Schweifhaar erschien. Gegen die ATK des gegnerischen Monsters konnte es jedoch nichts ausrichten. Es zersprang und sein Besitzer verlor 200 Lebenspunkte. André schaute zu Kazuo. „Hat „Beschützerinstinkt“ was ausgelöst?“ Doch die Mimik hatte sich nicht verändert. Er biss auf die Zähne. „Verdammt! Fehlgeschlagen. Gut, dann muss ich es eben weiter versuchen!“.
 

Ein eiskaltes Lachen erschallte durch die Nacht. Die Stimme wirkte wie nicht von dieser Welt. „Dann ist der kleine Bastard halt nächste Runde fällig.“ Je länger die Auseinandersetzung zwischen den beiden Zimmerkameraden andauerte, desto mehr schien sich Kazuo zu verändern. Seine Stimme wirkte immer furchteinflößender. Die Augen glühten immer kräftiger und das schiefe Grinsen wirkte immer fanatischer. „Du bist dran.“ „Na endlich!“, gab der Grauäugige genervt zurück. Er zog und versuchte erneut sein Glück. „Ich aktiviere die Feldzauberkarte: „Einhornwald““ Um sie herum erhob sich dichtes Gehölz. Das Zentrum bildete eine Lichtung mit einem kleinen See. Um sie herum blühten die Blumen auf. Sogar ein kleiner Bach floss durch dieses Bild. André atmete innerlich auf. „Das schützt mich eine Weile. Dann kann es weiter gehen. … Ich spiele als nächstes mein „Einhorn“. Ebenfalls im Angriffsposition.“, fuhr er schließlich fort. Neben dem kleinen Einhorn, erschien der Duellgeist des Älteren. Das Stirnhorn drohte seinem Gegner. „Ich verstärke meine Kreaturen mit der Zauberkarte: „Magische Mondnacht“. Durch sie erhalten meine Einhörner 800 Angriffspunkte hinzu. Mit 400 Punkten des Einhornwaldes beläuft sich ihre gesamte ATK auf 2700 und 2100. Nun befördere ich dein Geschöpf in die ewigen Jagdgründe!“, sprach er, während sich seine Spielkarte aktivierte und den Duell-Monstern seine Kraft verlieh. „Einhörner! Greift ihn an!“, befahl der 19 jährige Duellant seinen Fabelwesen. Sie galoppierten auf Kazuo zu. Ihre Hörner durchbohrten den Körper des schützenden Monsters und senkten die Lebenspunkte auf 1300. Kazuo beobachtete alles ohne auch nur ein wenig zu zucken. Er stand regungslos da und schien auf etwas zu warten. Der Blick ruhte steif und intensiv auf seinen Gegner. „Zu guter Letzt setze ich zwei Karten verdeckt und beende meinen Zug.“
 

Mit gelassener Stimme gab er an seinen Zimmergenossen ab. Schnell zog der Gegner seine Karte. Ein kleiner Blick reichte schon. Dann begann er auch schon seinen nächsten Zug. Eine unheimliche, negative Energie ging von ihr aus. „Schluss mit dieser lachhaften und kindischen Fantasiewelt.“, sagte der Rothaarige. Während er sprach, legte er schon seine eigene Spielfeldzauberkarte auf das Feld. Die Augen des anderen Schülers weideten sich. „Meine Feldzauberkarte. Das darf doch nicht wahr sein!“, stieß André entsetzt hervor. Der schützende und zauberhaft wirkende Wald verschwand und eine neue, düstere Umwelt entstand. Beim Anblick dieser Bilder, die sich vor ihm abspielten, überkam ihm ein kaltes und sehr unangenehmes Gefühl. Sein Körper begann wie Espenlaub zu zittern. „Was hast du gemacht?“, fragte er den Rothaarigen mit bibbernder Stimme. „Ich habe nur ein Ende mit dieser Illusion gemacht. Du sollst die Wahrheit erfahren und dabei hilft mir diese Karte, die auf den Namen: „Die zerbrochene Welt“ hört. Sehe genau hin. Nehme die Atmosphäre, die dich umgibt, wahr. Höre, schmecke, rieche und fühle das wahre Antlitz der Welt. … Nun kommt ein alter Bekannter zurück aufs Feld. Sobald die Zauberkarte „Die zerbrochene Welt“ gespielt wird, kann ich ein Monster vom Friedhof, was „zerbrochene Welt“ im Namen trägt, auf mein Feld rufen.“ Kaum hatte Kazuo zu Ende gesprochen, da erschien auch wieder das schattenähnliche Monster. „Nun Avaritia greif sein „Einhorn-Baby“ an. … Durch die Spielfeldzauberkarte bekommt er noch mal einen Angriffsschub von 500 Punkten. Außerdem wirkte dein „Mondschein-Zauber“ auch nur für eine Runde und ist somit keine Stütze mehr für dein kleines Pferdchen.“ Kaum war der Befehl ertönt, stürzte sich schon die menschenähnliche Nebelkreatur ein weiteres Mal auf das kleine Einhorn. „Wenn du denkst, ich lasse dich gewähren, dann kennst du mich verdammt schlecht! … Ich aktivere „Astralbarriere“! Ich schütze mein Einhorn vor deiner Bestie!“, reagierte André entschlossen auf die Attacke seines Gegners. Mit ausgebreiteten Armen stellte er sich vor seinen Fabelwesen. Der mächtige Hieb des Ungeheuers versetzte ihm einen schmerzvollen Schlag. Er flog zurück und landete unsanft auf der kalten und stahlharten Erde. Schmerzverzerrt stöhnte er dabei auf.
 

Nur langsam konnte er sich wieder hoch kämpfen. Sein Punktestand fiel rapide auf 1200. Keuchend stand der Schwarzhaarige wieder auf seinen wankenden Beinen. „KAZUO! … Wo bist du nur? … WO IST DER FREUND, DEN KENNEN UND LIEBEN GELERNT HAB?“, schrie der Verletzte die Gestalt an. Bei der letzten Frage legte der Halbspanier seinen Kopf schräg. Das unheimliche Lächeln verschwand. Das rote Glühen in den Augen wurde von der bekannten saphirähnlichen Farbe ersetzt. Das Haar nahm wieder das feurige Aussehen an. Nun stand an der Stelle, wo noch kurz vorher die veränderte Gestalt sich befunden hatte, der alte Kazuo. Er lächelte freundlich während er sprach: „Was meinst du den? Ich bin doch hier? Ich war niemals weg. Ich habe nur die Grausamkeit dieser Welt erkannt!“ Bei den letzten Worten zerplatze das alte Aussehen wie eine Seifenblase wieder. Das neue Ich des Duellanten präsentierte sich erneut. Jegliche Emotion war aus dem Gesicht von Kazuo weggewischt. Keine Gefühlsregung zeigte sich mehr. Nur das unheimlich rote Glimmen in den Augen schien immer intensiver zu werden. „Das wirst du schon früh genug noch verstehen. Auch du wirst die Realität annehmen müssen. So wie es schon viele vor die getan haben.“ Ein eiskaltes Lachen durchbrach die Stille. Wie Eiswasser sickerte es durch den ganzen Körper des Zuhörers. Bei diese bösartigen Lache und dem kleinen Schauspiel stellten sich die Nackenhaare von André auf. Ein kalter Schauder durchfuhr seinen gesamten Körper. Verzweifelt redete er weiterhin auf seinen Gegner ein. „Nein, das kann nicht sein. Du liegst falsch und das werde ich dir beweisen! Mein ZUG!“, die Entschlossenheit, der Wille und die Hoffnung seinen Freund wieder zu bekommen, trieb den Duellanten an. Er zog seine nächste Karte. „Perfekt!“, dachte sich der Grauäugige, als er erkannte, was er in der Hand hatte. „Ich spiele „Freundliche Wohltat“, mit ihr erhalte ich drei neue Karten. Allerdings werfe ich zwei aus meiner Hand auf den Friedhof ab. Mit meinen beiden, neuen Karten ist das Duell noch lange nicht vorbei! Ich spiele nun „Einhornliebe“.“
 

Das Deck von André erleuchtete. Ein Wiehern erklang. Ein Lichtgewitter explodierte. Als die Leuchtkraft abnahm, stand neben dem Duellgeist ein weiteres Einhorn. Es wies jedoch viele weibliche Formen und Farben auf. Ihre Stirnhörner überkreuzten sich. Verliebte Blicke wurden ausgetauscht. Ein vermeintliches Knurren ertönte aus der Richtung von Kazuo. André erklärte die Gegebenheit. „Diese Zauberkarte lässt mich ein weibliches Gegenstück zu meinem Einhorn aufs Feld rufen, welches dieselben Eigenschaften, Effekte, Angriffs- und Verteidigungspunkte hat, wie mein bereits vorhandenes Einhorn besitzt. Allerdings muss ich meine Battle Phase nun beenden. Du bist leider dran!“, gab André zu und beende notgedrungen seinen Zug.

Kazuo zog und legte seine neu gezogene Karte direkt auf das Feld. „Ich rufe einen weiteren „Avaritia, schwarze Seele der zerbrochenen Welt“ im Angriffsmodus!“ Eine zweite Schattengestalt erschien nach dem Aufruf. Keine Besonderheit spiegelte sich in dem Verhalten des Duellanten wieder. Er stand einfach nur ruhig da und starrte auf seinen Gegner und ehemaligen Freund. Das traurige Gesicht des halbdeutschen Duellanten wandelte sich zu einem Lächeln. „Ich aktiviere: „Reisenden Tribut!“ Alle Monster wandern auf den Friedhof!“, lachte er mit einem sicherem Ton in der Stimme. Die Kreaturen verschwanden vom Feld. Kein überraschtes Gesicht. Keine wütende Gestik. Nichts zeichnete sich bei Kazuo ab. Er schien einfach nur zu warten. „Du bist dran.“, flüsterte er schließlich eindringlich. André war wieder dran.
 

„In Ordnung. Ich rufe nun mein mächtigstes Einhorn! … KOMM UND ZEIG DICH, „SCHATTEN-HENGST“!“ Mit diesen Worten hallten Hufgeräusche durch die Umgebung. Aus Andrés Rücken sprang ein pechschwarzes Wesen. Es wies die typischen Einhornmerkmale wie eine pferdeähnliche Statur und ein langes Stirnhorn auf. Allerdings umgab sein Körper eine Art Nebel. Die Augen glühten so gelb wie der Sonnenschein. Aus seinen Nüstern rauchte der Atem des Wesens. Seine ATK und DEF waren gleich Null. Keine Reaktion kam aus der Richtung des Rothaarigen. Nur der durchdringende Blick verblieb. Klar wie eine Eiswand schien sich die Stimme des Duellanten wie eine Brise durch die Nacht zu ziehen. „Ein weiteres, nerviges Fabelwesen. Welche Überraschung.“ Langeweile und ein klein wenig Sarkasmus war in den Worten zu erkennen. Gelassen fuhr der grauäugige Duellant sich durchs schwarze Haar. Als sich ihre Blicke trafen, leuchteten seine wie eine lodernde Flamme. „Mittlerweile müsste du wissen, dass meine Einhörner mehr als nur missgebildete Gäule sind. Sie gehören zu meinen Leben, genauso wie du! Und ich werde dich jetzt von deinem Trugbild befreien!“, antwortete André ihm. „Auf! Stärke dein Monster! Es wird dir eh nichts nutzen.“ Gab der Südländer nur gelassen zurück. Ihn schien nichts aus der Fassung zu bringen. Es wirkte schon fast herablassend wie er nun seinen Gegner ansah und ansprach. Unbeirrt wendete sich der Schüler wieder seiner Kreatur zu. „“Schatten-Hengst“, nutze deinen Effekt und nehme die Kraft derer, die gefallen sind, in dir auf. Befreie meinen geliebten Freund aus den Klauen des Bösen!“ Mit einem Fuß stampfte das Duell-Monster auf die Erde. Ein Wiehern donnerte erneut durch die nebelige Luft. Das Stirnhorn begann zu leuchten. Grelles, goldenes Licht entkam ihm. Die schemenhaften Abbilder der vier vorigen Einhörner zeigten sich. Zusätzlich erschienen zwei zusätzliche Einhörner. Gemeinsam verwandelten sie sich zu kleinen, hellen Kugeln, die in das Stirnhorn des Hengstes flogen und mit ihm verschmolzen. Die Angriffs- und Verteidigungskraft stieg plötzlich an. Die Zahlen zeigten schließlich 4200 und 3600. Nach all der Zeit schien sich das erste Mal etwas anderes bei Kazuo zu bewegen als seine Lippen. Er schüttelte den Kopf. „Wie zu erwarten. Ein Effekt. Du verstehst immer noch nicht. Jetzt gleich wirst du mir bestimmt noch den Effekt erklären.“ Resignierend entwich dem Rothaarigen ein Seufzer. Der starrende Blick weichte etwas auf. Doch das rote Glühen ließ nicht nach.
 

„Der besondere Effekt meines Hengstes ist wie folgt: Seine ATK und DEF Punkte richten sich nach der Anzahl an Einhornkarten in meinen Friedhof. Für jedes bekommt er 800 Angriffs- und 600 Verteidigungspunkte hinzu. Als ich „Freundliche Wohltat“ aktiviert habe, warf ich zwei weitere Einhörner von meiner Hand auf den Friedhof ab. Somit ist mein Einhorn nun die stärkste Kreatur auf dem Feld. Es ist vorbei!“, fuhr der Straßburger fort. Mit einem siegessicheren Blick befahl er den Angriff. Das pferdeähnliche Tier bäumte sich auf und rannte dann unbeirrt auf seinen Gegner zu. „Ich spiele meine verdeckte Fallenkarte: „Wahre Realität“. So wird deine Battle Phase beendet und dein Angriff unterbrochen. Doch das war noch nicht alles. Ich darf eine zerbrochene Welt Karte aus meinem Deck beschwören. Ich rufe dich „Gula, verzweifelte Seele der zerbrochenen Welt“. Zeige dich und helfe mir!“ Vor dem Halbspanier erschien eine Feste schwarze Kugel. Ein unheimlicher schwarzer Rauch ging von ihr aus. Nach und nach öffneten sich Augen. Die Ganze Kugel war mit diesem Sinnesorgan bedeckt. Keines der Augen hielt still. Im unregelmäßigen Takt sahen sie alle in eine andere Richtung. Es wirkte schon fast als würden sie etwas bestimmtes Suchen. Sie besaß 3000 ANG und 1500 DEF. „NEIN!“, schrie André. Die Attacke wurde einfach abgeblockt, noch ehe sie zum Zuge kam. Enttäuscht und entsetzt zugleich sank er auf die Knie. Mit zitternden Augen und krampfhaften Drang seine Tränen zurück zu halten, beende er den Zug. „Dann bin wohl ich dran.“ Schnell zog Kazuo eine Karte, sah kurz darauf und aktivierte sie sofort. „Ich spiele „Ungerechter Opferkult“. Normalerweise darf ich nur ein „zerbrochene Welt“-Monster aus dem Friedhof wieder auf das Feld zurückholen, doch wenn sich die Karte „Die zerbrochene Welt“ auf dem Feld befindet darf ich sogar zwei Monster wieder zu den Lebenden zurückholen. Los, aktiviere dich meine Zauberkarte.“
 

Ein schmerzerfülltes Wiehern schnitt durch die dunkle Nacht. Aus dem Boden waren mehrere Schattenhände aufgetaucht und drückten den Hengst immer fester zusammen. Bis er schließlich zersprang. Auf der Seite von Kazuo jedoch erschienen seine beiden, menschenähnlichen Schatten, die nur zwei Züge davor zum Friedhof geschickt worden waren. „Oh ich habe vergessen zu erwähnen, dass dafür ein Monster auf deiner Seite geopfert wird.“ Ein eiskaltes Lachen erschallte wieder und schien sich wie durch ein Echo immer mehr zu vervielfältigen. „Ich habe dir doch gesagt, dass du es einfach nicht verstehst. Doch bald wirst du klar sehen. Meine Freunde, … greift ihn direkt an!“ Die Mäuler der Schatten öffneten sich bei diesem endgültigen Befehl und die zwei Monster stürzten sich auf den knienden Jungen. Die Augen der Kugel fixierten dasselbe Ziel und schossen schließlich einen gebündelten roten Strahl auf das Opfer ab. Mit letzter Kraft und aus reiner Verzweiflung setzte André den Effekt seines Schildes erneut ein. Obwohl er keine Monster mehr hatte, erhoffte er sich dadurch Kazuos altes Ich wieder zu erwecken. Der Schuss ging aber nach hinten los. Die Wucht des Angriffs schleuderte ihn durch die Luft. Er knallte auf die Erde und atmete schwer. Es war wirklich vorbei. Der Herausforderer hatte es nicht geschafft, seinen Freund zu befreien. Mit letzter Anstrengung verfolgte er das kommen seines Gegners, eher er schließlich bewusstlos wurde. Das Spielfeld löste sich langsam auf, während der Sieger auf den Bewusstlosen zuschritt. Langsam bewegte sich die perlweiße Hand auf die Stirn von dem Schwarzhaarigen zu. Kurz vor der Berührung hielt sie jedoch inne. „Du bist es nicht wert geweckt zu werden. Schlaf weiter und Träume von deiner Fantasiewelt.“, nach diesen letzten Worten drehte sich Kazuo um, zog die Kapuze wieder über den Kopf und verschwand in den Schatten der Dunkelheit.
 

„So dann wollen wir mal“, mit diesen Worten machte sich Leon zu dem Apartment von Tobi Schäfer auf. Der blondhaarige Student hatte das Versprechen, welches er seinem kleinen Liebling gab, nicht vergessen. Die Geschichte von André und das seltsame Verhalten von Kazuo, was er auch langsam selbst erlebte, bewogen ihn ebenfalls dazu. Der Duellant streifte durch Treppenhäuser und Gänge bis er schließlich vor der Tür des Gesuchten stand. Doch auf einmal musste er schwer schlucken. „Es ist seltsam. Ich, Leon Norman, das Oberarsch dieser Akademie klopfe bei Tobi Schäfer an der Tür an. Früher war das undenkbar. Diese Sache am Strand hat mich wirklich verändert.“, ging es ihm dabei durch den Kopf. Er bereute sein neues Ich zwar nicht, aber in einigen Situationen verwunderte es ihn immer wieder. Der Blauäugige atmete noch mal tief durch und klopfte an die Pforte. Nichts regte sich. Er wiederholte es immer wieder. „Hey Tobi! Bist du da?“, rief er gegen die verschlossene Holzmauer. Leon drückte sein Ohr an die Tür und horchte. Zwar nur leise, aber es waren Geräusche zu vernehmen. Jetzt fühlte sich der Student regelrecht verarscht, wenn man es mal salopp ausdrücken durfte. Sein Temperament loderte langsam auf. Doch bevor er erneut die Stimme erhob, lenkte ihn ein Gespräch zwischen zwei Mitschülern ab. „Hast du schon gehört? Der Burkhard liegt im Krankenzimmer. …“ „Was ist nur mit ihm passiert? …“ „Keine Ahnung. Aber er ist bewusstlos und wacht nicht auf. …“ Die zwei jungen Frauen entfernten sich von ihm. Als wäre Leon mit kalten Antarktiswasser überschüttelt worden, starrte er den zwei Schülerinnen nach. Sein Herz begann zu rasen. „ANDRÉ!“, schoss es durch seinen Kopf. Wie von der Tarantel gestochen rannte der Blondhaarige in Richtung Krankenzimmer.
 

Mit einem lauten Knall flog die Tür des Vorraumes auf. Schnaufend und mit einem mit Angstschweiß getränkten Gesicht sah der Student in die Augen der verwunderten Krankenschwestern. „Wo ist er?“, jappst er hervor. „Wer?“, fragte ihn eine jüngere Schwester. „André … Der Schüler Burkhard.“, erwiderte er. Die Angesprochene verstand und führte den 25 Jährigen zum Krankenbett. Dort lag der Schwarzhaarige. Seine Augen waren geschlossen und auch sein Atem war sehr flach. „Was ist passiert?“, fragte Leon den Arzt, der bereits neben André saß und den Puls und die Atmung prüfte. „Sind sie ein Freund?“, entgegnete der Herr im weißen Kittel. Der Student nickte. Seine Augen zitterten bei dem Anblick, den der Jüngere ihm bot. „Wir haben keine Ahnung wie es passiert ist. Tatsache ist aber, dass einige Schüler Herrn Burkhard und zwei weitere Duellanten draußen am Waldrand in diesem Zustand gefunden haben. Ich kann sie aber beruhigen. Er ist körperlich soweit in Ordnung und zeigt auch bisher keine Zeichen für lebensbedrohliche Verletzungen.“, erklärte der ältere Mann, der auf Dr. Hiroshi Makoto hörte. Bei diesen Worten fiel Leon ein Stein vom Herzen. Er stellte sich links von André und begutachtete den Schlafenden. „Ich lasse sie kurz allein. Ich bin sofort wieder da.“, sprach der Grauhaarige den Besucher an, bevor er sich aus dem Raum begab.
 

Als sie nun zu Zweit waren, umfasste die große Männerhand die des Kleineren. „Wer hat es dir nur angetan?“, fragte er sich. Leon verspürte eine regelrechte Wut und Hass. „Niemand hat das Recht dich so zu zurichten! Wenn ich den Täter erwische!“, knurrte er. Auf einmal begannen sich die Lippen des Liegenden zu bewegen. Es schien, als würde er im Schlaf reden. „Kazuo. … Nein! Bitte NICHT! … Tobi. … Warum hast du das nur getan?“, waren die einzigen Fetzen, die Leon verstehen konnte. „André? … Bist du da? … Was meinst du?“, fragte er ihn unsicher. Doch der Angesprochene verstummte wieder. Nachdenklich ließ der Ältere die Hand des Bewusstlosen los und lehnte sich an die Wand an. „Was meint André damit? Es scheint so, als würde Kazuo was passieren. Und Tobi? Hat der was angestellt? …“ Er kratzte sich am Kopf und schloss die Augen. Ein Gedankenblitz durchzuckte ihn. Er ballte die Faust. Mit einem letzten Blick sah der Student kurz zu seinem Geliebten. Ohne große Worte verließ der Blauäugige den Raum, in dem bereits der Schularzt zurückgekehrt war. Mit aufflammender Wut kochte das Temperament des Mannes hoch. In wenigen Augenblicken stand er wieder vor der Tür, die zu Tobi Schäfers Wohnung gehörte. Mit der Faust haute er gegen das Holz der Eingangstür.
 

„TOBI! MACH SOFORT DIE TÜR AUF! ODER ICH TRETE SIE EIN!“, brüllte Leon. Sein Kopf lief rot an. Er stand kurz davor zu explodieren. Die Tür öffnete sich. Noch ehe der Braunhaarige realisieren konnte, was geschah, packte der Größere ihm am Kragen und betrat die Wohnung. „SO FREUNDCHEN! … ICH WEIß NICHT WAS DU MIT KAZUO GEMACHT HAST, ABER DEINETWEGEN LIEGT ANDRÉ IM KRANKENZIMMER UND WACHT NICHT MEHR AUF!!! MIR IST SCHEIß EGAL, WAS DU ÜBER MICH DENKST! ICH WILL ABER ANTWORTEN!!!!! UND ZWAR PRONTO!!!! SPUCK AUS … WAS IST ZWISCHEN DIR UND KAZUO VORGEFALLEN!!!“, während er den ehemaligen Campkollegen anfauchte, bohrten sich die eiskalten, blauen Augen in die seines Gegenübers. Die Lage, in der sich André befand, ließ den Deutschen nicht mehr los. Er konnte und wollte nicht ruhig mit Tobi reden. Die Aggression, die nur seine Angst um den anderen Duellanten verbarg, entbrannte förmlich. Im ersten Moment ziemlich überrascht, sah der Braunhaarige nur direkt in die wutentbrannten Augen seines Gegenübers. Schnell fand er wieder seine Fassung. Ruhig und gelassen bewegte er seine eigene Hand zum Handgelenk des Fremden Armes an seinem Kragen. Zielsicher packte er zu und verstärkte seinen Griff. Die Hand konnte nicht anders, als vom Kragen zu lassen. Nun da sein Kleidungsstück von dem Griff befreit war, sah Tobi wieder direkt in die eisblauen Augen. Der eigene Blick war streng und erbarmungslos. Ruhig aber befehlend erhob sich die Stimme des Goldäugigen: „Unterschätze mich nicht! Ich bin lange nicht so schwach wie du mich einschätzt!“, wie zum Beweis drückte er noch mal stärker das Handgelenk zusammen, bevor er weiter sprach. „Entweder erklärst du mir jetzt was los ist oder du kannst wieder gehen. Denn nach meinem Wissen habe ich in den letzten Tagen weder was mit dir, André oder Kazuo zu tun gehabt. Also kann niemand wegen mir irgendwo liegen!“ Der letzte Ausruf war furchteinflößend.
 

Selbst ein Löwe hätte in diesem Moment in seiner Bewegung inne gehalten. Nun ließ der Braunhaarige auch wieder die Hand los. Regungslos fiel der Arm, bis er schließlich nur noch schlaff vom Körper herab hing. Leon war einfach nur fassungslos. So was hatte er bis jetzt noch nie erlebt. Jemand der so mühelos seinem Griff entkam, konnte es doch nicht geben. „Schließ die Tür hinter dir wenn du gehst. Oder schließe sie wenn du dich entschließt zu bleiben. Ich warte in der Küche falls du reden möchtest.“ Mit diesen letzten Worten drehte sich Tobi um und verschwand in Richtung Küche. Absolute Sprachlosigkeit erfasste den Studenten. „Hallo? Was geht mit dem Schäfer ab? Und außerdem, was fällt dem überhaupt ein, so mit mir zu reden!“, überschlug es sich dabei in seinem Kopf. Trotz seiner Wut besonn er sich auf seine eigentliche, gute Erziehung und schloss die Tür, die bisher offen stand. Mit einem genervten Grummeln schlug er sie zu und folgte dem Deutschen in die Küche. Doch als er sah, wie gelassen der Gastgeber sich verhielt, riss ihm der Geduldsfaden. Mit vollkommener Sicherheit saß der Goldäugige Schüler am einfachen Küchentisch, als der blonde Student eintrat. Er sah einfach nur auf und verfolgte die Bewegungen von Leon, dabei rührte er gelassen in einer Tasse. „Wenn du schwarzen Tee möchtest. Er ist frisch zubereitet. Nimm dir ruhig was.“ Mehr sagte der Braunhaarige nicht. Der Duellant wartete einfach nur darauf, dass sein Besucher sich zu ihm setzte und endlich die ganze Geschichte erzählte. Im schnellen Schritt stapfte Leon auf ihn zu. Sein Faust schlug auf den Küchentisch.
 

„WAS FÜR EIN DEPP BIST DU EIGENTLICH? WIE KAM MAN NUR SO RUHIG BLEIBEN? WILLST DU ODER KANNST DU NICHT VERSTEHEN?“, begann er erneut mit seiner lautstarken Standpauke. Es machte ihn nur fertig, dass Tobi die Tatsache scheinbar ignorierte, dass André bewusstlos im Krankenzimmer lag. Als er die Bilder nochmals vor seinen inneren Augen sah, steigerte sich die Lautstärke um das doppelte. „ICH DACHTE, DU WÄRST EIN KLUGER BURSCHE! ABER ICH SEHE HIER NUR EINEN HIRNVERBRANNTEN, SCHEINHEILIGEN FREUND, DEM DAS WOHL DER ANDEREN AM ARSCH VORBEI GEHT! WIE KANNST DU DIR DAS RECHT RAUSNEHMEN, DIE SACHE MIT ANDRÉ UND KAZUO ZU IGNORIEREN?! DER KLEINE STRAßBURGER LIEGT BEWUSSTLOS IM KRANKENZIMMER. NIEMAND WEIß WAS PASSIERT IST. DOCH ER HAT IM SCHLAF GESPROCHEN. ER HAT DEINEN UND KAZUOS NAMEN GENANNT. ALSO, … ICH WILL JETZT VERDAMMT NOCH MAL WISSEN, WAS ZWISCHEN DIR UND KAZUO VORGEFALLEN IST!!! DENN DEIN FREUND TICKT NICHT MEHR GANZ RICHTIG! UND ICH GEBE DIR DIE ALLEINIGE SCHULD DARAN, DASS ANDRÉ IM KRANKENZIMMER LIEGT! … SAG ENDLICH DIE WAHRHEIT!“, die bestimmenden und harten Worte des Älteren bombardierten seinen Gesprächspartner. Leon musste seinem Ärger einfach Luft machen. Er dachte immer wieder an seinen Geliebten. Die Wortfetzen, die er ihm mitgeteilt hatte, mussten was mit Tobis und Kazuos Beziehung zu tun haben. Da war er sich ganz sicher. Gelassen ließ der Braunhaarige das Gebrüll seines Besuchers über sich ergehen. Nachdem endlich der Blonde sein letztes Wort gesprochen hatte, nippte Tobi kurz an seinem Tee. Er war immer noch zu heiß. Also rührte er weiter. Man konnte schon eine pochende Ader an der Schläfe des Aufgebrachten sehen. Doch dies beeindruckte den Goldäugige nicht. Seelenruhig rührte er ein paar Minuten weiter, bis der Schüler vom schwarzen Tee kostete. Nun hatte er genau die richtige Temperatur. Erst jetzt sah der Braunhaarige wieder auf: „Der Tee ist klasse. Du willst wirklich keinen.“ Allein diese einzige Aussage bekam der Wütende zu hören.
 

Das war zu viel des guten. Man konnte förmlich sehen wie der Geduldsfaden des Studenten riss. Der blauäugige Student erhob sich zu seiner vollen Körpergröße. „NA SCHÖN! WENN DU NICHT VON ALLEINE REDEST, DANN HELFE ICH GERNE NACH! ICH KANN DIR DIE SANFTE ODER DIE HARTE TOUR ANBIETEN. WELCHE WÄRE DIR IDIOT LIEBER?“, dabei bearbeitete er mit der linken Hand die rechte Faust. Leon war es langsam Leid. Er stellte dem Duellanten ein unmissverständliches Ultimatum. Dabei bohrten sich die vor Feuer loderten Augen in die des Anderen. Der Blondhaarige würde in diesem Moment sogar über Leichen gehen, um zu wissen, wer oder was André diese Bewusstlosigkeit, vor allem aus welchen Grund, zugefügt hatte. Laut reden konnte jeder und das brachte Tobi nicht aus der Fassung. Aber bedrohen lassen würde er sich nicht. Er schlug nur einmal mit der flachen Hand auf die Tischplatte: „SEI STILL!! Wenn du glaubst mir in meinem Zimmer drohen zu können, hast du dich geschnitten!“ Der Tonfall von dem Braunhaarigen ließ keinen Zweifel offen. Wenn sich Leon nicht beruhigte, würde er nichts zu hören bekommen, außer dem Knall der Zimmertür, die sich hinter ihm schließen würde. Wieder nippte der Goldäugige an seinem Tee. Danach begann er wieder zu sprechen: „Bis jetzt weiß ich von dir, dass André bewusstlos im Krankenzimmer liegt. Dazu kommt, dass er in seinem Schlafzustand oder in was auch immer er ist, meinen Namen und dem von Kazuo gesagt hatte. Ist es vielleicht möglich, dass er nur von seinen Freunden geträumt hat? Oder kannst du mir beweisen, dass Kazuo etwas passiert ist und ich daran schuld bin? … Weist du wer oder was ihm das angetan hat? … Solange dir keine Antworten darauf einfallen, sehe ich auch keinen Grund dir irgendetwas aus meinem Privatleben zu erzählen.“ Nun war der Blick fest auf dem stehenden Studenten geheftet. Die Hände waren locker ineinander gefaltet, und lagen auf der Tischoberfläche. Tobi tat nichts weiter als abzuwarten. Ruhig und gelassen erwartete er die Erklärung von Leon.
 

Wutschnaubend senkte der Blondhaarige seine Arme. Seine Augen zitterten für einen Moment. Doch dieser Zeitpunkt der Schwäche hielt nur kurz. Er atmete tief ein. Ohne Vorwarnung drehte er sich um und begann zu gehen. Im Türrahmen hielt er inne. Mit dem Rücken zu seinem Gesprächspartner gewandt verabschiedete er sich von ihm. „Tobi. Eigentlich müsstest du wissen, dass ich seit dem Strand ein anderer Mensch bin. Aber wenn dir deine Freunde scheinbar egal sind, dann tut es mir für dich Leid. André sagte: „Kazuo! NEIN! BITTE NICHT!“ Es hörte sich eher wie ein Hilfeschrei als wie ein schöner Traum an. Und dein Name wurde mit einer Frage genannt. „TOBI. WARUM hast du das nur getan?“ Ich bin alt genug um Eins und Eins zusammen zu zählen. Aber mir ist es langsam echt egal. André braucht mich jetzt. Schlürf ruhig deinen Tee leer. Ich entschuldige mich für die Störung. Einen schönen Tag noch, Monsieur [der Herr].“ Das Sportass durchquerte den Flur und schloss die Eingangstür hinter sich. Keine Spur von Aggression war mehr zu vernehmen.
 

Ohne eine Reaktion auf das Verschwinden des Studenten trank der Zurückgelassene einen weiteren Schluck aus seiner Tasse. Danach sah er in die trübe Flüssigkeit. Sein eigenes Gesicht spiegelte sich leicht in dem Tee wieder. Doch von Selbstsicherheit und Ruhe war nichts mehr zu sehen. Besorgnis und ein klein wenig Verzweiflung sahen im direkt in die Augen. „Meine Freunde egal? Wenn du wüsstest.“ , flüsterte er vor sich hin. Gerade hob er wieder die Tasse an, da schien sich etwas in ihm zu tun. Der Griff um das Geschirrstück verstärkte sich, bevor sie mit voller Kraft gegen die Wand geworfen wurde und in tausend Stücke zersprang. „VERFLUCHT!!!“ Die ganze Fassade brach zusammen. Die gerade Haltung wich. Der Kopf legte sich auf die Tischplatte, während sich die Hände darüber legten. So lag er nun einige Minuten, er glich schon fast einer Statue. Mit einem schnellen Ruck stand Tobi auf. „Ich bin es leid! Jetzt mache ich das was ich von Anfang an hätte machen sollen.“, brüllte der Goldäugige in sein leeres Zimmer, als wollte er sich noch ein wenig in seinem Entschluss unterstützen. Mit sicherem Schritt verließ er sein Zimmer. Er wusste genau wo er jetzt sein sollte.
 

Mit langsamen Schritten kehrte Leon zu André zurück. Innerlich verfluchte er seinen alten Ego, der sich vor allem durch sehr aggressives und unkontrolliertes Verhalten auszeichnete. „Ich habe versagt. VERDAMMT! Tobi ist auch so ein Sturkopf. Da ist doch was im Busch. Das riecht man zehn Meilen gegen den Wind. Aber ich wusste es ja mal wieder besser und drohe ihm auch noch.“ Am liebsten hätte er sich selbst eine Ohrfeige dafür verpasst. Doch die Gedanken und Gefühle richteten sofort wieder auf den Geliebten. Der Student betrat nach der Voranmeldung bei der Stationsschwester den Raum, in dem der Schüler lag. Seine grauen Augen waren immer noch verschlossen. Der Ältere seufzte und nahm sich einen Stuhl, um seinen Liebling Gesellschaft zu leisten. Die Angst, dass der Halbfranzose vielleicht nicht mehr aufwachen könnte, streute Zweifel und beängstigte Horrorszenarien in seinen Kopf. Noch nie hatte er sich so hilflos und verzweifelt gefühlt. „Wie geht es dir? … André, … wenn du mich hörst, dann gib mir bitte ein Zeichen.“, sprach der Besucher mit dem Liegenden. Doch keine Reaktion folgte. Die Minuten verstrichen. Doch nichts regte sich. Nur der Brustkorb hob und senkte sich. Als Zeichen, dass der Schwarzhaarige auf jeden Fall lebte. Das linke Auge des Blauäugigen begann feucht zu werden. Der 25 jährige Mann stand kurz davor in Tränen auszubrechen. „Bitte, … André…, mein kleiner Sonnenschein, … wach bitte wieder auf!“, flehte das Herz in der Seele des Betrübten. Plötzlich öffnete sich die Tür. Leon erschrak und wendete den Blick zu der Person, die das Zimmer betrat. Als er erkannte, wer dort stand, kochte sein Temperament wieder hoch. „WAS WILLST DU HIER?“, schnauzte er sein Gegenüber an.
 

„Ich wollte mich entschuldigen. Ich hätte dir gleich helfen müssen.“, man konnte die Ehrlichkeit und Demut deutlich aus der Stimme von Tobi hören. „Es tut mir wirklich leid, wie ich mich gerade eben verhalten habe. Ich wusste einfach nicht wie ich es anders machen sollte? Doch jetzt bin ich da und beantworte dir deine Fragen. Ich habe vor nicht so langer Zeit mit Kazuo Schluss gemacht. Dabei war ich mit meinen Worten nicht zimperlich. Aber ich wusste einfach nicht, was ich sonst tun konnte. Ich wollte ihn doch nur beschützen. Dafür musste er einfach von mir weg bleiben und ich wusste einfach nicht wie ich das anders hätte schaffen können?“ Tränen liefen dem Braunhaarigen am Gesicht herab. Sie flossen über die Wangen bis sie sich schließlich am Kinn vereinten. Tropfen nach Tropfen wurde von dem blauen T-Shirt aufgesogen, das der Goldäugige trug. So lange hatte er alleine darüber nachgedacht, ob sein Handeln richtig gewesen war. Jetzt wo er endlich nicht mehr diese Last verheimlichen musste, konnte er nicht anders als sich seiner Verzweiflung hinzugeben. Schweigend verfolgte der Blondhaarige das Geschehen. Die Entschuldigung von Tobi ließ ihn aufhorchen. Er kannte den Goldäugigen zwar schon einige Zeit, aber diese zwei Gesichter des jungen Mannes verwunderten ihn sehr. Im ersten Moment wusste der Student nicht, was er entgegen sollte. Um nicht ins Schweigen zu verfallen, begann Leon den Gast anzusprechen und gleich direkt zu fragen, was der Grund für sein Verhalten war.
 

„Du bist ein komischer Kauz. Erst machst du auf Eisschrank und Gleichgültiger. Und jetzt heulst du dir vor mir die Augen aus. Was ist nur mit dir los? Warum verhältst du dich den so seltsam?“ Mit seinem Handrücken wischte sich Tobi die Tränen aus dem Gesicht. „Es ist doch jetzt egal, was der Grund für mein Handeln war. Wenn du Recht hast und Kazuo an allem schuld ist, müssen wir ihn zu schnell wie möglich finden. Ich erkläre dir alles später. Denn je länger wir die Zeit verplempern desto mehr Schaden könnte noch entstehen.“ Nachdem sich der Weinende gefangen hatte machte er sich auf dem Weg aus dem Krankenzimmer. Er hatte einfach ein komisches Gefühl wegen dem Ganzen. Immer noch wusste er nicht, ob wirklich Kazuo an dem ganzen Geschehen schuld war. Aber eins wusste er. Beeilen musste er sich. Sonst könnte es zu spät sein. Denn jetzt wo Tobi nicht mehr alles für sich behalten hatte, war Kazuo in Gefahr. Leicht angesäuert, grummelte Leon etwas vor sich. Wieder ist Tobi seiner Frage ausgewichen. Langsam ödete es ihn an. Als er schließlich ohne Vorwahrung auch noch aus dem Zimmer spurtete, verließ dem Blauäugigen die letzte, mögliche Erklärung. Frustriert atmete er schwer. Sein Blick ruhte erneut auf André. „Ich versteh langsam nur noch Bahnhof. Und jetzt ist Tobi auch noch raus gelaufen. Das soll einer mal kapieren. Aber egal. Ich werde dem Schäfer mal folgen. Vielleicht ist alles doch nicht so kompliziert, wie es scheint.“, sammelte es sich langsam in seinen Gedanken. Der ältere Mann küsste zum Abschied die Stirn des Schlummernden. „Sei unbesorgt. Ich komme wieder. Warte auf mich“, dachte Leon dabei. Der Sportler erhob sich und verließ ebenfalls das Krankenzimmer. Kurz darauf konnte er Tobi finden und gemeinsam marschierten sie durch die Gänge der Akademie. Schweigen bekleidete sie.
 

Es dauert nicht lange, da hatten beide Jungs auch schon das Gebäude verlassen. Nun da sie endlich draußen waren, wusste Tobi nicht mehr was er tun sollte. Er erstarrte in seinen Bewegungen. Eine Idee, irgendeine Idee brauchte er jetzt. Es musste doch jemanden geben der ihnen helfen konnte. Zu zweit können sie eine Ewigkeit auf der Insel suchen und in einem Monat noch kein Zeichen von Kazuo entdeckt haben. „Wenn wir doch mehr Freunde wären.“, dachte der Goldäugige sich. Wie aus dem nichts traf ihn ein Geistesblitz. „Leon du gehst zum Rektorat. Ich muss schnell was erledigen. Wir treffen uns dort! Hast du mich verstanden. Ich hoffe du wartest dort auf mich. Alleine werden wir nicht viel ausrichten können.“ Kaum hatte Tobi seine Bitte geäußert, da rannte er auch schon los. Sein Ziel waren die Unterkünfte. Seufzend blieb Leon erstmals stehen. „Es ist doch echt nicht zum fassen. Weiß der überhaupt, was er tut? Ich bin es langsam leid sein Verhalten ständig zu analysieren und zu interpretieren. … Da fällt mir grad ein, dass ich kommende Woche noch einen Japanisch Aufsatz habe. … ACH! JETZT BLEIB MAL BEI DER SACHE!“ Ohne einen wirklichen Grund trat der Student gegen einen Stein. „Aber was bleibt mir anderes übrig? Tobi erzählt mir erst was los ist, wenn ich mit ihm Kazuo gefunden habe. Bis dahin kann ich nur raten, was der Grund für das ganze Theater sein soll. Hoffentlich klärt sich die Sache bald auf. Mir wird schon schlecht, wenn ich dabei an André denke. Und ich erwische den Übeltäter doch. Was will er nur am Rektorat? Ich habe keine Lust nochmals von Prof. Takeda eine eingefahren zu bekommen.“ Mit seinen Gedanken in Stich gelassen, machte sich der Blauäugige langsam auf den Weg zum Büro des Schulleiters. Antworten, die er zum besseren Verständnis brauchte, erhoffte Leon dort endlich zu bekommen. Auch war ihm insgeheim bewusst, dass er durch ein Fehlverhalten Tobis jetzige Lage verschlimmern würde und es wieder zu Spannung unter den Freunden kommen konnte. Und allein wegen André wollte er keinen Fehler machen. Wenige Minuten später fand sich der Student an der Pforte des Rektorates wieder. Er lehnte sich an die Wand an. Die Zeit verstrich und irgendwann fragte sich der 25 Jährige, wo Tobi nur blieb. Doch schließlich bog der Erwartete um die Ecke und gesellte sich zu ihm. „Na endlich“, kam es genervt über Leons Lippen.
 

Völlig außer Atem stand der Braunhaarige schließlich vor dem Treffpunkt den er mit dem blonden Studenten ausgemacht hatte. Seine Suche dauerte länger als er dachte. Vor allem, weil er sich nicht sicher gewesen war, ob er in seiner Vermutung richtig lag. Mit einem strengen Blick wurde Tobi von dem Warteten begutachtet. „Was hat den so lange gedauert! Und was hast du jetzt so unbedingt machen müssen.“ Immer noch außer Atem konnte der Goldäugige keinen richtigen Satz herausbringen. Das Einzige was ihm in diesem Moment einfiel, war zu zeigen was er gesucht und zum Glück gefunden hatte. Im hohen Bogen warf der Ausgepowerte dem Blonden etwas zu, was auch er nur zu gut erkennen sollte. Die Weste und der Gürtel von Kazuo landeten genau in den Armen von Leon. „Ich habe uns Hilfe geholt. Ich weiß nicht ob du was von André darüber erfahren hast, aber von Kazuo habe ich was von seinen ersten Freunden erfahren. Seinen Duellgeistern. Sie können eine gute Hilfe sein. Hoffe ich wenigstens. So und jetzt wo ich wieder ohne Atemnot reden kann, holen wir uns noch etwas mehr Hilfe.“ Mit diesen letzten Worten drehte sich der Braunhaarige zur Tür des Schulrektors. Klopfte zweimal an und trat ohne irgendwelche Zweifel in das Zimmer.
 

Mit der Duellausrüstung im Arm beobachte Leon, wie Tobi den Raum des Schulleiters betrat. „OK. Jetzt kapier ich wirklich nichts mehr. Was soll das mit Freunden, Duellgeister und so sein? André hat mir nichts dergleichen erzählt. Also, was soll das Ganze?“, überschlugen sich die Fragen in seinem Kopf. Er hatte langsam aber sicher keinen Bock mehr, Tobis geheimnisvollen Antworten und Andeutungen zu hinterfragen und zu kommentieren. Doch um nicht negativ aufzufallen, folgte der Student dem Schüler. Höflich schloss der Ältere die Tür hinter sich. Er hielt sich im Hintergrund, da er selbst keine Ahnung besaß, was nun kommen sollte. Seine ganze Aufmerksamkeit ruhte auf den braunhaarigen Schüler und dem Rektor, die bereits ein Gespräch miteinander führten. Zielsicher war Tobi auf den Rektor zugegangen. Mit einer kurzen Verbeugung richtete er dann auch sofort sein Wort an ihn: „Guten Tag Professor Takeda. Ich weiß, Sie wissen was zurzeit in der Akademie los ist. Ich möchte Sie bitten mir alles zu erzählen was Sie wissen.“ Der Rektor sah nicht auf. Er schien den Augenkontakt so gut wie es ging zu meiden. Selbst die Stimme des Mannes zeigte, dass dieser etwas verbarg: „Es gibt nichts zu erzählen. Ich habe schon das zuständige Personal damit beauftragt, sich darum zu kümmern.“ Der Braunhaarige verstand die Reaktion des Schulleiters nicht. „Aber das kann nicht sein. Ich weiß, dass ich helfen kann, wenn es so ist wie ich denke. Also bitte geben Sie mir mehr Informationen.“, entgegnete Tobi auf diese kurze Abweisung. Immer noch betrachte Prof. Takeda seine Schreibtischoberfläche mit vereinzelten Blätter und Formularen. Er nuschelte weiter in seinen nicht vorhandenen Bart: „Das ist nichts für Schüler. Gehen Sie auf ihr Zimmer und kümmern Sie sich um ihre Aufgaben. Diese internen Probleme regeln wir schon.“ Irgendetwas stimmte nicht und insgeheim ahnte der Goldäugige, weshalb sich der ältere Herr dermaßen gegen seine Fragen und Bitten stellte. Mit Wucht schlug Tobi mit den Händen auf die massive Tischplatte des Rektors, bevor er diesmal etwas lauter, wieder anfing zu sprechen: „Na schön, dann gehe ich. Aber ich frage mich was mein Stiefvater oder meine Mutter davon halten, dass sie mich so abgeblockt haben.“ Mit Schwung drehte er sich um und machte schon seinen ersten Schritt in Richtung Ausgang.
 

Das Ausweichen des Schulleiters auf Tobis Fragen, Bitten und Argumenten zu diesem Thema war so offensichtlich. Leon seufzte nur innerlich. „Können die Zwei nicht endlich auf den Punkt kommen? Ich wäre lieber bei André, als mir diese Debatte anzuhören.“ Der Blauäugige legte die Weste und den Gürtel auf einen freien, in der Nähe stehenden Stuhl und lehnte sich erneut an die Wand. Es half alles nichts. Ob er wollte oder nicht. Leon musste abwarten und hoffen, dass die beiden, anderen Männer eine Einigung fanden. Kurz vor seinem zweiten Schritt hörte Tobi etwas, worauf er gehofft hatte. „Warte. Ist ja gut.“ Man konnte ein großes Seufzen vom Schulleiter hören. Danach sprach er ruhig weiter: „Viele Informationen haben wir noch nicht. Es wurde nur berichtet, dass in den letzten Tagen anscheinend Liebespärchen nachts in Duelle verwickelt worden sind. Außer, dass es sich um regelkonforme Duelle handelte, war nichts passiert. Danach allerdings zerbrachen die Beziehungen. Bisher hatte niemand dagegen was unternommen, da kein wirklicher Grund bestand, die Sache zu untersuchen. Doch bei den letzten drei Fällen ist es anders. Das Pärchen und ein Einzelner sind in einen tiefen Schlaf gefallen, aus dem sie nicht geweckt werden können. Ihnen wird ja bekannt sein, wer einer der Duellanten ist.“ Bei diesen Worten drehte sich Leons Magen um. Natürlich wusste Tobi wer Takeda meinte. Diese ganze Gelaber konnte er sich doch schenken. Aber im selben Moment fiel ihm wieder ein, dass er dem Goldäugigen versprochen hatte, ihm in dieser Sache zu helfen. Genervt biss sich der Student auf die Lippen und verfolgte das weitere Geschehen.
 

„Jedenfalls haben wir danach herausgefunden, dass wohl jeder Übergriff von derselben Person unternommen wurde. Bis vor kurzem war nicht viel von ihm bekannt. Nur das er einen langen Mantel hatte und das Gesicht verdeckt hielt. Doch hat sich eine der Opfer an die Duelldisk erinnert. Es war eine besondere Duelldisk. Sie besaß ein Flammenmuster.“, nachdenkend legte der Rektor sein Kinn auf die zusammengefalteten Hände, bevor er weiter sprach. „Da es nur eine Duelldisk in dieser Art auf dem Campus gibt, war eigentlich die Vermutung nahe, wer der Übeltäter ist. Doch stimmte die Farbe nicht. Sie sollte ein blaues Flammenmuster besitzen. Trotzdem haben wir die verdächtige Person versucht aufzusuchen. Ohne Erfolg. Er ist wie vom Erdboden verschluckt. Ich glaube sie wissen über wen ich rede Herr Schäfer. Deswegen wollte ich Sie da raus halten.“ Die Gedanken von Tobi überschlugen sich, als er die Tatsachen hörte. Jetzt gab es kein Zweifel mehr für ihn. Es musste sich einfach um Kazuo handeln. Schnell lief er am Tisch vorbei, nachdem er sich wieder umdrehte und direkt zum Schulleiter sah. Der Braunhaarige blieb am Mikrofon für die Lautsprecher stehen. „Es macht Ihnen bestimmt nichts aus, wenn ich das hier kurz benutzte.“ Bevor der Rektor auch nur Zeit für einen Einwand hatte, war der Knopf der Anlage gedrückt und der Schüler sprach deutlich ins Mikrofon: „Kazuo! Wenn du da draußen bist, dann höre mir jetzt zu. Ich weiß nicht was du vorhast, aber eins ist sicher. Du wirst so lange mit deinen Taten weitermachen, bis du mich ebenfalls überwältigt hast. Ich erwarte dich an der Stelle, an der wir das erste Mal über unsere Gefühle geredet haben. In einer halben Stunde werde ich dort sein.“ Noch einmal bedankte er sich bei dem Professor und ging schließlich wieder zur Tür. Tatsächlich entwickelte sich etwas. Man konnte gut über die Lautsprecher das Ausrufen von Kazuo mitbekommen. Jetzt war ein guter Moment zum Gehen gekommen. So empfand es Leon zumindest. „Hey Schäfer!“, rief er dem Braunhaarigen zu, als dieser wieder zu ihm trat. „Diese Sache musst du und Kazuo alleine klären. Mich geht es nichts an. Sobald ihr alles bereinigt habt, kommt einfach ins Krankenzimmer. Ich werde so lange bei André bleiben. Viel Glück!“, fuhr er fort. Am Schluss warf der Student die Duell-Ausrüstung dem Goldäugigen entgegen. Danach drehte er sich auf dem Absatz um und verschwand in Richtung der Krankenstation.
 

Tobi sah dem Blonden hinter her bis dieser nicht mehr zu sehen war. Danach ging er, mit Weste und Gürtel im Arm, wieder auf den Flur und schloss hinter sich die Tür zum Rektorat. Nun alleine auf dem Gang wischte sich der Braunhaarige kurz über seine Augen. Leise redete er mit sich selbst: „Ich habe eigentlich geschworen nie in Namen meiner Familie an etwas zu kommen. Doch ist es eigentlich auch ihre Schuld und außerdem habe ich jetzt was Wichtigeres zu tun.“ Kurz schüttelte er sich und machte sich darauf auf den Weg zu seinem Zimmer. Viel Zeit hatte er nicht mehr, um alles vorzubereiten. Nach einer kurzen Anmeldung betrat Leon das Krankenzimmer. Unverändert schlief André in seinem Bett. Der Ältere nahm sich einen Stuhl und setzte sich ans Kopfende. Der Schwarzhaarige sah so friedlich aus, dass es dem Anderen ein kleiner Trost war. Sanft strich Leon mit einer Hand über die Stirn seines kleinen Schatzes und wischte dabei vereinzelte Haarsträhnen zur Seite. Irgendwie spürte er, dass der Einhorn-Duellant wieder erwachen würde, sobald die Angelegenheit zwischen Tobi und Kazuo bereinigt war. Aber nun konnte er nur eins tun. Abwarten und hoffen, dass sein Gefühl ihn nicht täuschte. Jetzt dauerte es nur noch eine Minute bis zur ausgemachten Zeit. Tobi saß aufgeregt schon fünf Minuten auf der Bank, an der er sich zum ersten Mal getraut hatte Kazuo zu küssen. Aufgeregt rutschte er hin und her. Viele Gedanken schwirrten ihm durch den Kopf. Es konnte alles immer noch ein Irrtum von ihm sein oder Kazuo käme einfach gar nicht. Vielleicht war die Ortsangabe zu ungenau. Frage um Frage drehte sich in seinem Kopf. Doch dann hörte er ein Rascheln in den Büschen.
 

Sofort drehte er sich zu dem Geräusch und tatsächlich zeigte sich eine total vermummte Gestalt. Einige Momente lang herrschte Stille. Nichts als Stille. Selbst die Tiere schienen vor Angst kein Geräusch von sich zu geben. Ein unangenehmes Gefühl breitete sich auf dem kleinen Fleck aus. Der Ältere spürte wie langsam eine Gänsehaut seinem Rücken bis zum Nacken hinauf kletterte. Nur mit Mühe konnte er sich dazu bringen etwas zu sagen: „Kazuo? … Bist das wirklich du?“ Keine Antwort kam. Wieder verging Zeit. Tobi fragte sich schon ob er wirklich eine Frage gestellt hatte. Schließlich erschienen zwei Hände, die langsam zur Kapuze gingen und den Kopf freilegten. Die Augen des Braunhaarigen weiteten sich. Zwar erkannte er die Person sofort, doch hatte sie sich verändert. Alles war anders. Die Haare, die Mimik, selbst die Augen hatten ihren so unvergleichlichen Glanz verloren. Leise entglitt dem Goldäugigen eine Frage, die er mehr an sich selbst richtete: „Was ist mit dir passiert?“ Völlig fassungslos konnte er nur in dieses emotionslose Gesicht starren. Zum ersten Mal öffneten sich die Lippen von Kazuo nach dieser Frage: „Ich habe mich verändert. Da ich dank dir den Sinn der Welt verstanden habe. Ich bin nur hier um auch dir den Gefallen zu tun und deine Augen zu öffnen.“ Immer noch total perplex hörte der Braunhaarige den Worten zu. „Es tut mir Leid. Es tut mir wirklich leid. Ich wollte dir das nicht antun. Ich dachte das wäre die einzige Möglichkeit dich zu schützen, indem ich dich von mir fern halte. Ich weiß nicht ob ich das jemals wieder gut machen kann, aber bitte glaube mir, dass es mir unheimlich leid tut.“, eine Träne lief die Wange des Duellanten herab während er sich entschuldigte. „Bitte hör auf anderen Schülern denselben Schmerz, denn ich dir angetan habe, zu zufügen.“ Nach dem letzten Wort sah der Redende direkt in die Augen seines Gegenübers und lächelte auf seine typische Weise. Nur für einen kurzen Moment war ein bekanntes Funkeln in den Augen des Rothaarigen zu sehen. Doch war es nur so kurz, dass man es leicht als Irrtum wahrnehmen konnte. Eine kalte Stimme erhob sich. Im ersten Moment musste Tobi den Ursprung ausmachen.
 

„Wieso entschuldigst du dich? Dank dir habe ich alles verstanden. Wie die Welt sich dreht, denn Wert des Einzelnen. Genau deswegen bin ich hier. Auch du sollst das erkennen was ich schon lange eingesehen habe. Es ist Zeit für ein Duell!“ Der Ausruf schalte wie aus tausend Mündern wieder. Eine Eiseskälte breitete sich aus, aber nicht nur das. Eine Kuppel aus funkelten Nebel breitete sich über das Feld aus. Durch sie wirkte alles wie ein Traum. Die Umgebung verlor ihre Konturen und wirkte unangenehm fremd. Ein Seufzer war zu hören, als der Braunhaarige sich umdrehte und den Gürtel auf der Bank an sich nahm. Er hatte so sehr gehofft, dass er sich irrte. Doch leider war es nicht so gewesen. „Ok, dann duellieren wir uns. Ich habe sowieso nichts anderes erwartet. Ist dir eigentlich bewusst, dass du schon deinen besten Freund in die Krankenstation gebracht hast? Mal schauen ob dir dein altes Leben wirklich so egal geworden ist, wie du es behauptest.“, während der Ältere sprach hängte er den Gürtel über die Schulter, sodass sich das einzige Deck daran direkt in der Mitte seiner Brust befand. „Denn ich bin nicht der Einzige der dir helfen möchte.“ Schnell war der Verschluss zum Deck geöffnet, die Karten gemischt und in der Duelldisk versenkt. Doch danach passierte etwas was Tobi noch nie bei dem Jüngeren gesehen hatte. Die Augen fingen an rot zu leuchten und ein furchteinflößendes Lächeln entstand auf seinen Lippen. Als ob das noch nicht gereicht hätte, wurde die Stimme von Kazuo klar und durchdringend, als würde in jedem einzelnen Wort ein Eiszapfen durch die Seele des Hörenden gebohrt: „Ha, mein altes Leben? Das war nicht als eine Farce, ein Trugbild. Ich brauche so was nicht mehr. Ich sehe jetzt alles klar und du wirst es auch bald verstehen. Ich beginne!“ Nachdem jeder fünf Karten gezogen hatte war auch schon die sechste Karte von Kazuo in dessen Hand. Viel passierte daraufhin nicht. Nur eine Monsterkarte erschien verdeckt in Verteidigungsmodus.
 

„So das war mein Zug.“ Das ließ sich Tobi nicht zweimal sagen. Auch er hatte schnell seine Karte gezogen und sah auf seine Handkarten. Lang überlegte er nicht. Sein erster Zug begann. „So als erste spiele ich „Törichtes Begräbnis“ und werfe „Vorse-Plünderer“ von meinem Deck auf den Friedhof. Da bleibt er aber nicht lange. Ich beschwöre „Exodis, der ultimative Verbotene“. Speziell mit seinen 0 ATK und 0 DEF, indem ich alle Monster aus meinem Friedhof wieder in mein Deck zurückgebe. Ich glaube er müsste dir ein wenig bekannt vorkommen. Als nächstes rufe ich „Humanoider Wolf Fallensteller“ mit seinen 1500 Angriffs- und 1500 Verteidigungspunkten. Dazu lege ich zwei Karten verdeckt. Aber wenn du glaubst, dass es das schon war, dann muss ich dich enttäuschen. Los Exodis! greif sein verdecktes Monster an. Damit das aber funktioniert, muss ich ein Monster aus meiner Hand auf den Friedhof legen. Auf wieder sehen „Batteriemann AA“.“ Sofort stürmte Exodis nach vorne und attackierte das Monster. Die Karte flippte nur und blieb da so stehen. Es war ein Monster was der Braunhaarige noch nie gesehen hatte. „Der blinde Sehende“ ohne Angriffs- oder Defensivwerte. Zum Glück war die Kampfphase von dem Goldäugigen noch nicht vorbei.
 

„So und jetzt Fallensteller greif seinen blinden Sehenden an.“. Nach dem Befehl warf der Angreifer eine seiner Netze aus, um darauf hin den Gefangenen mit einem Meer aus Messern zu bewerfen. Danach zerplatzte das Monster und verschwand auf den Friedhof. „So damit beende ich meinen Zug.“ Gelassen zog Kazuo seine Karte, nur nebensächlich schien der Duellant mit seinem Gegenüber zu reden: „Das war schon alles? Dann solltest du aber mehr geplant haben, als meine nutzlosen alten Karten zu benutzen.“ Bevor Tobi antworten konnte, tat es ein Anderer für ihn. Die Stimme war tief, grollend und bestimmend. Nur den Ursprung konnte der Ältere nicht erkennen. Er war es nicht, dass wusste er und auch nicht sein Gegenüber. Als er dann endlich den Urheber dieser Worte erkannte weideten sich seine Pupillen. Es war Exodis, einer der Karten die er selbst spielte. Bis jetzt hatte er nur von Duellgeistern gehört. Trotzdem war es einfach atemberaubend zu sehen wie ein Hologramm anfing ein Leben zu besitzen. „Du bezeichnest mich als nutzlos!?! Die Person, die mich in einen Tresor gesperrt hat und vor dem Leben, sowie der Realität davonläuft? Ich dachte ich hätte dir mehr beigebracht, Kind. In meinen Augen bist du momentan nichts mehr als ein verängstigter Junge, der versucht Aufmerksamkeit zu bekommen. Und du denkst wirklich, dass du dazu in der Lage bist etwas als nutzlos zu bezeichnen? Ha, dass ich nicht lache. Erbärmlich! Einfach nur erbärmlich.“ Danach schien sich auch der Wolf zu melden. Die Stimme war zwar tiefer, doch strahlet sie mehr Verständnis aus, als die von Exodis.
 

„Kazuo! Du weißt, dass wir dir nichts Böses wollen. Wir alle waren immer für dich da. Warum hast du diesmal nichts von uns hören wollen?“ Nachdem Beide zu Ende gesprochen hatten, passierte etwas was an einem Traum erinnerte. Die emotionslose Maske von Kazuo zerbrach in tausende von Teilen. In einem Augenzwinkern konnte man sämtliche Emotionen erkennen, die man sich vorstellen konnte. Angst, Trauer, Gelassenheit, Mut, bis sie irgendwann bei hemmungsloser Wut stehen blieb. Sofort fing er an zu schreien: „Was versteht ihr denn überhaupt!? Ich brauche niemanden der mich belehrt! Warum soll ich der Einzige sein der so einen Schmerz verdient hat!? Jeder soll das erleben, was ich erlebt habe! Mit meinen eigenen Händen möchte ich ihnen die Realität dieser Welt zufügen!“ Kurz sah er auf seine Hände ein unheimlicher Glanz ging von seinen Augen aus. „Schmerz, Ungerechtigkeit und Unbarmherzigkeit herrscht überall und nur die besten in diesen Gebieten bringen es zu etwas! Ich zeige jedem der sich mit mir anlegt diese Wahrheit und ihr seid die Nächsten! Ich spiele meine Spielfeldzauberkarte „Die zerbrochene Welt““. Eine unheimliche und kalte Welt erschien um die Duellanten. „Danach kann ich den Effekt von „Der blinde Sehende“ aktivieren. Wenn sich die Karte auf dem Friedhof befindet und ich „Die zerbrochene Welt“ spiele, kann ich dieses Monster und die zwei weiteren blinden Sehenden aus meinem Deck aus dem Spiel entfernen. So bekomme ich „Avaritia, schwarze Seele der zerbrochenen Welt“, „Gula, verzweifelte Seele der zerbrochenen Welt“, „Superbia, rastlose Seele der zerbrochenen Welt“, „Luxuria, genießende Seele der zerbrochenen Welt“, „Invidia, missgünstige Seele der zerbrochenen Welt“ und „Acedia, gemächliche Seele der zerbrochenen Welt“ aus meinem Deck auf meine Hand. Nun spiele ich meinen Ritualzauber „Ruf der schwarzen Seelen“.“
 

Mit einer fliesenden Bewegung landeten alle gerade gezogenen Monster auf dem Friedhof. Die Wut verschwand noch immer nicht aus dem Gesicht des Jungen. Dazu kam noch ein unheimliches Lächeln. Nichts als blanker Wahnsinn war zu erkennen. „ Komm zu mir mein Helfer „Ira, zorniger König der zerbrochenen Welt“. Der Rothaarige riss nach seinem Ausruf die Duelldisk empor. Sechs unterschiedlich farbige Lichter erschienen und trafen sich genau über dem Duellanten. Doch statt weißes Licht entstand ein schwarzer Rauch. Als hätte eine Person im Schatten nur auf dieses Zeichen gewartet, erhob sich eine Gestalt im Hintergrund und schritt genau durch den dunklen Nebel. Sie war gigantisch. Eine dunkle Rüstung bedeckte den ganzen Körper. Sie schien jegliches Licht zu verschlucken. Ein langer roter Samtumhang hing ihm über die Schultern. Das Gesicht war nicht sichtbar. Nur zwei markante Punkte stachen hervor. Die unheimlich rot leuchtenden Augen und das furchteinflößende Lächeln, was die schon unglaubwürdig wirkenden weißen Reiszähne entblößte. „Wie du sehen kannst hat er bis jetzt nur 0 ANG und 0 DEF. Doch das bleibt nicht lange so. Für jedes „zerbrochene Welt“-Monster bekommt er einen Bonus von 500 ATK und DEF. Dank der Ritualkarte, die mir erlaubt so viele „zerbrochene Welt“-Monster wie ich auf der Hand habe für das Ritual zu nutzen, hat er jetzt genau 3000 Angriffs- und Verteidigungspunkte. …“, da wurde der Halbspanier in seiner weiteren Ausführung unterbrochen. Ein lautes Knacksen war zu hören. Das Monster hatte seine rechte Hand an den Nacken geführt und seinen Kopf kreisen lassen. Das entstandene Geräusch schien von den Nackenwirbelknochen gekommen zu sein. „Oi, das hat aber lange gedauert. Meine ganzen Knochen fühlen sich verrostet an. Warum spielst du mich nicht öfters Kazuo?“ Nach den wenigen Worten sah das Monster wieder auf seine Beute.
 

„Das übliche?“, fragte es mit einen unheimliches Grinsen seinen Besitzer. Die gleiche Gestik entstand auf dem Gesicht des Rothaarigen, der nickte. Dieses Lächeln hätte selbst den stärksten Mann schaudern lassen. Ira schien zu wissen, was hinter seinem Rücken passierte. Er riss die Arme angewinkelt nach oben. Legte den Kopf zurück und ließ ein lautes Lachen erschallen. Wie aus dem nichts erschienen mehrere schattenähnliche Arme aus dem Boden, die sich um beide Kreaturen auf Tobis Seite wickelten und mit sich in den Boden zogen. Darüber war der Braunhaarige nur wenig verwundert. Was ihn mehr sorgen bereite, war die Tatsache, dass Ira scheinbar auch zu den Duellgeistern gehörte. „Das war die spezielle Fähigkeit von Ira.“, begann darauf wieder der Südländer zu erklären. „Mit ihr werden alle Monster auf dem Feld aus dem Spiel entfernt, außer die, ein „zerbrochene Welt“ im Namen tragen. Leider muss ich danach meine Battle-Phase überspringen. Doch das war es wert, um so diese nervigen Gestalten los zu werden. Ich spiele noch eine Karte verdeckt und dann bist du am Zug.“ Tobi hörte zwar die Worte die zu ihm gesagt wurden, doch waren sie für ihn nichts weiter als ein leiser Wind. Was er gerade gesehen hatte konnte und wollte er nicht verstehen. Die Person, die er über alles in der Welt liebte mit seinem Wesen, seiner Art und seinem Handeln ist nur noch von Wut zerfressen und das alles wegen ihm. Langsam ließ der Goldäugige die Arme sinken. Träne nach Träne lief dem Älteren das Gesicht entlang und landete schließlich im Gras. „Das ist alles meine Schuld. Du der mich mit seinem ersten Duell auf dieser Schule schon eingefangen hattest. Der mich zu einem Ganzen gemacht und mir half mich zu erkennen. Genau dieser Person habe ich eine Wunde zugefügt, die schlimmer als jeder physische Schmerz ist. Warum habe ich das getan?
 

Bis jetzt habe ich mir selbst einreden wollen, dass ich dich geschützt habe. Doch je länger ich dich hier sehe und deine stummen Schmerzensschreie höre, desto klarer wird mir, dass ich nur den einfacheren Weg gewählt habe. Ich hätte dir gleich alles erzählen müssen. Wie mein Stiefvater mir gedroht hat, dir das Leben auf der Akademie zur Hölle zu machen, wenn ich noch länger bei dir bleibe. Warum? Warum!? WARUM BIN ICH SO SCHWACH!?“ Tobi sprach ohne Kontrolle über sein Handeln diese Worte hörbar aus. Seine Hände gingen hoch zum Kopf und klammerten sich in sein Haar. Seine Tränen liefen als wollten sie nicht mehr aufhören. Er fiel auf die Knie. „Niemals wirst du mir verzeihen können. Ich selbst kann mir nicht mal verzeihen. Aber eins kann ich für dich tun.“ Mit zittriger Stimme hatte er weiter geredet. Die Hände zuckten als wollten sie nicht mehr richtig dem Körper gehorchen. Doch irgendwie schaffte es der Braunhaarige eine Karte zu ziehen. „Ich spiele „Topf der Gier“ und ziehe zwei neue Karten.“ Durch die Tränen konnte der Ältere kaum noch das Geschehen verfolgen. Nur mit Mühe entzifferte er die Namen der beiden Karten. „Nun spiele ich „Landformen“ um meine Spielfeldzauberkarte „See der Erinnerungen“ zu spielen.“ Die dunkle Welt verschwand und ein traumhafter See in einem Wald erschien. Die Farben schienen blasser als normal. Es wirkte alles wie eine alte Erinnerung aus der Vergangenheit. Langsam begannen große Seifenblasen aus dem See zu steigen. Jede dieser Blasen zeigte ein anderes Bild. Eine Seifenblase zeigte die Aufnahmezeremonie der Akademie und wie gerade Kazuo den finalen Zug gegen Prof. Rhodes durchführte. Eine Andere war der Sternenhimmel auf der Bank, wo sich die beiden Duellierenden zum ersten Mal geküsst hatten. Die nächste zeigte den Sonnenuntergang in der wunderschönen Bucht, in der sie und ihre Freunde wunderbare Tage verbracht hatten.
 

Jede weitere Blase zeigte ein anderes Bild aus der Vergangenheit, doch jede umkreiste dasselbe Wesen. In Jeder seifigen Oberfläche war das Gesicht von Kazuo zu erkennen. Kaum zu hören fing wieder der Kniende an zu reden: „Diese Karte habe ich mal für die Besonderheit aufgehoben, falls wir beide in einem Duell zusammen als Team kämpfen würden. Was für eine dumme Idee. Diese Karte gibt jedem Monster auf meiner Seite einen Bonus von 800 Verteidigungspunkten. Außerdem kann sie nicht durch einen Effekt eine Falle oder eine Zauberkarte zerstört werden. Es können auch keine anderen Spielfeldzauberkarten gespielt werden, solange sie sich auf dem Spielfeld befindet. Nur wenn ihre drei Effekte aufgebraucht worden sind, wird sie am Ende meines Zuges zerstört. Jetzt setzte ich den ersten Effekt ein. Ich darf den Effekt einer beliebigen Zauberkarte aus meinem Deck nutzen, ohne dass ich die Karte spiele. Ich wähle den Effekt von „Blitzeinschlag“. Wenn ich eine Karte auf meiner Hand auf den Friedhof lege werden alle deine Monster auf den Friedhof gelegt.“ Kaum hatte Tobi den Satz zu Ende gesprochen schon erschien ein Blitzregen und Ira verschwand vom Feld. „Nun nutze ich den zweiten Effekt meiner Karte. Mit ihr darf ich „Glänzender Drache der Erinnerung“ aus meinem Deck auf das Spielfeld beschwören.“ Ein grelles Leuchten begann in der Mitte des Sees und eine kleine Kugel erschien aus dem ihm. Mit einer Explosion aus Licht wurde die Kreatur in der Kugel befreit. Es war ein kleiner Drache. Er schien noch ein Jungtier zu sein. Etwas tollpatschig tapste es zu seinem Platz. Es besaß nur 1500 ANG und 2000 DEF und strahlte ein warmes Leuchten von seinem goldsilbernen Schuppenkleid aus. Erstaunt sah Kazuo dem ganzen Geschehen zu.
 

Seine Gesichtszüge hatten sich geglättet. Es war keine Wut mehr darin zu erkennen. Langsam schien wieder die leuchtende Farbe seiner Augen zurück zu kehren. Von dem bekam der Ältere nichts mit. Durch seine Tränen sah er alles nur wie durch einer beregneten Fensterscheibe. „Nun aktiviere ich den dritten Effekt meiner Karte. Für einen Zug verdoppeln sich die Angriffspunkte meiner Monster. So „Glänzender Drache der Erinnerung“ greif ihn direkt an.“ Der kleine Drache fing an zu laufen. Auf dem halben Weg stolperte er über seine eigenen Füße und rollte danach auf sein Ziel zu. Mit einem lauten Knall prallte er in den Rothaarigen und flog danach im hohen Bogen zurück zu seinem Beschwörer. Dort kollidierte er mit Tobi, um dann den Kopf reibend und mit Tränen in den Augen direkt vor ihm zu landen. Beide Spieler verloren 3000 Lebenspunkte. „Wenn mein Drache direkt angreift bekommen beide Spieler auf dem Feld denselben Schaden zugeschrieben. Jetzt wo alle Effekte meiner Karte aufgebraucht sind, wird sie sich beim Beenden meines Zuges selbst zerstören. Dabei wird mir ein Schaden von 1000 Lebenspunkten zugefügt.“ Die Tränen liefen immer noch. Doch zum ersten Mal, seit dem Tobi auf die Knie gesunken war, sah er auf. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen. Dasselbe warme Lächeln, wozu er nur vor seinem geliebten Kazuo imstande war. „Ich danke dir, dass du dich mit mir abgegeben hast. Es tut mir Leid, dass ich so ein Idiot war und dir nicht gleich die Wahrheit erzählt habe. Auf Wiedersehen Kazuo. Ich beende meinen Zug.“ Das Spielfeld veränderte sich wieder. Der Wald verwelkte und ließ nur noch Gerippe zurück. Die Blasen mit den Erinnerungen zerplatzten und das Wasser wurde trüb. Eine dunkle Aura stieg auf und saugte der Rest des Bildes in sich auf, bis nicht mehr davon übrig war. Wie ein Pfeil schoss sie danach auf den Knienden. Wie in Zeitlupe sah der Rothaarige was passierte. Eine Träne lief von seinem Auge die Wange hinab. Mit aller Kraft begann er zu brüllen: „Nein!!“ Schnell aktivierte er seine verdeckte Karte. Nur nebenbei bekam Tobi alles mit. Die Aura erreichte seine Brust und fuhr durch sie hindurch. Ein stechender Schmerz durchzog seinen Körper bevor er ohnmächtig zu Boden fiel.
 

Im Krankenzimmer schreckte Leon hoch. Er war an der Bettkante eingeschlafen. Ihm war so, als hätte ihn jemand gerufen. Gähnend rieb er sich die Augen. „Na gut geschlafen, mein Großer?“, erklang eine menschliche Stimme. Erschrocken sah der Blondhaarige in die Richtung, aus der die Stimme kam. Seine Augen weideten sich. Mit einem Lächeln auf den Lippen betrachtete der im Bett liegende André seinen Besucher. „André? Bist, … bist du es wirklich?“, stotterte der Ältere. Vorsichtig tasteten seine Finger das Gesicht des Kleineren ab. War das alles nur ein Traum? Ohne große Worte erhob der grauäugige Duellant seine eigene Hand und umschloss die des Anderen. Die rührende Mimik, die ans Herz ging, riss nicht ab. Dem Studenten stiegen die Tränen in die Augen. „André. Mein André … Endlich bist du wieder wach. Ich habe mir solche Sorgen gemacht.“ Er führte die Hand des Jüngeren zu sich und küsste sie. Mit der anderen Hand, die Leon nicht umschloss, näherte sich der Schwarzhaarige der Wange des weinenden Mannes. An ihr lief das Tränenwasser wie in kleinen Bächen herab. Sanft wischte André einen Flusslauf nach dem anderen weg. Dann sahen sich beide Männer erneut in die Augen. „Mir geht es gut. Mach dir keine Sorgen. Der Albtraum ist vorbei.“, beruhigte André Leon. Seine Stimme war jedoch nicht so kraftvoll wie sonst. Der Student fing sich jedoch wieder und nickte. Seine ganze Anspannung und Angst um den Geliebten löste sich von ihm. Er war einfach nur noch glücklich. Bevor er allerdings André die bisherigen Ereignisse schildern konnte, kam aus dem Nachbarraum lautes Gepolter. Viele Stimmen, auch die von Stationsarzt Makoto sprachen wild durcheinander. Schnell drehte sich Leon zu dem Liegenden um. „Warte hier. Ich schaue mal nach, was da vor sich geht.“ Nickend antworte der Angesprochene wortlos. Mit einem Kuss auf die Stirn verabschiede sich Leon kurzfristig von ihm und verschwand aus dem Raum.
 

Stöhnend öffnete Tobi seine Augen. Im ersten Moment kam ihm alles fremd vor. Ein unangenehmer Geruch von Medikamenten kam ihn an die Nase. Während ein steriles weiß sein Blickfeld bestimmte. Wie abgeschossen kamen Erinnerungen über die letzten Ereignisse in sein Gedächtnis. Sofort saß der Braunhaarige senkrecht im Bett. Nun wusste er, wo er sich befand. Er war auf der Krankenstation. Um sein Bett war ein weißer Vorhang gezogen. Betrübt sah er auf das Bettlagen. Seine Schuldgefühle hatten ihn wieder eingeholt. Nur ein, zwei Gedanken gingen ihm durch den Kopf: „Warum war ich bloß so dumm? Ich konnte nichts machen.“ Doch lange konnte er sich damit nicht befassen. Im nächsten Moment war schon der Vorhang zurückgezogen worden und Leon stand vor ihm. Mit seinem typisch strengen Gesichtsausdruck sah er zum Sitzenden, bevor er seinen Mund öffnete: „Wie es aussieht, hat deine Idee funktioniert.“ Im ersten Moment verstand der Goldäugige nicht was der Blonde damit meinte. Doch da erschien jemand neben dem Studenten, den Tobi am wenigsten erwartete. Es war Kazuo. Sein Haar leuchtete wieder feurig. Seine smaragdgrünen Augen funkelten. Wieder überkamen den Braunhaarigen die Emotionen. Träne nach Träne lief ihm über das Gesicht. Mit den Händen und mit den Armen versuchte er sie weg zu wischen, doch es half nicht. Er wusste nicht einmal warum er wieder weinte. Ob es die Freude oder immer noch die Schuldgefühle waren. Seine Angst vor weiteren Beschuldigungen ließ ihn nicht mehr Aufsehen. Doch dann spürte er etwas um seine Schultern und auf seinem Kopf. Er wurde umarmt. Dieses angenehme Gefühl von Wärme ließen langsam seine Tränen versieben. Ein Flüstern drang an sein Ohr: „Es tut mir leid.“ Diese Worte kamen von dem Jüngeren, seiner einzigen Liebe. Nun konnte Tobi nicht mehr ruhig sein: „Es hat dir nicht Leid zu tun. Ich bin der der etwas falsch gemacht hat. Mir tut es leid.“, er befreite sich ein wenig von der Umarmung und sah nun in die grünen Augen die er so liebte. „Ich hätte gleich alles erzählen müssen und werde es jetzt auch nachholen. Am besten auch vor unseren Freunden.“ In diesem Moment viel dem Braunhaarigen etwas ein, woran er schon viel früher hätte denken müssen. Sofort sprudelte die Frage aus ihm heraus: „Wie geht es André?“
 

Mit verschränkten Armen grinste Leon den Fragenden an. „Also die Frage kommt aber wirklich früh von dir! … Dem Zwerg geht es gut. André liegt im Nachbarraum. Er ist noch bisschen schwach auf den Beinen. Aber sonst putzmunter.“, erwiderte er schließlich. Der Student lehnte sich an die Wand, die sich gegenüber von Tobis Bett entlang zog. Gespannt wartete er auf die Erklärung, weshalb das Ganze so gekommen war.
 

Erleichtert rutschte Tobi etwas auf seinem Bett zurück, bis er sich gemütlich an die Wand hinter ihn lehnen konnte. Der Vorhang war jetzt voll zurückgezogen und ließ auch den Blick auf das große Fenster zu, was weit geöffnet war. Doch bevor der Braunhaarige anfing zu sprechen, öffnete sich die Tür. Verwundert sahen alle zu der Person, die eintrat. Es war André. „Hey! Was machst du hier? Sollst du nicht lieber im Bett liegen?“, fragte Leon den Eintretenden. Die Sorgen in seiner Stimme konnte man klar heraushören. Ohne darauf zu reagieren kam der Schwarzhaarige auf ihn zu und legte ihm einen Finger auf die Lippen. Perplex schaute ihn der Ältere an. „Nenn mich noch mal Zwerg und du hast mich die längste Zeit gesehen!“, gab André mit überspielter, angesäuerter Stimme von sich. Ein ernster Blick unterstrich die Ansage. Peinlich ertappt verzog der Student sein Gesicht. Da die Fingerkuppe immer noch seine Lippen zusammenhielt, kamen die Worte nur undeutlich heraus. „O…K! T…ut… mi…r… L…e…id. Kom…mt … ni…ch…t …me…hr …v…or!“ Für einen kurzen Moment funkelten die nebelgrauen Augen vor scheinbarer Wut. Doch dann fing André an zu kichern, bis er schließlich laut loslachte. Jetzt verstand der Ältere nichts mehr. Fragend sah er in die Runde. Das Lachen legte sich wieder und blitzschnell schmiegten sich die Lippen des Halbfranzosen auf die des Größeren. Der Kuss hielt nur kurz an. „Du Dummerchen. Meinst du wirklich, dass ich dich loswerden will?“, neckte der Einhorn-Duellant den Deutschen. Dessen Reaktionen blieben aus, da der Stimmungswechsel zu schnell und plötzlich kam. Bevor Leon noch was sagen konnte, setzte sich André an die freie Kante von Tobis Bett. „Aber nun ist hoffentlich klar, wer in dieser Beziehung die Hosen an hat.“, stichelte der 19 Jährige gegen seinen Partner. Endlich erwachte Leon aus seiner Benommenheit. „Was soll das jetzt? Ich mach mir Sorgen um deine Gesundheit und du machst dich lustig über mich. Außerdem, ich bin der Ältere. Also hab ich auch das Wort!“, erwiderte der Student. „Klar! Und ich bin dein Sklave oder wie? Das kannst du dir abschminken!“ „Sagt wer?“ „Sag ich!“ Eine kleine Diskussion entbrannte zwischen den beiden Europäern, bis sie notgedrungen die Debatte abbrachen und Tobi zuhörten.
 

Tobi konnte sich kein Lächeln verkneifen. Es war einfach schön mal wieder so was Angenehmes wie die Sticheleien von zwei Verliebten zu erleben. Das Lächeln hielt jedoch nicht lange, da er wusste was als nächstes kommen musste. Nun da alle um den Schüler versammelt waren, konnte er endlich die Geschichte erzählen, die der Grund für die ganzen Vorfälle war. Kazuo saß direkt neben ihm, während Leon weiterhin an der Wand lehnte und der zweite Straßburger sich auf dem Bettenden befand. Der Schüler atmete einmal tief durch, bevor er anfing zu reden: „Damit ihr es versteht muss ich wohl etwas früher anfangen. Als ich noch ein kleiner Junge war, ist mein Vater bei einem Verkehrsumfall ums Leben gekommen. Ich kann mich kaum noch an ihn erinnern. Nur eins weiß ich noch. Das war dieses warme Lächeln was er immer hatte, wenn er mit mir spielte. Das hat jetzt aber eigentlich nichts zu Sache. Jedenfalls lernte meine Mutter nach ein, zwei Jahren einen neuen Mann kennen. Vielleicht kennt ihr seinen Namen? Er heißt Johannes Leisp.“ Aufmerksam hatten die Streithähne zugehört. Bei dem Namen „Leisp“ weideten sich ihre Augen. „Leisp? Der J. Leisp?“, fragten beide Männer wie aus einem Mund. Doch dann ertappten sie sich, wie sie unhöflicher Weise Tobi unterbrochen hatten. Beschämt liefen ihre Wangen kurz rot an, bevor sie wieder den Raum in Schweigen hüllten.
 

Nach der kleinen Störung machte der Erzähler mit seiner Geschichte weiter: „Ja, genau der. Mein Stiefvater ist der Firmenleiter von der Leisp Company. Der größten Spiel-Firma in Europa und ich bin somit der Erbe dieses Imperiums. Eigentlich habe ich kein Interesse daran, doch leider liegt das außerhalb meiner Macht.“ Tief in Gedanken sah der Sprechende auf das weiße Lacken seines Bettes. „Leider hatte er die Angewohnheit mich in allem was ich tue zu beobachten. Er fürchtet dabei um den Ruf seiner Firma und vielleicht ist es auch seine Art Liebe zu zeigen. Ich weiß es nicht. Jedenfalls habe ich gedacht, dass er wenigstens hier auf der Duellakademie damit aufgehört hat. Leider war es ein Irrtum. Irgendwie hatte er von der Beziehung zwischen mir und Kazuo Wind bekommen.“, bei dem letzten Satz sah er lächelnd den Rothaarigen neben ihn an. „Anscheinend ist es eine Gefahr, wenn raus kommen würde, dass ich mit einem anderen Mann zusammen bin. Deswegen hatte er sich mit mir über das Rektorat in Verbindung gesetzt. Ihr müsst wissen, als einer der vier großen Geldgeber für diese Schule hat er auch eine hohe Macht in der Duellakademie. Jedenfalls hatte er mir damit gedroht, falls ich nicht sofort mit der Beziehung aufhöre, er alle Mittel und Wege in die Hand nehmen würde, um das Schulleben für Kazuo zu einer Hölle zu machen. Ich wusste nicht was ich tun sollte. Deswegen habe ich versucht ihn zu schützen, indem ich ihn von mir fern halte.“, kurz drehte er sich wieder zu dem Geliebten und sah ihn direkt in die Augen. „Ich habe gehofft, dass wenn ich dich von mir stoße, du mich irgendwann vergessen würdest. Irgendwann jemanden findest, der dich glücklich macht und dabei von meinen Problemen geschützt wärst. Doch ich war ein Idiot. Ich hätte gleich alles erzählen müssen, damit wir eine Lösung für das Problem finden können. Ich hoffe ihr verzeiht mir noch mal für meinen Fehler.“ Beschämt ließ er wieder den Kopf hängen. Mit aller Kraft versuchte er nicht erneut los zu weinen. Es half nur wenig, eine Träne hatte ihren Weg über die Wange gefunden und versickerte schließlich im Bettlacken.
 

Grübelnd lehnte sich André zurück, so dass er neben Tobi lag. „Was ist mit dir?“, harkte Leon nach. Während der Schwarzhaarige ihm antwortete, blieb die Tonlage seiner Stimme sehr ernst. „Weißt du Leon, ich habe gerade über die ganze Situation nachgedacht. Ich kann es absolut nicht ab, wenn ein Freund in Schwierigkeiten steckt. Was meinst du dazu?“ Er reichte das Wort an den Eisblauäugigen weiter. Dieser schloss die Augen und dachte auch einen Moment lang nach. Er verstand die Absicht, die in der Frage des Jüngeren steckte. „Dir ist aber klar, dass wir uns dann auf gefährliches Territorium begeben. Niemand kann sagen, ob unser zutun Konsequenzen haben wird. Aber wenn du schon so fragst. Auf mich kannst du zählen. Einer muss dich ja beschützen.“, erwiderte er schließlich. Zufrieden setzte sich der Grauäugige auf. „Danke mein Großer. Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann.“ André drehte sich zu dem anderen Pärchen um. „Also ihr Zwei. Hiermit ist beschlossen, dass Leon und ich euch bei euren Kampf um diese Beziehung helfen werden. Ein Nein akzeptieren wir nicht!“, sprach er sie an. Ein Nicken von dem Sportass untermauerte den Entschluss.
 

Tobi schaffte es nicht viel herauszubringen: „Ich danke euch.“, waren die einzigen Worte die er hervorbrachte. Danach sah er zu der Person, der er am meisten Leid deswegen zugefügt hatte. „Ich weiß nicht was ich dir sagen kann, damit ich all das was ich dir angetan habe gerecht werde. Mir tut es unglaublich Leid. Nur weil ich solche Angst hatte musstest du leiden.“ Traurig sah der Goldäugige wieder auf das Bettlagen. Kurz darauf spürte er zwei warme Hände an seinem Kinn, die sachte das Gesicht von ihm anhoben. Nun konnte er nicht anders als Kazuo direkt in die Augen zu sehen. Daraufhin gab der Schüler auch gleich eine leise Antwort zurück: „Du brauchst dich nicht so schlecht zu fühlen. Ich weiß nicht was ich in deiner Situation getan hätte. Vielleicht hätte ich mich sogar für denselben Weg entschieden. Also hör auf dich selbst wegen dieser Entscheidung zu quälen.“ Bevor der Angesprochene selbst antworten konnte, hatte sich Kazuo schon nach vorne gebeugt und seine Lippen mit denen von Tobi vereint. Der Kuss dauerte nicht lange jedoch war es mehr als der Braunhaarige je erwartete. „Danke.“, mehr konnte er jetzt nicht sagen.
 

Alle vier Freunde sahen sich einen kurzen Moment an, bis Leon eine Frage in die Runde stellte, die allen wahrscheinlich auf der Zunge lag: „Wie stellen wir das jetzt geschickt an, so dass Tobis Stiefvater nicht einfach seine hohe Position gegen uns ausspielt?“ Wieder vergingen die Minuten. Jeder überlegte für sich alleine. Da fiel Kazuo eine Lösung ein, die er gleich weiter geben wollte. Gerade öffnete er den Mund, da geschah etwas Unerwartetes. Ein ohrenbetäubendes Geräusch drang an die Hörorgane der Gruppe. Dazu peitschte der Wind durch das offene Zimmerfenster, was schon einzelne Behälter zu Boden warf und die Vorhänge wie wild flattern ließ. Alle sahen zum Fenster und staunten nicht schlecht als ein Helikopter davor auftauchte. Mit Schwung öffnete sich die Seitentür und ein Mann zeigte sich. Er trug einen teuer wirkenden Anzug. Mit seinem kurzen, braunen Haar und einem Vollbart, der schon einzelne weiße Strähnen aufwies, wirkte er sehr seriös und erwachsen. Der Blick wirkte streng. Keiner hätte auch nur gewagt etwas gegen diese Person zu sagen. Kurz drehte sich der Mann um und holte eine riesige Waffe hervor. Alle waren wie versteinert, als der megagroße Lauf, der an einen Raketenwerfer erinnerte, auf die Gruppe zielte. Mit Schock konnten sie nur verfolgen wie die Waffe betätigt wurde. Doch der Knall und die Explosion blieben aus. Stattdessen segelte ein gewaltiger, an einen Tennisball erinnernder Filzball ins Krankenzimmer.
 

Anscheinend stolz auf seine Tat, ließ der Mann im Hubschrauber die Waffe sinken, was ihm gleich den Halt an dem Gerät nahm und sie ungebremst aus dem Hubschrauber zu Erde fallen ließ. Als wäre nichts gewesen räusperte sich der Mann und begann zu reden. Was bei dem unglaublichen Krach, den der Helikopter verursachte, niemand auch nur ansatzweise verstand. Als der Redende das bemerkte, formte er seine Hände zu einem Trichter, was auch kein wenig half. Als letzte Maßnahme lehnte er sich am Schluss noch nach vorne, um sich aus dem lauten Lärmzentrum zu entfernen. Aber das Einzige, was er mit dieser Tat bezweckte, war den Halt zu verlieren und vorn über aus dem Hubschrauber zu fallen. Vor Panik und Schock rannten die Freunde ans Fenster. Doch dank einer Sicherheitsleine pendelte der Mann wie ein nasser Lappen in der Luft. Ohne ein weiteres Zutun stieg der Helikopter wieder auf und nahm den Schwebenden wie ein Fisch an der Angelschnur mit sich mit. Verwundert sahen sich die Paare gegenseitig an. Niemand wusste genau, was dieses Schauspiel gerade zu bedeuten hatte. Da griff sich Tobi ins Gesicht. „Mein Stiefvater hat sich kein wenig verändert. Tollpatschig und naiv wie eh und je.“, klärte der Braunhaarige kopfschüttelnd den Rest auf, während er sich um den großen Tennisball kümmerte. André und Leon sahen sich an und die perplexe Verwunderung stand den beiden ins Gesicht geschrieben. „War das jetzt ein Scherz?“, war ihr gemeinsamer Gedanke dazu. Zielsicher fand Tobi die versteckte Öffnung des Objektes und holte einen sauber gefalteten Zettel hervor. Schnell flog er mit den Augen über das geschriebene. Als er das letzte Wort gelesen hatte, blieb er nur noch mitten im Raum stehen. Sämtliche Farbe verschwand aus seinem Gesicht. Besorgt kam Kazuo an seine Seite.
 

„Was ist denn?“ Mit zittrigen Händen übergab der Angesprochene den Brief: „Les.“ Verwundert über diese Reaktion fing der Rothaarige an die Worte laut vor zu lesen:

„Geliebter Sohn, du hast dich meiner Anweisung widersetzt. Deswegen habe ich beschlossen dir eine Aufgabe zu stellen, der du nicht entgehen kannst. In den nächsten Tagen wird ein Turnier im Spiel Duell-Monster stattfinden, was von den vier Geldgebern der Duellakademie, wozu unser Unternehmen auch dazugehört, ausgerichtet wird. Näheres wirst du noch von deinem Schulleiter erfahren. Die Aufgabe an dich wird dabei sein, mindestens ins Finale des Turniers zu gelangen. Wenn du das nicht schaffst beweist du mir nur, dass du nicht genug Fähigkeiten besitzt auf dieses Schule zu bleiben. Du wirst ohne wenn und aber zurück nach Hause kommen, wo ein persönlicher Lehrer auf dich wartet. Als Erbe unseres Familienbetriebes musst du alles Wichtige, was es braucht eine Firma zu leiten, beherrschen. Liebe Grüße auch von deiner Mutter, der du große Sorgen bereitest. Man sieht sich in den nächsten Tagen. Gezeichnet Johannes Leisp.“
 

Nun stand Kazuo mit offenem Mund und genau so perplex wie Tobi zuvor da und starrte auf den Brief. Während André und Leon wie aus einem Mund schrien: „Ist dein Stiefvater verrückt!?!“

Achter Zug Teil 1 / Das große Turnier

Fassungslos sah der schwarzhaarige Halbfranzose André zu seinem Partner und wieder zurück zu Tobi. „Das ist nicht wahr, oder?“, fragte er den goldäugigen Deutschen nochmals. Dieser hatte sich bereits, um nicht vor Schock zusammenzubrechen, auf sein Krankenbett gesetzt und das Gesicht in die eigenen Hände gelegt. Kazuo setzte sich neben den Verzweifelten und legte einen Arm um dessen Schultern. Die Gestik beruhigte den Betrübten sichtlich. Er führte den Arm des Geliebten von seinen Schultern, um anschließend die feingliedrige Hand mit der eigenen zu halten. Obwohl man in den ganzen Verhalten Angst und Verzweiflung vermutete, repräsentierte die Stimme des Goldäugigen das absolute Gegenteil. Mut und Entschlossenheit spiegelten sich in jeder Silbe wieder: „Das ist kein Scherz. Aber wenn mein Stiefvater glaubt, dass ich jetzt aufgeben werde, dann hat er sich geschnitten. Egal welche Steine er mir in den Weg legen wird, ich werde sie überwinden können.“ Der Sprecher sah auf. In dem hellen Augenpaar blitzte die innere Stärke. Nur Kazuo spürte die Angst, die trotz alle dem an den Nerven des Älteren zerrte. Die Hand des Deutschen zitterte unscheinbar, aber dennoch fühlbar für den Halbspanier. Der blondhaarige Student Leon betrachtete mit seinen eisblauen Augen die Szenerie. Mit seiner typischen Gelassenheit lehnte er sich erneut an die Zimmerwand an. „Ich habe es befürchtet.“, fing er schließlich an. „Was hast du befürchtet?“, harkte André nach.
 

„Kannst du dir das nicht denken? Monsieur [Herr] Leips nutzt seinen hohen Einfluss auf dieser Schule aus, um seinen Sohn und Kazuo auseinander zu bringen. Genau das habe ich vorhin mit meiner Frage gemeint. Wir haben da keine Chance.“, fuhr er im ernsten Ton fort. Auch er seufzte. „Wie man es dreht und wendet, gegen einen solchen Mann haben wir niederes Fußvolk keine Möglichkeit etwas dagegen zu unternehmen.“ Betrübt setzte sich der jüngere Schüler auf den Boden. Er konnte es nicht leugnen. Leon hatte Recht. Auch er fühlte sich total hilflos. Das Schweigen, welches den Raum nun erfüllte, zog sich zeitlich gesehen wie im Schneckentempo dahin. Irgendwann war es dem Einhorn-Duellanten aber zu fiel. „ACH SCHEIßE MANN!“, vor lauter Zorn trat er gegen die Wand, als er wieder auf seinen Beinen stand. „Tu dir nicht weh!“, kam es ruhig von Leon. „LASS MICH! Ich muss meinen Ärger Luft machen!“, knurrte der wütende Junge. Ohne Vorwarnung verließ er den Raum. Die Tür hinter sich knallte dermaßen laut zu, dass jeder im Raum kurz zusammenzuckte. „André.“, seufzte der Blauäugige erneut.
 

„So wütend habe ich ihn noch nicht gesehen.“, sprach der Rothaarige mit sich selbst. Seine Worte waren gut vernehmbar. Es verwunderte ihn sehr, welche Emotionen André in dieser Situation entwickeln konnte. Der Duellant wusste noch nicht mal selbst, wie er sich auf diese Lage einstellen und reagieren sollte. „Mittlerweile müsstest du aber sein Temperament kennen.“, erwiderte das Sportass Kazuos Bemerkung. Doch bevor der smaragdgrünäugige Schüler darauf antworten konnte, ging Leon in Richtung der Tür. „Ich rede mit ihm. Und mal ganz ehrlich, ein wenig Frustabbau hat noch keinem geschadet.“, dabei lächelte der Ältere das Pärchen an. Ohne weitere Worte verschwand er ebenfalls aus dem Zimmer. Nun dem Zweiten hinterher schauend, realisierte der Südländer, dass nur noch er und Tobi im Raum waren. Ein unangenehmes Gefühl entwickelte sich bei Kazuo. Der Jüngere konnte dieses Gefühl nicht zuordnen. Waren es die Schuldgefühle der vergangenen Tage oder die Tatsache, dass ihm trotz seiner Verbrechen so schnell verziehen wurde. Egal welche Vermutung es sein mochte, das Grübeln darüber hörte urplötzlich auf, als sich der Andere an ihn kuschelte. Trotz seiner körperlichen Größe und dem Altersunterschied wirkte das Verhalten des Volljährigen kindlicher als das von Kazuo. Ein warmes, unverkennbares Lächeln zauberte sich in das Gesicht des Halbjapaners. Ob er wollte oder nicht. Seinen Partner konnte er einfach nicht mehr missen.
 

Alles. Wirklich alles was ihre gemeinsame Liebe ausmachte, sei es die kleinen Gestiken, Berührungen und Taten, verinnerlichte Kazuo. An die Zeit, in der er voller Leere und Gefühllosigkeit existierte, erinnerte sich der Junge nur noch wie an einen vergangenen Traum. Sachte küsste der Junge den Älteren auf die Stirn. „Das schaffen wir schon. Jetzt hole ich dir erst einmal etwas zur Beruhigung.“ Mit diesen Worten stand der Rothaarige auch schon auf und ging zur Tür. „Ich bin gleich wieder da.“, verabschiedete er sich und entschwand, wie seine Freunde zuvor, ebenfalls aus dem Krankenzimmer.

„DIESER BEKLOPPTE UND HIRNVERBRANNTE LEISP!“, war Andrés einziger Gedanke, während er in Richtung Unterkünfte lief. Seine Wut auf diesen homophoben Menschen kochte regelrecht hoch. „DAS IST DOCH WIEDER SO TYPISCH! SOBALD IN DER EIGENE FAMILIE EIN HOMOSEXUELLER IST, DANN GNADE IHM GOTT. WIE ICH DIESE INTOLERANZ HASSE!“, steigerte sich der Schüler immer weiter hinein. Ihm war in diesem Moment nicht klar, dass auch er diese Konfrontation noch vor sich hatte. Was würden seine Eltern nur sagen und darauf reagieren? Doch das war augenblicklich zweitrangig. Auf seinen Weg durchquerte der Grauäugige einen großen Flur der Schule. Eine bekannte Stimme rief den Schüler plötzlich.
 

„ANDRÉ! Wie geht es dir?“ Dadurch aus seinen Gedanken gelockt drehte sich der Duellant um. Es war Professor Yuki. Mit seinem charakteristischen Lächeln auf den Lippen schloss der Lehrer zu ihm auf. „Und wie geht es dir?“, fragte der Braunhaarige den Jüngeren erneut. „Danke gut. Ich bin ja nur ohnmächtig gewesen. Nichts ernsthaftes also.“, antwortete dieser etwas sarkastisch. „Das freut mich. Aber sag mal, bedrückt dich etwas? Du scheinst angespannt und durch den Wind zu sein.“, fuhr die Lehrkraft fort. Der Halbfranzose konnte das gute Gespür des Professors nicht leugnen. „Professor. Ich …“, fing er an, als ihm Yaden jedoch ins Wort fiel. „Weißt du was!? Erzähle es mir in meinen Büro.“ Der Erwachsene lief an André vorbei und bog um die Ecke. Verwirrt, aber gehorsam folgte er ihm. Ihr Weg führte die Zwei durch weitere Gänge, bis sie vor einer massiven Tür mit der Aufschrift „Büro Professor J. Yuki“ standen. Der Braunäugige schloss die Tür auf und betrat zusammen mit dem Schüler den Raum. Es war ein sehr kleines Büro. Chaotisch lagen einzelne Blätter, Formulare und Unterrichtsmaterial herum. Der Lehrer bot durch eine Handgestik den freien Stuhl vor dem kleinen Schreibtisch an. Dankend setzte sich André. Jaden lehnte sich an den Tisch an und schaute den Gast in die Augen. „Also André. Was beschäftigt dich?“, fragte er ihn.
 

„Wo fange ich an besten an.“, grübelte der Angesprochene zuerst, bis er letztendlich seinem Professor die verzwickte Situation zwischen Tobi, Kazuo und Herr Leisp erzählte. Aufmerksam hörte der Ältere ihm zu. Am Ende der Schilderung fasste sich Jaden nachdenklich mit den Fingern an die Glabella. „Das ist wahrhaftig ein sehr großes Problem.“, bestätigte er. Die Lehrkraft wusste genau, dass nun eine Antwort, ein kleiner Hoffnungsschimmer erwartete wurde. Die konnte er aber nicht wirklich geben. Wie versteinert stand er mit geschlossenen Augen vor dem schwarzhaarigen Duellanten und kramte in seinem Gehirn nach einer Lösung. André schwieg. Er hoffte, dass Professor Yuki einen Einfall hatte, der den Freunden helfen konnte. Die Minuten verstrichen. Plötzlich hellte sich der Gesichtsausdruck von Jaden auf. „Jetzt erinnere ich mich wieder.“, begann er. Der Grauäugige horchte auf.
 

„Dieses Turnier, wovon Herr Leisp sprach, plant die Akademie schon länger. Zufälligerweise habe ich mit bekommen, wie unser Schulleiter am Telefon mit unseren Förderern sprach. Eigentlich darf ich nicht darüber reden, aber diese Situation ist in meinen Augen so schwierig, dass ich meine Schweigepflicht einmal brechen werde. Versprich mir aber, dass du mit niemanden darüber reden wirst!“, fuhr er fort. Nickend beantwortete der Schüler seine Bitte. „Also dieses Turnier wird im Partnermodus ausgeführt. Jeder unserer vier Jahrgänge wird teilnehmen. Jeweils vier Duellanten aus jeder Klassenstufe. Zusätzlich werden aus weiteren Schulen die besten zwei Pärchen dazukommen. Es wird ein großes Spektakel. Es ist gut möglich, dass Kazuo und du, sowie Tobi und Leon daran teilnehmen können. Dem Gewinner winkt ein einzigartiger Preis. Genaueres weiß aber selbst ich nicht. Aber vielleicht helfen dir diese Informationen weiter?“, beendete er schließlich seine Wort. Die Augen des Zuhörers funkelten. Auf eine solche Gelegenheit hatte er immer gehofft.
 

„Danke, Professor Yuki. Sie haben mir weiter geholfen. Ich werde Ihr Vertrauen nicht enttäuschen.“, bedankte sich der Duellant bei seinem Lehrer. Dieser lächelte zurück. „Ihr bekommt das schon hin. Wenn ihr alle zusammenhaltet, dann kann selbst jemand wie Herr Leisp nichts dagegen tun.“, ermutigte der Braunhaarige den Gesprächspartner noch zusätzlich. Höflich verbeugte sich André und verließ glücklich den Raum. Am liebsten hätte er einen Jubelschrei losgelassen. Eine solche einmalige Gelegenheit wollte sich der Spieler einfach nicht entgehen lassen. Ein Geistesblitz durchzuckte ihn. Das Grinsen auf seinen schmalen Lippen wurde immer breiter. Der Schüler rannte die Korridore und Treppen entlang, bis er vor dem Sekretariat stand. Er klopfte zweimal an. Eine freundliche Frau empfing ihn. „AH. Herr Burkhard. Wie geht es Ihnen? … Was kann ich für Sie tun?“, begrüßte sie ihn. Der Europäer lächelte sie an. „Guten Tag, Frau Fukuda. Danke mir geht es gut. Ich würde gerne ein Ferngespräch nach Straßburg führen.“, antwortete er ihr. „Das freut mich. Gehen Sie einfach in diesen Raum und wählen die an der Wand hängende Vorwahl ein. Dann die normale Telefonnummer, die Sie anrufen wollen.“ Die Sekretärin zeigte auf eine Glastür, in der auf einen kleinen Nachtisch ein Telefon stand. Dankend betrat der Schüler das Kämmerchen und machte es sich auf den gemütlichen Sitz bequem. Wie ihm gesagt wurde, tippte André die spezielle Vorwahl und dann die eigentliche Durchwahl. Es dauerte einen Moment, aber dann nahm jemand am anderen Ende ab. „Bonjour? Avec qui je parle? [Hallo? Mit wem spreche ich?]“, fragte eine Frauenstimme.
 

„Bonjour Amélie! Voici votre vieil ami André. [Hallo Amélie! Hier ist dein alter Freund André.]“ Die weibliche Stimme begann zu schreien. „ANDRÉ! ... Comment vas-tu? Mon chou, tu as pas du plus! Que puis-je faire pour toi? [ANDRÉ! ... Wie geht es dir? Schätzchen, du hast dich lange nicht mehr gemeldet! Was kann ich für dich tun?]“ Der 19 Jährige lachte. Seine Freundin hatte sich kein bisschen verändert. „Je vais bien. J'ai besoin de votre aide. Il s'agit de la carte que j'ai depuis longtemps de vous avoir laissé à la garde. [Mir geht es gut. Ich brauche deine Hilfe. Es geht um die Karten, die ich dir zur Verwahrung hinterlassen habe.]“ „Penses-tu LA cartes? [Meinst du DIE Karten?]“, harkte sie nach. „C'est CES! Est-il possible que les cartes dans un délai d'une semaine chez moi à l'Académie par colis arrivent? [Genau DIE! Ist es möglich, dass die Karten per Paket innerhalb einer Woche zu mir an die Akademie zugeschickt werden können?]“, bestätigte er und fragte speziell des Transportes nach. Amélie beteuerte ihm, dass es keine Umstände machen würde: „Trésor, tout est possible. Pour vous déplacer même l'ascension de l'Everest. Les cartes sont à vous arriver demain! [Schatz, es ist alles möglich. Für dich versetze ich sogar den Mount Everest. Die Karten werden morgen da sein!]“ „Merci Amélie! Avez bien chez moi! Vous êtes simplement or! En attendant la prochaine fois au revoir. [Danke Amélie! Du hast etwas gut bei mir! Du bist einfach Gold wert! Bis dann und auf Wiedersehen.]“, bedankte sich der Schwarzhaarige und verabschiedete sich.
 

„Au revoir, mon cheri! [Auf Wiedersehen, mein Lieber!]“, kam es ebenfalls von der Französin. Das Telefon wurde wieder eingehängt. Zufrieden und mit dem Grinsen eines Honigkuchenpferdes verließ er die Telefonzelle und machte sich auf den Weg zu den Unterkünften. Kazuo steuerte zielstrebig den Schul-Kiosk an. Der Schüler kannte die Schwachstelle seines Partners genau. Eine Schwachstelle, die ihn mit 100%ig Trefferquote wieder aufmunterte. Selbst wenn es Tobi niemals zugeben würde. Der Braunhaarige war ein Liebhaber von Süßigkeiten. Egal was es für welche waren. Tobi liebte wirklich alles. Und dieses Wissen nutzte der Südländer selbstverständlich aus. Gerade wollte er die Tür zum Süßwarenladen öffnen, seine Hand war schon am Türgriff, erklang in diesem Moment eine Stimme direkt hinter ihm. Überrascht drehte Kazuo sich um und erkannte sofort den Besitzer des Zurufs. Es war niemand anderes als Prof. Yuki. Mit Schamesröte ihm Gesicht senkte der Schüler den Blick zum Boden. Den Lehrer für das Fach „Duellgeister“ begleitete Professor Takeda. Dem Schulleiter musste der Duellant so einiges Beichten und Erklären, was sein vergangenes Handeln betraf. Zwar stellte sich die braunhaarige Lehrkraft als der „Retter der Stunde“ heraus, womit Kazuo seinem Schulverweis entronnen war. Allerdings schämte Kazuo sich für sein damaliges, falsches Verhalten. Es dauerte nicht lange, da standen auch schon die beiden Professoren vor dem Aufgewühlten.
 

Takeda verließ die Gruppe aber schnell wieder, da wichtige Aufgaben auf ihn warteten. Somit blieb nur noch Jaden bei seinem Schützling. Mit einer freundlichen Stimme begann er dann auch schon zu reden: „Ich habe alles von André erfahren. Ich weiß, was los ist. Sicher trefft ihr euch später noch. Aber es schadet bestimmt nicht, wenn ich dir bei dieser günstigen Gelegenheit auch reinen Wein einschenke. Es geht um das kommende Turnier. André weiß bereits alles, was ich dazu sagen kann. Kurz und knapp sieht das nämlich so aus: Es wird ein Teamturnier sein, mit jeweils vier Teilnehmern pro Jahrgang und ein Paar eingeladenen Gästen. Aber damit wir uns richtig verstehen. Diese Infos hast du nie bekommen. Ich wünsche dir und Tobi viel Glück.“ Mit diesen Worten eilte Jaden auch schon dem Schulleiter nach, der bereits einige Meter weiter um die Ecke bog. Verwirrt sah Kazuo ihm nach, bevor er wieder damit weiter machte, weshalb er gekommen war. Er drehte sich um und ging durch die Tür.
 

Nachdem die Besucher Tobi nun völlig allein gelassen haben, schritt der Goldäugige wie ein unruhiges Tier im Käfig hin und her. Immer wieder versuchte er sich hinzusetzten. Doch das half nicht. Irgendwann griff er zu den Schubladen des kleinen Nachttischs und warf ein Blick hinein. Darin befand sich nichts Besonderes. Nur ein uraltes Magazin stach heraus. Neugierig nahm er die Zeitschrift heraus und las die Hauptthemen auf dem Cover. „Die Welt der Insekten. … Wie lernt das Gehirn? … Was für ein Eistyp sind sie?“ Das letzte klang interessant und der Interessierte öffnete das Magazin und vertiefte sich direkt in den Artikel.
 

[Welcher Eistyp sind Sie?

Bestimmen Sie aus den angegebenen Charakterprofilen Ihre Art wie sie ein Eis am Stil essen. Viel Spaß beim Ergründen Ihres Schleckverhaltens.
 

Der Eis-Dieb (Teilhaber):

Mampf, mampf! Mal kurz nicht hingeguckt und schon wieder fehlt ein Stück vom eigenen Eis. Der Eis-Dieb schlägt blitzschnell zu und beißt nur mal kurz ab. Das hat aber nix mit Geiz zu tun – eher mit Geselligkeit. Denn die Eis-Diebe haben gerne viele Menschen um sich und geben auch immer selber was ab. Eis-Diebinnen verlieben sich schnell. Sie bleiben aber auf Distanz, bis sie sich sicher sind, dass ihr Mann nur ihnen alleine gehört. Auch Eis-Diebe verknallen sich ständig. Wenn sie aber merken, dass sie doch nicht die Richtige ist, sind sie ganz schnell wieder weg.
 

Der Von-unten-Esser (Gipfelstürmer):

Das Eis wird vom Stiel an aufwärts gegessen – von unten nach oben. Diese Stieleis-Esser sind unberechenbar. Sie ändern öfters mal kurzfristig ihre Meinung. Trotzdem können sie ihre Launen sehr gut unter Kontrolle halten, sind intelligent und haben keine Vorurteile. Freundschaft geht den Von-unten-Essern über alles. Sie sind auf der Suche nach anderen Menschen mit dem gleichen Interessen und Vorlieben.
 

Der Eis-Lecker (Schleckermaul):

Das leckere Eis wird ganz langsam ausgepackt und dann von oben bis unten abgeschleckt. Denn die Eis-Lecker sind echte Genießer. Sie sehnen sich nach Harmonie und Ruhe in ihrem Leben. Ihr ausgeprägter Gerechtigkeitssinn sorgt dafür, dass sie alles, was mit Lügen und Intrigen zu tun hat, verabscheuen. Die Eis-Lecker-Frauen sind in der Liebe eher zurückhaltend. Leicht rumzukriegen ist keine von ihnen. Auch der Eis-Lecker-Mann schenkt sein Herz erst der Frau, die er für absolut würdig hält.
 

Der Eis-Beißer (Ungestüme):

Ohne Rücksicht auf den Zahnschmelz werden einfach große Stücke aus dem Eis gebissen und verschlungen. Die so genannten Eis-Beißer sind wilde, ungeduldige Typen. Mit ihrem spontanen und kreativen Charakter verbeißen sie sich schon mal in haarsträubende Ideen. Genauso stürmisch und leidenschaftlich sind sie in der Liebe. Eine gute Chance lassen sie auf keinen Fall wegschmelzen.
 

Der Eis-Modellierer (Dynamische):

Das Eis wird mit der Zunge bearbeitet, bis es die verschiedensten Formen angenommen hat. Oder einfach in Kaffee, Kakao oder Likör getaucht. Die Eis-Modellierer lassen sich nicht in Schubladen stecken. Ihr Lebensmotto heißt Abwechslung. Sie wollen alles, wirklich alles ausprobieren und kennen lernen. Eis-Modellier-Männer stürzen sich in jede heiße Affäre – überzeugt, es ist jedes Mal die große Liebe. Die Modelliererin ist eine wahre Verwandlungskünstlerin. Ihr Partner sollte nie vergessen, dass sie sich schnell langweilt und erst glücklich ist, wenn ständig was Neues passiert.
 

Der Glasur-Knabberer (Vernünftige):
 

Erstmal fein säuberlich die Glasur abknabbern und dann den leckeren Kern genießen. Die Glasur-Knabberer gelten als etwas unterkühlt. Kontakt zu anderen finden sie oft nur schwer, da sie nur selten aus sich heraus gehen. Das Vertrauen eines Eis-Knabberers muss man sich erst erarbeiten. Blickt man aber hinter die kühle Fassade, wird man von der Sinnlichkeit und Sensibilität dieser Menschen beeindruckt sein.
 

Haben Sie ihren Typ entdeckt? Wenn ja, vielleicht haben sie somit etwas mehr über sich selbst erfahren. Viel Spaß beim identifizieren ihrer Freunde. Das Eisschlecker-Team.]
 

Noch nie hatte der Leser darüber nachgedacht, wie er sein Eis aß. Aber die Idee daraus eine Persönlichkeit zu erkennen fand er an sich ganz lustig. Die Tür zum Raum öffnete sich und Kazuo kam ins Zimmer herein. In beiden Händen hielt er ein noch verpacktes Eis am Stiel. Bei diesem Bild konnte Tobi nicht anders und fing an zu Lachen. Die Verwirrtheit des Besuchers war ihm förmlich in dessen Gesicht geschrieben.
 

Summend öffnete der Halbfranzose die Eingangstür zu seinem Wohnraum. Seine Wut und Aggression gegenüber dem Leiter des Leisp Konzerns war wie weggeblasen. Er freute sich zum einen über die Chance bei dem bevorstehenden Turnier mitmischen zu können. Zum anderen machte ihn dieser Preis neugierig. „Was konnte es nur sein?“, fragte er sich immer wieder. Das Telefonat mit seiner Freundin und ehemaligen Klassenkameradin aus Straßburg gab ihm einen weiteren Glückshormonschub. Der Grauäugige wollte nichts dem Zufall überlassen und sich gut vorbereiten. Ein unleugbares Gefühl sagte ihm, dass Professor Yuki ihm nicht ohne Hintergedanken von dem Turniervorbereitungen erzählt hatte. Deshalb setzte er sich auch prompt an den Schreibtisch und tippte wie wild auf der Tastatur des Computers, so bald dieser hochgefahren war. Der Schüler durchsuchte alte Zeitungsartikel und Bildmaterial über verschiedene Duelle, die in der Vergangenheit bei dem so genannten Battle City Turnier und anderen großen Veranstaltungen stattfanden. Er wurde fündig und machte sich Notizen. Überglücklich lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück und grinste wieder.
 

„Das wird ein Spaß. Ich bin gespannt, wie der Leisp schaut, wenn unser Quartett das Kampffeld aufmischt und ordentlich aufräumt.“ Jemand klopfte an die Tür an. „Herein! Es ist offen!“, rief André, während er die Fenster innerhalb des Monitors schloss. Der Besucher trat ein. Es war Leon. „Na du?“, fragte er den Kleineren. „Hast du deinen Ärger abreagiert?“ „Klar. Mir geht es blendend. Es ist zwar immer noch total unfair, wie dieser Leisp mit den Gefühlen seines Adoptivsohns umgeht, aber wenn wir alle nur negativ denken, dann kommt nichts Gutes dabei raus.“, erwiderte André dem Blondhaarigen. „Da kann ich dir nur zustimmen.“, antwortete der Sportler. Er setzte sich auf das Bett des Partners. „Ehe ich es vergesse. Ich hätte da noch eine Frage an dich?“, fuhr Leon fort. „Ja? Was gibt’s?“ „Tobi hat mir, als du geschlafen hast, etwas von Duellgeistern erzählt. Ich verstehe das nicht. Was soll das sein? Wozu sollen die gut sein?“, fing er an seine Frage zu stellen, die absichtlich vom vorherigen Gesprächsstoff ablenkten. Der Angesprochene drehte sich zu ihm um.
 

„Ach so. Die Duellgeister. … Keine Angst, das sind keine Hirngespinste, auch wenn es im ersten Moment auf dich so wirkt. Duellgeister sind die lebendigen Seelen der Duell-Monsterkartenaufdrucke. Jeder Duellant hat, so nach Professor Yukis Auffassung, einen Duellgeist, der ihm in verschiedenen Lebenslagen zur Seite steht. Meistens ist es der Geist, der von unserer Lieblingskarte stammt. In meinen Fall wäre das „Einhorn“.“, erklärte der schwarzhaarige Schüler seinem Freund. Verwirrt zog der Blauäugige eine Augenbraue hoch. „Ok. Und warum habe ich bisher nie einen gesehen?“ „Keine Ahnung. Vielleicht liegt es daran, dass du nicht an solche „kindische Fantasien“ glaubst. Wobei ich es nachempfinden kann. Ich war auch zuerst geschockt, als ich meinen ersten Duellgeist sah.“, gab der Jüngere als klare Antwort zurück. Der Student ließ sich auf das Bett fallen. „Es erinnert auch alles an eine Kleinkind-Fantasie. Aber ist auch egal. Solange die mir nichts tun, habe ich auch kein Problem mit denen.“, lachte er. Die liebenswerte Art seines Geliebten zauberte ein Lächeln in die Mimik des Zuhörers. Es gab keinen Moment mehr, an dem er an ihrer Beziehung zweifelte.
 

„Sag mal. … Was werden unsere Eltern sagen, wenn sie von uns erfahren?“, fragte André den im Bett Liegenden ganz direkt. Kurz breitete sich Stille im Raum aus. „Müssen sie es wissen?“, entgegnete Leon darauf. „Ich weiß es nicht. Es ist zwar schön, wenn man eine große Familie ist. Aber dich deshalb zu verlieren wäre mein Todesurteil.“, gab André zu. Eine leichte Röte umspielte seine Wangen, da ihm der letzte Satz etwas peinlich war. Erinnerte irgendwie an das Melodram von Romeo und Julia. Und komischer Weise kam Leon darauf zu sprechen. „Also wenn ich jetzt an den Klassiker „Romeo und Julia“ denke, dann kann ich mich diesen Beweis der gegenseitigen Liebe nur anschließen. Eher sterbe ich, als dass ich meine große Liebe verleugne, gar verliere und ewig in Trauer und Schmerz leben müsste. … Du bist die Liebe meines Lebens, André!“, fügte der Deutsche am Ende seines Satzes hinzu. Diese romantische Ader seines Gefährten ließ die Röte in dem Gesicht des Halbfranzosen noch kräftiger werden. Durch die auffällige Färbung angelockt erhob sich der Student und näherte sich dem anderen Mann. Sanft umschlossen seine kräftigen Hände das Gesicht des Erröteten. Mit einer fließenden Bewegung führte Leon dieses zu sich und küsste die Lippen seines Lieblings.
 

Wieder durchströmten die Zwei ein prickelndes und überwältigendes Glücksgefühl. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten haben sie sich kennen und lieben gelernt. Und keiner von ihnen würde den anderen mehr allein lassen. Genüsslich verspeisten die beiden Verliebten ihr Eis. Ihnen mundete es sichtlich. Danach saßen Tobi und Kazuo auf dem Bett und schwiegen. Während der Hai-Duellant mit dem Holzstil im Mund herumspielte, drehte der Halbspanier seinerseits das Stück Holz in den Fingern. Eine unangenehme Ruhe breitete sich in dem sterilen Zimmer aus. Keine von Beiden wusste genau, was er sagen sollte. Der Rothaarige überlegte hin und her. Doch kamen ihn keine richtigen Gesprächsthemen in den Sinn. Bevor er sich noch mehr sorgen darum machen konnte, ergriff der Goldäugige schließlich das Wort. „Kazuo eine Sache hat mich schon die ganze Zeit beschäftigt. Was ist eigentlich bei unserem Duell passiert, nachdem ich ohnmächtig geworden bin?“ Blanke Fassungslosigkeit und Erstaunen war im Gesicht des Jungen zu erkennen. So eine Frage hat er jetzt am wenigsten erwartet. Etwas verlegen sah der Angesprochene auf den Boden.
 

„Es ist eigentlich nichts Besonderes. Ich habe nur am Ende meine Fallenkarte „Seelenleine der zerbrochenen Welt“ gespielt. Sie hat den Effekt, dass jeder Karteneffekt, der die Lebenspunkte senkt oder erhöht, beiden Spielern zugefügt wird. Deswegen hatten wir beide gleichzeitig keine Lebenspunkte mehr und es gab ein Unentschieden. Darum hat dich der Effekt von mir nicht so stark getroffen und ich bin zu mir gekommen. Danach habe ich dich gleich auf die Krankenstation gebracht und mich anschließend vor dem Rektor der Verantwortung gestellt.“ Tobis typisches, freundliches Lächeln entstand auf seinen Lippen. Sofort hing er sich auch um den Hals des Jüngeren. Sie sahen sich gegenseitig in die Augen. Dann flüsterte Tobi: „Ich bin froh das du wieder der Alte bist. Lassen wir die Vergangenheit einfach ruhen und konzentrieren uns auf unsere Zukunft. Denn egal was jetzt noch passieren wird. Ich werde dich nicht mehr verlassen. Ohne dich bin ich nicht mehr komplett.“ Während er sprach ist der Ältere dem Geliebten immer näher gekommen, bis sie nur noch wenige Millimeter von einander getrennt waren. Gerade in dem Moment wo sich ihre Lippen berühren wollten, öffnete sich schlagartig die Tür. Verwundert und etwas erschrocken sahen sie zur nun offenen Tür und der darin stehenden Krankenschwester. Tobi lag immer noch Kazuo um den Hals.
 

Sofort nahm das Gesicht des Rothaarigen die Farbe seiner Haare an, während der Andere gelassen an ihm hang. Die Schwester konnte nicht gerade in deren Richtung schauen und sah zu Seite, während sie zu sprechen begann: „Die Besuchszeit ist schon seit einer halben Stunde vorbei. Bitte gehen sie in ihr Zimmer und für sie Herr Schäfer ist gerade ein Packet gekommen.“ Immer noch vom Schock gepackt stand der Grünäugige schon fast mechanisch wirkend auf und ging zur Tür. Dort verabschiedete er sich und war auch schon verschwunden, bevor Tobi etwas dazu sagen konnte. Etwas traurig sah der Hinterbliebene seinen Partner hinterher. Doch dazu war jetzt keine Zeit. Die Schwester trat schon an sein Bett und reichte ihm das Paket. Mit einem Seufzer nahm er das braune Quadrat entgegen. „Nächstes Mal können sie auch anklopfen.“, erwiderte er darauf. Sachte öffnete er das Packet, als er merkte, dass die Krankenschwester immer noch nicht verschwunden war. „Ist noch was?“, fragte er mit einem fast barschen Ton. Wie aus einem Traum geholt blinzelte die Angesprochene zwei, dreimal mit den Augenlidern, bevor sie sich umdrehte und wieder zur Tür ging. „Morgen früh kommt Dr. Makoto noch mal vorbei und schaut nach ihnen. Wahrscheinlich werden sie dann auch morgen schon entlassen.“ Mit diesen Worten schloss sie die Tür hinter sich. Tobi konnte nicht anders als zu grinsen. Das Packet war schnell geöffnet und darin kam eine kleine Deckbox, sowie ein Brief zum Vorschein. Sachte entfaltete er den Brief und fing an ihn zu lesen.
 

[Hallo mein Schatz,

hier ist deine Mutter. Ich habe leider alles mit ansehen müssen. Wie dein Stiefvater dich unter Druck setzt belastet mich sehr. Du weißt aber, dass er dich genau so liebt wie ich es tue. Nur ist seine Art es zu zeigen etwas kompliziert. Ich habe auch das mit dem Turnier mitbekommen.

Ich wünsche dir alles Glück der Erde, dass du das Finale erreichst.

Ich bin froh, dass du deine Liebe gefunden hast.

Kuss, deine dich alles liebende Mutter.
 

PS: Ich habe dir eine kleine Überraschung eingepackt.]
 

Froh über den Brief und dessen Bedeutung, faltete der Braunhaarige ihn wieder sorgsam zusammen und widmete sich der Deck-Box. Schnell war sie offen und die Karten in seiner Hand. Sachte sah er sich jede der Karten an und kam nicht mehr aus dem Staunen heraus. Nie hätte er gedacht diese Karten in der Hand zu halten. Er war sich noch nicht mal sicher, ob er nicht einfach träumte. Mit äußerster Feinfühligkeit steckte er die Karten wieder in ihren Behälter. Danach nahm er das Blatt Papier mit den Zeilen seiner Mutter in die Hand. Ein Kuss landete direkt auf dem Brief. „Danke.“, sagte er noch bevor der Brief bei den Karten in der Deckbox verschwand.
 

Der neue Tag kam. Mit einer unübertroffenen Fröhlichkeit begann der Halbfranzose seinen Tag. Das erste, wieder gemeinsame Frühstück stand an. Geschickt zauberte der Koch ein kulinarisches Mahl. Er bemerkte, dass Kazuo den Raum betrat. „Bonjour! [Guten Morgen!] Wie geht es dir?“, begrüßte André den Freund freundlich. Kazuo stand schon fertig angezogen in der Küche. Er hatte wie ein Stein geschlafen. Allein der verführerische Duft des Frühstücks konnte ihn aus seinem Tiefschlaf wecken. Freundlich antwortete er seinem Kumpel: „Morgen, mir geht es gut. Aber warum so eine gute Laune?“ Langsam ließ er sich dabei auf einen der Stühle am Küchentisch sinken. „Ach. Nichts Besonderes. Ich bin nur überglücklich, dass Leon und ich ein Paar sind. Wie romantisch und süß er sein kann. Gestern erst war er so unheimlich liebevoll. …“, schwärmte der Schwarzhaarige pausenlos dem Gesprächspartner vor. Lächelnd sah der Rothaarige den Verliebten beim Schwärmen zu. Es war einfach zu putzig.
 

„Ihr passt auch zusammen. Es war nur eine Frage der Zeit bis ihr zueinander gefunden hättet. Doch dich wie ein verliebtes Schulmädchen zu sehen, ist auch nicht zu schlagen.“, scherzte der Junge mit seinem Zimmergenossen, während er darauf wartete, dass das Frühstück fertig wurde. Es klopfte an der Eingangstür. „Ich komme schon!“, rief André dem Besucher zu. Der Schüler rannte an die Tür und öffnete sie. Ein Postbote stand dahinter. „Sind sie André Burkhard?“, fragte dieser. Der Duellant nickte und erhielt ein handliches Paket überreicht. Mit seiner Unterschrift bestätigte er die Zustellung und verabschiede den Herrn. „HURRA! SIE SIND DA!“, jubelte der grauäugige Europäer. Ohne auf Kazuo zu achten packte er flink den Inhalt aus. Neugierig war der zweite Duellant seinem Freund gefolgt uns sah ihm jetzt dabei zu, wie dieser ein Packet auspackte. Sein Kumpel schien so aufgeregt zu sein, wie ein kleines Kind an Weihnachten und war auch so tief in seiner eigenen Welt versunken, dass er ihn wohl gar nicht bemerkte. Endlich zeigte sich eine kleine Decktasche. Auf der Vorderseite war deutlich das Abbild eines Duell-Monsters zu sehen. Wie hypnotisiert fuhr der Halbfranzose die Konturen des Bildes ab, bis er endlich die Tasche öffnete. Aus ihr kamen Duell-Monsterkarten hervor. Sie wirkten sehr neu und unbenutzt. Das Glänzen in den Augen wurde durch ein breites Grinsen verstärkt. „Nach langer Zeit sehen wir uns wieder. Dann kann ja das Turnier kommen!“, sprach er hörbar seinen Gedanken aus. Das ganze Geschehen war einfach zum lächeln. Wie sich der Schwarzhaarige benahm. Einfach alles.
 

Da entsprang dem Südländer eine Idee. Langsam schlich er immer näher an seinen Freund, bis er genau hinter ihm stand. Als er nah genau war, fragte er ganz neutral und ein klein wenig neugierig: „Weswegen kann das Turnier kommen?“ Der Schreck ließ den Ahnungslosen wie Schockgefrieren. Im Zeitlupentempo drehte sich André zu dem Halbspanier um. „Wie … wie lange … wie lange stehst du schon da?“, stotterte der Ertappte. Die Reaktion des Schwarzhaarigen war einfach für die Götter. Den Unschuldigen spielend antwortete Kazuo dann auch schon mit einem fragenden Gesicht und einem leicht geneigten Kopf: „Schon seit dem du die Tür geöffnet hast. Wieso? Habe ich was falsch gemacht oder hast du was zu verbergen?“ „Ich verberge nichts!“, log der erwischte Junge. Doch anhand seines Verhaltens erkannte der Freund schon aus zehn Meter Entfernung, dass André nicht die Wahrheit sagte. „Klar. Und ich bin der Kaiser von China.“ Diesmal veränderte sich der Blick auf dem Gesicht des Jüngeren. Es war ernster, wobei eine hochgezogene Augenbraun und der Rest der Mimik schon zeigten, dass er den Braten längst gerochen hatte. Ein Seufzer überkam den Grauäugigen. „Na schön. Dir kann man echt nichts vormachen. Ich habe von meiner Freundin Amélie aus Straßburg per Eilpaket meine speziellen Karten zu kommen lassen. Habe gestern mit ihr telefoniert. Ich werde diese Karten bei dem großen Turnier einsetzen. Professor Yuki hat mir erzählt, dass aus jeden Jahrgang vier Schüler an dieser Veranstaltung teilnehmen werden. Das heißt, wenn wir uns gut anstellen, dass wir mit von der Partie sind. Aber ich musste schweigen, da niemand Wind davon bekommen darf!“, beichtete der Einhorn-Duellant seinem Freund die Situation.
 

„Ich habe auch Prof. Yuki getroffen. Er hat mir auch schon alles erzählt. Aber was heißt hier, wenn wir uns gut anstellen? Wenn es Vier pro Jahrgang sind, dann sind wir doch auf jeden Fall dabei. Da nur wir zwei und die Zicke Wilson, sowie der Afrikaner in unserem Jahrgang sind.“ Etwas verwirrt über die Aussage von André sah er auf seine Karten, bevor wieder anfing zu sprechen: „Aber egal. Was für seltene Karten hast du denn?“ Doch ehe der Halbjapaner seinen Satz beenden konnte, war André bereits außer Hörweite. Auf seinem Bett hatte sich der Schüler es bequem gemacht. In beiden Ohrmuscheln steckten die silberschwarzen Kopfhörer. Die Musik, die aus ihnen hervorkam, war dermaßen laut, dass das gesamte Zimmer nur so dröhnte. Sie schottete den Duellanten völlig von der „Außenwelt“ ab. Ohne den Kumpel eines Blickes oder einer Reaktion zu würdigen, vertiefte er sich in den Aufbau des Turnierdecks. Die Karten lagen ordentlich nebeneinander gereiht. Monster-, Zauber- und Fallenkarten streng getrennt. Auch ein Zettel mit einem alten Kugelschreiber, die Notizen aus dem Internet und ein Schokoladenriegel fand man auf dem Bett. Erstaunt sah der Mitschüler seinen Freund nach.
 

Anscheinend wollte dieser nichts preisgeben. Falls er in seiner Vermutung richtig lag, so wollte Kazuo dieses „Spielchen“ ebenfalls durchziehen. Ohne den Abgelenkten auf seinem Bett eines weiteren Blickes zu würdigen, ging Kazuo auch schon zu seinem Schrank. Ganz unten und in der hintersten Ecke des Möbelstücks war ein unauffälliges Holzkistchen. Nachdem der Rothaarige es herausgekramt hatte und es samt seiner Weste und dem Gürtel mit den Decks auf den Schreibtisch legte, setzte er sich gemütlich dazu. Im Deckbau war Kazuo unschlagbar. Seine Kreativität kannte keine Grenzen. Sobald ein kleiner Funken einer Idee in seinem Kopf schwirrte, bastelte und feilte der Junge daran, bis sich das Ergebnis sehen lassen konnte. Und wie es der Zufall wollte, traf ihn ein Geistesblitz. „Mal sehn, ob ich es so hinbekomme.“, überlegte der Deckbauer kurz, bis auch er sich völlig dem Erstellen eines Turnierdecks widmete.
 

Genau drei Tage später wurden die Zwei ins Büro von Professor Takeda gerufen. Gehorsam und mit einer kleinen Vorahnung erschienen die Freunde pünktlich dort. Auch Leon und Tobi wurden dort hinzitiert. Im ersten Moment herrschte Stille. Der Schulleiter schaute wie üblich aus dem Panoramafenster. Dann drehte er sch zu den Gästen um und erklärte ihnen, worum es heute gehen sollte. „Wie ihr alle mitbekommen habt, wird Herr Schäfer gebeten an einem großen Duell-Monster Turnier teilzunehmen. Diese Veranstaltung hat die Schulleitung zusammen mit den Sponsoren dieser Akademie bereits Monate zuvor geplant und organisiert. Nun ist es so, dass nicht nur Herr Schäfer, sondern auch weitere Schüler und Studenten, sowie qualifizierte Gastduellanten daran ebenfalls teilnehmen werden. Deshalb habe ich euch zu mir gerufen. Mit großer Freude kann ich verkündigen, dass ihr, Kazuo García, André Burkhard und Leon Norman unter die wenigen Glücklichen gehört. …“ Die Emotionen, die auf diese Worte folgten, waren sehr unterschiedlich. Tobi schien zwischen Trauer und Freude. Leon konnte das gerade Gehörte nur langsam verarbeiten und war mehr verblüfft als froh. Die zwei „Neulinge“ wurden jedoch in ihrer Vorahnung bestätigt. Ein breites Grinsen zeichnete sich auf ihren Lippen ab.
 

„… Ich erwarte aufregende und faire Duelle. Nun komme ich zu dem Duell-System. Gespielt wird als Team. Jeweils zwei Leute aus einem Jahrgang zusammen. Die Paarungen werden per Zufallsprinzip ausgelost. So wird eine neue Schwierigkeitsstufe erreicht, in der sich JEDER beweisen kann. Akzeptiert euren zugeteilten Partner und habt Spaß am Spiel. Ich hoffe, dass keiner ein Problem in diesem Punkt hat!“, fuhr der Rektor fort. „Ich glaube nicht!“, lachte André, noch ehe jemand Anderes etwas erwidern konnte. „Wir sind alle schon ganz heiß auf das Duellieren!“, fügte er hinzu. Zustimmend nickten die Freunde. Auch Professor Takeda war sichtlich zufrieden. „Gut. Es gibt keine speziellen Vorschriften, wie die Decks aufgebaut sein sollen. Ihr habt da völlige Freiheit. Vor allem sollten sie die Duelle interessant und unvergesslich machen. Mehr kann und werde ich nicht sagen. Hat jemand noch Fragen?“, stellte der ältere Herr diese letzte Frage in den Raum. Aufmerksam verfolgte Kazuo das Gespräch. Eine Aussage ließ ihn hellhörig werden. Daraufhin erhob er seine Stimme, um das gerade Gehörte für sich zu prüfen: „Sie haben gesagt es gibt keine Regeln was das Deck bauen belangt. Heißt das auch, dass Karten die nur limitiert oder gar nicht mehr in einem Deck genutzt werden dürfen dazu gehören?“ Bei dieser Aussage sahen alle Freunde verwundert zu dem Fragesteller.
 

Ein leichtes Lächeln entstand in dem Gesicht des Rektors, als er diese Frage hörte. Er klang irgendwie stolz, als er seine Antwort darauf gab: „Ja, Herr García. Das bedeutet genau das. Deswegen sollten sie auf alles gefasst sein, wenn sie gegen die Gastduellanten kämpfen. Doch jetzt möchte ich mich entschuldigen. Es gibt noch viel zu tun, bevor das Turnier starten kann. Ich erwarte viel von ihnen.“ Mit diesen Worten ging Prof. Takeda wieder seiner Arbeit nach und kämpfte sich durch unterschiedliche Formulare und Blätterhaufen. Nachdem sie geschlossen das Büro verlassen hatten, brachte sie ihr Weg direkt zu den Unterkünften der Neulinge. Wie ein Dreijährige hüpfte der Schwarzhaarige durch die Gegend. Er war einfach nur überglücklich, dass er an diesen großen Spektakel teilnehmen durfte. Leon beobachtete ihn. Ein Lächeln ummalte seine schmalen Lippen. Als niemand fremdes gerade zusah, umschlossen die Hände des Älteren die des Kleineren. Dadurch aus seinen Gedanken wachgerüttelt, schreckte der Grauäugige zuerst auf bis letztendlich leichte Schamesröte seine Wangen verfärbten. Die Gruppe erreichte das Apartment ohne Schwierigkeiten. Kazuo und Tobi betraten den Wohnraum, während die zwei Anderen noch draußen blieben. Einen kurzen Moment schwiegen sie, bis Leon seinen Geliebten ansprach.
 

„André. Ich wünsche dir viel Glück bei dem Turnier. Bleib einfach cool. So machst du keine Fehler. Ich bin gespannt, welche ausgefallene Strategie du im Hinterkopf hast. Aber egal wie schwierig dein Partner in diesem Duell-System sein mag. Konzentriere dich auf dein Können und wie du für euch beide den Spielzug am besten und effektivsten gestaltest.“ Aufmerksam hörte der Duellant seinem Gesprächspartner zu. Der Blondhaarige näherte sich dann seinem linken Ohr. Mit seiner beruhigenden und einzigartigen Stimme raunte er in sein Ohr:„Und außerdem, … wenn wir zwei als Team zusammen gespielt hätten, dann würde kein anderer Duellant eine Chance auf den Sieg haben! Sei also nicht traurig.“ Die Röte wurde intensiver. Grinsend schauten sie sich erneut in die Augen. „Ich bin nicht traurig. Keine Sorge. Streng dich auch an. Ich lass dich dann aber nicht gewinnen.“, erwiderte André. Daraufhin lachten beide Männer. Sie gaben doch ein gutes Paar ab. Das Sportass verabschiedete sich und suchte sein Zimmer auf, um sich auf das Turnier vorzubereiten. „Leon hat Recht. Ich muss besonnen an die Sache ran gehen. Sonst ärgere ich mich später umso mehr!“, dachte der Hinterlassene nach. Der Halbfranzose holte sein Deck aus der Jeansjackentasche und betrachtete die erste Monsterkarte. „Dann lassen wir es mal krachen!“, rede er auf das Abbild ein. Ein Grinsen seinerseits folgte, bis er ebenfalls in den eigenen vier Wänden verschwand.
 

Nach weiteren, scheinbar endlosen Tagen war es soweit. Das große Turnier fand statt. Wie an der Willkommensfeier wurden die Halle und die dazugehörigen Tribünen festlich geschmückt und raus geputzt. Unter großen Beifall der gesamten Schülerschaft betraten die Teilnehmer die riesige Halle. Unter ihnen waren neben den vier Freunden auch Aiko Chang, Leons Zimmergenosse Sascha, Brittany Wilson und der Afrikaner Mongezi. Takeda empfing sie alle. An seiner Seite konnte man neben den Lehrern auch fremde, der Schule nicht zugehörige Personen erkennen.
 

„Willkommen! Ich heiße euch alle herzlich Willkommen! Nach langem Warten ist es wieder soweit. Das große Turnier, welches diese Akademie und unsere vier großen Förderer geplant hatten, kann beginnen. Aber zuerst möchte ich euch die Planer, Organisatoren und Sponsoren vorstellen. Begrüßt mit mir als ersten Herrn SETO KAIBA!“ Die Massen tobten. Es gab keinen, dem der Name Kaiba kein Begriff war. Ruhig, mit seiner unübertrefflichen Gelassenheit schritt der Geschäftsführer ans Mikrofon. Er trug einen perfekt sitzenden, weißen Anzug. Sein braunes Haar durchzogen feine, graue Strähnen. In all der Zeit, die vergangen war, ist aus einem hitzköpfigen und gnadenlosen Menschen ein gereifter und hoch verehrter Gentleman geworden. Ein Mann der die Spielregeln im Geschäftsleben gut kannte und sie geschickt einzusetzen wusste. Vor allem aber blieb er unter den Top-Duellanten der Welt. Mit seinen saphirblauen Augen begutachtete er die Teilnehmer, bevor er seine kleine Rede hielt.
 

„Willkommen Duellanten. In diesem Turnier geht es nicht nur um den Spaß, den man mit jedem anderem Kartenspiel haben kann. Duell-Monster bedeutet Disziplin, ein hohes Maß an Selbstvertrauen und das Potenzial sich weiterzuentwickeln. Auf den ersten Blick kann niemand entscheiden, wer Sieger sein wird. Allein die benötigten Punkte, die ihr im Laufe der Duelle sammelt, entscheiden über das Weiterkommen. Doch darum geht es heute. Den Sieg. Wer von euch wird sich durchsetzen und den Titel: „Bester Duellant der Welt“ erringen und sich geehrt fühlen unter den Top-Duellanten wie Yugi Muto, Joey Wheeler, Mai Valentine, Jesse Anderson und meiner Wenigkeit dazu zuzählen. Doch genug gesprochen. Ich will unterhaltsame und fesselnde Duelle und vor allem Leidenschaft zum Spiel sehen!“ Durch die Worte des Japaners angeheizt, untermalten lauter Beifall und Zurufe die Szenerie. Keiner konnte mehr länger auf die bevorstehenden Duelle warten.
 

Da aber nun die Regeln erklärt werden mussten, übergab der Leiter der Kaiba Corporation das Mikrofon einem weiteren Sponsor. Die Augen der Freunde weideten sich. Es war Johannes Leisp. „Hallo alle miteinander. Ich, Johannes Leisp, kann mich den Worten meines Kollegen anschließen. Zeigt uns und den aberhunderten Zuschauern, wie Duell-Monster gespielt wird. Aber verlieren wir keine Zeit. Ich habe die Ehre, die Regeln mitzuteilen.“ Der Vater von Tobi räusperte sich, bevor er weiter sprach. „Zum Anfang wird das Turnier im Teammodus bestritten. Zwei Duellanten ergeben ein Team. Die Partner werden per Auslosung und Zufallsprinzip zugeteilt. Wobei jeder Jahrgang dieser Akademie und die Gastduellanten getrennt behandelt werden. Es wird also kein Neuling mit einem Studenten, ein Gast mit einem Akademieschüler oder dergleichen zusammen kommen. Die Zweier-Mannschaften verteilen sich auf dem Schulgelände und treffen so auf ihre Gegner. Jedes Team erhält ein Abzeichen. Dieses „Wappen“ ermöglicht euch in die nächste Runde zu kommen. Allerdings benötigt ihr vier Stück, um euch so zu qualifizieren. Dies bedeutet, ihr müsst gegen andere Teams eure Wappen setzen, um die bestimmte Anzahl zu erlangen. Ab dann wird Einzeln um den Titel gekämpft. Am Ende wird ihm Finale der Sieger bestimmt und gekürt. Ihm schwebt neben den Titel eine weitere Überraschung als Preis in Aussicht. Strengt euch also ALLE an! Ich wünsche Euch viel Erfolg!“
 

Gespannt hat Kazuo alles verfolgt. Er war ein klein wenig aufgeregt. Doch wusste er, dass er mit seinen Vorbereitungen alles nur Mögliche abgedeckt hatte. Jetzt war nur die Frage mit wem er ein Team bilden sollte. Es stand in seinen Augen zwei zu eins, dass es ein gutes Team werden würde. Entweder Mongezi oder sein Zimmerkamerad André. Mit dem einzigen Mädchen wollte er nicht unbedingt ein Team bilden. Die Sache im Punkto „Teambildung und gemeinsam für den Sieg kämpfen“ würde sich dadurch nur unnötig komplizieren. Bald wusste er, wer sein Partner sein wird. Sich selbst und seinen Freunden die Daumen drückend wartete Kazuo auf die Ziehung. Total entzückt über die Erklärung, wie das Turnier ablaufen wird, vergaß der Grauäugige seine Wut auf den Leiter der europäischen Leisp Company. „Also das mit den Wappen und dem restlichen Verlauf finde ich super. Es ist dem Stil, wie es im Königreich der Duellanten unter Maximilian Pegasus durchgeführt wurde, ähnlich. Aber auch anders. … Aber was wohl die große Überraschung bloß ist?“, fragte sich der halbdeutsche Europäer anschließend. Nachdenklich kratzte sich der Junge am Kopf. Doch bevor sich der Schüler noch länger Gedanken über den geheimen Preis machen konnte, wurden die Paarungen schon ausgelost. Professor Alvarez, der Moderator dieses Turniers, verkündigte die Teammitglieder.
 

„Das erste Paar bildet: Aiko Chang und Leon Norman.“ Mit einem breiten Grinsen umarmte der Student seine Partnerin. Da sie sich sehr gut kannten und auch mochten, war gegen diese Zusammenstellung kein Einwand erforderlich. „Als nächstes bilden Tobi Schäfer und Soraya Cassini Team 2.” Wie eine Diva schritt die heißblütige Italienerin ihrem unscheinbaren Partner entgegen. Blicke sprachen mehr als tausend Worte. Tobi hätte sich am liebsten gegen die Stirn gehauen. Bei all den Möglichkeiten die es gab, musste es ausgerechnet diese eingebildete Schnepfe sein. Schon wie sie hochnäsig auf ihn zukam. Sie war noch nicht bei ihm, da gab sie auch schon ihren ersten Kommentar ab: „Wieso habe ich den so jemanden als Partner? Na egal. Ich werde uns beide schon durch das Turnier lotsen. Solange du mir nicht im Weg stehst.“ Bei diesen Worten biss der Degradierte seine Zähne zusammen.
 

Da sah er etwas was sich zu etwas lustigen entwickeln konnte. Vielleicht ein, zwei Schritte vor der Italienerin war ein dickes Kabel am Boden. Anscheinend für die Lautsprecher oder Leuchten, die die Halle erhellten. Normalerweise würde er sofort jemanden warnen. Doch diesmal rang er mit sich. Da geschah es schon. Die junge Frau stolperte über das Kabel und direkt auf ihn zu. Kurz bevor er sie hätte auffangen können, machte er einen Schritt zur Seite und ließ Soraya an ihm vorbei stolpern. Glücklicherweise konnte sie sich mit aller Kraft noch fangen, bevor ihr Gesicht den Boden grüßte. „Ich tu mein bestes dir nicht im Weg zu stehen. Doch solltest du nächstes Mal deine Nase nicht so hoch tragen, damit du auch siehst was vor deinen Füßen passiert.“ Bei diesen Worten konnte sich der Goldäugige kein Grinsen verkneifen. Vor Wut sah das Mädchen auf und funkelte ihren Zwangsteampartner böse an. Doch Tobi ließ sich dadurch nicht unterkriegen und sah zurück. Man konnte förmlich ein unheimliches Knistern zwischen ihnen beiden spüren.
 

„Der Arme! Die Cassini ist sehr unfreundlich. Er wird es schwer haben.“, dachte sich André dabei. Ihm tat der deutschstämmige Schüler Leid. Zu Leons Partnerin machte er sich nicht wirklich Sorgen. Aiko war sehr nett und der Jüngere wusste genau, dass sein Geliebter ihn nie mit ihr betrügen würde. Von daher nahm es der Halbfranzose diese Tatsache sehr locker. Nun wurde sein Namen genannt. „Monsieur [Herr] André Burkhard und Ms. [Fräulein] Brittany Wilson ergeben ein weiteres Duellteam.“ Völlig geschockt über das gerade gehörte starrte der Einhorn-Duellant auf die zickige Amerikanerin. Diese lächelte ihn an. Aber man merkte, dass diese Gestik aufgesetzt war. Auch sie schien wenig begeistert zu sein. Brittany und André. Dieses Team hatte schon in den ersten Minuten, ohne je ein Duell gemeinsam ausgetragen zu haben, verloren. Keiner von beiden hatte Lust mit dem jeweils Anderen eine Zweiergruppe zu bilden. Angesäuert schmollten sie und schwiegen.
 

Dabei wichen sie dem Blick des Kollegen bewusst aus. Kazuo sah zuerst zu seinem Liebsten und dann zu seinen Zimmerkameraden. Das Daumendrücken hatte leider nicht so geholfen, wie es ursprünglich gedacht war. Ein Funken von Mitleid überkam dem Beobachter, als dieser die Szenen mit Tobi und seiner Teampartnerin sah. Sie verdiente wahrscheinlich nichts anderes, aber dadurch spitzte sich die ganze Angelegenheit unnötig zu. Ein leichter Seufzer entglitt dem Rothaarigen. „Was hast du? Gefällt dir deine Teamaufstellung nicht?“, fragte ihn Mongezi. Der Gefragte machte einen Satz, er hatte gar nicht gemerkt, dass der Südafrikaner zu ihm gekommen war. „Was? Nein, ich bin eigentlich sehr zufrieden. Ich habe mir nur etwas Sorgen um meine Freunde gemacht.“, antwortete der Überraschte. Die Antwort schien dem Schwarzhaarigen zu genügen. Mit einem Nicken sah er wieder nach vorne zu dem Sprecher. Bei dieser steifen Art, die der Duellant an den Tag legte, entflammte sofort ein Bild von den Osterinselstatuen in dem Kopf von Kazuo. Bei diesem Gedanken musste er kurz schmunzeln, bevor auch er wieder seine Aufmerksamkeit an den Redner stellte.
 

„LASST DIE DUELLE BEGINNEN!“, ertönte die Stimme des Moderators durch die Lautsprecher. Sie glich einem Startschuss. So begann das große Turnier. Die zweier Grüppchen verteilten sich wie ihnen geheißen auf dem vorgeschriebenen Schulgelände. Bevor jedoch Kazuo den Blickkontakt zu seinen Freunden verlor, gab er ein kleines Handzeichen an seine Freunde André und Leon. Die schienen zu verstehen und nickten zurück. Als nächstes war Tobi dran. Langsam kam er ihm näher. Schon aus etwas Entfernung konnte man den verbalen Schlagwechsel der beiden Teamkollegen hören. Mongezi folgte stumm seinem Teampartner. Das Mädchen fing an zu schimpfen: „Was willst du überhaupt bei diesem Turnier. Du bist doch eine totale Flasche, was das Duellieren angeht. Ich habe dich schon, ich weiß nicht wie oft besiegt und du mich vielleicht ein, zwei Mal.“ „Das geht dich ja wohl gar nichts an. Du kleine Verführungsbestie, die die Männer nur willenlos machen will. Hast du jemals ein Duell wirklich ohne Tricks gewonnen? Deinen ganzen „Stil“ kann man doch nicht duellieren nennen! Oder bist du nur eingeschnappt, dass diese Masche bei mir nicht funktioniert?“, antwortete der angegiftet Schüler garstig zurück. Die Italienerin lief wutschnaubend rot an.
 

„Wenigstens habe ich neben unvergleichbarer Ausstrahlung einen gut gebauten und wohlgeformten Körper und nicht so was ekelhaftes wie du.“ Im ersten Moment stockte der Goldäugige. Doch dieser „Schock“ hielt nicht lange an. „Ich kann dich beruhigen. In 50 Jahren sieht dich auch keiner mehr mit dem Hintern an.“ Nun stand der Halbspanier endlich neben seinem Ziel. Die beiden Streithähne beschossen sich wieder mit Blicken, die töten konnten. Mit einem kleinen Sprung schwang sich der Rothaarige um den Hals seines Geliebten und lockte ihn somit aus seiner Keiferei. „Ich wollte dir nur viel Glück wünschen und versuch dich mit ihr zu vertragen. Du weißt, was auf dem Spiel steht.“, nach diesen Worten küsste er den Älteren leidenschaftlich auf die Lippen. Bei so vielen Leuten hatte er das noch nie getan. Doch irgendwie hatte Kazuo das Gefühl, dass es jetzt notwendig war. Nach dem Kuss löste er sich wieder von dem erstaunten Mann. Nach einem Schritt drehte er sich noch mal um. Seine Worte galten nun Soraya: „Und es ist nicht jeder so oberflächlich wie gewisse Leute.“ Danach machte er sich auch schon auf den Weg aus der Halle. Kurz bevor Kazuo die Räumlichkeit verließ, winkte er noch mal dem immer noch perplexen und hinterher starrenden Tobi zum Abschied.
 

Gelangweilt legte sich André auf einen großen Felsen, der an die Wiesen und Wälder des Campus grenzte. Brittany saß in der Nähe und zückte ihren Handtaschenspiegel. Das Fräulein begann sich zu schminken. „Oh man! Auch das noch!“, seufzte der Liegende. „Muss du dir jetzt eine Kriegsbemalung zulegen? Wir sind keine Indianer! Oder ist das ein amerikanischer Brauch?“, sprach der Schwarzhaarige genervt die Duell-Partnerin an. „SHUT UP! [Halt den Mund!]“, fauchte sie. „You stupid guy! [Du blöder Kerl!] … Wenn du mich schon nicht leiden kannst, wieso bildest du dann ein Team mit mir? … Mongezi ist viel netter als du!“, gab sie knurrend zurück. „1. Ich will nun mal an diesem Turnier teilnehmen. 2. Ich konnte mir meinen Partner leider nicht aussuchen! 3. Solange das mit unserem Duell klappt, ist mir der Rest von dir egal. Und 4. Vergleiche mich nicht mit diesem Typ!“, antwortete er barsch zurück. Typisch beleidigtes Mädchen, zuckte sie mit dem Kopf zur Seite und schwieg. „Zicke!“, dachte der Schüler nur dazu.
 

Der Wind wehte leicht. Plötzlich kamen Schritte näher. Sofort stand der Grauäugige auf und zückte seine Duell-Disk. „Mach dich bereit!“, befahl er der Blondine. „Ja, ja!“, erwiderte sie. Ihre Fingernagel-Maniküre musste die Dame leider unterbrechen, worüber sie gar nicht erfreut war. Aber gehorsam stellte sie sich links von André auf und erwartete mit ihm ihren ersten Gegner. Ziellos streiften der Südländer und der Dunkelhäutige durch das Gelände. Ihr Weg führte in den Wald der Akademie. Auf einer großen Lichtung rasteten sie schließlich. Es wirkte alles so friedlich. Der Wind ließ die Blätter zaghaft in seiner Bewegung wiegen. Die Vögel stimmten ein wahres Gesangskonzert an. Nach einer kleinen Schweigeminute drehte sich der Grünäugige schließlich zu seinen Teampartner: „So. Hier dürfte niemand kommen und uns überraschen. Ich wollte dich fragen, was für ein Deck du hast, damit ich mir das Beste dazu passende aussuchen kann.“ Während er sprach öffnete er schon seine Weste.
 

Es waren neue Taschen in den Stoff eingelassen worden. Jetzt waren es acht auf jeder Seite. Dazu kamen noch vier Stück an dem Gürtel des Jungen. Mongezi staunte nicht schlecht und kramte dann auch schon sein Deck aus der Hosentasche. „Du hast zu viel Freizeit.“, kam es nur vom Schwarzhaarigen, als er sein Deck überreichte. „Ich glaube wenn du es dir ansiehst, verstehst du es besser.“ Der Angesprochene nahm die Karten entgegen: „Danke. Mit Freizeit hat das wenig zu tun. Es sind einfach zu viele Ideen, die ich umsetze.“ Über diese Aussage musste der Zuhörer auch schon lächeln. Nun war Kazuo mit dem staunen an der Reihe. Er hatte noch nie den Braunäugigen lächeln sehen. „Sieh einer an. Die Schwuchtel Burkhard und die reiche Göre Wilson. Was für ein Glückstreffer!“, begrüßte ihr Gegner die beiden Neulinge. Der Halbfranzose erkannte ihn. Es war Sascha. Leons Zimmergenosse würde er nie vergessen. Die Erinnerungen über die demütigende Plakate und dem damit verbundenen Schmerzen kehrten zurück. Wütend ballte der Schüler die rechte Faust. Als Partner hatte Sascha Erik Rosenqvist.
 

Der Däne war für seine großartige Stimme bekannt und sang in der Schulband. Mit siegessicherem Funkeln in den Augen forderten sie sein Team heraus. Brittany schwieg. Scheinbar war es ihr unangenehm gegen Erik ein Duell zu bestreiten, da sie eine seiner größten Fans war. Leichte Schamesröte um die Wangen verriet sie. „Das kann ja was werden.“, schoss es den Grauäugigen durch den Kopf. „Hey ihr Zwei!“, sprach er schließlich seine Herausforderer an. „Da wir eine Dame unter uns haben, hat sie auch den ersten Zug!“ „Von mir aus. Das ändert so oder so nichts an eurer Niederlage!“, erwiderte Sascha. Der Sänger nickte zustimmend. Die Duell-Disks aktivierten sich. „ZEIT FÜR EIN DUELL!“, riefen die Jungs. Zaghaft zog die Amerikanerin ihre erste Karte.
 

„Ich lege ein Monster in den Verteidigungsmodus.“, gab sie schüchtern von sich. Und da passierte der erste Fehler. Die Kreatur erschien. In der Angriffsposition. Es handelte sich um eine Frau. Eine der bekannten Amazonen-Karten wurde gespielt. Es war die „Amazonische Bogenschützin“. Mit ihren Pfeil und Bogen verharrte sie regungslos auf ihren Platz. „Brittany! Was machst du?“, fragte André die Mitspielerin mit entsetzter und harter Stimme. Völlig perplex fing sie an zu zittern. „Ich. … äh? …“, mehr brachte sie nicht hervor. Alles deute daraufhin, dass die Duellantin nicht bei der Sache war. Sie senkte demütig den Kopf. Schweigend legte sie eine Karte verdeckt und beendete den Zug. „Wie süß. Die Kleine kann nicht mal die Grundregeln des Spiels. Das wird ein Kinderspiel, Erik.“, lachte Sascha. Auch der Braunhaarige lachte. Sie machten sich regelrecht über die Neulinge lustig. Leons Freund spielte „Cyber Drache“ und ein Monster verdeckt. Dann gab er an den Halbfranzosen ab.
 

„Mal schauen, ob du mehr kannst, als dieses kleine, blöde Göre.“, kam es von dem braunäugigen Dänen. In die Augen der Blondine traten die ersten Tränen. Das Gelächter und die Art, wie sich ihr Schwarm über sie lustig machte, setzten der jungen Frau sehr zu. Als dies der schwarzhaarige Europäer erkannte, biss er auf die Zähne. „Die Arme. Sie ist völlig von der Rolle. So wird das nichts. Ich muss ihr irgendwie helfen.“, beschloss er für sich. Denn eins wusste der Duellant mit Sicherheit. Alleine würde er es nicht gegen die zwei unverschämten Kerle schaffen. „Ich bin dran. … Ich rufe meine „Harpyie 1“.“ Die Vogelfrau erschien. Ihre Krallen blitzten im Licht der Sonne. „Als nächstes lege ich eine Karten verdeckt und beende meinen Zug.“, mit diesen Worten beendete der Schüler seine Runde. Erik zog und lachte erneut. „So ich spiele nun: „Schweren Sturm“. Eure Fallen werden nichts nützen!“ Ein riesiger Tornado entstand. Er riss die Falle „Amazonische Bogenschützinnen“ auf Brittanys Seite weg. Aber seine Karte setzte der Jüngere sofort ein.
 

„Ich aktiviere meinen „Icarus-Angriff“!. Meine Harpyie wird das Feld verlassen und den „Cyber Drache“ mit samt dem verdeckten Monster dazu.“ Blitze schlugen auf die Monster von Sascha ein. Das metallene Fabeltier und „Seelenschnitter“ wanderten wie die Vogelfrau auf den Friedhof. Doch die zwei Studenten ließen sich nicht aus der Ruhe bringen. Gelassen rief der Nordeuropäer seinen „Cyber Drache“ und aktivierte zusätzlich die Zauberkarte: „Wiedergeburt“. Diese kombinierte er mit „Zauberserie“. So tauchten die verlorenen Monster wieder auf. Das Opfer der Harpyie war somit umsonst gewesen. „So, ich greife nun die Amazone an und senke eure Lebenspunkte! … Monster, greift an!“, ertönte es von Erik, bevor seine Kreaturen zuschlugen. Der Metall-Drache zerfetzte die hilflose Frau und Brittany bekam die geballte Wucht des zweiten Drachens zu spüren. Ihr männlicher Partner wurde vom lila gekleideten Sensenmann angegriffen. Insgesamt verloren sie 3100 Punkte. Zusätzlich wurde André automatisch einer Handkarte beraubt. Es war eine Monsterkarte. Total überrollt und überfordert von der Situation fiel die Schülerin auf die Knie.
 

„Brittany! Steh wieder auf!“, rief André schockiert ihr zu. Am ganzen Körper zitterte sie. Der Duellant konnte es nicht mit ansehen. „Hey ihr! Eine Frau anzugreifen ist absolut rücksichtslos! Selbst, wenn das hier ein Duell ist.“, knurrte er seine Gegner an. Diese lachten nur heiter weiter. „Ha. Ha. Ha. … Die Schwuchtel entwickelt Mitleid für dieses unnütze Mädchen. Wie rührend. … Gebt doch lieber gleich auf! Du alleine kannst nicht gegen uns gewinnen.“, antwortete Erik und Sascha wie aus einem Mund. Der Blick des Harpyien-Spielers wandte sich von ihnen ab. Seine Augen betrachteten die am Boden Kniende. Er atmete tief durch. „Brittany. … Verliere nicht den Mut. Wir können es immer noch gemeinsam schaffen. Lass uns gemeinsam kämpfen.“, redete André aufmunternd auf sie ein. Der Ton seiner Stimme klang ruhig. Und scheinbar half der Zuspruch. Die U.S. Staatlerin stand wieder auf, zog eine Karte und spielte ein neues Monster. „Amazonische Paladinin“ erschien.
 

Die groß gewachsene Amazone stützte ihre linke Hand auf das mächtige, schmale Schwert. Ihr hellblondes Haar wehte im Wind. Mit einer weiteren, verdeckten Karte beendete sie den Spielzug. Beim legen der Karte hielt die Schülerin die Karte so ungeschickt, so dass André sie sehen konnte. Aber in diesem Moment durchzuckte ihn ein Geistesblitz. Ihr Spielzug war nun vorbei. Unbeeindruckt und mit einem extrembreiten Grinsen auf den Lippen legte Sascha, der nun an der Reihe war, zwei verdeckte Karten auf das Spielfeld. Dann konnte André wieder loslegen. Mit einem Stoßgebet zog er seine neue Karte. Er sah sie an und grinste. „Ich spiele „Topf der Gier“. So erhalte ich zwei weitere Karten.“ Er führte den Effekt durch. Seine Laune besserte sich schlagartig. „Als nächstes nutze ich den Effekt von „Austausch“.“ Jetzt wurden der Deutsche und Erik hellhörig. „Was hast du vor? … Wer soll mit dir eine Karte tauschen?“, fragte der Sänger ihn. Nun begann der Grauäugige zu lächeln. „Keine Sorge. Ich habe kein Interesse an euren Karten. … Ich werde mit Brittany eine Karte austauschen!“
 

Perplex schaute die Genannte ihren Partner an. „What? [Was?] … Warum denn ich?“, stotterte sie. Sie konnte es nicht begreifen, weshalb der Halbfranzose sie gewählt hatte. Aber ohne zu meckern ging sie auf ihn zu und zeigte ihre Handkarten. Genau prüfte der Nehmer die Auswahl. „Ich nehme diese Karte.“, und mit diesen Worten wanderte die Feldzauberkarte „Amazonen Arena“ in sein Blatt. Nun konnte die Blondine sich eine aussuchen. Ihre Wahl dauerte länger. Sie misstraute ihrem Partner. Als sie ihn aber erneut ansah, betrachtete ein freundliches und wohlwollendes Augenpaar die Verunsicherte. Jetzt verstand sie gar nichts mehr. Was war nur mit dem Mitspieler los? Seine Augen zeigten, ohne dass es die zwei Gegenspieler mitbekamen auf die „Cyber Harpyie“, die das einzige Monster des Schülers war. Zögerlich, aber dennoch die Absicht verstehend, nahm sie das Fabelwesen und kehrte auf ihren Platz zurück.
 

„So. Als nächstes lege ich zwei Karten verdeckt und beende meinen Zug.“ Erik zog. „Na schön. Ich beschwöre nun „Cybertal“. Dann greifen meine Monster die von Ms.[Fräulein] Wilson an.“ Keine Gegenwehr kam. Die Amazone wurde zerstört und Brittany verlor eine Handkarte. Jetzt besaß das Team nur noch 2200 Lebenspunkte. Die Gegner behielten weiterhin ihre 8000. Nun war die junge Frau am Zug. Sie zog ihre Karte. „Ich spiele „Wiedergeburt“ und hole meine Paladinin zurück. Anschließend setze ich „Amazonische Tigerdame“ auf das Spielfeld.“ Die genannten Monster tauchten auf. Neben der Anführerin der Amazonen stellte der muskulöse Tiger seine Nackenhaare. Ein Brüllen erfolgte. „Dank der Effekte meiner Monster, werden sie gegenseitig gestärkt.“ Die ATK der Frau und der Katze stiegen auf 1900. „Ladies [Mädels], greift „Seelenschnitter“ und „Cybertal“ an!“, befahl Brittany ihren Monstern. Sie rannten auf die gewählte Ziele zu. „Nicht so schnell!“, rief Sascha schadenfroh.
 

„Ich aktiviere: „Spiegelkraft!““ Ein Spiegel materialisierte sich und blockte den Angriff ab. Er zerfiel und die Glassplitter flogen auf die angreifenden Kreaturen zu. Explosionen und Rauch erschienen. „BYE! BYE! [Auf nimmer Wiedersehn]“, kommentierte Erik den gelungen Block seines Partners. Als sich die Rauschschwaden senkten, blitzte eine silberne Rüstung im Licht. Die Augen der Voreiligen weideten sich. „WAS IST DAS?“ Auf der Spielfeldseite der Blondine stand mit überkreuzten Armen die „Cyber Harpyie“. „Betrug!“, brüllte der fassungslose Sascha. Er konnte es nicht begreifen, wie es dazu gekommen war. Nun lachte der Halbfranzose laut los. „Ha. Ha. Ha. … super Schachzug, Brittany. Die Zwei wissen nicht, wie ihnen gerade geschehen ist.“ Durch die Worte angestachelt musste auch die Angesprochene grinsen. „Thanks [Danke] André.“, bedankte sie sich kurz bei ihm. „Well Guyz [Nun ja Jungs], ich hatte die Fallenkarte: „Rettungseinsatz“ in der Kartenzone. Als dein Spiegel meine Tigerin als Ziel für die Zerstörung wählte, habe ich den Effekt meiner verdeckten Karte genutzt, um sie vor Schaden zu bewahren. Als nützlichen Nebeneffekt durfte ich dann ein Monster speziell beschwören. Und meine Wahl fiel auf die „Cyber Harpyie“.“, erklärte sie anschließend den Grund, weshalb nun sich die Vogelfrau auf dem Feld befand.
 

„Ich beende nun meinen Zug. Du bist dran, Angeber!“, übergab Brittany dann an Sascha. Dieser kochte vor Wut. „Du hinterhältige Schlange. Ich werde dich in Grund und Boden stampfen!“, fauchte dieser. Er zog seine nächste Karte und strahlte urplötzlich. „Was haben wir denn da. Das wird ein Spaß! … Du erlaubst doch Erik?“, grinste er den Dänen an. Dieser verstand die Absicht und nickte. „Ich spiele: „Kraftbündnis“ und vereinige die zwei „Cyber Drachen“ zu „Cyber Zwillingsdrache“. Das zweiköpfige Ungetüm brüllte bei seinem Erscheinen. Brittany wurde kreidebleich im Gesicht. „OH NO [Nein]!“, schrie sie. „OH YES[Ja]!“, lachte der Deutsche. „Dank meiner netten Zauberkarte erhält mein Drache die doppelte Angriffskraft von 5600. Zudem kann er zweimal in der Battle-Phase kämpfen. Ihr habt keine Chance mehr.“, fuhr er fort. „Das glaube ich erst, wenn ich es gesehen habe, Sascha! Ich aktiviere meine verdeckte Karte: „Hysterische Party“. Durch das Abwerfen einer beliebigen Karte erhalte ich so viele „Harpyien“ auf meine Spielfeldseite zurück, wie ich auf den Friedhof habe. Kommt und zeigt euch meine Damen!“, unterbrach André seinen Gegner. Der Effekt aktivierte sich. Ein Wirbelwind fegte über das Kampffeld. Grüne und weiße Feder flogen durch die Luft. Schreie ertönten. Die gerufenen Vogelfrauen tauchten auf.
 

Langsam schwebten die „Harpyie 1“ und die „Harpyien-Königin“ der Erde entgegen. Die Augen seiner Gegner wurden groß. „Wie kommt das? Du hattest bisher nur die „Harpyie 1“ auf dem Feld! Wie bekommst du dann zwei Harpyien?“, fragte Sascha ihn mit angesäuerter Stimme. Die Antwort folgte prompt. „Euer „Seelenschnitter“ hat mir meine „Harpyien-Königin“ direkt von der Hand auf den Friedhof verfrachtet. Ihr Effekt ist, dass sie auf dem Kartenfriedhof und jetzt auf den Spielfeld als „Harpyie“, genauso wie es bei der „Cyber Harpyie“ und der „Harpyie 1“ ist, behandelt wird.“ Aufmerksam hörten der Braunhaarige und Leons Zimmergenosse zu. „Das ist mir egal, wie viele du von diesen Weibern rufst. Mein Drache ist das stärkste Monster auf dem Feld. Ihr habt verloren, lästiges Pack!“, steigerte sich der wutentbrannte Mann in seinen so offensichtlichen Triumph hinein. „Na komm schon!“, forderte der Grauäugige ihn heraus. „Wie du willst, Schwuchtel! … „Cyber Zwillingsdrache“, greife seine „Harpyie 1“ an!“, befahl der Wütende ohne zu zögern. Erik schrie noch: „WARTE!“, aber es war zu spät. Die Mäuler des metallenen Ungeheuers öffneten sich und grelles Licht schoss aus ihnen hervor.
 

„Es ist vorbei!“, lachte Sascha. „NO [Nein], ANDRÉ!“, schrie das verzweifelte Mädchen. Sie hielt den Atem an. Das Licht kam immer näher. Nur noch wenige Meter trennte die Studentengruppe von dem Sieg. „ICH AKTIVIERE: „HARPYIEN SPATZEN-FORMATION!““ Die Karte erstrahlte. Blitzschnell formierten sich seine zwei Vogelfrauen und Brittanys „Cyber Harpyie“ zu einem Dreieck. Ihre Konturen lösten sich auf. Die Angriffsstrahlen des Zwillingsdrachen trafen auf einen roten Spatzenkopf. Dessen Körper und das zur Abwehr ausgebreitete Flügelpaar durch Flammen bedeckt wurden. „NEIN!“, kam es entsetzt aus Saschas und Eriks Mund. Mit einer solchen Abwehr hatte keiner von beiden gerechnet. Auch die blondhaarige Schülerin staunte Bauklötze. Der Angriff war beendet und jede Kreatur nahm ihre Position im Ausgangspunkt an. „Das kann nicht wahr sein!“, brachte Sascha nur langsam hervor. Der Effekt der Fallenkarte erlaubte den Harpyien-Spieler Saschas Battle-Phase zu annullieren und automatisch zu beenden. Der Deutsche konnte es einfach nicht fassen, dass dieser geächtete, homosexuelle Kerl seinen starken und unbesiegbaren Drachen aufgehalten hatte.
 

Notgedrungen und mit angespannten Muskelfasern in jedem Teil seines Körpers erwartete er den Zug des verhassten Kontrahenten. Seinem Team wurden, dank des Effektes von „Kraftbündnis“ 2800 Lebenspunkte abgezogen. Ohne Zeit zu verlieren zog der Schwarzhaarige seine Karte. Es sollte die Letzte sein. „Sascha. Erik. Ihr werdet Brittany und mich niemals klein bekommen! Weder heute. Noch in der weiteren Zukunft! … Ich spiele die Karte: „HARPYIEN PHÖNIX-FORMATION“!“ Mit diesen Worten läutete der Duellant das Ende des Duells ein. „Dank der drei Harpyien auf unserem Spielfeld, kann ich bis zu drei eurer Monster vernichten. Die ATK jedes zerstörten Monsters wird von euren Lebenspunkten abgezogen. Es ist tatsächlich vorbei! Au revoir [Auf Wiedersehn] ihr ZWEI!“ Die Fabelwesen vereinigten sich erneut und bildeten mit ihren Körpern einen riesigen Vogel. Einen silberblauen Phönix. „HARPYIEN, GREIFT AN!“, befahl der Duellant seinen Monstern. Mit lautem Schrei stürzte sich das Wesen auf die Gegner. Erst eins, dann zwei, schließlich alle drei Monster auf Eriks und Saschas Seite wurden zerfetzt. Die Lebenspunkte sanken auf null. Die Sieger waren die erstaunt blickende Brittany und der souveräne André. Geschlagen und mit Tränen in den Augen sank der Deutsche zu Boden. Erik ballte die Faust. Nur widerwillig gab er seine Niederlage zu. Die Kalifornierin konnte es nicht glauben. Nochmals schaute sie sich um. Dann endlich jubelte sie. „WE DID IT [Wir haben es geschafft]!“ Freudestrahlend sprang sie dem Älteren um den Hals. „MY HERO [Mein Held]!“, wiederholte sie immer wieder.
 

Durch dieses Verhalten erst überrascht, lächelte der Duellant sie ebenfalls an. „Wir haben es zusammen geschafft!“, erwiderte er ihr. Dann aber ging er entschlossen auf den Dänen zu und erhob die Hand. „Das Wappen bitte!“, forderte der Schwarzhaarige sein Gegenüber auf. Murrend übergab dieser im das Wappen. „So Brittany. Jetzt brauchen wir nur noch zwei. Dann sind wir in der nächsten Runde.“, sprach der Schüler seine Partnerin an. Diese nickte überglücklich. „Gemeinsam schaffen wir das auch!“, fügte sie hinzu. Die Verlierer verließen das Geschehen. Erik drehte sich nochmals zu ihm um und sagte etwas zu ihm, dass André besser nie vergessen sollte. „Das wird dich eines Tages einen hohen Preis kosten, Burkhard! Irgendwann sehen wir uns wieder und dann Gnade dir Gott!“ Zwar registrierte der Angesprochene die Drohung, aber er nahm sie in diesem Moment nicht wirklich ernst. Das Studentenduo verschwand. Wieder allein setzte sich André wieder auf den großen Felsen. Seine Partnerin zückte den Handspiegel und begann sich erneut herauszuputzen. Auch die Maniküre wurde fortgesetzt. Doch den Jungen störte dieses Verhalten nicht mehr. Denn nach dem gelungenen Duell hatten sie endlich ein gemeinsames Ziel: Zusammen in die nächste Runde zu kommen. Und allein das wäre vorher undenkbar gewesen.
 

Alles war erledigt. Kazuo und Mongezi hatten sich gemeinsam die Decks angeschaut, angepasst und somit verbessert, so dass sie nun ein starkes Team bilden konnten. Der Rothaarige sah sich auf der Lichtung um. „So nachdem alles vorbereitet ist, was sollen wir jetzt machen? Hier warten bis jemand kommt? Obwohl, hier wird nicht so schnell jemand herkommen. Sollen wir uns auf die Suche nach Gegnern machen?“, fragte er seinen Mitstreiter. Der Afrikaner sah fragend zu dem Schüler, als einen Moment später aufgescheuchte Vögel aus dem Unterholz flogen. „Ich glaube die Entscheidung wurde uns schon abgenommen.“, gab darauf Makeba von sich. Ein, zwei Minuten später tauchten auch schon die Köpfe der beiden Lichtungseindringlinge aus dem dichten Geäst auf. Beide Gesichter erkannte der Südländer sofort. Der eine war Kyuzo, ein guter Freund von Tobi, der immer freundlich und zuvorkommend war.
 

Der Zweite war ein eher unauffälliger Schulkamerad. Trotzdem hatte der Grünäugige schon öfters eine nette Unterhaltung mit ihm geführt. Sein Name war Kayros. Der Junge besaß dunkelblondes, mittellanges Haar. Das freundliche, mit wohlgeformten Zügen geformte Gesicht wurde mit dunkelblauen Augen abgerundet. Doch wohl das Markanteste war die typische Fischermütze in einfachen weiß, die immer auf seinen Kopf thronte. Nachdem beide ihre Kleidung vom überflüssigen Dreck frei geklopft hatten, kamen sie auch schon in unisono auf das wartende Team zu. Nachdem sie nah genug waren fingen sie auch schon an zu reden: „Ich hätte nicht gedacht, dass du unser erster Gegner sein würdest. Auf ein faires und gutes Duell.“ Die Lippen der jungen Männer wurden durch ein freundliches Lächeln umspielt. Kazuo grinste zurück.
 

„Ich wünsche euch viel Glück und hoffe auf einen spannenden Kampf.“ Mit diesen letzten Worten postierte sich jeder auf seinem Platz und aktivierte die Duell-Disk. Das Duell konnte beginnen. Nachdem jeder seine fünf Karten besaß, meldete sich auch schon der Schwarzhaarige: „Ich fange an.“, nachdem er seine nächste Karte zog und so den ersten Zug des Spiels begann. „Als Erstes spiele ich meine Zauberkarte „Kartenhändler“. Mit dieser Karte kann ich einmal pro Runde eine Karte auf meiner Hand ins Deck mischen und eine weitere Karte von meinem Deck ziehen. Ich aktivier sie gleich.“ Schon war eine Karte von der Hand des Spielers ausgetauscht worden. „So jetzt spiele ich meine Zauberkarte „Geschäfte mit der finsteren Welt“. Dadurch muss jeder Spieler eine Karte ziehen und danach eine beliebige Karte von seiner Hand auf den Friedhof werfen.“ Jeder Spieler machte es wie Mongezi es erklärt hatte, bevor er weiter sprach: „Ich werfe mein Monster „Beiige, Frontkämpfer der Finsteren Welt“ auf den Friedhof. Doch da bleibt er nicht lange. Denn durch seinen Effekt wird er, nachdem er aus der Hand auf den Friedhof gelegt wurde, speziell auf meine Spielfeldseite beschworen.“ Wie gesagt tauchte auch schon das Monster auf der Spielfeldseite mit seinen 1600 ATK und 1300 DEF auf. Doch das schien noch nicht das Ende von seinem Spielzug gewesen zu sein.
 

„Weil das so schön war, könne wir das noch mal wiederholen. Ich spiele eine weitere Karte mit den Namen „Geschäfte mit der finsteren Welt“.“ Das ganze Schauspiel wiederholte sich wie auch zuvor und ein weiterer „Beiige“ tauchte auf dem Feld auf. Ein Grinsen zeichnete sich auf dem Gesicht des Farbigen ab. „Wie heißt es so schön: Alle guten Dinge sind drei.“, mit diesen Worten wiederholte sich das Spektakel ein drittes Mal und der dritte „Beiige“ tauchte auf dem Spielfeld auf. „Ich lege noch zwei Karten verdeckt und beende meinen Zug.“ Mit diesem Signal zog auch schon Kayros seine nächste Karte. Ein Lächeln stand auch ihm ins Gesicht geschrieben. „So dann bin wohl ich dran. Als Erstes spiele ich meine Zauberkarte „Toon-Inhaltsverzeichnis“. Damit hole ich meine „Toon-Welt“ und aktiviere sie sofort.“ Schon tauchte ein Buch mit Comiczeichnungen auf dem Cover direkt hinter dem Dunkelblonden auf. „So da jetzt meine Toon-Welt auf dem Spielfeld ist kann ich meine beiden „Toon-Meerjungfrauen“ speziell aufs Feld rufen. Doch nicht für lange, denn ich opfere Beide um meinen „Blauäugigen Toon-Drachen“ mit 3000 Angriffs- und 2500 Verteidigungspunkte aufs Feld zu rufen. Nun beschwöre ich noch meine „Toon-Elfenzwillinge“ mit ihren 1900 ATK und 900 DEF. Leider kann ich in dieser Runde in der meine Kreaturen gerufen werden nicht angreifen. Deswegen lege ich noch eine Karte verdeckt aufs Feld und beende meinen Zug.“ Nun war Kazuo an der Reihe.
 

Er staunte nicht schlecht, als in einem Zug ein so starkes Monster wie der Toon-Drache auf dem Spielfeld gerufen werden konnte. Der Spielzug des Vorgängers präsentierte sein Geschick in diesem Spiel. Wenn der Halbspanier kein Glück hatte, dann dauerte es seine Zeit, bis er seinem Gegner eine vergleichbare Verteidigung zeigen konnte. Ein Grinsen entstand, als er seine gezogene Karte sah. Dieses Duell machte ihm jetzt schon Spaß. Diese Einschätzung reichte schon nach den beiden, vorherigen Zügen, die er gesehen hatte. „Guter Zug Kayros. Doch jetzt bin ich an der Reihe. Ich spiele erst mal meine zwei Zauberkarten „Herz des Unterlegenden“ und „Zweikampf auf engsten Raum“. Die Karte „Herz des Unterlegenden“ wird nur aktiviert, wenn ich ein normales Monster ziehe und sie allen zeige. Danach darf ich meine Draw Phase wiederholen. Da meine Draw Phase aber schon vorbei ist, beschwöre ich erst mal ein Monster in der verdeckten Verteidigungsposition. Danach kommt ich meine Zauberkarte „Unfaire Draw Phase“ zum Einsatz. Mit dieser Karte wird sofort meine Endphase eingeläutet. Das heißt, dass sich meine Zauberkarte „Zweikampf auf engsten Raum“ aktiviert, mit der ich ein Normalmonster speziell von meiner Hand auf Feld beschwören kann. Ich beschwöre ein weiteres Monster verdeckt in Verteidigungsposition. So doch jetzt ist meine Zauberkarte „Unfaire Draw Phase“ noch nicht zu Ende. Jetzt wird so lange bis ich wieder eine Draw Phase habe jeder Duellant direkt nach seiner Draw Phase in die Endphase übergehen.“ Wie es der Grünäugige angekündigt hatte, zog nun Kyuzo eine Karte und beendete seinen Zug automatisch. Als nächstes war Mongezi an der Reihe.
 

Als sich seine neue Karte auf der Hand befand, meldete er sich zu Wort: „So ich nutze nun auch den Effekt von „Zweikampf auf engsten Raum“ und beschwöre meinen „Zure, Ritter der Finsteren Welt“ mit seiner 1800 Angriffs- und 1900 Defensivstärke im Angriffsmodus.“ Nachdem ein weiterer Kämpfer auf dem Feld aufgetaucht war, konnte Kayros es nur seinen Teampartner gleich machen und eine Karte ziehen bevor sein Spielzug endete. Nun war Kazuo wieder an der Reihe und zog eine Karte von seinem Deck. Sofort aktivierte sich die Karte „Herz des Unterlegenden“. „Oh, da sollte ich euch wohl die Karte zeigen und eine weitere Karte ziehen.“ Es war ein einfaches Normalmonster mit wenig Angriff aber dafür einem hohen Verteidigungswert. Nun zog er die nächste Karte und wieder aktivierte sich seine Zauberkarte. Als er gerade das neue Normalmonster zeigte, staunten die beiden Gegner nicht schlecht. Es war die Karte „Rechtes Bein der Exodia“, doch dabei hörte es nicht auf. Nach zehn weiteren Karten stoppte der Effekt von „Herz des Unterlegenden“. Nun hatte dessen Besitzer schon 3 der 5 Teile gezogen und gezeigt. „Hmm, … was mache ich jetzt mit diesen vielen Karten? … Mal sehen. … Als erstes beschwöre ich mein „Exodis, der ultimative Verbotene“ speziell. Dafür muss ich nur alle meine Monster wieder von dem Friedhof ins Deck zurückgeben und es danach mischen.“.
 

Er führte sein Vorhaben durch. Alle drei Monster wanderten von seinem Friedhof in sein Deck zurück und Exodis tauchte auf dem Spielfeld auf. 0 ATK und 0 DEF. Die Gestalt sah aus wie Exodia, mit dem Unterschied, dass er erheblich kleiner war und eine schwarze Rüstung trug. Als sich das Monster zu seiner vollen Größe aufbaute, reagierte Kyuzo sofort darauf. „Warte mal kurz. Wo hast du deine Monster auf den Friedhof her?“ Der Gefragte antwortete ihm lächelnd: „Ich dachte das wäre klar gewesen oder erinnerst du dich nicht mehr an den Effekt von „Geschäfte der finsteren Welt“? Ich beende meinen Zug um meine Karte „Zweikampf auf engsten Raum“ zu nutzen und ein weiteres Monster in Verteidigung auf mein Feld zu beschwören. So jetzt noch die überschüssigen Karten auf den Friedhof werfen. Ach, ich habe ganz vergessen zu erwähnen, dass mein Exodis für jedes Normalmonster auf den Friedhof einen Kraftschub von 1000 Punkten bekommt. Also dann lege ich mal vier Karten weg und beende somit meinen Zug.“ Nachdem die vier Karten auf den Friedhof landeten, begann Exodis auch schon golden zu leuchten und seine Werte stiegen von 0 auf 4000.
 

Nun war der braunhaarige Freund von Tobi an der Reihe. Zufrieden betrachtete er sein Blatt. „So. Bei so guten Zügen, muss ich mich mal anstrengen. Zu Anfang spiele ich meine Spielfeldzauberkarte „Gefängnisuhrturm“.“ In wenigen Momenten war auch schon die friedliche Lichtung verschwunden und stattdessen entstand eine düstere Gefängniskulisse mit einem riesigen Glockenturm. „Als nächste beschwöre ich meinen „Cyberdrachen“ speziell aufs Feld. Dieser bleibt aber nur kurz. Ich opfere ihn gleich für mein „Schicksalsheld Dasher“.“ Nur kurz zeigte sich ein mechanischer Drache und wurde von einer Mischung aus Android und Motorrad ersetzt. „Jetzt lege ich noch zwei Karten verdeckt in meine Zauber- und Fallenkartenzone. So jetzt zu dir Kazuo. Du hast einen kleinen Fehler gemacht. Du hättest uns nicht zeigen sollen, dass du versuchst Exodia auf die Hand zu bekommen. So kann man nämlich etwas dagegen unternehmen. Ich spiele meine Zauberkarte „Kartenzerstörung“. Mit der werden alle Karten auf der Hand auf den Friedhof gelegt und man zieht dieselbe Anzahl an Karten aus dem Deck.“ Jeder warf seine Karten auf den Friedhof. Doch bevor jeder anfing zu ziehen war Mongezi an der Reihe.
 

„So, ich aktiviere meine Fallenkarte „Kartentrickbetrüger“. Für jede Karte, die außerhalb der Draw-Phase gezogen wird, darf man eine weitere Karte aus dem Deck ziehen. Außerdem muss ich dir danken. Dank deiner Karte wurde mein „Goldd, Wu - Fürst der Finsteren Welt“ auf den Friedhof gelegt. Das heißt, ich kann ihn speziell rufen. Dazu kommt noch das sich ein weiterer Effekt von ihm aktiviert, da mein Gegner ihn durch einen Effekt auf den Friedhof befördert hat. Ich darf zwei Karten auf eurer Spielfeldseite zerstören. Ich nehme „Toon-Welt“ und deinen Dasher.“ Sofort erschien das Monster und führte aus, was ihr Besitzer entschieden hatte. Nachdem die Zauberkarte zerstört war und alle Toon-Monster mit ihr, verschwand auch der Schicksalsheld im Friedhof. Nun zog jeder seine Anzahl der Karten, die er auf den Friedhof gelegt hatte und die Fallenkarte von dem Afrikaner wurde aktiv. Damit konnte Kazuo gleich 10 Karten von seinem Deck ziehen. „Wenigstens habe ich verhindert das Kazuo Exodia ziehen kann.“, gab der Kontrahent von sich, als er mit entsetzten ansehen musste, was auf dem Spielfeld passierte. Als Kazuo seine letzte Karte gezogen hatte konnte er ein breites Grinsen nicht mehr vermeiden: „Wieso unterbrochen? Du hast mir geholfen. Nicht nur das Exodis noch mal 5000 ATK und DEF dazu bekam, ich konnte somit schneller das erreichen, was du verhindern wolltest.“, sprach der Rothaarige gelassen.
 

Nun wurden die Augen seiner Gegner groß und beide riefen wie aus einem Munde: „Wie kann das sein? Die Karten sind auf eins limitiert, das ist geschummelt!“ Ohne auf das Gesprochene zu reagieren, nahm der Halbspanier alle seine Monster vom Feld und legte jedes Teil der Exodia auf das Spielfeld. Sofort erhob sich das riesige Monster in voller Lebensgröße hinter dem Beschwörer. „Da muss ich euch enttäuschen. Ich betrüge nie beim Spiel. Oder habt ihr euch nicht über das Turnier erkundigt? Hier ist jede Karte ohne ein Limit erlaubt. So und jetzt Exodia, greife sie an.“ Die Kreatur machte sich zum Schlag bereit und senkte die Lebenspunkte des gegnerischen Teams von 8000 auf null. Sie waren besiegt. Kazuo ging, nachdem sich das Spielfeld wieder auflöste und so die friedliche Lichtung wieder preisgab, zu den zwei Besiegten. Er blieb kurz vor ihnen stehen, bevor er sie wieder ansprach: „Ihr habt echt gut duelliert. Es hat Spaß gemacht euch dabei zu sehen. Aber jetzt bitte das Wappen.“ Bei diesen Worten reagierte Kayros sofort. Er griff in seine Tasche und holte dort das besagt Wappen heraus, um es gezielt zum Gewinner zu werfen. Der fing es mit Freuden auf und ließ es seinerseits in der Hosentasche verschwinden.
 

Es dauerte nicht lange und die Verlierer hatten sich wieder gefangen. Sie bedankten sich für das gute Duell und verließen die Lichtung aus der Richtung, aus der sie gekommen waren. Ihr Gehen kommentierten sie mit den Worten: „Wir wünschen euch noch viel Glück und glaubt nicht, dass wir mit dem Turnier schon fertig sind. Wir konnten zum Glück schon ein Wappen gewinnen. Wir sehen uns im Finale!“ Kurz darauf waren sie auch schon von der Lichtung verschwunden. Kazuo sah ihnen nur kurz nach. „So noch Zwei weitere. Auf geht’s! Machen wir uns auf die Suche nach Gegner!“ Mit einem Kopfnicken folgte Mongezi wieder seinem Duellpartner. Auch sie verließen den Schauplatz in entgegengesetzter Richtung, wie das Team vor ihnen.
 

André und Brittany hatten ebenfalls ihre Felsenkulisse verlassen. Beide Schüler waren über ihre Ausbeute sehr zufrieden. In wenigen Duellen gewannen sie die benötigte Anzahl an Wappen, um in die nächste Runde zu gelangen. Im Laufe dieser Auseinandersetzungen stellte sich heraus, dass beide Spieler sich das Turnierdeck der berühmten Mai Valentine zum Vorbild genommen hatten. Auch wenn es der Grauäugige nur ungern zu gab. Allein diese Tatsache war nicht der einzige Punkt, in dem sich die Amerikanerin und er ähnelten. Die anfängliche Abneigung gegenüber diesem Mädchen verlor sich völlig. Gemeinsam erreichten sie die große Halle, in der ihre „kleine Reise“ begann. Zu der Überraschung des Älteren entdeckte er seinen Geliebten ebenfalls dort. Die chinesische Partnerin fehlte.
 

Als Fräulein Wilson sich kurz von André verabschiedete, trat der Schüler zu Leon. „Hallo Leon. So früh schon da?“, fragte er ihn mit erhobener Augenbraue. Der Angesprochene bemerkte den Jüngeren und lächelte ihn an. „Grüß dich. Ja wir sind schon mit dem Vorentscheid fertig. Und wie du sehen kannst, bin ich allein.“ Der letzte Satz ließ André aufhorchen. „Warum allein? Wo ist Aiko?“, harkte er nach. Der Eisblauäugige zuckte die Schulter. „Die Dame fühlt sich nicht wohl.“ „Wie sie fühlt sich nicht wohl?“ „Das war so.“, begann schließlich der Student zu erzählen. „Wir sind kaum aus der Halle getreten, da wurde Aiko sehr übel. Ich habe sie gleich zu Dr. Makoto gebracht. Dieser hat der Kranken dann strenge Bettruhe verordnet. Danach bin ich wieder hier her gelaufen. Und so stehe ich schon mehr als drei Stunden rum und warte auf dich. Das Turnier ist leider für mich schon vorbei, bevor es überhaupt begonnen hat.“
 

Bei der Erklärung, was genau los war, bekam der Duellant Mitleid mit seinem Partner. „Du Armer. Und du hast dich so riesig darauf gefreut.“ „Korrektur. DU hast dich darauf gefreut.“, verbesserte der Sportler ihn. Dabei tippte er dem Kleineren mit dem Zeigefinger auf die Stirn. „Hast du wenigstens die benötigten Wappen gewonnen?“, fragte er ihn. „Klar.“, antwortete André und präsentierte stolz die vier Triumphe. Zufrieden nickte sein Gesprächspartner. „Dann ist ja gut. Ich werde mir das restliche Turnier von der Tribüne anschauen. Viel Glück, mon cheri [mein Lieber].“ Mit diesem Glückwunsch sah sich der Student kurz um und küsste dann seinen kleinen Liebling auf die Schläfe. Anschließend stieg er die nahe gelegene Treppe hoch, um sich zu den Zuschauerplätzen zu begeben. Leichte Röte umspielte Andrés Wangen. Es war das erste Mal, dass Leon ihn in der Öffentlichkeit küsste. Das Gefühl war irgendwie seltsam. Zwar bekannt und dennoch neu. Doch lange konnte sich der Schwarzhaarige nicht den Kopf darüber zerbrechen, da die blondhaarige Teampartnerin zu ihm stieß. „You’re OK [Is alles in Ordnung]?“, fragte sie ihn verdutzt. „Sure [Klar]“, gab der Befragte zurück. Er überspielte wieder alles mit überheblichem Gelächter. Da aber die Blauäugige nichts mitbekommen hatte, wunderte sie sich nur über die gute Laune ihres Gegenübers. Sie gingen zu dem Turnierkomitee, um dort ihre Wappen abzugeben. Als dies erledigt war, konnten sich die Zwei Zeit lassen, bis die nächste Runde begann. Gespannt erwarteten die Schüler ihre Freunde. Würden Kazuo und Mongezi es auch schaffen?

Achter Zug Teil 2 / Das große Turnier

Nach weniger als einer Stunde füllte sich die große Duellhalle mit Leben. Die Zuschauer und Turnierteilnehmer kehrten nach und nach zurück. Aufgeregt lief André wie ein Tiger im Käfig hin und her. Dabei wich er Brittany kaum von der Seite. Fast schon routiniert zückte die junge Frau ihr Lipgloss und benetzte ihre Lippen mit ihm. Nach dem die Lippenpflege abgeschlossen war, trat die U.S. Staatlerin zu ihrem Partner. „Well. [Gut] Mal sehen wer es geschafft hat. Ich hoffe Mongezi und der Rotschopf sind dabei.“ Der Zuhörer nickte zustimmend. Die ersten Teams kamen ihnen entgegen. Wie ein Kleinkind versuchte der Schüler über die Masse zu blicken um den Zimmerkameraden daraus auszumachen. Endlich stach aus dem eintönigen Meer aus Braun und Schwarz die charakteristische Haarfarbe des Freundes heraus. „Da sind sie!“, rief der Halbfranzose. Mit seiner einen Hand zeigte er der Amazonen-Spielerin, aus welcher Richtung die Erwarteten zu ihnen stießen.
 

Die Vorrunde war so gelaufen wie es sich Kazuo erhofft hatte. Ohne irgendwelche Probleme waren sie in Besitz der vier Wappen gekommen und haben sich somit einen Platz in dem weiteren Turnierverlauf gesichert. Eigentlich besaßen sie schon eine geraume Zeit alle vier Abzeichen. Doch statt sich gleich zurück in die Halle zu begeben, haben sie sich lieber an einem Platz zurückgezogen und etwas näher kennen gelernt. Der Südländer war erstaunt, was er alles von seinem eher ruhigen Mitspieler erfahren konnte. In der Vergangenheit hatte Mongezi es nicht leicht gehabt und musste sich wirklich alles erkämpfen, um bis zu diesem Moment zu schaffen. Das einzige Standbein des Südafrikaners war Duell-Monsters. Da verstand es sich schon fast von selbst, dass sich diese beiden unterschiedlichen Menschen miteinander verstanden. Wenn sich nicht sogar schon eine Freundschaft zwischen ihnen entwickelt hatte. Jedenfalls erreichten sie bald die Halle. Dort mussten beide Duellanten auch nicht lange warten, um auf ihre Jahrgangs-Mitstreiter zu stoßen. Denn bevor Kazuo auch nur auf die Idee kam, nach seinem Freund und seiner Partnerin zu suchen, wurde er auch schon von beiden mit einem Handwinken begrüßt.
 

Sie schienen entspannt zu sein. Anders als noch vor wenigen Stunden, als die Zwei sich noch gegenseitig mit Blitzen und Giftpfeilen beschossen. Doch all der Ärger war sichtlich vergessen. Es herrschte Frieden untereinander. Nun bildeten sie eine Gruppe. Alle vier Neulinge. Es war ein seltener Anblick, da vorher eine solche Zusammenkunft nie stattfand. Klar, man ging gemeinsam zu der Willkommensparty, die von Professor Yuki organisiert war. Aber dies lag auch schon wieder einige Zeit zurück. „Sehr schön. Dann sind wir so genannten „Anfänger“ ja alle in der kommenden Runde vertreten. Und das soll was heißen!“, stellte der Grauäugige stolz fest und lachte daraufhin laut auf. In das Gelächter stimmte Brittany sofort mit ein. Der Blick des Europäers wechselte dabei von den Männern zu ihr. „Es ist schon beeindruckend, wie menschlich Brittany geworden ist. Wenn ich da an vorher denke, dann ist sie nicht wieder zu erkennen.“ Kazuo konnte dieser knappen, aber durchaus wahren Aussage nur zustimmen. Egal was die beiden Schüler in der letzten Zeit miteinander erlebt hatten. Es hatte sie verändert. Nicht nur in ihrer Beziehung zueinander. Nein, auch in ihrer Art.
 

Brittany war offener und André strahlte eine unglaubliche Sicherheit aus. Zwar mangelte es dem Zimmerkameraden eigentlich nie wirklich an Selbstsicherheit, aber es zeigte sich noch mal eine deutliche Steigerung zu vorher. Jedenfalls genügten ihm diese neuen Eindrücke für den Moment. Es gab insgeheim etwas viel wichtigeres für ihn. Tobi musste es weiter geschafft haben. Die Blicke des Jüngeren gingen ab und an über die Menschenmenge, um vielleicht seine große Liebe zu entdecken. Seine ganze Aufmerksamkeit fokussierte sich darauf. Als das Lachen abflaute, gesellte sich das Fräulein zu dem Dunkelhäutigen. „Ich bin froh, dass du weiter gekommen bist. Ohne dich wäre das Turnier langweilig gewesen.“, sprach sie ihn an. Danach wendete sie sich an den Rest. „Wobei ich gestehen muss, dass Andrés Deck auch sehr gut ist. Es wird bestimmt ein spannender Kampf um den Titel. Möge der Besserer von uns Vier gewinnen.“
 

Mit diesen Worten streckte sie ihren Arm in die Mitte. Der braunäugige Afrikaner und der Harpyien-Duellant verstanden sofort und legten ihre Hand auf die von Brittany. Nur Kazuo schien die Gestik nicht mitbekommen zu haben. „Hey Kazu! Was ist mit dir?“, fragte André ihn. Da dieser aber nicht reagierte, wiederholte er seine Frage nochmals. Diesmal aber umso lauter. „KAZUO! WAS IST LOS?“ Der Junge mit den saphirgrünen Augen hatte längst seine Umgebung vergessen. Er machte sich langsam Sorgen. Wo blieb Tobi? Er selbst kehrte schon ziemlich spät in die Halle zurück, obwohl es nicht notwendig gewesen wäre. Langsam wurde die Zeit für den Braunhaarigen knapp. Der Zuschauerbereich füllte sich immer mehr. Was kein Problem gewesen wäre, wenn nicht auch im gleichen Maße die Anzahl der siegreichen Turnierteilnehmer steigen würde. Seine Sorgen wuchsen in ihm an. Jede Sekunde die verstrich, ließ sie in neue Ausmaße ausarten. Irgendwann erreichten sie die magische Grenze und wurde von innerlicher Panik ersetzt. Nach einer gefühlten Ewigkeit erschien der erlösende Hinterkopf des Älteren.
 

Ruhig, aber trotzdem in schnellem Tempo suchte sich der Halbspanier seinen Weg durch die Massen an Menschen. Wie Wellen peitschten sie ihm entgegen. Bis er endlich an sein Ziel ankam. Mit den Augen verfolgte die Gruppe das Gehen des Schülers. Verdutzt harkte die Duellantin nach. „What happening? [Was ist passiert?] Ist er immer so drauf?” André schwieg. Mongezi erklärte ihr die Situation. „Weißt du Brit, Kazuo und dieser Schäfer sind ein Paar. Scheinbar hat er es nicht in die nächste Runde geschafft und der Rotschopf tröstet ihn.“ Für einige Sekunden stand dem Mädchen der Mund offen. „What? [Was?] … Kazuo ist schwul!?! … Bye the way, André! You are gay too? [Ach, da fällt mir ein. André. Du bist auch schwul?]“ Jetzt fühlte sich der Angesprochene durch diese direkte Frage überrumpelt. „Wie kommst du darauf?“, fragte er sie zögerlich. Dabei wich der 19 Jährige ihrem Gesicht aus. „In der Schule hingen im Sommer Zettel darüber und dieser Blödmann Sascha hat dich auch so betitelt!“, erwiderte sie. Seufzend senkte der Halbfranzose den Kopf. „Wenn du schon so gut informiert bist. … Es ist wahr. Ich bin homosexuell. … Aber das heißt nicht gleich, dass ich ein schlechter Mensch bin.“, gab er zu. Wobei sich der Junge sofort verteidigte.
 

Schockiert betrachtete die Blondhaarige ihn von oben nach unten. Doch bevor sie etwas sagen konnte, mischte sich der dritte im Bunde in diese Gesprächsrunde ein. „Brit! Es ist wohl egal wen man liebt. Hauptsache man ist glücklich.“ Seine Worte wurden durch einen ernsten Blick unterstützt. Zögerlich nickte sie. „You’re right! But it’s unbelievable. [Du hast Recht. Aber es ist unglaublich]… Du stehst auf Kerle!?! Hätte ich nie von dir gedacht, André! … Anyway. [Egal] Wenn Mongezi so tolerant ist, dann kann ich es auch sein.“, sprudelte es aus ihr so heraus. Der Angesprochene atmete auf. „Es ist schon ok. Ich bin froh, dass ihr kein Problem damit habt. Vor allem du Mongezi verblüffst mich.“ „Das ist doch nichts Außergewöhnliches. Wer in Afrika aufwächst, der lernt als allererstes Toleranz. Von daher sehe ich vieles lockerer, als es vielleicht Brit tut.“, entgegnete der Mongezi. Demütigt nickte die Genannte, um den Worten des Dunkelhäutigen zu zustimmen.
 

„Da gebe ich ihm Recht. In den USA herrschen strenge Glaubens- und Gesellschaftsansichten. Es hat lange gedauert, bis viele Amerikaner andere Menschen, Sitten und Kulturen akzeptieren konnten. Ich bin sehr streng erzogen worden. Der katholische Glauben ist fundamental in unserer Familie verankert, so dass ich in einigen Situationen meine Probleme hatte. Aber jetzt kenne ich Mongezi und dich ja viel besser. Tut mir Leid, wenn ich mich manchmal unverschämt und taktlos verhalte und dementsprechend unangenehm scheine.“, erklärte Brittany und entschuldigte sich. Der Grauäugige kam auf sie zu. Mit den Armen fasste er an ihrer rechte und linke Schulter. Sie blickte auf. „Es ist schon gut. Solange wir uns verstehen, ist mir der Rest nicht so wichtig.“, beruhigte er sie. Überglücklich schlang sich die Blondine um den Hals des Größeren. „Thank you André [Danke dir, André]!“ „Kein Problem.“, antwortete der Umarmte. Mongezi nickte zufrieden. Das „Kriegsbeil“, die anfängliche Rivalität die zwischen ihnen herrschte, wurde nun endgültig beendet.
 

Man brauchte keine besondere Aufnahmebegabung, um die veränderte Situation zwischen Tobi und Soraya erkennen zu können. Irgendwas schien in der Zwischenzeit passiert zu sein. Um was es sich handelte, konnte Kazuo nicht erahnen. Der Streit schien aber geschlichtet zu sein. Oder war dieser nur unterbunten? Jedenfalls hatte sich der Duellant tapfer durch die Menge gekämpft, bevor der erste Eindruck sich änderte. Es war grusselig, dass beide Spieler nur still nebeneinander standen. Es passte einfach nicht. Als der Rothaarige endlich diese Atmosphäre überwand, fand er auch seine Stimme wieder. Mehr hoffend als überzeugt fragte er Tobi schließlich: „Und habt ihr es geschafft?“ Erst jetzt bemerkte der Goldäugige ihn. Der erste Blickkontakt war anders, als der Halbjapaner erwartet hatte. Doch hielt dieser nicht lange an. Sofort entsprang wieder dieses typische, freundliche Lächeln auf Tobis Lippen. „Natürlich haben wir es geschafft. Was hast du anderes erwartet?“ Kazuo hätte vor Freude in die Luft gehen können. Stattdessen jedoch sprang er seinen Schatz um den Hals. „Das ist super!!!!!“, konnte er vor Begeisterung nur herausrufen. „Ja. Jetzt warten nur noch die wirklich starken Gegner auf uns.“ Gerade wollte der Jüngere noch etwas entgegen bringen, da erklang auch schon eine bekannte Stimme.
 

„MEINE DAMEN UND HERREN! …“, ertönte es über die Lautsprecher. Professor Alvarez verkündigte die nächste Runde. „… Aus unseren gesamten Teilnehmer haben es momentan 16 Spieler in die kommende Runde geschafft. Jetzt wird es richtig interessant. Denn nun müssen die Spieler zuerst gegen ihren Teamkameraden kämpfen, um dann in den weiteren Runden um den Titel zu ringen. Zuerst treffen KAZUO GARCÍA und MONGEZI MAKEBA aufeinander. Duellanten, macht euch bereit!“ Als sein Name genannt wurde, bewegte sich der schwarzhaarige Afrikaner in Richtung Duellfeld. Der Schock sich gegen seinen eigenen Partner zu duellieren schien ihn nicht wie André und Brittany zu erfassen. Gelassen schritt er zu dem Zielort, als ihn jemand rief. „Hey Mongezi!“ Es waren die blauäugige Spielerin und der Harpyien-Duellant. Der Gerufene drehte sich um. „Viel Glück.“, wünschte ihn der Halbfranzose. „Very good luck! [Sehr viel Glück]“, ergänzte die Andere. Lächelnd nickte der Gerufene und schritt zu der Duellplattform. Somit begann die neue Runde dieses Turniers.
 

Im ersten Moment war Kazuo geschockt. Er konnte nicht wirklich verarbeiten, was er gerade hörte. Mongezi war sein erster Gegner. Die Person, die er in den letzten Stunden am besten kennen gelernt hatte. Der Exodia-Zieher bewegte sich bis jetzt keinen einzigen Millimeter. So sehr war er abgelenkt gewesen. Seine eigenen Gedanken drehten sich die ganze Zeit im Kreis. Erst eine sanfte Berührung ließ ihn wieder aus seiner Traumwelt verschwinden und seine Umgebung wahrnehmen. Niemand anderes als Tobi hatte ihn leicht gestupst. „Viel Glück. Dein Kontrahent wartet schon.“ Erst jetzt sah der Irritierte die bekannte Gestalt auf dem Duellfeld. Schnell setzte er sich in Bewegung. Davor jedoch drehte er sich noch mal um und sah zu seinem Angebeteten. „Danke und drück mir die Daumen.“ Gerne hätte André Kazuo ebenfalls Glück gewünscht. Aber dieser war weit und breit nicht auffindbar. Etwas enttäuscht darüber gesellte er sich zu seiner Ex-Partnerin, die sich wie die weiteren Duellanten um das Kampffeld versammelte. Obwohl der Grauäugige das Gegenteil vermutete, verhielt sich die Blondine normal gegenüber ihm. Als wäre die Sache mit den Duell zwischen ihnen niemals genannt und zur Debatte gestanden. „Look! [Schau] Da ist Kazuo!“, sagte die Schülerin zu ihm, während ihr rechter Finger auf den Gesuchten zeigten. Die Spieler standen sich nun gegenüber. Mit einem freundlichen Händedruck wurde dem anderen Jungen Glück gewünscht und das Duell zwischen Kazuo und Mongezi konnte anschließend beginnen.
 

Nervös stand der Halbspanier nun da und mischte sein Deck. Es handelte sich um dasselbe wie auch schon den Rest des Tages. Wieso sollte er auch einen Vorteil gegenüber seinem ehemaligen Mitstreiter haben. Beide kannten somit das Deck des Kontrahenten. Ein kleines bisschen zweifelte der rothaarige Duellant, als er die gemischten Karten in seine Duelldisk schob. Doch da sprach eine vertraute Stimme zu ihm. „Warum zweifelst du? Ich gewinne immer. Oder habe ich dich jemals im Stich gelassen?“ Diese Aufmunterung hatte er brauchte. Er sollte nicht an sich zweifeln. Seinen Karten, seinem Gegner und sich selbst zu Liebe. Es soll eins der besten Duelle in ihrem Leben werden. „Lass uns Spaß haben und unser bestes Duell austragen, Mongezi!“ Der Angesprochene nickte nur, wie er es immer tat. Doch in seinen Augen erkannte man ein Aufflammen. Auch die grünen Augen von Kazuo funkelten. „DUELL!“ Und die ersten Karten wurden gezogen. Schon gleich zu Anfang konnten beide Spieler eine gute Figur abgeben. Dies stachelte die Zuschauer ungeahnt an. Pfeifen, Jubel und Anfeuerungsrufe erschallten in der Halle. Das Spektakel war unbeschreiblich. Den Klassenkameraden verwunderte es. „Wenn das Publikum jetzt schon so begeistert ist, wie wird es erst im Finale drauf sein?“, fragte André sich.
 

Die weiteren Duellanten verteilten sich um das Kampffeld und schwiegen. Die Konzentration stand jedem ins Gesicht geschrieben. Aufmerksam verfolgten sie das Duell der beiden Neulinge. Schnell fixierte sich auch André wieder auf die Auseinandersetzung der beiden Spieler. Am Anfang war das Duell ausgeglichen. Jeder konnte den Gegner bei seinem Handeln hindern. Ein paar Karten waren schon auf dem Friedhof gewandert, doch blieben bis jetzt die Lebenspunkte unberührt. Beide Duellanten besaßen jetzt noch zwei Monster auf dem Feld und zwei verdeckte Karten in der Fallen- und Zauberzone. Dazu kamen fünf Karten in der Hand. Kazuo war nun an der Reihe. „So ich spiele meine Karte „Zweikampf auf engsten Raum“, bevor ich meine Spielfeldzauberkarte „Barriere der Zauber“ spiele.“ Ein Feld aus durchsichtigen, achtkantigen Scheiben, die an Waben erinnerten, entwickelte sich direkt vor den Zauber – und Fallenkarten von Kazuo.
 

„Wenn du wissen willst, was dieses Feld bewirkt erkläre ich es dir gerne. Für jede aktive permanente Zauberkarte auf dem eigenen Feld wird ein Effekt zu der neuen Barriere hinzugefügt. Bei einer können die eigenen Karten im Zauber und Fallenkartenbereich nicht mehr durch Zauberkarten des Gegners beeinflusst werden. Bei zwei auch nicht mehr durch Fallen des Gegenspielers und bei drei auch nicht mehr durch Monstereffekte. Natürlich kannst auch du von diesem Effekt profitieren. Das Einzige, was du dafür brauchst, sind ein paar permanente Zauberkarten. Und noch etwas: Wenn du vier oder fünf permanente Zauberkarten aufgedeckt hast, kann als erstes die Spielfeldzauberkarte nicht mehr von Zauber oder Fallen beeinflusst werden. Deswegen aktiviere ich gleich noch meine „Herz des Unterlegenden“ Zauberkarte und decke meine zweiten „Herz des Unterlegenden“ auf. Ich spiele noch ein Monster verdeckt und beende meinen Zug. Damit wird mein „Zweikampf auf engsten Raum“ aktiv und ich kann noch ein Monster verdeckt in der Verteidigungsposition aufs Feld beschwören.“ Ein anerkennendes Raunen ging durch die Reihe der Zuschauer, bevor der schwarzhaarige Schüler seine Karte zog. „Ein guter Zug. Doch jetzt bin ich dran. Erst spiele ich meine Zauberkarte „Kartenhändler“. Jetzt kann ich mich bei dir gleich mal für deine Spielfeldzauberkarte bedanken.“ Kaum hatte der Südafrikaner seine Worte zu Ende gesprochen, entwickelte sich eine weitere Barriere in einem leuchtenden, violetten Farbton. Es bestand aus mehreren, durchsichtigen Dreiecken. „Nun lege auch ich ein Monster verdeckt und lege zwei weitere Karten in die Zauberkartenzone. Damit beende ich meinen Zug.“ Der Spielzug wechselte. Ein einfaches Lächeln bildete sich auf dem Gesicht von Kazuo.
 

„Mal schauen, wer von uns mehr Glück hat. Denn du weist genau was mein Ziel ist.“ Sofort zog er eine Karte. Als nächstes leuchteten die beiden Zauberkarten „Herz des Unterlegenden“ auf. Das Grinsen wurde ein klein wenig breiter, als der Kartenbesitzer weiter sprach. „Ich zeige dir jetzt meine Karte und dann darf ich meine Draw-Phase wiederholen. Ich ziehe zwei neue Karten.“ Schnell drehte er die Karte um. Es war „Rechter Arm, der Verbotenen“. Ein Jubel durchdrang die Halle. Jedoch, bevor der Südländer eine weitere Aktion ausführen konnte, reagierte Mongezi darauf: „Ich aktiviere meine Fallenkarte „Draw-Zerstörung“. Mit ihr kann ich eine gezogene Karte meines Gegners zerstören und jede Karte im Deck, auf dem Spielfeld und auf der Hand des Gegenspielers mit demselben Namen wird ebenfalls zerstört und auf den Friedhof gelegt. Du hast nicht bedacht, dass deine Spielfeldzauberkarte nur die Karten auf dem Feld beschützen.“ Der Jubel im Saal schwang in ein Raunen und Flüstern um. Die beiden übrigen Karten mit demselben Namen wurden aus dem Deck in den Friedhof gelegt. Das Getuschel wurde lauter. Schon eine Ansammlung der fünf legendären Exodia-Karten war selten. Doch die dreifache Menge in einem Kartenstapel war einfach unfassbar und unglaublich. Doch der ausgebremste Kazuo wirkte gar nicht niedergeschlagen. Im Gegenteil. Er schien sich sogar zu freuen.
 

„Genau dies habe ich von dir erwartet, Mongezi. Aber glaub nicht, dass das schon alles war. Meine zwei „Herz des Unterlegenen“ werden trotzdem aktiv.“ Schnell befanden sich beide Karten in seiner Hand und wieder leuchteten die beiden Zauberkarten auf. Der Halbjapaner zeigte seine Monsterkarten. Dieses Spiel wiederholte sich solange bis nur noch drei Karten im Deck des Duellanten vorhanden waren. „So. Jetzt beschwöre ich meinen „Exodis, der ultimative Verbotene“ speziell, indem ich alle meine Monsterkarten aus dem Friedhof wieder in mein Deck zurückgebe. Doch leider muss ich dir nun sagen, dass das Duell zu Ende ist. Es hat Spaß gemacht. Ich aktiviere meine Karte „Zaubereffekte“. Sobald ich jede Zauberkarte auf meinem Feld opfere, kann ich den Effekt eines Monsters öfters einsetzen. Es hängt von der Anzahl der geopferten Zauberkarten ab. Ich nutzte diesen Effekt auf Exodis. Ich kann einmal pro Runde eine Karte von meinem Deck oder der Hand auf den Friedhof werfen. Wie du weist bekommt Exodis für jedes normale Monster einen Angriffs- und Verteidigungsschub von 1000 Punkten. Doch darauf möchte ich nicht hinaus. Wenn ich durch diesen Effekt alle fünf Exodia-Karten auf den Friedhof werfe, greift Exodis zweite Fähigkeit. Er übernimmt die Eigenschaften von Exodia. Ich werfe rechter Arm, linker Arm, rechtes Bein, linkes Bein der Verbotenen und „Exodia, die Verbotene“ auf den Friedhof. Ich habe gewonnen!“ Mit jeder Karte, die auf dem Friedhof landete wuchs Exodis an. Eine goldene, leuchtende Aura umhüllte seinen Körper. „Los Exodis. Greif Mongezi an und senke seine Lebenspunkte auf null.“ Dies ließ sich die Kreatur nicht zweimal sagen. Mit einem einzigen Schlag war das Feld leer gefegt und die Lebenspunkte des überraschten Jungen auf null reduziert worden. Das Duell war vorbei. Als Sieger ging Kazuo daraus hervor.
 

Sofort ertönte erneut die Stimme des Moderators. „Nach diesem packenden Duell dürft ihr euch gleich auf das Nächste freuen. Begrüßt mit mir Sir [Herr] Takeo Kaiba“ Die einzelnen Buchstaben des Namens dröhnten über die Lautsprecher und verbreiteten sich wie ein Echo durch die Räumlichkeit. Die tobenden Zuschauer verstummten. Wie erstarrt blickten alle auf das Duellfeld. Ein 22 Jähriger Mann betrat die sprichwörtliche Bühne. Der Duellant besaß kurzes, gestriegeltes Haar, welches im hellbraunen Ton im Licht der Scheinwerfer scheinbar leuchtete. Mit geschlossenen Augen blieb der Aufgerufene einfach stehen. Sein Outfit konnte in die gehobene Klasse eingestuft werden. Ein schwarzer Anzug von der aller feinsten Sorte. „Seine Gegnerin ist Fräulein Yue Mizuki.“, rief Herr Alvarez auch die zweite Spielerin auf. Die Japanerin stellte sich ihrem Gegner. Ein elegantes Abendkleid untermalte ihre schöne Erscheinung. Sie glich einer Prinzessin. „Auf ein gutes Duell, Takeo!“, sprach sie ihren ehemaligen Teamkollegen an. Dieser öffnete die Augen. Saphirblau schimmerten sie. Ein Lächeln zauberte sich in seine ernsthafte Mimik. „Auf ein gutes Duell!“, erwiderte er. Die Disks klappten aus und das Spiel begann. Die Spieler zogen ihre ersten Handkarten. Ganz der Gentleman überließ der Braunhaarige seiner Konkurrentin den ersten Zug. „Danke Takeo. Ich beginne. Als erstes spiele ich dieses Monster.“, bedankte sich die Schwarzäugige und eröffnete die Partie. Sie spielte „Lichtverpflichteter Paladin“ im Angriffsmodus und beende, nach ablegen einer verdeckten Karte, den Zug.
 

Sofort aktivierte sich der Effekt des „Lichtverpflichten“. Yue verlor bis zu vier Karten aus ihrem Deck. Sie wanderten automatisch auf den Friedhof. Doch verunsicherte dieser Verlust an Karten die Kämpferin nicht. Im Gegenteil. Dank diesem Effekt konnte ihrer Strategie einen guten Anfang nehmen. Nun begann der junge Mann mit seinem Zug. Er legte ohne viele Worte ein Monster in die verdeckte Verteidigung und aktivierte eine Zauberkarte, die sich „Verheißungsvolles Drachennest“ nannte. Die Karte verblieb vergrößert und offen auf dem Feld, ohne eine nachfolgende Reaktion zu zeigen. Dann hörte auch diese Zugrunde auf. Die Dame zog ihre neue Karte und beschwor als nächstes „Lumina, Lichtverpflichtete Beschwörerin“. Zusätzlich erschien kurz darauf auch „Wulf, Lichtverpflichtetes Ungeheuer“ auf der Spielfeldseite der Dunkelhaarigen. Aber wie konnte dies nur geschehen? Diese Frage stellten sich einige der unaufmerksamen Beobachter. Doch die Sache lag klar auf Hand. Bevor Lumina gerufen wurde, hatte Yue mittels der Karte „Törichtes Begräbnis“ eine Deckkarte auf den Friedhof verfrachtet. Dies konnte nur der Wolfskrieger sein. Denn sein Effekt erlaubte der Kreatur direkt vom Friedhof in den Monsterbereich des Spielfelds zu wechseln. Nun standen drei Kämpfer auf der Seite der Japanerin. „So Takeo. Ich greife dein Verteidigungsmonster an! „Lumina, Lichtverpflichtete Beschwörerin beginne!“, kündigte sie ihren Angriff an. Das schwächste Monster auf ihrer Seite begann. Einzeln attackierte die Übermacht den Schutz des Blauäugigen. Der Schutz stellte das Monster „Maskierter Drache“ dar. Lumina hatte den Drachen nicht besiegen können, da ihre ATK den Verteidigungspunkten unterlag. Mit einem Grummeln zersplitterte er, als „Wulf, Lichtverpflichtetes Ungeheuer“ ihn mit seinen Krallen zerfetzte. Doch bei seiner Zerstörung aktivierte sich sein Effekt.
 

Nun war es seinem Besitzer gestattet, einen weiteren Drachen unter 1500 ATK auf das Feld zu rufen. „Maskierter Drache“ Nummer Zwei tauchte auf. Doch gegen den Paladin hatte die Bestie ebenfalls keine Überlebenschancen. Insgesamt verlor Takeo 700, die Angreiferin 100 Lebenspunkte. Nun erwartete jeder, dass ein dritter Maskendrache erschien. Doch zur Überraschung der Zuschauer zeigte sich ein anderer Drache. Er erinnerte im ersten Moment an die Karte „Baby-Spieldrache der Harpyien“. Einige weiblichen Zuschauer bekamen leuchtende Augen. Ein „OH, wie süß!“, erklang. Das kleine Duellmonster sah auch zu putzig aus. Die Schuppenhaut des Fabelwesens glänzte silbern im Tageslicht. Neben kleinen Klauen und Flügeln stach vor allem die Augenfarbe des Jungtiers hervor. Eisblau und angriffslustig funkelten sie. Als es André und der Rest des Trupps dies erkannten, durchfuhr alle ein Geistesblitz. Denn diese Kreatur war in ihrem Erscheinungsbild einfach unverkennbar. Das Duellmonster konnte nur eine Miniaturausgabe des legendären „Weißer Drache mit eiskalten Blick“ sein. Die Blicke der Zuschauer wanderten von dem Hologramm zu dessen Besitzer. Eindeutiger konnte die Sachlage nicht sein. Nachname und gerufene Monsterkarte passten. Dieser Duellant musste einfach der Sohn des großen Seto Kaibas sein. Über die großen Bildschirme, die dem Publikum den Blick auf die Duelle vereinfachen sollte, sah man den Geschäftsführer der KC. Er verfolgte das Geschehen mit ernstem und strengem Blick. Dabei verschränkte der ältere Herr die Armen und ignorierte die fragenden und emotionsvollen Reaktionen seiner Kollegen und der Schülerschaft, die in seiner direkten Nachbarschaft saßen. Während das Duell lief, fand André endlich seine Fassung wieder.
 

Er flüsterte zu Brittany: „Wer hätte das gedacht. Seto Kaiba Jr.. Hast du gewusst, dass der auf unserer Schule ist?“ Die Angesprochene schüttelte nur den Kopf. Sie biss sich unverkennbar auf die Zähne. Die Blondine sah sehr angespannt aus. Dies bemerkte auch der Halbfranzose. Irritiert begutachtete er die Mitschülerin. Doch das Duell lenkte ihn erneut ab. Durch den Effekt von Lumina und dem Paladin verlor Yue weitere Karten aus ihrem Deck. Doch ihr schien das Glück wohl gesonnen zu sein. Denn ein weiterer Wulf landete auf den Friedhof und tauchte anschließend auf dem Spielfeld auf. Nun schützten vier Kreaturen die Lebenspunkte ihrer Besitzerin. Aber auch jeder Effekt endete mal. Als der Zug der Gegnerin endlich vorbei war, konnte Takeo loslegen. Eine neue Karte fügte sich seinem Blatt hinzu. Ohne einen Befehl des Mannes begann die bereits gespielte Karte „Verheißungsvolles Drachennest“ zu glühen. André fühlte die Hitze, die das Kartenhologramm von sich gab. Man fühlte sich wie in der Nähe eines Vulkans, dessen Lava an einem vorbei floss. Kazuos Duell war schon lange vorbei. Lange konnte er seinen Applaus zum gelungenen Zweikampf nicht genießen. Die Zuschauer spannten bereits auf das nächste Duell. Auch der Südländer überraschte die Anwesenheit des KC Erben. Allerdings plagte ihn ein anderer Gedanke. Seto Kaibas Sohn schien ihr schwierigster Gegner sein. Eine weitere Hürde, die Tobi überwinden musste und dazu noch ein so große. Der Rothaarige würde alles unternehmen, um seine Liebe nicht zu verlieren. Selbst wenn er dafür den Nachkommen einer Legende besiegen musste. Gleich nach dem Duell gesellte Kazuo sich wieder zu seinem Geliebten. Dieser starrte nur auf das Duellfeld.
 

So konzentriert hatte ihn der Halbspanier noch nie gesehen. Jedoch war dieses Verhalten nicht das einzige Kuriose an diesem Fleck. Soraya wirkte in sich gekehrt. Das Geschehen auf der Duellplattform schien ihr gänzlich egal zu sein. Sie starrte nur auf den Boden. Man konnte das Gesicht durch ihr langes, dunkles Haar nicht erkennen. Doch ließ Kazuo den Gedanke nicht los, dass etwas nicht mit ihr stimmte. Der Jüngere überlegte sogar, ob er nach ihr sehen sollte. Doch entschied sich Kazuo, lieber seinen potenziellen Gegnern beim Duellieren zu beobachten. Wer weiß, vielleicht erwies sich dies für die nächsten Runden als kleinen Vorteil. Takeo erklärte die Gegebenheit. Dabei untermalten seine Worte ein Grinsen, welches sich in seinen ernsten Gesichtszügen gebildet hatte. „Vielen Dank Yue. Da du meine zwei Drachen auf den Friedhof geschickt hast, kann ich nun den Effekt meiner Zauberkarte nutzen. In dem ich die Hälfte meiner Lebenspunkte zahle, darf ich bis zu zwei neue Drachen rufen, da sich dieselbe Anzahl auf meinen Friedhof befindet. Die Drachenkarten, die ich rufen darf, hängen von meiner Kreatur auf dem Spielfeld ab. Da es sich dabei um „Baby-Weißer Drache mit eiskalten Blick“ handelt, bekomme ich genau dieses Monster in doppelter Ausführung hinzu.“ Das Deck innerhalb der Duell-Disks des Anzugträgers erstrahlte. Zwei silbergelbe Lichter, die in einer Art Pfeilspitze endeten, entwichen ihm und donnerten auf die Erde. Die angekündigten Kreaturen erschienen. Das Trio aus Licht speienden Zwergen gruppierte sich vor ihrem Besitzer. Eine unergründliche Aura umhüllte sie.
 

Sir [Herr] Kaiba Jr. fuhr fort: „Nun aktiviert sich ihr gemeinsamer Effekt. Sobald alle drei Baby-Drachen auf dem Kampffeld sind, darf ich sie sofort opfern, um meine beste Karte zu rufen. … Komm und zeige dich, „Neo-Weißer Drache mit eiskalten Blick“!“ Die Aura verdichte sich. Die Jungtiere verschwanden in ihr. Ein grelles Lichtfeuerwerk explodierte regelrecht aus dem geschlossenen Areal. Eine neue Bestie betrat den Schauplatz. Der Atem der Zuschauer stockte. Die Konturen des Fabelwesens, die zuerst von der nebelartigen Hülle verborgen wurde, zeigten sich nach und nach. Wie der originale, blauäugige Drache glänzte das Schuppenkleid des Tieres silbern. Ein fächerartiger Kamm thronte auf der Stirn und verlief den gesamten Rücken hinab. Der Schwanz, der länger, geschwungener und schmaler war, teilte sich an dessen Ende in Zwei. Die Flügel wirkten ebenfalls größer und windschnittiger. Die komplette Statur wies eine moderne und elegante Form auf. Heißer Atmen qualmte aus dem Maul, während der Drache seine Gegner beäugte. Die charakteristische Farbe stach noch markanter heraus als bei allen Drachen jemals zuvor. Die Kampfmaschine war bereit. Bereit um zu zuschlagen. Takeo bereitete seinen Angriff vor. „Als nächstes lege ich zwei Karten verdeckt und greife anschließend deine Lumina an!“ Die verdeckten Karten erschienen in der vorgeschriebenen Zone. „NEO-WEIßER, GREIF LUMINA AN!“, befahl der Braunhaarige seiner Bestie. Der Drache erhob seinen Kopf. Zitternd bildete sich vor dem Maul eine Lichtballung, die dann in Form eines Strahls auf die weibliche Gegnerin beschossen wurde. Die ATK von 3000 traf auf die von nur 1000. „Lumina, Lichtverpflichtete Beschwörerin“ verschwand und Yue verlor 2000 Lebenspunkte.
 

Der Angriff und damit verbundene Zug schlossen somit ab. Die schöne Japanerin konnte nun darauf reagieren. Sie zog. „So. Ich aktiviere meine verdeckte Karte. Sie nennt sich „Prächtige Illusion“. Somit bekomme ich „Lyla, Lichtverpflichtete Magierin“ zurück. Ich versetze sie in den Verteidigungsmodus, um so ihren Effekt nutzen zu können. Lyla, zerstöre Takeos linke, verdeckte Karte.“ Die Priesterin erhob ihr Zepter und zeigte auf die gewählte Karte. Sie zersprang. Es handelte sich um „Spiegelkraft“. Doch über den Verlust seiner Falle schien der Blauäugige nicht sonderlich enttäuscht zu sein. Im Gegenteil. Er nutzte die Gelegenheit und aktivierte die zweite Falle. „Ich spiele: „Evolutionäre Co-Existenz“ Dank ihr bekomme ich nun das passende Gegenstück zu meinen Neo-Weißen. … Ich rufe dich … „Weißer Drache mit eiskalten Blick“!“ Der Aufruf hallte durch den Raum. Ein Brüllen folgte. Neben dem Nachfolgerdrachen gab sich der originale, blauäugige Drache die Ehre. Auch er fixierte seine potenziellen Opfer. Das Publikum jubelte urplötzlich. Keiner hätte einen solchen Zug erwartet. Alles sprach dafür, dass nun ACTION angesagt war. Auch Kaiba Senior schien zufrieden. Er klatschte unmerklich in die Hände und lächelte. André lief der Schweiß an der Schläfe herab. Er schluckte schwer. „Oh mein Gott. … Dieser Kaiba ist verdammt gut. So schnell zwei Drachen mit 3000 ATK zu rufen. Meine Damen sind machtlos gegen die. Selbst mit dem Spieldrachen kann ich dem nicht das Wasser reichen.“ Dem Halbfranzosen dämmerte es langsam, dass es in den nächsten Runden verdammt schwer werden würde. Dem ganzen Spektakel interessiert zuschauend wurde Kazuo langsam nervös. Der Kaiba Sprössling war gut. Wenn nicht sogar sehr gut. Es würde schwierig werden ihn zu besiegen. Aber es war keinesfalls unmöglich, dass wusste der Halbjapaner genau. Niemand kann ungeschlagen bleiben und in Kazuos Fall lag das Wichtigste in seiner Welt auf dem Spiel. Die Nervosität verschwand. Dafür erschien Ehrgeiz im Gesicht des Exodia-Zieher. Die Augen glühten auf. Niemand würde ihn in diesem Turnier aufhalten können.
 

Die Auseinandersetzung zwischen den beiden Kontrahenten spitzte sich zu. Jetzt besaß der Sohn des Seto Kaibas zwei Weiße Drachen, die klar im Vorteil waren. Doch so schnell wollte die Dame nicht aufgeben. Ihr Zug endete noch nicht. „Jetzt ziehe ich einen Schlussstrich. Takeo, du hast dich gut geschlagen. Aber nun rufe ich meine ultimative Waffe. … Ich beschwöre meinen „Urteilsdrache“!“ Rauch, Flammen und ein Brüllen folgten. Die neue Kreatur erschien. Alle Positionen in der Monsterzone waren nun besetzt. Das Jubeln steigerte sich. Die zuvor erwähnte ACTION schien sich besser zu entpuppen, als gedacht. Wer besaß nun den kampfstärksten Drachen? Wer holt sich den Sieg? Diese Fragen schwirrten in den Gedanken jedes Einzelnen. Yue strich sich durch das lange Haar. „Bestimmt ist dir der Effekt meines Drachen nicht entgangen. Sobald ich 1000 Lebenspunkte zahle zerstört mein gutes Stück alle Karten auf dem Spielfeld, außer sich selbst. Es ist vorbei!“, lächelte sie. Ohne zu zögern führte sie ihr Vorhaben durch. Das Fabeltier bäumte sich auf und hüllte anschließend alles in seinem Feueratem. Nur Rauch befand sich auf dem Spielfeld. „Ich habe gewonnen.“, lachte die Schwarzäugige siegessicher. Alles sah gespannt auf die vernebelte Umgebung. War das Duell wirklich vorbei? Doch als sich die Rauchschwaden verzogen, tauchte der Drache von Takeo wieder auf. Erschrocken und sprachlos starrte die Verwirrte ihren Gegner an. Er lächelte.
 

„Du kleines Dummerchen. Hast du wirklich geglaubt, dass dein Drache meinen Neo-Weißen so einfach besiegen kann. … Jetzt waren die 1000 Punkte völlig umsonst. Denn dank seines Effekts ist mein Weißer nämlich gegen sämtliche Monster-, Zauber- und Fallenkarteneffekte immun, die ihn zerstören würden. Jetzt ist das Duell wirklich vorbei. Du hast keine Chance mehr Yue!“ Das Grinsen riss nicht ab. Die Augen des Mannes glühten förmlich vor Selbstsicherheit. Dies verunsicherte das Mädchen umso mehr. Zitternd, mit einer letzten Möglichkeit in der Hinterhand, die in diesem Fall die Monsterkarte „Aufrichtig“ war, beendete sie den Zug. Seto Kaibas Sohn zog seine Karte. Es sollte die Letzte sein. „Das Duell ist entschieden. Ich spiele „Wiedergeburt“!“ Die Zauberkarte erleuchtete. Ein bekanntes Brüllen erklang. Aus einem Licht-Zirkel materialisierte sich ein silberweißer Drache. „Hier ist er wieder. Der legendäre „Weißer Drache mit eiskalten Blick“.“ Nun standen sich drei ebenbürtige Duellmonster erneut gegenüber. Jedes besaß eine Angriffsstärke von 3000. Das Duell der Fabelwesen konnte in die entscheidende Runde gehen. „Meine letzte Karte in diesem Duell, Yue, wird „Drachenodem der Zerstörung“ sein. Dank ihr kann mein Weißer deinen „Urteilsdrache“ auslöschen und mein Neo-Weißer deine restlichen Lebenspunkte ausradieren.“, erklärte Takeo. Dabei stach die charakteristische Ader des Seto Kaibas heraus, wenn der Sieg bevorstand. Ohne wenn und aber vollzog sich die Kartenkombination. Yue musste sich in ihr Schicksal fügen. Ihre einzige Verteidigung zersplitterte und der neuartige Drache mit dem eiskalten Blick beschoss sie mit seinem Lichtstrahl direkt. Das Duell war beendet.
 

Der Sieger half der auf die Knie gefallenen Dame auf und verschwand anschließend in der Menge. Erst langsam ertönte das begeisterte Klatschen. Die Art und Weise, wie sich der Erbe der Kaiba Corporation duelliert hatte, faszinierte jeden. „Alle Achtung! Dieser Kerl weiß, wie man ein Duell bestreitet. Wenn der ins Finale kommt, dann sehe ich persönlich schwarz.“, geisterte es in Andrés Gedanken. Der Schwarzhaarige konnte sein Erstaunen gegenüber diesem Duellanten nicht abstreiten. Takeo Kaiba war ein sehr guter Spieler. Es würde schwer werden. Kazuo gesellte sich endlich zu ihm. „Klasse Duell gerade eben, oder? Was meinst du zu dem Typ?“, fragte ihn der Halbfranzose, als dieser den Rothaarigen bemerkte. Bis ganz zum Schluss hatte Kazuo genau zugeschaut. Die letzten Momente waren jedoch nicht mehr nötig, da der Sieger schon feststand. In dieser Situation wäre es auch für ihn unmöglich gewesen, Blatt zu seinen Gunsten zu wenden. Langsam schritt er in Gedanken durch die Menge. Er musste sich etwas einfallen lassen. Tobi folgte ihm. Nur seine ehemalige Duellpartnerin schien an der gleichen Stelle zu verweilen. Genau in derselben Ausgangsposition wie auch zu Beginn des Kampfes. Sie versank wohl in ihrer eigenen Welt. Dem Südländer erging es doch nicht anders. Er bemerkte nicht einmal, dass er sich bewegte. Erst nachdem er Andrés Worte hörte, wurde er aus seiner eigenen Benommenheit gerissen. Der Angesprochene antwortete, ohne einen weiteren Gedanken an die Frage zu verschwenden: „Er wird ein schwerer Gegner werden. Doch unbesiegbar ist niemand.“ Nach dieser kurzen Antwort ertönten auch schon ein weiteres Mal die Lautsprecher.
 

Professor Alvarez verkündete das nächste Pärchen. „Nun stellen sich Ethan Carter und Wiktor Jelzin zum Zweikampf.“ Der Russe und sein Gegner betraten die Duellarena. Ethan trug ein Cowboy-Kostüm, welches im ersten Moment etwas witzig aussah. Vor dem Kampf gaben sie sich die Hand. Dann aber konnte das Spiel beginnen. Die Kartentypen, die aufeinander losgelassen wurden, gehörten in die Kategorie „Metall-Krieger“ und „Australische Tierwelt“. Der Ältere gab sich alle Mühe. Doch nach wenigen Runden unterlag er dem Australier. Trotz seiner Niederlage behielt der Fußballer seinen Stolz und kehrte wie Ethan in den Ring der wartenden Duellanten zurück. Ein weiteres Duell folgte, bis anschließend eine kleine Trink- und Esspause eingelegt wurde. Aus der großen, angebotenen Palette genehmigte sich André ein einfaches Sandwich. Während er sich zum Essen zurückzog, ratterte es in seinen Kopf. „Kazuo und Mongezi haben ihre Auseinandersetzung hinter sich. Leon ist draußen. Es bleiben nur noch Tobi und ich übrig. Ich denke, dass die Cassini keine Chance gegen ihn hat. Und dennoch mache ich mir Sorgen. Es steht einfach zu viel auf dem Spiel. Aber was kann ich nur machen?“ Endlich fand der grauäugige Schüler einen geeigneten Platz, um sich seinen Snack schmecken zu lassen. „Die erste Herausforderung wird Brittany sein. Zwar haben ihre Amazonen keine Chance gegen die „Harpyien Phönix-Formation“, aber es wäre ein Fehler, wenn ich sie unterschätzen würde. Ich hoffe nur, dass das ganze Turnier nicht die frische Freundschaft und den endlich eingekehrten Frieden zwischen uns zerstören wird.“, grübelte der Essende weiter nach. Die Minuten verstrichen. Die Pause endete mit einem Gong.
 

Die restlichen Duelle dieser Runde konnten fortgesetzt werden. Etwas wehmütig kehrte der Europäer in die Halle zurück. Ob er wollte oder nicht. André musste sich in sein Schicksal fügen. Bei seinem Glück war das erste Duell der zweiten Hälfte genau sein eigenes. Die junge Frau und er stellten sich zum Kampf auf. „Brittany, auf ein gutes Duell. Viel Glück!“, begrüßte der Schwarzhaarige seine Konkurrentin. Diese nickte und zog ihre erste Karte. Die Auseinandersetzung zwischen den beiden begann. In wenigen Zügen stellten sich die „Neulinge“, wie sie oft noch betitelt wurden, ihr können und ihre Deckstärke unter Beweis. Wobei, zum Erstaunen der Zuschauer, Fräulein Wilson dessen Verlauf bestimmte. André blieb dennoch gelassen. Diese Situation hatte er sich schon gedacht. Hektische Reaktionen auf das Kontern der Gegnerin würden ihm nur den Sieg kosten. Der Höhepunkt nahte. Es ergab sich folgende Ausgangsposition. Brittany’s Spielfeldseite beschützten zwei Amazonische Kriegerinnen. Zu ihnen gesellte sich die „Amazonische Tigerdame“. Ihre ATK betrug, dank ihrem Effekt, nun 2300. Jeder der Frauen lag um die 2000 Punkte. Die Lebenspunkte der Blondine zeigten 2500. Die Seite von André zeigte ein erbärmliches Bild. Einzig „Harpyie 1“ und „Cyber-Harpyie“ beschützte seine Punkte. Die nicht mehr als 500 betrugen. Glasklar, die Schülerin würde siegen. Jedoch war der Ältere nun am Zug. Diese gezogene Karte würde, so wussten alle, das Duell entscheiden. „Lieber Gott, lass mich bloß ein kleines Wunder ziehen.“, bettelte der nervlich etwas angeschlagene Duellant. Er zog die Karte.
 

Kazuo konnte nur den Kopf schütteln. Er kannte seinen Zimmergenossen einfach zu gut. Trotz eines kühlen Kopfes machte sich André viel zu viele Gedanken. Anders wäre nie zu so einer Ausgangssituation in dem Duell gekommen. Trotzdem gab der Südländer zu, dass Brittany vollen Elan zeigte. Sie schien förmlich in Flammen zu stehen. Der Rothaarige wollte es nicht gerne zugeben, aber das Ende lag offen. Er kannte zwar die Stärke seines Kumpels, doch die ehrgeizige Schülerin war 100 prozentig bei der Sache. Wenn jetzt kein kleines Wunder geschah oder der Freund sich fangen würde, wäre es für ihn vorbei. Langsam drehte André die Karte um. Der Anblick des Bildes ließ ihn wie Schock gefrieren. Von allen Möglichkeiten, die er besaß, zog er ausgerechnet diese einzige Karte. Deprimiert begutachtete er seine Hand. „Ok. Ich habe zwei Harpyien auf dem Feld, die nicht gegen die Tigerdame ankommt. Also, was tun?“ Ungeduldig tippte Fräulein Wilson auf ihren Arm, an dem die Duell-Disk befestigt war. „Oh my god. ANDRÉ! GO ON! [Oh mein Gott. André, mach weiter!]“, drängelte sie. Das Duell, welches sie klar führte, begann in ihren Augen langweilig zu werden. Davon aus seinen Gedanken geholt, schüttelte der Angesprochene kurz seinen Kopf. „Ja ja“, dachte er sich dabei. Eine quengelnde Gegnerin, die ihm die Konzentration raubte, würde seine Misere nur verschlimmern. Wieder sammelte sich der Schüler.
 

„Also schön. Zwei Harpyien, eine neue Monsterkarte und eine Übermacht an Feinde. Was unternehme ich jetzt? … Moment mal.“, fiel dem Grauäugigen plötzlich etwas auf. In seiner gesamten Handkartenmenge hatte er eine Fallenkarte völlig übersehen, die ihm durchaus noch nützlich sein konnte. Im Anbetracht dieser Möglichkeit gefiel ihm das gezogene Monster umso besser. „Einen Versuch ist es wert.“, beschloss der Junge schließlich. „Als erstes spiele ich eine Karte verdeckt.“ Die Falle erschien, für den Gegner unsichtbar, in der vorgeschriebenen Kartenzone. „Anschließend opfere ich meine beiden Damen für dieses Monster.“ Die Vogelfrauen umgab bei der Tributbeschwörung ein leichter Windhauch, ehe sie verschwanden. Aber das neue Monster zeigte sich nicht. Sein Besitzer setzte es in die verdeckte Verteidigungsposition. „So. Das war’s. Jetzt bist du dran, Brittany.“, übergab André die nächste Spielrunde an sie. Sichtlich verwirrt zog diese ihre neue Karte. Eine weitere verdeckte Karte erschien. Nun schützte ein regelrechtes Mauerwerk aus Fallen und Monster die Spielerin. „So, ich greife an und beende dieses Duell nun! Bye, bye [Auf wiedersehn] André!“, entgegnete sie. Ihre Tigerin fauchte und sprang schließlich auf das gegnerische Verteidigungsmonster. Die Kreatur zeigte sich. Die Raubkatze prallte gegen ein hartes, sich gleichmäßig verlaufendes Schuppenkleid ab. Mit einem noch kräftigeren Brüllen bedrohte die Bestie seiner Angreiferin. Diese wich zurück. Sein charakteristischer Kopfschmuck mit den verlängerten Ohren verriet diesen Drachen. Den „Spieldrache der Harpyien“.
 

Seine 2500 DEF hielten locker gegen die 2300 ATK der Katze stand. Die Duellantin verlor 200 Punkte. Kalt erwischt biss sie auf die Zähne und beendete ihren Zug. Momentan konnte sie diese „Festung“, die das Fabelwesen darstellte, nicht überwinden. Doch nun konnte André daran anknüpfen und das Spiel eventuell zu seinen Gunsten wenden. Der nunmehr wache Spieler zog seine neue Karte und begann zu schmunzeln. Sofort setzte er sie ein. „Ich spiele: „Harpyien-Flederwisch“. Alle deine Zauber- und Fallenkarten werden vom Spielfeld entfernt.“ Mit diesen Worten baute sich ein riesiger Tornado auf, der nur schemenhaft das Abbild eines Federkiels zeigte. Mit einem Schwung zersplitterten die Karten. Nur die Monster blieben übrig. Das Mädchen erschrak. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihren Kontrahenten an. „Es geht weiter. Als nächstes aktiviere ich meine verdeckte Karte. „Hysterische Party“. Ich werfe eine Karte von meiner Hand ab, um nun so viele „Harpyien“ von meinem Friedhof zu bekommen, wie möglich ist. Also meine Damen, zeigt euch!“, fuhr der Halbfranzose fort. Neben den Drachen tauchten unendlich viele Federn auf. Sie wirbelten wild durcheinander. Grüne, blaue und weiße Farben konnten ausgemacht werden. Die typischen Schreie erklangen. Und endlich schwebten die gerufenen Wesen langsam zur Erde. Eine „Harpyie 1“, zweimal „Cyber-Harpyie“ und als Krönung die „Harpyien-Königin“. Sie platzierten sich rings um den Feuerspucker. Ehe aber Brittany antworten konnte, lachte André laut auf. „Das tolle ist, dass nun mein Spieldrache satte 300 Angriffs- und Defensivpunkte für jede Harpyie auf dem Feld hinzubekommt. Zusätzlich stärkt meine „Harpyie 1“ alle Windmonster ebenfalls mit 300. Das macht folgende Werte:
 

Spieldrache: 3500

Harpyie 1: 1600

Cyber-Harpyien: 2100

Harpyien-Königin: 2200“
 

Allein als die Zahlen genannt wurden, lief die Blondine kreidebleich an. Dies verstärkte sich noch, als die Fabelwesen durch einen Aufschrei ihre neu gewonnene Kraft untermalten. Man sah, wie sie eingeschüchtert zitterte. Jedem war klar, dass nun das Duell entschieden war. Ohne Zeit zu verlieren befahl der Harpyien-Spieler den letzten Angriff. „Greift sie an!“, ertönte es aus seinem Mund. Die Vogelfrauen flogen in die Luft. Der Drache bäumte sich auf und ließ die Tigerdame seinen heißen Feueratem spüren. Sie verbrannte. Nur noch Asche blieb übrig. Die ersten 1200 fielen. Dann knüpften sich die Damen mit der metallenen Rüstung die amazonischen Kriegerinnen vor. Synchron zerfetzten sie mit einem Prankenhieb diese in ihre Einzelteile. Um weitere 200 Punkte sank der Lebenspunktestand der Duellantin. Den Todesstoß versetzte die Königin. Ihre Krallen hatten freie Bahn. Wie ein Raubvogel stürzte sie herab. Bei der Berührung des Ziels fiel die Anzeige gegen null. Durch die Wucht des Angriffs landete Brittany auf ihrem Hinterteil. Als sie merkte, dass sie verloren hatte, kullerten die Tränen die Wange herab. André kam auf sie zu. „Du hast dich sehr gut geschlagen. Mein Glückwunsch.“, versuchte er die Weinende zu beruhigen. Diese schüttelte nur den Kopf und stand auf. Ohne sich umzudrehen rannte sie raus. Ein Tränenbach markierte ihren Weg.
 

Total perplex über diese Reaktion sah der Sieger ihr lange nach, ehe er das Feld für die letzten Duelle frei gab. Das Feld war wieder frei und ein weiteres Mal ertönte die bekannte Stimme des Moderators. „Nun wollen wir auch gleich zu dem nächsten Duell übergehen. Die nächsten Duellanten sind Tobi Schäfer und Soraya Cassini, ich bitte Sie auf das Duellfeld.“ Dies ließ sich der Goldäugige nicht zweimal sagen. Allerdings nicht von seiner Gegnerin und ehemaligen Mitstreiterin. Sie stand leicht zitternd noch immer an derselben Stelle wie zuvor und schien sichtliche Mühe zu haben sich fortzubewegen. Dies bekam die kleine Gruppe der Freunde jedoch nicht mit, als sie dem Älteren Glück zusprachen. Erst als dieser sich schon an seinem Platz befand, wurde es langsam in der Halle unruhig. „Miss [Fräulein] Cassini! Ich bitte Sie sich auf dem Duellfeld einzufinden.“ Erst nach der zweiten Aufforderung erwachte sie aus ihrem schon fast komaartigen Zustand. Schnell und übertrieben gehetzt rannte sie auf ihren Platz. Zitternd wie Espenlaub stand sie da und wartete einfach. Dies ließ Tobi völlig kalt. Mit einem ernsten und völlig konzentrierten Blick machte er sich bereit. „Zeit für ein Duell“, donnerte es aus ihm heraus. Ein leises, dünnes Fiepen kam als Antwort. Beide zogen ihre Karten.
 

Doch was als nächstes passierte, konnte niemand wirklich einordnen. Noch bevor einer von beiden die erste Karte spielte, brach die Duellantin in Tränen aus und legte ihre Hand auf ihr Deck. „Ich gebe auf!“, hörte man als knappe Antwort, bevor sie immer noch weinend und schluchzend aus der Halle stürmte. Es dauerte eine Zeit bis Professor Alvarez sich überwand ein paar Worte zu sagen. „So wie es aussieht, hat somit Tobi Schäfer dieses Duell durch die freiwillige Aufgabe seiner Gegnerin für sich entschieden.“ Sichtlich entspannt und desinteressiert ging Tobi zur kleinen Gruppe zurück und wartete dort auf das weitere Voranschreiten des Turniers. Wie die etlichen Duelle zuvor, wollte André auch dieses Duell aufmerksam verfolgen. Er drückte dem Braunhaarigen die Daumen. Immerhin standen die Beziehung zu Kazuo und sein Platz in der Akademie auf dem Spiel. Doch was sich vor seinen Augen abspielte, konnte selbst er nicht richtig einordnen. Allein die bloße Anwesenheit von Tobi schien das Duell entschieden zu haben. Stumm sah André dem ganzen Spektakel zu, wie der Rest der Zuschauer. Nun endete auch diese Vorrunde. Dies wurde durch die Stimme des Moderators bestätigt.
 

„Meine Damen und Herren, geehrte Gäste. Die aktuelle Runde ist nun vorbei. In wenigen Minuten geht es weiter. Haltet euch deshalb bereit!“ Unterstützend klatschten und jubelten die Zuschauer. Die Atmosphäre war großartig. Doch urplötzlich ergriff Herr Kaiba Senior das Mikrofon. Es gab ein kratzendes bis grelles Geräusch, welches die Halle nach einem kurzen Aufschrei der schmerzempfindlichen Zuhörer verstummen ließ. „Wie Professor Alvarez schon sagte, wird die neue Runde des Turniers gleich beginnen. Aber es wird zwei Änderungen geben. Das Komitee hatte bereits angekündigt, dass nun nach Zufallsprinzip die Paarungen ausgelost werden. Allerdings …“ Der Saphirblauäugige verstummte kurz. Sein scheinbar nachdenkendes Gesicht konnte auf dem großen Fernsehschirm beobachtet werden. „… Allerdings müssen nun die Decks getauscht werden. Alle Duellanten sind verpflichtet ihre Karten abzugeben. Ihr habt dann 20 Minuten Zeit ein neues Deck zu bauen. Keine einzige Karte aus dem alten Deck darf darin enthalten sein. Jeder, der sich nicht an diese Anordnung hält, wird disqualifiziert! … Die Zeit läuft!“ Auf der großen Leinwand erschien eine Uhr, die anfing abzulaufen. Entsetzt sahen die Duellanten zu dem Sprecher. André traf das Gesagte scheinbar am heftigsten. Er war kurz davor ohnmächtig zu werden. Seine Beine gaben kurz nach, so dass der Halbfranzose sich auf den Boden setzen musste. Der Geschockte entschwand in seine Gedanken.
 

„WAS!?! Das darf doch nicht wahr sein! … Jetzt habe ich mein Deck auf das Turnier abgestimmt und dann kommt so eine hinterhältige Regel. Was soll ich jetzt nur tun?“ Es brauchte einen Moment, bis er sich wieder aufrappeln konnte und das Harpyien-Deck bei den Schiedsrichtern abgab. Sofort eilte er zu den Umkleiden der Halle. Dort, in einem kleinen Spind, hatte der Schüler seine Kartenbox hinterlassen. In dem Zeitdruck stieß er die Türen auf und öffnete schließlich den metallischen Kasten. „Ok. Dann muss ich eben dieses Deck nehmen. Auf meine guten Zauber- und Fallenkarten muss ich verzichten. …“ Und so setzte er sich hin und versuchte das Beste aus dem Deck herauszuholen. Frust und Unbehagen begleiteten ihn, als der Grauäugige zurück in die Haupthalle kehrte. Die kurze, zeitliche Grenze war abgelaufen. Man konnte die Verzweiflung von vielen Duellanten erkennen. Kazuo hatte wiederum kein Problem mit der ganzen Situation. Niemals hätte er sich erträumen lassen, dass sein großes Hobby irgendwann mal so nützlich sein konnte. Gelassen gab der Grünäugige seine Karten ab und konnte sich bei seiner Neuwahl Zeit lassen.
 

Er musste auch zugeben, dass diese Regel mehr in sich trug als man auf dem ersten Blick sah. Die Fähigkeit, ein Deck in einer extremen Situation zusammen zu stellen wurde nicht allein getestet. Die meistgenutzten Karten wurden gleichzeitig ausrangiert. Alles im allem war der komplette Turnierverlauf wieder vollkommen offen. Eine kleine, neue Regel und schon hob sich das ganze Turnier auf eine viel anspruchsvollere Ebene. Die ganze Zeit in seinen eigenen Gedanken vertieft, bemerkte der Schüler nicht, dass ihm Tobi die ganze Zeit über ruhig und gelassen folgte. Erst als ihnen Soraya zufälligerweise den Weg kreuzte und sie mit einem in Panik verzerrten Gesicht erneut davon rannte, kam dem Halbspanier etwas komisch vor. Somit aus der Tagträumerei geholt sah er dem Geliebten ins Gesicht. Dieser sah nur freundlich und mit seinem typischen Lächeln zurück. Sofort breitete sich ein angenehmes Gefühl in dem Jüngeren aus. Doch die Sorgen verblassten einfach nicht. „Tobi kann ich dich mal was fragen?“ Noch bevor Kazuo zur Frage kommen konnte, fing der Angesprochene an zu reden. „Ich habe Soraya in unseren Teamduellen vollkommen eingeschüchtert. Ich habe jedes Duell in meiner ersten Runde beendet. Dazu kommt, dass ich mir diesen Spielzug zunutze machte und noch auf die Spitze trieb. Ich hatte sie einfach satt. Doch anscheinend war es ein wenig übertrieben. Doch so gegen Ende ergab es ein guten Nebeneffekt.“ Gerade wollte der Zuhörer noch darauf antworten, da drangen schon die nächsten Worte des Kommentatoren aus den Lautsprechern und ließ ihn inne halten.
 

„Duellanten, versammelt euch! Das erste Pärchen wird ausgelost.“ Ein riesiger Bildschirm wurde heruntergefahren und zeigte in unglaublicher Geschwindigkeit die Gesichter der übrigen Teilnehmer. Man konnte nicht wirklich erkennen, bei wem dieses Bilderchaos anhalten würde. Doch irgendwann wurde alles immer langsamer, bis schließlich das nächste Duell feststand. Mit entsetzter Mimik starrten die Freunde auf die Anzeige. „Nun steht es fest. Das erste Duell bestreiten Monsieur [Herr] André Burkhard und Sir [Herr] Takeo Kaiba. Möge diese Runde beginnen!“, donnerte es aus den Lautsprecher. Die Aufgerufenen betraten den Kampfplatz. Kaiba Jr. wirkte cool und gelassen, wie eh und je. Der Gegenspieler jedoch war ziemlich geknickt. „Das kann doch echt nicht wahr sein. Jetzt habe ich meine Harpyien nicht mehr und treffe auch sofort auf den reichen Schnösel. Na prima. Wieso gebe ich nicht gleich auf!?!“, umspielte es seine Gedanken. André seufzte. „Burkhard! Zeit für ein Duell!“, begrüßte ihn sein Kontrahent mit Kampflust in jeder Silbe. Die Disks klappten sich aus und das Duell begann.
 

„Ich fange an. Als erstes spiele ich ein Monster und zwei Karten verdeckt. Du bist dran!“, eröffnete der Ältere das Spiel. Total lustlos zog André seine Karte. Wieder verlor sich der Junge in seine Gedanken. „Es ist doch echt zum heulen. Jetzt bereite ich mich auf dieses Turnier vor und am Ende ist doch alles für die Katz. Wenn ich das nur gewusst hätte. Meine Einhörner können dem doch nicht das Wasser reichen.“ Ungewollt riss er sich ein seelisches Loch. Nur noch automatisch funktionierte der weitere Verlauf. „Ich lege ebenfalls eine Karte verdeckt. Nun rufe ich „Einhorn-Baby“ im Angriffsmodus.“ Das Fohlen mit dem Mini-Horn erschien. Überglücklich wedelte es mit seinem Schwanz und wieherte. „So mein Kleiner, greife das verdeckte Monster an!“, befahl der Europäer. Das Fabelwesen rannte los. Leon, der auf der Tribüne saß, langte sich mit der Hand ins Gesicht. „André, was machst du nur? … Dieser Zwerg hat doch gegen ein starkes Verteidigungsmonster keine Chance. Bist du überhaupt bei der Sache?“, dachte sich der Student dabei. So einen offensichtlichen Fehler erkannte er sofort. Der Blondschopf schüttelte nur den Kopf. Das Jungtier deckte durch seine Attacke das versteckte Monster auf. Ein rotes, aufgeknacktes Ei mit einem schwarzen Drachenküken kam zum Vorschein. Es zerplatzte. Doch verlor Takeo keine Lebenspunkte. Brav platzierte sich das „Einhorn-Baby“ auf seinen Ausgangspunkt.
 

Sein Besitzer starrte auf den Fleck, an dem das Monster des Gegners zuvor noch war. Ein Teil von ihm erwachte aus dem Gedankennetz, welches das Handeln des Spielers beeinflusste. Schweiß lief ihm seitlich herab. „Oh nein. Bitte nicht diesen Drachen. Der kann ja schlimmer als der Blauäugige sein.“ Mit einer schlechten Vorahnung positionierte der Spieler eine weitere Karte auf das Spielfeld. Nun war der Andere dran. „So. Ich ziehe und aktiviere anschließend „Ruf der Gejagten“. Mein „Rotäugiges Schwarzes Küken“ kehrt zurück. Aber es bleibt nicht lange. Denn nun nutze ich seinen Effekt, um meinen „Rotäugiger Schwarzer Drache“ zu rufen. Das Drachenkind tauchte kurz auf. Bei der Beschwörung des neuen Drachen umschlossen rote Flammen den Zwerg. Aus dem dunklen Rauch glühten zwei rote Punkte auf. Ein Brüllen folgte. Schließlich zeigte sich die Bestie. Ein schlanker, vollständig schwarz gefärbter Drache beäugte seine Zielobjekte. Die kräftigen Klauen und Flügel unterstrichen sein Erscheinungsbild. Wieder schluckte André schwer. Nicht nur die Größe des Biestes machte ihm Angst. Auch die 2400 ATK und 2000 DEF konnten nicht ignoriert werden. Nicht nur die Augen des Hologramms, auch die saphirfarbenen des Besitzers bohrten sich in ihn hinein. Angst übernahm seinen Körper. Noch nie hatte sich André so vor einem Duell gefürchtet. Diese schlichte Überlegenheit, die der Gegner ausstrahlte, verunsicherte ihn völlig. Plötzlich stieß ihm etwas in die Flanke. André zuckte zusammen. Als er sich umsah, bemerkte er seinen Duellgeist. Das Einhorn stand neben ihm.
 

Sein Blick traf auf den des Besitzers. Für einen Moment sah der Schüler nur seinen Duellmonster-Freund an. Die Zuschauer, die die Szenerie beobachteten, begannen zu tuscheln. „Was ist Einhorn?“, fragte André das Fabelwesen im Gedanken. Es schwieg. Jedoch glimmt das Horn leicht. Im Hintergrund vernahm der Grauäugige die Stimme von Takeo. „Hey! Was ist los? Das Duell ist noch nicht vorbei, Grünschnabel! Los mein Drache, greif sein Monster an!“ Der rotäugige Drache bäumte sich auf und schoss schließlich seine glühende Feuerkugel ab. Sie näherte sich dem wehrlosen Fohlen. „ANDRÉ!“, biss sich Leon auf die Lippen Er konnte sich diese Teilnahmslosigkeit seines Gefährten nicht erklären. Nur noch wenige Zentimeter trennten Kugel und Pferd voneinander. Die rechte Hand des Kartenbesitzers erhob sich. „ICH AKTIVIERE „ENTKRÄFTUNGSSCHILD“!“, antwortete André auf den ausgeführten Angriff. Ein dichtes Schild baute sich im letzten Moment vor dem Fohlen auf. Die Kugel zerschellte daran. Das Lebenspunktekonto des Halbfranzosen erhöhte sich auf 6400. Unmerklich biss der Sohn des KC Leiters auf die Zähne und beendete den Zug. Als André wieder dran war, wurde ihm etwas bewusst. Unsicher sah er zu seinem Duellgeist. Dieser nickte bestätigend. Plötzlich verzogen seine Muskeln die Lippen zu einem Lächeln. Daraufhin lachte er laut auf. Sein Verhalten heizte wilde Spekulationen und Getuschel an. Takeo, der ihn die ganze Zeit beobachtete schwieg.
 

Man sah ihm aber an, dass er der Meinung war, dass der Jüngere den Verstand verloren hatte. „Ich bin ja ein Idiot. Die ganze Zeit dachte ich, dass allein mit den Harpyien das Turnier gewonnen werden kann. Aber ich habe in der Vergangenheit schon so viele Duelle mit meinen Einhörnern erfolgreich bestritten, so dass dieser Gedanke allein schon lächerlich ist.“, realisierte dieser unhörbar in seinem Kopf. Der Schwarzhaarige sah nochmals zu seinem Duellgeist. „Danke Einhorn.“, bedankte er sich bei ihm. Das Tier nickte erneut und verschwand ins Deck zurück. Nun wendete sich André Takeo zu. „Takeo, tut mir Leid wegen gerade eben. Ich dachte, dass ich ohne meine Harpyien keine Chance gegen dich haben werde. Aber jetzt ist mir klar geworden, dass ich auch mit meinen jetzigen Deck gute Möglichkeiten habe, das Duell für mich zu entscheiden.“ Takeo antwortete darauf nicht. Seine Augen waren fest auf seinen Gegner fixiert. Nun war der Moment da. Der Moment an dem das Duell wirklich begann. Dies merkten auch die Zuschauer. Erleichtert seufzte Leon leise. Der 19 Jährige fuhr fort. „Wie du wahrscheinlich weißt ist dank meiner Falle dein Angriff schneller vorbei gewesen als gedacht. Übrigens danke für den Kraftschub von 2400 Lebenspunkten. Jetzt mache dich auf etwas gefasst!“ Der Duellant zog. Ein schneller Blick auf seine Karten erfreute ihn. „Als erstes spiele ich meine Lieblingskarte. Sie nennt sich „Einhorn“. Danach lege ich eine weitere Karte verdeckt. Zum Schluss spiele ich „Dian Keto, Meisterheiler“. … Du bist dran!“ Das pferdeähnliche Wesen mit dem Stirnhorn tauchte aus einem Lichtzirkel aus. Ein Wiehern donnerte durch die Halle. Die zweite, angekündigte Karte erschien neben der ersten Verdeckten.
 

Zum Schluss zeigte sich eine ältere Dame, die mit Hilfe ihrer Silberkugel die Lebenspunkte des Besitzers um weitere 1000 Punkte erhöhte. Etwas genervt genehmigte sich der Braunhaarige eine neue Karte. Auch seine Mimik wandelte sich. Ein breites Lächeln erschien. „So dann mache ich mal Schluss mit diesen Einhörnern. Ich rufe meinen „Rotäugiger Finsterer Metalldrache“. Dafür entferne ich mein Küken vom Friedhof, damit er gerufen werden kann. … Zeige dich meine Kreatur!“ Eine schwarze Feuerwand entflammte. Aus ihrer Mitte stapfte das gerufene Monster. Rauch trat aus seinen Nüstern. 2800 ATK und 2400 DEF. Bei dem Anblick staunte André nicht schlecht. Im blieb der Mund weit aufgerissen. Sein Ausdruck belustigte den Kontrahenten. „Das ist noch nicht alles. Ich spiele „Mystischen Weltraum-Taifun“. Die rechte Karte soll zerstört werden!“, lachte Takeo. Der Wirbelwind trat aus dem Kartenbild hervor und fegte „Garten der Jungfrau“ vom Feld. „Oh nein!“, knurrte André, da diese Karte sein Schutz gegen die Übermacht an Drachen darstellte. Jetzt hielt den Blauäugigen nichts zurück. „So. Nun zu den Pferdchen. Drachen, … Angriff!“, forderte er seine Diener zum großen Gegenschlag auf. Die schwarzen Wesen mit den glühenden Augen stürzten sich auf die Einhörner. „Einen Moment, Freundchen! Nicht so hastig! Ich nutze den Effekt von „Gemeinsame Flucht“. Meine Einhörner, zieht euch zurück!“, reagierte der Europäer auf diesen Angriff. Seine Fabelwesen wandelten sich in Lichtstrahlen um und kehrten in das Blatt ihres Herrn zurück. Die Feuerbälle der Drachen trafen ins Leere und zischten an dem Schüler vorbei. Dabei flatterte sein ebenfalls dunkles Haar wild im Luftzug. „Verdammt! Was soll das? Stelle dich zum Kampf, Feigling!“, keifte ihn der empörte KC Erbe an. Dabei glühten dessen Augen genauso bedrohlich, wie die seiner Bestien.
 

Der kleine Wutanfall des Älteren ließ André scheinbar kalt. Gelassen strich er sich durch das Haar, bevor er ihm antwortete. „Ich bin Stratege. Kein Feigling. Und keine Sorge, es kommt zum Kampf. Das garantiere ich dir!“ Jetzt drohten die nebelgrauen Augen dem Gegenspieler. Die Atmosphäre knisterte. Die Anspannung spürte jeder. Es dauerte seine Zeit bis sich Kazuo von der aktuellen Duellkonstellation erholte. Um ehrlich zu sein, dauerte es so lange bis er das Lachen seines Freundes vernahm. Erst jetzt bemerkte der Zuschauer was geschah. André kämpfte mit seinem Einhorn-Deck gegen eine starke Streitmacht von rotäugigen, schwarzen Drachen und bis jetzt schlug er sich sogar richtig gut. Ein Lächeln umspielte die Lippen des Freundes. Ihm wurde klar, dass er sich keine Sorgen machen musste. Der Zimmergenosse verstand das Spiel und würde sich nicht unterkriegen lassen. Auf einmal materialisierten sich die Einhörner erneut auf dem Spielfeld. André verlor 1600 Lebenspunkte. Dies verwunderte Takeo ein wenig. Doch schnell erklärte der Andere die Begebenheit. „Meine Falle „Gemeinsame Flucht“ erlaubt mir alle meine Karten mit „Einhorn“ im Namen vom Spielfeld zu nehmen. Dein Angriff wird ohne Schadensberechnung beendet. Allerdings zahle ich pro entfernte Karte 800 Lebenspunkte.“ Die Sache war nun klar. Aber wie sollte es nur weiter gehen? Die Einhörner unterlagen noch immer den Drachen. Doch André blieb ruhig. „Dein Zug ist gewiss vorbei. Dann mache ich weiter.“ Takeo nickte und übergab an den Kleineren. Eine neue Karte wanderte in die Hand des Jüngeren. „In Ordnung. Ich habe momentan 5800 Lebenspunkte. Ich sage das deswegen, weil mit dieser Karte hier das Spiel nun noch einmal spannend wird.“ Bei seiner Ankündigung hielt der Junge die Karte dem Gegner entgegen. „Und was soll diese Karte bewirken?“, harkte Takeo gelangweilt nach. „Das siehst du nun. Ich spiele: „Elementen-Geometrie“.“, beantwortete André seine Frage. Ein riesiges Dreieck erschien. Es bestand aus drei Kugeln, die ein Abbild zeigten. Stabile, silberne Stäbe hielten die Kugeln zusammen. Die Symbole zeigten einen Wassertropfen, eine Feder und eine Flamme.
 

„So. Kommen wir nun zu meiner Zauberkarte. „Elementen-Geometrie“ kann nur gespielt werden, wenn sich eine „Einhorn“-Karte auf dem Feld befindet. Nun wird es interessant. Denn ich zahle sage und schreibe 5500 Lebenspunkte um alle drei Zeichen dieses Dreiecks nutzen zu können. Meine Damen und Herren, begrüßt mit mir „Einhorn des Wassers“, „Einhorn des Windes“ und „Einhorn des Feuers“.“ Bei seinem Aufruf begannen die Kugeln, je nach ihrer Elementklasse, blau, grün und rot zu leuchten. Wiehern hallte durch den Raum. Schließlich begann eine Art Strudel innerhalb des umschlossenen Dreieckraumes zu entstehen. Ein weißer Punkt tauchte auf, der immer größer wurde bis drei Lichter aus ihm hervor schossen. Die gerufenen Wesen platzierten sich auf die Spielfeldseite des Beschwörers. „Einhorn des Wasser“, war ein Einhorn, dessen Hinterleib in einem Fischschwanz endete. Seine normalen Vorderläufe waren mit Flossen versehen. Der Rücken wurde mit einem mächtigen Rückenflossenkamm, wie es bei einem Schwertfisch vergleichbar ist, überzogen. Das Wesen war in verschiedenen Blautönen gefärbt. Das „Einhorn des Windes“ erinnerte an Pegasus. Allerdings besaß es längeres Mähnen- und Schweifhaar. Seine Fesselbehaarung erinnerte an die Pferderassen Shire Horse oder Clydesdale. Sein Horn hatte eine Blitzform. Beeindruckend zu der Statur waren aber die Flügel. Grüne und weiße Feder wechselten sich in einem gleichmäßigen Muster ab.

Die letzte Kreatur, „Einhorn des Feuers“, hatte einen hellbraunen Körper. Vom Kopf zum Brustbereich wuchs eine Art Pelz, der sich vom restlichen Fell abhob. Die übliche Pferdemähne und der Schweif flackerten in rot und gelb Tönen, denn sie waren aus reinem Feuer. Nun befanden sich fünf verschiedene Einhörner auf dem Kampffeld, die gemeinsam zurückschlagen konnten. Mittlerweile feuerten das Publikum die Spieler an. Das Duell wurde spannend. Und das heizte auch die Zuschauer an. Ein einziges Jubelkonzert umspielte die Szenerie. André bereite seinen ersten Angriff vor. „So ich spiele meine letzte Handkarte. „Einhornwald“. Mit ihm erhalten alle Einhörner einen Kraftschub von 400 Punkten für die Angriffs- und Verteidigungswerte. Somit befinden sich folgende Kreaturen auf meiner Seite:
 

Einhorn-Baby mit 1300 ATK und 1200 DEF

Einhorn mit 1900 ATK und 1700 DEF

Einhorn des Wassers mit 2300 ATK und 2700 DEF

Einhorn des Windes mit 2700 ATK und 2500 DEF

und Einhorn des Feuers mit 3100 ATK und 1900 DEF.
 

So, Takeo. Meine Einhörner greifen deine Drachen an! Los geht’s!“ Während der Grauäugige sprach wuchs rings um ihn ein dichter Wald. Im Zentrum des Dickichts breitete sich ein kristallklarer See aus. Sobald der Wald erblühte, verteilten sich die Einhörner in ihm. Das „Einhorn des Wassers“ tauchte in den See ab. Das „Einhorn des Windes“ flog über die Kronen der Bäume. Einhorn und Fohlen grasten am Waldrand. Auch das „Einhorn des Feuers“ gesellte sich dazu. Als der Befehl zum Angriff ertönte, erhoben sie ihre Köpfe. Die Hörner begannen zu leuchten. Anschließend folgte die perfekt koordinierte Attacke auf die pechschwarzen Drachen. Aus dem Himmel stieß der gehörnte Pegasus herab. Sein Körper bohrte sich durch den des „Rotäugigen Schwarzen Drachen“. Takeo verlor 300 Punkte. Als nächstes umhüllte sich das „Einhorn des Feuers“ mit einer brennenden Flamme. Es galoppierte los, um den „Rotäugiger Finsterer Metalldrache“ zu vernichten. Dies gelang ihm auch ungehindert. Weitere 300 Lebenspunkte fielen. Doch Takeo blieb gelassen. Dies machte André stutzig. „Warum bleibt er so ruhig? Drei Angriffe und es ist vorbei. Also warum bleibt der so gelassen?“ Für einen Moment zögerte der Halbfranzose. „Na was ist? Hast du Angst bekommen? Feigling!“, ärgerte ihn der Gegenüber. Dies reizte André urplötzlich. „Na schön. Volles Risiko!“, beschloss er. „Einhorn des Wassers“ führe den Angriff fort!“ Ein riesiger Tornado baute sich aus dem See auf. In seinem Zentrum funkelte das Licht des Horns. Die Wassermassen bauten sich über den Erben des Kaiba Corporation Imperiums auf.
 

Wie ein Tsunami brachen sie über ihn ein. Die Lebenspunkte wanderten auf 1100. Nun war es egal, welches Einhorn noch angreifen würde. Das Duell würde enden. „Gut gespielt, Takeo. Aber gegen meine Einhörner hat es nicht gereicht. … Einhorn, greif ihn an!“, rief André ihm noch zu, bevor sein Duellgeist den Gegner attackierte. Doch der Blauäugige begann zu lächeln. Es war ein hinterhältiges Grinsen. Die Augen des Europäers weideten sich. In dem Moment wusste er, dass seine Kreatur in eine Falle tappte. „Tut mir Leid. Das Duell gewinne einzig und allein ich. Ich, der Sohn des großen Seto Kaibas! … Den armseligen Angriff blocke ich mit der Falle „Ring der Zerstörung. Das Duell ist wirklich vorbei!“ Ein Ring mit brennenden Fackeln an der Außenseite flog auf das Einhorn zu. Es umschloss die Kehle des Fabelwesens. Schmerzverzerrt wieherte es. „Einhorn, NEIN!“, schrie sein Besitzer. Doch es war zu spät. Ohne wenn und aber zersplitterte das Tier und Andrés Lebenspunkte fielen auf null. Nach dem kurzen Schock atmete André kurz auf. „Das Duell endet unentschieden! Denn der „Ring der Zerstörung“ zerstörte nicht nur ein Monster, er zieht auch dessen Angreifstärke von den Lebenspunkten beider Spieler ab.“ Gerade als der Halbfranzose das letzte Wort sprach wurden seine Augen groß. Ein weiterer Ring befand sich vor seinem Gegner. „Ring der Verteidigung“. Er bewahrt den Besitzer vor sämtlichen erzeugten Lebenspunkteschaden.
 

Der mystische Wald, das kleine Fohlen, einfach alles löste sich auf. Die altbekannte Duellarena tauchte wieder auf. Der Jüngere hatte verloren. Die Erkenntnis schmerzte. So knapp vor dem Ziel. Sein Körper sackte auf die Knie. Mit den Händen stütze er sich ab. Der Kopf mit dem pechschwarzen Haar sah auf den Boden. Langsam traten ihm die Tränen in die Augen. Doch verbissen unterdrückte der Duellant ein Schluchzen. „VERDAMMT! … Ich habe verloren. Ich kann Tobi nicht mehr helfen. Ich habe versagt!“, hämmerte sich dieser Gedankengang in seinen Kopf ein. Takeo beäugte ihn, bis er sich schließlich umdrehte und in die Menschenmenge um den Kampfring verschwand. Ihm wurde der Applaus des Siegers zu teil. Langsam, mit gesenktem Haupt stand auch der Verlierer auf. Ohne auf seine Umgebung zu achten verließ er die Halle in Richtung der Umkleidekabinen. Jeder, der das Duell verfolge, konnte mit voller Überzeugung sagen, dass beide Duellanten ihr Bestes gegeben hatten. Kazuo wäre am liebsten seinem Freund gefolgt, um ihn aufzumuntern. Doch leider lief das Turnier für den Südländer weiter. Das Duellfeld jetzt zu verlassen, wäre schlecht für den Exodia-Zieher gewesen.
 

Es gab jederzeit die Möglichkeit, dass er als nächster Duellanten ausgewählt werden würde. So konnte er nur seinem Zimmerkameraden nach schauen und hoffen, dass André sich seine Niederlage nicht zu sehr zu Herzen nahm. Das Geschrei der Zuschauer und die Stimme von Prof. Alvarez wurden immer leiser. Der gezeichnete André lief traurig und deprimiert den Gang der Halle entlang. Er bekam nichts mehr aus seiner Umgebung mit. Der Junge bog um die Ecke und gelangte ziemlich schnell in die Kabine, in der sich der Schrank mit seinen Karten befand. Kraftlos ließ er sich auf die alte Holzbank fallen. Sie knarrte laut als das Gewicht des Schülers auf ihr landete. Mit dem Kopf an die Decke starrend blieb dieser stumm. Kein Geräusch entglitt ihm. Nur minimal konnte man das Ein- und Ausatmen hören. Die Minuten verstrichen. Schließlich schloss der Duellant die Augen. Doch die Lider konnten die Tränen nicht zurückhalten. André begann zu weinen. Die Demütigung, die ihm der Sohn des Seto Kaibas zugefügt hatte, brachte ihn dazu. Doch es war nicht die Niederlage an sich, die ihn so fertig machte. Der Volleyballer konnte es einfach nicht ertragen, dass er seinen Freunden nicht helfen konnte. Was würde nur passieren, wenn Tobi von der Akademie gehen und Kazuo für immer verlassen musste? Allein schon bei dieser einfachen Frage wurde dem 19 Jährigen schon schlecht. „Verdammt! … Warum habe ich nicht aufgepasst. Nun haben wir den Salat. …“. Immer mehr mit Selbstbeschuldigungen konfrontiert, saß der Grauäugige in der Umkleide und verlor jeglichen Bezug zu Zeit.

Achter Zug Teil 3 / Das große Turnier

Immer noch seinem Zimmergenossen hinterher schauend, bekam Kazuo nicht den nächsten Wahlvorgang mit. Erst als die Namen kund gegeben wurden, schreckte er aus seiner Träumerei auf. „Somit sind die nächsten Duellanten festgelegt. Ich darf Kazuo García und Ethan Carter auf die Duellplattform bitten.“, ertönte es über die Lautsprecher. Verwirrt sah der Angesprochene zur Plattform und schien nicht wirklich zu registrieren, was genau passierte. Ein leichter Kuss auf die Wange ließ den Halbspanier jedoch aus der Starre erwachen. „Viel Glück. Du packst das schon.“ Mit diesen Worten und dem typischen Lächeln auf den Lippen schob Tobi den immer noch etwas verwirrten Grünäugigen in Richtung Duellfeld. Kazuo fing sich und trat vor seinem neuen Gegner.
 

Mit seinem übertriebenen Cowboy-Kostüm erkannte man den Australier sofort. Oder handelte sich bei dieser Art Kleidung tatsächlich um ein Wander- und Trekking Outfit fürs Outback? Doch für Modefragen erschien der Augenblick denkbar ungünstig. Kazuo schnappte sich eins seiner Decks, die an seinem Gürtel befestigt waren. Schnell gemischt landete der Kartenstapel in seine Deckhalterung. Beide sprachen routiniert den klassischen Duellspruch und die Auseinandersetzung konnte beginnen. Jeder zog seine fünf Handkarten und begutachtete sie. Sofort sah man den Schock in dem Gesicht des Halbspaniers. Von allen Decks musste es ausgerechnet dieses eine sein. Wäre er doch nicht die ganze Zeit so durcheinander gewesen. Diesen Schock und Schwebezustand nutze der Gegner und zog seine erste Karte. Er begann die Runde mit einem Lächeln auf den Lippen. „Die neue Regel ist unerwartet gewesen. Doch im Outback muss man auf alles vorbereitet sein. So spiele ich meine Spielfeldzauberkarte „Karate-Dojo“.“
 

Mit einem Mal verschwand die bekannte Turnierkulisse und machte für ein typisches Karate Dojo Platz. „Doch das war noch nicht alles. Ich beschwöre mein „Martial Arts Beast – Boxing Känguru“ und aktiviere sofort seinen Effekt. Ich kann das vorhandene Spielfeld durch die Spielfeldzauberkarte „Boxring“ ersetzten.“ Sofort tauchte das Monster auf dem Spielfeld auf. Es war ein großes Beuteltier, übersät mit Narben, und gekleidet in einer Boxer-Shorts. Angriffslustig und bereit schlug es die Boxhandschuhe zusammen. Die Umgebung verwandelte sich in einen typischen Boxring. „Der Effekt dieser Karte ist einfach. Jedes „Martial Arts Beast“-Monster bekommt einen ATK-Schub von 500 Punkten und pro Battle-Phase darf nur ein einziges Monster angreifen. Ich lege noch zwei Karten verdeckt und beende meinen Zug.“ Ein Raunen ging durch die Zuschauerreihen. Grund hierfür war nicht nur, dass niemand diese Art von Monster kannte. Die Fähigkeit der Kreatur hatte man bis jetzt bei keinem anderen Monster gesehen.
 

Jedoch schien Kazuo eher mit sich selbst beschäftigt zu sein. Der Desorientierte bekam nicht einmal mit, dass der erste Zug bereits abgeschlossen wurde. Niemand wusste, was gerade passierte. Der Hellbraunhaarige hob mit seinem Zeigefinger den Cowboyhut an und sah mit den schon fast silberartigen Augen seinen Gegner direkt an. Sie passten perfekt zu seinem Kopfhaar. „Kazuo du bist an der Reihe.“, harkte der Kontrahent nochmal nach und es schien die Ohren des Schülers erreicht zu haben. Immer noch halb erstarrt zog er eine Karte und nahm sie zu seinen bisherigen Handkarten hinzu. Er legte ein Monster in verdeckter Verteidigungsposition und zwei weitere, verdeckte Karten. Ohne was zu sagen gab er dann den Zug ab. Ethan zog und begann seine nächste Runde. „ Nicht sehr gesprächig. Dann bin ich jetzt an der Reihe. Ich spiele mein „Martial Arts Beast – Kickboxing Strauß“ und aktiviere seine Fähigkeit, um das Spielfeld in „Käfig“ umzuändern.“ Das Hologram des Laufvogels sah lustig aus. Er trug ebenfalls Shorts und weiße Bänder umwickelten Flügeln, sowie beide Beinen. Ein weiteres Mal wurde für diese Runde das Spielfeld geändert. Der „Boxring“ wich einem Kampffeld, das aus Käfigkämpfen bekannt war.
 

„Diese Spielfeldzauberkarte gibt jeder „Martial Arts Beast“–Karte eine Angriffs- und Verteidigungserhöhung von 300 Punkten. Dazu kommt, dass nun jedes Monster auf dem Feld in der Battle-Phase angreifen muss. Somit fange ich gleich Mal an. Los mein Känguru. Greif die verdeckte Karte an.“ Dies ließ sich die Kreatur nicht zweimal sagen. Mit einem gigantischen Sprung landete er mit dem Boxhandschuh voran auf der verdeckten Monsterkarte. Für kurze Zeit war das Bild eines alten, auf dem Boden knienden Mannes zu erkennen. Er trug eine viel zu großen Männerkimono und hatte die Augen verbunden, während ein großes und rotes Auge über dem Kopf schwebte. Tobi staunte nicht schlecht, als er diese Karte erblickte. Sie kam ihm sehr bekannt vor und bis gerade eben verstand er nicht, warum sich sein Schatz so unglaublich zurückhielt. Doch nun klärte sich für ihn der Sachverhalt auf. Die vernichtete Karte gehörte ohne Zweifel zu dem „zerbrochene Welt“-Deck, welches der Jüngere durch seine Verzweiflung vor nicht allzu langer Zeit verwendete. Jetzt war für den Braunhaarigen alles klar. Er musste schnell handeln. „Kazuo! Mache dir keine Sorgen. Du packst es! Du brauchst keine Angst vor dem Deck zu haben. Du wirst dich nicht verändern!“, rief er dem benebelten Jungen zu, in der Hoffnung ihn damit zu erreichen.
 

Gerade als das zweite Monster die Lebenspunkte des Rothaarigen angreifen wollte erreichten ihn die Worte seines Liebsten. Wie aus einem Schlaf erwacht, stand er das erste Mal gerade auf dem Duellfeld und sah seinem Gegner in die Augen. „Ich aktiviere meine Fallenkarte „Spiegelkraft“.“ Kaum hatte Kazuo auf den Angriff reagiert, baute sich ein großer Spiegel vor ihm auf. Das Glasobjekt reflektierte die Attacke und beförderte die beiden gegnerischen Tiere auf den Friedhof. Ethan traute seinen Augen nicht. „Wie kannst du „Spiegelkraft“ spielen? Man durfte doch keine Karten aus dem ersten Deck nochmal nutzen!“ Kazuo fand endlich zu seiner alten Form zurück und antwortete mit einem Lächeln. „Wer sagt denn, dass ich „Spiegelkraft“ in meinem erst Deck verwendet habe? Nur weil sie stark ist, heißt es nicht gleich, dass sie in jedes Deckkonzept passt.“ Total verwundert über diese Aussage legte der Australier eine weitere Karte verdeckt aufs Feld und beendete seinen Zug. Kazuo suchte während dessen Tobi lächelnd unter den Zuschauern. Als sich ihre Blicke endlich trafen, formte er stumm ein einziges Wort: „Danke“.
 

Anschließend konzentrierte sich der Spieler erneut wieder auf sein Duell. Es stand zu viel auf dem Spiel, als sich wegen gruseligen Karten Gedanken zu machen. „So. Jetzt bin ich am Zug.“ Mit diesen Worten zog er seine Karte. „Als erstes spiele ich „Topf der Gier“.“ Der grüne Krug erschien mit einem kichern auf dem Feld und der Besitzer genehmigte sich zwei weitere Karten. „Zunächst möchte ich mich bedanken, dass du mein Monster „Der blinde Sehende“ zerstört hast. Denn jetzt spiele ich meine Spielfeldzauberkarte „Die zerbrochene Welt“.“ Kaum lag die Karte in der Disk verschwand der Käfig und ließ die Turnierhalle wieder erscheinen. Allerdings schien sie durch einen lila Schleier trüb und an unterschiedlichen Stellen verzerrt zu sein. „Wenn ich diese Karte spiele und sich ein blinder Seher auf dem Friedhof befindet, darf ich alle drei „blinde Sehenden“ vom Friedhof, der Hand oder meinen Deck aus dem Spiele entfernen, um meine sechs unterschiedlichen „Seelen der zerbrochenen Welt“ von meinem Deck in die Hand nehmen zu dürfen.“ Kaum erläuterte er sein Vorhaben, nahm er schon die drei Karten und entfernte sie aus dem Spiel. Danach kamen sechs Karten direkt aus seinem Deck in seine Hand. Jetzt besaß der Südländer mehr Karten in den Händen, als es erlaubt war. Doch der Zug endete noch nicht. „Nun lege ich drei Karten verdeckt in die Zauberkartenzone. Dazu aktiviere ich die Fähigkeit von „Acedia, gemächliche Seele der zerbrochenen Welt“. Anstatt sie zu beschwören kann ich diese Kreatur, als Besonderheit, als offene Fallenkarte setzen. Dank der Spielfeldzauberkarte wird dadurch auch ihr Effekt aktiviert. Sie kann, obwohl sie als Fallenkarte gelegt wurde, angreifen.“
 

In diesem Moment tauchte das Monster auf. Ein schwarzer Klumpen, der eine Art Torso und Kopf darstellte. Er lag auf einer aus schwarzen Nebelschwarten bestehenden Liege und grinste mit einem, für den Kopf viel zu großen Mund. Die leuchtend weißen Zähne hoben sich vom restlichen, schwarzen Körper ab. „Dank dem Spielfeld bekommt meine Kreatur zu ihren bisherigen 900 ATK noch einen Kraftschub von 500 Punkten. Da meine Zauberkartenzone nun voll besetzt ist, darf ich „Avaritia, schwarze Seele der zerbrochenen Welt“ speziell beschwören.“ Sofort tauchte das schattenhafte, menschenähnliche Schemen mit seinen 2100 ATK und 200 DEF in der Arena auf. Nur einen geschlossenen Mund erkannte man deutlich in Bauchhöhe. „Da ich ein Monster als Spezialbeschwörung gerufen habe, kommt die Fähigkeit von „Invidia, missgünstige Seele der zerbrochenen Welt“ zum Tragen. Wenn ich ein Monster speziell beschwöre, wird sie automatisch auch Invidia speziell auf meine Feldseite gerufen.“ Sofort erschien das dritte Wesen auf dem Spielfeld. Ein schwebender, dunkler Kopf mit weit aufgerissenen und rot unterlaufenden Augen machte ihr Erscheinungsbild aus. Das Kopfhaar bildete schwarzer Nebel, der hinter dem Monster weiter ging und sich langsam immer mehr verblasste. Dessen Augen waren auf Avaritia fixiert.
 

„Nun beschwöre ich meine Karte „Luxuria, genießende Seele der zerbrochenen Welt“ und opfere für sie meinen Invidia. Anschließend aktiviere ich sofort, dank meiner Spielfeldzauberkarte, ihren besonderen Effekt. Mit ihr werden alle verdeckten Zauber– und Fallenkarten umgedreht und zerstört, falls es sich nicht um Ausrüstungszauberkarten handelt. Wenn keine Ausrüstungskarte in dieser Form aufgedeckt wird, zerstört sich die Karte selbst und jede aufgedeckte Zauberkarte wird sofort auf Luxuria ausgerüstet.“ Eine wunderschöne Frau in einem weißen, lockeren Seidenkleid tauchte auf. Ihr Kopfhaar war hüft lang, blond und flatterte im Wind. Kaum beehrte sie das Geschehen mit ihrer Anwesenheit, hallte ein heißeres Kreischen im Raum. Ihr Haar wurde glanzlos grau, während sich ihre Haut verdunkelte und das Kleid in einen düsteren Nebel überging. In ihren Augen funkelte nur noch die Farbe Rot. Ihr Blick ließ keine Karte aus. Sofort zerplatzten zwei von Ethans Karten, während Kazuo nur eine verlor und darauffolgend drei Ausrüstungskarten aufgedeckt wurden. Bei der Karte des Grünäugigen handelte es sich um „Schmuck der Ausschweifung“. Wie zuvor beschrieben wurden die drei Karten auf Luxuria ausgerüstet. „Diese Ausrüstung gibt der Dame einen Angriffsschub. Man multipliziert die Menge der „zerbrochene Welt“-Monster auf dem Feld mal 200. Dazu kommt noch die Stärkung von meinem Spielfeld um 500 Punkte. Das heißt mein Acedia hat 1400 ATK, Avaritia 2600 ATK und Luxuria hat eine Power [Kraft] von 3800 Punkten. Ich glaube es für dich vorbei, Ethan. Los meine Monster. Angriff!!“
 

Für einen kurzen Moment entbrannte ein rotes Flackern in den Augen des Schülers. Doch so schnell es auftauchte war es auch wieder verschwunden. Die Lebenspunkte des wehrlosen Kontrahenten wurden mit einem Schlag auf null gebracht. Das Spielfeld machte wieder für die Realität Platz und die Auseinandersetzung war zu Ende. Eine unangenehme Stille breitet sich in der Halle aus. Nicht allein die Tatsache, dass dieses Duell in einem großen Zug beendet wurde, machte die Zuschauer sprachlos. Auch die eingesetzten Kreaturen und Spielkombinationen hatte bis jetzt noch niemand zu Gesicht bekommen. Bis auf die wenigen Opfer vor wenigen Wochen zuvor. Zusätzlich bereitete schon die bloße Anwesenheit dieser Karten einen eisigen Schauer, der den Zuschauer über die Rücken lief. Die Zeit verstrich. Doch keiner reagierte. Ethan schien der Einzige und auch Erste zu sein, der die Stille durchbrach. Mit seinem Zeigefinger hob er seinen Cowboyhut wieder leicht an. „Es war ein gutes Duell. Wie schon in der Natur zählt hier nur das Gesetz des Stärkeren. Ich wünsche dir noch viel Glück für das restliche Turnier.“ Mit einer leichten, freundlichen Handgeste verließ er gelassen die Situation. Dies schien das Eis gebrochen zu haben. Wie bei einem Startschuss explodierte ein tosender Applaus. Schwer atmend kehrte dann auch Kazuo von seinem Platz in den Zuschauerring zurück. Dort ging er zielsicher zu seinem Lebensgefährten und fiel in dessen Arme. Er schnaufte schwer. Besorgt harkte Tobi nach. „Ist bei dir alles in Ordnung?“ Der Angesprochene sah auf, ehe er antwortete. „Geht schon. Ich habe nur nicht erwartet, dass es so anstrengend ist mit Erinnerungen und eigenen Gefühlen konfrontiert zu werden.“ Vorsichtig nahm der Goldäugige den jüngeren fest in den Arm, als er unerwartet in die Seite gekniffen wurde und erschrocken den Rothaarigen los ließ. Ein Lächeln entsprang auf den Lippen des Übeltäters. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Gib einfach dein Bestes. Ich tue dasselbe, egal mit was ich währenddessen konfrontiert werde.“, gab er als kleine Antwort. Mit dem für den Braunhaarigen typischen Lächeln strahlte er seinen Liebsten an. Die bekannte Stimme des Spaniers Alvarez erklang über die Lautsprecher.
 

„Nun ist es wieder soweit. Die nächste Runde wird ausgelost. Möge der Zufall ein weiteres Mal entscheiden.“ Der Zufallsgenerator fing erneut an, die Gesichter der verbliebenen Duellanten in unerkennbarer Schnelligkeit über den Bildschirm zu jagen. Viel schneller, als in den Runden zuvor, hielt dieser an und zeigte die nächsten Duellanten. „Die nächsten Kontrahenten stehen fest! Ich darf Tobi Schäfer und Arene von Zaren auf das Feld bitten.“ Nun war Kazuo mit zuschauen an der Reihe. Ebenso für seinen Partner zu bangen und mit zu fiebern. Der Ältere sah schon mit sicherem und konzentriertem Blick auf die Arena. Der Südländer konnte nur ein einfaches „Viel Glück“ hervorbringen, ehe der Freund zum Duellfeld ging. Beide Duellanten machten sich bereit. Tobis Blick wanderte zu seiner Gegnerin. Sie gehörte zu einen der wenigen Duellanten, die sich die kleine Gruppe in den Vorrunden nicht angesehen hatten.
 

Sie trug einfache und relativ farblose Kleidung. Dazu war ihr violettes Haar zwar lang, wirkte aber strobelig und ungepflegt. Es neigte zur Verfilzung. Ihre Augen erkannte man nicht, da sie von einer dicken Hornbrille verdeckt wurden. Die Brille schien auch ein klein wenig zu groß für den Kopf zu sein. Sie schien unscheinbar zu sein, doch dies war bei Duellen noch nie ein wichtiges Kriterium. Beide Kontrahenten mischten ihre Decks und starteten mit einem gemeinsamen Ausruf: „Duell!“ den dritten Kampf in dieser Runde. Sie zogen ihre fünf Anfangskarten. Schnell genehmigte sich Arene ihre sechste Karte und leitete somit die erste Runde ein. Ausgiebig sah sie über ihr Blatt, bevor sie ihren Zug machte. „Aaalso … Als erstes spiele ich meinen „Plastik Ritter“ im Angriffsmodus.“ Wie angekündigt tauchte ihr Monster auf. Es erinnerte an einen traditionellen Ritter, nur das er vollkommen aus durchsichtigen Plastik bestand. „Jetzt aktiviert sich sein erster Effekt. Wenn sich keine weiteren Monster-, Zauber- und Fallenkarten auf dem Feld befinden, darf ich die restlichen „Plastik Ritter“ aus meinem Deck und meiner Hand beschwören. Dann lege ich noch zwei Karten verdeckt und beende meinen Zug.“
 

Sofort gesellten sich zum ersten Krieger noch zwei weitere Duplikate dazu. Sie alle besaßen 1200 ATK und 500 DEF. Nun war Tobi an der Reihe. Er betrachtete die Karten kurz und fackelte nicht lange. „Ich aktiviere meine Zauberkarte „Geburt einer Legende“ und kann damit aus meinem Deck meinen „Legendärer Duellant Y“ aufs Feld rufen.“ Das Monster erschien auf seiner Spielfeldseite und ein lautes Raunen ging durch die ganze Halle. Kein geringerer, als einer der bekanntesten Duellanten der Geschichte wurde als Monsterkarte ausgespielt. Zwar variierte die Haarfarbe, doch war ohne Zweifel ein Abbild von Yugi Muto erschienen. Keiner der Zuschauer hatte so eine ehrwürdige Karte gesehen. Doch die stille Gegnerin schien völlig unbeeindruckt zu sein. Eine scharfsinnige Lichtspiegelung erschien auf den Gläsern ihrer Hornbrille, während die Lippen ein Lächeln formten. Es erinnerte stark an eine lauernde Katze. „Ich aktiviere „Reißender Tribut“. Damit sind auch gleich alle Monster vom Feld gefegt.“ Die Fallenkarte deckte sich auf und nahm alle Monster mit sich ins Grab. Etwas verwirrt verfolgte Tobi das Geschehen und konnte nicht anders als sich zu wundern.
 

Diese Aktion hatte seine Gegnerin eigentlich in eine schlechtere Situation als zuvor manövriert. Jedoch unterließ er es mehr in diese Gegebenheit zu interpretieren. „Dann lege ich ein Monster und drei weitere Karten verdeckt. Danach beende ich mein Runde.“ Die ganze Zeit über verschwand das Grinsen nicht von Arenes Lippen. „Soo. Dann bin ich wohl wieder an der Reihe. Ich spiele meine Zauberkarte „Recycle Sammelaktion“. Mit dieser Karte kann ich bis zu drei Karten derselben „Plastik“- Karte von meinem Deck auf den Friedhof werfen.“ Ohne vieles Umschweifen suchte sie auch schon drei Karten aus dem Deck heraus und beförderte diese auf den Friedhof. Das Deck wurde frisch gemischt in den Kartenhalter der Duell-Disk zurückgelegt. „Jetzt kann ich meine Zauberkarte „Recycle Fabrik“ aktivieren.“ Kaum wurde die Karte ausgespielt, erhob sich eine große Fabrik mit einem übertrieben großen Recycling-Symbol auf der Außenmauer aus der Erde. „Diese Karte kann ich erst aktivieren, wenn ich mindestens sechs wiederverwertbare Monster auf dem Friedhof liegen habe. Der Effekt ist leicht erklärt. Statt als Tribut Monster auf dem Spielfeld zu nutzen, kann ich die gewünschte Zahl von meinem Friedhof aus dem Spiel entfernen. Somit beschwöre ich auch sofort meinen „Plastik Recycling-Drachen“!“
 

Auf dem Boden vor dem Gebäude entstand ein großes, dunkles Loch. Aus ihm wurden die drei „Plastik Ritter“ in die Fabrik gesaugt. Rauch wurde während dem Verarbeitungsprozess erzeugt. Als sie ihre Arbeit abschloss, öffnete sich die Fronttür und befreite einen durchsichtigen, gigantischen Drachen aus Plastik. Er schwang sich in die Lüfte und schlängelte sich um das Fabrikgebäude. „Mein Drache hat es mit seinen 3500 Angriffspunkten mächtig in sich. Los mein Drache. Angriff!“ Der Drache befolgte den Befehl und spukte eine Welle aus geschmolzenem Plastik auf die verdeckte Karte. Kurz bevor ein Aufeinandertreffen möglich war, bildete sich eine unsichtbare Barriere vor der Verteidigung von Tobis Lebenspunkten. Der Goldäugige nutzte die Battle-Phase um seine Fallenkarten einzusetzen. „Ich aktiviere meine Falle „Entkräftungsschild“ und bedanke mich gleich mal für Aufstockung meiner Lebenspunkte.“ Die Anzeige stieg auf 7500. Arene blieb entspannt und setzte eine weitere Karte in ihre Zauberkartenzone ab. Der Zug wechselte. Kaum hatte der Leisp Company Erbe seine Karte gezogen, ging er wiederum zum Angriff über. „Ich flippe erste einmal mein verdecktes Monster und aktiviere somit auch gleich den Effekt von „Doppelgänger einer Legende“. Wenn sich ein „Legendärer Duellant“ auf meinem Friedhof befindet, kann mein Doppelgänger mit diesem den Platz wechseln. Somit heiße ich meinen „Legendären Duellanten Y“ wieder auf dem Spielfeld willkommen!“
 

Um die undefinierte Doppelgänger-Gestalt entwickelte sich ein Lichtkranz, der immer heller wurde und dann mit einer Lichtexplosion wieder verschwand. Mit dem Unterschied, dass nun anstelle des Doppelgängers die Monsterkopie von Yugi Muto wieder zu sehen war. „Doch das war noch nicht alles. Da mir die Regel der „Legendären Karten“ verbietet mehrere Legendären Duellanten gleichzeitig auf dem Feld zu haben, spiele ich gleich mal meine Spielfeldzauberkarte „Team Duellfeld“.“ Obwohl eine Spielfeldzauberkarte aktiviert wurde, änderte sich an der Umgebung nichts. Alles blieb gleich. „Mein Spielfeld erlaubt mir nun bis zu zwei „Legendäre Duellanten“ auf dem Feld zu besitzen. Dann wollen wir unseren Duellanten nicht lange ohne seinen Teampartner lassen. Ich spiele meinen „Legendären Duellanten K“.“ Das nächste Monster gab sich die Ehre. Kaum erschien es, ging ein weiteres Mal ein Raunen durch die Zuschauerreihen. Jetzt stand ein zweiter, bekannter Duellanten als Duell-Monster auf dem Feld. Das Wesen war eine detailgetreue Kopie von Seto Kaiba. Nur das erneut die Farben der Haare und die der Kleidung nicht mit dem Original übereinstimmten.
 

Mit einer Handbewegung klappte sich die Duell-Disc des neuen „Legendären Duellanten“ aus und zum ersten Mal veränderte sich, seitdem die Spielfeldzauberkarte gespielt wurde, die Arena. „So. Nun wird meine Spielfeldzauberkarte aktiv.“, kaum waren die Worte ausgesprochen verdoppelte sich das Duellfeld auf der Seite des Schülers und die beiden „Legendären Duellanten“ postierten sich direkt vor die neu entstandenen Felder. Die bereits liegenden, verdeckten Zauberkarten verteilten sich auf die neu gebildete Felder. „Wie bei jedem Team Duell sind für jeden Duellanten ein eigenes Feld vorgesehen. Jetzt sollte ich den kleinen Nachteil meiner beiden Monster erklären. Sie können nicht angreifen und sich nicht verteidigen. Jedoch können sie auch nicht zum Ziel eines Angriffs werden, so lange andere Monster auf ihren Spielfeldern sind. So, wollen wir mal dies ausnutzen. Ich aktiviere meine Zauberkarte „Ruf des Ass-Monsters“. Ich muss alle meine bereits liegenden Zauber und Fallenkarten dafür auf den Friedhof legen und meine „Legendären Duellanten“ können ihre Ass-Monster aus meinem Deck herbeirufen. So beschwöre ich „Legendärer Blauäugiger ultimativer Drache“ mit seinen 4500 ATK und 3800 DEF und meinen „Legendärer Dunkler Magier“ mit seinen 2500 Angriffs- und 2100 Verteidigungspunkten.“
 

Sofort machten sich die Abbilder der bekannten Duellanten bereit und zogen auf ihre besondere Art und Weise eine Karte. In fließender Bewegung legten sie diese auf ihre Duell-Disk. Beide genannten Kreaturen erschienen auf dem Feld. Der dreiköpfige, silberne Drache brüllte laut in den Raum. Aus seinen Mäulern qualmte die Hitze seines Feueratems. Der Zauberer wirbelte aus einem magischen Sternenkreis und landete mit klassischen, verschränkten Armen auf der Erde. Sie erwarteten einen Befehl. Vom Aussehen her entsprachen sie vollkommen ihren Vorbildern. Nur waren sie ein klein wenig blasser, als würde man die Duell-Monster durch einen etwas älteren Fernseher betrachten. Vollkommene Stille schlich sich in die Tribünen ein. Die Zuschauer konnten nicht fasse, was sie gerade sahen. Zwei Wesen, die sie nur aus Büchern, Filmen oder dem Fernseher kannten, standen in der Duellarena. Selbst Arene verlor ihre kühle und abgebrühte Haltung. „So. Als nächstes spiele ich „Mystischer Raum-Taifun“ und zerstöre deine verdeckte Karte.“ Sofort zersprang die Falle, die sich als „Entkräftungsschild“ entpuppte.
 

„So Ultimativer greife ihren Spielzeugdrachen an.“ Ohne viele Umwege wurde die letzte Verteidigung der Lilahaarigen mit 1000 Lebenspunkten Verlust vom Feld gefegt. Sie konnte nichts weiter machen, als dabei zusehen, wie ihr Gegner sie auseinander nahm. „Jetzt mein Magier, ein direkter Angriff auf ihre Lebenspunkte.“ Der Zauberkünstler erhob eine Hand und führte den Befehl aus. Sofort wurden die Lebenspunkte der Kontrahentin auf 500 runter geschraubt. „So. Jetzt aktiviere ich eine weitere Besonderheit meiner Spielfeldzauberkarte. Ich kann eine Phase einer meiner Duellanten wiederholen und ich setze in der Battle-Phase meinen „Legendären Duellanten K“ erneut ein. Doch wenn ich das tue, werden die Angriffspunkte von jedem Monster mit dem ich angreife, direkt von meinen Lebenspunkten abgezogen. Somit bedanke ich mich nochmals für den Lebenspunkteschub von vorhin. Los mein Drache. Greif ihre Lebenspunkte direkt an.“ Das dreiköpfige Fabelwesen fackelte nicht lange. Ohne Verzögerung wurden drei weiß leuchtende Feuerkugeln auf Arene geschleudert. Dies beendete das Duell augenblicklich. Nach und nach verschwanden die Hologramme. Erst nach wenigen Minuten entfesselte sich der ohrenbetäubende Jubel in der Turnierhalle. Man konnte nicht einmal die Durchsagen von Professor Alvarez aus der Historie heraushören. Doch dies schien beide Duellanten nicht zu interessieren, als sie die Duellplattform verließen.
 

Fernab des ganzen Geschehens konnte man einen Mann dabei beobachten, wie dieser in Gedanken versunken auf die nun leere Plattform blickte. Es war kein anderer als der Leiter des europäischen Spielkonzerns Leips. Egal was ihn dazu brachte, es schien etwas Wichtiges zu sein. Nur zögerlich und vorsichtig sprach seine Sekretärin ihn an. „Herr Leisp? Beunruhigt Sie etwas?“ Sofort war der Konzernchef aus seinen Gedanken gerissen und viel in sein altes Verhaltensmuster zurück. „Nein, nein meine Liebe. Es ist alles OK.“ Als hätte der Moderator auf diesen Satz gewartet, ging das Turnier auch schon weiter. „Nun wollen wir zu unserem letzten Viertelfinalkampf kommen. Ich möchte...“ Auf einmal ertönte ein Rauschen aus den Lautsprechern. Einzig einzelne Wortfetzen unterbrachen das Geräusch. Man konnte sie nicht identifizieren. Irgendwann jedoch war die Stimme von Professor Alvarez wieder zu hören. „Ich entschuldige mich für die kurze Unterbrechung. Doch wie es aussieht, hat ein weiterer Teilnehmer unerwartet aufgegeben und dies sogar vor dem eigentlichen Duell. Deswegen wollen wir gleich zur Nominierung der nächsten Duellkontrahenten weitergehen.“ Ein weiteres Mal erschienen vier quadratische Felder auf dem riesigen Bildschirm. Wie zuvor wechselten die Gesichter so schnell untereinander, dass man sie nicht wirklich erkannte.
 

Doch mit einem Schlag blieben alle gleichzeitig stehen und zeigten das Ergebnis der Auslosung. „Somit möchte ich für den ersten Halbfinalkampf Kazuo García und den „Unbekannten“?!? …“ Wieder ging der Lautsprecher in ein monotones Geräusch über. Doch diesmal konnte man mehr aus dem geführten Gespräch hören. „Was soll das heißen ihr habt keinen Namen? … Er hätte bis jetzt doch schon mindestens zweimal aufgerufen worden müssen? … Wie alle Gegner aufgegeben? Wieso weiß ich davon nichts? … Ihr hättet doch schon längst nachfragen können? … Er weigert sich?! Wollen Sie mich auf den Arm nehmen!“ Bei der ganzen organisatorischen Rückfragerunde konnte Kazuo den Blick nicht von dem Bildschirmfoto abwenden. Die Mimik seines Gegners war mehr als desinteressiert und es schien kein Glanz in den dunklen Augen zu existieren. Der Junge schien schon fast gelangweilt drein zu blicken. Dazu dieses lange, glatte, offene Haar in einem vertrauten, braunen Farbton. Man konnte lediglich die eine Hälfte des Gesichtes erkennen. Der Rest wurde dem Kopfhaar verborgen.
 

Weder aus seinen Anmeldedaten, noch aus dem Passfoto konnte man etwas über diese Person schließen. Doch eine Sache kam dem nachdenkenden Rothaarigen trotzdem komisch vor. Obwohl er diesen Schüler noch nie gesehen hatte, kam sie ihm auf eine eigenartige Weise bekannt vor. Gerade als dem Südländer dieses Gefühl immer unangenehmer in ihm wuchs, ging Professor Alvarez wieder in seine eigentliche Aufgabe über. „Nun möchte ich Kazuo García und seinen Gegner aufs Feld bitten.“ So konnte der Halbfinalist nichts weiter machen, als sich auf den Weg zum Duellfeld zu begeben. Noch einmal sah er zu Tobi hinüber, der die ganze Zeit neben ihm stand. Genau in diesem Moment erkannte der Grünäugige, dass er nicht die ganze Zeit allein das Bild betrachtet hatte. Seine große Liebe tat es ihm gleich. Allerdings lag kein überraschter Blick in seiner Mimik. Es wirkte eher entsetzt. Doch leider konnte sich der Duellant deswegen keine Gedanken machen. Er wurde dringend auf dem Duellfeld erwartet. Gespannt, aber auch ein wenig beunruhigt stand nun der erste Spieler des Halbfinales auf der Duellplattform und wartete auf seinen Gegner. Die Minuten vergingen, doch keiner kam. Selbst beim Publikum begann das Getuschel und Gemunkel. Gerade als Professor Alvarez ein weiteres Mal nach ihm ausrufen wollte, betrat der zweite Kämpfer das Feld. Er lief langsam, da an beiden Armen Krücken den Körper des Jungen stützen. Doch schien es sich nicht um ein gebrochenes Bein zu handeln. Eher unterstützte er seine Gang damit. Das Gerede auf den Tribünen erstickte schlagartig. Man hätte eine Stecknadel fallen hören.
 

Der Gesichtsausdruck des Unbekannten entsprach dem gezeigten Bild auf der Leinwand. Kazuo verfolgte unsicher das Verhalten seines Gegenspielers. Der Schüler trug ein unscheinbares braunes T-Shirt. Darüber lag ein offenes, mintgrünes Hemd. Dazu eine besaß er eine beigefarbene Hose und einfache Turnschuhe. Die Krücken waren pechschwarz. Doch wenn man genaueren hinsah, erkannte man, dass sie eine etwas komische Form hatten. Genau in diesem Moment klappte eine Duell-Disk an der linken Krücke heraus und bewegte sich in eine waagerechte Lage auf Brusthöhe des Duellanten. Darauf reagierte die Disk von Kazuo und beide Decks wurden gemischt. Ohne Zeitverlust landeten auf der Seite des mysteriösen Jungen fünf Karten in einen speziellen Kartenhalter, der sich direkt vor der Disk befand. Kazuo zog seine eigenen Handkarten, als er auch schon von seinem Gegner mit einer monotonen, emotionslosen Stimme und dem Wort „Duell!“ überrumpelt wurde. Eine weitere Karte wanderte in die Halterung des Glatthaarigen. „Ich spiele „Landformen“. Danach lege ich „Krankenhaus“ und füge ein verdecktes Monster und zwei Karten dazu.“ Genau so auf den Punkt gebracht wurde der Zug auf dem Feld durchgeführt.
 

Ein einfaches, aber ziemlich hohes Krankenhaus erschien hinter dem Braunäugigen. Es musste mindestens 15 Stockwerke besitzen. Gefolgt von den drei Karten. Immer noch überrannt zog nun der Ältere seine Karte. Etwas verloren suchte der Südländer nach seinen Gefährten. Dieser jedoch war starr auf den unbekannten Kontrahenten fixiert, was den Grünäugigen nur noch mehr verwirrte. Schnell ließ er seinen Blick über seine Handkarten wandern. Er konnte sich nicht wirklich konzentrieren und der emotionslose Blick seines Gegenübers machte die Situation nicht wirklich besser. „Ähm … Ich spiele meine Spielfeldzauberkarte „Die zerbrochene Welt“.“ Sofort erschien wieder der lilafarbene Schleier und verzerrte den Blick auf die Umgebung. Doch das Pflegegebäude verweilte unbeeindruckt an Ort und Stelle. Es stand gut sichtbar wie vorher hinter seinem Besitzer. „Wieso ist dein Spielfeld nicht zerstört?“, harkte der Irritierte nach. Der Gefragte sah unbeeindruckt über seine eigene Schulter, bevor er eine gelangweilte Antwort gab. „Krankenhäuser gibt es überall. Ist doch logisch.“ Kazuo konnte sich einfach keinen Reim darauf machen. Weder aus seinem Gegner, noch seiner Art oder dem Deckkonzept von ihm. Langsam wurde ihm alles zu viel. Der Halbjapaner hatte das Gefühl, dass ihm die Luft abgeschnitten wurde, während Tobi noch immer den anderen Braunhaarigen begutachtete und nicht für Kazuo da war. Langsam entstanden dunkle Punkte in seinem Blickfeld. Eine kühle, bestimmende Stimme flüsterte in sein Ohr.
 

„Stell dich nicht so an! Du glaubst doch nicht, dass ich mich von so etwas beeindrucken lasse. Außerdem habe ich dich nicht ohne Grund auserwählt.“ Es handelte sich um Ira, den zornigen König der zerbrochenen Welt, der zu dem Spieler sprach. Mit einem tiefen Atemzug fing sich der Angesprochene wieder. „Seit wann so freundlich? Warst nicht du derjenige, der mir noch vor kurzem diese ganzen Schwarzmalereien in die Ohren geflüstert hatte?“, konterte Kazuo nur schnippisch zurück. „Und wer hat es geschafft, selbst mich danach zu einem Verbündeten zu machen. Den König einer finsteren Welt!?! Überlege einfach mal, wie viel stärker du aus dieser Erfahrung geworden bist. Außerdem hast du keine Zeit dich jetzt überfordert zu fühlen oder willst du wieder die Person verlieren, die dich aus meinen Klauen befreit hat?“ Ein heißeres Lachen ertönte. So unangenehm wie der Duellant dieses Gespräch auch empfand, musste er zugeben, dass seine Hoheit recht hatte. Ein weiteres Mal atmete er tief durch. Es gab nur eine Möglichkeit für ihn. Er musste gewinnen! „Ich spiele meinen „zerbrochenen Imp“. Wenn dieser beschwört wurde und sich „die zerbrochene Welt“ auf dem Spielfeld befindet, kann ich einen sechsseitigen Würfel werfen. Bei eins und zwei darf ich einen weiteren „zerbrochenen Imp“ aus meinem Deck rufen. Für eine drei oder vier wird eine zufällige Karte auf dem Feld zerstört und bei einer fünf und sechs werden alle Monster vom Spielareal gefegt. Also wollen wir das kleine Glücksspiel beginnen!“
 

Wie angekündigt erschien ein kleiner, pechschwarzer Kobold, der aus dem Nichts einen riesigen Würfel herbeiholte und in die Luft warf. Ohne ein weiteres Mal aufzuspringen blieb das kantige Objekt, der mit roten Augen besetzt war, auf dem Duellfeld stehen und zeigte zwei verwirrte Augäpfel. „Nun beschwöre ich einen weiteren „zerbrochenen Imp“ und wiederhole das ganze Spiel.“ Ein zweiter Kobold zeigte sich und warf seinen überdimensionalen Würfel. Ohne Umwege blieb dieser mit einer Eins stehen. „Alle guten Dinge sind also drei!“ Der dritte Imp machte es seinen beiden Vorgängern gleich, was mit einer weiteren Zwei belohnt wurde. „Einen vierten Imp kann ich leider nicht spielen, aber sie sind mit ihren 1600 ATK und 2000 DEF nicht zu unterschätzen. Los mein erster Kobold, greif sein verdecktes Monster an!“ Dieser stürzte sich ohne zu zögern mit einem gänsehautauslösenden Lachen auf sein Opfer. Die Verteidigung deckte sich auf und ein bandagierter Mann auf einem Krankenhausbett zeigte sich. Er war mit einem Dutzend von unterschiedlichen medizinischen Geräten verbunden. Doch blieb er an seinem Platz, obwohl er mit seinen null Angriffs- und Verteidigungspunkten nicht den Hauch einer Chance besaß und eigentlich unterlegen musste. Etwas verwirrt sah sich Kazuo das Monster an. Genauso wenig, wie das Krankenhaus, kannte er die gespielte Karte nicht. Und dies sollte bei dem Fachmann für seltene und neue Karten etwas heißen.
 

Bevor er eine Frage äußern konnte, meldete sich jedoch der gelassene Krückenträger mit seiner desinteressierten Stimme zu Wort. „Mein „Unheilbarer Kranker“ besitzt die Fähigkeit weder durch Monsterattacken, noch von Zauber- oder Fallenkarten zerstört werden zu können.“ Daraufhin blieb dem Benachteiligten nicht viel mehr übrig, außer zwei Karten verdeckt zu spielen und seine Runde abzugeben. Wieder landete eine Karte in der Halterung des anderen Spielers, bevor der Dunkeläugige seinen eigenen Zug begann. „Ich spiele meine Zauberkarte „Gehirnkontrolle“.“ Sofort wechselte einer der Imps die Spielfeldseite. Der Gegner verlor 800 Lebenspunkte. „Nun kann ich meine Falle aktivieren. „Überraschender Autounfall“. Jeder der beiden Spieler wählt ein Monster auf seiner Seite, der nicht das Wort „Kranker“ im Namen enthält.“ Ohne viel Gelabber wurde der Imp auf der Seite des Jüngeren und einer der beiden anderen Imps von Kazuo in ein Auto gesteckt, die mit Vollgas ineinander krachten. Die Autos verpufften und ließen zwei schwer verletzte Kreaturen zurück. Ihre Körper wurden mit Bandagen umhüllt. „Meine Falle bewirkt, dass ab sofort das Wort „Kranker“ in ihren Namen vorhanden ist. Sie heißen also nun „Kranker zerbrochener Imp“. Jetzt greift der Effekt meines „Krankenhauses“. Alle Monster die in ihrem Namen „Kranker“ tragen, können nur von dem Besitzer der Krankenhaus Spielkarte in der Battle-Phase kontrolliert werden. Somit befehle ich deinen „Kranken zerbrochenen Imp“ den „zerbrochenen Imp“ anzugreifen. Dazu kommt, dass alle Monster mit „Kranker“ im Name einen Schub von 100 ATK und 500 DEF erhalten.“ Sofort drehte sich der verarztete Kobold auf Kazuos Spielfeldseite zum unverletzten Genossen und ließ den eingegipsten Arm auf ihn niedersausen.
 

Das Monster zerplatzte und nahm 100 Lebenspunkte mit sich. „Nun, da in der Kampfphase dein Monster zu mir gezählt wird, greift der „Kranke zerbrochene Imp“ auf meiner Seite noch deine Lebenspunkte direkt an.“ Sofort humpelte der verletzte Kobold auf Kazuo zu und zog ihm weitere 1700 Lebenspunkte ab. „ Ich lege noch zwei Karten verdeckt und beende meinen Zug. Da dein „Kranker zerbrochene Imp“ wieder zu dir zurückkehrt, kann ich meine Fallenkarte „Frühzeitige Entlassung“ spielen. Wenn ein Monster mit dem Wort „Kranker“ von meiner Spielfeldseite auf die meines Gegners wechselt, bekomme ich in Höhe dessen Angriffspunkten Lebenspunkte gut geschrieben.“ Kazuo konnte bei dem ganzen Ereignissen nur zusehen. Seine verdeckten Karten waren für so eine Situation nicht geeignet. Egal wie desinteressiert der glatthaarige Unbekannte wirkte. Er spielte unglaublich gut. Der Zug war eine Klasse für sich. Die Zuschauer auf den Tribünen bestätigt dies mit einem einheitlichen Raunen und Durchatmen. Alle schienen vor Faszination und Spannung den Atem anzuhalten. Der Akademie Duellant war in diesem Zug auf 2200 Lebenspunkte gesunken und verlor die Kontrolle über seine eigenen Monster. Während auf der gegenüberliegenden Seite die Lebenspunkte auf 5700 stiegen und ein unbesiegbares Verteidigungsmonster wartete. Wenn er doch wenigstens eine seiner Seelen der „zerbrochenen Welt“-Monster auf der Hand hätte. Dann könnte er versuchen etwas aus dem Hut zu zaubern. Jedoch war dem Verzweifelten die Glücksfee leider nicht hold.
 

Selbst in seiner Draw-Phase, wollte sich keins der besagten Monster zeigen. Doch lächelte der Rotschopf beim Anblick der neuen Karte. Am liebsten hätte der Exodia-Zieher Tobi angelächelt, doch verkniff er sich dieses Vorhaben im letzten Moment. Er konnte es nicht ertragen, ein weiteres Mal den Goldäugigen dabei zu entdecken, wie er denn Unbekannten anstarrte. Jetzt war sowieso höchste Zeit seinen eigenen Zug umzusetzen. „Ich opfere sofort meine beiden Monster um „Forteria, Glücksgöttin der zerbrochenen Welt“ zu spielen.“ Sofort verabschiedeten sich die beiden bandagierten Imps und machten für das neue Wesen Platz. Aus einer schwarz/weißen Kugel erschien die neue Gestalt. Einem langes Gewandt kleidete sie. Die linke Seite ihres Körpers bestand aus Finsternis. Nur das leuchtend rote Auge konnte man klar erkennen. Die lange, glatte Haarpracht war pechschwarz. Ebenso wie der Flügel eines Dämons, der aus ihrem Rücken ragte. Die rechte Seite hingegen stellte das komplette Gegenteil dar. Sie leuchtete so hell, dass man kaum etwas erkannte. Einzig die blauen Augen hoben sich aus dem weißen Licht ab. Das Haar war perlweiß, wie der Engelsflügel der sich aus dem Rücken erstreckte. Auf ihrer hellen Seite befand sich in ihrer Hand eine Waage, während sie in ihrer Linken ein im Licht rot blinzendes Schwert hielt.
 

„Für jedes Monster, welches ich für sie opfere, bekommt sie einen Kraftschub von 1500 und eine Erhöhung ihrer Verteidigungskraft um 500 Punkte. Somit besitzt sie jetzt 3000 ATK und 1000 DEF. Doch ist es noch nicht vorbei. Nun greift ihr Monstereffekt. Mal schauen ob mir die Glücksgöttin wohl gesonnen ist.“ Vor Forteria zeigten sich drei Karten. Ohne auch nur eine davon betrachtet zu haben, wurde eine in zwei Teile gespaltet, während sich die restlichen Karten aufdeckten. Auf einer stand „Monster“ während man auf der anderen „Zauber“ las. Beide Karten legten sich auf die Waage. Als erstes blieb sie im Gleichgewicht, bis auf einmal eine der Waagschalen nach unten schwebte. „Ich glaube das Schicksal hat gewählt. Ich kann mir eine Zauberkarte aussuchen, die zerstört werden soll und ein zufälliges Monster wird auf den Friedhof verfrachtet. Ich wähle die Spielfeldzauberkarte „Krankenhaus“. Denn Rest muss ich in Forterias Hände legen.“ Mit einem gezielten Hieb des rotglühenden Schwertes wurde das riesige Krankenhaus in der Hälfte geteilt. Es brach mit lautem Getöse in sich zusammen. Als die Waffe das zweite Mal geschwungen wurde, richtete sich ihre scharfe Spitze in den Himmel. Es dauerte nicht lange und ein rotglühender Blitz spießte den „Unheilbare Kranke“ auf. Die Karte zerplatzte.
 

„Nun. Da keine Monster mehr stören. Los Forteria, greife ihn direkt an!“ Die Schwingen des gewählten Wesens breiteten sich aus, ehe ihr Schwert einen Energiestrahl auf den Unbekannten schickte. Dieser reagierte sofort mit einer Falle „Ich aktiviere meine permanente Fallenkarte „Erste Hilfe eines Fachmanns“. Jeder Direktschaden, den ich erleide, wird halbiert.“ Daraufhin wurden von dem unbeeindruckten Kontrahenten 1500 Lebenspunkte abgezogen. Kazuo beendete danach seinen Zug, mehr konnte er in dieser Runde nicht ausrichten. Jetzt war der Emotionslose an der Reihe. Sofort sprang eine Karte aus dem Deck an ihren bestimmten Platz. „Danke. Nun da „Krankenhaus“ zerstört wurde, wird sie automatisch mit „alter Indianerfriedhof“ ersetzt.“ Der Haufen Schutt vom ehemaligen Krankenhaus begann sich zu bewegen. Nach und nach stiegen verzerrte Seelen, die stark an Geister erinnerten, in den Himmel und verloren sich dort. „Der Indianerfriedhof übernimmt die alten Fähigkeiten meiner vorherigen Spielfeldzauberkarte und besitzt selbst noch ein paar interessante Tricks. Einen davon will ich gleich mal nutzen. Ich kann ein Monster auf meinem Friedhof, das das Wort „Kranker“ im Namen besitzt, wiederbeleben. Ich nehme meinen „Unheilbarer Kranker“.“ Sofort erschien der Einbandagierte in seinem Krankenhausbett wieder auf dem Spielfeld.
 

„Bevor ich meinen Zug fortführe, möchte ich eine kleine Geschichte erzählen. Es gab einmal einen angesehenen Forscher, der nicht nur intelligent sondern auch besonders sportlich und bedacht auf seine Gesundheit war. Er hat auf alles verzichtet, was ihn in irgendeiner Art und Weiße hätte schädigen könnte. Doch wie das Schicksal es so wollte, wurde er von einer mysteriösen Krankheit befallen. Es ging ihm von Tag zu Tag schlechter. Kein noch zu renommierter Arzt konnte ihm weiter helfen, bis er schließlich ans Bett gefesselt, nur noch von Maschinen am Leben gehalten, vor sich hin vegetierte. Alle Hoffnung schon fast aufgegeben, ließ er sich von einem Schamanen untersuchen. Gegen all seinen Glauben an die Wissenschaft und Unglauben gegenüber Magie und des gleichen. Es dauerte keine ganze Nacht und der Forscher war geheilt. Nein sogar besser. Er war stärker, intelligenter und mächtiger als jemals zuvor. … Warum ich das alles erzähle? Ganz einfach. Ich spiele „Schamanische Wunderheilung“!“ Der ans Bett gefesselte, kranke Mann erhob sich. Nach und nach zerrissen seine Bandagen und zeigten einen durchtrainierten Körper. Schwarzes, langes Haar kam zum Vorschein. Mehr als die einfache Krankenhaushose trug er nicht, während er das Bett anhob und zusammenknüllte wie einfaches Papier. Mit einem Wurf über die Schulter verabschiedete sich das Möbelstück in Richtung Indianerfriedhof. Der ganze Oberkörper übersäten grüne, pulsierende Tattoos, die stark an Totems erinnerten. Die Augen zeigten die gleiche, neongrüne Farbe. „Darf ich vorstellen: „Haron, das medizinische Wunder“! Er kann weder von Fallenkarten, Monsterangriffe oder deren Effekte zerstört werden. Wenn er gerufen wird, ziehe ich fünf Karten. Für jedes Monster darunter gewinnt er 1000 ATK dazu. Für jede Falle 1000 DEF und für jeden Zauber 500 ATK plus DEF.
 

„Schamanische Wunderheilung“ kann nur gespielt werden, wenn sich „alter Indianerfriedhof“ und „Unheilbarer Kranker“ auf dem Feld befinden. „Alter Indianerfriedhof“ wird nur dann aktiv, wenn „Krankenhaus“ von meinem Gegner zerstört wird. Deswegen möchte ich mich nochmal für deine Vorarbeit bedanken. Nun zieh ich meine fünf Karten.“ Sofort wurde die genannte Kartenanzahl aus dem Deck in den die Halterung gespuckt und auf dem Duellfeld öffentlich gezeigt. Kazuo konnte seinen Augen nicht trauen. Fünf Monster wurden aufgedeckt und der Angriffswert stieg auf unglaubliche 5000 Punkte. „Jetzt meine Haron, greif seine Forteria an!“ Ohne Verzögerung blinkten die Bemalungen am Körper des Monsters auf und bündelten in der Hand des Mannes einen Strahl, der die Glücksgöttin mit einem heißeren Schrei zerstörte. Weitere 2000 Lebenspunkte nahm sie ins Grab mit. „Jetzt wird der letzte Effekt von Haron aktiv. Den Kampfschaden, den er anrichtet hat, wird mir als Lebenspunkte gutgeschrieben. Damit beende ich meinen Zug.“ Kazuo konnte es nicht glauben, es war so gut wie vorbei. Er hatte nur noch läppische 200 Lebenspunkte, während der Unbekannte sich auf 6200 Lebenspunkten ausruhen konnte. Zusätzlich beschützte ihn ein fast unbesiegbares und 5000 ATK schweres Monster. Es gab nicht mehr viel Hoffnung für den Halbspanier. Alles würde sich jetzt mit seiner letzten Karte entscheiden.
 

Mit leichten zögern zog er seine Karte. Langsam öffnete er seine Augen. Der Rotschopf hatte gar nicht bemerkt, dass er sie beim ziehen der Karte geschlossen hatte. Als er die Karte sah, verstand er im ersten Moment nicht was er da in der Hand hielt. Es war ein Hoffnungsschimmer! „ Ich spiele meine Zauberkarte „Letzte Hoffnung einer zerbrechenden Welt“ Ich kann sie nur spielen, wenn ich keine Monster auf dem Feld besitze und mindestens 5000 Lebenspunkte weniger, als mein Gegner aufweise. Alle Karten auf dem Spielfeld werden zerstört und meine Lebenspunkte werden auf einen Einzigen gesetzt. Meine Handkarten, sowie Deckkarten bis auf die Letzte werden auf den Friedhof geworfen. Diese wird mir auf die Hand gegeben und falls es sich um ein Monster handelt, wird sie spezielle aufs Feld beschworen. So möge mir das Glück hoffentlich gnädig sein.“ Knacken, das zerbrechen von Glas war zu hören, als der violette Schleier Risse bekam. Irgendwann gab der Schleier nach und zerbarst in tausend Stücke. Er nahm jegliche Karte mit sich. Auch Kazuos Karten aus dem Deck folgten der Zerstörung, die einer Apokalypse glich. Mit einer fließenden Bewegung zog der Verursacher dieses Chaos seine letzte Karte. Alle Hoffnung lag in ihr. Kurz darauf geschaut und ein Lächeln entsprang auf den Lippen des Besitzers.
 

„Ich rufe meinen „Ira, zornigen König der zerbrochenen Welt“!“ Ein schwarzer Koloss mit stechend roten Augen stapfte aus dem Hintergrund des Duellanten heran. Man erkannte die elfenbeinweißen Zähne, die sein Lächeln ausmachten. Die Rüstung der Kreatur schien aus Dunkelheit zu bestehen, die sich um sie schlängelte. „Mein Ira bekommt für jedes „zerbrochene Welt“- Monster auf dem Friedhof eine ATK-Aufwertung von 500 Punkte. Es befinden sich momentan 15 dieser Monster auf meinem Friedhof. Das macht zusammen einen Wert von 7500 ATK. … Es ist vorbei! … Los Ira, greif ihn direkt an!“ Ab diesem Scheidepunkt gab es für den Krückenträger keine Möglichkeit mehr, etwas gegen seine Niederlage unternehmen zu können. Er besaß keine Karte mehr auf dem Feld und so kam es, wie es kommen musste. Kazuo gewann das erste Halbfinalspiel mit einem Lebenspunkt. Nach und nach verschwand das Hologramm des finsteren Herrschers. Die Turnierhalle hüllte sich in geraumer Zeit in tiefes Schweigen. Jeden fesselte das ablaufende Duell. Niemand erahnte dieses Ende. Niemand. Nicht einmal der Gewinner selbst. Der Südländer begriff noch gar nicht, was gerade geschah. Er starrte nur geistesabwesend auf seine eigenen Hände. Plötzlich tauchte eine weitere Hand in seinem Blickfeld auf. Sie gehörte dem unbekannten Kontrahenten. Etwas zögernd ergriff der Rothaarige die freundliche Geste, bevor der Gegner mit seiner typischen, monotonen Stimme mit ihm sprach. Die Sekunde genau schallte ein ohrenbetäubender Applaus und Jubel von den Tribünen. Die ganze Halle erbebte regelrecht. Nur Kazuo konnte die Stimme des mysteriösen Jungen hören. „Es war ein gutes Duell. Ich freue mich schon auf unseren nächsten Kampf. Mein Name ist Nico Leisp. Überbring meinen Bruder liebe Grüße.“ Mit diesen letzten Worten verschwand der Blutsverwandte von Tobi vom Duellfeld und hinterließ einen überraschten, aber einen begreifenden Gewinner zurück.
 

Plötzlich klopfte es an die Tür. André schreckte aus seiner geistigen Abwesenheit hoch. Er hatte mittlerweile jegliches Gefühl für Zeit verloren „WER DA?“, antwortet er verunsichert. Die Tür öffnete sich in Zeitlupe. Eine Gestalt betrat den Raum. Die Augen des Schülers weideten sich. „Wa … Was suchst du denn hier?“ Kazuo, den die Ereignisse noch immer überrumpelt hatten, kehrte zu Tobi zurück. Doch ging mehr seinen Gedanken nach, als auf den Weg zu achten. Erst als er genau neben dem Goldäugigen stand, war ihm aufgefallen wohin es ihn verschlagen hatte. Er musste ein paar Mal blinzeln, bevor die reale Welt ihn wieder vollkommen zurück bekam. Doch mehr als die einfachen Worte: „Ich soll Grüße ausrichten“ konnte er nicht an seinen Partner richten. Dieser wurde gleichzeitig von Professor Alvarez für das letzte Halbfinalspiel ausgerufen. Mit dem typischen Lächeln auf den Lippen entschwand der Gerufene in Richtung Duellfeld. „Wünsch mir Glück. Ich erkläre alles nachher.“

Es dauerte nicht lange, und beide Duellanten stellten sich auf ihre Plätze. Tobi Schäfer auf der einen Seite und Takeo Kaiba auf der anderen. Die Spieler funkelten sich mit ehrgeizigem Blick an. Wobei die kalt wirkende Mimik des Kaiba Sprösslings die Ähnlichkeit zum Vater nochmal verstärkte. Sofort wurden die Decks gemischt und der rituelle Zuruf: „Zeit für ein Duell“ hallte durch den Raum. Beide Seiten zogen ihre fünf Handkarten. Danach zog Tobi seine Sechste und begann somit das Duell.
 

Ein kurzer Blick auf die Karten genügte, damit der Goldäugige seinen ersten Zug planen konnte. „Ich lege zwei Karten und ein Monster verdeckt. Damit beende ich auch gleich meinen Zug.“ Wie auch schon die Duelle zuvor stand der Kontrahent gelassen auf seiner Seite des Duellfeldes. Vollkommen unbeeindruckt und eiskalt verfolgte er die Ausführungen seines Gegners. Schnell und ohne Rücksicht zog er seine nächste Karte und spielte sie sofort aus. „Ich aktiviere meine Zauberkarte „Flug des Drachen“. Mit ihr kann ich ein Drachenmonster mit sieben oder mehr Sternen von meinem Deck auf meine Hand nehmen.“ Schnell war die gewollte Karte gesucht und mit den Handkarten vereint. „Nun spiele ich meine nächste Zauberkarte „Antike Regeln“. Mit ihr ist es möglich ein Normalmonster der Stufe fünf oder höher als Spezialbeschwörung zu rufen. Komm zu mir, mein „Rotäugiger Schwarzer Drache“!“ Nach dem Ruf des jungen Duellanten zeigte sich auch schon die gefürchtete Bestie. Mit heißen Atem und dem schwarzen Schuppenkleid beäugte es mit den rot leuchtenden Augen seine Beute. „Doch war das noch nichts alles. Wenn ich meinen Rotauge als Tribut anbiete kann ich meinen „Rotäugigen Finsteren Drachen“ speziell beschwören. Komm zeig dich mein finsteres Wesen!“ So schnell er kam, verschwand der alte Drache auch schon wieder und machte für eine noch dunklere und mysteriösere Kampfmaschine Platz.
 

Der neue Drache zeigte sich in seiner vollen Pracht. „Zu deinem Glück kann ich diese Runde durch meine „Flug des Drachen“-Karte nicht angreifen. Jedoch bekommt mein Drache für jeden weiteren Drachen auf dem Friedhof 300 ATK Punkte hinzu. Damit hat nun eine Stärke von 2700.“ Mit diesen Worten legte der KC Erbe eine weitere Karte verdeckt und beendete seinen gelungenen Zug. Staunen und Tuscheln wanderten durch die Turnierhalle, als die Runde des Blauäugigen endete. Ein klein wenig überrascht sah Tobi auf die neue Spielkonstellation. Zwar hatte sein Gegenüber ein starkes Monster auf das Feld beschworen, konnte jedoch keinen Angriff deklariert. Somit war seine eigene Spielfeldseite noch unberührt. Genau was er brauchte. „Ich flippe meinen „Legendären Helfer“.“ Der gerufene Helfer erschien. Er erinnerte anhand seiner Aufmachung stark an einen Golfcaddie. Nur trug er keine Golftasche, sondern war mit unterschiedlichsten Duellutensilien unterwegs. „Nun spiele ich meinen „Teppich der Legenden“. Diese Spielfeldzauberkarte kann nur gesetzt werden, wenn ich ein Monster mit „Legendär“ im Namen dafür auf den Friedhof schicke.“ Ohne wenn und aber wurde der Helfer zerstört und in den Friedhof verfrachtet. Genau im selben Moment materialisierte sich hinter dem Besitzer ein gigantischer, eingerollter Teppich. Die Wollmatte gab mit einer minimalen Bewegung ein Bild frei.
 

„Nun kann ich denn Effekt meines „Legendären Helfers“ ausnutzen. Wenn er durch eine Zauberkarte auf den Friedhof gelegt wird, kann ich einen „Legendären Duellant“ aus meinem Deck speziell beschwören. Ich rufe meinen „Legendären Duellanten P“!“ Das besagt Monster zeigte sich und stellte eine andersfarbige Variante vom berühmten Duell-Monsters Erfinder Maximilian Pegasus dar. Die Haare funkelten in einem satten Gold und der Anzug glänzte in einem dunklen Violett. „Jetzt decke ich eine meiner Fallen auf. „Handspiel einer Legende“. Mit ihr kann ich pro Runde eine beliebige Karte in meiner Hand mit einer passenden Karte des Legendären Duellanten austauschen. Dann wollen wir Mal.“ Tobi steckte seine ausgesuchte Karte in das Deck. Dieses spuckte eine zufällige Karte aus und mischte sich danach. „Da ich noch keine Verteidigung habe, glaube ich, dass es wohl mal an der Zeit ist eine zu errichten. Ich decke meine zweite, permanente Falle auf. „Unterstützung einer Legende“. Jetzt kann ich, wenn sich ein „Legendäre Duellant“ und kein Monster auf dem Feld befinden, ein passendes Monster, ohne die Beschwörungsbedingungen zu beachten, normal rufen. Somit spiele ich mein „Legendäres Aufgegeben“ aus.“ Der „Legendäre Duellant P“ zog eine Karte und legte sie auf seine Duell-Disk. Ein berühmtes Monster aus dem Endspiel im Königreich der Duellanten gab sich die Ehre. Das grotesk aussehende Geschöpf machte sich mit seinen 0 ATK und 0 DEF sofort ans Werk und saugte den mächtigen Drachen in sich auf. Somit lag die gegnerische Seite frei von allen Monstern da und „Aufgegeben“ besaß dieselben Werte wie das verschlungene Fabelwesen.
 

„Jedes Mal wenn ich „Unterstützung einer Legende“ aktiviere, muss ich meine Battle-Phase überspringen. Ich spiele noch eine Karte verdeckt und beende meinen Zug.“ Kazuo sah gespannt dem Duell zu. Tobi schlug sich bis jetzt nicht schlecht. Davon abgesehen, dass sein Deck unglaublich stark war. Sie schien die Stärken von allen bekannten und berühmten Duellanten zu vereinen. Diese Meinung teilte auch der Rest der Zuschauerschaft und verfolgte gespannt das Duellgeschehen. Vor allem spannten sie darauf, wie die neue Situation wohl gekontert werden würde. Ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, hatte der Drachenduellant dabei zugesehen, wie sein eigens Monster die Seiten wechselt. Er zog in aller Ruhe seine Karte. Ein kleines Schmunzeln erkannte man auf seinen Lippen. „Dann wollen wir diesen Müll einmal entsorgen. Als erstes spiele ich meine „Elegante Wohltäterin“.“ Drei Karten wurden gezogen und zwei beliebige Karten auf den Friedhof verfrachtet. Ein bekanntes Funkeln entstand in den Augen von Takeo. „Jetzt entferne ich einen „Rotäugiger schwarzer Drache“ von meinem Friedhof aus dem Spiel, um „Rotäugiger finsterer Metalldrache“ als Spezialbeschwörung aufzurufen!“ Wieder zeigte sich ein mächtiger Drache auf dem Feld. Diesmal in einer schwarzen, glänzenden Metallrüstung. „Ich aktivere auch sofort seine Fähigkeit und rufe meinen „Rotäugiger schwarzer Drache“ zurück aufs Feld, den ich noch kurz zuvor mit „Eleganter Wohltäterin“ abgeworfen habe.“ Die zweite Bestie zeigte sich ebenfalls. Nun befanden zwei starke Monster auf dem Spielfeld und machten sich für die nächsten Befehle bereit.
 

„So. Jetzt decke ich meine Karte „Schwerer Sturm“ auf. Dann verabschiede dich schon mal von deinen Zauber- und Fallenkarten.“ Als der Tornado seine volle Kraft entfaltete, fiel der Teppich hinter Tobi über die Zauber und Fallen des Braunhaarigen. In einem glänzenden Regen aus Licht löste sich das gewebte Stück auf. Die genauso betroffenen Karten blieben jedoch unversehrt. Der Blauäugige sah verwundert auf. Doch der Ausdruck verweilte nur kurz in seiner Mimik. Er musste keine Fragen stellen, denn sein Herausforderer begann den Effekt zu erklären. „Falls eine oder mehr Karten auf dem Spielfeld durch meinen Kontrahenten zerstört werden würden, kann ich stattdessen meinen Teppich opfern und dieses Unterfangen zu blockieren.“ Dies akzeptierte Takeo ohne weiteren Kommentar und fuhr mit seinem Zug fort. „Ich lege noch eine Karte verdeckt und greife dein „Legendäres Aufgegeben“ mit meinen Metalldrachen an.“ Der Drache stürzte sich in die Schlacht und zerstörte das groteske Wesen mit seiner wutgeladenen Energie. „Da nun kein Schutz mehr vorhanden ist, greife ich deinen Legendären Duellanten mit meinem Rotauge an.“ Sofort zersprang die Kopie von Maximilian Pegasus und nahm 2400 Lebenspunkte mit sich. Danach beendete Takeo auch schon seinen Zug. Kazuo verstand die Welt nicht mehr.
 

In wenigen Momenten wurde das Spielfeld des Geliebten von dessen Monstern befreit und ein gewaltiger Schaden angerichtet. Langsam stieg die Panik in ihm auf. Er wusste, dass der Ältere nicht viel in diesem Duell unternehmen konnte. Bis jetzt hielt der Spieler mit seinem Gegner mit. Trotzdem konnte der Südländer den Zweifel nicht aus seinen Gedanken verbannen. Für ihn war es eine reine Qual nichts unternehmen zu können. Zuschauen schien die einzige Option zu sein. Seine Kraft verließ ihn, er fühlte sich schwach. Er kauerte sich auf den Boden zusammen. Alles war einfach zu viel für ihn. Eine bekannte Stimme sprach ihn an. „Steh auf! Ich weiß nicht was du mit meinen Bruder gemacht hast, aber so selbstsicher und konzentriert habe ich ihn bis jetzt noch nie erlebt.“ Verwundert sah der Angesprochene zur Seite und sah auf. Niemand anders als Nico Leisp stand neben ihn. Sein Auftreten hatte sich kaum verändert. Er sah noch, wie bei ihrem Duell, sehr desinteressiert aus. „Was machst du denn hier?“, brachte der Halbjapaner gerade noch über die Lippen. „Jo!“ war das Einzige, was der Grünäugige als Antwort bekam. „Schau dir das Duell an, dass bist du ihm schuldig.“ Genau diese energische Aufforderung hatte Kazuo aber gebraucht. Verwirrt stand er auf und wendete seinen Blick der Arena zu. Ein einfaches „Danke“ schlich sich über seine Lippen. Der Jüngere entgegnete knapp: „Wofür?“.
 

Noch immer starrte André auf die große Silhouette seines Gegenübers. Angstschweiß zeichnete sich auf seiner Stirn ab. Die Gestalt, die eindeutig ein Mann war, grinste ihn an. Es war eine hinterhältige und bösartige Aura, die hinter dieser Mimik steckte. Bei dem Anblick schluckte der Kleinere hörbar. „So schnell sieht man sich wieder, Burkhard. Ich habe doch gesagt, dass ich meine Revanche einfordern werde. Und wie es der Zufall so will, bekomme ich sie nun.“ Er trat näher. Der Schwarzhaarige versuchte ihm auszuweichen, jedoch fiel André ungeschickt von der Bank. Am Boden liegend sah er auf seinen Feind auf. Alles zitterte an ihm. „Du entkommst mir nicht!“, lachte der Kerl. Seine linke Hand packte den Verängstigten und zerrte ihn aus dem Raum. Verzweifelt versuchte André sich zu befreien. „LASS MICH LOS! … WAS SOLL DAS!?! …“ Doch sein Protest stieß auf taube Ohren. Sie verließen das Gebäude. Noch am Ausgang krallte sich der Grauäugige an die Tür. Doch gegen die Kraft seines Gegners war er einfach zu schwach und machtlos. Bevor aber die Tür zufiel schrie André verzweifelt: „LEON!“
 

Aufmerksam verfolgte der blondhaarige Student das Kampfgeschehen. Auf einmal durchzuckte ihn etwas. Es schien so, als hätte ihn jemand gerufen. Er schaute sich um. Jedoch konnte er niemanden entdecken. Ihm fiel allerdings auf, dass André nicht mehr bei den anderen Duellanten war. „Der Kleine muss ja ziemlich K.O. sein. Er hat sich solche Mühe gegeben und dennoch verloren.“ Der Blauäugige hatte schon überlegt, ob er seinen Geliebten nicht besser trösten sollte. Aber er verwarf den Gedanken auch schnell wieder, da er der Meinung war, dass André eine kleine Auszeit bestimmt gut tun würde. Die Duelle gingen weiter und Leon sah erneut auf die Szenerie. Tobi sah sich auf seiner Seite um. Takeo zerstörte in seinem ersten Zug weniger als in seinem Letzten. Sein starkes Angriffsmonster „Legendäres Aufgegeben“ und „Legendärer Duellant P“ waren zerstört. Dazu kam ein Verlust von 2800 Lebenspunkten, die man nicht unterschätzen sollte. Jedoch verspürte der Goldäugige noch so viel Selbstsicherheit wie in diesem Moment. Er zog seine Karte, als sich der riesige, verloren geglaubte Teppich wieder hinter ihm entwickelte.
 

„In meiner Standby-Phase, wenn sich keine Monster auf meiner Feldseite befinden und ich „Teppich der Legenden“ in der Vorrunde dank ihres Effekts auf den Friedhof geschickt habe, aktiviert sich eine weitere Fähigkeit dieser Karte. Der Teppich wird wieder auf mein Feld gerufen. Doch der Effekt ist noch nicht vorbei. Jetzt kann ich eine beliebige Anzahl an Karten ziehen und meinen Gegner zeigen. Anschließend werden sie wieder in gleicher Reihenfolge zurück gelegt. Für die ersten fünf Karten wird jeweils ein weiterer Effekt meines Teppichs freigeschalten, für jede nachfolgende Karte kann ich eine Karte deinem Feld zerstören oder eine zufällige Karte von deiner Hand abwerfen lassen. Also ziehe ich mal meine neuen Karten.“ Schnell waren neun Karten gezogen und dem Gegner gezeigt. Jede Karte repräsentierte etwas Einzigartiges. Entweder stand sie für ein berühmtes Monster oder einen berühmten Duellanten. „So jetzt lege ich alle Karten wieder in derselben Reihenfolge zurück auf mein Deck. Danach zerstöre ich erst einmal deine beiden Drachen und anschließend deine verdeckte Karte. Zu guter Letzt musst du noch deine einzige Karte auf den Friedhof werfen.“ Der gewaltige Wandteppich entrollte sich zu seiner vollen Länge und nahm in dieser Bewegung beide Drachenmonster mit sich. Die verdeckte Karte blieb an Ort und Stelle und deckte sich stattdessen auf. Takeo meldete sich zu Wort.
 

„Du Narr. Meine Fallenkarte „Aufzucht eines Drachen“ kann nur gespielt werden, wenn sich keine Monster auf meiner Spielfeldseite befinden. Hinzu kommt, dass sie gegen jeglichen Zerstörungseffekten immun ist, solange sich keine Drachen auf dem Spielfeld befinden.“ Tobi blieb jedoch von der Aussage unbeeindruckt. Sein „Teppich der Legenden“ war vollkommen geöffnet und zeigte eine Schlacht zwischen den bekanntesten Duell-Monsters, die bis jetzt erschienen sind. „Wenn du meinst, dass diese Karte reicht, bitte. Doch ist mein Zug noch lange nicht vorbei. Nun aktiviere ich die Effekte meines Teppichs. Als erstes muss mein Gegner ab sofort mit offenen Handkarten spielen. Der zweite Effekt: Ich kann eine Spielfeldzauberkarte in meinem Deck wählen und der Effekt und Name der Karte wird meinem Teppich hinzugefügt. Ich wähle mein „Team Duellfeld“. Jetzt nutze ich meinen dritten Effekt. Ich kann eine Zauberkarte in meinem Deck wählen und mein Teppich bekommt dieselbe Zauberkraft. Meine Wahl fällt auf „Geburt eines Teams.“ Der Effekt kann nur genutzt werden, wenn „Team Duellfeld“ aktiv ist und sich keine legendären Duellanten auf meinen Feld befinden. Zwei zufällige Duellanten werden aus meinem Deck speziell beschworen. Danach wird mein Deck gemischt.“ Der Teppich leuchtete in einem satten Gold auf, als auch schon zwei legendäre Duellanten aus ihm heraussprangen und sich positionierten. Der Erste war eine exakte Blaupause von Joey Wheeler. Nur in anderen Farben.
 

Die zweite Duellanten-Kopie war schon aus vorangegangenen Duellen bekannt. Ohne Zweifel stand das Abbild von Seto Kaiba auf dem Spielfeld. Die Legendären nahmen ihren Platz auf den geteilten Arena Plätzen ein. „Nun, da beide hier sind, aktiviere ich meine Zauberkarte „Legendärer Topf der Gier“. Für jeden legendären Duellanten auf dem Feld, kann ich zwei Karten ziehen.“ Schnell gelangten vier neue Karten in Tobis Hand. „So. Nun beschwöre ich meinen „Legendären Vorse-Krieger“ Das Hologramm von Seto Kaiba zog eine Karte und spielte sie aus. Der bekannte Krieger, nur nicht so kraftvoll in seiner Farbe, erschien vor seinem Beschwörer. „Nun spiele ich meine „Doppelbeschwörung“. Damit kann ich eine weitere Normalbeschwörung in dieser Runde ausführen. Ich rufe „Legendärer Gerfried, Eisenritter“.“ Nun zog „Legendärer Duellant J“ eine Karte und rief sie in einer einzigen Bewegung. Der eiserne Ritter machte sich nach seinem Erscheinen bereit. „Durch den vierten Effekt meines „Teppich der Legenden“ können keine Legendären Karten durch Fallen- oder Zauberkarten zerstört werden. Die fünfte Fähigkeit schützt sie vor Monstereffekten und sie können auch nicht mehr durch Kampf vernichtet werden. Nun meine Monster, greift ihn direkt an.“ Gleichzeitig gaben die beiden legendären Duellanten den Befehl zum Angriff. Die Monster stürmten nach vorne und verursachten einen 3700 hohen Schaden. „Jetzt bleiben dir nur noch 300 Lebenspunkte und meine Karten sind vor jeglichen Möglichkeiten geschützt. Jetzt muss ich nur noch auf meinen nächsten Zug warten.“
 

Mit diesen Worten beendete der siegessichere Ältere seine Runde. In der Halle herrschte zunächst Stille. Sie wurde aber durch die Begeisterung der Zuschauer, die ihre Freude über das spannende Duell nicht länger zurückhalten konnten, abgelöst. Der Zug war einfach unglaublich. Jeder wettete darauf, dass Tobi hiermit die Auseinandersetzung entschieden hatte. Kazuo fiel ein Stein vom Herzen. Es war wirklich vorbei. Er selbst hätte, bei so einem gelungenen Zug, nichts mehr in der Hinterhand besessen. Wer erwartete auch so etwas? Selbst auf dem Gesicht von Nico Leisp war ein kleines Schmunzeln für wenige Sekunden zu erkennen, bevor er wieder in seine alte Art zurückkehrte. Der Halbspanier war so unglaublich glücklich. Es war alles vorbei. Das ganze Bangen hatte sich gelohnt. Niemand konnte ihnen jetzt mehr in den Weg kommen. Jedoch ließ eine bekannte Stimme den Jubel und die Frohlockung allerseits schlagartig verstummen. „Wer sagt, dass das Duell zu Ende ist? … Ich bin nun am Zug! … Zu allererst aktiviert sich, noch bevor ich eigentlich ziehe, meine Fallenkarte. Ich kann sie opfern, um einen Drachen in meinen Friedhof wieder zu beleben und ich rufe meinen „Rotäugiger schwarzer Drache“.“
 

Als sich das bekannte Drachenwesen auf dem Feld zeigte, flippte die letzte, verdeckte Karte auf Tobi's Feldseite. Zugleich erklärte ihr Besitzer dessen Effekt. „Diese Karte kann nur aktiviert werden, wenn mein Gegner eine Spezialbeschwörung tätigt. Ab sofort erhalte ich für jeden „Legendären Duellanten“ auf meinen Feld 500 Lebenspunkte, falls ein Monster speziell beschwört wird. Somit bin ich wieder bei 2200 Lebenspunkten angelangt.“ Der KC Erbe reagierte jedoch nicht auf die Erklärung. Der Braunhaarige schien eher hoch konzentriert zu sein, während er auch schon langsam seine wohl letzte Karte zog. Langsam erschien die Karte direkt über ihn und deckte sich, dank des Effekts von „Der Teppich der Legenden“, langsam auf. In der Halle verstummte jedes Geräusch. Die Zuschauer hielten den Atem an. Die Karte drehte sich immer weiter auf, bis sie sich endlich zeigte. Sämtliche Farbe hatte das Gesicht von Tobi verlassen. Takeo schmunzelte und verfiel schließlich in ein überhebliches Gelächter. Ein Gelächter, wie man es nur von Seto Kaiba Senior kannte. „Gegen mein Talent kann niemand ankommen. Egal wie stark mein Gegner auch sein mag. Ich spiele meine Zauberkarte „Drachenodem des Infernos“ Nun werden die Angriffspunkte meines Drachens von deinen Lebenspunkten abgezogen.“ Ohne einen weiteren Befehl zu erteilen, reagierte der Drache auf die gespielte Karte. Eine gigantische Kugel aus schwarzer und roter Energie bildete sich direkt vor seinem Maul. Mit einem lauten Knall schoss sie an allen Monstern vorbei und traf genau ihr Ziel. Funken sprühten in sämtlichen Himmelsrichtungen. Schlagartig vielen die letzten Lebenspunkte von Tobi auf null. Das Duell war vorbei. Mit einer einzigen Karte wurde das gesamte Duellgeschehen umgedreht. Entsetzen, Fassungslosigkeit, Ungläubigkeit machten sich in der Halle breit. Kein Wort fiel. Selbst als der Sieger gelassen und stolz das Duellfeld verließ.
 

Kazuo nahm die letzte Attacke von Seto Kaibas Sohn kaum mehr wahr. Als er sah, wie der Feuerball sein Ziel sicher traf, konnte der Schüler nur ein lautes Knacken in seinem Inneren vernehmen. Er sah, hörte und fühlte nichts mehr. Nur unglaubliche Dunkelheit umgab ihn. Es war wirklich vorbei. Alles war vorbei. Immer tiefer versank er in sich selbst. Der Moderator nahm das Mikrofon in die Hand und sprach die ersten Worte, nach dem gerade beendeten Duell. Es herrschte noch absolute Stille in der Halle. „Somit stehen die beiden Finalisten in diesem Turnier fest. Es werden Sir [Herr] Takeo Kaiba und Señor [Herr] Kazuo García um den Titel und Hauptpreis kämpfen. Doch davor machen wir eine kleine Pause. Paar Minuten vor dem Beginn des Endspiels werden alle wieder in die Halle gerufen. Ruht euch aus und sammelt Kräfte für das Hauptereignisses des heutigen Tages.“ Mit diesen Worten begannen auch schon die ersten Zuschauer die Turnierhalle zu verlassen.
 

Der Däne zog sein Opfer von der Duellakademie weg. An einem Ort, an dem Waldrand einer Ebene wich, warf er den Jungen erneut auf den staubigen Boden. Man hörte das Rauschen des Windes und der Wellen. Die Inselklippe war nicht weit entfernt. Als André bewusst wurde, wo er sich befand, bekam er noch mehr Angst. „Was willst du von mir“, brachte er nur stotternd heraus. Die Augen des Entführers fixierten ihn. Wieder begann dieser zu grinsen. „Ich werde dich ohne Gnade fertig machen! … Du hast mir den Sieg geraubt und das kostet dich was. Einen Rosenqvist macht man sich nicht zum Feind!“ Die dunkelbraune Farbe in dessen Augen glühte förmlich. Der Harpyien-Duellant kam sich so klein und hilflos vor. Wer hätte ahnen können, dass Erik einen solchen finsteren Charakter haben konnte. Rosenqvist bedeutet Rosenzweig. Und Rosen sind ja bekanntlich nicht nur schön zu sein. Sie haben auch schmerzhafte Dornen. Vorsichtig rappelte sich André auf. Als er stand fuhr Erik fort.
 

„Du wirst Leiden, Burkhard! ... Rache ist die süßeste Medizin!“ „Na schön. Dann rächst du dich eben. Und wie? Willst du ein Duell? … Ich bin bereit!“ Schon klappte die Disk des Grauäugigen aus. Doch es folgte keine Reaktion. Erik blieb grinsend stehen und beäugte ihn. „Was ist?“, harkte der Schüler nach. Der Wind umwehte das Geschehnis. Erst nach einer scheinbaren Ewigkeit antwortet der Gefragte ihm. „Ein Duell? Du bist ja noch Dümmer als ich dachte, Burkhard! … Ich vernichte dich an deiner empfindlichsten Stelle. Nur so macht es doch erst richtigen Spaß!“, kurz darauf lachte der Däne laut auf. Bei dem Klang der Stimme zog sich in André alles zusammen. Auch eine Gänsehaut kombiniert mit einem eiskalten Schauder überzog seinen Körper. „Was meinst du mit meiner „empfindlichsten Stelle“?“ „Das wirst du nun am eigenen Leib erleben.“, entgegnete Erik ihm. Plötzlich breitete sich eine Aura aus. Eine unheilvolle und düstere Aura. Sie umschloss André. Als er sie verspürte erwachte die Panik in ihm. Der Schwarzhaarige fühlte sich wie in einem Käfig. Dieser stahl ihm regelrecht die Kraft. Mit geweideten Augen und entsetzten Blick verfolgte er das Verhalten seines Gegenübers. Der Duellant grinste teuflisch. Die Augen glühten förmlich. Erik schien wie vom Teufel besessen zu sein.
 

„Burkhard, es gibt bei Duellanten den einen, wunden Punkt. Und wenn man den verletzt, dann ist es mit ihm vorbei. … Aber du Grünschnabel bist ja noch nicht so lange hier, um dieses Geheimnis zu kennen. Dein Pech und mein Glück würde ich es nennen.“ Diese Worte ließen in André sämtliche Alarmglocken läuten. Verunsichert setzte er einen Schritt zurück. „SO! NUN IST ES ZEIT MEINEN TREUEN GEFÄHRTEN ZU RUFEN! KOMM UND ZEIGE DICH „BLUTRÜNSTIGER WERWOLF“!“, sprach der Nordeuropäer ungebremst weiter. Sein Duellgeist, ein Wesen der Finsternis, tauchte neben ihm auf. Der mutierte Wolf flechte die Zähne und zeigte seine messerscharfen Krallen. An seinen langen Fangzähnen tropfte bereits Speichelflüssigkeit dem Boden herab. Die rot glühenden Augen rundeten das Bild der Bestie ab. Wie erstarrt beobachtete der Schwarzhaarige mit kreidebleichem Gesicht diese Entwicklung. „DU HAST ANGST! … OH JA! … SPÜRE SIE! ICH WERDE DICH FÜR IMMER AUSLÖSCHEN!“, erwiderte der schokobraunäugige Student auf das Verhalten von André. Er lachte auf. Der Jüngere zuckte erneut zusammen. Einen solchen bösartigen Ton in der Stimme eines Menschen hatte er noch nie erlebt. „WERWOLF! GREIF IHN AN!“, befahl Erik schließlich. Das schwarzgraue Ungeheuer schritt auf den Schüler zu. Wie angewurzelt blieb das Opfer stehen.
 

Die Augen des Werwolfs machten es handlungsunfähig. Verzweifelt schloss André die Augen. Seine Kraft kehrte für den Moment zurück. Reflexartig sprang der 19 Jährige nach rechts, als das riesige Vieh auf ihn zu sprang. Eine Art Japanrolle folgte und der Volleyballer stand wieder auf den Beinen. Jetzt übernahmen der Überlebensinstinkt und die Panik die Oberhand. Eilig preschte der junge Mann los. „AUF IHN!“, schrie der Besitzer des Duellgeistes. Dieser zögerte keine Sekunde. Eine erbarmungslose Verfolgungsjagd begann. Das mörderische Wesen kam immer näher. Unter der größten Kraftaufbietung rannte der Verzweifelte weiter. Plötzlich rutschte André aus. Sein Körper donnerte auf die Erde. Sein Blick richtete sich wieder auf seine Verfolger. „ES IST VORBEI!“, lachte Erik. Der Werwolf war nur noch wenige Meter von dem am Boden Liegenden entfernt. Voller Angst brachte der Halbfranzose nicht einmal einen Schrei heraus. Wie aus heiterem Himmel durchtrennte eine weißblaue Druckwelle, bestehend aus reinem Licht, das Geschehnis zwischen dem Fabelwesen und dem Jungen. Die Kraft, die dahinter steckte, bohrte sich in den harten Felsen. Völlig perplex sah André auf. Sein Blick versteinerte förmlich. Denn die Quelle dieser kraftvollen „Attacke“ war ein Drache. Der weiße Drache mit eiskaltem Blick.
 

„Der Weiße!?! … Wie kommt der den her?“, aber noch ehe André verstehen konnte wie es dazu kam, beantwortete die Stimme aus der Ferne seine Frage. „Lass den Jungen in Ruhe!“ Alle beteiligten sahen sich um. Ein Mann kam auf sie zu. Der leichte Sandsturm, den die Aura des silberweißen Drachen erzeugt hatte, verdeckte ihn etwas. Als der Braunhaarige jedoch vor Erik, dem Werwolf und André stand, erkannte man ihn. Es war Takeo Kaiba. Entsetzt über die alleinige Anwesenheit seines ehemaligen Kontrahenten stockte dem Halbfranzose der Atem. Mit offenem Mund starrte er den KC Erben an. Dieser würdigte ihn keines Blickes. Seine eiskalten, blauen Augen bohrten sich in den Dänen. Takeo sprach weiter. „Dir ist wohl klar, dass Gewalt gegen Schüler dieser Schule mit einem Schulverweis bestraft wird. Und wenn du wirklich glaubst dich an Schwächere zu vergreifen, dann bist du schief gewickelt.“ Diese Stärke in den Worten des Älteren beeindruckte den Schwarzhaarigen. „Wieso setzt er sich für mich ein?“, fragte André sich. Doch die eigenen Gedanken wurden wieder durch das Gelächter von Erik unterbrochen. „Takeo. Meinst du wirklich, dass mich deine Drohungen einschüchtern? … Da bist du schief gewickelt! Der Burkhard gehört mir! Mir allein. Ich will meine Rache an ihm in vollen Zügen genießen. Sobald ich mit ihm fertig bin, wird es keine Spuren geben. Also droht somit auch kein Schulverweis! Und merke dir eins: Niemand hält mich von meinen Plänen ab!“
 

Weitere Werwölfe versammelten sich um ihren Besitzer. Die Zähne und Krallen warteten regelrecht darauf etwas damit zu zerfleischen. Doch der Angesprochene blieb gelassen. „Wenn du meinst, dass mich deine Hündchen beeindrucken, dann täuscht du dich! Mein Weißer wird dir das Fürchten lehren!“ Dabei erhob der Sprecher den rechten Arm und zeigte auf den Verrückten. Der Drache machte sich zum Angriff bereit. Auf das Kommando ihrer Besitzer stürzten sich die Bestien aufeinander und kämpften. Allein schon ein Lichtfeuerball des Drachen reichte, um mehrere Werwölfe zu vernichten. Doch immer wieder wich einer dieser zahlreichen Gegner aus und überfiel das hell leuchtende Fabelwesen. Der Kampf zwischen Licht und Finsternis hielt sich aber im Gleichgewicht. Etwas abseits davon beobachtete André die Ereignisse. Er war noch immer handlungsunfähig. Der Schüler konnte noch immer nicht fassen, dass sich ausgerechnet der Sohn des großen Seto Kaibas Sorgen um ihn machte. Und so nebenbei beschützte er ihn auch noch vor diesen Werwölfen. War André vielleicht im falschen Film? Aus dem Gerangel löste sich ohne Vorwarnung einer der pechschwarzen Duellgeister.
 

Mit aufgerissenen Maul hechtete dieser auf den wehrlosen Jungen zu. Im Augenwinkel bekam es Takeo mit. „ACHTUNG ANDRÉ!“, rief er noch. Doch es war zu spät. Der Gerufene konnte sich nicht schnell genug bewegen. Doch bevor der Werwolf ihm einen Schlag mit seiner Pranke versetzen konnte, tauchte das schneeweiße Einhorn auf. Alles passierte in einem Augenaufschlag. Andrés Duellgeist stieß seinen Besitzer zur Seite. Er entfernte sich dadurch aus der Schusslinie. Aber damit nicht genug. Er rutschte ungebremst weiter. Über die Kante der Inselklippe. Mit letzter Kraft klammerte er sich an einen hervorstehenden Felsen. Sein Körper verharrte in der Luft. In der Zwischenzeit packte das Ungetüm das Einhorn im Flug und biss ungehindert in dessen Kehle. Es schrie vor Schmerz auf. Jedoch schrie nicht nur der Duellgeist. Ein markerschütternder Schrei entglitt auch aus André. Die blutrünstige Bestie vergrub immer wieder seine Zähne in den Körper des anderen Duellgeistes. Schließlich sackte das Wesen zu Boden. Es rührte sich nicht mehr. Seine Konturen verblassten rapid.
 

Andrés Herz schmerzte. Einen solchen Schmerz hatte er noch nie erlebt. Es wurde ihm schwarz vor Augen. Ihn verließ die Kraft. Ebenso verlor er den Halt. Er bekam nicht mehr mit, wie sein Körper in Richtung Ozean hinab fiel. Beim Auftreffen auf die Wasseroberfläche entstand eine gewaltige Fontäne. Die Wassermassen umschlossen den Körper des Jungen und rissen ihn noch tiefer hinab. Er war nach kurzer Zeit nicht mehr zu sehen. Die Augen von Takeo weideten sich. „ANDRÉ!“, schrie er. Erik lachte auf. Seine Wolfsmeute hatte sein Werk vollendet. Der pferdeähnliche Duellgeist war tot. André im Nirwana des Meeres entschwunden. Eriks Rachegelüste wurden befriedigt. Triumphierend ließ er die Werwölfe zurück in ihre Karten kehren. Mit einem teuflischen Gelächter verließ er das Schlachtfeld und überließ André seinem unvermeidbaren Schicksal. Der andere Student konnte darauf nicht reagieren. Er rannte zur Klippe und blickte auf die Stelle, an der der Jüngere in das dunkle, kalte und tiefe Wasser entschwand. In der Halle spielte sich ein anderes Drama ab. Absolute Schwärze umgab Kazuo. Er wusste nicht wo er sich befand. Der Junge konnte sich nicht erinnern, wie lange er schon hier war. Nichts bekam er mehr mit. Er fiel in unendliche Dunkelheit. Weiße Wolken bildeten sich vor seinen Mund oder waren es Luftblasen? Der Rothaarige erkannte den Unterschied nicht mehr. Die Realität wurde verschwommen. Nur eins wusste er klar. Es war vorbei alles war vorbei. Einfach nur vorbei.
 

Schwerelos. Einfach ohne jegliches Gefühl für die Schwerkraft schwebte André in dem flüssigen Element. Alles um ihn herum war schwarz. Finster, wie die Dunkelheit bei sternloser Nacht. Was passierte mit ihm? Immer tiefer zog die See ihn hinab. Doch der Halbfranzose besaß keine Kraft dagegen anzukämpfen. Zu schwer war er verletzt. Der Aufprall aufs Wasser hatte ihm einige Knochen gebrochen. Doch der Verletzte spürte nichts. Der Schmerz war betäubt. Der Junge glich einem leblosen Blatt. Ein Blatt, welches vom Winde davon getragen wurde. Mit trübem Blick sah André sein Leben an sich vorbei ziehen. Alles. Wirklich alles raste im schnellen Zeitraffer und entschwand aus der Erinnerung. Sein Körper verlangte nach Sauerstoff. Luftblasenwolken entstiegen aus Andrés Mund. Neue Luft konnte einfach nicht aufgenommen werden. Der Mangel an dem lebenswichtigen Gas zeigte nach und nach seine Wirkung. Der Grauäugige verlor endgültig das Bewusstsein. Es gab keinen Weg mehr zurück. An der Wasseroberfläche und teilweise um den Jungen schwammen dessen Karten. Das Deck löste sich wie das Leben in dem Menschen auf. Der Bewusstlose sank immer tiefer. Immer tiefer in die Finsternis. In die Finsternis des Vergessens. Am Rand der steilen Klippe stand Takeo Kaiba und blickte an die Stelle, an der André diese Welt verlassen hatte.
 

Fassungslos konnte der Braunhaarige nur da stehen und zuschauen. Er sah dennoch zur Seite. Der Saphirblauäugige sah den Leichnam des Fabelwesens, das eins der Duellgeist von André war. Takeos Blick verweilte eine Weile auf ihm, als ihm auf einmal etwas auffiel. Ohne einen ersichtlichen Grund leuchtete das Stirnhorn des Tieres. Es leuchtete in Gold. Wie die Morgenröte im Herbst. Dies verwunderte den Duellanten sehr. Im Wasser tat sich plötzlich etwas. Vier Karten, die rings um André verstreut im Meer schwammen, erleuchteten. Jede in einer anderen Farbe. Dieses blaue, grüne, rote und silberweiße Licht breitete sich von der Karte ausgehend im gesamten Bereich aus. Es umschloss den Schwarzhaarigen völlig. Dann materialisierte sich aus dem blauen Lichtspektakel ein Wesen. Nur die schemenhafte Gestalt verriet, dass es ein Einhorn war. Das Einhorn des Wassers. Es näherte sich seinem Besitzer. Es schwamm um ihn, so dass sein stromlinienförmiger Körper eine Art Auffangnetz bildete. Es verhinderte, dass der Junge noch tiefer sank. Der Blick des Tieres, welches an einem Hippokampos der griechischen Mythologie erinnerte, ruhte auf den Bewusstlosen. Dann ergriff der Duellgeist mittels seiner Schnauze den Hemdkragen des Menschen und zog ihn mit sich. Es ging aufwärts. Hinauf an die Wasseroberfläche. Die drei anderen, glimmenden Karten folgten ihnen. Das blaue Einhorn tauchte auf. André im Schlepptau. Doch wie sollte es nun weiter gehen?
 

Takeo bekam die Ereignisse mit und verfolgte sie aufmerksam. Das Licht der grünen Karte sendete einen Stahl in den Himmel. Aus ihm stieß ein riesiges Wesen herab. Es war das Einhorn des Himmels. Es entstanden kleine Wellen, als der Pegasus in der Luft vor dem Wassereinhorn anhielt und dabei mit den Flügel schlug. Vorsichtig übergab der eine Duellgeist dem anderen den schlummernden Jungen. Das zweite Fabelwesen erhob sich in die Lüfte. Sein Pfad führte es zurück ans Festland. Das Einhorn mit dem blitzförmigen Horn landete am Waldrand. Auf einer Wiese legte es André sanft ab. Die Karten hatten es verfolgt. Aus der Ferne sah der KC Jüngling zu. Nun zeigte sich Einhorn des Feuers. Seine Flammen verströmten eine spürbare Hitze. Zuerst betrachtete es André. Die Flammen flackerten gleichmäßig. Doch dann senkte das Tier sein Haupt. Das Stirnhorn berührte das Herz des Jungen. Ohne Vorwarnung entbrannte eine Stichflamme. Takeo erschrak. Ein gewaltiges Flammenmeer umhüllte den Jungen und das Fabelwesen. Die Hitze des Feuers schmerzte die Augen des Zuschauers. Er erhob zum Schutz seinen Arm. Nur durch einen kleinen Schlitz, den seine Lider zum Schutz des Augapfels ließen, konnte der Beobachter noch etwas sehen. Das Einhorn wieherte. Der Klang der Stimme hallte durch die stille Gegend.
 

Ein kleiner Funken schimmerte in der Sicht des Halbspaniers. Er war nur schwach, trotzdem hatte der Junge das Gefühl daran zu erblinden. So lange hatte er in der Dunkelheit verbracht. Oder waren es nur wenige Sekunden? Etwas schlug. Was war das für ein Gefühl? Nur langsam wurde es schneller. Ein rhythmisches Schlagen. Sein Herz schlug. So bekannt das Gefühl auch war, so unglaublich fremd kam es ihm in diesem Moment vor. Doch nicht nur sein eigenes Herz schlug. Ein anderes schlug mit ihm. Ein wichtiges Herz. Kazuo griff nach den Funken und hielt ihn an seine Brust. Eine wohltuende Hitze entstieg aus ihm. Eine Hitze, die alles in seiner Umgebung zum Brennen brachte. So lag er in einem Meer aus Flammen. Sein Haar schien ein Teil davon zu sein. Alles kam wieder zurück. Jedoch etwas kristallisierte sich heraus. Überwältigend übernahm ihn dieses Gefühl. Wut, ausnahmslose Wut stieg in ihn auf. Er hatte etwas zu erledigen. Mit aller Kraft kämpfte er sich nach oben. Den Ausweg finden. Seine Aufgabe erfüllen. Nach wenigen Minuten erloschen die Flammen auf der Wiese. Auch das Einhorn des Feuers löste sich auf. Jeder der Feuer und dessen Auswirkungen kennt, würde nun glauben, dass André nun mehr Holzkohle als alles andere war. Dies meinte auch Takeo. Beunruhigt sah er zu dem am Boden Ruhenden. Andrés Antlitz blieb unversehrt. Es kam noch besser. Die blasse Haut besaß wieder eine rosige Farbe. Auch die nasse Kleidung war trocken.
 

Dabei fiel dem Braunhaarigen ebenfalls auf, dass dessen Brustkorb sich hob und senkte. Das Leben kehrte in den Jüngeren zurück. Zum Schluss bildeten mehrere winzige, silberne Sterne einen weiteren Duellgeist. In dem Spiel aus Licht kam die zierliche Gestalt des Einhorn-Fohlens zum Vorschein. Das kleine Tier saß neben André und betrachtete ihn. Sein Blick konnte sich nicht von ihm lösen. Nach einer Weile, die wie eine halbe Ewigkeit schien, kullerten die ersten Tränen aus den Augen des Babys. Das Jungtier weinte. Weinte um André. Allein schon der Anblick dieser Szene konnte dem Zuschauer das Herz aus dem Leib reißen. Das kleine Einhorn legte seinen Kopf mit dem Horn auf die Brust des Halbfranzosen. Es schloss die Augen, während die Tränen, die eine silberne bis eisblaue Farbe besaßen, sich auf dem Hemd des Schülers verteilten. Sie verteilte sich immer weiter. Als sei die Flüssigkeit lebendig. Sie bedeckte den Menschen völlig. Kurz nach dem dies geschah, begann die Masse zu leuchten. Sie strahlte wie das Mondlicht in der Nacht. Gleichzeitig, Takeo bemerkte es nur zufällig, löste sich der Körper des toten Einhorns endgültig auf. Feine Goldpartikel entstiegen in die Luft und wurden vom Wind davon geweht. Dieser führte sie zu André und dem Fohlen. Wie Glühwürmchen umschwirrten sie den kleinen Duellgeist. Das Fohlen erhob sich. Sein Stirnhorn erglühte. Alles erhellte sich. Das Licht blendete den Blauäugigen. Er kniff die Augen zu.
 

Ein Wiehern erfüllte die Umgebung. Die Intensität des Lichts nahm ab. Der Zuschauer konnte wieder etwas sehen. Er traute seinem Auge nicht. In einer glühenden Aura stand André. Er lehnte sich mit geschlossenen Augenlidern neben dem neuen Duellgeist. Auf seiner Stirn leuchtete in silberblauen Licht ein Abzeichen. Das Zeichen erinnerte in seiner Form an einen Stern, den die meisten Einhörner an ihrer Hornwurzel besaßen. Auch der Duellgeist, das ausgewachsene Einhorn-Fohlen, wurde von derselben Aura umhüllt. Sein Kopf ruhte in den Händen des Besitzers. Doch besaß das Fabelwesen keine Ähnlichkeit mehr mit dem Jungtier. Sein Kopf, Hals und kompletter Rücken waren Haselnuss- bis rotbraun. Feine weiße Linien durchzogen den Hals und Kopf. Ein Zebramuster entstand. Die Beine, der Bauch und der lange Pferdeschweif waren ebenfalls weiß. In seinem Aussehen erinnerte das Tier an das lenkst ausgestorbene Quagga. Anstelle einer Stehmähne hing langes Haar seitlich herab. Es harmonierte in der Form und seiner Farbe mit dem restlichen Körper. Das spiralförmige Horn war nicht zu lang. Es leuchtete golden. So standen sie da. Duellgeist und Duellant. Fabelwesen und Mensch. Einfach Freunde. Ein neues Band ist entstanden. Das Alte mit dem Einhorn ist durch dessen Tod zerrissen.
 

Dies hätte, so wusste Erik, unweigerlich auch Andrés Lebensende bedeutet. Denn ein Duellant geht mit seinem Duellgeist eine ganz besondere Partnerschaft ein. Was dem Menschen oder Duellgeist geschah, beeinflusste dessen Partner auf dieselbe Weise. Allerdings kannte selbst der Däne nicht alle Geheimnisse, die dieses Bündnis ausmachte. Eines davon bewirkte, dass André im Gegensatz zu seinem Einhorn am Leben blieb. Es war dennoch ein kleines Wunder. Die Aura verblasste langsam. Der Schwarzhaarige öffnete seine Augen. Sie wirkten noch etwas getrübt. Für einen Moment sah er gedankenverloren sein Gegenüber an. Auch der Kaiba Sprössling begutachtete ihn. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Auch André begann zu lächeln. Doch plötzlich durchfuhr den Schüler die körperliche Niedergeschlagenheit. Sein Stirnstern hörte auf zu leuchten. Der Körper des erneut Bewusstlosen kippte nach vorne. Von dort wurde er von Takeo abgefangen. Der Ältere reagierte ohne zu zögern. Er hob den Kleineren auf die Arme und trug ihn zur Akademie zurück. Auf seinen Weg dorthin beäugte der Erbe des Kaiba Imperiums den Getragenen ein letztes Mal.
 

Trotz dieses Schwächeanfalls lag weiterhin ein glückliches Grinsen auf den Lippen des Schlummernden. Alles wirkte so friedlich und unbeschwert wie bei einem Säugling. Dieser Anblick rührte den sonst so hart gesottenen Geschäftsführersohn. Ebenfalls zufrieden führte ihn sein Weg direkt zur Krankenstation der Schule. Der Bewusstlose bekam nicht viel mit. Sein Kopf, seine sonst so klaren Gedanken waren wie von Nebel umhüllt. Einzig die Wärme eines menschlichen Körpers spürte der Junge an seiner eigenen Haut. Sanft umspielte ein zarter, kaum wahrnehmbarer Duft seine Nase. Ein Parfum. Eine Männernote steckte darin. Diese Feinheit schreckte den Schwarzhaarigen jedoch nicht ab. André fühlte sich sofort geborgen. Sein Körper ließ sich völlig in die starken Arme seines Trägers fallen. Zuvor, als der Schüler für einen kurzen Moment durch seine getrübten Augen sehen konnte, vernahm dieser die Mannesgestalt. Blaue Augen stachen aus dem markanten Gesicht hervor. Alles. Wirklich alles ließ den Kleineren glauben, dass sein Geliebter, Leon Norman, nun bei ihm war. Zufrieden schlummerte André. Unternahm keine Anstalt aufzuwachen. Sein „Retter“ brachte den Angeschlagenen in den Krankenbereich der Akademie. Selbstbewusst und stolz wie eh und je betrat dieser den Wartebereich. Eine Schwester, die an einer Art Rezeption stand, blickte auf. Mit geweideten Augen kam sie den beiden Duellanten entgegen.
 

„Mr. [Herr] Kaiba, wen tragen Sie auf den Armen? … Was ist passiert? …“, begann sie zu fragen. Der Angesprochene sah sie an. Dann lächelte er. „Machen Sie sich keine Sorge, Schwester. Dieser Junge ist André Burkhard. Ich bekam mit, wie er über Schwindelgefühle klagte und dann bewusstlos wurde. Anschließend trug ich ihn sofort hier her. Ist Dr. Makoto da?“ Auf die Gegenfrage folgte ein schnelles nicken. Die Stationsdame eilte an eine Tür und betrat nach vorherigen anklopfen den Raum. Nur halblaut hörte man: „Doktor, es ist ein Patient gerade eingeliefert worden.“ Das knarren eines verrückten Stuhls ertönte. Der Akademiearzt verließ sein Büro und sah sich sofort André an. „Herr Burkhard. Schon wieder. Mr. [Herr] Kaiba, was ist genau passiert?“, befragte nun der Arzt den älteren Schüler, während er mit seiner linken Fingern den Puls des Getragenen prüfte. „Der Schüler Burkhard hat einen Schwächeanfall gehabt. Vorsichtshalber habe ich ihn hier her gebracht.“ Als dies Dr. Makoto hörte, runzelte dieser die Stirn. „Ein Schwächeanfall sagen Sie?“, harkte er nochmals nach. Der Saphirblauäugige nickte.
 

Mit einem Blick, der mehr als tausend Worte sagte, zeigte der Grauhaarige auf eine offen stehende Tür. „Bringen Sie den Schüler dort hinein. Ein wenig Schlaf und Ruhe hilft ihm am besten.“ Wie Takeo befohlen wurde, beförderte er André in den gewünschten Raum. Er legte ihn auf ein großes Bett ab. Sein Kopf bettete sich in das gut gepolsterte Kissen. Der Japaner deckte den Schlafenden noch zu, bis sich auch Dr. Makoto im Raum befand. „Wenn Sie wollen, können Sie bei ihm bleiben. Falls etwas sein sollte, bin ich in der Nähe. Mein Büro ist gerade die Tür gegenüber.“ Mit diesen letzten Worten verließ der Arzt die Zwei erneut. Kurz hielt der ältere Herr am Türrahmen inne. Ohne sich umzudrehen wendete er sich an Takeo. „Sie haben ein gutes Herz. Ein genauso gutes wie ihr Vater.“ Ohne eine weitere Reaktion darauf schloss sich die Tür des Raumes. Der Sohn des KC Besitzers nahm sich einen freistehenden Stuhl und setzte sich ans Kopfende des Bettes. Sein Rücken lehnte dabei an Stuhllehne und Wand an. Die Arme verschränkten sich. Diese gelassene Gestik vereinnahmte ihn. Nur sein Blick ruhte ab und zu auf dem Gesicht des jungen Europäers. Ein Schmunzeln umspielte die Lippen des Beobachters. Der letzte Satz umkreiste seine Gedanken. „Ein gutes Herz. … Oh ja, das verdanke ich nur meinem Vater. Danke … Joey.“ Doch blieb ihn nicht viel Zeit hier zu bleiben. Eine Durchsage des Turniermoderators wurde durch die Sprechanlage geleitet. „Mögen sich alle wieder in der Turnierhalle einfinden. Das Final-Duell steht kurz bevor.“ Mit einem letzten, liebevollen Blick auf den Schlafenden verschwand Takeo auch schon aus dem Krankenzimmer. Eine bekannte Mimik bildete sich auf dem Gesicht des Jungen. Es gab noch etwas zu erledigen.
 

Panik stieg in Tobi auf. Die ganze Pause über hatte er versucht seine große Liebe wieder aus ihre Trance zu holen. Nichts hatte geholfen. Kein rütteln, zerren oder schreien. Er hatte sogar versucht Hilfe in den Karten des Halbspaniers zu suchen. Nichts half. Kazuo stand einfach nur da. Selbst bei Nico konnte man in den Augen Sorgen erkennen. Die Unterbrechung war schneller vorbei gegangen als gehofft. Der Goldäugige bemerkt nicht einmal, dass die ganze Halle wieder bis unter das Dach gefüllt war. Seine Aufmerksamkeit richtete sich allein auf Kazuo. Ein weiteres Mal erklang die Stimme von Prof. Alvarez. „So. Nun ist es soweit. Der Zeitpunkt auf den alle gewartet haben ist erreicht. Nun beginnt das Finale!!“ Jubelschreie schalten durch die Turnierhalle. „Ich möchte die beiden Finalisten auf die Duellfläche bitten. Sir [Herr] Takeo Kaiba und Señor [Herr] Kazuo García.“ Die Begeisterung riss nicht ab und verstärkten sich auch nochmal, als der KC Erbe die Bildfläche betrat.
 

Tobi sah zwischen Duellfeld und Kazuo hin und her. Auf einmal passierte etwas, was der Verzweifelte in seinem ganzen Leben noch nie erlebt hatte. Der Rothaarige schien förmlich zu glühen. Selbst die Haare begannen sich zu bewegen. Die Augen loderten auf und mit einem Mal machte er sich auf den Weg. Sprachlos konnte der Goldäugige nur dabei zusehen, was gerade abspielte. Sicher platzierte sich Kazuo auf seinen Platz innerhalb der Arena. So ein Gefühl verspürte er zum ersten Mal. Eine unbändige Wut herrschte in ihm. Mit jeder Sekunde, die er seinen Gegner ansah, wuchs sie noch weiter an. Alles um ihn herum schien in Flammen zu stehen. Selbst die Zuschauer konnten ihr staunen nicht verbergen. Der Schüler schien aus reinem Feuer zu bestehen. Die Haare machten ihrer Farbe alle Ehre und bewegten sich dazu. Wie das Züngeln eines Lagerfeuers. Die smaragdgrünen Augen leuchteten noch stärker als sonst. Sie brannten sich in alles, was sie erblickten. Selbst seine Duell-Disk schien zu brennen oder war es durch ihre Bemalung eine Illusion? Nur bestimmte Personen in der Halle bekamen eine Gänsehaut. Ein Schauer durchfuhr ihren Körper. Zu ihnen gehörte Tobi. Diese Form erinnerte einfach viel zu stark an die Zeit, als Kazuo den Blick für die Welt verlor. Jedoch schien er noch immer derselbe zu sein. Die Decks wurden gemischt und die ersten Karten befanden sich auf der Hand. Eine laute Stimme erklang. Sie stammte von Kazuo. Jedes gesprochenes Wort ergoss sich wie geschmolzenes Metall über die Zuhörer. „Ich fange an. DUELL!!“ Ohne Takeo eine Möglichkeit zu geben, sich auf die Situation einzustellen, zog der Rothaarige schon seine sechste Karte. Sie leuchtete in seiner Hand. Die Szenerie wirkte völlig Surreal und wie aus einem Traum. Jedoch blieb der Blauäugige unbeeindruckt.
 

„Ich spiele meine Spielfeldzauberkarte „Die zerbrochene Welt“.“ Der bekannte, lilafarbene Schleier umgab das Duellfeld. „Doch bleibt die Karte nicht lange auf dem Spielfeld. Ich aktiviere meine Zauberkarte „Zorn des Königs der zerbrochenen Welt“. Damit schicke ich mein Spielfeld auf den Friedhof, um meine magische Karte „Die brennende Welt“ aus meinen Deck zu spielen.“ Die verzerrte, sehr unwirkliche Umgebung machte einer neuen Szenerie Platz. An sich schien sich nichts zu ändern. Doch nach und nach entfachten sich überall Flammen. Das Feuer herrschte überall. Das Hologramm konnte zwar keinen verletzten, jedoch spürte man eine steigende Hitze in der Arena. Die Temperatur kletterte stetig nach oben. „Dank dieser Karte werden alle meine „zerbrochene Welt“-Monster nun zu „brennende Welt“-Monster. Was dies genau heißt, kann ich dir gleich zeigen. Ich beschwöre zwei „Avaritia, schwarze Seele der brennenden Welt“ speziell.“ Das gerufene Monster materialisierte sich auf das Spielfeld. Zuerst schien die Kreatur wie immer auszusehen. Doch plötzlich entzündete sich eine Stichflamme und das Monster ging förmlich in Flammen auf. Jeder noch so kleine Schatten verschwand und wurde durch lodernde Flammen ersetzt. Zwei brennende Gestalten, deren Maul sich in Bauchhöhe befand, bewachten die Lebenspunkte des Jüngeren. „Jedes meiner „brennenden Welt“-Monster bekommt eine ATK-Aufrüstung von 500 Punkten. Außerdem werden ihre Effekte leicht geändert. So konnte ich zum Beispiel „Aravitia“ als Spezialbeschwörung rufen, da keinerlei Zauber- oder Fallenkarten in meiner entsprechenden Zone lag. Jetzt aber lege ich noch zwei Karten verdeckt und beende meinen Zug.“
 

Keiner der Duellbeobachter konnte diese hitzige Atmosphäre in der Halle richtig begreifen. Doch der Besitzer, besser gesagt der Herrscher dieser seltsamen Welt schien nicht nur in der Fata Morgana im Feuer zu stehen. Er brannte und kochte innerlich vor Wut. Kazuo hatte nur ein Ziel. Dieses war seinen Kontrahenten zu vernichten. Eiseskälte umgab Takeo. Der junge Mann schien gegen die ausstrahlende Hitze immun zu sein. Mit einer ehrgeizigen und entschlossenen Mimik im Gesicht begann er seinen Zug. „Als Erstes aktiviere ich meine Zauberkarte „Antike Regeln“ und beschwöre meinen „Rotäugiger schwarzer Drache“.“ Der gerufene, schwarze Feuerspucker schwebte in die Arena. Zeitgleich tauchte ein brennender Kopf auf Kazuos Seite auf. „Wenn du ein Monster, wie in diesem Fall, speziell beschwörst, wird automatisch meine „Invidia, missgünstige Seele der brennenden Welt“ aus meiner Hand gerufen. Seine Werte liegen bei 1400 ATK und 0 DEF.“ Dies ließ der KC Erbe ohne ein Wort passieren und machte mit seinen Zug weiter. „Nun biete ich meinen Drachen als Tribut an, um meinen „Rotäugiger finsterer Drache“ speziell auf mein Feld zu beschwören.“ Wie schon in dem Duell zuvor verschwand der die kleinere Bestie, um den Weg für die noch mächtigere Kreatur zu bereiten. „Nun entferne ich mein Rotaugen vom Friedhof aus dem Spiel, um zusätzlich meinen „Rotäugiger finsterer Metalldrache“ aufs Spielfeld hinzuzufügen.“ Der dritte Drache erschien mit seinem metallenen Schuppenkleid. In einem Zug setzte der Drachenduellant seine besten Kämpfer ein. Doch eine Reaktion von Kazuo blieb aus. Eher schienen die Flammen, die sich um ihn herum befanden, noch höher als zuvor zu züngeln.
 

„Nun greife ich mit meinem Metalldrachen zur Vorspeise deine Aravitia an. Meinen finsteres Rotauge folgt und nimmt sich als Nachschlag deine Invidia.“ Die Fabelwesen gehorchten und griffen an. Zu diesem Zeitpunkt wurde eine Falle des Rothaarigen aktiviert. Die Attacken verliefen ungehindert und zogen auch insgesamt 700 Lebenspunkte ab. Die eigentlichen Zielobjekte blieben allerdings unberührt. Konzentriert platzierte Takeo eine weitere Karte verdeckt aufs Feld und beendete diesen Zug. Weiterhin sah Leon von der Tribüne dem Turniergeschehen zu. Die Spannung stieg stetig an. Schon sehr bald sollte sich zeigen, wer als Sieger aus diesem Kampf hervorgehen sollte. Immer wieder schaute sich der Student um. Unruhe beherrschte seine Gedanken. „Wo ist André bloß? … Braucht er wirklich so lange, bis er seinen Frust über die Niederlage überwunden hat?“, fragte er sich. Im Sitzen wanderte sein Blick auf die Treppenaufgänge der Tribünen. Doch kein Halbfranzose zeigte sich. Die Minuten, die wenigen Stunden bis der Gewinner feststand, zogen sich für ihn wie Kaugummi dahin. Die smaragdgrünen Augen des Gegenübers funkelten beim Betrachten der neu gezogenen Karte. Die Zuschauer sahen jedoch, dass sich etwas auf dem Spielfeld veränderte. Beide Drachen begannen zu hecheln.
 

„Nun aktiviert sich der Effekt meiner „brennenden Welt“. Alle Monster, außer „brennende Welt“- und Pyro-Wesen, werden in jeder Standby-Phase 500 ATK Punkte abgenommen. Nun zu meiner Fallenkarte „Zweischneidiger Vertrag“. Ab sofort können meine Kreaturen nicht mehr durch Kampf zerstört werden. Jedoch zählt dies auch für deine Echsen. Jetzt spiele ich noch meine „Acedia, gemächliche Seele der brennenden Welt“ aus. Wenn sie aktiviert wird, wechselt die Karte von meinem Feld auf das Feld meines Gegners. Trotzdem gehört es noch mir. Solange der Zauber meines Spielfelds wirkt, kann mit Acedia normal angreifen. Ihre Stärke beläuft sich derzeit auf 1400 ATK.“ Ein flammender Klumpen auf einer Liege, bestehend aus Lava, tauchte auf. Sie stellte einen Torso mit Kopf da. In ihrem Gesicht zeigte sich, viel breiter als der eigentliche Kopf, ein gigantisches Grinsen. „Nun meine beiden Aravitias. Greift seinen „Rotäugiger finsterer Drache“ an.“ Ohne Verzögerung stürzten sich die Diener mit ihren Mäulern auf das dunkelgeschuppte Monster und nahmen 1400 Lebenspunkte mit sich. Die Flammen, die beim Zusammenprall entstanden, streiften Takeo und hinterließen leichte Brandstellen an dessen Kleidung. Doch scheinbar besaß der Gegner Nerven aus Stahl. Man bemerkte keine emotionale Regung. Der Südländer legte noch eine Karte verdeckt und beendete seinen Zug. Der Braunhaarige zog seine Karte und sah sich seine Ausgangssituation genau an. Ein weiteres Mal verloren seine Drachen 500 ATK und schrumpften somit auf 1400 und 1800 Punkte.
 

„Ich aktiviere meine Karte „Schild und Schwert“. Mit ihr werden die Angriffs- und Verteidigungswerte getauscht. Somit erhalten meine Geschöpfe wieder 2000 und 2400 ATK. Als nächstes spiele ich meinen „Rotäugiger Lindwurm“. Der Effekt meiner Zauberkarte betrifft ihn nicht, somit er 1800 ATK und 1600 DEF besitzt. Jetzt entfesseln meine Drachen ihren Zorn. Ihr Opfer wird Invidia sein. Es ist für dich zu Ende!“ Alle drei Feuerspucker bündelten ihren Angriff und beschossen den brennenden Kopf mit ihrem Feuerball. Eine riesige Rauchwolke entstand. Es dauerte, bis sich der Rauch legte und eine Falle auf der gegnerischen Seite präsentierte. „Schutz von einer anderen Welt“. Die Lebenspunkte des Besitzers sanken auf 200. Doch dieses Spektakel wirkte lächerlich zu dem was darauf folgte. Der Halbjapaner schritt aus dem Rauch seinem Angreifer entgegen. Seine flammenden Haare wehten wie die das restliche Feuer nach hinten. In den glühenden Augen mischten sich die Farben Grün und Rot miteinander. Das Gesicht wurde durch Wut verzerrt. Selbst ein furchtloser Drache hätte bei so einem Anblick das Weite gesucht.
 

Seine Stimme klang noch durchdringender. Jedes Wort fühlte sich auf der Haut wie eine riesige Flut aus Lava, die die eigene Seele verbrannte, an. „Meine Falle halbiert, für die ganze Runde, jeden erlittenen Schaden.“ Nun zeigte sich der Moment, wo auch der stolzeste Duellant an seine Grenzen ankam. Es schien, dass die Fassade des Takeo Kaibas bröckelte. Selbst für ihn geriet die Situation aus der Kontrolle. Mit Schweißperlen auf der Stirn, die ab und an seitlich herabliefen, legte er eine weitere, verdeckte Karte und beendete damit auch schon seinen Zug. Tobi verfolgte alles nur sprachlos. So hatte er den Geliebten noch nie gesehen. Es war nochmals ein absolutes Gegenteil zu seiner letzten Verwandlung. Ohne Zweifel wollte er gerade nicht mit dem KC Erben tauschen. Jedoch wusste der Goldäugige nicht, was er tun konnte. Mehr als die Zuschauerrolle blieb ihm nicht übrig. Seinen Bruder gesellte sich zu dem Älteren. „Jetzt ist es soweit.“ Ein erwartungsvolles Glitzern schimmerte durch die dunklen Haare. Überrascht wendete sich Tobi an ihn. „Was meinst du?“ Eine Antwort bekam er nicht. Kazuo war am Zug.
 

So wütend fühlte er sich bis jetzt noch nie in seinem Leben. Es fühlte sich an, als würde der Schüler durch die Wut in jeden Moment in Flammen aufgehen. Schnell zog er seine Karte und staunte. Die neue Karte kannte der Spieler nicht. Doch wie ein kleines Wunder besänftigte das gemalte Bild auf der Spielkarte den Zornigen. Zu sehen war ein glücklicher Vater, der seinen kleinen Sohn auf dem Arm hielt. Der kleine Bub ähnelte Kazuo verblüffend. Das Lächeln des Erwachsenen erwärmte das erhärtete Herz. Diesen Gesichtsausdruck kannte der Halbspanier nur zu genau. Genau das gleiche, zauberhafte Lächeln schenkte ihm Tobi immer, wenn sie sich ansahen. Die Wut ebbte ab. An ihrer Stelle trat Ehrgeiz. Zwar umgab den Duellant noch immer die lodernde Aura. Sein Gesicht entspannte sich aber zusehend. Selbst die Stimme kehrte in ihre alte Form zurück. „Ich spiele nun meine Zauberkarte: „Band der Liebe“. Sie ersetzt meine Spielfeldzauberkarte, übernimmt aber ihre Effekte und hat noch ein Paar extra Eigenschaften.“ Das von Flammen eingenommene Spielfeld erlosch und machte den Raum für eine angenehme, von Blumen übersäte Wiese frei. Vogelgezwitscher lag in der Luft. Jedes einzelne Monster auf der Seite von Kazuo veränderte sein Aussehen. Sie wurden zu Kreaturen aus Licht. Die Wesen leuchteten jeweils anderen Farben. Aus dem Rücken entwickelten sich majestätische Engelsflügel. Nun wusste Tobi endlich, was Nico meinte.
 

Begreifen konnte er es dennoch nicht. Es handelte sich eindeutig um die Karte, die er vor kurzem selbst produziert hatte und von seiner Mutter per Post zugesandt bekam. Auf eine Antwort wartete er aber bis heute. So gab es eigentlich nur unbeantwortete Fragen. „Wie?“, brachte der Goldäugige zögerlich über die Lippen. Endlich erwiderte Nico ihm: „Du glaubst doch nicht, dass unsere Mutter den Ruf nach Hilfe ignoriert. Dazu gab es vorhin mehr als genug Möglichkeiten, um diese Karte in sein Deck zu schmuggeln. Eigentlich habe ich es noch erklären wollen. Aber so hat es ja auch wunderbar funktioniert.“ Tobi fehlten die Worte. Er war einfach überaus glücklich und konnte es nicht mehr abwarten, diese Karte in Aktion zu erleben. „Für jedes Wesen, das einen anderen Namen besitzt, entsteht auf meiner Seite ein neues Engelsgeschöpf. Für jedes, unterschiedliche Geschöpf bekommt meine Karte „Band der Liebe“ eine andere Fähigkeit. Mit dem ersten Effekt kann ich mir deine Karten in der Zauber- und Fallenkartenzone ansehen und eine davon vernichten.“ Beide Karten deckten sich auf. „Entkräftungsschild“ und „Aufzucht eines Drachen“. „Entkräftungsschild“ zerplatzte sofort, während sich die zweite Karte wieder in ihre Ausgangslage zurück versetzte. „Nun zum zweiten Effekt. Ich kann ein Monster von dir wählen und zerstören. Ich wähle deinen „Rotäugiger finsterer Metalldrache“.“
 

Wie angekündigt verschwand der genannte Schuppenträger augenblicklich zum Friedhof. „Fähigkeit Nummer drei lässt mich ein Monster auf meinem oder deinen Friedhof speziell auf meine Seite beschwören. Ich wähle den gerade zerstörten „Rotäugiger finsterer Metalldrache“.“ Die Kreatur erhob sich aus dem Erdboden und verwandelte sich in den gleichen Moment in ein Wesen aus Licht, samt Engelsflügeln. „Nun kommen wir zum letzten Effekt. Ich kann mir für jede, unterschiedliche Engelskreatur 500 Lebenspunkte gutschreiben lassen. Das wären dann nochmal 2000 Lebenspunkte für mich. Ich greife nun mit allen meinen Helfern deinen „Rotäugiger finsterer Drache“ an. … Das Duell ist vorbei!“ Der Befehl war erteilt. Die Verbündeten versammelten im Zentrum der Arena ihre gemeinsame Kraft und entluden diese in einen gigantischen Lichtpfeil. Dieser schoss auf den letzten Feuerspucker des Älteren zu. Mit seinen 900 ATK besaß er keine Chance gegen diese Übermacht. Die Lebenspunkte des Drachenduellanten vielen auf null. Das Duell endete. Langsam lösten sich die Hologramme auf. Ein ohrenbetäubender Jubel, eine Explosion der Emotionen entlud sich. Die Zuschauer feierten das gelungene und spannende Duell. Ebenso war die Freude groß, da ein Neuling aus dem ersten Jahrgang ihrer Akademie das große Turnier für sich gewinnen konnte. Und dies auch noch gegen den schwersten Gegner, den die Duellanten-Szene zu bieten hatte. Nämlich Takeo Kaiba, Sohn des legendären Spielers und Geschäftsführers Seto Kaiba. Nun konnte sich das Publikum einfach nicht mehr zu halten. Alles feierte. Alle feierten den Sieg von Kazuo. Still schweigend und ohne eine Reaktion oder gar ein Kommentar zu diesem Endergebnis, verließ Takeo die Turnierhalle. Sein Ziel war nur ihm bekannt.
 

Auf der Krankenstation herrschte Stille. Unverändert hatte der Einhorn-Duellant seine grauen Augen geschlossen. Stillschweigend kehrte der besiegte Kaiba Sprössling zum Krankenzimmer des Jüngeren zurück. Mit einem Seufzen, das eher an ein Grummeln erinnerte, stellte er sich an das Fenster. Der Wind wehte durch das Blätterdach der Bäume. Einzelne Blätter tanzten sogar in der Luft. Der Herbst erreichte seinen Höhepunkt. Nachdenklich verfolgte Takeo das bunte Treiben der Natur. Doch dies hielt ihn nicht auf, ab und an den schlafenden Menschen eines Blickes zu würdigen. Bei dem Anblick des Kleineren lächelte der Blauäugige. „Es ist schon seltsam. …“, begann es in seinen Gedanken. „Die Art und Weise, wie dieser André sich duelliert, erinnert mich an meinen Vater. … Der Kleine hat dasselbe Charisma wie Joey.“ Ein warmes und angenehmes Gefühl breitete sich in den Nachdenkenden aus. Erneut schmunzelte Takeo. „So muss sich mein Vater Seto gefühlt haben. Damals, als er das erste Mal auf Joey Wheeler getroffen ist. … Was Zuneigung, Liebe und die Zeit doch alles bewirken können.“, beendete der Student den kurzen Exkurs seiner Vergangenheit. Das groß angelegte Turnier war nun vorbei.
 

Als der unumstrittene Sieger konnte der Name „Kazuo García“ genannt werden. Wie die restlichen Zuschauer erhob sich auch Leon und klatschte lautstark. Der Applaus riss einige Minuten nicht ab. Mit seinen bläulichen Augen verfolgte Leon, wie Kazuo auf dem Duellfeld den Pokal entgegennahm. Der Pokal war eine klassische Siegertrophäe, dessen Deckel eine Art Kühlerfigur in Form einer goldenen Duell-Monsterkarte verzierte. Seitlich bildeten Federkiele mit den Henkeln und dem Schulsymbol auf der Frontseite ein einzigartiges Design. Sichtlich gerührt von dieser Ehre und dem Glücksgefühl des Sieges glänzten die Augen des Preisträgers. Doch hatte dieser Sieg auch einen unangenehmen Beigeschmack. Professor Alvarez ergriff nach dem Abklingen des Applauses das Mikrofon. „Meine Damen und Herren, wie sie klar feststellen können, ist Señor [Herr] García unser diesjähriger Turniersieger. Neben diesen schicken Pokal erhält der Gewinner einen besonderen Preis. Dieser wird uns nun der Leiter der Leips Company, Herr Leips, mitteilen. Ich bitte Sie ans Mikrofon.“ Der Aufgerufene erhob sich von seinem Platz.
 

Der ältere Herr trat an den Platz des Moderators und nahm das Mikrofon in die Hand. „Sehr geehrte Anwesende. Kollegen, Lehrer, Schüler und Duellanten. Mit Freude darf ich nun den geheimen Preis ankündigen. Wir, das Turnierkomitee, hatten lange darüber beraten. Wir sind zu dieser Übereinkunft gekommen: Dem Sieger steht ein einziger Wunsch frei. Ein Wunsch, der sich sofort erfüllt. Die Kosten werden vom Komitee getragen.“ Der Sprecher drehte sich zu Kazuo um. Man erkannte es nur vom nahen. Die Augen des Älteren sprachen eindeutige Worte. „Kazuo García, was ist dein Wunsch, der dir als Sieger in diesem packenden Turnier nun zusteht. Treffe deine Wahl weise. Du hast nur einen einzigen Wunsch frei.“ Als Kazuo dies hörte, wusste er genau, was er wollte. Tobi sollte für immer an seiner Seite bleiben. Doch wie stellte der Sieger diese Situation am intelligentesten an? Er grübelte und überlegte für einen geraumen Zeitraum. Viele Ideen bekam er. Keine davon schien aber dafür gut genug zu sein. Ein Geistesblitz traf ihn. Der Südländer erinnerte sich noch an den Brief, denn Johannes Leips mit der Tennisball-Bazooka an Tobi geschickt hatte. Genau eine Zeile aus diesem Schreiben kam ihm in den Sinn.
 

„... Als Erbe unseres Familienbetriebes musst du alles Wichtige, was es braucht eine Firma zu leiten, beherrschen ...“ Schnell nahm der Schüler das Mikrofon in die Hand. „Ich wünsche mir, ab sofort der zukünftige Erbe des Leisp Unternehmens zu werden.“ Schlagartig wurde es in der Halle still. Man hat viele Wünsche erwartet. Aber diese Antwort des Duellanten schockierte die Zuhörer. Man merkte, die Anwesenden versuchten Worte für diese Situation zu finden. Zwei der vier Sponsoren sprangen sogar auf, um ihrem Widerspruch Ausdruck zu verleihen. Denn dieser Wunsch war, um es in einem Wort zusammen zu fassen: LÄCHERLICH! Jedoch sorgte Herr Leips für eine weitere Überraschung. Ein warmes, freundliches Lächeln bildete sich auf seinen Lippen und ein anerkennendes Nicken folgte. „Dann heiße ich dich in meiner Familie herzlich willkommen. Ich bin mir sicher, dass du die Leisp Company zum größten Global-Player [größten Unternehmen] machen wirst.“ Wer jetzt nicht schon in Ohnmacht gefallen war, schien es spätestens bei diesen Worten nun getan zu haben. Niemand rechnete mit so einem Turnierende. Es herrschte Fassungslosigkeit, Ungläubigkeit und Skepsis, aber auch Neid unter den Anwesenden. Nach und nach leerte sich die Halle. Alle Freunde versammelten sich um den Gewinner. Selbst Nico Leisp fand sich darunter. Fleißig wurden Glückwünsche ausgetauscht. Sie schienen kein Ende zu finden. Irgendwann jedoch schaffte es die Gruppe, sich von alle dem loszureißen. Ihnen fiel auch plötzlich das Fehlen einer bestimmten Person auf. Wo war bloß André?
 

Die Gruppe wollte gerade loslaufen, als Leon kurz stehen blieb. Er bemerkte, wie Sir [Herr] Seto Kaiba Senior die Tribüne verließ. Eine junge Frau in einem Bürodress gesellte sich zu ihm. „Sagen Sie Mrs. [Frau] Ryo, wo ist mein Sohn?“, fragte er die Dame. In seiner Stimme herrschte die altbekannte Eiseskälte. Doch selbstbewusst antwortete die Angestellte. „Master Kaiba befindet sich momentan im Krankenzimmer der Duellakademie.“ Die blauen Augen ihres Vorgesetzten beäugten sie misstrauisch. „Was hat der im Krankenzimmer zu tun?“, harkte er im barschen Ton nach. Das Fräulein räusperte sich kurz. „Master Kaiba hat einen angeschlagenen Schüler ins Krankenzimmer gebracht. Dies haben mir die Wachleute mitgeteilt. Es handelt sich um den Jungen, gegen den ihr Sohn in der zweiten Duellrunde gewonnen hatte.“ Seto Kaiba erhob eine braune Augenbraue. Dann begann der ältere Herr zu grinsen. „Dieser gutherzige Narr. Mrs. [Frau] Ryo, sorgen Sie dafür, dass Takeo pünktlich zum Abflug an den Helikopter Landeplatz erscheint.“ Mit diesen Worten wendete sich der Geschäftsmagnat von der Frau ab und verließ in Begleitung von Sicherheitskräften die Halle. Die Dame verbeugte sich mit den Worten: „Sehr wohl, Mr. [Herr] Kaiba“. In diesem Moment wurde es Leon schlecht. Er hatte alles mitgehört. Jedes einzige Wort verstanden. „OH nein! Was ist schon wieder mit André?“ Im Eiltempo bewegte er sich in Richtung Krankenstation. Auf seinen Weg umschwirrte ihn ebenso die Frage: „Was hat dieser Kaiba Schnösel bei ihm zu suchen?“ Die ganze Gruppe hatte die Konversation und das anschließende davon Rennen des Älteren mitbekommen. Schnell folgten sie ihm. Jeder besaß andere Sorgen. Kazuo konnte es einfach nicht fassen, dass nach allem Trubel, wieder ein neues Problem auftauchte. Verdienten sie denn nicht eine Sekunde Ruhe?
 

Langsam erwachte André aus seinem komaähnlichen Zustand. Er öffnete die Augen zu einem winzigen Spalt. In seinem getrübten Blick erkannte er wieder die blauen Augen. Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen. Mit schwacher Stimme begann der Schüler seinen Besucher anzusprechen. „Schön, dass du da bist. … Bitte, halte meine Hand.“ Der rechte Arm erhob sich. Die Gestik wurde von seinem Gegenüber verstanden. Dieser ergriff die feingliedrige Hand und umschloss sie mit seiner eigenen. Ein angenehmes Gefühl breitete sich in André aus. Es war einfach unvorstellbar schön. Sein Sitznachbar rückte etwas näher, um zwei, drei Haarfasern, die im Gesicht des Jungen lagen, zu beseitigen. Diese Nähe verstärke das Glücksgefühl des Grauäugigen umso mehr. Mit der Kraft, die er besaß, erhob sich der Liegende. Dabei lächelte er. „Du bist so lieb. … Du bist mein Ein und Alles. … Ich liebe dich.“, redete der Volleyballer kurz, bis seine andere Hand den Kopf des Anderen zu sich zog. Beide schlossen die Augen. Ihre zarten, leicht feuchten Lippen vereinigten sich. Jeder konnte den Atem des jeweils anderen Mannes auf der Haut spüren. Die Zeit, die wie ein Zahnrad funktionierte, stockte langsam in ihrer Bewegung. Für einen kurzen Moment blieb sie stehen. Plötzlich flog die Tür des Krankenzimmers auf. Jemand großes stand in der Tür. Er schnaufte außer Atem. Dann ertönte die Worte: „ANDRÉ! WAS MACHST DU DA!?!“
 

Wie vom Blitz getroffen riss der Angesprochene die Augen auf. Die Stimme gehörte nämlich nur einer einzigen Person. Und diese Person war nicht die gleiche, die der Jüngere gerade liebevoll küsste. Der Geschockte stieß den Liebkosten von sich und starrte dann auf seinen Partner. Schweiß lief, Angst und Panik stiegen in ihm auf. Völlig von der Rolle brachte der Ertappte kein Wort aus seinem Munde. Gelassen erhob sich Takeo vom dem Stuhl, auf dem er vor wenigen Sekunden noch saß. In wenigen Schritten erreichte der Firmenerbe den Ausgang. Bevor er die Szenerie verließ, stoppte Takeo an der Seite von Leon. Ihre Blicke trafen sich nicht. „Der Kleine kann gut küssen. Ich werde dich mal mit ihm allein lassen.“, gab der Saphirblauäugige kurz von sich. Dann verschwand er aus der näheren Umgebung. Der angesprochene Student ballte die rechte Faust. In einer fließenden Bewegung knallte die Tür hinter ihm zu, während sein Weg zu dem Erwischten führte. Wer jetzt in das eisblaue Augenpaar sehen konnte, dem wurde bewusst, was nun André blühte. Kurz bevor die Tür zugeknallte, schafften es Kazuo und Tobi rechtzeitig in das Zimmer zu schlüpfen. Beide verstanden nicht, was gerade passierte. Wie fest gefroren betrachteten sie den sitzenden Einhorn-Duellant. Jeder wusste, dass sie jetzt etwas unternehmen mussten. Doch wollte ihr Körper einfach nicht auf ihre Ambition hören. Noch immer saß André senkrecht in dem Krankenbett. Wie eine zu Stein erstarrte Skulptur. Leon kam immer näher. Seine sonst so sanften Augen glühten förmlich vor Wut.
 

Wenige Zentimeter vor seinem Geliebten blieb er stehen. Fixierte ihn mit seinem ernsten und unverkennbaren Blick. Die Fäuste geballt. Einige Minuten schwiegen sie nur. Als der Kleinere von beiden schluckte, begann der Student zu reden. „Wie es scheint, bist du wohlauf. Hat dir die kleine Sonderbehandlung gefallen?“. Der Sarkasmus in seinen Worten war nicht zu überhören. Dem Halbfranzosen wurde bei dieser Frage schlecht. Mit zitternder Stimme erwiderte er: „Was für eine Sonderbehandlung? … Falls du von dem Kuss mit diesem Typ spricht, es ist nicht so wie es aussieht.“ Kaum hatte André zu Ende gesprochen, begann Leon zu grinsen. „So. So. Es ist also alles anders.“ Er wendete sich von dem Gesprächspartner ab und schaute sich im Raum um. Sein Blick fiel auf eine blaumarmorierte Vase, die auf einer Art Nachtischchen stand. Völlig besorgt, durch das recht ruhige Verhalten seines Gefährten beunruhigt, stotterte der Grauäugige weiter. „Leon. … Ich weiß gerade nicht wie es dazu kommen konnte. … Bevor ich hierher gelandet bin, ist etwas passiert. Aber meine Erinnerung ist wie weggeblasen. Ich kann mich nur an eins erinnern: Ein Mann mit blauen Augen hat mich hier her getragen. Ich dachte du sei’s. … Bitte sage doch etwas. Ich liebe dich doch!“ Plötzlich gab es einen lauten Knall. In einem Bruchteil einer Sekunde hatte der Zuhörer die Vase vom Stellplatz geschmissen. Sie zersprang in unendlich viele Einzelteile. Erschrocken stockte dem Sprecher der Atem. Leon drehte sich kurz zu ihm. „Du sprichst von Liebe. … Gerade du! … Derjenige, der einem wildfremden Mann sagt: Ich liebe dich! … Und das alles vor meinen eigenen Augen.“
 

Die Tür öffnete sich. Die Stationsschwester trat ein. „Was ist das für ein Lärm? Was ist passiert.“ Ein schneller Blick reichte aber aus, um ihre Frage selbst zu beantworten. Der 25 Jährige löste sich von dem kreidebleichen Gesicht, welches der Harpyien-Duellant besaß. „Keine Ahnung Schwester. Der Wind muss wohl die Vase umgeweht haben.“, antwortete Leon. „Entschuldigen Sie.“ Mit diesen Worten verließ er das Zimmer. Ohne Vorankündigung zeigte sich eine rote Line an seinem Unterarm. Der Verletzte verschwand. Zurück blieben eine ratlose Krankenschwester und ein am Boden zerstörter André. „Ich hole Kehrschaufel und Besen. Ich bin gleich wieder da.“, sprach die Pflegerin kurz den Patienten an, bevor sie auch aus dem Raum entschwand. Als die Tür sich schloss, gab es für den Schwarzhaarigen kein Halten mehr. Sein Kopf fiel in die Hände. Die Hände stützten sich auf die angezogenen Beine ab. Träne für Träne floss aus seinen Augen. Er weinte. Jammerte. Und schrie schließlich: „KOMM ZURÜCK!“ Beide Freunde standen immer noch fassungslos im gleichen Raum. Kazuo hielt die Trophäe in der Hand. Niemand wusste genau, was er unternehmen sollte. Der Rothaarige ging schließlich zum weinenden André. Fix legte er den Pokal ab und umarmte seinen Freund und Zimmerkameraden. „Das wird sich schon wieder klären. Keine Angst.“ Zur selben Zeit stürmte Tobi aus dem Zimmer und versuchte den wütenden Studenten einzuholen. Er wusste genau, was alles wegen einem blöden Missverständnis passieren konnte. Jetzt musste er schnell handeln, bevor es zu spät schien.
 

Wut. Überall in seinem Körper wütete der Zorn. Er ließ ihn nicht mehr los. „Wie kann er es wagen mir ins Gesicht zu lügen. Wieso hat er mich vor meinen Augen so verletzt?!“, dachte sich Leon dabei. Endlich erreichte er sein Ziel. Der Mann schloss die Tür auf und betrat sein Apartment. Etwas knarrte. „Hey Leon, bist du da?“, fragte eine Stimme. Schließlich erschien der Besitzer der Stimme. Es war Sascha. Lässig lehnte er sich an die Wohnzimmerwand an, während sein Zimmergenosse sich seiner Schuhe und dem Oberteil entledigte. „Wie war dein Tag? … Was haltest du von diesem Turnierabschluss?“ Auf die Fragen reagierte der Angesprochene überhaupt nicht. Mit einem Murren schnappte er sich sein Boxerband für die Hände und umwickelte sie mit ihnen. Dann forderte er den, im Raum hängenden Sandsack heraus. Rechts, links, von unten nach oben. Der verärgerte Mensch verarbeitete das arme Trainingsgerät regelrecht zu Hackfleisch. Sascha, der sich das Ganze eine Zeit lang nur ansah, bemerkte in einer kurzen Atempause die Wunde an Leons Arm. Sofort holte er einen Verbandskasten. „Jetzt hol mal Luft und lass mich deinen Arm verbinden!“, redete der Freund auf den Älteren mit ruhiger Stimme ein. Der Verletzte schnaufte und reichte anschließend den Arm. Vorsicht zog Sascha einen kleinen Splitter aus dem Unterarm. Danach desinfizierte und verband er den blutenden Einschnitt. Beide schwiegen. Als die Wundversorgung erfolgreich abgeschlossen war, bot Sascha Leon ein warmes Bad an. Der Blondschopf willigte ein und in wenigen Momenten fand er sich in der dampfenden Flüssigkeit wieder. Er schloss die Augen. „Wieso? … Wieso tut mir André sowas an?“, fragte sich Leon immer wieder. Doch eine Antwort war auf weiteres nicht in Sicht.


Nachwort zu diesem Kapitel:
*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

Story written by Nekokuma und KFutagoh89.

Welcome Back! Dieses Kapitel endet nun.
Aber das nächste steht schon in den Startlöchern.
Wir hoffen, der Anfang hat euch auf den Geschmack gebracht weiter zu lesen.
*doppeltes G-R-I-N-S-E-N
Auf Bald, euer Autoren-Duo Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~

Dieses Kapitel endet wieder.
Wir versuchen das Nächste so schnell wie möglich zu realisieren. ^__^
Auf Bald,
viele Grüße Nekokuma & KFutagoh89 Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~

Und so schnell ist wieder ein Kapitel vorbei.
Nr. 4 folgt demnächst! ^___^
VGs Nekokuma und KFutagoh89 Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
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Story written by Nekokuma and KFutagoh89

Nun ist auch Nr. 4 zu Ende! T-T
Auf Bald, VGs Nekokuma & KFutagoh89

Kapitel 5 ist schon in Arbeit.
*an Nekokuma: Hoffentlich packen wir das! -.-
*an KFutagoh89: Klar doch! xD Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
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Story written by Nekokuma & KFutagoh89

*HA HA HA HA! DENKSTE! KFutagoh89 bekommt Teufelshörner.
*-.- Was geht mit dir ab?
*Die Story ist noch lange nicht fertig! Kazuo wird Leiden. XDDDDD
*-.-’ Beruhig dich wieder!
*Nein! XDDDDD
*KFutagoh89 packen und in Zwangsjacke stecken; SO! Jetzt beruhig dich mal wieder und dann kann es weiter gehen! XD
*O.o -> T-T OK.

^_____________^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
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Story written by Nekokuma and KFutagoh89

*Uhr schauen; O.o „Nekokuma!“
*Ja?
*Es ist 4.00 Uhr morgens!!!!
*O.O ok?
*Kein Wunder, dass ich so schlapp bin! XDDDD
*Gähn, ich geh dann mal ins Bett!
*Und was macht der 8. Zug?
*Der kommt morgen dran. Uups, ich meinte heute Nachmittag. XD
*OK ^^

*An alle Leser: Da seht ihr mal, dass das Leben als Autoren alles andere als Friede, Freude, Eierkuchen ist!!! XD

Bleibt uns bitte Treu! Sonst wäre die ganze Arbeit umsonst!

LG Nekokuma & KFutagoh89

*Futagoh, du schnarchst!
*Nein!
*Doch! -.-
*NEIN!
*DOCH!!!!
Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
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Ende Teil 1 Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
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ENDE TEIL 2

Story written by KFutagoh89 & Nekokuma Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
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Story written by Nekokuma & KFutagoh89

*Schnauf. ENDLICH! Nach Monaten schaffe ich es dieses Mörder-Kapitel zu korrigieren und bin nun völlig fertig! -.-
*Aber hat sich gelohnt! ^^ Jetzt haben die Leser Stoff für die nächste Zeit.
*JEPP, bis sie die nächste Drogenrunde brauchen. -.-
*O.o Willst du etwa behaupten, dass unsere Leser Junkies [Süchtige] sind?
*LOL; bei dieser Menge, die wir schreiben. Dass kann man nur als Droge bezeichnen. xD
* … *Nekokuma denkt nach … *Eigentlich hast recht. ^^

*Autoren stellen sich nebeneinander
Wir bedanken uns für die bisherigen, tollen Feedback [Rückmeldungen].
Tut uns Leid, wenn wir bis zum Abschluss dieses Kapitels so lange gebraucht haben. Wir hoffen, dass euch unsere Arbeit gefällt und garantieren eine Fortsetzung. ;-)

Auf bald, euer Autoren-Duo Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (33)
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Von:  Onlyknow3
2013-05-11T21:39:51+00:00 11.05.2013 23:39
Es scheint alles gut gegangen zu sein und dann,dreht erst Kazuo ab und dann passiert auch noch das mit Takeo Kaiba.Ob sich da was anbahnt zwischen den beiden das wäre doch eine gute Gelegenheit für eine Rivalen.Warum sollte Takeo nicht in die Akademie eintreten.Das Kapitel hat alles in sich vereint,Drama,Hoffnung,Traurigkeit und Schmerz was zum schluß noch Verlustangst Liebeskummer.Ach ja ich würde gerne weiter lesen,aber es ist nichts mehr da.Macht weiter so ich freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  KFutagoh89
12.05.2013 12:07
Wie gesagt Onlyknow, wir sind dabei die FF fort zu führen. Drück uns die Daumen ^^
Von:  Onlyknow3
2013-05-11T17:43:21+00:00 11.05.2013 19:43
HAh ich habs gewusst,das es ein starkes Kapitel wird,es ist mehr als das.Ja ich geb es zu die Geschichte macht mich süchtig nach mehr davon.Es waren wirklich super gute Spielzüge der Duellanten ich möchte mehr davon lesen.Auch das ausscheiden von Andre muss einen Grund haben den dieser noch nicht kennt,aber sein Duell gegen Takeo könnte Tobi nur genützt haben für seine weiteren Duelle bei diesem Wettbewerb.Ach man macht weiter so,ich komme schon aus dem Schwärmen nicht mehr heraus.Freue mich auf jedes neue Kapitel.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  KFutagoh89
12.05.2013 12:05
2 Daumen hoch. Das freut uns. So soll es sein ^^
Von:  Onlyknow3
2013-05-11T15:55:02+00:00 11.05.2013 17:55
Wow,ich bin begeistert,so viele beschrieben Spielzüge kenne ich nur von einer Autorin sonst hier.Was mir bei den letzten Kapiteln nun aber aufgefallen ist,ist das es immer wieder einzelne Sätze gibt wo ein Wort doppelt geschrieben wurde,am Anfang fiel das nicht auf,doch wenn es mehr Text wird und die Kapitel länger werden kommen mehrere solcher Fehler vor.Ist nicht schlimm stört auch kaum beim lesen,nur ist es mir eben klar geworden.Aber sonst sind die Kapitel in Ordnung,auch der Spiel verlauf der Duelle ist sehr gut gelöst,einfach klasse.Macht weiter so,mir gefällt was ich da gelesen habe.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  KFutagoh89
11.05.2013 18:49
Gut das du das sagst. Da müssen wir mehr drauf achte. Uns freut es uns, dass dir das Kapitel gefällt ^^
Von:  Onlyknow3
2013-05-10T22:22:35+00:00 11.05.2013 00:22
Ja da sollte man glauben es ist alles wieder ok,da flippt der liebe Vater aus.Jetzt wird es spannend was weiter passiert,und ob sich Tobi behaupten kann gegen seinen Vater und seine Mutter für Kazuo seine große Liebe.Leon und Andre werden ihm sicher helfen mit Rat und Tat,und ihn vielleicht auch das eine oder andere mal trainiern.Mach weiter so,mich zieht es weiter zu lesen,und das werde ich auch tun,freue ich mich doch sehr auf die kommenden Kapitel.Sehr gut geschrieben,und auch die Gefühle der Vier kommen rüber als wäre man direkt dabei.Als Tobi gegen Kazuo gekämpft hat und auch als Andre der Gegner war liefen mir die Tränen.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  KFutagoh89
11.05.2013 00:33
2 Daumen hoch. So soll es ein. Der Leser soll live dabei sein
Antwort von:  Nekokuma
11.05.2013 10:21
Man soll sich nicht über Tränen freuen, aber das ich es geschafft habe meine eigenen Gefühle so in den Text zu übertragen, dass es auch bei den Lesern ankommt. Macht mich einfach Glücklich :3 Vielen, vielen, vielen Dank für deine Klasse Kommentare zu den einselnen Kapiteln.
Von: abgemeldet
2013-05-10T21:18:29+00:00 10.05.2013 23:18
So, ich habe jetzt alles durchgelesen :)
Die Charas sind wirklich sehr sympatisch, nicht nur die alten Gesichter, die man aus den Yu-Gi-Oh Sendungen schon kennt ( und wirklich gut "in character" gehalten sind- and dieser Stelle großes Lob!) sondern auch die eigenen Charas. Eigentlich mag ich so "OC-Stories" nicht so gerne, aber diese habe ich wirklich gerne gelesen und werde sie auch noch weiter verfolgen ^^
Die Story ist spannend und wirklich witzig (z.B. die Beschreibung des Eis-Tests im Zeitungsartikel beim 1. Teil des großen Turniers)Selbst die Duelle, die schon in der Serie auf dauer einfach nur langweilig werden, bleiben hier wirklich spannend. Und man merkt auch, dass ihr euch mit dem Kartenspiel auseinander gesetzt habt und es vielleicht sogar selbst spielt ^^
Sehr schöne Geschichte, einfach nur klasse :3


Antwort von:  KFutagoh89
10.05.2013 23:22
2 Daumen hoch
Antwort von:  Nekokuma
11.05.2013 10:19
Yay meine Eis-Test ist gut angekommen :3
Antwort von: abgemeldet
11.05.2013 13:28
Ich fand den echt witzig :D Insgesamt eine echt super coole Story, wie bereits geschrieben ^.^
Von:  Onlyknow3
2013-05-10T06:59:19+00:00 10.05.2013 08:59
Oh,oh,da hat jemand ärger bekommen von zu Hause,oder? Tobi macht das sicher nicht aus reiner Freude um Kazuo zu quälen,es wird diesem genau so weh tun wie Kazuo.Das sich Leon und Andre gefunden haben ist super,schön das bei diesen nun geklappt hat.Hoffe das sich Tobi bald besinnt und sich Kazuo öffnet und ihm sagt was wirklich los ist.Weiter so,das war ein tolles Kapitel,mir hat es gefallen.Mach weiter so,freu mich auf weitere Kapitel.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  KFutagoh89
10.05.2013 14:18
Hehe. Nun ja, wenn du die Hintergründe kennst, dann verstehst du Tobi dann besser ^^ Danke für die tollen Kommis. Du bist die Beste!
Antwort von:  Nekokuma
11.05.2013 10:17
Immer wieder dieses Lob XD Es ist super so etwas zu lesen und vor allem bei dingen, wo man sich selbst viele Gedanken gemacht hat. Trotzdem irgendetwas muss doch auch stören, so perfekt wie du uns hinstellst ist doch niemand XD
Von:  Onlyknow3
2013-05-09T20:58:29+00:00 09.05.2013 22:58
Sehr gute Lösung für die Beiden Streithähne,so kann man auch etwas bewirken ohne das es gleich mit Gewalt endet.Wie es zwischen Leon und Andre weiter geht darauf bin ich gespannt,und freue mich schon auf die kommenden Kapitel.Mach weiter so,hab es schon mal erwähnt das mich die se Geschichte Fesselt.Das habt ihr Zwei sehr gut gemacht Nekokuma und Kfutagoh89.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  KFutagoh89
10.05.2013 00:08
Es freut uns, dass es idr so gut gefällt. ^^ Wir werden schauen, dass es auch dabei bleibt ^^
Antwort von:  Nekokuma
11.05.2013 10:14
Das hört man immer wieder gerne. ^^
Von:  Onlyknow3
2013-05-09T18:48:51+00:00 09.05.2013 20:48
Das ist ein sehr gutes Kapitel,aus der Sicht von Leon und Tobi geschrieben.Auch die Erkenntnisse der Beiden zu dem jeweils anderen ist mehr als erstaunlich.Wobei ich Leon es nicht abnehme das er ein Schwulen Hasser ist.Das wird noch ganz interessant werden,zum eine zwischen Tobi und Kazuo und zum anderen was entsteht bei Leon und Andre.Weiter so,bin echt begeistert,mit jedem Kapitel mehr.

LG
Onlyknow3
Von:  Onlyknow3
2013-05-08T17:40:15+00:00 08.05.2013 19:40
Ganz sicher nicht Nekokuma,aber danke für deine Sorge wegen meiner Gesundheit.Freue mich aber dir noch mehr Kommis zu kommen.

LG
Onlyknow3
Von:  SSJUkyo
2013-05-08T13:17:56+00:00 08.05.2013 15:17
Endlich löst sich das Geheimnis um Tobi, aber die Probleme wollen nicht abreißen. Kein Wunder, bei diesem verrückten Vater ^^°
Antwort von:  KFutagoh89
08.05.2013 16:06
Jepp, der Vater ist genial. Aber warte mal ab ;-)
Antwort von:  Nekokuma
08.05.2013 19:15
Johannes Leisp ein Charakter, der schon als Startgedanke in meinem Kopf mir Freude bereitet hatte. Ihn zu schreiben macht immer wieder Spaß XD


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