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Elfenharmonie

von

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Prolog

Die Nacht schien kein Ende nehmen zu wollen. Dunkelheit durchzog die Straßen und Wolken versperrten den Blick zum Mond.

Mona kam keuchend zum stehen und blickte gehetzt über ihre Schulter. Hatte sie ihre Verfolger abgehängt? Sie lauschte angestrengt. Ein Hund bellte, zwei Katzen stritten sich um etwas, ein Penner durchstöberte eine Mülltonne. Aber kein Getrampel von schweren Stiefeln oder Rufe. Sie atmete zischend aus.

Vielleicht hatte sie es nun endlich geschafft. Sie sah sich noch ein letztes Mal hektisch um bevor sie in einer Gasse verschwand und dort einige verschlungene Abzweigungen nahm. Sie lief auch einige Male wieder zurück, nur um dann dem anderen Weg zu folgen. So ging sie auf Nummer sicher, dass sie nicht so schnell gefunden werden würde.

Fieberhaft suchte ihr Verstand ein Versteck für den Rest der Nacht. Morgen würde sie sich verkleiden müssen, aber erst einmal brauchte sie Ruhe von der Jagd.

Plötzlich brüllte jemand über den ganzen Block, schimpfte über die Soldaten, die ein kleines Mädchen verloren hatten. Sie zuckte zusammen und rannte los. Sie machte sich keine Gedanken mehr über die Abzweigungen und sprang hoch auf eine Feuerleiter. Sie sah nach unten, es war einige Meter hoch. Das würde die Polizisten verwirren. Zufrieden, aber der Gefahr in der sie sich befand nur allzu bewusst stieg sie die Treppen hinauf, rannte geduckt über das Dach und lies sich auf der anderen Seite auf die Treppe nieder. Auf dem Weg nach unten sprang sie auf ein anderes Gebäude und zog ihren Pullover aus. Diesen warf sie auf die Straße, das würde die Köter bestimmt einige Augenblicke ablenken. Dann war sie auch schon wieder auf dem Weg zum nächsten Gebäude.

Mona überlegte weiter wo sie hin könnte und hatte plötzlich einen Geistesblitz. Sie sprang noch ein Gebäude weiter und lies sich dann auf die wenig befahrene Straße hinab. Die Stimmen waren näher gekommen. Verdammt.

Schnell überquerte sie die Kreuzung und steuerte direkt auf den Fluss zu, der sich durch die Mitte der Stadt zog. Ohne zu zögern wollte das Mädchen hineinspringen, sie wusste dass sie der reißenden Strömung kaum etwas entgegenzusetzen hatte.

Kurz bevor sie den Boden verließ umfingen sie aber zwei muskulöse Arme und zerrten sie einige Schritte zurück. Mona unterdrückte einen Schrei und wollte sich losreißen, als sie eine bekannte Stimme vernahm: „Mona, halt still! Ich will dir nicht wehtun“

Sie zuckte zusammen. Mit Dorian hatte sie nicht gerechnet. Ihr Stiefbruder war vom ersten Tag an freundlich gewesen. Aber sie hatte seinen Blick immer länger auf sich gespürt, als nötig. „Lass mich los“, fauchte sie und zerrte an seinen Händen, die sich nur noch ein wenig fester um sie schlossen.

Sie schloss ihre Augen und atmete einmal tief ein. „Wenn du mich nicht sofort loslässt“, sie sprach völlig monoton, „dann brech ich dir beide Arme.“ Mann musste Dorian zugutehalten, dass er nicht zusammenzuckte. Er lockerte seine Umarmung, hielt sie jedoch noch am Handgelenk fest.

„Wieso gehst du?“ In seinen Augen blitze seine Besorgnis auf und Mona wurde etwas ruhiger. Aber sie hörte wie die Polizisten näher kamen, er hielt sie auf.

„Das fragst du noch?“, gab sie schärfer als beabsichtigt zurück, „Du weißt genau was sie machen wollen.“ Sie machte eine kurze Pause, lies den Kopf hängen und flüsterte dann: „Lass mich jetzt bitte los.“

Dorian hörte den Schmerz heraus, wurde sich bewusst das er sie nicht würde aufhalten können und lies sie los. Er hauchte nur noch „Pass auf dich auf“ und verschwand dann um die Wachen auf eine falsche Spur zu führen.

Kurz aus der Fassung gebracht, taumelte Mona und versuchte zu begreifen warum Dorian sie überhaupt aufgehalten hatte.
 

Monas Gedanken fanden einen Weg in die Vergangenheit. Mit fünf war sie dem, zu diesem Zeitpunkt elf Jahre alten Dorian zum ersten Mal begegnet. Sie hatte ihn mit großen, runden Kulleraugen angeschaut. Sein dunkelbraunes, kurzgeschnittenes Haar hatte ihr gefallen und sie starrte in seine braunen Rehaugen.

Er war etwas zurückhaltend, doch als sie ihm ein strahlendes Lächeln mit dem Wort „Bluda!“ schenkte und gleichzeitig die Arme zu einer Umarmung ausbreitete taute er auf und umarmte sie herzlich. Von diesem Zeitpunkt war er ständig an ihrer Seite. Sie folgte ihm auf Schritt und Tritt, denn sie erkannte die Güte die in ihm stecke.

Als sie fiel und sich ein Knie aufschlug war er an ihrer Seite bevor sie auch nur daran denken konnte zu heulen. Er brachte sie mit komischen Grimassen zum Lachen und sie vergaß den Schmerz auf der Stelle. Danach hatte er sie zum Krankenflügel ihrer Villa gebracht, wo er sie die ganze Zeit über ablenkte.

Danach dachte Mona an ihre Schulzeit. Dort war sie wegen ihrer Haar- und Hautfarbe immer gehänselt worden und lief weinend zu ihrem Beschützer. Sie erzählte ihm alles und er tröstete sie und lenkte sie dann mit immer neuen Spielen ab.

Sie musste kichern als sie an Thomas dachte, der kurz nachdem er sie an den Haaren gezogen hatte mit einer Glatze und einem sehr wütenden Blick in die Schule gekommen war. Oder an Hannah, die einmal mit einem zerrissenen Schulranzen aufgekreuzt war und mächtigen Ärger von den Lehrern bekam. Sie hatte am Vortag Monas Tasche durch den Dreck gezogen. Ähnliche Dinge waren wieder und wieder passiert und immer nur denen, die Mona geärgert hatten. Irgendwann traute sich niemand mehr sie auch nur schief anzuschauen.

Wenn sie so darüber nachdachte, konnte es gut möglich sein, das Dorian hinter all diesen Dingen steckte. Es war sogar sehr wahrscheinlich, jedoch konnte ihm nie jemand etwas nachweisen. Als sie heimkam hatte er dann gegrinst und nach ihrem Tag gefragt. Sie hatte nur gelacht und ihm erzählt wie die anderen reagierten, hatte immer geahnt, dass er es war der sie beschützte.

Denn das war etwas, von dem sie nur wenig erfahren hatte. Schutz. Ihre Eltern waren früh gestorben und sie war von den Christensens aufgenommen worden. Mona war auch dankbar dafür. Aber sie hatte nie auch nur einen Funken Zuneigung von den Zieheltern gespürt. Das Mädchen konnte es den Feen nicht verdenken – sie war keine der ihren. Später hatte sie herausgefunden dass es ein Fehler der Vermittlung gewesen war. Aber Dorian hatte durchgesetzt das sie bleiben konnte.

Sie war noch so klein gewesen und hatte nach Aufmerksamkeit gelechzt, doch nur der Bruder schenkte sie ihr. Von Mercedes und Claude wurde sie vehement ignoriert. Mona hatte anfangs geglaubt das es an ihr läge, doch als sie die Wahrheit erfahren hatte, hatte sie sich immer weiter zurückgezogen und war fast gar nicht mehr Zuhause. Dorian war darüber sehr wütend geworden und sie hatten tagelang gestritten. Doch sie hatte nicht nachgegeben und ihn schließlich aus ihrem Leben verscheucht, auch wenn es ihr nicht leicht gefallen war. Er war der einzige der ihr jemals halt gegeben hatte. Doch Mona konnte es nicht ertragen, das seine Eltern angefangen hatten auch ihn zu ignorieren.

Letztendlich wollte Claude sie in eine fremde Familie verheiraten. An einen über hundert Jahre älteren Mann. Gut, da Feen unsterbliche Wesen waren, war das nichts Ungewöhnliches. Aber Mona kannte ihn nicht und eine Heirat verband einen lebenslang. Sie wollte nicht an jemanden gebunden sein, der sich als ein korrupter Höllenhund herausstellte. Und das war er, wie ihre heimlichen Nachforschungen herausgestellt hatten.
 

Das Mädchen kam wieder in der rauschenden Gegenwart an und schüttelte immer noch benommen den Kopf. Nun war sie hier, hatte ihren einzigen Freund vergrault und war nun ganz allein auf der Welt. Sie hatte nichts mehr zu verlieren und so sprang sie, nachdem sie sich noch ein letztes Mal gestattete sich nach Dorian umzusehen der gerade mit dem Haufen Lykanthropischen Polizisten diskutierte.

Ohne Angst vor dem Tod warf sie sich dem schwarz glitzernden Nass entgegen. Mit dem Leben abgeschlossen hatte sie schon von dem Augenblick an, wo sie entschieden hatte zu fliehen. Das Wasser des Jordans kam immer näher, Monas Biest zerrte an ihrer Haut wollte raus, sie retten. Doch sie bekämpfte es und spürte das kühle Wasser aufspritzen. Sie tauchte komplett unter und wurde sofort von der Strömung mitgerissen.

Sie dachte daran, dass sie sich noch bei ihrem Bruder entschuldigen und danken wollte. Dass sie noch nie einen Wald gesehen hatte und kaum ein Tier in dieser Menschenverseuchten Stadt. Eine Liebe hatte sie nie erfahren und vielleicht würde sie das auch nicht mehr. Sie bedauerte noch so viel und doch war es ihr egal.

Mona kämpfte sich an die Oberfläche, holte tief Luft und wurde wieder hinab gezogen in die tiefe Dunkelheit des Flusses. Sie versuchte zu kämpfen, einen Weg zu finden wieder heil wegzukommen. Auch wenn sie mit dem Leben abgeschlossen hatte – sie wollte wenn es möglich war dennoch einmal wirklich leben.

Plötzlich spürte sie einen stechenden Schmerz und ihr Blickfeld verdunkelte sich.



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