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Was passierte am ersten August?

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was passierte am ersten August?

Was passierte am ersten August?
 

Der Tag begann gerade erst. Die Sonne stieg über die ersten Gipfel des Gebirges, doch im Tal war schon reges treiben. Das Vieh wollte versorgt sein, die Kühe gemolken, die frische Milch auf den Markt gebracht werden. Der Stall ausgemistet, die Tränken, gefüllt und die Futterstände mit frischem Heu versorgt. Zusätzlich sollte frisches Wasser im Haus sein und Holz für die Nacht aufgestapelt. Und all das sollte Annmarie noch vor dem Mittag schaffen, damit sie dann für ihren Vater das Mittagessen zubereiten konnte. Ihre Brüder waren auf dem Feld und holten die Ernte ein. Ihr Vater war mit dem Wagen und ihrem einzigen Pferd zum Markt gefahren, um die frisch gemolkene Milch zu verkaufen.

Jetzt, so allein mit ihren Gedanken, konnte sie einmal kurz Luft schnappen und die eigentlich schöne Landschaft genießen. Der Rauch, der aus dem Naturstein gebauten Schornstein hoch stieg, zeugte davon, dass ihre kleine Schwester es geschafft hatte, das Feuer zu entzünden, das in der Nacht leider erloschen war. So war der Ofen nachher wenigstens warm.

Ein Windhauch wehte durch ihr brünettes langes Haar und sie drehte sich dem Wind entgegen, etwas von dem zu erschnuppern das aus fernen Ländern kam. Die ersten Sonnenstrahlen blendeten sie und so schloss sie die Augen. Die Nacht über hatte es sehr heftig geregnet, doch es war keine Seltenheit um diese Jahreszeit und in den Bergen. Kein Wunder, dass sie nur knapp über die Runden kamen. Besonders da ihr ältester Bruder nun auf Reisen war. Zu einem Treffpunkt der drei Täler verbinden sollte.

Sie atmete noch einmal die von Feuchtigkeit geschwängerte Luft ein, zog sie tief in die Lungen, um daraus Kraft zu schöpfen für den Tag. Öffnete ihre ebenholzbraunen Augen und sah noch wie die von Bäumen übersäten Berge langsam ihre Frühnebelschwaden losließen. Dieser Tag sollte sehr sonnig sein, das erkannte sie an den Wolken am Himmel. So wie sie es immer vorhersagen konnte.

Ein weiterer Windhauch, der ihr entgegen wehte und ein weiterer Atemzug, um die Last des Morgens zu verdrängen und sich dem Tagesgeschehen zu widmen. Bald, so hoffte sie, würde Karl wieder da sein und von dem Treffen berichten, so lange musste sie ihre Brüder anweisen den Hof und das Haus zu halten. Ihr Vater war alt, zu alt um alles allein zu bewältigen und nachdem ihre Mutter von ihnen gegangen war, durch einen Überfall einer Nachbarregion, wollte er auch nicht mehr so richtig für sich selbst leben. Annmarie hoffte das er auf dem Markt wenigstens heute einen guten Preis für ihre Milch bekommen würde, denn nur so konnten sie es schaffen alle 7 Mäuler satt zu bekommen.

Karl war der älteste und würde bald gehen. Annmarie selbst hoffte, dass sie einen jungen Mann finden würde, der ihr genauso viel Freiheiten geben würde, wie ihre Eltern. Retro, war der spaßigste der Familie und mit seinem feuerroten Haar würde er bestimmt in eins, zwei Jahren die Mädchen im unteren Tal bezirzen. Nur ein Jahr jünger war Joscha, der das kleine Schlitzohr in der Familie war. Seine ebenso ebenholzbraunen Augen glitzerten, wenn er einen neuen Einfall hatte. Und dann war da noch Michaela. Die jüngste in der Familie und auch das Liebchen von allen. Annmarie fragte sich manchmal, ob sie später einen guten Mann bekommen würde, denn es war in ihrer Zeit wichtig, für die Zukunft zu sorgen. Klar war das Karl den Hof behalten oder aber sich ihn mit Retro teilen würde. Annmarie hoffte, dass sie einmal nicht so weit von ihren Brüdern weg müsste.

Doch genug der Gedanken, ab ans Tagewerk. Ehe die Sonne noch über den Zenit stieg und Annmarie ihr Mal nicht fertigstellen könnte bis ihr Vater zurück kam. So kehrte sie fix noch das Stroh vor der Türe zusammen und holte sich die Stiege, um das Holz im Haus aufzufüllen und zu stapeln. Danach noch mit dem Holzbottich das Wasser aus dem Brunnen holen und auf der Kochstelle aufsetzten. Mit ihren 8 Jahren könnte Michaela ja schon die Kartoffeln schälen, die letzten die sie hatten. Damit sich Annmarie noch um die Wäsche kümmern konnte. Dazu müsste sie mit der Stiege zum Fluss hinunter und die Laken dort über das Reibbrett ziehen.

Ihr Vater kam ungewöhnlich spät vom Markt, doch den Wagen voll beladen. Hatte er etwa so einen guten Preis bekommen? Ihre Brüder kamen auch gerade vom Feld und halfen all das zu verstauen das ihr Vater besorgt hatte. Er war wie immer schweigsam und sein graues Haar wehte im Wind durcheinander. Er beobachtete seine Kinder und hoffte auch, dass bald sein Ältester zurück kommen würde. Sein Hof brauchte eine feste Führung und so gut sich Annmarie bemühte, sie war nicht Karl. Sie war eine Frau und das machte ihn schon fast zum Gespött am Marktplatz. Der Pfarrer war auch erst heute wieder zu ihm gekommen, dass Annmarie doch zu einer sehr hübschen und wohlgeformten jungen Frau herangewachsen wäre und er doch darüber nachdenken sollte, sie mit ihren 16 Jahren zu verheiraten, solange er noch die Kraft hatte. Doch Alfons, wollte sie nicht zur Ehe zwingen, keines seiner Kinder. Sie sollten einmal so wie er, aus Liebe den Bund fürs Leben vor der Kirche und der Welt halten.

In Gedanken, sah er zu den Bergen hinter denen sich der Vierstädtersee befand, dort war sein Karl jetzt mit vielen anderen jungen Männern. Nach dem der deutsche Kaiser Rudolf von Habsburg gestorben war, mussten sie handeln um ihre Freiheit zu erhalten. Und Karl war nun mal einer der hellsten Köpfe im Tal, gewitzt mit der Zunge und dem Verstand. Ein guter Redenführer, den er sonst auf den Markt am Morgen schickte. Alfons glaubte, heute nur so ein guten Tausch erbracht zu haben, da viele Leute im Tal Mitleid hatten, dass er als gestandener Mann die Führung einer Frau überließ.

Während Annmarie das Essen auftischte, ein Leib Brot und eine etwas zu fade gelungene Suppe, dachte Alfons über die Nachbartäler nach. Uri, war eine schöne Region, zum Leben und auch zum Arbeiten. Unterwalden hatte auch seinen Reiz für die Menschen. Und Schwyz, ja Schwyz, war seine Heimat. Auf die er nichts kommen ließ. Manchmal dachte er daran, was wäre wenn, seine Frau noch da wäre, ob sie hätte Karl auch ziehen lassen? Dabei wollte sie doch immer alle Kinder bei sich haben.

Sein zweitältester musterte ihn schon und erst als Alfons nickte, fragte er ihn was er denn denke. Alfons meinte, über die Verhandlungen, über eine Allianz der drei Regionen nach zu denken. Was ja auch der Wahrheit entsprach. Seit Tagen dachten alle im Tal darüber nach, fragten sich welche Redensführer die anderen Täler und Gemeinden schickten, ob sie sich zu einer Allianz verbinden konnten. Vor allem ob alles auch friedlich ablaufen würde. Ob sie auch gut untergebracht waren, nach dem heftigen Regen der vorherigen Nacht zu schließen und ob alle auch angekommen waren. Bis jetzt war noch kein Bote gekommen um den Beginn der Verhandlungen zu bestätigen.

Ende Juli konnte man kaum die kräftigsten Gesellen entbehren, sie alle wurden auf dem Felde gebraucht, und so blieb es nun an Retro und Joscha, das Feld zu Unterhalten, das Alfons hinter dem Haus hatte. Er selbst würde nachher nach den Kühen sehen und mit Annmaries Hilfe, sie auf eine andere Weide bringen. Das Mädel hatte ein Händchen für die Tiere und auch fürs Wetter. Er konnte sich immer drauf verlassen, was sie vorhersagte. Seine Jüngste würde auf dem Hof bleiben und die Hühner einfangen, die mal wieder durch den undichten Zaun geflohen waren. Dolange sie der Fuchs nicht holte, sollte es egal sein, aber in der Nacht, da wollte er sie sicher wissen.

Am Abend teilten sie sich wieder einen Laib Brot und die frische Butter zusammen mit etwas Salz. Joscha schürte noch einmal das Feuer für die Nacht, als es an der Tür klopfte. Der lang ersehnte Bote, der die Ankunft aller bestätigte und den bisher friedlichen Verlauf der Vertragsverhandlungen. Mit einem Stück des Brotes als Dank, machte sich eben dieser blonde junge Mann wieder auf den Weg zu dem Nächsten, der die Kunde noch nicht kannte. Erleichtert legte sich Alfons ins Bett, ein aus Stroh zu Recht gemachtes Lager, neben ihm seine zwei Söhne. Seine Töchter lagen nicht weit entfernt, durch ein Laken das von der Decke hing aber getrennt. Er hörte noch wie Michaela kicherte, bis jeder einschlief.
 

Die Nacht war stürmisch und verregnet und Karl wünschte sich einmal mehr zu Hause auf dem Hof zu sein und am warmen Feuer zu schlafen. Früh aufzustehen um die Kühe zu versorgen und dann am Markt die Milch zu verkaufen, mit dem ein oder anderen jungen Magd zu flirten, bevor er Einkäufe erledigte und zum Hof zurückkehrte. Doch wusste er auch, dass diese ihm übertragende Aufgabe, eine sehr wichtige war. Er legte all seinen eigenen Stolz darin, die Verhandlungen zu einem Guten Ende zu führen.

Nach drei Tagen und Nächten, brach der Morgen des ersten Augusttages an. Die Feuchtigkeit der Nacht, hing in den kurz geschorenen Wiesen und die ersten Sonnenstrahlen versuchten über die Gipfel zu strahlen. Karl sehnte sich nach der Vorhersage seiner Schwester, doch auch so wusste er, dass in den nächsten 2 Stunden wenigstens die Sonne scheinen würde.

Die ersten jungen Männer regten sich und schürten die vereinzelten Feuer, die in der Nacht erloschen waren durch den Regen. Einer dieser Männer war Pius, ein junger Mann aus Unterwalden. Sein Tiefbrauenes Haar hing wirr vom Kopf und die ein oder andere Magd vom Ort, fand das sehr anziehend. Pius reckte sich und bog den Rücken als wenn er eine der streunenden Hofkatzen wäre. Dann fuhr er sich über das Gesicht und lief zum See, dabei zog er sein Hemd aus und im Laufen auch die Schuhe und die Hose. Mit einem Platsch hörte Karl nur, das Pius sich wohl eine Morgenwäsche gönnte.

Aerne, ein schwarzhaariger etwas älterer Mann, der Kind und Frau auf dem Hof lies, stellte sich neben Karl. Er kam aus Uri und sein Dialekt klang etwas Befremdlich am ersten Tage für Karl, doch jetzt waren sie fast unzertrennlich. Beide haben mit ihren Zungen gefochten und würden es auch heute tun, so wahr ihnen Gott helfe dabei.

Es dauerte lange bis der Geistliche, der schreiben konnte, endlich zu Pergament und Feder greifen konnte. Am ersten Augusttage des Jahres 1291. Gründeten die drei Täler Uri, Schwyz und Unterwalden eine Allianz in der sie sich gegenseitig die Treue und Unterstützung versprachen. Sie unterzeichneten den Rütlischwur, wie er später genannt wurde und zogen in ihre Täler zurück.

Karl wanderte einen Tag lang durch die Wälder, bis er vor dem Hofe seines Vaters stand. Seine kleine Schwester sah ihn und lief auf ihn zu. Er wusste nicht, dass eine Woche so lang sein konnte und er selbst das Energiebündel von Schwester er vermissen konnte. Er setzte sich am frühen Mittag in die Küche des Hauses und wartete darauf, dass der Rest der Familie kam. Denn heute war ein wunderbarer Tag für sie alle. Und das konnte ihnen kein neuer Kaiser nehmen, soviel war sicher.
 

Diese Eidgenossenschaft hält bis jetzt und ist uns als neutraler Staat bekannt, vielleicht wisst ihr ja was ich meine, meine lieben Leser. So weit in die Historik zurückzugehen, war für mich wirklich schwierig, denn irgendwie wollte mir zu dem Thema nicht wirklich etwas einfallen, das nicht gleich zu einem Science-fiction, einem Fantasy oder einem Rittertum Oneshot ausartete. Ich hoffe ich hab das Thema nicht verfehlt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  -ladylike-
2012-07-21T23:12:49+00:00 22.07.2012 01:12
Respekt. Historik ist schwer, da man schnell in langweiliges Gefasel verfallen kann, was du gut vermieden hast.
Ich finde, dein Schreibstil passt in diesem Fall gut zum Thema, ist nicht zu modern und nicht unverständlich auf alt getrimmt.
Mir sind ein paar kleine Kommafehler aufgefallen, aber für mich ist sowas nicht gravierend - außerdem geht es hier ja wohl auch eher um den Inhalt -, weshalb ich das jetzt nicht aufliste. :)

Grüße,
lady
Von:  KeiKirjailija
2012-07-21T13:02:15+00:00 21.07.2012 15:02
Großen Respekt für diese Geschichte, ich hab jetzt nach dem Lesen mal eine ganze Weile nachgedacht und ich halte das Genre für wirklich schwer und ich finde dafürhast du eine wunderschöne Geschichte hervor gebracht.
Ich finde die Beschreibungen von Landschaft und Personen sehr überzeugend und liebevoll gemacht und man hatte ein gutes Bild vor Augen. Du hast eine wirklich gute Atmosphäre rübergebracht, man konnte sich gut in die Zeit einfühlen. Die verschiedenen Blickwinkel fand ich auch eine gute Idee und es hat die Geschichte interessant gemacht, die Situation durch mehrer Augen sehen zu können.
Das einzige, was mich ein bisschen gestört hat, war der letzte Abschnitt, aber auch nur, weil ich ihn einen tick zu kurz fand :) Das war schließlich der Punkt, auf den die Geschichte zu lief und da hätte ich gerne noch ein bisschen mehr drüber gewusst, aber ich kann mir vorstellen, dass auch das schwer war und so wie du es zu einem Ende gebracht hast, finde ich es trotz der Kürze sehr schön :)
Ich kann dir zu deinem Schreibstil leider keine Verbesserungsvorschläge geben, weil ich ihn in dieser Geschichte einfach 100% passend finde, mit der Wortwahl und den Formulierungen ^^
Von:  LucifersBraut
2012-07-01T18:33:27+00:00 01.07.2012 20:33
Hey, also ich finde nicht das du das Thema verfehlt hast. Die Geschichte ist gut geschrieben und interessant. Kann mir aber vorstellen das es schwer war nicht in ein anderes von dir genanntes Genre abzurutschen, wäre mir nicht anders gegangen. Aber etwas irritiert mich, wenn der Tag sonnig zu werden verspricht sind doch keine Wolken am Himmel? Und ein paar kleine Rechtschreibfehler sind mir aufgefallen, aber die sind in meinen Augen nicht sehr gravierend gewesen.
Von:  whitePhobia
2012-06-24T08:07:09+00:00 24.06.2012 10:07
Wow, die Geschichte ist wirklich gut geworden. Es war eine gute Entscheidung sie an historischen Tatsachen festzumachen. Die schweizer Bergwelt hast du wirklich sehr bildlich beschrieben. Ich mag deinen Schreibstil und ich hab sogar noch was gelernt ^^
Weiter so


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