Als der Frühling seine ersten Sonnenstrahlen auf die Erde scheinen ließ, erwachte ein kleines Kleeblättchen zu neuem Leben. Es reckte sich genüsslich den warmen Strahlen entgegen, bog sich auf seinem zarten Stängelchen leicht im Wind und wackelte glücklich mit seinen vier Blättern. Es hatte so lange Zeit unter der Erde verbracht. Damals war es noch ein Samen gewesen, es hatte nur Dunkelheit und Nässe gegeben. Doch der Kleeblattsamen hatte all das in sich aufgesogen. Jeden Wassertropfen, jedes Mineral aus der dunklen Erde.
Und plötzlich war der Tag gekommen, an welchem der Samen die Wärme spüren konnte. Irgendwo über ihm hatte sich etwas verändert. Es war nicht mehr ganz so feucht und es schien nicht mehr ganz so dunkel zu sein. Der Samen strengte sich an, spürte wie etwas aus ihm wuchs, sich dem Licht entgegendrängte und plötzlich die Dunkelheit durchbrach.
Warmes Licht flutete über den kleinen Keimling und das Kleeblättchen hatte das Licht des Tages entdeckt.
Überglücklich stand es nun zwischen seinen neuen Freunden und Verwandten. Kleeblätter reckten sich überall aus dem Boden, begrüßten gemeinsam mit den anderen den Frühling und lachten heiter.
"Hey, wie siehst du denn aus?", fragte plötzlich eines der anderen Kleeblätter das Vierblättrige.
Jenes raschelte zufrieden mit seinen Blättern. "Ich sehe aus wie jedes andere Kleeblatt auch. Ich bin grün und habe wunderschöne Blätter."
"Nein!", riefen da plötzlich gleich drei Kleeblätter aus der Umgebung, "du hast vier Blätter. Das ist falsch, eigentlich dürfest du nur drei haben. Schäm dich! Du bist kein gutes Kleeblatt, wahrscheinlich bist du nicht mal ein Kleeblatt. Es ist eine Schande, dass wir neben dir wachsen müssen."
Und so drehten sich die Kleeblätter um und tuschelten über das seltsame Kleeblatt.
Betrübt schlackerte das Vierblättrige mit seinen Blättern. "Aber was bin ich dann, wenn ich kein Kleeblatt bin?", fragte das kleine Kleeblättchen. Neugierig blickte es sich um und entdeckte ein Gänseblümchen in seiner Nähe.
"Hey, du da!", rief es dem Blümchen zu. "Bin ich vielleicht ein Gänseblümchen so wie du? Ich habe mehr als drei Blätter."
Das Gänseblümchen bog sich nachdenklich zur Seite.
"Hmm. Bei uns Gänseblümchen ist es egal, wie viele Blätter ein jeder von uns hat. Aber wir haben schöne weiße Blüten. Du hingegen bist ganz grün! Ein Gänseblümchen bist du also nicht."
Traurig blickte das Kleeblättchen sich um und entdeckte einen Löwenzahnblatt.
"Hey, Löwenzahnblatt! Bin ich vielleicht genauso wie du?" Das angesprochene Blatt runzelte nachdenklich seine Blattadern. "Du bist genauso grün wie ich und wir sind auch vier große Blätter. Aber wir behüten eine gelbe Blüte in unserer Mitte. Also bist du kein Löwenzahnblatt."
Enttäuscht streckte des Kleeblättchen seine vier Blätter zur Sonne. "Warum habe ich vier Blätter und keine drei?", rief es klagend. "Ich wünschte ich würde genauso aussehen wie all die anderen Kleeblätter."
Da kam eine dicke Hummel vorbeigeflogen und setzte sich neben dem Kleeblatt auf die Löwenzahnblüte.
"Was schreist du hier so herum?", fragte die Hummel mürrisch. "Ich kann mein eigenes Brummen kaum noch verstehen."
Das Kleeblatt reckte der Hummel hilflos seine vier Blätter hin. "Schau mal, ich habe vier Blätter. Aber alle anderen haben nur drei. Ich bin kein richtiges Kleeblatt. Aber ich bin auch kein Gänseblümchen und kein Löwenzahnblatt. Was bin ich dann?"
Die Hummel brummte laut und flog genau über das Kleeblättchen. "Ach, so ist das also. Soetwas wie dich habe ich schonmal gesehen. Die Menschen mögen dich. Überall suchen sie nach vierblättrigen Kleeblättern. Sie behaupten, es brächte Glück eines zu finden."
Verwirrt ließ das Kleeblatt seine Blätter hängen.
"Was ist Glück?"
Die Hummel brummte empört auf. "Du weißst nicht was Glück ist? Bist anscheinend zum ersten Mal aus dem Erdreich gekrochen. Spürst du die warmen Sonnenstrahlen?"
Das Kleeblatt nickte eifrig.
"Das ist Glück. Warme Sonne, ein laues Lüftchen wolkenloser Himmel, der Duft von frischen Blumen. Das ist das wahre Leben und das wahre Leben - das ist Glück."
"Dann bin ich das wahre Leben?", fragte das Kleeblatt einfrig.
"So etwas in der Art. Die Menschen denken dies jedenfalls."
Glücklich raschelte das Kleeblättchen vor sich hin. "Ich bringe Glück, ich bringe Glück!", schrie es in die Welt heraus.
"Ich hoffe ein Mensch findet mich und dann werde ich ihm Glück bringen."
Die Hummel brummte zufrieden, flog davon und während sie über die weite Wiese flog, konnte sie noch lange das Lachen des Kleeblättchens vernehmen.
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Ich wünsche allen einen wunderschönen Frühling. :)