„So, dann sind wir ja fertig“, meinte Kouki fröhlich und verschwand schnell aus dem Bandroom, bevor Minase ihn noch zu irgendeiner Aufgabe verdonnern konnte.
Ibuki folgte kurz darauf, auch er wollte Minase entkommen, weshalb er sich still und heimlich verzog.
„So, da nur noch ihr beide da seid…“
Hikaru und Reika sahen zum Drummer, als der seinen Satz so begann.
„Ich hab letzte Woche alleine aufgeräumt und da Kouki und Ibuki weg sind, räumt ihr hier auf. Wenn morgen irgendetwas herum liegt, seid ihr dran.“ Der Braunhaarige lächelte kurz und machte sich dann ebenfalls auf den Heimweg.
Hikaru blies empört die Backen auf und sah ihrem Drummer nach. „Das ist unfair! Ich wollte heute nichts mehr arbeiten!“
Reika lachte leise und ließ seine Basstasche vorsichtig auf den Boden sinken. „Komm schon, wenn wir uns beeilen, können wir früher nachhause.“
Der Kleinere schnaubte kurz, sammelte dann aber die leeren Flaschen ein und drückte sie aus, bevor sie in der Mülltonne verschwanden. Reika machte sich unterdessen daran, die Notenblätter zu sortieren und räumte dann zusammen mit dem Kleineren den restlichen Müll auch noch weg.
„Was hast du eigentlich noch vor?“, fragte der Bassist und hängte sich sein Instrument auf den Rücken.
„Nichts, eigentlich. Entspannen und so“, meinte Hikaru leise und räumte seine Gitarre und den Verstärker weg. Er selbst ließ das Instrument immer in der PSC, weil er zum üben noch eines zuhause hatte und so nicht so wie herumschleppen musste.
„Magst du mit mir einen Film schauen?“
„Actionfilm und Pizza?“
„Wie du willst“, meinte Reika lachend und hielt dem Kleineren die Tür auf.
Dank dieser spontanen Einladung ging Hikaru mit Reika mit zu ihm nachhause. Der Bassist wohnte nicht so weit weg vom Label, weshalb sie nur ein paar Minuten gingen und dann auch schon das Haus erreichten, in dem sie mit dem Lift ins richtige Stockwerk fuhren.
„Darf ich ein Bad nehmen?“, fragte Hikaru, während er seine Schuhe auszog und ordentlich hinstellte.
„Sicher. Ich such dir Sachen von mir heraus. Willst du gleich hier schlafen?“ Reika grinste leicht und ging schon mal ins Bad vor, wo er das heiße Wasser in die Wanne einließ und Badetücher für den Kleineren heraussuchte.
„Nur wenn ich meine Pizza bekomm.“ Hikaru war dem Bassisten brav gefolgt und zog sich jetzt langsam aus. Ob Reika ihn nackt sah oder nicht, war ihm egal, immerhin waren sie beide Männer.
„Dann bestell ich mal eine“, meinte Reika lachend und verließ das Badezimmer, schloss die Tür hinter sich und verschwand in sein Schlafzimmer. Dort suchte er eine Jogginghose, Unterwäsche und ein Shirt heraus, die Hikaru passen müssten. Die Sachen nahm er kurz mit, als er von seinem Telefon schnell den Pizzaservice anrief und drei verschiedene Sorten bestellte. Nachdem das erledigt war, ging er wieder zum Bad und klopfte kurz an die Tür. „Kann ich kurz reinkommen?“
„Hai, hai~“, rief Hikaru fröhlich.
Der Bassist schmunzelte kurz und trat dann ein. Der Kleine war echt immer fröhlich, auch wenn die Proben und Konzerte noch so anstrengend waren. Die Sachen legte er auf die Waschmaschine und sah kurz zu Hikaru. Der Gitarrist war für sein Aussehen viel zu gut gebaut. Wie er das nur immer bei den Mädchenklamotten verstecken hatte können, war ihm echt ein Wunder. Zum Glück lebten sie nicht in einem Manga, sonst hätte der Silberhaarige jetzt Nasenbluten. Diese Stimmung versteckte er aber gut.
„Hast du die Pizza bestellt?“ Der feminine Mann sah seinen Kollegen mit großen Augen an. Er wollte jetzt unbedingt diese italienische Spezialität haben. Für ihn gehörte das einfach zu einem guten Filmeabend.
„Ja, die ist in etwa zwanzig Minuten da“, antwortete Reika lachend. „Was willst du zu Trinken?“
„Cola oder Bier oder so“, kam es fröhlich zurück, da hörte der Bassist auch schon ein Platschen und Hikarus Kopf verschwand unter Wasser.
Er schüttelte nur kurz den Kopf und verließ das Zimmer. Den Gitarristen würde er frühestens dann sehen, wenn die Tür läutete, weil die Pizza kam.
Wie prophezeit trat es ein. Als Reika die Pizza gerade im Wohnzimmer auf den Couchtisch stellte, kam Hikaru auch schon und sprang auf die Couch, die nassen Haare hingen ihm ins Gesicht und die Klamotten hatte er anscheinend sehr hastig angezogen.
„Leg den Film ein“, befahl der Kleine, öffnete die Kartons und nahm sich dann ein Stück von einer der Pizzen. Von der biss er dann auch zufrieden ab und ließ sich nach hinten sinken.
Erneut musste der Bassist schmunzeln, tat aber wie geheißen und legte die DVD in den Player, bevor er sich neben seinen Besucher setzte und ihm ein Bier reichte. Eine Cola würde er dem Kleinen sicher nicht geben, dann blieb er noch viel länger auf und wäre unerträglich.
„Ich liebe dich dafür, dass du so einen tollen Pizzaladen kennst“, meinte Hikaru fröhlich und nahm sich das nächste Stück.
Reika hatte sich bei dem Anfang des Satzes kurz erschrocken. Wäre auch zu schön gewesen, wenn der Gitarrist ihm ein Liebesgeständnis gemacht hätte. „Nur deshalb?“, fragte er stattdessen grinsend, überspielte seinen leichten Schrecken und nahm sich stattdessen auch ein Stück von dem Essen.
„Nein. Du bist ein toller Bassist und hast eine tolle Badeseife.“ Hikaru kicherte kurz und nahm einen Schluck aus der Flasche, bevor er sich auf den Film konzentrierte und nur hin und wieder einen Kommentar darüber abgab, wie tolle der Hauptcharakter doch war.
Das war das Problem daran, mit dem Gitarristen einen Film zu schauen. Er kommentierte einfach zu gerne, was ihm an den Männern gefiel.
Reika verlor sich auch bald in dem Film, obwohl er am Anfang noch über Hikarus Antwort gegrübelt hatte. Der Kleine mochte also, wie er Bass spielte und er nahm sich auch vor, mehr von der Seife zu kaufen. Wer weiß, vielleicht würde es dem anderen ja gefallen, wenn er nach der Seife duftete.
Es war bereits der dritte Film, als Reika Hikarus Kopf auf seiner Schulter spürte. Der Gitarrist war eingeschlafen, was auch kein Wunder war. Er hatte mindestens zwei Drittel der Pizzen gegessen und auch drei Flaschen geleert.
Nachdenklich betrachtete der Bassist den anderen. Er hatte so viel gegessen, aber er würde nicht zunehmen, das war vorhersehbar. Der Kleine aß nämlich so gut wie alles, machte kaum Sport und behielt trotzdem seine gute Figur.
Das war einfach beneidenswert. Genau wie auch sein Talent auf der Gitarre. Es war zwar die erste Band des Kleineren, aber er hatte sein Können schnell unter Beweis gestellt und seinen Teil dazu beigetragen, dass sie jetzt Major waren. Ohne ihn wären vielleicht nicht so weit.
Ein leichtes Lächeln schlich sich auf Reikas Lippen.
Hikaru sah wie ein kleiner unschuldiger Engel aus, wenn er schlief. Es war einfach niedlich, wie er immer durch die Gegend hüpfte, aber schlafend wollte man ihn einfach ewig betrachten. Und Reika konnte das auch stundenlang tun.
Er liebte den Gitarristen. Liebte sein Lächeln. Liebte seine Art zu sprechen. Liebte einfach alles an ihm.
Am liebsten würde er jetzt kurz probieren, ob die Lippen wirklich so weich waren, wie sie aussehen. Ob sie leicht nach dem Erdbeerlipgloss schmeckten, dass der andere so gerne benutzte.
Irgendwann hielt Reika es nicht mehr aus.
Er küsste den Gitarristen. Nur ganz kurz, aber es reichte, um ihm zu sagen, dass er alles schlimmer gemacht hatte.
„Reika… Was machst du da?“
Erschrocken zuckte der Bassist zurück, als Hikaru die Augen öffnete. Er sah so munter aus, wie am Anfang jeder Probe.
„Ich… Ich… Es tut mir Leid“, stammelte der Größere und hob entschuldigend die Hände.
Der Gitarrist kicherte leise. „Hast du mich gerade geküsst?“
Die Maske fiel. Bevor Reika sich innerlich ermahnen und es unterdrücken konnte, schoss ihm das Blut in den Kopf.
Hikaru lächelte leicht und kniete sich über den anderen. „Glaubst du nicht, wenn ich wach bin, wäre das effektiver?“
Der Silberhaarige sah ihn kurz überrascht an, da spürte er schon die Lippen des Gitarristen auf seinen. Das leicht erwärmte Metall der Piercings.
Hikarus Kuss war leicht schüchtern, erst als Reika die Führung übernahm, wurde er sicherer. Er öffnete seine Lippen leicht und der Bassist drang sofort mit seiner Zunge ein. Hikarus Mund schmeckte nach Pizza und nach Kaugummi. Es war ein angenehmer Geschmack, der zu dem Kleinen passte.
Als sie sich nach einer Weile voneinander lösten, keuchten beide leicht. Der Kuss hatte eindeutig zu viel Atemluft verbraucht.
„Schlafzimmer. Jetzt“, befahl Hikaru und schlang die Arme um Reikas Hals, der ihn sofort hochhob und ins nächste Zimmer trug, wo er den Gitarristen sanft aufs Bett setzte und ihm das Shirt auszog.
Endlich konnte er mal die seidig weiche Haut berühren.
„Wann hast du damit angefangen?“
„Mh?“, machte Reika fragend und zog seinerseits Weste und Shirt aus.
„Seit wann bist du in mich verliebt?“
Der Bassist hielt inne. „Woher…?“
„Weibliche Intuition“, meinte der Gitarrist kichernd und machte sich daran, das Shirt über Reikas Kopf zu schieben, da er seiner Meinung nach nicht schnell genug war.
„Seit fast Anfang an“, meinte Reika leise und beugte sich über Hikaru, küsste seinen Hals zärtlich, knabberte manchmal leicht an der zarten Haut.
„Das ist gut. Dann verlässt du mich sicher nicht“, meinte Hikaru lächelnd.
Auf Reikas fragenden Blick fuhr er fort: „Ich bin auch in dich verknallt, du Dummkopf.“
Wann hatte der Kleine ihn eigentlich durchschaut?
