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Zwanzig Jahre

Winterwichtelgeschichte für Catkin
von

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Caaaaatkiiiiin :D

Ich muss dir dieses Jahr all den Ratespaß rauben, denn ich bin mir zu 99.9% sicher, dass du sofort weißt, wer ich bin. Weshalb ich gar nicht erst versuchen werde, meinen Identität zu vertuschen. Ich hätte auch ein anderes Thema nehmen können, aber ich dachte mir, du hast so mehr Spaß, auch wenn das Raten entfällt ;)
 


 

Zwanzig Jahre

Diese Familie hat mich alles gekostet … und trotzdem war sie das Wichtigste, was ich hatte.

Zwanzig Jahre sind vergangen, seit er gestorben ist. Zwanzig Jahre, seitdem ich diese Stadt verlassen habe. Nicht einmal der Tod meines Vaters hatte so sehr geschmerzt wie jetzt nach so langer Zeit wieder vor diesem Grab zu stehen, und mich an den Tod zu erinnern, der mein ganzes Leben verändert hat.
 

Nathaniel Samuel Fisher Jr.

1965 - 2005

Zwanzig Jahre und Los Angeles sah immernoch so aus, wie ich es verlassen hatte. Fisher&Sons hatte mit David und Keiths beiden Jungs die nächste Generation gefunden, um diesen beknackten Familienbetrieb am Leben zu halten. Diese armen Wichte wissen gar nicht, worauf sie sich da eingelassen hatten … Im Gegensatz zu David. Er müsste es besser wissen, als seine Kinder denselben Pfad beschreiten zu lassen, den wir gegangen waren. Vielleicht dachte er, er war schwul genug, um nicht den gleichen Schaden zu hinterlassen, den unser Bestattervater bei uns verursacht hat.

Der Gedanke ließ mich lächeln. »Ich mag es, wenn du lächelst. Du solltest es öfter tun.«

Das Lächeln wurde zu einem Grinsen, als ich meinem großen Bruder in die Augen blickte, der auf seinem Grabstein saß und die Beine leicht baumeln ließ. Kurz zögerte ich und sah ihn nur an, bevor ich mich schließlich neben ihn setzte.

»Ich glaube, Mum wird dir bald Gesellschaft leisten. Ihr scheint es schlechter zu gehen. David sagt, sie ist nicht mal mehr im Stande, das Krankenhaus zu verlassen«, sagte ich und warf ihm dabei einen Seitenblick zu. Zwanzig Jahre und das einzige, was ich davon sehen konnte, als ich in sein Gesicht sah, waren die Spuren, die sie an mir hinterlassen hatten. Mit vierzig hatte Nate bereits zwei Kinder gezeugt, war Wittwer und dann wieder Ehemann gewesen, bevor es ihn erwischt hatte. Ich hätte inzwischen auch Mutter sein können …

Ein Kälte machte sich in meinen Eingeweiden breit, als dieser Gedanke mich einholte. Es war lange her, seit ich an diesen Vorfall gedacht hatte. Vergraben in meiner Arbeit hatte ich gar keine Zeit über irgendetwas nachzudenken. Doch hier in L.A. schien mich alles langsam aber sicher wieder einzuholen.

»Du hast nie wirklich mit mir darüber geredet«, sagte ihr Bruder und entlockte ihr damit ein Schulterzucken.

»Ich habe nicht einmal mit Russel groß darüber geredet. Nach der Abtreibung war die Sache für mich erledigt«, antwortete ich ihm und ließ meinen Blick dabei über den Friedhof schweifen. Vereinzelt konnte ich Menschen in der Distanz ausmachen, die wohl zu einem Trauerzug gehörten und einen Moment fragte ich mich, ob der Trauerzug wohl zu einem Toten aus Fisher&Sons gehörte, als mein Bruder wieder meine Aufmerksamkeit auf sich zog.

»Bereust du, es getan zu haben?«, fragte er vage und ich brauchte einige Sekunden, bevor ich den Faden wieder gefunden habe.

»Seit ich L.A. verlassen habe, habe ich nicht mehr daran gedacht … Ich weiß nicht. Ich habe ein gutes Leben in New York und bin mir nicht sicher, ob ich das mit einem Kind an der Seite geschafft hätte.« Ein erneutes Seufzen bildete sich in meiner Kehle, während mein Blick von den Menschen auf den Boden wanderte, und es kam mir so vor, als würde ich wirklich das erste Mal richtig darüber nachdenken. »Was ich unter gar keinen Umständen sein wollte, war dieses dumme Mädchen, dass sich von ihrer College-Liebe schwängern ließ und deswegen alle ihre Ambitionen und Ziele im Klo runterspülte. Das war mir zu … zu …«

»Zu was?«

»Zu Klischee! Das war eine Rolle, in die ich nicht schlüpfen wollte. Erst recht nicht, wenn es Russel wäre, der meine einzige Hilfe darstellen sollte.«

»Du hättest nie nur Russel gehabt, das weißt du ganz genau. David und ich wären dir immer zur Hand gegangen und auch Mum, auch wenn du sie wahrscheinlich unausstehlich gefunden hättest.«

»Hätte ich dieses Kind bekommen, hätten wir Mum früher begraben müssen.«

Nate lachte laut und klopfte mir erheitert auf die Schulter. »Das mag sogar stimmen. Und was wäre geschehen, wenn Ted der Vater gewesen wäre?«

Der Satz traf mich wie ein Schwall kaltes Wasser. Ted? Ich hatte L.A. verlassen und alles hinter mir gelassen. Doch bei Ted war es mir am schwersten Gefallen, meinen Frieden zu finden. Es war so abrupt zu Ende gegangen, ohne dass ich jemals wusste, wie das wirklich geendet hätte … hätte ich dem ganzen eine Chance gegeben. Vielleicht … sollte ich mich bei ihm melden, solange ich hier war.

»Ich weiß nicht, Nate«, sagte ich aber nur, woraufhin wir beiden in Schweigen verfielen. Einige Zeit verbrachten wir so nebeneinander, jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, bis ich schließlich vom Grabstein rutschte und mich meinem Bruder zuwandte.

»Sogar zwanzig Jahre später vermisse ich dich immernoch jeden Tag«, sagte ich leise und sah ihn dabei an.

Er erwiderte meinen Blick mit einem Lächeln. »Ich weiß«, sagte er nur und nach einem Wimpernschlag wandte ich mich schließlich ab und ließ den Friedhof hinter mir.
 

Ein für L.A. ungewöhnlich kalter Wind zerrte an seinem Mantel, als Ted in die Richtung seines Autos lief. Ein unheimliches Gefühl beschlich ihn jedes Mal, wenn er einem Friedhof zu Nahe kam, doch dieser Beerdigung hatte er nicht fernbleiben können. Er war gerade dabei, sein Auto aufzuschließen, als der Wind das Klackern von Frauenschuhen auf Asphalt an seine Ohren wehte und ihn dazu bewegte, sich umzudrehen. Einige Meter von ihm entfernt mit dem Rücken zu ihm lief eine Frau mit langen, roten Haaren, an ihrer Hüfte baumelte eine Kamera. »Claire!«, rief der Mann aus, ohne groß nachzudenken, wo er doch wusste, dass sie es nicht sein konnte. War sie doch nach New York gezogen.

Und doch drehte sich die Frau bei seinem Ausruf langsam um, wie er es wiederum so oft in seinen Träumen gesehen hatte. »Ted?« Unglauben schwang in ihrer Stimme mit, als sie sich auf ihn zubewegte mit einer solchen Galanz, als wären keine zwanzig Jahre vergangen, seitdem sie sich das letzte Mal gesehen hatten.

Sie begrüßte ihn mit einer Umarmung und sah ihn dann mit einem seltsam verklärten Blick an, den er noch von früher kannte. »Witzig … Ich musste gerade an dich denken.«



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ixtli
2012-02-05T13:45:37+00:00 05.02.2012 14:45
Aloha!

Die Geschichte war es absolut wert (eigentlich ja 'wieder wert'), dass das Raten entfiel. Schon damals habe ich nicht mit einer SFU-Story gerechnet und hatte die Serie einfach nur so mit in die Liste aufgenommen. Dass ich dann tatsächlich von dir eine Story dazu bekam, hat mich vom Hocker gerissen. Und genau die Geschichte von damals ist der Grund, weswegen ich SFU auch weiter in der Liste stehen lassen werde. (Hat sich ja auch gelohnt, wie man sieht. xD)

Also, die Story ist einfach SFU. Sie reiht sich so selbstverständlich in die Serie ein, als gehöre sie dahin. Mal davon abgesehen, dass das Ende von SFU mMn eines der besten überhaupt ist, blieb, wenn sie das mit der letzten Folge auch gut gelöst hatten, vieles ungesagt, oder ungezeigt. Und da finde ich, dass deine Geschichte ein schönes Kapitel daraus ist.
Zu Anfang hatte ich echt ein bisschen Bammel vor der Geschichte, weil ich mir vor dem ersten Absatz das 'jr.' ins Auge fiel und ich dachte, dass sich die Story um Ruth dreht, die (noch immer) um Nate trauert. Natürlich wäre das eine mit Sicherheit ebenso tolle Story geworden, allerdings hätte ich sie nicht ohne Bauchweh lesen können. Ich mochte Nate.
Aber, um zurück zu deiner Geschichte zu kommen, Claire war mein Lieblingschara bei SFU. An ihr konnte man immer so schön die Wandlung sehen, die in ihrer Familie und ihr selbst vor sich ging.
Deine Claire ist genau wie die in der Serie. Erwachsen zwar, aber immer noch unverkennbar Claire, wenn sie über ihre Familie und das Institut resümiert.
Z.B. in diesem Satz hier:

Zwanzig Jahre und das einzige, was ich davon sehen konnte, als ich in sein Gesicht sah, waren die Spuren, die sie an mir hinterlassen hatten.

Da wird man sich erst einmal bewusst, dass es nicht die Claire ist, die wegging, sondern eine gereifte Claire, die aus freien Stücken wieder nach Hause kam. Auch wenn Nate sie eigentlich immer relativ gleichberechtigt behandelt hat und nie zu sehr darauf gepocht hat, der Ältere und somit auch der Lebenserfahrenere von ihnen zu sein, begegnen sie sich in diesem Moment auf Augenhöhe.
Deine Geschichte beschreibt einen Moment zwischen Claires Weggang und dem Serienende, der schon gefehlt hat.

Ted - der gehört ja auch noch zu denjenigen in der Serie, die zu kurz kamen, dafür, dass er einen so großen Einfluss auf Claire gehabt hatte.
Das ist so schön zu lesen, wie du am Ende den Bogen zu Ted schlägst und eines der vielen Fehlenden Puzzleteile hinzufügst.

Alles in Allem ist es eine sehr stimmige Geschichte, mit beeindruckend starken Dia- und Monologen. Es könnte, ohne schleimen zu wollen, gut eine Folge von SFU sein.

Ich danke dir von ganzem Herzen für diese schöne Geschichte! Ich werde sie - genau wie die erste - immer wieder gerne lesen. ^^

LGruß,
Nadine


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