Nächtliches Training
Nächtliches Training
Das Gildenhaus war eigentlich ziemlich riesig wie Ruîn nun so
langsam herausfand. Na gut, es war ja auch so konzipiert das
um die 50 Leute darin leben konnten, eine große WoE-Gilde
halt, auch wenn ihre jetzt noch nicht ganz so groß war. Das
Fachwerkhaus im Norden der Hauptstadt verfügte über fünf
Stockwerke, wobei die Leute in den oberen drei ihre Zimmer
hatten und in den anderen Beiden befanden sich alle möglichen
Gemeinschaftsräume, einschließlich einer riesigen Bibliothek
und einem sehr hübschen Gemeinschaftsbad, das Ruîn schon
ausgiebigst bewundert hatte. Im Erdgeschoß befand sich auch
eine ziemlich große Küche, in die Ruîn jetzt, ein wenig zu schnell
vielleicht, hineinplatzte und zu ihrem Schrank hetzte. Es war ja
auch zu ärgerlich das sie verschlafen hatte! Sie winkte einer
Priesterin zu die sie vom sehen her kannte und reichte Solar
einige Sachen aus dem Schrank, dann setzten sie sich an einen
der zahlreichen Tische im vorderen Teil des Raumes. Außer
der Priesterin, die mit einer Lord Knight am Tisch saß waren nur
noch ein paar andere Leute in der Küche. Die meisten davon
kannte zwar Solar aber für Ruîn waren es Fremde. Bis auf den
hintersten der Tische. Von dort winkten ihr gerade Duir und
Jeran zu. Wobei es auf den zweiten Blick eher so aussah, als
würde nur Duir ernsthaft winken und Jeran imitierte ihn nur ziemlich
übertrieben. Ruîn hob grüßend die Hand und musste kichern als
Duir Jeran einen Klaps auf den Hinterkopf gab.
„Halt dich von dem Barden dahinten fern. Der ist nicht wirklich ein
guter Umgang für dich.“ Solar stellte Ruîn eine Kaffeetasse vor die
Nase und deutete leicht nach hinten zu den Beiden. „Wieso
fernhalten? Den kenn ich ja nicht mal. Was sollte ich da schon mit
dem reden?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich meine ja nur.“
Nach dem Frühstück machten sie sich dann wieder nach Juno
zum Magma Dungeon auf. Wenn man sich mal an die Hitze
gewöhnt hatte, ging es eigentlich ganz gut. Hin und wieder
begegneten sie Partys die mit Wizzards unterwegs waren und
konnten sich dort dann gelegentlich mal unter einen kühlenden
Storm Gust stellen. Auch das Loot der Monster war nicht zu
verachten. Elunium und rough Elunium waren sehr selten und Isan
hatte ihnen viel Geld dafür versprochen, da sie immer wieder
viele Metalle zum Schmieden brauchte.
Wie schon am Tag zuvor bestand Ruîn wieder darauf, dass sie
am Abend wieder nach Prontera zurückkehrten. Solar hätte sich
zwar gerne auch mal die Hotels in Juno angesehen, aber
wahrscheinlich wollte sich seine Frau erstmal richtig im Gildenhaus
einleben, also stimmte er zu.
Es war schon weit nach Mitternacht als Ruîn sich endlich durch
die dunklen Flure des Gildenhauses schlich und beinahe die
Treppe verfehlte, da sie sich noch nicht so wirklich gut auskannte.
Im Gemeinschaftsraum warteten Duir und Jeran. „Da is die Braut
ja endlich.“ Der Barde wirkte nicht gerade begeistert und Ruîn
beschloss ihn einfach zu ignorieren. „Na dann lasst mal gehen.“
Duir lächelte, öffnete die Tür und winkte beide hinaus. „Ich denke
du bist frisch verheiratet? Garnichts besseres zu tun, als jede Nacht
Trainieren zu gehen?“ Der Barde zwinkerte ihr schelmisch im
vorbeigehen zu. „Das geht dich nichts an.“
Ruîn musste zugeben, dass es zu Dritt sogar noch witziger war,
sich mit den Sohees anzulegen. Sie verstand zwar die meiste Zeit
nicht so wirklich, wovon Duir und Jeran sprachen, anscheinend
ging es auch sehr viel um das WoE und um die Leute aus der
Gilde, aber davon wusste Ruîn ja noch nicht wirklich viel was.
„Also den Leader kennste ja, unser Champ, der will zwar das
wir den UC bekommen, ist aber zu faul dafür auch was zu tun.“
Duir nickte und warf einen Quiver zu Jeran, der mit einer kleinen
Laute ein Lied angestimmt hatte das die Sohees in seiner Nähe
gar nicht so toll fanden. „Das zieht ihnen ihre Kraft ab, das mögen
sie garnicht.“ Er kicherte während zwei der Geister auf ihn
einschlugen. „Auch wenn der mal UC bekommt, denkste der setzt
das auch so ein, das es überhaupt nen Sinn hat?“ Es wechselte auf
seinen Bogen und die Sohees waren Geschichte. „Das bezweifle
ich doch stark. Er hört ja auch nicht mal auf mich.“ Duir legte
einige Fallen um sich herum, um die Monster auf Distanz zu halten.
Ruîn hatte sich ein wenig abseits hingesetzt, um sich ein wenig
auszuruhen und sich die Ruinen des zerfallenen Dorfes anzusehen.
In der Legende hieß es ja, dass hier mal ein großes und mächtiges
Königreich seinen Sitz gehabt hatte. Weiter unten in den Höhlen
gab es noch weitere Gebäude und einen großen Schrein in dem
regelmäßig ein gefährliches Bossmonster erschien. Sie musste
zugeben, dass sie schon neugierig auf das Monster war, aber sie
wusste, dass sie eine Begegnung wohl nicht überleben würde. Mit
einem Mal sauste ein Pfeil nur knapp an ihrem Gesicht vorbei und
Jeran stand neben ihr. „Hey, Braut! Pass auf!“ Sie fuhr herum und
das Ninetail sprang ihr direkt in die Arme. Das Monster hatte die
Zähne gefletscht und knurrte Furcht erregend. Ruîn stieß ihm ihr
Damaskus in den Hals und die Pfeile taten den Rest. „Was macht
ihr denn? Das ist nur ein Ninetail.“ Duir schüttelte den Kopf und
kicherte. „Naja man weiß ja nie. Frauen und Waffen und so.“
Jeran zuckte mit den Schultern. „Ich kann schon ganz gut auf mich
selbst aufpassen.“ „Ach ja, kannste das?“ Er stand dicht vor ihr
und ließ die Spitze eines Pfeils über ihren Hals fahren. „Streitet
euch später, wir sind zum Trainieren hier.“ Duir hatte seine Hand
zwischen die Beiden geschoben und schob Jeran nach hinten. „Ja,
Meister.“ Er zwinkerte Ruîn zu und wandte sich dann kichernd
und kopfschüttelnd wieder den Sohees zu.
Solange sie jetzt nicht direkt mit Jeran zu tun hatte, war eigentlich
alles in Ordnung. Sie mischte sich nicht in die Gespräche der
Beiden ein, da sie zum WoE eh nicht viel zu sagen hatte und
beschränkte sich aufs zuhören. Er sagte auch so nichts weiter zu
ihr, allerdings sah sie an seinen Blicken, das er wohl nicht viel was
von ihr hielt. Naja gut, es war ihr egal.
Am nächsten Tag ließen Solar und Ruin das Training im Magma
Dungen ausfallen. Es war wieder WoE und Ruîn traf sich davor
mal wieder mit Isan wegen dem Lootverkauf und solcher Sachen.
Dann ging das Sterbespektakel wieder von neuem los. Die Gilde
traf sich wieder an der Kafra am Eingang der Kanalisation und
startete von dort ihre Angriffe. Wie schon beim letzten Mal wurden
Warps zu den Castles geöffnet und die Leute stürmten in die
Burgen. Diesmal versuchte Ruîn ein wenig mehr auf das zu achten,
was die Leader in die Menge schrieen. In der Allianz hatte
anscheinend ein Assassine Cross das sagen, während auf Ruins
Seite der Champ und Duir die Befehle gaben. Allerdings bemerkte
sie immer wieder, dass vor allem Duir oft Jerans Blick nach einer
Entscheidung suchte. Quasi wie zur Bestätigung. Nun ja, sie hatte
ja in der letzten Nacht mitbekommen, dass die Beiden wohl sehr
viel Ahnung vom WoE hatten. Jedenfalls halt mehr als sie. Ruîn
hatte es sich angewöhnt immer als eine der Letzten den nächsten
Raum zu betreten, was ihre Überlebenschancen immens gesteigert
hatte. Das schien auch der Plan der Priesterin vom letzten Mal zu
sein, denn die Beiden standen irgendwie immer als Letzte da. So
hatte Ruîn wenigstens den Vorteil, dass sie sich bedenkenlos in
alle möglichen Kämpfe stürzen konnte, da die Priesterin sie dann
immer fleißig healte. Sie schaffte es diesmal sogar einen anderen
Assassin und einen Wizzard zur Strecke zu bringen. Wenn sie es
geschafft hatten ein Castle zu übernehmen, war es Ruins Aufgabe
dafür zu sorgen das kein Gegner den Empraum unvergiftet betrat.
Alles in Allem fühlte sie sich dieses Mal also nicht ganz so fehl am
Platz. Leider gab es nach dem WoE für die Leader so einiges zu
besprechen, so das Duir ihre nächtliche Lvl-Session absagte, was
für Ruîn bedeutete, das sie wohl mal länger schlafen musste.
Am nächsten Tag ging das Leben dann wieder wie gewohnt weiter.
Zuerst jagte Ruîn mit Solar Kahos und Grizzlis durch den Magma
Dungeon und dann mit Duir und Jeran Sohees durch die Höhlen
von Payon. Sie gewöhnte sich auch langsam an die abfällige Art
mit der Jeran sie immer behandelte. Beziehungsweise sie versuchte
ihn zu ignorieren, was leider nicht immer so gut klappte. Immer
wieder stand er plötzlich neben oder hinter ihr und beobachtete
sie aufs genaueste. Das machte Ruîn so nervös, dass ihr schließlich
mitten im Kampf die Waffe aus der Hand fiel und bei Jeran einen
kleinen Lachkrampf auslöste. „Was macht ihr denn bitte jetzt
schon wieder?“ Duir stand mit verschränkten Armen vor ihnen
und schüttelte den Kopf. „Och nichts, die Braut bestätigt mir nur
wieder meine Meinung.“ Jeran kämpfte noch leicht mit dem
Lachen. „Ach ja, und die wäre?“ „Frauen sollten sich mit Waffen
nicht abgeben, wenn sie nicht damit umgehen können.“ „Ich kann
sehrwohl mit meinen Daggern umgehen!“ Sie war auf ihn
zugekommen und hielt ihm die Klinge vor die Nase. „Da habe
ich aber gerade was anderes gesehen.“ „Was erwartest du denn
wenn du mich immer so dämlich anstarrst?“ Die Beiden standen
jetzt so dicht beieinander, dass sich ihre Köpfe beinahe berührten.
Duir seufzte genervt und setzte sich in einigem Abstand auf die
Überreste einer alten Veranda. „Sagt bescheid wenn ihr fertig
seit...“
Im Großen und Ganzen war es also ein ganz normaler Tag
gewesen und Ruîn bemühte sich sehr leise in ihr Zimmer zurück
zu schleichen. Sie war sauer auf diesen eingebildeten Kerl.
„Wie kannst du eigentlich so lange aufbleiben und dann am
Morgen gleich so fit sein?“ Ruîn hatte die Küche betreten und
setzte sich zu Duir an den Tisch. „Keine Ahnung, irgendwie hab
ich noch nie soviel schlaf gebraucht.“ Sie nahm einen großen
Schluck Herbtea und bemühte sich nicht zu kichern, als der Hunter
laut gähnen musste und dann den Kopf auf den Tisch legte. „Ich
glaube ich gehe gleich wieder schlafen…“ „Ach jetzt übertreib
mal nicht, guck mal was für schönes Wetter wir haben.“ Sie stupste
ihn eine wenig an der Schulter. „Guten Moooorgeeen!“ Hinter
ihnen hatte Jeran den Raum betreten und blickte in die Runde.
„Jetzt sag bloß nicht die Braut nervt mich nun auch morgens
schon.“ „Keine Sorge ich werde deinem Seelenfrieden nicht zur
Last fallen.“ Ruîn schüttelte genervt den Kopf und klopfte Duir
zum Abschied aufmunternd auf die Schulter, dann verließ sie den
Tisch. Auch Solar war inzwischen in der Küche eingetroffen und
blickte Ruine ein wenig fragend an, als sie auf ihn zukam. „Was
ist?“ Sie setzten sich an einen der Tische und Ruîn fischte sich einen
Apfel aus der Obstschale die darauf stand. „Du solltest ihm
wirklich aus dem Weg gehen, das meine ich ernst.“ Solar deutete
nach hinten zu Jeran und Duir. „Er ist dafür bekannt, dass er gerne
mit Frauen spielt und ich habe letztens beim WoE sehrwohl
gesehen wie er dich angeguckt hat.“ „Glaub mir, da irrste dich
gewaltig.“ Sie schnappte sich noch eine Birne, stand auf und
machte sich ans gehen „Ich warte oben, muss noch meine Waffen
ein bisschen herrichten.“