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Herbsttage

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So,hier die zensierte Version... hoffe, es ist trotzdem noch alles klar soweit ^.-

Ansonsten:
Okay, killt mich. Ich wünschte, ich könnte öfters updaten... ich erinnere mich, dass ich die FF eigentlich vor einem Jahr abgeschlossen haben wollte v.v
Aber die Uni nimmt mich einfach zu sehr ein. Glaubt mir, zur Zeit ist es echter Luxus, wenn ich zu sechs Stunden Schlaf komme.
Keine Sorge, ich werde die Geschichte auf jeden Fall beenden - und jetzt viel Spass beim Lesen ^^ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Entschuldigt den verspäteten Upload des zensierten Kapitels!
Die erste Version war wohl noch zu explizit und wurde auf adult gesetzt... hier also die wirklich wirklich geschnittene Fassung... und somit ultimativ kurz - tut mir leid.
Im nächsten Kapitel sollte wieder etwas mehr Handlung stattfinden ^.- Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben ^.^

Ich wollte euch vorwarnen, dass dies das zweitletzte Kapitel ist - bald ist also zu Ende, was ich vor drei Jahren begonnen habe. Da werde ich glatt etwas nostalgisch ^.-

Viel Spass damit! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Es ist vollbracht! Mehr als drei Jahre dauerte die Fertigstellung meiner FF und ich danke all meinen Lesern, egal ob seit Beginn dabei oder erst neu dazugestossen... dieses Kapitel möchte ich speziell jyorie widmen, die mir zu jedem Kapitel einen Kommentar hinterlassen hat.

Ich werde in Zukunft bestimmt noch weitere Yu-Gi-Oh! FFs veröffentlichen, ich würde mich freuen, euch da wieder zu sehen! Abonniert mich einfach oder sagt kurz Bescheid, dass ich euch per ENS informieren soll.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge schliesse ich nun ab, ich hoffe, ihr mögt das Ende! Viel Spass beim Lesen! Komplett anzeigen

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Fahrrad und andere Seltsamkeiten

Kapitel 1: Fahrrad und andere Seltsamkeiten
 

Ryou trat ungeduldig von einem Fuss auf den anderen. Das durfte doch echt nicht wahr sein!

Dieser Kerl war schon über 20 Minuten zu spät!

Dabei hatte doch der andre Treffpunkt und Uhrzeit vorgeschlagen! Und er hatte auch Ryous Handynummer.

Da könnte er ja wenigstens eine SMS schreiben, wie viel Verspätung er habe. Die blassen Hände waren nämlich schon ganz kalt und er hätte sich gerne eine heisse Schokolade geholt. Aber er hatte Angst, dass er den anderen dann verpassen würde.

Wobei, eigentlich konnte es ihm egal sein. Er hatte jetzt eine halbes Stunde auf einen Typen gewartet, von dem er nichts wusste. Rein gar nichts, nicht einmal den Namen. Er kannte gerade mal sein Erscheinungsbild!

Langsam fing Ryou an zu zittern. Es war erst Ende Oktober, aber bereits saukalt. In den höher gelegenen Regionen hatte es sogar bereits Schnee gegeben.

Ob er einfach gehen sollte?

Aber dann hätte er umsonst gewartet. Und zudem wollte er diesem Fremden seine Meinung sagen! Erneut flammte Zorn in Ryou auf, als er wieder einmal auf seine Uhr guckte und darüber nachdachte, warum er überhaupt hier stand.
 

Es war vor einer Woche gewesen, Freitagabend nach der Schule und Ryou war noch Eier und Mehl einkaufen gegangen. Freitags kochte er immer Abendessen, damit seine Mutter wenigstens einen freien Abend in der Woche hatte. An diesem speziellen Tag sollte es Omelett geben.

Ryou war friedlich vor sich hinsummend auf dem Weg vom Supermarkt nach Hause gewesen, als ihn plötzlich etwas von der Seite gerammt hatte und er zu Boden gefallen war.

Dieses ‚etwas’ hatte sich Sekunden später als Fahrrad herausgestellt und ehe sich der Weisshaarige bewusst war, war genau passiert war, wurde er auch schon angeschrieen.

Er war so verwirrt und perplex, dass er dem unvorsichtigen Radfahrer Namen, Telefonnummer und Anschrift gegeben hatte.

Gestern hatte dieser angerufen, um Ryou mitzuteilen, dass sie sich heute treffen sollten und er ihm einen Gefallen schulde, da schliesslich wegen ihm sein Rad kaputt gegangen sei.

Ob so viel Dreistigkeit war der arme Junge überrascht, dass er zugestimmt hatte.
 

Aber diesmal würde er nicht einfach schweigen!

Er hatte sich den ganzen Tag die Worte zurechtgelegt, mit denen er den dunkelhäutigen Kerl zurechtweisen wollte.

Und die Verspätung würde er dabei auch noch zur Sprache bringen.

Was fiel diesem Typen eigentlich ein?

„Hey!“

Ryou starb beinahe an einem Herzinfarkt, als ihn jemand an der Schulter packte.

Da war dieser Idiot also endlich!

Sogleich musterten sie sich gegenseitig. Der andere hatte lange, blonde Haare, einen dunklen Teint, trug ein verwaschenes schwarzes T-Shirt und beige Hosen, die an den Knien zerschlissen war und garantiert schon lange keine liebevolle Behandlung mit dem Bügeleisen mehr bekommen hatte.

Der Idiot streckte seine Hand aus, Ryou tat es ihm gleich und so schüttelten sie sich die Hände.

Dabei guckte ihn sein Gegeüber an, als ob er der grösste Trottel der Welt wäre und dem Weisshaarigen wurde plötzlich klar, das der andere eigentlich einen Handschlag hatte machen wollen.

Er wurde leicht rot um die Nasenspitze und fühlte sich für einen Moment ganz klein, bevor ihm einfiel, dass er heute hatte stark und dominant wirken wollen, wenn er dem Dunkelhäutigen die Leviten las.

„Los, komm!“

Die beiden schritten über den Platz wo sie sich verabredet hatten und bald öffnete der seltsame Fremde eine Autotüre.

Ryou nahm einfach an, dass er sich auf den Beifahrersitz begeben sollte und öffnete ebenfalls eine Türe.

Er fuhr eigentlich nicht gerne Auto, ihm wurde immer schlecht dabei.

Aber er brachte den Mut nicht auf, den anderen anzusprechen!

Dieser drehte den Zündschlüssel und sogleich wurde Ryous Haut noch blasser, als ohrenbetäubender Lärm aus den Boxen drang.

Netterweise wurde der Krach etwas leiser gedreht, aber er frage sich wirklich, wer freiwillig etwas hörte, bei dem der ‚Sänger’ klang, als würde er versuchen, ein Geschwür durch seine Stimmbänder zu pressen.

Leider war der Fahrstil genauso miserabel wie die Musik und Ryou konzentrierte sich die ganze Fahrt darauf, sich nicht zu übergeben.

Als sie endlich in einer Tiefgarage parkten flüchtete er so schnell wie möglich aus dem Fahrzeug und er schwor sich, nie wieder mit diesem Menschen in ein Auto zu steigen, selbst nicht, wenn es aus irgendeinem Grund seine einzige Überlebenschance sein sollte.

Ryou erblickte neben dem geparkten Auto ein Fahrrad und ging darauf zu. Er betrachtete es lange und war sich ziemlich sicher, dass es sich dabei um dieses eine Fahrrad handelte.

Aber… es sah völlig intakt aus!

Am Telefon hatte ihm der andere gesagt, es sei wegen ihm kaputt gegangen!

Diesen Gedanken formulierte er auch sogleich aus: „Ähm… sieht doch gut aus, dein Fahrrad.“

Und überhaupt, wer brauchte ein Rad, wenn man ein Auto hatte?

„Klar, was denkst du denn? Ich kann doch nicht eine ganze Woche ohne leben! Darum habe ich es selbst geflickt.“

„Aha.“ Was machte er denn bitteschön noch hier?

„Und wozu brauchst du dein Fahrrad so unbedingt?“

Erneut traf ihn ein Blick, als sei er der grösste Dummkopf dieser Welt.

„Na, um zur Schule zu fahren natürlich!“

Okay, jetzt war Ryou verwirrt. „Zur Schule? Aber du kannst doch Autofahren!“

„Klar kann ich. Aber unter der Woche braucht es mein Vater und zudem hat er mir verboten mit seinem Wagen zu fahren.“

Na, das konnte er sich gut vorstellen.

„Aber ich find das eh voll scheisse, dass ich noch nicht Auto fahren darf. In den USA darf man auch mit 16 schon fahren, warum also hier nicht?“

Ryou klappte der Unterkiefer runter. „Du… du bist noch nicht volljährig?“

„Natürlich nicht!“

Erneut wurde ihm schlecht. Es grenzte also an ein schieres Wunder, dass er noch lebte!

In diesem Moment schwor er sich, nie, nie wieder in ein Auto zu sitzen, bevor er die Lizenz des Fahrers gesehen hatte.

„Kommst du?“

Ryou wurde zu einem Fahrstuhl dirigiert und sie fuhren in den vierten Stock.

„Wie heisst du eigentlich?“

„Mariku.“

Wieder wurde der Weisshaarige mit einem Blick betrachtet, der ihm sagte, dass er einfach nur dumm sei.

Mariku führte ihn zu einer Wohnungstüre, die wohl mal weiss gewesen war, inzwischen aber ein schmutziges Grau angenommen hatte.

„Du… Mariku…, sag mal, warum gehen wir eigentlich zu dir?“

Ohje, und schon wieder dieser Blick…

„Na, weil es in der Garage und im Flur verboten ist, zu rauchen!“

Hätte Ryou auch nur fünf Sekunden mit seiner Frage gewartet, hätte er sie nicht zu stellen brauchen.

Sobald nämlich die Türe geöffnet war, stank es fürchterlich nach abgestandenem Rauch.

Einzig sein Anstand liess den Weisshaarigen nicht sogleich die Flucht ergreifen, sondern nur einen Schritt nach hinten machen.

Mariku indes zog seine Schuhe aus und hatte bereits eine Zigarette angezündet.

Der Kleinere überwand sich und betrat ebenfalls die Wohnung.

Er folgte dem Blonden ins Wohnzimmer und setzte sich auf die Kante eines schmuddeligen Sofas.

Momente vergingen, in denen er versuchte, die herumliegenden Zigarettenstummel, Bierdosen und Pizzaschachteln zu ignorieren.

Als Mariku zu Ende geraucht hatte seufzte er zufrieden und sagte: „Nun zu deiner Bestrafung…“

„Bestrafung? Wofür denn so, hm?“ Die Wut kam langsam wieder nach oben.

„Na, dafür, dass du nicht aufgepasst hast, in mein Rad gelaufen bist, ich umgefallen bin und meine Lenkstange verbogen war.“

Natürlich. Vollkommen logisch. Das machte doch Sinn! Zumindest, wenn man Mariku hiess.

Ryou schüttelte den Kopf: „Reingelaufen? Sag mal, spinnst du? Du hast mich angefahren! Ich habe wegen dir einen riesigen blauen Fleck an der Hüfte! Das Gehen tut mir immer noch weh! Und meine Eier sind auch zerbrochen wegen dir!“

„Oh. Deine Freundin ist sicher untröstlich.“

Es dauerte einige Sekunden, dann färbte sich die blasse Haut signalrot.

„Das meinte ich nicht!“

Mariku lachte schallend. „Weiss ich doch.“

Er zündete sich eine weitere Zigarette an.

„Aber das ändert nichts daran, dass ich wegen dir den ganzen Abend schlechte Laune hatte und dafür will ich entschädigt werden. Ich dachte, du könntest die Wohnung etwas putzen.“

Nun, Ryous Zimmer könnte man ‚etwas’ putzen. Hier aber musste mal radikal aufgeräumt werden.

„Du bist doch komplett durchgeknallt! Nochmals zum mitschreiben: DU hast MICH angefahren. Ich bin vollkommen unschuldig.“

„Das sehe ich aber anders. Ich will, dass du hier etwas Ordnung machst. Das ist alles.“

„Ach, und bloss, weil du etwas willst, soll ich das jetzt machen.“

„Na klar. Ist doch nicht so schwer zu verstehen.“

„Du bist wohl Einzelkind, was?“

„Schon, aber wie kommst du jetzt da drauf?“

„Vergiss es, ist nicht so wichtig.“ Ryou stand auf. „Also, dann geh ich mal wieder.“

Blitzschnell schoss Mariku vom Sofa hoch und packte ihn am Arm. „Das lässt du schön bleiben. Ich lasse dich gehen, wenn es hier ordentlich ist.“

Na, dann könnte er gleich bis Weihnachten bleiben.

„Nein! Und jetzt lass mich gehen!“

„Nein!“

„Doch! Lass los!“

„Wenn du deine Strafe annimmst!“

„Ich habe nichts getan!“

„Doch!“

„Nein!“

Ryou riss sich mit einem Ruck los und eilte zu seinen Schuhen. Warum nur hatte er sie ausgezogen?

Denn so hatte der Dunkelhäutige leider die Zeit, ihm den Ausgang zu versperren.

Er zog den kleineren an sich heran und zischte: „Wenn du jetzt nicht endlich tust, was ich verlange, werde ich ungemütlich!“

Die Drohung klang ernst.

Zu ernst. Der Weisshaarige bekam es plötzlich mit der Angst zu tun und seine Gegenwehr erlahmte.

Wenn er nur heil hier herauskam!

Warum war er überhaupt hergekommen?

Er war einfach zu gutmütig!

In diesem Moment knurrte Marikus Magen ganz, ganz laut.

„Shit, hab ich Hunger!“ Er blickte den anderen an: „Du auch?“

Ohne eine Antwort abzuwarten schleifte er Ryou zurück ins Wohnzimmer.

„Lass und Pizza bestellen.“ Er zückte sein Handy, durchsuchte seine gespeicherten Nummern und rief bei einem Pizzakurier an. Während er auf das Freizeichen wartete, fiel ihm plötzlich was ein: „Ryou, hast du Kohle dabei?“

„Nein.“ Natürlich hatte er, aber das würde er dem Blonden garantiert nicht sagen. Ansonsten würde er noch ausgeraubt!

„Liefern Sie auch kostenlose Pizzen?“

Der Weisshaarige glaubte sich verhört zu haben.

Dann lachte er los, als er das enttäuschte Gesicht des anderen sah.

„Die wollen mir keine Pizza schenken! Dabei bin ich ihr bester Kunde!“

“Das glaub’ ich dir aufs Wort“, zwinkerte Ryou.

„Was soll das jetzt schon wieder heissen?“

„Ach nichts!“

Wieder grummelte Marikus Magen. „Ah, fuck! Ich hab solchen Hunger!“

“Wenn du willst, kann ich was kochen“, antwortete er, bevor er darüber nachdachte.

„Echt? Du kannst kochen? Ist ja geil!“

Und schon ging’s hin zur Küche.

Vor deren Anblick hatte Ryou zwar Angst, aber zu seinem Erstaunen war sie sauber – zumindest im Verhältnis zum Wohnzimmer.

Ein paar schmutzige Teller und Gläser standen auf der Ablage, aber es gab keine verschimmelten Essensreste und auch keine, die als Behausung von kleinen, netten, weissen Würmchen dienten.

„Was habt ihr denn hier?“

Mariku begann, wahllos irgendwelche Schränke zu öffnen und trug zusammen, was da war.

Es war nicht gerade viel. Etwas Reis, Backpulver, Grüntee, Sahne, eine Dose Maiskörner und Schokoladenpulver.

Zweifeld blieben die braunen Augen an letztgenanntem hängen und er überlegte, wer zur Hölle auf die Idee kam, Schokoladenpulver zum kochen zu benutzen.

„Habt ihr Mayo und ein paar Gewürze?“

Hatten sie. Sogar Essiggurken waren noch welche im Kühlschrank.

Ryou kontrollierte die Ablaufdaten der Lebensmittel und meinte dann: „Ich könnte improvisierten Curryreis machen, mit Maissalat. Passt zwar nicht wirklich, aber für alles andere müssten wir einkaufen gehen.“

Doch das Leuchten in Marikus Augen war unmissverständlich.
 

„Also ich weiss echt nicht, was du hast. Schmeckt doch geil!“

„Aber sowohl der Reis als auch der Salat sind gelb. Das ist optisch nicht ansprechend.“

„Mir scheissegal. Ich will noch mehr!“

„Nur, wenn du bitte sagst!“

Dieser Satz lies sie beide zögern. Ryou, weil er sich fragte, woher er den Mut nahm, Mariku erziehen zu wollen und Mariku, weil er sich wunderte, dass ihm jemand Anweisungen geben wollte.

„Nö.“ Dann schöpfte er sich selbst.
 

„Puah, bin ich satt! Das war echt mega lecker!“

Ryou wurde heiss und meinte: „War doch nichts besonderes.“

„War es wohl! Mann, ich schulde dir was. Sag mir, was du willst.“

„Schon okay. Ich will nichts von dir. Und ich sollte langsam nach Hause. Es ist schon spät“

„Das ist aber schade. Dabei bist du ziemlich süss.“

Erneut errötete er. Mit ungeschickten Bewegungen schlüpfte er in seine Schuhe und verabschiedete sich schnell.

Er vergass zu fragen, wo die nächste Busstadion war und so irrte er über eine Viertelstunde durch das Quartier, bis er eine fand.
 

Am darauf folgenden Montag sass Ryou in einer Englischstunde und kritzelte verträumt in seinem Terminkalender herum. Verschnörkelt hoben sich die Worte „Du bist ziemlich süss“ vom restlichen Gekritzel ab.

Dieser Satz beschäftigte ihn. Er bekam höchst selten Komplimente und wenn, dann betraf es immer seine schulischen Leistungen.

Es war schon seltsam… es war nur eine kleine, beiläufig dahergesagte Bemerkung gewesen, aber sie hatte sein Innerstes aufgefühlt.

Er war sich gewohnt, stark zu sein. Nicht physisch, aber er war ein leistungsstarker Schüler und hatte auf seine Mutter und seine Schwester gleichermassen aufzupassen, da sein Vater viel arbeiten musste.

Und bisher hatte er sein Leben immer gemocht.

Er hatte nie ernste Probleme weder in der Schule, noch in der Familie gehabt.

Aber diese wenigen Worte… sie weckten etwas ihn ihm. Ryou wusste es nicht zu benennen, dafür war das Gefühl zu substanzlos.

Aber er hatte die unbestimmte Ahnung, dass sich bald Veränderungen einstellen würden.
 

Eine solche Veränderung bemerkte er bereits am Abend. Er lernte Vokabeln. Beziehungsweise versuchte es.

Immer wieder sah er Marikus Gesicht vor sich.

„Wie soll ich denn bitte schön lernen, wenn ich mich nicht konzentrieren kann?“

Frustriert legte er seinen Kopf auf den Schreibtisch.

„Das ist schön doof, dass ich immer an Mariku denken muss!“

Drei weitere Male versuchte er, den Faden wieder aufzunehmen, aber es wollte nicht klappen.

Letztendlich entschloss er sich, dass er eben morgen lernen würde und er sich jetzt lieber einen Tee machen sollte.

Naja, netter Plan.

Aber Ryou lernte spätestens am Tag danach, dass sich Probleme nicht einfach in Luft auflösten.

Wieder war er unkonzentriert und hatte obendrein schlechte Laune. Das durfte doch echt nicht wahr sein!

Er überlegte lange, kam aber zum Schluss, dass es nur eine Möglichkeit gab: er musste Mariku wieder sehen.

Und sei es nur, damit er wieder anständig lernen konnte.

Leider hatte er die Handynummer immer noch nicht.

Er schaltete seinen Computer an und suchte im Internet nach der Adresse. Es dauerte ziemlich lange, bis er herausbekommen hatte, wo genau Mariku denn wohnte, da er sich gerade mal an den Namen der Busstation erinnern konnte.

Der blasse Junge suchte sich auch die Telefonnummer raus.

Soweit, so gut.

Nur traute er sich leider nicht, anzurufen.

Ryou hatte allgemein Probleme mit telefonieren, da man nie genau wusste, wer am anderen Ende dranging.

Er kannte Marikus Eltern noch nicht mal!

Und es war irgendwie peinlich, auf das Hometelefon anzurufen.

Ein schwerer Seufzer entkam ihm. Lernen könnte er aber vergessen, wenn er jetzt nicht endlich anrief.

Daher nahm er all seinen Mut zusammen und wählte die Nummer.

Es klingelte lange und er wollte schon wieder auflegen, als sich eine Stimme meldete.

„…u Ishtar“

„Äh, guten Abend Herr Ishtar. Ich bin Ryou Bakura, ein Freund von Mariku. Ist er vielleicht zu Hause?“

„Ryou? Warum rufst du denn an?“

In diesem Moment wurde ihm heiss, als er seinen Fehler erkannte. Mist, war das peinlich! Er hatte Mariku für dessen Vater gehalten!

Das brachte ihn etwas aus dem Konzept.

„Ähm… äh, na ja, weil ich eben, tja, ich habe…“

“Zuerst denken, dann sprechen!“

Ryou verstummte.

„Ein Bekannter von mir… bö? Kann ja mal fragen.“

„Wie bitte?“

„Habe grade ein paar Kumpels hier… wir gehen Morgen zusammen was trinken und Honda fragt, ob du Lust hättest mitzukommen.“

Ohne zu Zögern antwortete er sofort: „Natürlich!“
 

Zweifeld stand Ryou einen Tag später neben dem Stadtkino und wartete.

Mariku war über zehn Minuten zu spät.

Der konnte wohl nie pünktlich sein?

Warum nur hatte er zugesagt?

Er mochte eigentlich weder Alkohol noch Kneipen.

Aber wenn er dafür Mariku wieder sah…!

Vielleicht war er dann endlich in der Lage, sein Gefühl zu definieren und wieder zur Ruhe zu kommen.

Weiter zehn Minuten verstrichen, ehe Mariku mit seinen Freunden endlich auftauchte.

Es waren alles eher breit gebaute, etwas grobschlächtige Kerle und Ryou fühlte sich sofort fehl am Platze.

Ganz instinktiv blieb er immer in der Nähe des Blonden.

Wenige Meter von ihrem Treffpunkt entfernt betraten sie eine Kneipe, an deren Türe ein Schild darauf hinwies, dass nur Volljährige eingelassen würden.

Der Weisshaarige blieb stehen, aber die anderen ignorierten das einfach und da Ryou bereits bei beim Eingang stand, blockierte er den Weg. Darum beeilte er sich dann doch, Mariku hinterher zu kommen.

„Ha!“ Dieser war daran, sich zu setzen und in freudiger Erwartung auf Alkohol die die Hände zu reiben.

Der Weisshaarige platzierte sich schnellstmöglich rechts neben ihn.

Kaum hatten sich alle gesetzt, stand auch schon ein Kellner da und nahm die Bestellung auf.

Panisch überlegte Ryou, was er denn jetzt bestellen sollte.

Bei Mineral oder Cola würden ihn die anderen sicher auslachen. Aber er wollte sich mit Marikus Freunden verstehen!

Bald würde er an die Reihe kommen! Aber wie so immer, wenn man sehr schnell denken sollte, stellte das Gehirn aus.

Ryou hörte, wie der Blonde neben ihm etwas sagte, dann war er an der Reihe. Und wusste immer noch nicht, was er denn bestellen sollte.

Darum sagte er schlicht: „Für mich auch, bitte.“

Da war er mal gespannt, was der hübsche Typ neben ihm denn bestellt hatte. Aber er würde dasselbe wie Mariku trinken. Dann würde er eine Vorliebe von ihm kennen lernen!

Ryou lächelte glücklich.

„Hey, was grinst du so?“

„Ach, nichts!“

“Lachst du mich aus?“

Er hob abwehrend die Hände: „Ich? Niemals!“

„Und das soll ich dir glauben?“ Mariku packte den kleineren, knuffte ihn in die Seite und legte ihm einen Arm um die Schulter.

Entspannt lehnte er sich gegen den starken Arm.

„Du da… hallo… du mit den weissen Haaren!“

Es dauerte einige Sekunden, bis Ryou peilte, dass er von der Person die ihm gegenübersass, angesprochen wurde.

„Wie heisst du eigentlich?“

„Ryou“

„Freut mich! Ich bin Honda.“ Der Weisshaarige lächelte zurück.

Die anderen Freunde von Mariku stellten sich auch noch vor, aber leider war Ryou noch nie der beste im Namen merken gewesen und so war es leider auch diesmal.

Als ihre Getränke kamen, war er etwas… nun, irritiert, denn vor ihm wurde ein grosses Glas abgestellt, gefüllt mit einer dunklen Flüssigkeit.

Der weisse Schaum oben lies ihn annehmen, dass es sich um ein Bier handelte, auch wenn er immer gedacht hatte, Bier sei goldgelb.

„Deine Wahl gefällt mir!“, rief Mariku von der Seite und prostete dem Weisshaarigen kurz

zu, bevor er sein Glas an die Lippen setzte.

Wohl oder übel tat dieser es ihm gleich.

Er war so ein Idiot! Er wusste, dass ihm Bier nicht schmeckte! Er kniff die Augen zusammen und nahm den ersten Schluck.

Sofort breitete sich ein bitterer Geschmack auf seiner Zunge aus. Nicht so schlimm wie er erwartet hatte, aber immer noch schlimm genug.

Er schluckte und frage sich, wer so etwas mochte. Sein Blick wanderte zur Seite und traf auf die Augen Marikus.

„Geil, oder? Ich liebe das Zeug einfach.“

Er streckte die Hände mit der Handfläche nach aussen hin aus, in der Mitte das Bier. Dann öffnete er den Mund und gab ein langes, sphärisch klingendes ‚Aah’ von sich.

„Guinness sollte echt zur Religion erklärt werden.“

Alle am Tisch lachten.

„Dummkopf!“, grinste Ryou und gab dem Blonden eine Kopfnuss.

„Du wagst es, den grossen Mariku zu beleidigen?“

„Wer Bier als seine Religion bezeichnet kann man ja nur noch beleidigen!“

“Nicht Bier, Süsser. Guinness.“

„Hm.. o..kay.“ Also war Guinnes doch kein Bier? Aber viel wichtiger war gerade die Frage: warum hatte ihn Mariku als süss bezeichnet?

Ryous Herz machte einen Hüpfer und er fühlte sich, als hätte jemand ein warmes Ei an seinem Herzen aufgeschlagen und die Wärme verteilte sich von da aus über den ganzen Körper.

Er rutschte noch ein Stücken näher und der Blonde, der dies natürlich sofort registriert hatte, legte seinen Arm wieder um Ryou.

Und dabei gab es einen winzigen Moment, wenn man da ein Foto gemacht hätte, wären zwei Menschen drauf gewesen, die so froh wirkten, als hätten sie ewig währendes Glück gefunden.

Natürlich bemerkte es niemand, dafür war er schlicht zu kurz.

„Und, was tust du so, wenn der Tag lag ist?“, wandte sich Honda an Ryou.

„Meine Tage sind eigentlich nie lang… sondern immer viel zu kurz!“

„Haha, ja meine auch!“ Er nahm einen Schluck von seinem Getränk und der Weisshaarige fühlte sich daran erinnert, dass er ja auch noch eines vor sich stehen hatte und er empfand es als unhöflich, es einfach da stehen zu lassen.

Also nahm er nochmals einen Schluck. Und noch einen. Schliesslich wollte er das Zeug bald weg haben.

Mariku hatte sein ganzes Glas schon geleert und bestellte gerade ein zweites.

Ryou schauderte es bei dieser Vorstellung.

Im Laufe des Abends trank Mariku noch zwei weitere, während der blasse Junge neben ihm immer noch mit seinem ersten kämpfte.

Aber ansonsten fühlte sich der Weisshaarige pudelwohl. Vielleicht war da der Alkohol auch noch mit im Spiel, aber wen interessierte das?

Normalerweise hatte er Mühe, Anschluss zu finden. In seiner Klasse war er nicht unbeliebt, aber er hatte da keine richtig guten Freunde und so etwas wie gemeinsam weg gehen kannte er nicht. Nicht, dass ihm das bisher gefehlt hatte. Er mochte es, nach dem lernen abends mit seiner kleinen Schwester vor dem Fernseher zu sitzen und Videospiele zu zocken.

Er hob seinen Blick wieder, der an seinen Händen haften geblieben war, und blieb an seinem Gegenüber hängen. Honda hatte den Typen, der eigentlich neben ihm sass auf seinen Schoss gezogen und leckte ihm gerade über die Wange.

Fasziniert beobachtete Ryou die beiden, und als sie begannen, sich gegenseitig die Zungen in den Mund zu drücken, hörte er eine Stimme neben sich.

„Komm Kleiner, lass uns gehen. Das ist ja nicht mit anzusehen!“

Er nickte und Mariku leere in einem Zug den Rest von Ryous Getränk.

Sie erhoben sich, und ohne sich zu verabschieden verliessen sie die Bar.

„Müssen… müssen wir nicht noch bezahlen?“

Der Blonde grinste: „Das dürfen gerne die anderen übernehmen.“
 

Gemeinsam sassen sie im Bus, Ryou döste an Marikus Arm gelehnt. Er war viel zu müde, um noch an irgendetwas denken zu können.

Er folgte Mariku in seine Wohnung, was er aber eher am Geruch erkannte, er konnte kaum seine Augen offen halten.

Sie gelangten in das Zimmer des Blonden. Natürlich herrschte auch hier Chaos und Mariku entschloss kurzerhand, Ryou zum Bett zu tragen, damit er nicht aus Versehen auf Scherben von Bierflaschen trat, die von seinem letzen Wutausbruch noch übrig waren.

Er kramte ein sauberes T-shirt aus einer Ecke hervor und warf es Ryou an den Kopf, bevor er sich begann, auszuziehen.

Der Weisshaarige tat es ihm gleich und zog sich dann das Oberteil über, das er bekommen hatte. Dann legte er sich hin.

Bald lagen sie beide nebeneinander im Bett.

„Sorry dass mein Bett so klein ist. Ich hoffe du fällst nicht raus.“

„Kein Problem.“

Dann herrschte wieder Stille zwischen ihnen.

Ryou fiel ein, das er das erste Mal in seinem Leben zu Bett ging, ohne sich die Zähne geputzt zu haben.

Plötzlich legte sich ein Arm um seine Hüfte.

Diese Berührung gab ihm die Bestätigung, dass er dem Blonden nahe kommen durfte – es war wirklich eng in dem 90 cm breiten Bett.

Also drehte er sich auf die linke Seite und kuschelte sich an Mariku.

Die Hand schob sich unter das T-Shirt und streichelte seinen Rücken. Leise seufzte er auf. Die warme Hand fühlte sich gut an!

Nun schlang er ebenfalls einen Arm um den anderen und streichelte seine Seite.

Natürlich wurde Mariku rasch fordernder und auch Ryou war bald so heiss, dass er sein Oberteil gar nicht mehr tragen wollte.

Darum zog er es aus und warf es in die Dunkelheit. Sanft liess er seinen Oberkörper weder zurück gleiten, diesmal aber noch näher an den gut duftenden Körper.

Als sich ihre nackte Haut berührte, rann ein wohliger Schauer durch beide hindurch.

Ein Schauer, der nach mehr verlangte.

Der Blonde zog den kleineren auf sich und küsste ihn.

Ryou war so überrascht, dass er gar nicht reagierte, sondern es einfach geschehen liess.

Zum Glück wurden seine Lippen nach einer kurzen Pause erneut liebkost und diesmal machte er mit.

Er umschlang mit beiden Armen den starken Körper unter sich und drückte ihn fest, um zu zeigen, wie glücklich er sich in diesem Moment fühlte.

Die Umarmung wurde erwidert.

Sanft stupste der Weisshaarige mit seiner Nase gegen die Lippen des Dunkelhäutigen, der darauf hin hinein biss.

Ryou kicherte und vergrub sein Gesicht in der Halsbeuge unter ihm.

Mariku indes streichelte den Nacken des Jungen über ihm und stöhnte auf, als sich Zähne an seinem Hals zu schaffen machten.

„Du wagst es?“ Er bäumte sich auf, drehte sich auf den Bauch und begrub Ryou so unter sich.

„Na warte!“ Er legte die Hände an Ryous Hüfte und begann, ihn zu kitzeln.

Leider war dieser aber gar kitzlig und so ging im bloss die Luft ob dem Gewicht des andern aus.

Als Rache hob er eine Hand und schlug nach dem Körper auf ihm, auch wenn er nicht wirklich sah, was er genau traf.

Mariku hingegen spürte sehr gut, wie er den Hintern versohlt bekam.

Es steigerte seine Lust und ohne zu Zögern zerrte er Ryous Boxershort nach unten.

Mit seiner eigenen tat er dasselbe.

Sie fassten sich an, und alles versank in einem Strudel der Lust, dem Weisshaarigen wurde immer heisser und heisser… und als er sich vollkommen diesem Gefühl hingab hörte er gleich darauf Marikus Stimme: „Du bist noch ohne Erfahrung, oder?“

„Mhm… tut mir leid.“

„Kein Problem. Willst du was zum abwischen?“

Ryou bejahte.

Als der Blonde mit Taschentüchern bewaffnet zurückkehrte, war der süsse Junge in seinem Bett bereits eingeschlafen.

Mariku

Mariku
 

Die Sonne strahlte hell am Himmel und warf ihre leuchtenden Strahlen auch in ein Zimmer, in dem zwei Teenager friedlich schlafend in einem Bett lagen.

Es war ein Bild perfekter Idylle, beide sahen so zufrieden aus, wie die meisten Menschen nur im Schlaf wirkten.

Doch leider war für einen von ihnen die Zeit innerer Ruhe vorbei – er erwachte.

Verwirrt blickten braune Augen in dem Zimmer umher, bis sie sich etwas weiteten, als die Erinnerung zurückkam.

Nun, wäre es nur die Erinnerung an die vergangene Nacht gewesen, hätte sich vermutlich ein liebliches Lächeln auf die Gesichtszüge des Weisshaarigen geschlichen… doch leider: „Scheisse! Ich habe verschlafen!“

Sofort sprang Ryou aus dem Bett und griff nach seinen Kleidern, die er am Abend zusammengefaltet auf den Mülleimer gelegt hatte – das war die sauberste Stelle gewesen, die er gefunden hatte.

So schnell er nur konnte zog er sich an und machte dabei einigen Radau, sodass auch Mariku erwachte. Verschlafen rieb sich dieser die Augen und brummte: „Was’n los?“

„Wir haben vergessen, den Wecker zu stellen! Ich komme zu spät!“

„Wohin?“

„Na, wohin wohl? Zur Schule natürlich, du Schlaumeier! Wie lange habe ich von hier aus wohl zu meiner Schule? Oh, Mist, meine Schulsachen hab’ ich natürlich auch nicht mit!“ Verzweifelt blicke er sich im Zimmer um, sah aber keinen Ausweg.

Er erblickte nicht seine Schultasche, dafür aber den Wecker Marikus. „Was, schon zehn Uhr? Scheisse!“ Dann fügte er schnell hinzu: „Hey, kann ich mir Block und ein paar Stifte von dir ausleihen?“

Antwort erhielt Ryou keine, also begann er einfach zu suchen.

Er wurde sogar fündig, und so zog er blitzschnell Schuhe und Jacke über, schnappte sich seine Sachen und rannte eiligst zur nächsten Bushaltestelle.
 

Was sollte er jetzt nur tun?

Er war noch nie zu spät gekommen!

Seine Eltern würden garantiert keine Entschuldigung unterschreiben… und dann fehlten ihm auch noch die Unterrichtsmaterialien… wie sollte er das denn seinen Lehrern erklären?

Die ganze Busfahrt über dachte er nach und bemerkte gar nicht, dass er an seinen Nägeln kaute.

Es fiel ihm erst auf, als er an einer Stelle zu bluten begann. Schnell versteckte er seine Hände in seinem Schoss.

Dafür begann er, auf seiner Lippe zu kauen.
 

Endlich bei seiner Schule angekommen rannte er zum Klassenzimmer und blieb keuchend vor der Türe stehen.

Sollte er jetzt einfach reinplatzen?

Dann würden ihn alle anstarren! Oh Gott, wie peinlich! Allein beim Gedanken daran errötete er.

Sollte er einfach warten bis die Stunde zu Ende war?

Weniger peinlich wäre das auf jeden Fall.

Er holte tief Luft. Also gut.

Er würde jetzt da reingehen. Würden ihn eben alle auslachen. Das hatte ihn nicht weiter zu kümmern.

Warum roch es hier so seltsam?

Er atmete nochmals tief ein.

Oh… Gott… wie hatte er das nur vergessen können?

Seine Kleider stanken, als kämen sie direkt aus der Mülltonne! Was sie im Prinzip auch taten, nur rochen sie neben Mülltonne auch noch nach Kneipe und Zigarettenrauch.

So würde niemand ihm glauben, dass er einfach verschlafen hatte. Nein – sie würden denken, er hätte etwas Unanständiges getan.

Oh Gott! Das hatte er auch!

Nein, jetzt war nicht die Zeit, darüber nachzudenken.

Okay.

Irgendein Plan B musste her.

Er überlegte.

Und überlegte.

Warum hatte er sich nicht einfach von Mariku ein paar Klamotten leihen können?

Andererseits- die hätten sicher auch nach Rauch gestunken.

Was, wenn er neue Klamotten kaufen ging?

Nahe der Schule war ein billiges Kleidergeschäft. Unter normalen Umständen würde ihn zwar niemand in den Fummel, den die da verkauften, reinbringen, aber in dieser Situation…

Ryou hörte Schritte.

Okay, schnell weg hier!

Er wandte den Kopf und blickte sich um. Dabei fiel ihm eine Strähne seines Haares ins Gesicht.

Oh nein!

Wie konnte er nur so dumm sein?

Seine Haare rochen genauso schlimm wie seine Klamotten!

Das schrie nach einem Plan C!

Hilfe!

Moment mal- er hatte doch noch seine Sportklamotten im Spind!

Das war’s!

Er flitzte hin, schnappte sich seine Sporttasche und rannte nach unten, zu den Umkleidekabinen.

Er hatte zwar kein Shampoo mit – aber in den Duschen stand meist noch welches, das irgendwer da vergessen hatte.
 

So stand er bald unter einem angenehm warmen Strahl Wasser und zum Glück hatte Ryou mit seiner Einschätzung richtig gelegen, sowohl Shampoo als auch Duschgel waren in der Gemeinschaftsdusche liegen geblieben.
 

Endlich sauber! Zehn Minuten später trocknete er sich mit seinen stinkenden Klamotten ab und hoffte, dass er dadurch nicht gleich wieder diesen abscheulichen Geruch annehmen würde.

Sein Plan war gar nicht mal so schlecht!

Bei seinem gewöhnlichen Schulweg musste Ryou einmal umsteigen. Und da verlief ein Fluss.

So nass wie er jetzt war, würden sie ihm doch glauben, dass er hinein gefallen war?

Das würde dann auch erklären, warum er seine Schulsachen nicht mithatte.

Er schaute auf seine Armbanduhr – noch sieben Minuten, dann war die Schulstunde zu Ende.

Der Weisshaarige packte seine Sachen und hastete wieder nach oben.

Er lauschte kurz an der Tür, dann klopfte er.

Ihm wurde geöffnet und eine perplexe Lehrerin starrte ihn an.

„Ryou… aber... was ist denn passiert?“

Und dann machte sie etwas, was ihn wirklich freute.

Sie trat aus dem Zimmer heraus und schloss de Tür hinter sich.

Zum Glück!

Dann musste er seine Lüge nicht gleich vor der ganzen Klasse testen!
 

Ryou wurde geglaubt. Von allen Lehrern.

In der Klasse wurde er zwar ausgelacht… aber besser, als seinen Eltern erzählen zu müssen, dass er heute zu spät gekommen war.

Er war glücklich.

Am liebsten hätte er alle seine Mitschüler ganz fest gedrückt.

Aber er liess es lieber bleiben, konzentrierte sich auf den Unterricht und malte ab und zu ein kleines Etwas auf sein Blatt, das wohl nur er selbst als Herzchen erkannte.

In den Pausen eilte er von Lehrer zu Lehrer und redete jeweils so lange auf sie ein, bis sie sich einverstanden erklärten, dass er keine Entschuldigung zu bringen hatte.

Sobald die Schule aus war, hüpfte er schnell zu seinem Spind, nahm seine Kleider heraus und hätte in der Eingangshalle am liebsten die Säule umarmt, so gut ging es ihm in diesem Moment.

Zuhause angekommen zog er sich gleich um.

Sein Plan hatte auf ganzer Linie funktioniert!

Jetzt musste er nur noch seine Hefte so aussehen lassen, als seien sie nass geworden.

Wäre doch blöd, wenn die ganze Mühe umsonst gewesen wäre und letzten Endes sogar raus käme, dass er gelogen hatte!

Er setzte sich ans Pult und begann, von all jenen Fächern, die er heute gehabt hätte, die Hefte abzuschreiben

Komplet.

Ryou würde es niemals zulassen, dass seine Hefte unordentlich geführt waren.

Und wenn sie ins Wasser gefallen waren, würde er sie eben neu abschreiben.

Mathematik war das einzige Fach, das sie morgen auch haben würden, also begann er mit diesem.

Als er fertig war, holte er einen Eimer und füllte ihn mit Wasser.

Langsam tunkte er das Original im Nass.

Es tat ihm im Herzen weh. Er konnte nicht hinsehen, betrachtete stattdessen seine Abschriften.

„Ryou?“

Es klopfte an seine Zimmertüre.

Vor Schreck liess er das Heft los.

„Ja..ha?“

Amane riss die Tür auf: „Essen!“

„Komme gleich!“

Seine kleine Schwester blinzelte verwirrt: „Warum hast du denn einen Eimer mit Wasser in deinem Zimmer stehen?“

Ryou lief rot an. „Ach, nur so. Ich wollte noch den Boden feucht aufnehmen!“

Zum Glück verdrehte sie nur die Augen und verliess das Zimmer wieder.

Er folgte ihr…
 

„Ryou, was ist heute mit dir los? Du isst ja kaum!“

Er blickte in das besorgte Gesicht seiner Mutter und bekam gleich ein schlechtes Gewissen.

„Ach, nichts weiter!“

Natürlich glaubte sie ihm nicht.

Also entschied er sich für eine Art Halbwahrheit.

„Ich war doch gestern bei einem Mitschüler. Nun, seine schulischen Probleme sind gravierender als ich gedacht hatte. Wirklich. Ich glaube, er kommt auch jeden Tag zu spät zur Schule.“ Ryou glaubte kaum, das Mariku heute frei gehabt hatte. Frei gemacht hingegen schon.

„Kann eben nicht jeder so ein Streber sein wie du!“

Praktisch.

Jetzt stritten seine Schwester und seine Mutter darüber, ab wann ein guter Schüler zum Streber wurde.

Nett.

Dann musste er nicht weiter Lügengeschichten erfinden.

Eigentlich war er schlecht darin. Normalerweise merkten es alle, wirklich alle, wenn er log.

Aber heute hatte es geklappt.

Heute war alles seltsam.

Zum ersten Mal liess er Gedanken an die vergangene Nacht zu.

Sogleich wünschte er sich, er hätte es gelassen.

Ihm wurde heiss und kalt gleichzeitig, sein Blickfeld begann sich zu drehen.

Warum hatte er das getan?

Warum fühlte er sich so angezogen von diesem Mariku?

„Haha, wohl eher ausgezogen von ihm“, murmelte Ryou vor sich hin.

„Was hast du gesagt, Ryou?“

„Nichts, Mama!“

Damit er nicht nochmals in solch eine Situation kam und weil er ungestört nachdenken wollte, ging er nach oben ins Badezimmer.

Er verschloss die Tür und setzte sich auf den Klodeckel.
 

Ryou zog sich meist, wenn er nachdenken musste, ins Badezimmer zurück.

Der komplett in weiss gehaltene Raum war sehr reizarm, und so war er nicht andauernd abgelenkt von irgendetwas.

Warum hatte er sich letzte Nacht gehen lassen?

Er hatte zuvor noch nie jemanden geküsst!

Und nur Momente später hatte er sich an seiner intimsten Stelle anfassen lassen. Warum nur?

Es schien ihm so surreal.

Irgendetwas in ihm schien zu handeln, ohne ihn nach Erlaubnis zu fragen. Warum zum Beispiel hatte er sein T-Shirt ausgezogen? Mariku hatte das einfach als Einladung verstehen müssen!

Aber es war nicht so gemeint gewesen.

Ryou hatte eigentlich nicht mehr als ein bisschen kuscheln wollen.

Warum hatte er sich intensiveres trotzdem gefallen lassen?

Warum liess er sich Marikus Verhalten überhaupt gefallen?

Es war eine Tatsache, dass Ryou ihn für verabscheuungswürdig gehalten hatte.

Damals, nach der höllischen Autofahrt, in seiner Wohnung… wann hatte sich der Hass verflüchtigt?

Wenigstens diese Frage war einfach zu beantworten: da, als er gesehen hatte, wie sich Mariku über das einfache, von Ryou zubereitete Mahl gefreut hatte.

Er hatte so süss ausgesehen und sich sogar richtig bedankt.

Okay, nein, das hatte er nicht.

Aber er hatte Ryou gelobt und das hatte diesen wirklich gefreut.

Nur, wenn die negativen Gefühle weg waren, musste man ja noch lange nicht zusammen im Bett landen.

Warum war es trotzdem passiert?

Darauf wusste er keine Antwort.

Sein Verhalten war schlicht und ergreifend unlogisch.

Der Ägypter hatte etwas an sich, das Ryou anzog. Das war die einzige Erklärung.

Zugegeben, keine sehr hilfreiche.

Aber was sollte er denn tun?

Fakt war, dass er sich Mariku hingegeben hatte, es nicht bereute – vielleicht gar wieder tun würde – und das alles so gar nicht Ryous Natur entsprach.

Jetzt, wo er einmal angefangen hatte, darüber nachzudenken, konnte er seine Gedanken nicht mehr stoppen.

Eigentlich hätte er doch Mariku nicht Vergnügen bereiten sollen, nach all dem, was dieser ihm angetan hatte!

Aber es war schön gewesen. Das konnte er nicht bestreiten.

Ryou hatte zwar keine Erfahrung, mit der er hätte vergleichen können, aber der schöne Blonde konnte wahnsinnig gut küssen.

So leidenschaftlich, fordernd und doch auf eine seltsam raue Art liebevoll.

Sein Verstand musste aber schon irgendwann vorher ausgeschaltet worden sein.

Er würde doch ansonsten nie auf die Idee kommen, mitten in der Woche bei einem fast Fremden zu übernachten!

Nicht mal seinen Eltern hatte er Bescheid gegeben.

Sein Fehlen abends war nur nicht aufgefallen, da gestern sowieso niemand zu Hause gewesen war.

Die Eltern bei einem wichtigen Geschäftsessen, Amane bei einer Freundin.

Ja, zu Amane passte es, mitten in der Woche lange weg zu bleiben, vielleicht sogar zu verschlafen... sie stand an der Schwelle der Pubertät, rebellierte gerne und hielt den Arbeitsaufwand für die Schule so gering wie möglich.

Ryou hatte es nicht nötig, zu rebellieren.

Er mochte sein Leben mit den guten Noten, seinen Büchern und die Wochenenden reichten vollkommen, um seine Freunde zu treffen.

Warum hatte er nicht einmal daran gedacht, einen Wecker zu stellen?

Dann wäre er wenigstens rechtzeitig zur Schule gekommen…

Apropos Zeit… er hatte lange genug seine Gedanken schweifen lassen… zurück an die Arbeit!
 

Oh.

Das war das einzige, was Ryou dachte, als er in sein Zimmer zurückkehrte.

Denn da stand immer noch ein roter Eimer mitten im Raum.

Mit seinem Heft drin.

Er holte eine Plastiktüte, die er aufschnitt und auf den Boden legte.

Er fischte sein Matheheft wieder aus dem Eimer und breitete es auf dem Plastik aus.

Hoffentlich würde es bis morgen trocknen!

Dann machte er sich daran, das nächste Heft abzuschreiben.

Kurz vor Mitternacht erinnerte der Weisshaarige sich, dass er ja eigentlich noch Hausaufgaben hätte.

Die hatte er komplett vergessen!

Vergessen!

Das ihm dass mal noch passierte!

Unglaublich!
 

Es war halb zwei, als er endlich schlafen ging.

Was für ein Tag!

Hatte er ernsthaft seine schön geführten Hefte zerstört?

Und Zähne geputzt hatte er auch seit mehr als 24 Stunden nicht mehr.

Grässlich.

Na dann, ab ins Badezimmer.

Zurück in seinem Reich kuschelte er sich ins Bett und legte seine Arme um das Kopfkissen.

„Gute Nacht, Mariku“, hauchte seine Stimme liebevoll.
 

Irg…nass!

So fühlte sich Ryous Erwachen an.

Nicht, dass es ihn gross wunderte… er erinnerte sich haargenau an seinen Traum.

Er hatte solche Lust!

Er wollte ihn jetzt da haben, bei ihm im Bett!

Langsam griff er nach seinem Handy und starrte es an.

Er hatte seine Nummer nicht.

Laut aufseufzend öffnete er trotzdem sein Adressverzeichnis und suchte nach Marikus Nummer.

Vielleicht hatten kleine Wichtel die Nummer über Nacht eingetippt.

Oder so.

Leider hatte er kein Glück, die gute Fee wollte auch nicht erscheinen, also stand er frustriert auf.

Seine Hefte waren immer noch feucht und da noch niemand ausser ihm wach war, konnte er es riskieren, den Stapel mit nach unten zu nehmen, und während dem Frühstück im Backoffen trocknen lassen.

Langsam, beinahe bedächtig, packte er später seine Schulsachen und verliess das Haus.
 

Die nächsten Tage waren seltsam.

Nicht die Ereignisse an sich, die waren ganz gewöhnlich.

Sondern die Gefühle, mit denen sich Ryou konfrontiert sah.

Einerseits war er überglücklich. Er hatte sich Hals über Kopf in den schönen Blonden verliebt. Er hatte sich lange mit seinen Empfindungen beschäftigt und war zum Schluss gekommen, dass er einfach verliebt sein musste.

Etwas anders konnte die starken Gefühle in seinem Innern nicht erklären.

Andererseits vermisste er den Blonden so sehr, es gab Augenblicke, da dachte er, nie wieder glücklich sein zu können, wenn er nicht an der Seite Marikus war.

Noch ein Indiz dafür, dass er definitiv verliebt war.

Allerdings hatte er auch Angst.

Nicht Angst davor, dass er sich zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlte, er war zu verliebt, um sich darum Gedanken zu machen. Die ganze Situation hatte sich noch nicht in logisch erfassbarer Form in seinem Hirn festgesetzt.

Aber an diesem wundervollen Abend in der Bar… da hatte Mariku gehen wollen, als Honda und der andere Junge begonnen hatten, sich zu küssen.

Das lies im Prinzip nur die Schlussfolgerung zu, dass er Schwule eklig fand.

Allerdings hätte er Ryou dann kaum so intensiv gestreichelt.

Trotzdem war er verunsichert.

Vielleicht war Mariku auch nur angetrunken gewesen. Er hatte ja ziemlich viel in sich reingeschüttet.

Diese Ungewissheit… was bedeutete er dem Ägypter?

Für Ryou war es klar, dass Intimitäten bedeuteten, dass einem dieser Mensch in irgendeiner Form wichtig war. Er konnte sich nicht vorstellen, dass das für irgendwen anders sein konnte.

Aber er wusste, dass es solche Menschen gab, die sogar Sex haben konnten, ohne wirkliche Gefühle dahinter.
 

Eigentlich hatte der Weisshaarige warten wollen, bis seine Liebe anrief oder wenigstens eine SMS schrieb.

Aber nachdem fünf Tage in Folge nichts in diese Richtung passierte, entschied er, selbst etwas zu unternehmen.

Musste der Prophet eben zum Berg!
 

Zwei Tage später befand sich besagter Prophet auch wirklich auf dem Weg zum Berg.

Die Bergluft war zwar nicht angenehmer geworden, aber das interessierte Ryou gerade herzlich wenig.

Allein der Anblick Marikus liess sein Herz schneller schlagen!

Ohne ein Wort der Begrüssung wurde er in die Wohnung gezogen und an die Wand gepresst.

Heisse Lippen fanden die seinen, gierige Hände fanden sogleich den Weg unter seine Oberbekleidung.

Der Blonde zerrte Ryou in sein Zimmer und zog ihm seinen Pullover über den Kopf.

„Du bist so geil, mein Kleiner!“

Mariku zog brennende Striemen mit seinen Nägeln auf den schmalen Rücken.

Er liess sich aufs Bett fallen und riss Ryou einfach mit sich.

Leidenschaftlich küsste sich Mariku vom willig geöffneten Mund hin zur Halsbeuge, saugte sich dort fest.

Über Ryou brach eine ganze Reihe unbekannter Gefühle herein. Für in war das alles so neu!

Er bebte vor Lust, konnte kaum noch klar denken.

Wollte er auch nicht. Er wollte nur Mariku.

Dafür brauchte er nicht zu denken, sondern zu handeln.

Nur hatte er zu wenig Erfahrung, um wirklich selbst die Zügel zu übernehmen.

Also machte er einfach, was von ihm verlangt wurde.

So geschah es recht bald, dass Mariku den weissen Haarschopf packte und zu seinem Schoss lenkte.

Ryous Adamsapfel wanderte erst mal nach oben, als ihm klar war, was der Mann seines Begehrens von ihm verlangte.

Dann sprach er sich selbst Mut zu, so schwer konnte das nicht sein.

Etwas zögerlich öffnete er den Mund, senkte dabei langsam seinen Kopf.

Mariku war um einiges erfahrener, für ihn gehörte diese Handlung schlicht und ergreifend zu jedem Vorspiel.

Allerdings tat Ryou es so sanft, süss und unschuldig, dass Mariku es unerwartererweise als sehr erregend empfand.

Er war sich sehr wohl bewusst, dass er der erste war, der so von Ryou verwöhnt wurde.

„Schneller!“

Sofort wurde seinem Befehl Folge geleistet und der Blonde spürte das Gefühl von Macht in sich aufsteigen, was ihm einen zusätzlichen Kick gab.

Er genoss dieses Gefühl und stöhnte dementsprechend ausgiebig.

Seiner Meinung nach hätte der Jugendliche zwischen seinen Beinen ewig so weitermachen können, aber Mariku war noch genug Herr seiner Sinne, um zu bemerkten, dass Ryou langsam erschöpft war.

Also erbarmte er sich und hielt seinen Orgasmus nicht länger zurück.

Er vernahm ein Husten und ein fieses Grinsen schlich sich auf seine Gesichtszüge.

Hätte er den Kleinen vielleicht vorwarnen müssen?

Pech gehabt!

Er sah aber auch zu niedlich aus!

Ganz rot im Gesicht, das frische Sperma floss ihm aus dem Mund bis zum Kinn, von wo aus es auf das Bett tropfte.

Er blickte sich hilflos und suchend im Zimmer um.

„Suchst du was um den Mund zu spülen?“

Es folgte nur ein Nicken als Antwort.

„Mir wäre aber lieber, wenn du alles runterschlucken würdest.“

Postwendend schüttelte Ryou energisch den Kopf.

Das würde der Kerl sich definitiv abschreiben können!

Mariku fischte nach der Packung Taschentücher, die seit Ryous letztem Besuch neben seinem Bett gelegen hatte und reichte sie diesem.

“Hier, spuck rein.“

Der Weisshaarige tat, wie geheissen.

Unterdessen stand Mariku auf und zog sich wieder an.

Er ging in die Küche, holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank.
 

Zurück liess er einen verdatterten Ryou, dessen Bedürfnisse noch nicht gestillt worden waren.

Natürlich liess er das nicht zu!

Er hatte Mariku schliesslich oral befriedigt, da könnte dieser auch was für ihn tun!

Also krabbelte er aus dem Bett und machte sich auf die Suche nach dem Objekt seines Begehrens.

Als er es gefunden hatte, umschlang er den breiten Oberkörper und küsste sich sanft die Schulter entlang.

Erneut küssen sich beide, Mariku schauderte es, als er seinen eigenen Geschmack im Mund Ryous wahrnahm.

Ryou allerdings fand den Geruch von Bier immer noch widerlich und so löste er den Kuss schon bald wieder.

Von unten sah er mit seinen rehbraunen Augen in die violetten des Ägypters und hauchte: „Was ist denn mit meinen Bedürfnissen?“

„Die sind mir egal. Ich hab Spass gehabt, das reicht!“

Dann wandte er sich ab und ging ins Wohnzimmer.
 

Der Abgang war cool gewesen, echt.

Natürlich hatte er einen Grund, warum er jetzt aufgehört hatte. Lust hätte er schon noch.

Aber er wollte Rache üben.

Rache dafür, dass Ryou letztens einfach weggepennt war.

Jetzt waren sie quitt.

Zufrieden mit sich selbst liess er sich aufs Sofa plumpsen.

Ryou würde ihm sicherlich gleich nachkommen.

So süchtig wie der Kleine nach ihm schien… nicht, dass es verwunderlich gewesen wäre. Er war nun mal ein heisser Typ.

Sogar die Schlampe von Biologielehrerin hatte es auf ihn abgesehen!

Mit angewidertem Gesichtsaudruck dachte Mariku daran, wie sich die hässliche Brünette mehrmals die Stunde bei ihm über das Pult lehnte, damit er auch ja ihren spitzenbesetzten BH sah.

„Was ist denn los, Mariku?“

Na, wer sagt’s denn?

Ryou war ihm wirklich nachgelaufen.

Er zog den weisshaarigen Jungen auf seinen Schoss und biss ihn in den Oberarm.

Bei solchen Lehrkörpern war es doch echt kein Wunder, dass er immer schwänzte!

Er verbrachte seine Zeit lieber mit süssen, willigen Jungs.

Mit seiner Nasenspitze fuhr er den schlanken Hals entlang, hin zum rechten Ohrläppchen, in welches er hinein biss.

In seiner Hosentasche vibrierte es.

Seufzend schob er Ryou von seinem Schoss und ging ran.
 

Eine halbe Stunde später verliessen Mariku und Ryou die Wohnung, auf dem Weg in einen Club.

Einer von Marikus Freunden hatte gefragt, ob er auch komme.

Ryou wurde einfach mitgeschleift.

Nicht, dass der Weisshaarige etwas dagegen gehabt hätte. Kurz viel ihm ein, dass er morgen Schule hatte und auf keinen Fall zu lange bleiben sollte, aber als Mariku ihn küsste, vergass er es wieder.

Im Club war es laut und stickig.

Netterweise bezahlte Mariku Ryou eine Cola – Bier hatte dieser für das nächste Jahrhundert genug getrunken.

Schüchtern blickte sich Ryou um. Keines der Gesichter kam ihm bekannt vor.

Mariku musste echt beliebt sein, so viele Freunde wie dieser hatte.

Mit einem Mal fühlte sich der Weisshaarige klein und unbedeutend.

Er hatte nicht viele Freunde, hatte ein eher langweiliges Leben… Mariku schien das komplette Gegenteil von ihm zu sein.

War es nicht komisch, dass er sich ausgerechnet in so jemanden verliebt hatte?

Gedankenverloren nippte Ryou an seiner Cola… Mariku war verschwunden und hatte ihn einfach zurückgelassen.

Wenn er doch nur den Mut gehabt hätte, sich den Freunden Marikus vorzustellen… aber dafür war er zu schüchtern.

Sie beachteten ihn auch gar nicht.

Einsam und verlassen sass Ryou auf der Bank, niemand nahm Notiz von ihm.

Wo Mariku wohl blieb?

Es war schon etwas gemein von dem Blonden, dass er ihn einfach so sitzen liess…

Andererseits… vielleicht ging er ihm ja auf die Nerven?

Vielleicht hatte Mariku ja genug von Ryou?

Sie kannten sich noch nicht lange. Vielleicht hatte Mariku bemerkt, was für ein Langweiler der Weisshaarige war und ging deshalb auf Abstand?

Nachdem er heute befriedigt worden war, hatte er auch einfach das Zimmer verlassen und Ryou zurückgelassen…

Vielleicht war es besser, wenn er jetzt einfach ging.

Aber Mariku würde sich garantiert nicht bei ihm melden!

Also entschied sich Ryou, dass er den Abend hier verbrachte.

Er würde über seinen eigenen Schatten springen und hier bleiben!

Sollte es in einer Katastrophe enden, konnte er sich immer noch dafür entscheiden, seine Liebe nie wieder zu sehen.

Er liess seine Beine baumeln und spielte mit seinem Glas herum, das inzwischen leer war.

Sollte er Mariku suchen gehen?

Er würde kaum von alleine wiederkommen…

Also erhob sich Ryou und machte sich auf die Suche nach dem wunderschönen Ägypter. Er entschloss sich, als erstes auf der Tanzfläche zu suchen, da befanden sich die meisten Menschen.

Er blickte sich suchend um, konnte aber kaum etwas erkennen.

War auch eine ziemlich blöde Idee, bei diesem Schummerlicht in so einer grossen Menschenmasse nach jemandem Ausschau zu halten, insbesondere, wenn man nicht sonderlich gross gewachsen war.

Trotzdem gab er nicht auf und suchte weiter.

Er zwängte sich zwischen verschwitzen Leibern durch, wurde hie und da angegrabscht.

Ryou war aber viel zu zurückhaltend, als dass er etwas gesagt hätte.

Wenn er die Berührungen überhaupt mal als absichtlich kategorisierte.
 

Er irrte einige Minuten umher und kam sich ziemlich bescheuert vor, hatte das Gefühl, als ob ihn alle anstarrten.

Langsam musste er sich aber eingestehen, dass es wohl ein Ding der Unmöglichkeit war, Mariku hier ausfindig zu machen.

Die schlechte, heisse Luft hatte ihn durstig gemacht und so entschloss sich Ryou, seine Suche zu unterbrechen und ein Mineralwasser zu holen.

Er reihte sich in die Schlange vor der Bar ein und wartete.

Leider hatte Ryou noch nie jemand gesagt, dass man sich bei überfüllten Bars nicht anstellen konnte, sondern sich durchquetschen musste.

So wartete er.

Und wartete.

Die Langweile ergriff ihn wieder und er wandte den Blick von den blondierten Haaren der Bardame ab – als er plötzlich einen anderen blonden Schopf entdeckte.

Mariku stand da, wenige Meter von ihm entfernt, wo der Tresen eine Ecke bildete.

Wohlgemerkt, er stand genau da, auf dem Tresen!

Und er war nicht alleine.

Die Hände des Blonden hatten sich um die Körpermitte eines jungen Mannes mit blauschwarzen Haaren gelegt, zogen die zwei muskulösen Körper nah zusammen.

Die Lippen der beiden waren aufeinander gepresst, ihre Zungen spielten miteinander.
 

Brennende Eifersucht und heisse Wut breitete sich in Ryou aus.

In Sekundenschnelle hatte er die wenigen Meter Distanz überwunden und stand nun genau zu Marikus Füssen.

Er hörte die Stimmen um sich, laut schrieen die anderen Clubbesucher homophobe Äusserungen, drohten mit den Fäusten oder drehten sich angewidert weg.

Ryou nahm dies alles nur am Rande wahr.

Ohne zu zögern kletterte er auf die Theke und packte Mariku an der Schulter.

Normalerweise hätte das den Blonden nicht sonderlich interessiert, er war schliesslich viel stärker. Doch er war so überrascht, dass er erschrocken die Augen aufriss und den heissen Typen los lies.

Er starrte in das wutentbrannte Gesicht des süssen Weisshaarigen, den er kürzlich aufgegabelt hatte.

Er sah die Hand nicht, bevor sie mit aller Wucht seine Wange traf.

„Du Arsch! Du bist der grösste Wichser auf diesem Planeten!“

Und bevor Mariku reagieren konnte, bevor überhaupt jemand im Club reagieren konnte, war Ryou verschwunden.

Distanz

Distanz
 

Mariku entstieg dem Auto, zündete sich – in der Tiefgarage – eine Zigarette an und schlurfte nach oben.

Er hatte eine wirklich befriedigende Nacht hinter sich.

Die zwei Typen, bei denen er im Bett gelandet war, hatten es echt drauf gehabt.

Zwar war er etwas erschöpft, seine Lust dafür vollends befriedigt.

Glücklich aufseufzend öffnete er die Wohnungstür und schnappte sich als erstes ein Bier aus dem Kühlschrank.

Er ging kommentarlos an seiner Mutter vorbei, in sein Zimmer. Als erstes stellte er die Glotze an, als zweites seine Stereoanlage.

Er fand es irgendwie lustig, blöde Reportagen über langweilige Familien im Fernsehen zu schauen und dabei Musik zu hören, die vorzugsweise von Mord und Totschlag handelte.
 

Wenige Kilometer weit weg sass Ryou in seinem Zimmer und erledigte seine Hausaufgaben.

Er hatte es längst aufgegeben, über Mariku nachzudenken.

Seit jener Nacht vor zwei Wochen, als er ihm eine geknallt hatte, hatten die beiden Teenager nicht voneinander gehört.

Ryou hatte ein schlechtes Gewissen, weil er einfach so zugeschlagen hatte, aber noch viel mehr war er wütend.

Er wollte, dass Mariku sich bei ihm entschuldigte. Nur war Ryou sehr wohl bewusst, dass sich der Ägypter kaum von sich aus melden würde. Aber ihn deswegen anrufen?

Da könnte er auch gleich auf allen Vieren bei dem Blonden angekrochen kommen.

Nein danke!

Also hatte er beschlossen, nicht mehr an seine seltsamen Erfahrungen mit ihm zu denken und stattdessen seine Energie wieder für die Schule zu verwenden.

Das wäre sowieso gesünder für sein Herz.
 

Um ehrlich zu sein, vollkommen ignorieren konnte Ryou seine Erfahrungen mit Mariku natürlich nicht.

Er konnte die Gedanken an den Ägypter zwar erfolgreich verdrängen, aber die Lust, die ein menschlicher Körper hervorrufen konnte, hatte er nicht vergessen.

Plötzlich interessierte sich Ryou für seinen eigenen Körper, dafür was sich wo wie anfühlte. Er verbrachte oft morgens noch ein paar Minuten länger im Bett oder erforschte seinen Körper vor dem Einschlafen.

Er hatte schnell festgestellt, dass es sich befriedigt besser schlafen liess. So konnte er die Nervosität, die ihn am Vorabend von wichtigen Prüfungen jeweils befiel, gut eindämmen.
 

Genau in dieser Zeit passierte etwas, was Ryou noch nie zuvor erlebt hatte: ein Mädchen gestand ihm seine Liebe.

Er war so überrascht, dass er gar nicht wusste, was er antworten sollte und nur rot anlief. Er stand verunsichert in einem abgelegenen Winkel auf dem Schulgelände, sein Hirn hatte sich ausgeschaltet.

Letzten Endes brachte er so etwas wie „Ich mag dich schon recht gerne“ hervor, was sein Gegenüber als Zustimmung für eine Beziehung empfand und so hatte er, ehe er sich versah, eine Freundin.

Das ging alles so schnell und war so surreal, sein Verstand kam nicht hinterher.

Aber wenigstens liess es ihn Mariku für den Moment vollkommen vergessen, er musste nicht mehr krampfhaft versuchen, ihn zu aus seinen Gedanken zu bannen.

Als er am nächsten Tag zur Schule kam, hängte sich seine neue Freundin gleich um den Hals.

An den Blicken der anderen konnte Ryou sehen, dass es offensichtlich alle bereits wussten.

Plötzlich stand er im Mittelpunkt des allgemeinen Interessens und das behagte ihm so gar nicht.

Er war erneut vollkommen überfordert mit der Situation, so sehr, dass er die ganze Zeit stockte, wenn er zum Vorlesen aufgerufen wurde. In der Mathestunde erging es ihm auch nicht besser. Da schrieb er die Ergebnisse aus seinem Heft falsch an die Tafel ab und erntete dafür lautes Gelächter der Klasse. Als dann auch noch jemand „Herr Lehrer, er ist eben verliebt, da passiert so was“ durch das Zimmer schrie, war der Tag für ihn gelaufen.

Am liebsten hätte er sich irgendwo verkrochen und wäre nie wieder hervor gekommen.

Leider machte ihm seine Freundin da einen Strich durch die Rechnung, denn sie hatte beschlossen, dass Liebespaare die Zeit nach der Schule miteinander verbrachten.

So wahnsinnig Unrecht hatte sie nicht, aber Ryou fühlte sich richtig schlecht dabei.

Er kannte seine Klassenkameradin kaum, wie hätte er sich da verlieben können?

Er fühlte sich mies, wenn er ihn ihr strahlendes Gesicht sah und wusste, dass es nur daran lag, dass sie glaubte, er liebe sie.

So konnte er nicht nein sagen, als sie ihn nach Hause begleiten wollte.

Sie schien es sich so sehr zu wünschen, sein Zimmer zu sehen…

Also setzten sie sich nach Schulschluss in den Bus.
 

Nach sieben Haltestellen mussten sie umsteigen und als Ryou den Fluss sah, sehnte er sich plötzlich unendlich nach Mariku.

Nur wegen ihm hatte er fast all seine Hefte neu geschrieben!

Das war ja wohl echt die idiotischste Aktion des Jahrhunderts gewesen.

Er war doch so ein Dummkopf!

In ihm breitete sich ein Gefühl tiefster Trauer aus und Tränen stiegen ihm in die Augen.

Er hatte doch mit der Sache abgeschlossen!

Warum musste er immer wieder daran denken?

Es war aus und vorbei!

Er konnte die Tränen jedoch am fliessen hindern und putzte sich schnell die Nase.

„Oh, bist du erkältet, Ryou?“

Sie legte einen Arm um ihn. „Lass mich dich etwas wärmen.“

Unangenehm berührt stand Ryou da und liess sich umarmen, inständig hoffend, dass bald der Bus käme.

Das war ja so kitschig!

Nach drei unendlich langen Minuten kam er dann auch und der Weisshaarige flüchtete schnell hinein, um dem Mädchen nicht noch länger nahe sein zu müssen.

Leider machte sie ihm insofern wieder einen Strich durch die Rechnung, dass sie sich neben ihn setzte und wieder ihre Arme um ihn schlang.

War ja eigentlich absehbar gewesen.

Nur Ryou hatte nicht so weit gedacht.

Er sass stocksteif auf seinem Sitz und versuchte sich so wenig wie möglich zu bewegen.

Einerseits, um sie nicht durch Abweisung zu verletzen, andererseits um ihr nicht noch mehr das Gefühl zu geben, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte.

Er atmete sogar nur noch flach.

Leider interpretierte sie Ryous Haltung als Schüchternheit und rückte noch etwas näher zu ihm, legte ihm den Kopf auf die Schulter.

Der Weisshaarige fühlte sich richtig mies.
 

Er hätte glücklich sein sollen. Sie war ein liebes, lebensfrohes Mädchen und schien ihn wirklich gern zu haben.

Auch wenn sie gerade mal einen Tag zusammen waren, glaubte Ryou zu merken, dass er nicht nur für seine guten Noten geliebt wurde. In der Pause war ihm ernstes Interesse entgegengebracht worden.
 

Das machte aber alles nur noch schlimmer. Ryou wurde permanent von seinem Gewissen geplagt, einerseits weil er wusste, dass es unfair war, dem Mädchen nicht die Wahrheit zu sagen und andererseits, weil er sich wirklich erschrocken hatte, als er bemerkt hatte, dass er nicht einen Funken an ihr interessiert war. Nicht auf die Weise, in der Jungs in seinem Alter an Mädchen interessiert waren.
 

Der Bus hielt und der blasse Teenager war froh darüber, dass er den Körperkontakt nur noch drei Stationen lang aushalten musste.

Jedoch hob sich plötzlich der Kopf von seiner Schulter und irritiert blickte Ryou zu seiner… dem Mädchen neben ihm… und erschrak aufs heftigste.

Da stand er.

Mariku.

„Hey Kleine, warum vergreifst du dich an anderer Leute Eigentum, hä?“

Die Angesprochene verstand nicht, was der fremde Junge von ihr wollte und brachte kein Wort hervor. Sie wusste ja noch nicht einmal, was der Dunkelhäutige meinte.

Dafür sprach Ryou, ohne es selbst zu merken, den Namen Marikus aus, womit er dessen Aufmerksamkeit auf sich lenkte.

„Und du, was denkst du, was du hier tust? Kuscheln ohne meine Erlaubnis? Ja, so weit kommt’s noch!“

Eine Entschuldigung entkam Ryou Lippen, obwohl er ja eigentlich nichts falsch gemacht hatte.

„Klappe!“

Er packte Ryou am Kragen und zog ihn näher zu sich.

Als er nah genug war, lehnte er sich über das komplett verwirrte Mädchen und küsste den Weisshaarigen auf den Mund.

Mitten im Bus.

Ryou war zu überrascht um zu erwidern, sich wegzudrehen oder überhaupt irgendwie zu handeln und er war auch zu überrascht, um sich zu wehren, als er unsanft von Mariku an seiner Klassenkameradin vorbeigezogen wurde.

Der Bus hielt erneut und Mariku zerrte Ryou hinter sich ins Freie.

Dass der Weisshaarige dabei mehrfach schmerzhaft irgendwo anstiess, bemerkte der Ägypter gar nicht.

Erst als der Bus wieder abgefahren war, riss sich Ryou los und starrte Mariku wütend an.

„Was sollte das?“

Der Blonde zündete sich erst eine Zigarette an, bevor er sich bequemte zu antworten.

Respektive einfach mit den Schultern zuckte.
 

Natürlich machte diese Geste den Weisshaarigen wütend und beinahe hätte er wieder zugeschlagen.

Aber er stoppte sich selbst und war ziemlich erschrocken. Normalerweise neigte er nicht zu Gewalt.

Er hatte sich allerhöchstens mal mit seiner Schwester gezofft, aber wirklich zugeschlagen hatte er nur einmal in seinem Leben.

Das schlechte Gewissen für diesen Gewaltakt im Club kam wieder in ihm hoch. Ryou ärgerte sich über sich selbst. Warum konnte er nicht einfach wütend sein?

Mariku hatte seine Verachtung mehr als verdient.

Eben jener hatte keine Ahnung, welchen Kampf der Weisshaarige gerade mit sich am ausfechten war. Er sah nur, dass Ryou still war und somit offensichtlich nichts zu sagen hatte. Also tat er, was er tun wollte.

Er schob Ryou nach hinten, bis er mit dem Rücken an die Wand des Bushäuschens stiess. Er presste ihn mit seinem ganzen Körper dagegen und leckte ihm über die Lippen.

Auch wenn der Kleinere zuerst erschrocken war, reagierte er jetzt schnell und biss in Marikus Zunge.

„Autsch! Was soll das?“

„Seltsam, dasselbe wollte ich auch gerade fragen“, erwiderte Ryou sauer, wandte den Blick ab und duckte sich unter dem Arm des Blonden hindurch, brachte einige Schritte Sicherheitsabstand zwischen sie. Den Rücken hatte er Mariku zugewandt, er wollte den Blonden jetzt nicht sehen. Und am besten nie wieder.

„Na, ich will dich küssen. War doch offensichtlich.“

Der Weisshaarige verdrehte die Augen. „Ja, und ich will nicht. Also verschwinde und lass mich in Ruhe“, er blickte nach links und rechts und rannte dann schnell über die Strasse.

Es war nicht mehr weit bis nach Hause und auf den nächsten Bus warten kam nicht in Frage.

Mariku drehte sich um, verblüfft, dass dieser schmächtige Junge ihn einfach so stehen liess.

Ha, als ob er sich das bieten lassen würde!

Triumphierend grinste der Ägypter und legte einen kurzen Sprint hin, sodass er schon bald neben Ryou herging.

Dieser fauchte ihn an: „Ich hab dir gesagt, du sollst mich in Ruhe lassen!“

„Nö, kein Bock.“

„Arg! Mariku!“ Bisher hatte Ryou versucht, den nervigen Blonden zu ignorieren, indem er Blickkontakt vermied. Jetzt drehte er jedoch seinen Oberkörper, um Mariku ins Gesicht zu sehen.

Natürlich bemerkte der Blonde, dass er endlich beachtet wurde, und leckte sich über die Lippen.

„Kannst du das mal sein lassen?“

„Was sein lassen? Gehen? Atmen?“

„Mich die ganze Zeit…“, er wurde rot, hielt aber dem Blick Marikus stand, „naja, belästigen und anzumachen eben.“

„Keine Lust.“

Ryous Wut stieg weiter an.

Da versuchte einer, ihm seine persönliche Freiheit zu nehmen!

Leider hatte er keine Ahnung, was er jetzt tun sollte.

Mariku ging nicht von sich aus, auch nicht, wenn er dazu aufgefordert wurde und es war offensichtlich, dass wegrennen nichts bringen würde, da Mariku definitiv der sportlichere von ihnen war.

Was nun?

Angestrengt dachte Ryou nach, aber ihm fiel einfach keine Lösung ein.

Erschrocken machte er einen Satz nach vorne und kreischte auf, als er von zwei Fingern in die Seite gekniffen wurde.

Natürlich waren es Marikus Finger gewesen, der sich ab der heftigen Reaktion des Weisshaarigen totlachte.

Jetzt erst recht gereizt drehte sich Ryou um und fauchte: „Was sollte das?“

Der Ägypter lachte weiter, war noch nicht im Stande zu antworten.

Der Kleinere wartete auf eine Antwort. Und wartete.

War das normal, dass ein Mensch so lachte?

Langsam befürchtete Ryou nämlich, dass der sich krümmende Jugendliche erstickte.

Zum Glück passierte nichts dergleichen, langsam aber stetig erholte er sich.

Immer noch lachend brachte Mariku die Worte „Du sahst so abgelenkt und nachdenklich aus, da wollte ich mal sehen, wie du reagierst“ hervor.

Empört verschränkte Ryou seine Arme und guckte böse.

Allerdings hatte diese Gestik nicht den erwünschten Effekt, Mariku krümmte sich erneut.

Auch wenn er nicht wollte, irgendwie fand es der Weisshaarige süss, wie sehr Mariku über solch eine Kleinigkeit lachen konnte. Er gab sich zwar Mühe, immer noch wütend zu blicken, aber trotzdem schlich sich ein kleines, gutmütiges Lächeln auf seine Lippen.
 

Letzten Endes standen beide vor Ryous Haustüre.

Mariku hatte sich nicht abwimmeln lassen und Ryou hatte irgendwann resigniert.

Verblüfft starrte Mariku die Fassade empor. „In so einer riesigen Bude wohnst du?“

Unangenehm berührt zog der Weisshaarige die Schlüssel hervor.

Er hatte kaum je Freunde mit nach Hause genommen und daher hatte er sich nie Gedanken darüber gemacht, dass das Einkommen seiner Eltern über dem Durchschnitt lag.

Natürlich wusste er es, aber für ihn war es ebenso selbstverständlich, dass er sich darauf nichts einbildete.

Er hatte das Geld nicht selbst erwirtschaftet, dementsprechend sollte man ihn auch nicht danach beurteilen.

Er schloss die Türe auf und rief in die Stille, dass er wieder zu Hause sei und einen Freund mitgebracht habe.

Niemand antwortete.

Ryou zog Schuhe und Jacke aus, Mariku tat es ihm gleich.

Schweigend folgte der Blonde Ryou nach oben, in dessen Zimmer.

Auch dieses war, wie der Rest des Hauses, mit modernen Designermöbeln eingerichtet. „Ganz schön ordentlich“, kommentierte Mariku.

Ryou war froh, dass die Stille zwischen ihnen endlich gebrochen wurde.

„Kann ja nicht jeder ein solches Chaos wie du haben!“ Ryou kniff Mariku in die Seite.

Dieser war über die Geste Ryous zwar genervt aber auch erleichtert, hatte er sich doch etwas unwohl gefühlt, seit er das Haus betreten hatte. Aber irgendwie gab die Anwesenheit des Weisshaarigen ihm das Gefühl, dass er hier willkommen war.

„Möchtest du etwas trinken?“

Mariku blickte in die rehbraunen Augen und lächelte.

Einem Impuls folgend zog er Ryou an sich und hielt ihn fest.

Er vergrub sein Gesicht im weissen Haar und streichelte mit dem Daumen der rechten Hand über den blassen Hals.

Ryou kuschelte sich an den starken Körper und strich mit einer Hand über den breiten Rücken.

Der letzte Rest seiner Wut war auf einmal wie weggeblasen, er fühlte sich glücklich und zufrieden.

Wärme breitete sich in seinem gesamten Körper aus. Er hob den Kopf ein Stück und verschloss seine Lippen mit Marikus.
 

Minutenlang standen sie eng umschlungen da und genossen die Nähe des jeweils anderen.

Irgendwann seufzte Ryou gegen die verführerischen Lippen.

Warum liess er sich so gehen?

Er hatte sauer sein wollen auf Mariku.

Er hätte ja auch allen Grund dazu gehabt.

Aber es klappte nicht. So sehr er sich auch wünschte, Mariku von sich zu stossen, so sehr wollte er ihn auch bei sich haben.

Liebe war nun mal ein schöneres Gefühl als Hass.

Dem Ägypter war der Wandel in Ryous Verhalten aufgefallen, endlich konnte er das tun, was er schon so lange wollte!

Langsam drängte er ihn zum Bett, zog ihm die Jacke der Schuluniform aus, schubste ihn auf die Matratze und legte sich selbst daneben.

„Ein weiches Bett hast du. Könnt ich mich echt daran gewöhnen!“

Ryou wurde leicht rot.

Er liebte sein Bett, liebte es, darin an verregneten Tagen Bücher zu lesen, meist bewaffnet mit einer Tasse Kakao.

Aber jetzt, in diesem Moment, dachte er darüber nach, was man – er – hier sonst noch so tun könnte.

Das Individuum neben ihm schien netterweise denselben Gedanken zu hegen. Mariku hatte sich halb auf Ryou gelegt, drückte ihn mit seinem Körper in die weiche Unterlage und umgarnte ihn mit gierigen Bewegungen, auf die der Jüngere nur zu gerne einging.

Es dauerte kaum ein paar Atemzüge, da waren sämtliche Stoffbarrieren verschwunden.

Lusttrunken schmiegten sich die beiden Körper eng aneinander, verlangend strichen Hände über erhitzte Haut.

Ryou hatte vergessen, was Zurückhaltung bedeutete.

Er nahm sich, was er brauchte, und das war Mariku.

Seine starken Hände, seine rauen Lippen, seine geschickte Zunge.

Die blonden Haare, die ihn sanft kitzelten, als der Ägypter seine Brustwarzen liebkoste.

Die Fingernägel, die sich in seine Seiten bohrten.

Stöhnend gab sich der kleinere Teenager seinen Gelüsten und Mariku hin, tat, was dieser sich wünschte, denn er selbst wünschte es sich genauso.

Wieder und wieder fanden sich ihre Lippen.

Mariku genoss es, dass Ryou ihm hörig war. Er fühlte sich stark, geil und einfach nur gut.

War er schliesslich auch.

Es war sein Verdienst, dass der Weisshaarige sich vollkommen willenlos unter ihm wand, laut stöhnte und mit vor Lust brennenden Augen um mehr bat.

Oh, und wie er ihm mehr geben wollte!

Respektive sich mehr nehmen wollte… lag wohl im Auge des Betrachters.

Er löste eine Hand vom weissen Schenkel, drehte sich währenddessen etwas zur Seite, sodass er nicht mehr auf Ryous Unterleib lag.

Erneut verwickelte er seine süsse Eroberung in einen wilden Zungenkuss. Mit seiner freien Hand streichelte er Ryous Hintern, tastete sich mit den Fingern zwischen die festen Backen und drang langsam in ihn ein.

Erschrocken zuckte der blasse Junge zusammen und wollte sich aufsetzen. Allerdings hatte Mariku damit gerechnet und hatte vorsorglich seine Hand auf dessen Brust gelegt, mit der er ihn nun ins Laken zurückdrückte.

„Shhh, ganz ruhig mein Kleiner! Du brauchst doch keine Angst du haben!“

Ryou nickte.

Als ob er Angst hätte.

Für dieses Gefühl war im Moment gar kein Platz.

Aber er war überrascht gewesen. Es hatte sich sehr komisch angefühlt – tat es auch jetzt wieder.

Was genau machte Mariku da?

Gross unangenehm war es ihm zwar nicht, aber unter spassig verstand der Weisshaarige was anderes.

Aber wenn es dem sexy Typen auf ihm gefiel, warum nicht?
 

Der Ägypter war etwas überrascht – er hätte nicht erwartet, dass sich Ryou ihm so schnell vollkommen hingeben würde.

Ein breites Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Naja, umso besser für ihn selbst. Endlich würde er das tun, wonach es ihn schon sein ihrem ersten Kuss verlangt hatte!

Zum Glück war er so gut… da bekam man auch einen unerfahrenen, schüchternen 15-jährigen rasch ins Bett!

Oh, und jetzt stöhnte dieser sogar seinen Namen!

Einfach wundervoll!
 

„Ryouuuuu!“

Erneut erschrak dieser sich.

Jemand hatte seinen Namen gerufen.

Und es war nicht Mariku gewesen.

Das war unverkennbar die Stimme seiner Schwester, die jetzt erneut durchs Haus schallte.

„Scheisse!“ fluchte Ryou.

Er drückte seinen frustrierten Liebhaber von sich und beeilte sich, seine Klamotten wieder anzuziehen.

Aus dem Flur waren Schritte zu hören.

Schnell hechtete Ryou zur Tür, keine Sekunde zu spät.

Die Türklinke wurde runtergedrückt.

Der Weisshaarige stellte sich so hin, dass es aussah, als habe er das Zimmer gerade verlassen wollen.

Schwungvoll wurde die Tür aufgerissen.

Vor ihm stand Amane.

„Hast du gehört? Es gibt Abendessen! Also komm runter!“

„Ähm… okay, danke. Geh schon mal, ich komme gleich.“
 

Oh. Mein. Gott.

Zum Glück hatte sie nichts bemerkt. Vor Erleichterung aufseufzend lehnte er sich gegen die Tür.

Er blickte zu dem nackten Mann, der auf seinem Bett lag und sich selbst streichelte.

Ryou lief knallrot an.

„Mariku!“

„Jaaaahhh?“ Natürlich stöhnte dieser absichtlich laut und langgezogen. Er war so nah dran gewesen!

„Könntest du… bitte… damit aufhören? Wir müssen runter, es gibt Abendessen.“

„Scheiss aufs Essen! Ich hab’ jetzt andere Bedürfnisse!“

Doch in Ryou war das Pflichtbewusstsein wieder erwacht und bei ihnen in der Familie ass man abends nun mal gemeinsam.

Er sammelte Marikus Klamotten zusammen und warf sie ihm aufs Bett. „Los, beeil dich!“

„Okay. Aber nur wenn du schluckst.“

Angewidert blickte Ryou den Kerl in seinem Bett an.

„Ansonsten binde ich dich hier fest und nehme mir, was ich will.“

„Ach, und wie willst du mich denn fesseln?“

„Irgendwas werde ich schon finden.“

„Bis dann bin ich schon längst unten.“ Mit diesen Worten wandte er sich ab und wollte das Zimmer verlassen.

Blitzschnell erhob sich Mariku und packte Ryous Arm. „So nicht, Kleiner. Willst mich wohl herausfordern?“

Er verdrehte den zierlichen Arm so, dass der Weisshaarige entweder extreme Schmerzen hatte oder den Bewegungen Marikus folgen musste.

So kniete er schon sehr bald auf dem Boden.

„Autsch, geht’s noch? Das tut verdammt weh!“

Grinstend antwortete der Blonde: „Ja, bleib genau in der Position. Lass den Mund schön geöffnet.“
 

„Mama? Papa?“, Ryou betrat das Esszimmer, „es tut mir schrecklich Leid, ich habe vergessen, euch zu sagen, dass ich heute Besuch habe!“ Er machte einen Schritt zur Seite und gab somit den Blick auf Mariku frei.

Überrascht blickten seine Eltern auf den grossen Jugendlichen, der am Türrahmen lehnte, die Hände in den Hosentaschen vergraben.

Zur Begrüssung hob er eine Hand, folgte dann den Kleineren ins Zimmer.

Misstrauisch verfolgten ihn die Blicke von Ryou Eltern. Sie erkannten auf den ersten Blick, dass dieser Freund anders war als alle, die ihr Sohn bisher mitgebracht hatte.

Allein schon die Hose mit Tarnmuster… dass ihnen jemals so etwas ins Haus kommen würde…!

Der Weisshaarige holte einen zusätzlichen Teller und Besteck aus der Küche, Mariku setzte sich derweil an den einzig freien Platz- üblicherweise Ryous.

Diese Handlung wurde mit skeptischen Blicken quittiert, sagen tat aber niemand etwas.

Das wäre unhöflich.

„Mariku, was möchtest du trinken?“

„Bier.“

Stille.

Schockierte Blicke.

Nicht nur, dass er in seinem Alter schon Alkohol trank – das ‚Bitte’ hatte vollkommen gefehlt!

“Tut mir leid, wir haben keines“, krächzte Ryou. Die Situation war ihm äusserst unangenehm. Selbstverständlich spürte er, wie hier zwei Welten aufeinander prallten, die vollkommen gegensätzlich waren und offensichtlich keinerlei Interesse daran hatten, sich der anderen Seite anzunähern.

„Lotterhaushalt“, murmelte der Ägypter.
 

Nach dem Essen war die Laune aller Personen im Haus unter den Nullpunkt gesunken.

Noch nie war es so still gewesen am Tisch der Familie Bakura.

Nach dem Essen beeilte Ryou sich, den Tisch abzuräumen und danach so schnell wie möglich mit Mariku wieder in seinem Zimmer zu verschwinden.

Diesem war das nur allzu recht.

Das Essen war zwar ganz passabel gewesen, aber jetzt hatte er Lust auf Nachtisch – dafür war der niedliche Junge vor ihm perfekt geeignet.
 

Mit hungrigem Ausdruck in den Augen näherte er sich Ryou, riss diesen an sich und versenkte seine Zähne im weissen Hals.

Er warf den überraschten Jungen auf das Bett, wo dieser einfach liegen blieb und ihn aus grossen, unschuldigen Augen anstarrte.

Oh ja!

Er sah so wehrlos aus… Mariku biss sich vor Lust in die Unterlippe. Jetzt wäre es endlich so weit. Keine Ausrede mehr! Kein Abendessen, das dazwischenkam.

Er grinste breit und hechtete mit einem Satz aufs Bett.

Ein Schrei hallte durch das Zimmer, der aber von einem lauten Knall übertönt wurde. Ryou und Mariku lagen jetzt zwar aufeinander, allerdings auf dem Boden. Respektive lag der Bettrost auf dem Boden.

Der Weisshaarige war kurz davor, auszurasten. Das konnte doch nicht wahr sein!

Er stiess Mariku von sich, kraxelte ab der Matratze und sah sich den Schaden an. Oben links beim Bettgestell war die Halterung für den Rost abgebrochen.

Warum er?

Warum?

Mit den Nerven am Ende versteckte Ryou sein Gesicht hinter seinen Händen.

Mariku war echt das totale Chaos. Wo der hinkam, stand nachher kein Stein mehr auf dem anderen.

„Alles in Ordnung?“ Seine Mutter war ins Zimmer gestürmt, gefolgt von Amane.

Ryou nickte und meine matt: „Wir leben noch.“

Jetzt betrat auch noch sein Vater das Zimmer. Er taxierte Mariku mit einem sehr, sehr bösen Blick, begutachtete dann die ramponierte Stelle und sagte fachmännisch: „Das kann ich reparieren, keine Sorge. Heute habe ich aber keine Zeit mehr.“

Er scheuchte Mariku beiseite, zerrte die Matratze weg und hob schliesslich den Rost hoch, legte diesen auf den Boden.

Kommentarlos verliess er das Zimmer.

Auch Amane und ihre Mutter sahen ein, dass alles getan war, was sie tun konnten und so waren Ryou und Mariku wieder alleine im Zimmer.

„Machen wir weiter, wo wir aufgehört haben!“

„Spinnst du?“ Wütend starrten braune Augen in violette. „Solltest du nicht langsam nach Hause gehen? Es ist doch schon reichlich spät.“

„Spät? Kleiner, morgens um sechs ist vielleicht spät. Aber doch nicht“, er warf einen Blick auf die Uhr, die auf Ryous Schreibtisch stand, „21 Uhr!“

„Mir egal. Ich geh jetzt zu Bett!“ Hauptsache, er brachte Mariku irgendwie dazu, zu gehen.

„Bist du wahnsinnig? Um die Uhrzeit steh ich normalerweise auf!“

Ihn ignorierend schritt Ryou zum Schreibtisch und stellte seinen Wecker auf fünf Uhr. Er hatte noch Hausaufgaben zu erledigen.

Dann kramte er zuunterst in seinem Schrank nach einem Schlafanzug, den er schon lange nicht mehr getragen hatte. Mit diesem ging er ins Badezimmer. Würde er sich vor Mariku ausziehen, würde er blöd angemacht werden.

Er zog sich um und grinste dann sein Spiegelbild an. Er hatte extra seinen ältesten, verwaschensten Pyjama rausgesucht, der ihm zudem etwas zu klein war. Er war schlammgrün, mit einem grossen, weissen Löwen auf der Brust.

Grässlich.

So würde Mariku ihn unmöglich noch sexy finden können.

Noch schnell Zähne geputzt, dann war er bettfertig.

Zurück in seinem Zimmer staunte er nicht schlecht. Der Ägypter lag bereits auf der Matratze, halb zugedeckt. Sein muskulöser Oberkörper war nackt, den Rest verhüllt von der Decke.

Ryou wurde heiss. Oh, er würde schreien, wenn sich herausstellte, dass Mariku nichts trug.

„Na, komm ins Bettchen Kleiner!“, seine Stimme klang dabei lauernd, doch der Weisshaarige sah keine andere Möglichkeit als sich neben ihn zu legen.

Natürlich versuchte der Grössere, Ryou zu befummeln, aber dieser war so lange abweisend, dass er irgendwann aufgab.

Ryou war gut darin, schnell einzuschlafen und heute erschien ihn diese Fähigkeit als besonders nützlich.
 

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INFO:

Das nächste Kapitel ist eines mit reinem Adult-Inhalt und gehört im Prinzip noch zu dem hier... für die Story ist es aber nicht wichtig, es gelesen zu haben.

Daher werde ich auch keine zensierte Version davon on stellen.

Nächtliche Aktivitäten

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Einkäufe

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Ein extrem nervtötendes – von jedermann gehasstes – Geräusch hallte durch das Zimmer.

Genervt knurrte Mariku in das Kissen, dass er im Arm hielt.

Als er kapierte, dass das, was er da drückte, nicht Ryou war, nahm er den Gegenstand und schmiss ihn in die Richtung, aus der das Geräusch kam.

Leider verfehlte er den Wecker.

Was war eigentlich mit Ryou? Mariku drehte sich zur Seite. Soweit er das erkennen konnte, schlief der andere noch. Okay. Das ging ja wohl gar nicht!

Kurzerhand riss er die Decke an sich und schubste den Kleineren aus dem Bett.

Kaum war der auf dem Boden angekommen, murrte er. Langsam richtete er sich auf und blinzelte orientierungslos.

Dann nahm auch er den Lärm wahr und war sofort hellwach.

Ja, das Pflichtbewusstsein meldete sich!

Er ging zum Schreibtisch, knipste das Licht an – was Mariku dazu brachte, vollständig unter die Decke zu verschwinden – und schaltete den Wecker aus.

Ryou streckte sich, gähnte einmal ausgiebig, dann griff er nach seinem Rucksack, packte seine Schulsachen aus.

Ein Blick in den Terminkalender, und er wusste, was er noch zu erledigen hatte.

Ein weiterer Blick auf den Wecker, und er erschrak: es war bereits 5:10 Uhr!

Das bedeutete, er hatte den Wecker ganze zehn Minuten nicht gehört! Das war ihm noch nie passiert… also sofort mit den Hausaufgaben beginnen!

Er setzte sich, kramte seinen Füller hervor und schlug das Geographiebuch auf.

Nachdem er zwei Sätze geschrieben hatte, wurde er auch schon unterbrochen.

„Du machst jetzt aber nicht ernsthaft Zeugs für die Schule, oder?“

„Doch, natürlich. Ich habe meine Hausaufgaben noch nicht fertig.“

„Mann, du bist echt krank. Draussen ist es noch dunkel! Normale Menschen stehen erst auf, wenn die Sonne aufgegangen ist.“

Ryou zog es vor, darauf nicht zu antworten. Normale Menschen machten sich etwas aus ihren Schulnoten.

„Wie auch immer. Ich penn noch `ne Runde.“

Das war dem Weisshaarigen nur allzu recht, so konnte er sich besser auf seine Aufgaben konzentrieren.
 

Die wunderbare Ruhe wurde allzu schnell wieder gestört, als vom Bett eine Stimme ertönte.

„Muss auf Klo.“

„Gang runter, letzte Tür rechts.“

„Weiss ich. Streber.“

Oh. Da hatte jemand Ryous wunden Punkt getroffen. Wie sehr er es hasste, als Streber bezeichnet zu werden! Doch er zähmte seine Wut, wollte lieber die Zeit nutzen, in der er noch Ruhe hatte. Er ahnte, dass die vorbei sein würde, sobald Mariku wieder im Zimmer war.

Der Ägypter und Ruhe waren zwei Dinge, die schwer vereinbar waren.

Wenige Minuten später musste der Weisshaarige feststellen, dass er leider recht gehabt hatte mit seiner Vermutung.

„Süsser, komm ins Bett. Lass uns noch ein wenig Spass haben!“

„Nein! Siehst du nicht, ich bin beschäftigt!“

„Aber ich weiss eine Beschäftigung, die viel mehr Spass macht.“

„Mir machen Hausaufgaben Spass.“

„Lüg nicht so frech, Jungchen!“

„Mariku, ich mache das wirklich gerne!“

„Ach, komm schon. Sex macht viel mehr Spass! Und ist zudem gut für die Figur!“

„Ja, du hast es auch echt nötig.“

„Stimmt, ich habe Sex verdammt nötig. Und zwar genau jetzt!“

Oh…! Er hatte das Wort ausgesprochen. Leicht beschämt dachte Ryou an das zurück, was mitten in der Nacht geschehen war. Es war schön gewesen, durchaus. Aber er hätte niemals von sich erwartet, dass er so etwas je tun würde. Und erst recht nicht mit einem Kerl wie Mariku, den er ganz nebenbei bemerkt vier Mal in seinem Leben getroffen hatte. Dreimal, wenn man ihre erste Begegnung nicht mitzählte, bei der sie kaum ein Wort gewechselt hatten. Aber er hatte sich so leicht gefühlt. Träumend. Der Weisshaarige errötete, als er daran dachte, dass er dabei gestöhnt hatte… und wie er gestöhnt hatte.

„Ich habe aber keine Lust.“

Ein Grinsen schlich sich auf Marikus Züge.

„Okay.“

Okay? Keine Widerworte mehr? Irgendwie traute Ryou dem Frieden nicht. Die ganze Sache wurde ihm noch suspekter, als der Blonde begann, in seinem Zimmer umherzugehen.

„Was tust du da?“

„Was wohl? Da ein gewisser Herr sich nicht für mich interessiert sehe ich mir eben sein Zimmer an.“

So ganz zufrieden war der Weisshaarige zwar nicht mit der Erklärung. Er fühlte, dass da mehr sein musste. Allerdings war dies noch nicht mit Fakten zu verifizieren, also schob Ryou den Gedanken beiseite.

Er widmete sich wieder seinen Aufgaben und einige Zeit gelang es ihm sogar recht gut, sich zu konzentrieren. Doch als er bemerkte, wie Mariku immer näher kam, war es mit der inneren Ruhe vorbei. Er fühlte sich wie ein junges Reh, das wusste, dass es von einem Rudel Wölfe umzingelt war.

„Mariku? Was machst du?“

„Ich seh’ mir grad deine Bücher an.“

Okay. Irgendetwas führte er definitiv im Schilde. Wenn Ryou bloss drauf käme, was es war… Mariku würde sich nie und nimmer für Bücher interessieren, so viel war klar. Aber was wollte er?

„Oh nein! Ups!“

Ryou sah aus dem Augenwinkel, wie etwas unter seinen Schreibtisch flog.

„Sorry Süsser. Lässt du mich kurz vorbei? Mir ist eines deiner Lesezeichen heruntergefallen!“

Ohne eine Antwort abzuwarten schob er Ryous Stuhl beiseite und verschwand unter der Tischplatte. „Scheisse, ich kann es nicht finden!“

Ein dumpfer Knall war zu hören, als Marikus Kopf mit der Tischplatte kollidierte.

„Autsch! Scheiss Tisch! Du kannst übrigens wieder ranrutschen… ich werde sowieso noch länger haben, bis ich das Ding wieder gefunden habe.“

„Ach lass es! So wichtig ist es jetzt echt nicht!“

„Nein, ich hab’s fallen gelassen, daher muss ich es auch wieder finden. Du kannst einfach weitermachen.“

Der Weisshaarige lächelte sanft in sich hinein. Süss! Mariku schien doch eine sanfte, liebevolle Seite zu haben. Auch wenn es etwas umständlich und unbequem war, so rückte Ryou wieder an den Schreibtisch und griff nach seinem Füller, nahm seine Arbeit wieder auf.

Da spürte er sie. Die Hände an seinen Schenkeln. Die Zähne, die sich oberhalb seines Knies in das Fleisch gruben.

„Mariku, was soll das?“

„Du musst Hausaufgaben machen! Also konzentrier dich darauf!“

Aber wie hätte er sich darauf konzentrieren können?

Nicht, wenn die Hände weiter nach oben wanderten, ihn streichelten, langsam die Hose nach unten gezerrt wurde…

… und dann fühlte er sie. Alles wurde heiss. Ryou riss seinen Oberkörper in die Senkrechte und seine Augen auf, als Mariku ihn mit seinen Lippen verwöhnte.

Sofort verschwanden blasse Hände unter dem Schreibtisch, gruben sich in das blonde Haar. Es fühlte sich so wunderbar geil an! Er wollte mehr davon! Genau das hatte natürlich in der Absicht des Ägypters gelegen. Er grinste selbstzufrieden und schob den Stuhl mitsamt Ryou weg, kroch unter dem Schreibtisch hervor und grinste breit: „Na, hast du immer noch keine Lust?“
 

„Wegen dir komm ich zu spät!“ Hastig rannte Ryou durch das Zimmer, packte in Windeseile seine Schulsachen.

„Ach ja? Wer hat vorhin den nach mehr geschrieen?“

Er zog es vor, darauf nicht zu antworten. Stattdessen griff er nach Marikus Hand und zog ihn mit nach unten, in die Eingangshalle, wo er Jacke und Schuhe anzog.

„Ryou? Du hast ja gar nichts gefrühstückt!“ Der Blick seiner Mutter fiel von ihrem Sohn auf dessen Gast. Auch wenn sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, Ryou fiel auf, dass ihre Mundwinkel leicht zuckten, so als ob sie eine Bemerkung fallen lassen wollte.

„Tut mir leid, ich habe die Hausaufgaben heute Morgen nachgeholt. Da hab ich das Essen vollkommen vergessen!“ Es fiel ihm so unglaublich leicht zu lügen.

„Möchtest du, dass ich dir was einpacke?“

„Das wäre sehr lieb, Mama. Kannst du mir das Lunchpaket für den Mittag auch noch gleich bringen?“

Mariku verdrehte die Augen.
 

Als sich die beiden Teenager nach acht Busstationen trennten – Mariku musste umsteigen – ignorierte ihn Ryou nahezu. Im Bus waren weitaus zu viele Schüler, als dass er sich Intimitäten erlaubt hätte.

Der Ägypter schien das überraschenderweise zu akzeptieren, er stieg ohne ein Wort des Abschieds aus, worüber der Weisshaarige mehr als nur erleichtert war. Er realisierte, dass er die ganze Zeit über stocksteif dagesessen hatte und lockerte sich etwas. Dabei fuhr ein leichter Schmerz von seinem Hintern die Wirbelsäule hinauf. Verstohlen sah er sich um, hoffentlich hatte niemand etwas bemerkt.

Er seufzte auf. Er hatte wirklich Sex gehabt. Sogar zweimal. Auch wenn er sich dessen bewusst war, es so klar zu formulieren war nochmals eine ganz andere Sache, genau wie die Tatsache, dass er offensichtlich auf Männer stand. Irgendwie hatte er es immer gewusst und es überraschte ihn persönlich nicht weiter. Aber er sah sich nun damit konfrontiert, sich irgendwann outen oder rechtfertigen zu müssen. Für seine Eltern würde wahrscheinlich die Welt zusammenbrechen und seine Klassenkammeraden würden ihn bestenfalls zu meiden, schlimmstenfalls zu mobben beginnen. Er würde vorsichtig sein müssen. Zum Glück ging Mariku auf eine andere Schule, in einem anderen Stadtteil. Da war es nicht sehr wahrscheinlich, dass jemand hinter ihre Beziehung käme.

Ryous Herz setzte für eine Sekunde aus.

Das durfte nicht wahr sein! Wie hatte er das nur vergessen können? Bei allem, was irgendwem heilig war… wie konnte er so dumm und vergesslich sein?

Okay, vergessen hatte er es nicht, viel eher verdrängt… offiziell hatte er eine Freundin! Des Übels nicht genug, sie hatte Mariku gestern gesehen. Den Kuss…

Hastig, mit zittrigen Fingern kramte er sein Handy aus der Tasche.

Er war sowieso nicht der Schnellste, aber diesmal dauerte es ätzend lange, bis er die Nachricht geschrieben hatte, auch, weil er den genauen Wortlaut bestimmt zehnmal veränderte.

„Ich würde gerne mit dir reden. Es tut mir Leid wegen gestern. Vielen Dank, bis gleich. Ryou“.

Er war zwar nicht ganz glücklich mit der Nachricht, schickte sie aber trotzdem ab, wobei ihm einmal mehr in Sinn kam, dass er Marikus Nummer noch immer nicht hatte.

Sein Mobiltelefon fest umklammert – hoffend, dass bald eine ihn beruhigende SMS eintreffen würde – betrat er das Schulgelände. Er betete inständig dafür, dass sie es niemandem erzählt hatte. Bitte, bitte nicht.

Im Klassenzimmer war es laut, doch als er eintrat, wurde es augenblicklich still. Alles in Ryou schrie danach, dass er sich umdrehte und weglief. Aber das ging nicht. Er hatte Schule.

„Hey.“

Da war sie.

„Guten Morgen“, erwiderte Ryou freundlich, jedoch ohne sie anzusehen. „Tut mir Leid wegen gestern.“

„Ich habe deine SMS bekommen, lass uns das in der Mittagspause bereden. Hättest dich ruhig etwas früher melden können“, fügte sie dann doch etwas aggressiver hinzu, bevor sie sich abwandte und zurück zu ihren Freundinnen ging. Diese sahen Ryou einen Bruchteil einer Sekunde kalt an, dann wandten sie sich alle auf einmal ab.

Panik brach in ihm aus. Sie wussten es. Wie anders wäre es zu erklären, dass sie ihn mit solchen Blicken betrachten?

Er setzte sich, kramte seine Hefte hervor und versuchte, an seinen Hausaugaben zu arbeiten, die er heute früh nicht mehr geschafft hatte. Doch kaum eine halbe Minute später trat der Lehrer ein. Dadurch wurde Ryou erinnert, wie spät er heute gekommen war und insbesondere warum. Seine Wangen nahmen einen zarten Rotschimmer an. Er lächelte sanft. Auch wenn in seinem Leben grad alles ziemlich drunter und drüber ging: seine Grundstimmung war gut. Er dachte daran, wie schön es wäre, jetzt mit Mariku zusammen im Bett zu liegen, zu kuscheln und heissen Kakao zu trinken. Er musste schmunzeln, da in seinem Geiste das Bild seines Liebsten auftauchte, der eine Tasse dampfenden Kakao hielt und in eine rosarote, flauschige Kuscheldecke gehüllt war. Das passte so gar nicht.

Einerseits beschäftigt mit solch wunderschönen Gedanken, andererseits aber auch mit solchen, die sich um das Gespräch in der Mittagspause drehten (vor dem sich Ryou mehr fürchtete, als vor jedem Sporttag in seinem Leben), beanspruchten seine Aufmerksamkeit vollständig. Er bekam kaum etwas vom Unterricht mit.

So rauchte zwar sein Kopf, als es zur Mittagspause klingelte, gebildeter war er jedoch nicht.

Ryou atmete tief ein, packte seine Sachen, erhob sich dann und wagte es, dem Mädchen, das auf ihn zukam in die Augen zu blicken.

„Gehen wir irgendwo hin, wo wir ungestört sind?“

Er nickte. „Das oberste Stockwerk?“

Sie war einverstanden und so stiegen sie, beide bewaffnet mit ihrem Mittagessen, einige Treppen empor, dahin, wo sie üblicherweise Kunstunterricht hatten.

Sie merkte sehr schnell, dass er nicht den Anfang machen würde.

„Ryou.“ Sie seufzte. „Was fühlst du für mich?“

Auf diese Frage war er zum Glück vorbereitet gewesen.

„Du bist mir sehr sympathisch.“ Eigentlich hatte er geplant, noch „aber ich liebe dich nicht“ hinzuzufügen. Doch das schaffte er nicht. Er hasste es, andere Menschen zu verletzen.

„Liebst du mich?“

Er schwieg, was seinem Gegenüber Antwort genug war. Ryou studierte seine Fingernägel.

Sie seufzte erneut. „Du machst es mir echt nicht leicht, weißt du das?“

„Entschuldige“, flüsterte der Weisshaarige. Er fühlte sich mies. Insbesondere, weil er eigentlich gerade sehr glücklich war.

„Eine Entschuldigung reicht nicht. Aber okay, vielleicht habe ich auch einen Fehler gemacht. Ich hätte dich nicht so mit meiner Liebeserklärung überrumpeln dürfen.“

Ryou fiel ein Stein vom Herzen. Sie verurteilte ihn nicht, sondern hatte sofort erkannt, was sein Problem gewesen war.

Doch plötzlich zog sich seine Brust schmerzhaft zusammen. Nein. Bitte nicht. Er hasste es, wenn Menschen weinten.

Zögerlich hob er seinen Blick auf ihr Gesicht. Es war von Tränen genetzt, die sie immer wieder wegwischte.

Er sass da und wusste nicht, was er tun sollte. Letzten Endes legte er ihr freundschaftlich einen Arm um die Schulter. Sie liess sich nach vorne fallen und umschlang seinen Oberkörper mit ihren Armen.

Minutenlang sassen beide in einer ziemlich unbequemen Position da, bis sie sich beruhigt hatte und erhob. Ryou bot ihr seine Serviette als Taschentuch an.

„Danke.“

Sie tat ihm so leid. Ihrem Gesicht war anzusehen, dass sie litt, doch trotzdem schien sie sich zusammenzureissen. Er konnte ihr echt dankbar sein. Sie schien nicht eine riesige Szene um ihre Trennung – und das war es letztlich – zu machen. Wie leicht könnte sie ein Drama um die ganze Geschichte spinnen?

„Du, Ryou?“ Sie zupfte schüchtern an seinem Pullover. Sie wirkte so gar nicht wie das lebensfrohe Mädchen, als das er sie kannte – noch mehr schlechtes Gewissen.

„Was denn?“ Er hatte das Bedürfnis, sie in seine Arme zu schliessen und vor allem Übel dieser Welt beschützen. Aber das wäre wohl eher kontraproduktiv.

„Bist du schwul?“

Geschockt hielt er den Atem an. Er war sich im Klaren gewesen, dass sie ihn das fragen würde. Warum hatte Mariku ihn gestern auch einfach so, mitten im Bus, geküsst?

Sie hatte es gesehen. Schliesslich hatte sie daneben gesessen – oder, viel eher, dazwischen.

Er schüttelte den Kopf. Dann nickte er. Flehend sah er zu ihr auf. „Bitte, erzähl es niemandem.“

Sie lachte leise, dabei rannen ihr erneut Tränen über die Wangen. Sie putzte sich die Nase, schniefte noch ein paar Mal und sah dann zu Ryou, der inzwischen auch aufgestanden war.

„Ich fühl mich grad echt beschissen.“

Das konnte sie laut sagen. Ihm ging es inzwischen genauso.

„Aber na ja… was soll ich machen. Irgendwann wird mir ein besserer Typ als du über den Weg laufen.“ Sie streckte sich, kramte ihre Sachen zusammen und wandte sich ab.

„Es tut mir Leid“, flüsterte er ein letztes Mal.

„Das nützt mir auch nichts mehr.“

Dann hatte sie die Treppen erreicht und war verschwunden.
 

Die nächsten Tage passierte nichts Aussergewöhnliches. Ryou hatte zwar jeden Morgen vor dem Betreten des Schulgeländes Panik, dass seine Mitschüler inzwischen wussten, dass er homosexuell war, aber bisher hatten sie sich vollkommen normal ihm gegenüber verhalten. Nur ein paar der Mädchen warfen ihm ab und zu wütende Blicke zu, aber das hatte er erwartet. Damit konnte er leben.

Im Sportunterricht meinte eine Gruppe Jungs zu ihm, dass er ein absoluter Vollidiot sei, dass er sich von seiner Freundin getrennt habe. Immerhin war sie eine der heissesten Schnecken in ihrem Jahrgang. Wenigstens ficken hätte er sie doch können.

Darauf antwortete Ryou nicht. Auch wenn er dachte, dass er lieber in der devoten Rolle war… Aber es hätte sowieso nicht zu ihm gepasst, wenn er gross über Sex geredet hätte.

Sowas tat er einfach nicht.

Aber an Sex denken, das tat er oft.

Er sehnte sich nach seinem Freund.

Er wollte Mariku noch besser kennen lernen, ihm so oft wie möglich nahe sein.

Aber er zwang sich zu warten. Er wollte nicht zu anhänglich wirken - auch wenn die Nächte einsam und sein Bett kalt waren.
 

Vier lange Tage später sahen sie sich wieder.

Stürmisch fiel Ryou Mariku um den Hals, als dieser ihm die Wohnungstür öffnete. Sie versanken in einen langen, intensiven Kuss, der von Ryou beendet wurde, als er merkte, dass sie beobachtet wurden.

Im Durchgang von Küche und Wohnzimmer war eine Frau stehen geblieben. Sie schien um die Vierzig zu sein, also nahm er an, dass es sich um Marikus Mutter handelte. Er liess seinen Liebsten los und stellte sich vor.

Währenddessen hatte der Blonde seine Schuhe angezogen und wartete gelangweilt, dass der Kleine endlich fertig war. Aber er musste ja unbedingt noch Smalltalk mit seiner Mutter führen.

Als ob die sein Leben irgendetwas anginge.

Endlich war Ryou fertig und gemeinsam gingen sie nach unten. Im Gehen kuschelte sich der Weisshaarige an Marikus Seite.

Doch entgegen Ryou Erwartungen wurde er nicht zum Eingang des Wohnblocks, sondern in die Garage geführt.

„Was wollen wir denn hier?“

Fragend blickte er sich um, so, als ob er erwartete, die Antwort irgendwo in Leuchtschrift zu sehen. Allerdings konnte er sich Marikus Absichten ziemlich schnell zusammenreimen, als er gegen einen der Wagen gedrückt wurde und herrische Lippen sich über seinen Hals hermachten.
 

Mariku war einfach unglaublich.

Nicht im Bett – okay, das auch, aber darum ging es gerade nicht – sondern darin, Ryou dazu zu bringen, mit ihm zu schlafen. Hier, in einer Garage, wo jederzeit jemand vorbeischauen könnte, auf der Motorhaube eines schwarzen BMWs. Er erkannte sich selbst nicht wieder. Aber es machte Spass.

Warum also beklagen?

Mariku schien auch auf seine Kosten zu kommen…

Er grinste jedenfalls.
 

Hand in Hand betraten die beiden Jugendlichen ein riesiges Möbelgeschäft.

Nicht, dass Mariku freiwillig Händchen hielt. Aber in diesen kleinen, blassen Händen steckte mehr Kraft, als er erwartet hatte, und Ryou brauchte jetzt einfach etwas, woran er sich festhalten konnte. Er zitterte noch immer. Hatte er sich nicht geschworen, nie wieder zu Mariku ins Auto zu steigen? Warum hatte er es trotzdem getan?

Na, weil ihm keine andere Wahl gelassen worden war!

Kaum hatte beide ihren Höhepunkt erreicht gehabt, hatte Mariku ihn hochgehoben und zu „seinem“ Auto getragen.

Die Fahrt war genauso schlimm gewesen, wie letztes Mal, nur dass der Blonde diesmal die Stereoanlage nicht ganz so laut aufgedreht hatte.

Bald standen die beiden Teenager in der Abteilung, in der man Betten kaufen konnte.

Eigentlich hatte Ryou direkt nach der Schule hingehen wollen, aber als er gestern Mariku angerufen hatte – natürlich auf das Festnetztelefon – bat dieser darum, mitkommen zu dürfen. Ja – er hatte wirklich darum gebeten!

Warum genau war Ryou zwar etwas schleierhaft – war ja nur ein Bett – aber er freute sich, dass sein Liebster dabei war.

Ganz dumm war der Weisshaarige auch nicht, er konnte sich schon denken, warum Mariku sich für sein neues Bett interessierte… aber eigentlich war ein Bett doch ein Bett. Sex konnte man in jedem haben.

„Dein neues sollte auf jeden Fall grösser sein.“

„Wie?“ Irritiert blinzelte er. Ihm war gar nicht aufgefallen, dass sie inzwischen in der richtigen Abteilung angekommen waren.

„Dein altes war ganz schön klein. Platz genug für ein grösseres hast du in deinem Zimmer ja.“

Mit undeutbarem Blick sah Ryou zu seinem Liebsten.

Es freute ihn, was dieser gesagt hatte. Es klang so sehr nach einer gemeinsamen Zukunft. Danach, dass er noch viele Nächte bei ihm verbringen würde.

Mit ihm.

Was gab es schöneres?

An seinen Freund gekuschelt einschlafen, erschöpft nach wildem Sex… er errötete und wandte den Blick ab.

„Woran denkst du?“, amüsiert hob Mariku eine Augenbraue.

„An gar nichts!“, antwortete Ryou etwas zu schnell und hob abwehrend die Hände.

„Also an was Schmutziges.“

Schnell schüttelte er den Kopf.

„Weißt du…“, Mariku machte eine Kunstpause, in der er Ryous Ohrmuschel mit der Zunge nachfuhr, „du musst nicht nur daran denken. Wir können es auch gleich hier treiben.“

„H..hier? Bist du verrückt?“

„Verrückt nach dir“, Mariku lachte leise, „scheiss Wortspiel.“

„Darf ich Ihnen behilflich sein?“

Des Blonden Blick versuchte, die herangetretene Angestellte zu erdolchen. Mariku setzte an, in seiner kältesten Tonlage ein „Nein“ zu fauchen, doch Ryou kam ihm zuvor.

„Nein, vielen Dank. Wir wollten uns zuerst etwas umsehen.“ Er packte Mariku am Handgelenk und zog ihn zu einem rustikalen Bettgestell aus Buchenholz. Ryou mochte es. Er wollte nichts, was sein Zimmer dunkler erscheinen liess.

Doch Ryou wäre nicht Ryou, wenn er vor einer Entscheidung nicht alle Möglichkeiten mit Bedacht abwiegen würde – in diesem Fall: er sah sich alle Modelle an, nahm einige in die engere Auswahl und liess sich dann doch noch beraten, jedoch von einer anderen Dame, als jene, die ihn gefragt hatte.

Ryou lächelte. Er fühlte sich wohl, auch wenn Mariku langsam sichtlich genervt war. Selbst Schuld, er hatte unbedingt mitkommen wollen. Okay, ein kleines bisschen schlechtes Gewissen machte sich schon in ihm breit, aber er traf hier gerade eine Entscheidung und die sollte wohl bedacht sein! Wenn sein Schatz was anderes erwartet hatte… nun, sie könnten ja bald das Bett einweihen.

Und vor allem: sein allererster Möbelkauf schien glatt über die Bühne zu gehen!

Bei allem, was Ryou das erste Mal anging, war er verdammt nervös. Daher war er persönlich auch ziemlich froh gewesen, dass Mariku mitgekommen war – alleine wäre es gut möglich gewesen, dass er vor dem Geschäft stehen geblieben wäre und es nicht geschafft hätte, einen Fuss hineinzusetzen. Aber vor seinem Freund hatte er sich eine solche Blösse nicht geben wollen – und dank dem war er ja auch so zittrig auf den Beinen gewesen, dass er schlicht andere Sorgen gehabt hatte.

Ryou war kurz davor, sich für ein weiss lackiertes Bett zu entscheiden - das Gestell war simpel, bestehend aus einem schlichten Rahmen. Nur oben, beim Kopfende, da war horizontal über die ganze Breite eine Polsterung angebracht. Diese wäre super bequem, wenn er abends noch lesen wollte – da brauchte er nicht an die harte Wand zu lehnen. Doch plötzlich mischte sich Mariku ein. Der war eh erstaunlich still gewesen die ganze Zeit. Nicht mal seine Hände waren gross aufdringlich gewesen.

Ryou hatte der Verkäuferin gerade mitteilen wollen, dass er gerne dieses eine Bett hätte – da schlangen sich zwei starke Arme um seine Körpermitte, zogen ihn eng an Mariku und dessen Mund machte sich eiligst daran, Ryous Hals zu malträtieren. Überrascht riss der Weisshaarige die Augen auf, sein Blick haftete noch immer auf dem Gesicht der Frau, die ihn so freundlich beraten hatte. Doch auch deren Gesicht zeigte jetzt Überraschung.

Sie trat sogar einen halben Schritt zurück, als Ryou sich etwas drehte und seine Lippen mit denen des Blonden zusammenbrachte.

„Meine Meinung zählt wohl gar nicht, was?“, knurrte Mariku in den Kuss.
 

Ryou seufzte schwer. Letzten Endes hatte Marikus Meinung mehr gezählt als seine.

Er hatte nicht nur ein breiteres Bett gekauft – und damit verbunden auch eine neue Matratze – sondern er war auch dem Wunsch seines Liebsten gefolgt, was das Modell betraf. Dieser Liebste verabschiedete sich jedoch plötzlich, nachdem sein Handy geklingelt hatte. Kurz drückte er Ryou einen Kuss auf, schon war er weg und überliess es dem Weisshaarigen, den Kauf abzuschliessen.

Schon am nächsten Tag wurde also ein weiss lackiertes Metallbett geliefert, das an Kopf- und Fussende mit vertikalen Stangen geschmückt war.

So ganz verstand Ryou nicht, warum sein Freund so scharf auf dieses Modell gewesen war. Mariku selbst hatte ja auch ein sehr einfaches Bett ohne irgendwelchen Schnickschnack…

Naja – seine kleine Schwester schien ihn jedenfalls ziemlich zu beneiden um dieses Möbelstück. Sie verkündete sogleich, dass sie so eines zum Geburtstag geschenkt bekommen wolle. Sie legte sich auf das frisch bezogene Bett und seufzte wohlig. Die Matratze war so bequem!

Ryou legte sich daneben und gemeinsam starrten sie an die Decke.

„Du, Ryou?“

„Hm…?“

„Dieser Junge, der letztens bei uns war…“

„Mariku?“

„Wenn das dieser dunkelhäutige Schönling ist, dann ja…“

Ryou kicherte. „Schönling?“

„Findest du ihn etwa nicht unglaublich attraktiv?“

„Doch, klar. Ab…“, doch Ryou wurde von Amane unterbrochen: „Ha! Wusste ich’s doch! Er ist also dein Freund?“

„J…Nei… also, nun… es… ich…“ Ryous Stottern ging in einem Lachanfall von Amane unter. „Ehrlich, Bruderherz: du kannst noch immer nicht lügen.“ Sie kicherte wieder.

Nervös biss Ryou auf seiner Lippe herum. Ob er fragen sollte? Sollte er? „Hast du denn… ich meine…“, er brach ab und hätte sich gleich darauf selbst schlagen können. So peinlich war die Frage nun wirklich nicht und er hatte bereits mit dem Satz begonnen, also würde er sie auch ganz aussprechen. „Hast du denn kein Problem damit, wenn ich… nun ja… schwul bin?“ Gegen Ende war er doch immer leiser geworden, doch Amane hatte in trotzdem verstanden. Sie tastete nach seiner Hand und drückte sie leicht: „Warum sollte, ich damit ein Problem haben? Du bist garantiert nicht die erste homosexuelle Person in meinem Umfeld.

Sie kicherte. „Ein Mädchen in unserer Klasse ist lesbisch. Am Anfang fand ich das komisch und auch irgendwie abartig, aber vor allem befremdend. Aber mit der Zeit habe ich gemerkt, dass sie gar nicht anders ist, seit dem Outing… seitdem verstehen wir uns wieder genauso gut wie vorher. Was allerdings nicht allzu viel heisst.“ Amane schwang ihre Beine vom Bett und nutzte den Schwung, um sich aufzurichten. Sie drehte sich zu ihrem Bruder und wuschelte ihm durch die Haare. „Mach dir nicht so einen Kopf darum. Das wird schon irgendwie…“ Sie schlüpfte in ihre Hausschuhe und stand auf und schlenderte zur Tür.

„Ich mache mir grosse Sorgen wegen der Reaktion unserer Eltern…“, murmelte Ryou mehr zu sich selbst, doch Amane erahnte, was er gesagt hatte. Sie drehte sich noch einmal um und meinte: „Wenn unsere Eltern das rauskriegen, werden sie dich vermutlich lynchen.“

Zweifel

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Zweifel (zensiert)

Zweifel (zensiert)
 

„Wenn unsere Eltern das rauskriegen, werden sie dich vermutlich lynchen.“

Dieser Satz ging Ryou nicht mehr aus dem Kopf, seit Amane ihn vor einigen Stunden geäussert hatte. Er wusste es, hatte es schon immer gewusst. Natürlich hätte er es nie so drastisch ausgedrückt, aber im Grunde hatte seine Schwester Recht. Seine Eltern waren sehr konservativ, gerade, was die Rollenverteilung anbelangte. Und ein Mann hatte für seine Familie da zu sein. Ryous Eltern waren nicht homophob eingestellt. Sie ignorierten schlicht die Tatsache, dass Homosexualität existierte. Nie in ihrem Leben hatten sie einem Schwulen oder einer Lesbe gegenübergestanden und waren sich dessen bewusst gewesen. Würde er sie damit konfrontieren wollen? Würden sie ihn überhaupt ernst nehmen?

Ryou war kein Freund von Streit oder Auseinandersetzungen. Wo möglich, ging er ihnen aus dem Weg. Aber wenn er die Wahl hatte zwischen einem (vermutlich sehr grossen und lang anhaltenden) Streit und Mariku – wen würde er wählen? Mariku?

Klang zwar romantisch, aber war er dazu bereit, alles, was ihm bisher Sicherheit geboten hatte, dafür aufs Spiel zu setzen?

Seufzend blickte Ryou auf seinen Wecker – es war bereits drei Uhr nachts. So lange war er noch nie wach geblieben, wenn er am nächsten Tag Schule hatte… auch nicht damals, als Mariku bei ihm geschlafen hatte… lächelnd dachte er daran zurück, wie er sämtliche Versuche seines Liebsten abgewehrt hatte… wie er seinen hässlichsten Pyjama angezogen hatte… und was danach geschehen war… mitten in der Nacht, hier in seinem Zimmer… mit einem wohligen Seufzend dachte er daran zurück. Mariku… andererseits: er meldete sich nie, war unglaublich unfreundlich, hatte einen grausamen, lebensgefährdenden Fahrstil…

Okay, er musste endlich eine Entscheidung fällen, Struktur in seine Gedanken bringen. Entschlossen stand er auf, knipste das Licht an und ging erstmal in die Küche, um Wasser heiss zu machen. Vielleicht würde ein Tee ja helfen, ihn zu beruhigen.

Sieben Minuten später stand er wieder in seinem Zimmer. Er setzte sich an seinen Schreibtisch und nahm ein leeres Blatt und einen Stift hervor. Oben schrieb er den Titel „Mariku“, dann teilte den Rest des Blattes durch eine vertikale Linie – für die er selbstverständlich den Massstab benutzte. Der linken Spalte gab er den Titel „Pro“, der rechten „Kontra“.

So würde es funktionieren. Seine Gedanken gut strukturieren, dann könnte er sich rational entscheiden.

Als erstes trug er in der Kontra- Spalte ein: „Zoff mit meinen Eltern“.
 

Eine halbe Stunde später war er sich sicher, sämtliche Gedanken der letzten Stunden in wenigen Worten zu Papier gebracht zu haben. Er lass seine Liste nochmals durch. Auf der Seite, die für Mariku sprach, standen die Punkte:

- sieht gut aus

- war mit mir Möbel kaufen

- hat mich im Bus, nach unserer ersten gemeinsamen Nacht, nicht geküsst (ich wollte nicht)

- Sex

Die letzten drei Buchstaben schrieb er langsam und mit Bedacht. Würde dieses Blatt jemals von wem gefunden – er würde sich zu Tode schämen. Eigentlich war der letzte Punkt der erste gewesen, der ihm eingefallen war, doch er hatte sich nicht getraut, dass gleich zuoberst hinzuschreiben. Wie hätte dass den ausgesehen?

Er las die zweite Spalte durch. Auf dieser Seite waren im einige Punkte mehr eingefallen:

- Zoff mit meinen Eltern

- raucht

- hat mich am Vortag vor unserer Nacht mitten im Bus geküsst (ich wollte nicht)

- unhöflich

- meine Eltern mögen ihn nicht

- hat einen grausamen Fahrstil

- kann nicht kochen (isst fast nur Fertigprodukte)

- seine Freunde sind seltsam

- meldet sich nie bei mir

Traurige blickte Ryou auf seine Notizen. Er griff entschlossen nach seinem Stift, unterstrich das „Kontra“ doppelt und schrieb unter seine Stichpunkte: „Sofort Schluss machen.“

Er sah auf, atmete tief durch, senkte seinen Blick.

„Ja“, dachte er, „jetzt muss ich nur noch meine Gefühle aus dem Weg schaffen… dann wäre es absolut kein Problem, Mariku nie wieder zu sehen.“

Ryou faltete das Blatt ordentlich in der Mitte und versteckte es in einem seiner alten Englischbücher. Hier würde niemand nachschauen. Dann knipste er das Licht aus und legte sich zurück in sein Bett. Auch wenn seine Laune nicht die Beste war, so hatte ihm das Niederschreiben und Ordnen seiner Gedanken geholfen. Es dauerte nicht mehr lange, da schlief Ryou tief und fest.
 

Draussen schien die Sonne, Ryou streckte sich erstmal und gähnte herzhaft. Er würde sich jetzt ein ruhiges Plätzchen unter dem wolkenlosen Himmel suchen und da sein Mittagessen geniessen. Es war vielleicht der letzte warme Tag für dieses Jahr, das musste er nutzen!

Er ging über den Pausenhof und strebte auf die Fussballwiese zu. Nicht, dass er da hinwollte, er hasste nur wenig mehr als Ballsportarten. Zudem waren um diese Zeit immer einige am Spielen und Ryou wollte seine Pause lieber alleine verbringen. Doch hinter dem Gitter, das verhinderte, dass der Ball wegfliegen konnte, da waren Büsche, die ihn vor den Blicken anderer schützten, ohne, dass sie zu viel Schatten warfen und es dadurch kühl war. Genau dahin wollte er.

Doch gerade, als er die Wiese betrat, sah er jemanden auf sich zukommen. Und das war nicht irgendjemand.

Ryous Herz machte einen Sprung.

Das war Mariku!

Breit grinsend blieb er stehen und wartete. Sein Freund schien wirklich für ihn hierher gekommen zu sein. Kurz dachte er an die Liste, die er mitten in der Nacht erstellt hatte. So schnell konnten gefasste Entscheidungen rückgängig gemacht werden… sein Herz schlug ihm bis zum Hals und er fühlte sich unglaublich glücklich.

„Hey Kleiner“, ihm wurde ein Kuss auf die Stirn gedrückt. „Ich hab mich nach dir gesehnt.“

Ryous Herz machte einen riesigen Hüpfer. Das musste einfach ein Traum sein.

Er war zu ihm gekommen.

Ohne, dass sie sich abgesprochen hatten.

Der Weisshaarige merkte, dass der andere ihn küssen wollte, darum trat er einen Schritt zurück. Entschuldigend schüttelte er den Kopf. „Sorry… nicht hier, wo uns alle sehen können.“

Mariku verdrehte die Augen und seufzte genervt. Aber okay. Er war nicht hierher gekommen, um sich zu streiten, sondern um Sex zu haben. Er hätte kein Problem damit gehabt, es hier und jetzt, vor den Augen all der anderen, zu treiben, aber wenn es sein musste, dann würden sie sich eben im Klo verbarrikadieren.

Er bat Ryou in seiner üblich charmanten Art darum, ihn zu den nächsten Toiletten zu führen.

Kaum hatten sie die sanitären Anlagen betreten, zerrte der Blonde den Kleineren in die Kabine und verschloss sie. Verlangend küsste er die blassen Lippen, hungrig biss er in den zarten Hals.

Ryou war deutlich anzumerken, dass er sich das Stöhnen verbiss. Verdammt, sie waren hier in seiner Schule!

Was, wenn jemand hereinkam?

Aber Mariku war so verdammt gut – er versuchte nicht mal, zu widerstehen, denn er wusste, dass er scheitern würde. Lieber konzentrierte Ryou sich darauf, sein Gegenüber ebenfalls zu erregen. Das klappte wunderbar, bald war der Weisshaarige komplett ausgezogen worden, während Mariku nur den Reissverschluss seiner Hose geöffnet hatte. Verlangend küssend drückte der Grössere sein Spielzeug nach unten, bis dieser auf dem Klodeckel sass. Er beendete den Kuss und forderte Ryou stattdessen auf, sein Geschick woanders zu erproben. Der Weisshaarige tat, was von ihm verlangt wurde. Er machte es nicht gerne, aber er wusste, dass er belohnt werden würde. Ein erregter Mariku war nun mal umso begehrenswerter.

Während Ryou die ganze Zeit versucht hatte, leise zu sein, stöhnte der Blonde nun lauthals.

Der Kleinere war aber auch einfach nur geil!

Grinsend griff er in eine der Hosentaschen und fischte Handschellen hervor.

Er griff nach Ryous einem Handgelenk und schloss darum das Metal. Er drückte den blassen Oberkörper nach hinten, zog das noch offene Ende der Handschellen hinter dem Rohr, dass Spülkasten und Kloschüssel verband, durch und liess dieses Ende dann um Ryous anderes Handgelenk zuschnappen.

„So, Kleiner, jetzt kannst du mir nicht mehr entkommen.“

Schüchtern sah der Angesprochene auf. Er schämte sich ein wenig dafür, dass ihn so etwas anmachte. Nicht nur die Fesseln, sondern auch dieser Ort! Das konnte einfach nur sein Mariku… ihn so um den Verstand bringen.

Er sah, wie sich Mariku auf die Knie begab, spürte bald darauf seine Zunge, die sich an seinen Oberschenkeln zu schaffen machte.

„Los, Becken nach vorne und Oberkörper nach hinten!“

[…]

Unglaublich!

Wie sehr diese Handlung ihn sofort nach mehr verlangen liess. Sie hatten es doch erst vorgestern noch getan… aber er wollte ihn schon wieder in sich spüren.

„Nimm mich“, flüsterte er deswegen mit rauer Stimme. Es war ihm peinlich, so darum zu bitten, aber wenn es funktionierte…

Leise lachte Mariku auf.

„Geduld mein Kleiner… das Beste kommt zum Schluss.“ Ein leiser Schrei hallte durch die Kabine, als der Dunkelhäutige in den linken Oberschenkel biss. Dieselbe Prozedur wiederholte er noch einige Male, stets begleitet von einem unterdrückten Schrei seines blassen Partners.

Mariku liess von ihm ab, erhob sich und betrachtete sein Werk. In Ryous Augen konnte er lesen, wie sehr dieser ihn begehrte, wie sehr er gefickt werden wollte.

Die Beine hatte er gespreizt, den Mund leicht geöffnet, der Blick war glasig.

Allein der Anblick liess ihn fast alle verbliebene Selbstkontrolle vergessen – aber eben nur fast. Er hatte noch etwas mit seinem süssen Spielzeug vor.

[…]

„Mach schon…“, bat der Kleinere.

„Was soll ich machen?“

„Das weißt du ganz genau!“

„Ich will aber, dass du es sagt.“

„Ich…“

„Ja?“ Oh, wie sehr er es liebte, Ryou in Verlegenheit zu bringen…

„F… fick mich. Bitte.“

„Du kleines, versautes Miststück“, hauchte der Blonde zärtlich. Er grinste breit. Sex mit Ryou bereitete ihm definitiv Spass. Sehr viel Spass.

„Wo ist hier die Cafeteria?“

Vollkommen verwirrt blinzelte der Weisshaarige, als Mariku seine Frage jedoch wiederholte, wusste er, dass er sich nicht verhört hatte. Danach brauchte er einige Zeit, um die Frage überhaupt beantworten zu können – sich zu konzentrieren fiel ihm eindeutig schwer.

„Bin gleich wieder da.“

„Wo… wohin?“

„Ich hab’ verdammten Durst. Ich geh mir ne Cola holen.“

„Jetzt?“

„Natürlich jetzt.“

Mariku packte seinen Schwanz wieder ein, schloss die Tür auf, verliess die Kabine, zog die Tür hinter sich zu.

Das…

… das konnte nicht wahr sein!

Unmöglich!

Er liess ihn… zurück?

Angekettet an eine Toilette, deren Türe nicht verriegelt war?

Erregt wie kaum zuvor in seinem Leben?

Scheisse.

Wenn jetzt jemand hereinkam… die Kabine war die einzige hier… ansonsten waren noch einige Pissoirs an der Wand gegenüber angebracht.

Aber falls jemand mehr als nur urinieren wollte… was hatte sich Mariku nur dabei gedacht!

Hoffentlich kam dieser bald zurück und befreite ihn aus dieser erniedrigenden Situation.

Ryou setzte sich gerade hin und zog seine Beine an. Gerne hätte er sie mit den Armen umschlungen, aber das ging nun mal nicht.

Er wartete.

Und wartete.

Die Cafeteria war nicht weit weg von hier. Aber gleich nebenan war sie auch nicht… wie lange er brauchen würde, um zurückzukommen?

Ob er zurückkam?

Er musste einfach – an alles andere wollte der Weisshaarige noch nicht einmal denken.

Schwach hörte er den Schulgong.

Was?

Dieses Läuten bedeutete, dass in zehn Minuten der Unterricht beginnen würde… wo blieb bloss Mariku?

Und es bedeutete noch etwas: nämlich, dass die Schüler nun langsam zurückkehrten aus ihrer Mittagspause…

Ryou hörte, wie die Tür geöffnet wurde.

Mariku?

Hoffentlich war er es.

Doch die Schritte klangen leichtfüssig. Sein Liebster hatte einen schweren Gang.

Vor Angst, entdeckt zu werden, zitterte Ryou und machte sich so klein wie möglich. Aber… falls der andere wirklich aufs Klo musste… dann würde er Ryou entdecken!

Doch zu seiner Erleichterung schien die andere Person im Raum nur das Pissoir aufzusuchen.

Der Weisshaarige hörte, wie die Tür erneut aufging.

Schritte.

Er kniff die Augen zu, sein Herz pochte.

Die Kabinentür ging auf, das erkannte er am Geräusch.

„Na, warst du auch schön brav in meiner Abwesenheit?“, hauchte eine Stimme direkt neben seinem Ohr, „na ja, ne andere Option hattest du ja nicht, nicht wahr, Kleiner?“

Mariku verschloss die Kabine erneut und küsste Ryou verlangend, der inzwischen die Augen geöffnet hatte. Der Blonde stellte seine halbleere Colaflasche auf den Boden, damit er für das kommende beide Hände frei haben würde.
 

Ryou konnte sich gedanklich nur wiederholen: Mariku war einfach unglaublich.

Nicht im Bett – okay, das auch, aber darum ging es gerade nicht – sondern darin, ihn dazu zu bringen, mit ihm zu schlafen. Eben, auf dem Klo, wo er garantiert von einem halben Dutzend Mitschüler gehört worden war. Soeben hatte der Ägypter die Handschellen geöffnet und Ryou begann, seine Klamotten wieder anzuziehen. Als er das erledigt hatte, trat er aus der Kabine zum Waschbecken hin und wusch sich die Hände. Mariku war nicht mehr im Raum. Er war gleich gegangen, nachdem er die Handschellen wieder eingesteckt und sich seine Cola geschnappt hatte.

Ryou trocknete seine Hände und öffnete die Tür zum Gang. Auch hier kein Mariku. War der tatsächlich gegangen?

Er suchte den ganzen Flur mit seinen Blicken ab, doch da war niemand. Er seufzte. Das durfte doch echt nicht wahr sein!

Mit einem Blick auf die Uhr entschied er sich, ganz langsam zum Klassenzimmer zu gehen – bis er da angekommen sein würde, würde wohl gerade die zweite Stunde des Nachmittags beginnen. Ihm fiel sowieso keine Ausrede ein, die er der Lehrerin noch hätte auftischen können. Daher wartete er lieber auf die nächste Stunde. Zudem, wer wusste schon, wie viele seiner Klassenkameraden ihn gehört hatten? Und wenn die dann eins und eins zusammenzählten…

Ryou schüttelte den Kopf über sich selbst. Er hatte schon wieder Schule geschwänzt. Für und wegen Mariku. Aber es hatte sich eindeutig gelohnt. Ein breites Lächeln zierte sein Gesicht.

Im Klassenzimmer angekommen packte er seine Materialien aus. Niemand sprach ihn an und fragte, wo er denn letzte Stunde gewesen sei. Manchmal war es echt praktisch, keine Freunde in der Klasse zu haben.

Als Ryou seinen Rucksack zu Boden stellen wollte, merkte er, wie etwas im Aussenfach vibrierte. Erstaunt nahm er sein Handy hervor und öffnete die Nachricht. Wer schrieb ihm um diese Uhrzeit? Seine Mutter vielleicht? Er hatte keine Lust, einkaufen zu gehen…

Doch die Nummer war ihm unbekannt. Da stand: „Hey Kleiner! War ein echt geiler Fick! Müssen wir wiederholen“

Das war definitiv von Mariku. Ryou wurde ein klein wenig rot und er grinste glücklich. Na das war mal ein Kompliment… und jetzt hatte er die Nummer seines Liebsten! Toll! Aber er hatte Recht, es hatte wirklich viel Spass gemacht. Der Weisshaarige lächelte verliebt. Er dachte noch einmal an den Sex auf dem Klo zurück… und mit einem Mal wusste Ryou, warum Mariku ein Bett mit Stangen hatte kaufen wollen.
 

Und Ryou wusste, dass Mariku das Bett ausprobieren wollte, als er am nächsten Abend vorbei kam. Entsprechend verlegen öffnete er ihm die Tür.

„Wow, Kleiner! Hast du dich extra hübsch gemacht für mich? Kannst es wohl gar nicht mehr erwarten, was?“

Ryou boxte seinen Freund spielerisch, dieser lächelte nur noch breiter und schloss den Weisshaarigen in seine Arme.

Glücklich kuschelte sich der kleinere an die starke Brust. Es war ungewöhnlich, dass Mariku seine Nähe auf diese Weise suchte. Ohne weiter darüber nachzudenken zog er seinen Liebsten zu sich und küsste ihn liebevoll. Gerade war er einfach nur glücklich, dass es Mariku gab, dass dieser für ihn da war und ihm Aufmerksamkeit schenkte. Selbstverständlich freute sich der Ägypter über Ryous Offensive und liess sich gerne auf den Kuss ein.

Ein Geräusch in ihrer Nähe liess den Weisshaarigen zusammenzucken und blitzschnell löste er sich von Mariku.

Hinter ihnen war Amane die Treppe heruntergekommen. Sie grinste wissend, warf ihrem Bruder einen schelmischen Blick zu, wandte sich dann ab und ging, so, als ob nichts gewesen wäre, in die Küche.

Als sich Ryous schneller Herzschlag etwas beruhigt hatte, seufzte er und zerrte Mariku nach oben, in sein Zimmer. Zum Glück war das nur seine Schwester gewesen! Er wollte sich nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn seine Mutter oder sein Vater sie gesehen hätte…

„Hey Kleiner, warum so schüchtern?“ Mariku war ganz nah an ihn herangetreten, umschlang mit dem einen Arm seinen Brustkorb, mit der anderen streichelte er über Ryous Hintern. „Gestern hast du dich auch nicht zurückgehalten, mein williges Lieblingsspielzeug.“ Mariku leckte mit seiner Zunge über die Ohrmuschel.

Angewidert machte Ryou einen halben Schritt vorwärts. Spielzeug? War es dass, was sein Liebster, sein Freund, in ihm sah?

Er spürte die Hand wieder auf seiner Rückseite, sie streichelte langsam seinen Rücken hinunter, zum Hosenbund. Doch bevor Mariku seine Hand tiefer gleiten lassen konnte, nahm Ryou seinen ganzen Mut zusammen, packte die Hand, drehte sich um und sah einen Augenblick lang fest in die violetten Augen seines Gegenübers, bevor er den Blick etwas senkte.

„Bitte, Mariku“, Ryou war selbst erstaunt, wie fest seine Stimme klang, „ich will jetzt nicht.“ Zögerlich hob er den Blick, als der Blonde ein genervtes Seufzen von sich gab. „Versteh mich bitte nicht falsch, ich will dich schon bei mir haben und auch gerne etwas kuscheln und so...“ „Kuscheln ist verdammt unmännlich. So was mach ich nicht, wenn’s nachher nicht ums ficken geht.“

Verletzt wandte Ryou sich ab und setzte sich auf sein Bett. Nach einigen Sekunden folgte ihm Mariku, der sich am anderen Ende des Bettes setzte. Für längere Zeit herrschte eine unangenehme Stille zwischen ihnen, in der Ryou nervös mit einer Haarsträhne spielte, während Mariku nur angepisst dreinblickte.

Innerlich seufzend erinnerte sich Ryou an die Pro- und Contraliste, die er geschrieben hatte… und wenn er jetzt zu Mariku rüberschielte, der nur genervt aussah, dann wusste er auch sofort, warum er eigentlich Schluss machen sollte. Doch da fiel ihm etwas ein… die Umarmung vorhin – die war nicht lüstern gewesen, sonder liebevoll und zärtlich. War das auch nur Vorspiel gewesen? Und wenn er schon dabei war… warum hatte Mariku ihn eigentlich damals geküsst? Im Bus, eigentlich offiziell frisch vergeben… der Blonde hatte damals gesagt, dass er es nicht möge, wenn man sich an seinem Eigentum vergreife… bedeutete das, Mariku war eifersüchtig gewesen? Aber wenn ja, würde das doch bedeuten, dass er Ryou nicht nur für seine sexuelle Befriedigung wollte… oder doch? Vielleicht… sollte er einfach fragen? Mariku würde so etwas nie von sich aus sagen, das war Ryou klar. Also konnte er entweder mit seinen Zweifeln und Hoffnungen leben – oder Gewissheit suchen. Er entschied sich für letzteres. Mit entschlossener Mine straffte er seine Haltung und rutschte näher an Mariku heran.

„Du, Riku? Warum bist du mit mir zusammen?“

„Seit wann sind wir zusammen?“ Fragend hob er eine Augenbraue. „Kleiner, wir ficken, das ist alles.“

Die Worte verletzten Ryou. Doch er zwang sich, ruhig zu bleiben. Das konnte doch nicht die ganze Wahrheit sein! Mariku verbrachte so viel Zeit mit ihm… und überhaupt, wenn es nur um den Sex ging, dann hätte Mariku sicher wen besseren finden können. Ryou bildete sich schliesslich nicht ein, unglaublich gut im Bett zu sein, denn er war ja doch noch ziemlich unerfahren und alles, was er über Sex wusste, hatte er von seinem Liebsten gelernt.

„Das kann ich dir nicht glauben. Warum hast du mich damals geküsst? Im Bus?“

Einige Momente lang war Mariku einfach nur still und blickte Ryou in die Augen. Dann seufzte er und meinte: „Ich weiss es nicht.“

„Klar musst du das wissen. Du hast es schliesslich getan, irgendeinen Grund muss es doch geben!“

„Steck dir deinen bescheuerten Grund sonst wo hin, ich hab nicht darüber nachgedacht, okay? Ich tu son’ Scheiss eigentlich nicht, also erwarte nicht irgendwelche abartigen Kuschel- Knutschsachen von mir, klar?“

Okay, jetzt war es an Ryou, sauer zu sein. Mariku war vielleicht nicht gut darin, Gefühle auszudrücken. Aber dass er gleich laut werden musste? Das ging ja gar nicht! Wütend stand er auf, ging zum Schrank und suchte ein grosses T-Shirt raus, das er in die Richtung von Mariku warf. „Nimm, falls du hier schlafen willst. Ansonsten verzieh dich.“

Dann schnappte sich Ryou seine eigenen Schlafsachen und marschierte zum Badezimmer.
 

Als er wenig später zurückkam, lag das T-Shirt, das er Mariku gegeben hatte, mitten auf dem Boden, zusammen mit den Kleidern Marikus.

Der Blonde selbst lag nackt in Ryous Bett und hatte sein Gesicht zur Wand gedreht. Möglichst leise schloss Ryou die Tür, knipste das Licht aus und schlich dann zum Bett. Er drehte sich so, dass er zu seinen Schreibtisch schaute, er wollte nicht sehen, wie Mariku ihn ignorierte.

Obwohl dieser ihn nicht lange ignorierte… es dauerte nicht lange, da spürte Ryou Hände, die sich ihm aufdrängten. Oh, es war ja so klar gewesen. Wütend seufzte der Weisshaarige, rutschte etwas weg und grummelte unfreundlich. Mariku machte zwar noch einige Annäherungsversuche, aber Ryou ignorierte sie alle und gab vor, zu schlafen. Diese Taktik klappte sogar, was ihn doch ziemlich erstaunte. Anscheinend hatte Mariku gar nicht so wirklich Lust, ansonsten würde er sich doch von so einer Lappalie nicht abhalten lassen – schliesslich hatten sie ihr erstes Mal auch gehabt, als Ryou geschlafen hatte…
 

Ryou wachte auf, weil ihm kalt war. Er blinzelte und merkte recht schnell, dass seine Decke weg war. Er tastete mit seiner linken Hand umher – rechts war nur die Bettkante – und wurde recht schnell fündig. Mariku hatte sich offensichtlich die gesamte Decke geschnappt und sich darin eingewickelt. Ryou versuchte einen Teil davon zurückzuerobern, doch mehr als einen kleinen Zipfel konnte er nicht aus Marikus Fängen befreien.

Sauer drehte sich Ryou um und überlegte, ob es irgendwo eine zweite Decke gab. Unten im Wohnzimmer, da lag auf der Couch eine Kuscheldecke… aber die würde wohl kaum reichen… sie hatten inzwischen November!

Oh, er war sauer. Mariku war einfach nur durch und durch ein Idiot! Ein sexbesessener, egozentrischer Idiot! Und doch liebte er ihn… aber wohin sollte das noch führen? Warum war eigentlich er so ein Idiot und verliebte sich in Mariku? Einen Jungen, der ihn andauernd ärgerte und nicht für ganz voll nahm?

Plötzlich hatte er einen Geistesblitz… so wie er den Ägypter kannte, hatte der doch sicher seine Handschellen mitgenommen, oder? Ein breites Grinsen schlich sich auf Ryous Gesicht. So leise wie nur irgendwie möglich schlich er zu Marikus Klamotten, die noch immer in der Mitte des Zimmers lagen. In seinen Hosentaschen suchte er nach den Handschellen und wurde tatsächlich fündig.

Sollte er das tatsächlich tun? Naja – warum nicht? Mariku hatte ja praktisch dasselbe gemacht, allerdings an einem weitaus öffentlicheren Ort. Ein gutmütiges Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Schien, als war er nachts mutiger als bei Tage… nun, er sollte nicht weiter drüber nachdenken, entschied er. Nicht, dass ihn noch der Mut verliess!

Also kehrte Ryou zum Bett zurück, nahm liebevoll Marikus Handgelenke und brachte sie so in Position, dass er sie an das Bettgestell fesseln konnte. Zum Glück lag der andere bereits auf dem Rücken.

Mit einem leisen „Klick“ schloss sich auch die zweite Seite und erst jetzt wurde Ryou bewusst, dass er niemals geglaubt hatte, dass dies alles klappen würde. Er hatte keine Ahnung gehabt, dass Mariku einen so tiefen Schlaf hatte!

Und was jetzt?

Etwas planlos sass Ryou da.

Sollte er sich jetzt über seinen Liebsten hermachen? Der Gedanke war verführerisch… aber ob dieser Spass an der Sache hätte? Und immerhin hatte er noch seine Beine frei, damit könnte er Ryou ganz schön wehtun.

Okay… womit sollte er also die Beine befestigen?

Schnur? War vermutlich zu dünn, die würde einschneiden… Seile hatte er keine… Womit konnte man jemanden sonst noch fesseln? Klar, Kabelbinder! … Hatten sie sogar im Haus, aber bis er die geholt hatte, könnte Mariku schon längst aufgewacht sein… Oh, wie wäre es, wenn er seine Pyjamahose nehmen würde? Das könnte klappen.

Langsam bewegte Ryou sich zum Fussende des Bettes, band das eine Hosenbein an einer der Stangen fest, das andere schlang er um Marikus Fussgelenk. Wunderbar! Jetzt brauchte er nur noch eine Hose…

… doch da grummelte Mariku etwas. Ryou zuckte vor Schreck zusammen und eilte zurück neben seinen Liebsten.

„..ou?“

„Ich bin hier, Mariku.“

„Wa… warum rennst du so rum?“

„Nur so…“ Um das Gespräch zu beenden, setzte sich Ryou auf die Brust Marikus und beugte sich dann vornüber, um ihm einen Kuss aufzudrücken. Dies gefiel dem Blonden natürlich und er wollte sogleich mehr. Doch als er mit seinem Arm Ryou zu sich ziehen wollte… da konnte er nicht. Seine Arme waren irgendwie blockiert! Er zog etwas kräftiger gegen den Widerstand, doch der wollte nicht nachgeben.

„Sollte ich vielleicht erwähnen, dass ich dich gefesselt habe?“, fragte Ryou zuckersüss.

„Du hast was?“ Marikus Kopf schnellte nach oben, soweit es in seiner Position eben ging.

„Du hast schon verstanden.“ Mit diesen Worten beugte sich Ryou zur Nachttischlampe, damit Mariku sehnen konnte, dass er die Wahrheit sagte.

„Bist du jetzt komplett übergeschnappt? Mach mich sofort los!“

„Und wenn ich nicht will?“, antwortete er frech.

„Dann wirst du es so was von bereuen, dass schwör ich dir!!!“, fauchte Mariku.

„Und wie willst du mir etwas antun, wenn du festgebunden bist?“

„Dann schreie ich solange, bis deine Familie wach wird.“ Der Blonde gratulierte sich selbst für diesen genialen Einfall. Ryou würde niemals wollen, dass seine Familie hiervon Wind bekam. Tatsächlich blickte der Weisshaarige einige Momente so, als sei er überzeugt und würde ihn gleich losmachen.

Doch dann änderte sich sein ängstlich- zweifelnder Gesichtsausdruck wieder.

„Du würdest niemals schreien. So etwas machen nur Weicheier und Pussys.“

Ryou hatte Marikus wunden Punkt getroffen und beide wussten es. Sauer wandte der Ägypter den Kopf zu Seite.

„Wie süss“, schoss es Ryou durch den Kopf, „er schmollt.“

Er betrachtete den Körper unter sich. Zum ersten Mal in seinem Leben lag Mariku unter ihm, war ihm ausgeliefert. Ein Gefühl von Macht und Triumph stieg in Ryou hoch. Gefühle von denen er nicht erwartet hatte, dass er sie jemals so empfinden würde, schon gar nicht in einer solchen Situation.

Doch, es gefiel ihm.

Er reizte als erstes Marikus Brustwarzen mit seinen Fingern und beobachtete dabei ganz genau das Minenspiel seines Liebsten.

Als er den Moment genug ausgekostet hatte, begann er, mit seinen Fingernägeln Muster auf die dunkle Haut zu zeichnen. Schnell verlor er seine anfängliche Unsicherheit. Er hatte solche Lust, ihm unbekannte Territorien zu entdecken!

Mariku schien sich mit seinem Schicksal abgefunden zu haben. Er reagierte kaum und sah Ryou auch nicht an, aber er wehrte sich nicht.

„Gut, mal sehen, wie lange du mich noch ignorieren kannst“, dachte Ryou, als er von Mariku abliess und etwas weiter nach unten rutschte.

Er küsste Mariku, liebkoste mit seiner Zunge die Innenseite der Schenkel, die Mariku inzwischen gespreizt hatte. Er wusste, was sein Liebster wollte. Und er genoss es, dass er es ihm verweigern konnte. Immer wieder näherte er sich mit seinem Mund der Körpermitte, doch kaum hatte er es jeweils berührt, liess er wieder davon ab und wandte sich einer anderen Körperregion zu. Als er wieder einmal mit seinem Mund am Schenkel angelangt war, biss er zu. Er fühlte, wie sich die gut ausgeprägten Muskeln unter seinen Zähnen zusammenzogen und Mariku tatsächlich so etwas wie einen leisen Schrei von sich gab.

Als Entschuldigung dafür entschloss sich Ryou, seinen Liebsten endlich zu erlösen. Inzwischen schien auch Mariku gefallen an ihrem Spiel gefunden zu haben. Er stiess sein Becken nach oben, was Ryou aber bald verhinderte, indem er sich quer über den muskulösen Bauch legte. Als der Weisshaarige merkte, dass Mariku bald kommen würde, liess er von ihm ab und biss stattdessen in die Bauchdecke. Dies hatte den gewünschten Effekt und der Blonde keuchte lauft auf.

„Verfickter Bastard!“

„Ich dich auch, Liebling!“, grinste Ryou.

Oh, wie sehr es ihm gefiel! Doch langsam wollte er mehr… er sehnte sich danach, Marikus Schwanz in sich zu spüren. […]

Mariku hatte seinen Kopf angehoben und sah seinem Kleinen dabei zu, wie er sich selbst vorbereitete. Dieser Anblick… er hatte definitiv etwas – auch wenn er die Ausgangssituation nach wie vor nicht unbedingt mochte.

„Du hast doch sicher Gleitgel dabei, oder?“, fragte Ryou schon fast schüchtern.

„Jackentasche“, lautete die knappe Antwort.

Er ging das von ihm Gewünschte holen und […]. Dann hockte er sich über den Schoss Marikus und senkte langsam das Becken. Er bestimmte diesmal den Rhythmus! Und er hatte durchaus vor, Mariku noch etwas weiter zu quälen…

Doch bald hatte Ryou alle Kontrolle von sich gegeben, nun rückte seine Befriedigung in das Zentrum seiner Bedürfnisse. Er überliess es Mariku, in ihn zu stossen, bewegte sich den schnellen Stössen bloss noch entgegen.

Irgendwo in sich drinnen hegte er noch den Wunsch, die Sache zu verlangsamen um Mariku noch weiter zu quälen, aber das würde auch ihm selbst vorläufig den Höhepunkt verweigern und das wollte er einfach nicht.

Ryou kam praktisch gleichzeitig wie Mariku, der jetzt erschöpft und verschwitzt im Bett lag.

Der Weisshaarige löste sich von seinem Liebsten, fiel neben ihm auf die Matratze.

„Wehe, wenn du jetzt einpennst! Mach mich gefälligst los!“

Mit letzter Kraft tat Ryou das gewünschte, dann legte er sich dicht neben Mariku und schloss die Augen.

„Fuck, das wirst du mir büssen!“

„Mhm“, murmelte Ryou wohlig. Gleich darauf schlief er erschöpft ein.

Verlockung

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Verlockung (zensiert)

Verlockung (zensiert)
 

Als Ryou am nächsten Morgen aufwachte, sah er die Sonne durch die Ritzen seiner Jalousien durchscheinen. Hatte er gut geschlafen!

Er grinste breit. Niemals hätte er sich zugetraut, was er diese Nacht getan hatte. Er war stolz auf sich selbst. Er hatte einiges gewagt – und es hatte sich definitiv gelohnt.

Etwas Angst hatte er zugegebenermassen schon vor Marikus Reaktion. Doch darum brauchte er sich erst mal nicht zu kümmern, denn der Blonde schlief noch tief und fest. Ryou drehte sich vom Rücken auf die linke Seite, so, dass er seinen Liebsten gut betrachten konnte.

In diesem Moment fühlte er sich rundum glücklich. Auch wenn in ihm noch die Wunde blutete, die Mariku gestern mit seinen Worten, dass sie kein Paar wären, gerissen hatte. Als er sich zur Seite gedreht hatte, war ihm aufgefallen, dass Mariku seinen Arm um Ryous Taille geschlungen hatte… wenn das nicht mal ein gutes Zeichen war!

Ehrlich, so komisch es für ihn selbst klang, in diesem Moment hätte er vor Glück platzen können.

Vielleicht sollte er ihrer Beziehung eine Chance geben. Eine richtige, versteht sich. Sich mit aller Kraft und Energie hingeben… Ryou belächelte sich selbst. Ein kleiner Erfolg und schon war er bereit, das Unmögliche zu versuchen?

Also bitte! Er musste aufpassen, genug zurückzubekommen, wenn er schon so viel geben wollte… für eine Beziehung brauchte es nun mal zwei – ohne Marikus Mitarbeit würde nichts aus Ryous romantischen Zukunftsplänen werden.

Nun doch etwas deprimiert seufzte er auf und schloss nochmals die Augen. Ohne, dass es ihm selbst wirklich bewusst war, schlummerte er wieder ein.
 

Zwei Stunden später erwachte Ryou erneut und blinzelte verwirrt seinen Wecker an… es war bald Mittag!!! So lange schlief er normalerweise doch nicht, auch nicht an einem Samstag!

Allerdings… er hatte ja auch nicht die ganze Nacht brav durchgeschlafen… nein, diese Nacht war er ganz und gar nicht brav gewesen. Er kicherte, dann fiel ihm ein, dass Mariku ja vielleicht noch schlief und er ihn besser nicht wecken sollte. Er drehte sich um, doch da lag kein Mariku. Sein Kopf drehte sich zurück und er sah in die Mitte des Zimmers – die Kleider waren weg. Nur die Handschellen lagen noch immer auf dem Nachttisch, da wo Ryou sie hingelegt hatte.

Ein sanftes Lächeln schlich sich auf seine Züge, er griff nach dem Gegenstand und hauchte zärtlich einen Kuss auf das kühle Metall, bevor er ihn wieder zurücklegte und sich erhob.

Er griff nach seiner Pyjamahose, die er gestern nicht wieder angezogen hatte, zog sie an, steckte seine Füsse in ein Paar Hausschuhe und verliess sein Zimmer, um Mariku zu suchen.

Doch er fand ihn nicht.

Es war unglaublich: Mariku schien einfach gegangen zu sein!

Das hätte Ryou sich niemals vorstellen können… hatte er ihm nicht noch Rache angedroht?
 

Im Laufe des Tages merkte Ryou jedoch, dass Mariku ihn strafte – mit Ungewissheit. Wohin war Mariku nur verschwunden? Wann würden sie sich wieder sehen? Wie würde die angedrohte Rache ausfallen? Diese Fragen wiederholten sich ständig in seinen Gedanken und somit konnte er sich auf nichts konzentrieren und blickte alle fünf Minuten aufs Handy.

Nur irgendwie wagte er zu bezweifeln, dass die Methoden seines Liebsten so perfide waren. Das traute er ihm irgendwie nicht zu.

Zwar beruhigte dieser Gedanke Ryous Missmut etwas, nicht jedoch seine Nervosität.

Den ganzen Tag über sass Ryou auf glühenden Kohlen und auch wenn er versuchte, Hausaufgaben zu machen – und sie nicht viel auf hatten – war er abends um sechs noch immer nicht mit der Hälfte durch.

Es war kurz vor sieben, als Ryous Mutter an seine Tür klopfte und ihm mitteilte, dass das Abendessen bereitstand.

Gemeinsam gingen sie ins Esszimmer, wo bereits Ryous Vater sass und seine Mails am Laptop checkte. Er sah kurz auf, als der Rest der Familie eintrat – Amane war bei einer Freundin – dann begann er, eine Antwort zu tippen.

Das Abendessen verlief still. Ryou war nie so sehr wie heute aufgefallen, dass es seine Schwester war, von der die meisten Tischgespräche ausgingen. Da sie heute fehlte, versuchte seine Mutter mühsam, ein Gespräch aufzubauen, aber das wollte nicht so recht klappen. Sie fragte nach der Schule, doch daran wollte Ryou nun am allerwenigsten erinnert werden, da er eigentlich gehofft hatte, wenigstens während dem Essen seine Hausaufgaben vergessen zu können. Über etwas anderes konnte er mit seiner Mutter aber nun mal nicht reden, denn ausser Lesen hatte er keine Hobbys und seine Eltern lasen keine Jugendromane.

So gab er kurze, knappe Antworten und war beinahe froh, dass er sich recht bald wieder an die Hausaufgaben setzten konnte.

Diesmal kam er weitaus besser vorwärts, nach einer halben Stunde war er vollkommen in seinen Aufgaben versunken, so sehr, dass er erschrocken zusammenzuckte, als sein Handy vibrierte.

Eine Nachricht?

Das konnte nur Mariku sein!

Oh, es musste einfach Mariku sein!

Endlich!

Ryou vollführe eine Bewegung, die nach einem unkoordinierten Hechtsprung aussah, und schnappte sich sein Mobiltelefon.

Er öffnete die Nachricht, die auch tatsächlich von seinem Liebsten war.

„Sweety, mach dich bereit, bin bald da.“
 

Verwirrt starrte Ryou auf die Textzeile. Sweety? Seit wann wurde er so genannt? Das klang so gar nicht nach Mariku – es war einfach viel zu kitschig… er schüttelte den Kopf ob seiner eigenen Gedanken… denn gerade hatte er sich dabei erwischt, wie er glücklich grinste… Süsser hatte er ihn bisweilen genannt, aber es hatte immer einen etwas oberflächlichen Beiklang gehabt bisher…

Sweety.

Doch, gefiel ihm.

Es klang, als hätte er ein höheres Level erreicht auf der Sympathieleiste.

Was meinte Mariku mit dem Rest der Nachricht? Dass er bald kommen würde, klar, aber wozu sollte er sich bereit machen? Hm, irgendwie, so gedacht klang das ziemlich pervers… ob der Ägypter einfach vorbei kam, damit sie Sex haben konnten? Anzunehmen war’s eigentlich… vielleicht würde er sich rächen?

Angedroht hatte er es ja…!

Mist, da hatte er den ganzen Tag auf eine Nachricht gehofft und nun, da er eine bekommen hatte, wurde er nur noch unruhiger und nervöser!

Sich bereit machen… bedeutete das jetzt, dass er sich irgendwas nettes, erotisches anziehen sollte oder sollte er sich lieber dick verpacken, damit Mariku nicht so schnell an ihn rankam und er so vielleicht die Lust verlor, womit Ryou sich nicht vor der Rache zu fürchten hatte?

Nun ja, wenn er so drüber nachdachte, wirklich was erotisches zum Anziehen hatte er nicht… seine enge Jeans, die könnte seinem Liebsten vielleicht gefallen, immerhin mochte der seinen Hintern… aber wirklich sexy war die auch nicht.

Nun ja, Zähne putzen wäre aber auch mal ein Anfang… also ging Ryou ins Bad und machte sich so hübsch wie das mit seinen bescheidenen Mitteln nun mal ging – bedeutete, er benutzte nach langer Zeit mal wieder Peeling und Gesichtscrème. Beides gehörte zwar Amane, da er selbst so gut wie keine Hautunreinheiten hatte, aber etwas Pflege und frischer Duft würde sicherlich nicht schaden.

Zurück in seinem Zimmer stand er erneut vor dem Problem, was er den bitteschön anziehen sollte.

Letzten Endes entschied er sich dann doch für die enge Jeans und sein einziges, hellblaues Hemd, dass er mal für irgendeinen Geschäftsanlass seines Vaters gekauft hatte.

Er hatte sich überlegt, dass Hemden ja irgendwie etwas Verruchtes ausstrahlten, da man sie aufknöpfen konnte, doch gleichzeitig dauerte das jeweils ziemlich lange – er konnte somit spontan entscheiden, welches Signal er Mariku senden wollte – offenherzig oder zugeknöpft.

So, fertig.

Jetzt hiess es warten. Wie sehr er das hasste!

Warten war ja eh schon schrecklich, aber dann auch noch nicht wissen, wann das Warten vorbei war?

Die Hölle!

Dass Mariku sich nicht an festgelegte Zeiten hielt, hatte er ja schon bemerkt, aber jetzt hatte er nicht mal ne festgelegte Zeit!

Unruhig tigerte Ryou in seinem Zimmer auf und ab, als er endlich die erlösende Klingel hörte.

Er rannte nach unten.

Wehe, das war Amane, die ihren Schlüssel vergessen hatte!

Er riss die Tür auf und zum Glück aller stand da tatsächlich Mariku.

Er hob die Hand zum Gruss und machte einen Schritt auf Ryou zu. Seine Intensionen waren allzu klar, der Weisshaarige wich zurück um auszuweichen.

Seine Eltern waren da, auf demselben Stockwerk. Zu riskant.

Mariku verdrehte nur die Augen. Er hatte keine Lust auf solche Spielchen.

Er folgte Ryou in sein Zimmer, kaum angekommen, presste er ihn an die nächste Wand und küsste ihn verlangend, während er gleichzeitig mit seinen Händen ungeduldig zuerst seine, dann Ryous Hose öffnete.

Er hatte keinen Bock, lange zu fackeln.

[...]

Der Weisshaarige stöhnte und liess sich gefallen, was da mit ihm angestellt wurde.

Mariku schien es eilig zu haben. Okay, das liess sich einrichten.

Er ging auf die Knie, [...], nur, um den Ägypter noch geiler zu machen, als er eh schon war.

Mariku war nicht in Stimmung für Vorspiel, auch wenn ihm auffiel, wie sehr sich Ryous Blowjobfähigkeiten seit ihrem ersten Mal verbessert hatten.

Er zerrte ihn in eine aufrechte Position, packte ihn an seiner Hüfte und hob ihn hoch.

Überrascht quiekte der Weisshaarige auf, umschlang jedoch sofort mit seinen Beinen Marikus Oberkörper.

Eine Hand drückte den bleichen Körper nach hinten, sodass Ryous Schultern an der Wand zu liegen kamen.

Der Blonde hielt den Körper mit einer Hand, die er langsam senkte.

Der Weisshaarige nutzte den Widerstand der Wand, drückte mit seinem Kopf dagegen, um so seinen Rücken durchbiegen zu können. Es war zwar unbequem, aber es lohnte sich. Er fühlte Mariku intensiver, seine Finger krallten sich tiefer in den heissen Körper.

Es dauerte nicht lange – es war schliesslich ein Quickie.

Er zog sich aus Ryou zurück.

Dass der Weisshaarige nicht gekommen war, war ihm vollkommen egal.

Darum ging es jetzt nicht.

Er hatte fürs erste Druck abgebaut.

„Zieh dich wieder an“, herrschte Mariku Ryou an.

Er wimmerte, schliesslich war er noch nicht befriedigt und er sehnte sich nach mehr.

Doch ihm wurde weder Mitleid noch Verständnis entgegengebracht, er wurde nur auf die Beine gezerrt – zuvor war er auf den Boden abgesetzt worden und da seine Beine nachgegeben hatten, sass er jetzt eben – und ihm wurde seine zuvor so rasch heruntergezerrte Kleidung in die Hand gedrückt.

„Mach schon!“

Mariku war bereits wieder ganz bekleidet. Er trug heute eine Cargohose mit Camouflagemuster, die so tief sass, dass sie ohne Gürtel bestimmt runtergerutscht wäre und dazu ein schwarzes Tanktop, das extrem eng sass und so seinen stark V-förmigen Oberkörper noch mehr betonte.

Auch wenn Ryou gerade reichlich genervt war vom Verhalten seines Liebsten, so musste er doch zugeben, dass er verdammt gut aussah.

Noch schlimmer, es verstärkte nämlich sein Verlangen nach Sex.

Das war bestimmt die Rache Marikus.

Es hatte begonnen.
 

Eine Viertelstunde später standen die beiden Teenager an der Bushaltestelle und warteten.

Ryou trug noch dieselbe Jeans wie zuvor, das Hemd hatte er aber gegen ein weisses T-Shirt ausgetauscht, dass Mariku ihm an den Kopf geschmissen hatte, nachdem er sich nicht selbst für irgendein Oberteil hatte entscheiden können. Das Hemd war nämlich bei ihrem kurzen Intermezzo vorhin reichlich zerknittert und hätte Ryou vorgeschlagen, es noch kurz zu bügeln, hätte er vermutlich den nächsten Morgen nicht mehr erlebt.

Nervös blickte er umher.

Mariku hatte vorhin auf die Frage, wohin sie denn gingen, nicht geantwortet.

Und jetzt war er mit seinem Handy beschäftigt, rauchte und ignorierte Ryou vollkommen.

Blöder Mistkerl!

Warum musste er sich ausgerechnet in einen solchen Vollpfosten verlieben?

Es war zum Haare raufen!

Wenigstens erkannte er die Scheinwerfer des Busses in der Ferne, dann würde wohl hoffentlich bald die Frage geklärt sein, wohin sie denn nun gingen.
 

Nach nur vier Stationen stiegen sie um, doch blieb Mariku direkt nach dem Aussteigen stehen und Ryou erkannte seufzend, dass sie nur auf einen anderen Bus umsteigen würden.

Wenigstens mussten sie nicht lange in der Kälte warten, gerade, als er zu zittern anfing, kam auch schon ihr nächster Bus.

Ausser ihnen waren gerade mal drei weitere Fahrgäste im Bus und zehn Stationen später waren sie alleine.

Nach der elften Station – Ryou zählte aus Langweile mit – schien sich Mariku zu erinnern, dass er nicht alleine hier war, und begann, seine Begleitung zu befummeln.

Der Weisshaarige hatte insgeheim darauf gehofft, dass dies bald passieren würde, denn ihm war überaus langweilig... und während sie sich küssten, fiel ihm auf, dass er das erste Mal freiwillig Mariku in der Öffentlichkeit küsste.

Wenn denn der Busfahrer genügte, um allein die Öffentlichkeit darzustellen. Aber darum ging's nicht. Es ging um das Gefühl, dass es Ryou gab. Ein gutes Gefühl.
 

In einem komplett anderen Stadtteil angekommen, stiegen sie endlich aus und Mariku führte Ryou direkt vor einen Club.

Draussen standen einige Männer, die meisten mit einer Flasche oder einem Glas in der Hand, einige mit Zigarette.

„Nicht viel los hier“, murmelte der Ägypter, „allerdings, um die Uhrzeit...“

Als sie näher kamen, wurden sie bemerkt und einige hoben die Hand. Mariku schritt direkt auf eine Gruppe zu und begrüsste einen nach dem Anderen.

Er schien sie gut zu kennen.

Derweil stand Ryou in sicherer Entfernung und beobachtete. Sein Liebster schleifte ihn nicht schon wieder in einen Club, oder?

Er konnte sich nur zu gut daran erinnern, was das letzte Mal passiert war. Würde Mariku wieder mit irgendeinem anderen Typen rumknutschen?

Auch wenn es nicht so wahrscheinlich war, dass er in jedem Club gleich einen Mann fände, der mitmachen würde...

Ryou betrachtete weiter das Geschehen, die freudig-aufgeschlossenen Gesichter der Andern, die Hand auf Marikus Schulter, das knutschende Pärchen im Hintergrund und die kleine Regenbogenfahne neben dem Eingang des Clubs.

Er fühlte sich, als hätte man ihm eine Kiste Eiswürfel in den Magen gekippt.

Das hier... war ein Schwulenclub?

Wenn er sich hier so umschaute... und seinen Vorsatz, Menschen nie nach ihrem Äusseren zu beurteilen, ignorierte, dann waren das hier alles homosexuelle Männer.

Ihm wurde plötzlich schwindlig. Es machte die Sache so endgültig.

Bisher hatte er einfach eine Liebschaft mit einem anderen Mann gehabt – aber wenn er plötzlich in Schwulenclubs auftauchte, dann verlieh es der ganzen Sache einen sehr endgültigen Anstrich.

Ausserdem hatte er so einiges über solche Schwulenlokale gehört. Hier kannte jeder jeden und Unbekannte wurden generell als Frischfleisch betrachtet. Ausserdem konnte man nicht aufs Klo gehen, weil da erstens alle Kabinen von mindestens zwei Männern besetzt waren.
 

Mariku hatte von Ryous Panikattacke überhaupt nichts mitbekommen. Er verbrachte mindestens einen Abend die Woche hier und durfte sich getrost zu den Stammgästen zählen. Die Jungs, die um ihn herumstanden, hatte er alle schon im Bett gehabt. Ausser die Hässlichen.

Da er langsam Lust auf ein Bier bekam, drehte er sich von der Gruppe weg, umfasste auf dem Weg zum Eingang Ryous Handgelenk, nickte dem Türsteher zu und betrat dann das Lokal, dass eigentlich erst für Volljährige zugänglich war. Freunde musste man haben.

Ein Grund, warum Mariku gerne hierher kam, war, dass sie Guinness ausschenkten.

E steuerte gleich auf die Theke zu und bestellte zwei.

Eines drückte er Ryou in die Hand, das andere schnappte er sich selbst.

Mariku bezahlte und gemeinsam gingen sie in die von ihm bestimmte Richtung. Da es heute nicht wirklich voll war, waren noch einige von den bequemen Sofas frei.

Ryou war froh darum, dass der Ägypter ihn so bestimmt herumdirigierte.

Er fühlte sich viel besser und sicherer, wenn sein Liebster da war.

Das einzig doofe war, dass er mal wieder ein Glas mit diesem ekligen Bier in den Händen hielt. Irgendwann würde er Mariku beichten müssen, dass er es nicht mochte.

Aus Unsicherheit, aber auch, weil er sich langsam zu freuen begann, dass Mariku ihm ein Stück von seiner Welt zeigte, rutschte er ein Stück näher an diesen heran und drückte sich an ihn.

Der Blonde war bisher von seinem Lieblingsgetränk abgelenkt gewesen, aber sobald er Ryous Körper an seinem spürte, verlangte es ihn nach etwas anderem.

Er zog Ryou auf seinen Schoss, vergrub eine Hand im weissen Haarschopf und initiierte einen heissen Zungenkuss.

Es dauerte nicht lange, da liess er seine Hände von den Oberschenkeln zum Arsch wandern und massierte diesen sanft.

Ryou genoss den innigen Kuss sehr, allerdings waren ihm die Hände auf seinem Hintern etwas peinlich.

Es gehörte sich nicht, so etwas in der Öffentlichkeit zu tun. Okay, das hier war ein Schwulenclub und vielleicht war es hier erlaubt... andererseits sandte er, der solche Dinge mit sich machen liess, möglicherweise misszuverstehende Signale an die anderen Besucher hier...

Letzten Endes unternahm er jedoch nichts, um ihr kleines Intermezzo zu beenden.

Mariku würde schon wissen, was er tat.

Auf jeden Fall wusste Mariku, was er wollte. Sex. Und Rache.

Er würde den Kleinen heute zu seinem Spielzeug machen, mehr, als er es bisher immer getan hatte.

Noch wusste er selbst nicht, was er tun würde, aber auf jeden Fall stand ihnen eine lange Nacht bevor.

Er schob Ryous Shirt nach oben, reizte ungeduldig die steifen Nippel. Ob sie es hier treiben sollten?

Ihre Sitzgelegenheit war gut einsehbar und auch wenn hier viele sehr offen mit ihrer Sexualität umgingen, es an einer so präsenten Stelle zu treiben konnte durchaus zu einem Rausschmiss führen.

Vielleicht sollten sie sich in eine Ecke verziehen? Oder aufs Klo? Sollte er Siegfried, den Barkeeper, fragen, ob er den Schlüssel zum Angestelltenzimmer bekommen könnte?

Gerade, als er Ryou in den Hals biss und gleichzeitig mit einer Hand über dessen Schritt streichelte, bewegte sich dieser von ihm weg.

Mariku hob eine Augenbraue und taxierte den Weisshaarigen mit einem bösen Blick.

Ryou erhob sich und schaute reichlich verlegen drein.

„Was?“, blaffte der Ägypter genervt.

Der Angesprochene sah beschämt zu Boden, dann sagte er ganz leise: „Ich muss mal kurz auf die Toilette... wo ist die denn?“

Es war ihm peinlich, denn liebend gerne hätte er weiter gemacht, aber er konnte einfach nicht länger warten...

Ohne Mariku in die Augen zu schauen, stolperte Ryou los, in die Richtung, die ihm mit einer knappen Handbewegung gedeutet worden war.

Zu seinem Glück fand er die von ihm gesuchten Räumlichkeiten auf Anhieb und zu seiner Erleichterung war er allein. Keine obszönen Geräusche, kein Kerl, der ihn belästigen wollte.

„Hör auf, dich immer selbst so in Panik zu versetzen!“, schalt Ryou sich selbst.

Zur Sicherheit sperrte er sich aber doch in eine Kabine, obwohl er eigentlich nur pinkeln musste.

Er liess sich Zeit.

Mariku war bestimmt sauer, dass er einfach abgehauen war.

Er überlegte, wie er den Anderen besänftigen könnte, aber ihm fiel einfach nichts ein.

Nach einer gefühlten Ewigkeit akzeptierte er sein Schicksal und machte sich auf den Weg zurück.

Wenn er Mariku zu lange warten liess, machte das die Situation sicherlich auch nicht besser.

Also Ryou, Stärke zeigen und auf in den Kampf!

Warum hatte er sich nur in einen so komplizierten Mann verlieben müssen?
 

Als er wieder bei ihrem Platz ankam... da war Mariku weg.

Beide Guinnesgläser waren leer.

Die beiden Gläser waren auch das Indiz, dass Ryou darauf brachte, dass dies wohl wirklich ihr Platz gewesen war und er sich nicht verirrt hatte.

Er atmete tief durch.

Das durfte doch nicht wahr sein!

Okay, er hatte zwei Möglichkeiten: entweder, er suchte seinen liebsten Idioten oder er ging gleich nach Hause.

Er brauchte sich nicht zu entscheiden – er war sowieso viel zu loyal, als dass er einfach abgehauen wäre.

Da das Lokal relativ leer war, hatte Ryou Mariku schnell ausfindig gemacht.

Er sass auf einem der Barhocker und unterhielt sich mit jemandem.

Schnell wandte sich Ryou zur Bar hin und stellte dabei fest, dass sein Liebster etwas zu nahe bei seiner Begleitung sass.

Er näherte sich Mariku von hinten, sodass dieser ihn erst bemerkte, als er ihm eine Hand auf die Schulter legte. Erschrocken wandte der Blonde sich um, erkannte den Andern und war just im Begriff, eine abschätzige Bemerkung zu machen, doch Ryou war schneller.

Er hatte gesehen, wo Marikus Hand gelegen hatte, bevor er sich bemerkbar gemacht hatte. Auf dem Schenkel des anderen Typen.

Er glaubte sogar, er habe eine sanft streichelnde Bewegung sehen können, sicher war er jedoch nicht. Was er aber wusste, war, dass er sich das nicht bieten liess.

Auch wenn Mariku es nie gesagt hatte, aber so, wie Ryou zu Mariku gehörte, so gehörte eben auch Mariku zu Ryou.

Schien, als müsste er ihm dies in Erinnerung rufen.

Gerade, als der Ägypter ansetzte, etwas zu sagen, drückte Ryou seine Lippen mit sanfter Gewalt auf die dunklen Lippen.

Er küsste fordernd und für den Bruchteil einer Sekunde sogar dominant, doch Mariku wies ihn bald in seine Schranken und bewies, dass er der Stärkere war.

Kurz löste Ryou den innigen Kuss, sah tief in die violetten Augen seines Gegenübers und dachte dabei so sehr: „Ich liebe dich“, dass er sich sicher war, dass der andere etwas bemerken musste.

Mariku grinste ihn an, wandte seinen Kopf zu dem Typen, mit dem er geflirtet hatte, bis Ryou zurückgekommen war und meinte lässig: „Ryota, das ist Ryou.“, dann blickte er kurz in die Augen des Weisshaarigen, „Sweety, das ist Ryota.“

Er errötete leicht ob der Anrede, drehte seinen Kopf dann zu dem eben Vorgestellten – und fühlte sich, als hätte ihm jemand einen Eimer Eiswasser in den Magen gekippt.

Dieser Typ... das war derselbe... mit dem hatte Mariku das letzte Mal im Club rumgeknutscht!

Erschüttert starrte Ryou in Ryotas Gesicht und nahm ihn doch nicht wahr. Er war im falschen Film gelandet, oder?

Wie konnte das sein?

War Mariku so sehr mehr Playboy, als er gedacht hatte? War er doch nicht mehr als ein Spielzeug für ihn?

„Scheint, als wäre ich überflüssig geworden.“ Ryota hatte eine Augenbraue hochgezogen und blickte abwechselnd von Mariku zu Ryou.

„Offensichtlich“, antwortete der Blonde.

Ein missbilligender Laut entfloh Ryotas Lippen, als er sich von seinem Hocker erhob und davon marschierte.

Schien, als ob auch er beleidigt war.

Na, da waren sie wenigstens schon zu zweit!

Doch Mariku schien nichts davon mitzubekommen – oder wollen. Er streichelte zärtlich über Ryous Hintern, zog den Kleineren näher zu sich heran und küsste ihn. Da der Weisshaarige nicht reagierte, löste er sich allerdings wieder von ihm und sah ihn fragend an. Irgendwas schien nicht zu stimmen.

Ryou blickte in das wunderschöne Gesicht seines sogenannten Liebsten. Eigentlich sollte er ihm eine reinhauen, so wie das letzte Mal. Vielleicht kapierte er dann, wie daneben sein Verhalten war.

Es sollte toben und schreien und ihm die Pest wünschen , doch stattdessen beugte er sich vor, hauchte einen sanften Kuss auf Marikus Ohrmuschel und hauchte liebevoll, sich bei den Worten arg zusammenreissen müssend: „Er ist schon ziemlich heiß, nicht? Wir könnten ja mal zu dritt...“ Weiter sprach er nicht, da seine Stimme brach. Das war ja sowas von peinlich!

Ryou spürte, dass er rot angelaufen war. Rasch versteckte er sein Gesicht in Marikus Halsbeuge. Aber das war der einzige Weg gewesen, der ihm auf die Schnelle eingefallen war! Wenn Mariku Sex mit mehreren Partnern brauchte – dann sandte er ihm die Signale, dass es okay war, solange er mit von der Partie war.

Und wenn das nicht klappte... dann war Schluss, ein für alle Mal!

Er würde keinen Zentimeter mehr von seinen Idealvorstellungen von Treue in Beziehungen abweichen.

Mariku indes war sprachlos. So etwas war ihm noch nie passiert.

Und Ryous Vorschlag... bei allen Göttern, der Kleine war einfach unwiderstehlich.

Er packte den weissen Haarschopf, zog Ryous Gesicht ganz nah zu sich heran und raunte: „Ich will dich. Hier und jetzt!“ Dann küsste er ihn, lustvoller als jemals zuvor, zumindest kam es ihm so vor und dabei wurde er immer geiler auf den Kleinen, geiler noch als beim ersten Mal und dass war ihm noch nie passiert, denn normalerweise gaben ihm unbekannte Körper einen zusätzlichen Kick und ausserdem gefiel ihm der Gedanke, jemanden zu entjungfern, weil er so dafür sorgte, dass er ihn nie vergessen würde. Er selbst konnte sich nie und nimmer an alle Typen erinnern, deren erster Kerl er gewesen war.

Ryou war überrascht und irritiert zu gleich, welche Wirkung seine Worte zu haben schienen.

Vielleicht... hatte seine Taktik funktioniert? Mariku wirkte nicht so, als ob er noch an Ryouta denken würde... eigentlich wirkte er nicht mal, als ob er noch irgendetwas denken würde. Er öffnete Ryous Hose, knurrte dabei wie ein hungriges Tier, liess seine Hände unter den Bund wandern.

Er knetete das weiche Fleisch , Ryou keuchte vor Schmerz auf – doch es machte ihn geil, zu sehen, wie Mariku auf ihn, auf seine Worte und jetzt auf seinen Körper reagierte. Er entschied sich, sämtliche Bedenken wenigstens für heute Nacht ruhen zu lassen und sich dieser Raubkatze vor ihm hinzugeben.

Spiel und Spass

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Spiel und Spass (zensiert)

„Hey ihr Süssen...“

Es dauerte einige Sekunden, bis Mariku realisierte, dass er angesprochen worden war. Er wandte den Kopf und funkelte Siegfried böse an, der fies grinsend hinter der Theke stand und sie musterte.

„Tut mir unendlich leid, aber wenn ihr vögeln wollt, dann nehmt doch bitte ein Zimmer, ja?“

Der Blonde merkte, wie Ryou den Mund aufmachte und wohl so etwas wie eine Entschuldigung stammeln wollte, doch Mariku war schneller.

Er stand auf, wodurch der Weisshaarige von seinem Schoss rutschte. Er packte ihn am Handgelenk und schleifte ihn nach draussen.

Die Bushaltestelle, von der sie gekommen waren, schien ihm erst mal ein sinnvoller Ort, um weiter zu fummeln.

Sie setzen sich nebeneinander auf die Bank, Ryou kuschelte sich sogleich eng an seinen Körper.

Mariku fackelte nicht lange und machte da weiter, wo er vorhin aufgehört hatte.

Ryou atmete zitternd aus, die Berührungen fühlten sich so gut an! Ein klein wenig hatte er befürchtet, sie würden erst zu Hause weitermachen. Da sie nun nicht mehr von Menschen umgeben waren, die sie jederzeit beobachten konnten, tat er, wonach es ihn schon lange verlangt hatte.

Mit ihren Händen verschafften sie sich gegenseitig Lust, ihre Lippen liebkosten die des anderen und beide keuchten und stöhnten vor Verlangen nach mehr.

Kurz dachte er daran zurück wie sie sich kennengelernt hatten – und was aus seinem Kleinen seither geworden war. Er war eben ein guter Lehrer und Ryou anscheinend wirklich ein Streber.

Der Gedanke liess ihn vergnügt grinsen.

In diesem Moment glitt sein Blick zur Seite und er sah zwei Scheinwerfer, die gerade um eine Kurve bogen und auf sie zu kamen.

„Ist das unser Bus?“, wurde er gefragt.

Schnell schloss er seine Hose, grinste Ryou an, küsste ihn kurz auf den Mund und stand dann auf, um dem Busfahrer zu signalisieren, dass sie zusteigen wollten.

Es erforderte zwar einiges an Selbstbeherrschung, aber es war echt arschkalt draussen.

[...]

Mariku hatte nicht vergessen, was er Ryou versprochen hatte.

Rache.

Er grinste den Weisshaarigen vielsagend an, erhielt ein beinahe schüchternes Lächeln zurück.

„Mich kannst du nicht täuschen, kleine Schlampe. Nicht mehr“, dachte er, während sie in den Bus stiegen.

Sie setzen sich im vorderen Drittel, Ryou ans Fenster. Seine Augen weiteten sich in Überraschung, darauf flüsterte er: „Da stehen ja Taxis! Die hab ich vorhin gar nicht gesehen.“

Mariku hatte. Er war sich bewusst gewesen, dass sie die ganze Zeit über beobachtet worden waren.

„Mhm, anscheinend. Die sind jetzt sicher neidisch, dass du mit so 'nem gutaussehenden Typen rumgemacht hast.“

Ryou war erstaunt darüber, wie wenig es ihm ausmachte, dass sie beobachtet worden waren. Er kannte die Leute eh nicht und würde sie nie wieder sehen. Er zuckte mit den Schultern, schob den Gedanken zur Seite und kümmerte sich lieber um den Ägypter neben sich, dessen Mund momentan seinen Hals liebkoste.
 

Es dauerte viel zu lange, bis sie bei Ryou zu Hause ankamen.

Mariku hatte sich ausnahmsweise halbwegs züchtig verhalten und verdrehte gerade die Augen, weil seiner Begleitung die Schlüssel runtergefallen waren.

Ryou zitterte vor Nervosität. Er fühlte, dass es eine lange Nacht werden würde. Er freute sich natürlich, aber andererseits hatte er nach wie vor Angst vor der angedrohten Rache.

Endlich schaffte er es, diese blöde Türe aufzuschliessen.

Er hatte kaum seine Schuhe abgestreift, da packten ihn plötzlich zwei starke Hände und hoben ihn hoch.

Mariku trug Ryou eng an sich gedrückt die Treppen hoch, kickte die Tür auf und warf Ryou auf das Bett.

Jetzt gab es keine Ausflüchte mehr!

[...]

„Mach die Augenbinde weg!“

Er gehorchte und Mariku hatte freien Blick auf das wunderschöne Gesicht, lustvergessen, geniessend verzogen und auf einem Mal wurde alles warm in seinem Innersten und er wünschte sich, den Jungen in den Arm zu nehmen und nie wieder loszulassen.

Mariku, vollkommen zufrieden mit sich und der Welt, zog Ryou in seine Arme, zerrte die Decke über sie und schloss die Augen.

„Ich liebe dich“, hauchte Ryou leise, vollkommen überwältigt von Gefühlen.

„Ich weiss“, murmelte Mariku, bevor er erschöpft einschlief.

Erwachen

Die Sonne blendete ihn. Genervt murrend drehte sich Ryou zur Seite. Warum hatte er gestern vergessen, die Vorhänge zuzuziehen? Er wusste doch, dass er sonst früh wach wurde. Wollte er wissen, wie spät es war? Nein, entschied er und tastete nach Mariku. Der musste hier irgendwo sein.

Der Ägypter atmete tief ein und aus, er schlief offensichtlich noch. Er war zu beneiden!

Ryou kuschelte sich an die breite Brust. Mariku schlief immer auf dem Rücken und bewegte sich kaum, ganz anders als der Weisshaarige. Ein starker Arm schlang sich um den zierlichen Oberkörper, jedoch schlief sein Besitzer friedlich weiter.

Ryou lächelte glücklich. Sein Liebster suchte also ganz unbewusst seine Nähe und behielt ihn bei sich.

Fraglich allerdings, ob das so bleiben würde, wenn er wach war. Warum hatte er die drei Worte aussprechen müssen? Und was war „Ich weiss“ für eine beschissene Antwort? Mariku quälte ihn auf mehr als nur der physischen Ebene. Und er Trottel hatte sich trotzdem in ihn verliebt. Jetzt gab es da kein zurück mehr. Jetzt hatte er jemand anderem als sich selbst seine Gefühle gestanden. Hoffentlich wäre Mariku nicht komplett unsensibel oder begänne sogar, absichtlich auf seinen Gefühlen herumzutrampeln.

Er selbst war ihm absolut verfallen. Eine andere Erklärung gab es einfach nicht. Wenn er nur daran dachte, trieb es ihm die Schamröte ins Gesicht! Er hatte ihm gestern, einfach so, im öffentlichen Raum den Schwanz gelutscht! Er hätte ja wohl drauf kommen können, dass sie wer beobachtet hatte... Zum Glück hatten – nach Ryous Wissensstand – seine Eltern keine Freunde, die Taxifahrer waren. Ansonsten hätte das zu einer peinlichen Begegnung führen können! Oh man, er tat echt Dinge, von denen er vor zwei Monaten noch nicht einmal geträumt hatte. In Gedanken versunken streichelte er die dunkle Haut.

Was, wenn seine Eltern ihn heute Nacht gehört hatten? Hoffentlich konnte er Mariku unbemerkt an ihnen vorbeischleusen und sich mit einem Albtraum herausreden. Leise war er nun wirklich nicht gewesen. Warum hatte er da nicht früher dran gedacht?

Wo war sein Verantwortungsbewusstsein? Seine Zurückhaltung? Nicht, dass er es bereute. Er hatte Spass gehabt. Die Angst hatte ihm Spass gemacht. Krank irgendwie. Er verspürte den Drang, aufzustehen und sich im Spiegel anzusehen. Wie sein Rücken wohl aussah? Er fühlte sich auf jeden Fall malträtiert an. Aber er wollte nicht aufstehen, aus Angst, Mariku zu wecken. Er selbst hasste es, wenn er von anderen geweckt wurde, daher unterliess er es, dies anderen anzutun. Er kuschelte sich noch etwas mehr an sein menschliches Kissen und drückte einen sanften Kuss auf das Schlüsselbein.

Okay, war das nicht etwas unlogisch, Mariku nicht wecken zu wollen, ihn aber trotzdem zu begrabschen? Ryou legte sich wieder hin und stellte die Streicheleinheiten ein.

Er liebte das Gefühl von ihren nackten Körpern so nah beieinander. Es war ungemein erotisch, wenn auch auf eine ganz andere Art, als jene, die er heute Nacht genossen hatte. Hach, dafür warf er doch seine Prinzipien gern über Bord! Er begann erneut damit, die Brust zu streicheln, diesmal sogar mit etwas mehr Nachdrücklichkeit.

Mariku seufzte, regte sich aber nicht weiter.

Ryou zögerte kurz, nahm seine Tätigkeit dann aber wieder auf. Er wollte, einmal in seinem Leben, egoistisch sein.
 

Als Mariku einige Minuten später aufwachte, war er geil wie selten. Morgenlatte war normal, aber er hatte wirklich angenehme Träume gehabt – und der letzte davon schien sogar halbwegs der Realität zu entsprechen. Ryou lag neben ihm, hatte ein Bein um ihn geschlungen und rieb sich lasziv an seiner Seite. Mit den Händen streichelte er Marikus Brustkorb und Halsbereich, was diesem jedes Mal einen Schauer Lust bescherte, wenn er zwischen den Regionen wechselte.

Der rechte Arm Marikus lag unter dem Kopf Ryous, der es sich darauf bequem gemacht hatte. Mit eben diesem Arm bugsierte er den Weisshaarigen nun auf sich – er hörte ein erschrockenes Keuchen, da schien jemand noch nicht bemerkt zu haben, dass er wach war.

„Los, verwöhn' mich, Sweetie.“

Ryou gehorchte, streichelte ihn, wurde forscher und mutiger – Mariku liess ihn einfach machen. So sollte er jeden Morgen aufwachen. Die Träume der Nacht am Morgen zur Realität werden lassen. Und sein Kleiner konnte das wirklich ausserordentlich gut.

So gut, dass er am liebsten den ganzen Tag weitergemacht hätte. Doch leider klingelte sein Handy und dummerweise lag die Hose, in der es verstaut war, nur unweit vom Bett entfernt, sodass er ohne sich gross zu bewegen, rankam. Ansonsten hätte sich der Anrufer zum Teufel scheren können.

Er selbst merkte gar nicht gross, was er labberte, aber Ryou schien ziemlich enttäuscht zu sein, dass ihre Zweisamkeit unterbrochen worden war. Idiot. Als ob sie sich nie wieder sehen würden. Irgendwann schnallte Mariku, dass er arabisch redete und vielleicht auch deswegen so komisch angeguckt wurde. Hatte sein Kleiner ihn schon mal in seiner Muttersprache reden gehört? Keine Ahnung, war auch scheissegal.

Nachdem er das Telefonat beendet hatte, erhob er sich, drehte sich aber noch einmal zu Ryou um und grinste ihn an: „Los, Zeit für die Dusche!“

Sie beide hatten es dringend nötig – und das praktische am duschen war, dass man sich auch sogleich sauber machen konnte.
 

Mariku hatte sich bereits wieder angezogen. Seine Kleidung – respektive der Kneipenduft, der ihr anhaftete – strafte seiner Aussage, er habe Ryou nur mit Seife einreiben wollen, damit dieser auch am Rücken gut sauber werde, Lügen. Zumindest im Falle Marikus wäre es sinnvoller gewesen, erst zu Hause zu duschen, wo er saubere Klamotten anziehen könnte.

Ryou indes hatte eines der Badetücher um die nassen Haare geschlungen und inspizierte seinen Rücken im Spiegel.

„Na, gefällt dir, was du siehst?“, frage Mariku verführerisch und zog ihn in einen leidenschaftlichen Kuss, die Erinnerungen an gestern Abend hineinlegend.

Ryou löste sich von ihm um zu antworten: „Sieht viel weniger schlimm aus, als ich dachte. Die paar Kratzer werde ich überleben.“

„Na hoffentlich, ich ficke nämlich nicht gerne Leichen!“ Für diesen Spruch handelte er sich eine Kopfnuss ein, die er mit einem Biss in einen der rosigen Nippel revanchierte.

Schlimm sah der Rücken Ryous wirklich nicht aus. Eher sehr, sehr geil, mit all diesen Markierungen. Es waren viele Kratzer zu erkennen, aber keiner davon war tief – Kratzer eben. In einigen Tagen würden sie verheilt sein.

„Und jetzt, Frühstücken?“

„Ne, sorry, bin gleich verabredet.“ Und schon jetzt viel zu spät, aber wie hätte er dieser süssen Versuchung widerstehen sollen?

„Mit wem?“

„Seit wann geht dich das was an?“ Oh, wie er das hasste! Wenn er irgendwelche Informationen teilen wollte, dann teilte er sie von sich aus. Warum immer dieses Wer?, Wen?, Was?. Genau darum hatte er keine Beziehung.

Und dieser verletzte Blick – Mariku verdrehte innerlich die Augen, äusserlich zuckte er nur mit den Schultern und wandte sich ab, ging nach unten.

Ryou folgte ihm. Irgendwie mochte er diese Reaktion. Es gab ihm das Gefühl, dass er Ryou etwas bedeutete. Natürlich tat er das – er hatte gestern gesagt, dass er ihn liebe. Nicht, dass er das nicht gewusst hatte. Aber es ausgesprochen zu hören war eben doch etwas anderes gewesen. Das gute Gefühl, dass Mariku seit dem Aufwachen begleitete, verstärkte sich noch etwas. Er hatte den Kleinen in der Hand und gut zugeritten. So schnell würde sein Kleiner ihn nicht mehr loswerden.

Zum Abschied küssten sie sich lange und leidenschaftlich, ungewohnt, so öffentlich einsehbar von der gesamten Familie. Als Mariku den Weisshaarigen darauf aufmerksam machte, grinste er ihm entgegen, dass offensichtlich niemand zu Hause sei und sie somit auch gestern Abend nicht gehört worden waren.

Diese Bemerkung konnte dem Hochgefühl im Ägypter keinen Dämpfer versetzen und beinahe hüpfend ging er den Weg von der Eingangstüre zur Strasse. Auf dem Weg zur Bushaltestelle zündete er sich eine Zigarette an. Das Päckchen war noch beinahe voll. Gekauft hatte er es vorgestern. Irgendwie rauchte er auffallend wenig in letzter Zeit. Seltsam. Lag vielleicht daran, dass er es vermied, in Ryous Gegenwart zu rauchen – der Kleine verzog immer das Gesicht beim Küssen, wenn er vorher geraucht hatte. Daher unterliess er das Rauchen grundsätzlich an Tagen, an denen er ihn traf. Er wollte schliesslich, dass der Weisshaarige so richtig spitz auf ihn wurde und ihm bewies, was für ein geiler Hengst er war.

Das musste die Erklärung sein. Und ausserdem sparte er so eine Menge Geld, die er in Kondome investieren konnte. Die waren auch nicht billig.

Mit Ryou verhütete er zwar nicht, aber da er dessen erster war, ging das in Ordnung. Von sich selbst wusste er schliesslich, dass er nichts hatte. Aber die ganzen anderen Kerle, die er sonst so vögelte, denen traute er nicht. Sein Kleiner war da etwas anderes. Er war im Allgemeinen sehr anders als jeder Mensch, der ihm bisher begegnet war. Mariku zog genüsslich an seiner Zigarette, sich plötzlich wünschend, dass es Tabak mit Ryougeschmack gäbe. Er war so süss und strebsam, hatte ein geordnetes Leben und eine Familie, die sich wohl gut um ihn kümmerte, so viele Gedanken, wie sich der Kleine um sie machte. Und doch gab es da diesen anderen Ryou, der es zuliess, dass perverse Phantasien mit ihm ausgelebt wurden. Ryou, der die Kratzer auf dem Rücken mehr mit Interesse als mit Abscheu betrachtet hatte. Und das obwohl er die Nacht zuvor wirklich Panik gehabt hatte. Fuck, er war schon wieder geil auf ihn.

Mariku sah den Bus nahen und entschloss, lieber gemächlich seine Zigarette fertig zu rauchen und auf den nächsten zu warten. Er lehnte sich an einen der breiten Pfosten des Wartehäuschens, schloss die Augen, und atmete tief ein. Sein Cousin würde warten können. Er wartete immer.

So gut hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt. Wenn heute nur noch die Sonne scheinen würde, dann wäre dies der perfekteste Tag aller Tage. Aber leider war tiefer Herbst. Nicht mehr lange, und es würde kalt genug für Schnee sein. Er hasste Winter – er mochte Schnee, aber die Menschen waren dann noch missgelaunter, niemand hatte Bock, sich mit ihm in den Park zu setzen und vielleicht auch da zu pennen. Vielleicht würde es dieses Jahr aber auch besser werden. Er hatte jetzt Ryou. Und mit diesem wusste er durchaus einige Dinge anzustellen, die seinen Winter durchaus heiß werden liessen. Mariku verlor sich in seinen Fantasien, bis er ein grosses Fahrzeug nahen hörte und tatsächlich – sein Bus. Er stiess sich vom Pfosten ab und streckte sich ausgiebig, dann wurde auch schon die Tür vor ihm geöffnet und er stieg ein. Er schlenderte nach vorne, sah befriedigt, wie eine Mutter ihre Arme um ihr Kind schlang, bevor er vorbeiging.

Zwei Sitze vorne waren noch frei – es waren dieselben, auf denen sie gestern bei der Heimfahrt gesessen hatten. Allerdings wagte er zu bezweifeln, dass es genau derselbe Bus war. Im Prinzip auch egal.

Mariku liess sich auf den Fensterplatz nieder. Er starrte die vorbeiziehenden Häuser an und beneidete all die Menschen, die genug Geld hatten, sich das Leben in diesem Viertel zu leisten. Er sollte sich vielleicht wirklich an Ryou halten. Der hätte sicher auch mal viel Geld. Allein die Privatschule, auf die er ging... oder das Haus, in dem er wohnte... klar, noch waren es seine Eltern, die alles bezahlten, aber Mariku zweifelte keine Sekunde daran, dass Ryou eines Tages eine schöne Stange Geld verdienen würde. Irgendwie hatte er keine Ahnung, was der Weisshaarige überhaupt für einen Berufswunsch hatte. Genau genommen hatte er so ziemlich wenig Ahnung von Ryous Vorlieben. Ausser in diese eine Richtung. Und das war das Wichtigste. Er wusste Dinge, die sonst niemand wusste. Er hatte Dinge von Ryou gesehen und gefühlt, in deren Genuss noch niemand sonst gekommen war. Und das war, was zählte.

Glücklich grinste Mariku.
 

Er musste einmal umsteigen, dann noch drei weitere Stationen fahren und dann klingelte er auch schon bei „Ishtar“. Drei Stockwerke weiter oben – scheiss Wohnhäuser ohne Aufzug – wurde er von Rishido in Empfang genommen.

Er war einige Jahre älter als Mariku, hatte einen richtigen Job und eine Eigentumswohnung. Nach Einschätzung des Blonden war das verdammt viel. Nach einer herzlichen Umarmung wurde er ins Wohnzimmer geführt, wo er sich auf die hässliche Eckcouch setzte. Ihm wurde Kaffee angeboten, was er dankend ablehnte, stattdessen fragte er nach Bier.

„Ist nicht dein Ernst! Um die Uhrzeit?“ Der belustigte Unterton war für Mariku nicht zu überhören. Obwohl sie sich früher immer gestritten hatten, war Rishido inzwischen beinahe so etwas wie sein bester Freund. Er mochte die stoische Art, die sein Verwandter an den Tag legte. Was er ihm erzählte, blieb auch bei ihm. Als er mit zwölf das erste Mal so richtig viel getrunken hatte und am nächsten Tag einen absoluten Filmriss hatte, da hatte er geschwiegen – und es drei Jahre später Rishido erzählt. Klar war die Story gut, um vor seinen Kumpels anzugeben, allerdings nur in der ausgeschmückten Variante, zu der er jedes Mal ein Detail neu hinzuphantasierte.

Da war er also wieder, in Rishidos schlicht eingerichteter Singlewohnung.

„Was gibt’s?“

„Nicht viel,“, seufzend liess sich sein Cousin auf die andere Seite der Couch fallen, „ich habe gehofft, du hättest ein paar nette Storys zu erzählen?“

„Warum hast du denn so spontan Zeit?“

„Einer meiner Kunden ist krank, deswegen wurde ein Meeting verschoben.“

„Und da hast du an deinen armen, einsamen Cousin gedacht? Wie romantisch, ich bin geehrt!“, gab Mariku breit grinsend zurück.

„Offensichtlich. Bist du denn einsam?“

„Ne, hänge immer noch mit denselben Kumpels wie immer ab und so.“

Rishido kratzte sich am kahl rasierten Kopf. „Müssen echt mal wieder zusammen feiern gehen.“

„Wenn du deinen Laptop zu Hause lässt, gerne“, spielte Mariku neckend auf die Tatsache an, dass die letzten Male, wenn er Rishido gefragt hatte, ob er mitkommen wollte, dieser immer hatte arbeiten müssen.

„Die Firma läuft einfach so verdammt gut in letzter Zeit. Es sind wieder ein paar verdammt geile Aufträge reingekommen.“

Rishido hatte zusammen mit einigen Bekannten eine eigene Informatikfirma aufgemacht und installierte irgendwelche Cloudsolution-dingens auf Firmenserver. Oder so. Mariku interessierte sich zu wenig dafür, als das er sich die Mühe gemacht hätte, sich zu merken, was ihm da manchmal erzählt wurde.

Er trank den letzten Schluck von seinem Bier – war ja auch nur ein kleines gewesen – und verabschiedete sich kurz aufs Klo.

Als er zurückkam, bemerkte er: „Na, immer noch single?“ Sein Cousin wünschte sich eine Freundin und eines Tages auch Kinder, das wusste Mariku. Aber in seiner Branche arbeiteten nicht viele Frauen und durch sein riesiges, selbstauferlegtes Pensum blieb ihm kaum Freizeit, in der er jemanden hätte kennenlernen können.

„Wie kommst du darauf?“

„Immer noch nur eine Zahnbürste.“

„Ihre ist im Spiegelschrank.“

„Echt?“ Irgendwie freute er sich für seinen Cousin.

„Idiot. Ich hab nicht mal nen Spiegelschrank!“

Mariku gab ein mitleidiges „Ooohhh!“ von sich, das ironischer klang, als es eigentlich gemeint war.

„Und selbst? Immer noch der altbekannte Herumtreiber?“

„Logo.“ Kurz hielt Mariku inne, dann fuhr er fort: „Allerdings habe ich... nun ja. Ich habe wen kennengelernt.“

Das Interesse stand Rishido förmlich ins Gesicht geschrieben: „Wow, erzähl! Ist er hübsch?“

„Jop. Und wie. Macht mich immer wieder geil.“

Rishido war der einzige Verwandte, der ein Coming-out wert gewesen war. Seine Mutter wusste es schätzungsweise auch, aber sie hatten nie drüber geredet.

„Göttlich. Wenn der Kleine meinen Schwanz lutscht, vergesse ich manchmal beinahe, dass er ja noch ein Loch hat, dass ich mindestens genauso gerne...“

„Danke für die Ausführung, aber so genau wollte ich es nicht wissen.“

„Verklemmte Hete!“

„Also ists was ernstes?“

„Er hat mir gestern gesagt, dass er mich liebt.“ Er hatte versucht, seinen Tonfall neutral zu halten. Das Thema gefiel ihm nicht. Es war auf einer Ebene persönlich, auf der er nie mit anderen kommunizierte.

Doch es schien ihm nicht so ganz geglückt zu sein, denn sein Cousin fragte: „Und was ist daran ein Problem?“

Er schwieg.

Problem gab es nicht wirklich eines. Es war nicht das erste Mal, dass sich eine seiner Sexbekanntschaften in ihn verliebt hatte. Er hatte sie dann jeweils so lange gevögelt, bis er ihres Gesülzes überdrüssig geworden war. Doch bei Ryou war da irgendwas anders. Er wusste nicht genau was, aber er fühlte etwas seltsam nagendes in seinem Innern, wenn er daran dachte, den Weisshaarigen genau wie die anderen irgendwann auf den Müll zu werfen.

„Du magst ihn sehr, nicht?“ hackte sein Cousin nach.

Mariku nickte. Nach einem kurzen Moment der Stille fügte er hinzu: „Wenn das alles ist, verpiss ich mich mal.“ Er erhob sich, wurde aber von Rishido zurückgehalten.

„Okay, von mir aus. Geh. Aber Mensch, Mariku. Verbau dir nicht dein verdammtes Glück. Eine feste Beziehung ist wirklich nicht das ultimativ Böse. Klar, jagen ist geil, jede Nacht wen anderes im Bett zu haben noch geiler, aber mal ehrlich, der Sex an sich ist doch viel besser, wenn man gemeinsam daran arbeitet. Und so richtig befriedigt zu sein wiegt ziemlich viele One Night Stands auf. Ist meine Meinung. Musst sie ja auch nicht beachten.“

„Werde ich auch nicht.“, knurrte Mariku. Hatte er nicht schon mal gesagt, dass er es hasste, wenn man in seine Privatsphäre eindrang? Er kam schon klar.

„Lust auf ein bisschen zocken?“

Das klang wie ein Friedensangebot.

„Okay, was hast du neues?“ Er nahm es an. „Hast du noch mehr Bier im Kühlschrank?“
 

Gut zwei Stunden und vier Bier später – das fünfte in der Hand – verliess er Rishidos Wohnung. Und wer wusste auch schon genau, was er jetzt tun wollte. Verlassen hatte er die Wohnung glücklich gestimmt, aber mit jedem Schritt, den er sich von der Spielkonsole entfernte, keimte die Laune wieder auf, die er seit dem Gespräch mit Rishido unterdrückt hatte.

„Fuck you!“, zischte er ziemlich laut, was ihm einen entsetzten Blick eines älteren Passanten einbrachte.

Er musste etwas tun, etwas grossartiges, etwas, das ihn lange genug ablenken würde, bis er wieder normal denken konnte: er tippte in sein Handy die Nachricht „Grad Zeit und 22.5 cm Platz?“ und versandte sie an all seine Sexkontakte.

Keine fünf Minuten später hatte er die ersten Antworten. Er grinste. Klangen vielversprechend – und passten von den angegeben Zeiten ideal aneinander vorbei. Und einer wohnte gar nicht so weit entfernt. Er änderte seine Gehrichtung. Er hatte doch gesagt, der Tag heute war einfach perfekt. Er kramte sein Handy erneut hervor, suchte seine Kopfhörer und wählte einen Titel. „Symphonie of Agression“. War zwar nicht so ganz seine Musik, zu viel Geschnörkel und Melodien, aber gerade hatte er Bock drauf. Die harten Klänge befriedigten seine Seele auf eine ganz andere Weise, als das Sex konnte. Nur das Gefühl der Allmacht, das er dabei verspürte, war beiden gemein. So schritt er, stark und unnahbar, durch den hässlichen Nieselregen der sich eingestellt hatte. Seine Haltung zeigte deutlich, dass ihm alles egal war und alles an ihm abprallen würde. Ausgenommen jene, die er aus einer erbarmungslosen Gemütsregung der Lust zu sich liesse.

Die ersten Gitarrenriffs des folgenden Stücks erklangen, als er sein Ziel erreichte und er bei seinem zweiten Fick für heute klingelte. Der Typ war zwar älter als Mariku, sah aber jünger aus und war die geborene Sexbeziehung. Der Sex mit ihm erreichte zwar nur sechs von zehn Punkten, aber er war unkompliziert, machte alles mit, was Mariku verlangte und vor allem ging er einem nicht mit übermässigem Konversationsdrang oder Gesülze auf die Nerven. Sie fickten und für beide war es gut so. Oder für alle drei. Das war auch schon vorgekommen. Eben, unkompliziert.
 

Mariku fühlte, dass er morgen verdammten Bauchmuskelkater haben würde. Nicht, dass er sich beklagen wollte. Es hatte sich gelohnt, sogar mehr als. Selbst, wenn er morgen nicht einmal den kleinen Finger rühren könnte, es hatte sich gelohnt. So viele Kerle hatte er schon lange nicht mehr an einem Tag gehabt. Vor allem einzeln, ohne teilen zu müssen. Gegen Ende hatte er zwar wirklich Mühe gehabt, noch zu kommen. Aber siebenmal war eine eindeutig zufriedenstellende Bilanz. Er war erschöpft, aber verdammt glücklich.

Er kehrte in den nächsten Supermarkt ein und holte sich einen Energydrink. Den hatte er jetzt dringend nötig. Energie und etwas Ruhe, dann würde einmal noch drinliegen. Und dieses eine Mal sollte der krönende Abschluss des perfekten Tages bilden. Und auch wenn er normalerweise den öffentlichen Verkehr verfluchte, weil alles so verdammt lange dauerte und er seinen Sound nicht auf ohrenbetäubende Lautstärke stellen konnte, so war er heute ganz froh, um die Zeit der Erholung blieb, bis er bei Ryou ankommen würde.

Er setzte sich ans Fenster, kramte sein Handy hervor, um Musik zu hören. Bis eben hatte er die Stille der Befriedigung genossen, doch jetzt, eingepfercht mit anderen Menschen, jetzt brauchte er seine geliebte Musik. Er wählte diesmal eines seiner Lieblingsalben – zu „The Quest of Absurdity“sah er heruntergekommene Wohnhäuser vorbeiziehen. Eigentlich war er gar nicht so weit von zu Hause entfernt. Aber er wollte zu Ryou. Ein letzter Fick für heute und dann neben seinem nackten Körper pennen. Das war es, was Mariku wollte. Wonach er sich sehnte. Langsam schlummerte er ein.
 

Die Station, an der er umsteigen musste, verpasste er erstaunlicherweise nicht. Er war genau im richtigen Moment aufgewacht - und hatte zum Glück nicht im Schlaf gesabbert, wie er erleichtert feststellte. Umsteigen, und weiter ging die inzwischen doch nervtötende Fahrt. Fuck, er wollte zu seinem Kleinen. Oh, und wenn er schon an ihn dachte – es wäre vermutlich nicht schlecht, wenn er Ryou informieren würde, dass er kommen wollte. „Hey Sweetie, bin wider auf dem Weg zu dir, hab Bock afu dich. Wage es nicht, micht da zu sein!“

Er las die Nachricht nochmals durch, korrigierte den Tippfehler – warum eigentlich? - und schickte die Nachricht ab. Dann lehnte er sich zurück, blickte aus dem Fenster und genoss seine Musik. Er beäugte die entgegenkommenden Autos, täumte davon, bald ein eigenes zu haben... daher fuhr er auch mit seinem peinlichen Rad durch die Gegend. Er sparte lieber auf ein Auto als auf ein Motorrad, es erschien ihm einfach praktischer und durchaus genauso cool. Fahren konnte er ja bereits, er müsste nur noch die Prüfung machen. Und eines Tages, wenn er Geld verdienen würde, dann könnte er sich nicht nur ein Auto, sondern später auch noch ein Motorrad kaufen. Ihm fuhr ein Taxi entgegen und Mariku grinste breit. Oh ja! Dieser Blick gestern, der war einfach köstlich gewesen. Als sein Kleiner realisiert hatte, dass sie beobachtet worden waren – für einen Moment waren alle Emotionen wie weggeblasen gewesen, dann hatte sich Fassungslosigkeit auf dem Gesicht breit gemacht und letzten Endes hatte Ryou es mit einem leichten Schulterzucken abgetan. Ob sie weiter gehen konnten? Sex irgendwo in der Öffentlichkeit, mit der Gefahr, jederzeit entdeckt zu werden? Er stand da auf jeden Fall drauf. Aber bei dem Weisshaarigen war er sich da nicht so sicher. Die Zukunft würde es zeigen. Und er würde ihm immer wieder Stösse in die richtige Richtung geben, dann würde das schon werden. Anfangs hätte er ja auch nie vermutet, wie weit er ihn treiben konnte.

Endlich erreichte der scheiss Bus an Ryous Haltestelle. Er hasste öffentliche Verkehrsmittel aus ganzem Herzen. Mariku stieg aus, und allein der Gedanke, dass er seinen Kleinen gleich vögeln würde, liess ihn hart werden. Raschen Schrittes brachte er den Weg von der Haltestelle zu Ryous Haus hinter sich. Er betrachtete die Blumenbete, die das Haus der Bakuras umsäumten, und fragte sich, wie sie wohl im Sommer aussehen würden: Ryou wäre bestimmt wunderschön im Sommersonnenlicht mit diesem bestechend süssen Lächeln, das er so mochte in seinem Gesicht.

„Warum denke ich über so einen Fuck nach?“, wunderte er sich murmelnd und kickte dabei die Kieselsteine des Gartenweges vor sich her. In diesem Moment vibrierte sein Handy. Ryou hatte geantwortet: „Klar, komm einfach hoch. Bin auf meinem Zimmer“.

Er war doch schon hoch gekommen, Mariku grinste breit. Vor der Haustür angekommen drückte er die Klinke und zu seinem Erstaunen war nicht abgeschlossen. Sichere Gegend, was? Er grinste verächtlich und durchschritt den Eingangsraum. In dem Moment, als er einen Fuss auf die Treppe gesetzt hatte, öffnete sich eine der nahen Türen und Ryous Mutter erschien. Sie blieb erschrocken stehen, starrte Mariku mit weit geöffneten Augen an und erinnerte ihn in diesem Moment unglaublich an eine Milf aus einem der wenigen Hetenpornos, den er sich reingezogen hatte, als er sich seiner Orientierung noch nicht so ganz im klaren gewesen war.

Er grüsste kurz ohne sie anzusehen, stieg weiter nach oben. Ryous Zimmertüre war zu, er öffnete sie. Es war dunkel im Zimmer. Er wollte nach dem Lichtschalter tasten, als er eine Stimme hörte: „Mariku?“

„Ja?“

„Komm rein und schliess die Tür ab!“

Ryous Stimme war zwar leise, zitterte vielleicht sogar etwas, doch es war eindeutig eine Aufforderung

„Na warte, ich bringe dir schon noch bei, wer hier wem Befehle gibt!“, dachte Mariku, tat aber, was sein Kleiner wünschte.

Er hörte etwas, ein dumpfes Geräusch... in dem Moment, als er den Schlüssel im Schloss gedreht hatte und sich umwandte, knipste Ryou seine Nachttischlampe an. Kurz kniff der Blonde die Augen zusammen, er öffnete sie jedoch blitzartig wieder, als er ein leises, metallenes „Klick“ hörte. Er schaute zum Bett, wo der Weisshaarige lag und ihm verschlug es die Sprache. Ihm. Mariku Ishtar. Der einzig Wahre. Genau ihm klappte die Kinnlade runter, als er ihn sah. Nackt. Wundervoll. Die Handschellen. Den Analplug. Die weggeschobene Decke.

Ein heisses, warmes Gefühl durchströmte Mariku und langsam schritt er auf seinen Liebsten zu.

Wintereinbruch

Marikus Schulter schmerzte. Vermutlich blutete er. Vorsichtig tastete er nach der pochenden Stelle am Hals und besah sich seine Finger im gemütlich warmen Licht der Nachttischlampe. Sie waren tatsächlich etwas rot.

Ryou hatte ihn gebissen.

Etwas anderes war ihm mit seinen ans Bettgestell geketteten Händen auch nicht übrig geblieben. Aber es war kein Biss aus Lust, das wussten sie beide. Der einzige Grund, warum Mariku den Kleineren nicht sofort schlug oder ebenfalls biss, war, dass er dafür viel zu perplex war. In seiner Hose pochte noch immer sein liebstes Stück, aber die Option „Sex“ war soeben in weite Ferne gerückt.

Alles hatte so schön angefangen. Ein perfektes Vorspiel. Aber dann hatte der Weisshaarige etwas entdeckt. Einen Knutschfleck am Nacken Marikus. Und bevor sich dieser irgendeine Ausrede hatte einfallen lassen können, wurde er auch schon an die Kratzer an den Schulterblättern aufmerksam gemacht. Er würde den Bastard umbringen, der ihm die zugefügt hatte! Es war doch ein ungeschriebenes Gesetz, dass man bei einer Fickbeziehung keine Spuren hinterliess. Ryou hatte er das nicht mal erklären müssen. Aber irgendeiner dieser Wichser von heute Nachmittag... oh ja, der würde in der nächsten Zeit froh sein, überhaupt noch wichsen zu können, wenn Mariku fertig war mit ihm.

„Gib mir den Schlüssel.“

Mariku störte sich nicht am Befehl. Zu sehr irritierten ihn die Tränen auf dem blassen Gesicht. Sie machten ihn wütend. Noch wütender.

„Fick dich!“, spuckte er Ryou entgegen, zog seine Hose, die er bis zu den Kniekehlen heruntergezogen hatte, wieder vollständig an und schnappte sich sein T-Shirt und den Kapuzenpulli, die er sich zusammen über den Kopf gestreift hatte. Er stand auf und verliess zornig das Zimmer und kurz darauf das Haus.
 

Ryou weinte still und lange. Er wollte nicht, dass ihn irgendwen hörte und vielleicht hereinkam. Was hätte er denn sagen sollen?

Er lag nackt auf dem Bett, die Hände gefesselt, die Bettdecke weit entfernt auf dem Boden.

Er wurde aber von so starken Wellen der Trauer übermannt, dass seine Bewegungen fahrig und zittrig waren – an Schlüsselerreichmanöver war vorerst nicht zu denken.

Erst nach einigen Minuten hatte er sich soweit beruhigt, dass er sich so drehen konnte, dass er mit seinen Füssen den Nachttisch erreichte, wo sich der Schlüssel für die Handschellen befand. Mit einer für ihn erstaunlichen akrobatischen Leistung schaffte er es, den Schlüssel endlich in die Hände zu bekommen und mit einigen unbequemen Verrenkungen schaffte er es sogar, das Schloss aufzubekommen.

Er rieb sich die schmerzenden Handgelenke, da begannen ihm schon wieder Tränen über die Wangen zu rinnen. Die Handschellen würden bestimmt blaue Flecken hinterlassen. Er war zumindest für die nächsten Tage gezeichnet, würde sich stets an diesen schrecklichen Moment erinnern.

Warum hatte Mariku das getan? Ihn betrogen?

Er war nicht so blauäugig, dass er von Knutschflecken auf etwas anderes schliessen würde. Mariku hatte nicht einfach mit irgendwem ein wenig geflirtet. Er hatte mit irgendwem geschlafen. Es gab mindestens eine andere Person, die er ebenso liebevoll lustbringend anfasste, wie Ryou selbst.

Seine Hände zitterten. Mariku hatte ihm nie gesagt, dass er ihn liebte. Ryou hatte sich damit abgefunden, dass der Ägypter einfach kein Mensch vieler Worte war, er ihm aber doch sehr, sehr viel bedeutete. Sex bedingte doch Liebe, nicht? Und so sehr er es auch versuchte, er schaffte es nicht, anderer Überzeugung zu sein, als dass Mariku wirklich fremdgevögelt hatte. Er hatte ihn gebraucht. Und weggeworfen.

Ryou hielt die erneut aufsteigenden Tränen nicht zurück. Er war enttäuscht und wütend. Aber vor allem enttäuscht. Wie hatte er nur so blind sein können und glauben, dass er irgendwem etwas bedeutete? Eigentlich musste er doch dankbar sein, dass wenigstens sein Körper schön war für die Augen eines anderen. Aber warum tat dann sein Herz so weh? Er war sich so sicher gewesen... Mariku war, was er wollte. Und jetzt?

Er wollte ihn noch immer. Auch wenn es vielleicht die oft hinterher belächelte erste grosse Liebe war, auch wenn sie ihm unüberlegt in einem Moment absoluter Glückseligkeit über die Lippen gekommen waren: er bereute seine Worte nicht. Er liebte Mariku. Er war nicht blind.

Und daher sah er auch, dass es so nicht weitergehen konnte. Von einem plötzlichen Entschluss gepackt stand er auf und durchsuchte sein Zimmer nach einem ganz bestimmten Zettel.

Dank seinem Ordnungssinn fand er ihn bald, auch wenn er nicht mehr genau gewusst hatte, wo er ihn verstaut hatte. Ihm starrte eine Pro- und Kontraliste entgegen, die er langsam durchlas.
 

Pro:

- sieht gut aus

- war mit mir Möbel kaufen

- hat mich im Bus, nach unserer ersten gemeinsamen Nacht, nicht geküsst (ich wollte nicht)

- Sex
 

Kontra:

- Zoff mit meinen Eltern

- raucht

- hat mich am Vortag vor unserer Nacht mitten im Bus geküsst (ich wollte nicht)

- unhöflich

- meine Eltern mögen ihn nicht

- hat einen grausamen Fahrstil

- kann nicht kochen (isst fast nur Fertigprodukte)

- seine Freunde sind seltsam

- meldet sich nie bei mir
 

Hätte er doch nur damals Schluss gemacht. Vieles wäre ihm erspart geblieben.

Er las sich die Liste erneut durch. Irrte er sich, oder hatte Mariku in letzter Zeit wirklich weniger geraucht?

Und was zur Hölle war „meine Eltern mögen ihn nicht“ eigentlich für ein Grund? Sollten seine Eltern ihn nicht vollkommen unterstützen? Auch wenn er sich eines Tages als schwul oder bisexuell outen würde? Könnte er das schaffen? Die Kraft dafür aufzubringen? Andererseits, ihm hatte der Sex sehr gut gefallen. Mit wem an seiner Seite könnte er denn zu seinen homoerotischen Neigungen stehen, wenn nicht mit Mariku?

Dieser hatte ja überhaupt keine Hemmungen diesbezüglich. Vielleicht musste er einfach damit leben, dass in der Schwulzenszene nicht monogame Beziehungen an der Tagesordnung waren? Es hatte zwar keine Ahnung von der Sache, aber das Klischee wäre auf jeden Fall bestätigt. Ganz harmlos war es ja doch nicht zugegangen, in dem einen Homoclub, wo er mit Mariku gewesen war. Und sogar da hatte er ja mit irgendeinem anderen geflirtet.

Ryou schnappte sich einen Stift, strich „meine Eltern mögen ihn nicht“ von der Liste, fügte aber stattdessen „hat mich betrogen“ und „flirtet gerne fremd“ hinzu. Er betrachtete die niedergeschriebenen Worte und wieder kullerten Tränen über seine Wangen.

Er war aber auch ein Idiot – bohrte in seinen eigenen Wunden. Aber er konnte nicht anders. Wie sollte er sich von Mariku trennen, wenn er die Wahrheit nicht sehen wollte?

Beinahe war er schon wieder so weit. Er merkte, wie er bereits begann, Ausflüchte zu suchen. Was, wenn er Mariku nur missverstanden hatte und die dunklen Flecken an seinem Hals von einem Sturz oder ähnlichem kamen?

Aber so naiv war er nicht. Nicht mehr Vor Mariku, da hätte er nicht einmal gewusst, wie Knutschflecken aussahen. Jetzt wusste er noch einiges mehr.

Was er allerdings nicht wusste, war, wie es weitergehen sollte. Früher war es einfach gewesen. Schule, gute Noten, etwas Haushalt, seine Eltern zufriedenstellen. Er hatte nichts gegen sein altes Leben. Aber die unglaublich intensiven Gefühle, die ihn begleiteten, seit er den Ägypter kennengelernt hatte, die waren eine Sache für sich. Eine Sache, die er nicht missen wollte, auch wenn es vielleicht besser wäre für ihn.
 

Mariku zündete sich gerade seine dritte Kippe an. Scheisse. Was war das denn gewesen? Und warum war er hier in dieser fucking Kälte? Warum vögelte er nicht gerade seinen Lieblingsarsch sondern sass unter dem Dach einer Bushaltestelle, seit es begonnen hatte, zu regnen? Frustriert drückte er seine Zigarette in die Sitzfläche der Bank, auf der er sass. Hübsche Brandflecken.

Fuck.

Warum war Ryou so eine Zicke und rastete gleich wegen einem Knutschfleck so aus?

Seine Hände zitterten. Bei so vielen Zigaretten konnte es nicht Nervosität sein. Als ob.

Mariku schnaubte. Er hasste es. Er hasste alles. Alle.

Er schlug mit seiner Faust gegen einen der hübschen Brandflecken, leider war die Bank stärker. In ihm war diese riesige Lust, etwas zu zerstören. Alles.

Er hörte ein Auto nahen. Anhalten.

„Yo, Mariku!“

Fuck, das hatte noch gefehlt.

Er hatte keine Ahnung, wer der Typ war, der ihm da aus dem geöffneten Fenster zurief, aber er erinnerte sich an seine Stimme. Und da sein Name genannt worden war, bleib eigentlich nur eine Schlussfolgerung: er hatte den Kerl irgendwann mal flachgelegt. Und gut sah er auch aus, so, dass er durchaus in sein Beuteschema passte.

Warum sagte er diesen Wichsern eigentlich seinen richtigen Namen?

Er zeigte dem Kerl den Mittelfinger. Mehr hatte der nicht verdient.

Musste genau jetzt jemand kommen und ihn noch daran erinnern, dass er in etwa die halbe Stadt flachgelegt hatte? Okay, er übertrieb masslos, aber für Ryou musste es doch so wirken.

Er war auch mal naiv gewesen. Nie so schlimm wie der Weisshaarige, aber eigentlich hätte er es wissen müssen.

Der Erste war was besonderes. Sogar er konnte sich noch perfekt an seinen erinnern. Seinen Geruch, seinen Namen, seine Schwanzlänge – all das war irgendwo in seinem Hirn gespeichert.

Ryou war sowas von selbst Schuld. Wenn er nicht mit Marikus Lebensstil klarkam, war das ja wohl ganz allein sein Problem. Mariku musste sich bestimmt kein schlechtes Gewissen einreden dafür, dass er sich nahm, was er wollte. Nie hatte er irgendwas von Liebe, Beziehung oder auch nur Gefühlen gefaselt.

Und trotzdem hatte Ryou ihn lieb.

Plötzlich fühlte er sich elend.
 

Drei Tage. Drei elendig lange Tage, in denen Mariku nichts anderes tat, als in seinem Bett zu liegen und zu rauchen, wenn er denn die Motivation dafür aufbringen konnte. Er hatte einfach keinen Antrieb.

Sein Handy lag neben ihm und jedes Mal, wenn es vibrierte, zuckte er zusammen. Guckte nach, wer ihm geschrieben hatte, nur um es wieder wütend auf die Matratze zu drücken, wenn es nicht Ryou war. Er wollte raus, seine Aggressionen abbauen, aber dann hätte er sich eingestehen müssen, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte. Dass er die neckischen Angebote, die er auf sein Smartphone erhielt, nicht ablehnte, weil er grade keinen Bock auf Sex hatte sondern weil er nur ihn wollte. Je mehr er sich selbst sagte, dass er einfach irgendwem das Hirn rausvögeln sollte, umso mehr wollte er nur Ryou.

Beschissene Situation.

Aber selbst er raffte, dass der Weisshaarige es nicht sonderlich positiv auffassen würde, wenn er ihn jetzt nach Sex fragte. Er zündete sich seine nächste Zigarette an. Bald wäre damit Schluss, entweder er musste raus und neue kaufen, oder er liess es bleiben. Noch vier Stück im Päckchen.

Beim Anzünden dachte er daran, wie Ryou das Gesicht verziehen würde, wenn er jetzt hier wäre. Er verscheuchte den Gedanken und rauchte extra genüsslich. Danach schlurfte er trotzdem ins Badezimmer und putzte sich die Zähne.

Zurück in seinem Zimmer stellte er fest, dass sich Ryou tatsächlich gemeldet hatte.

„Wir müssen reden. Passt dir nächsten Freitag Abend?“

Verdammt, was erlaubte sich dieser Bengel, ihm eine so mehrdeutige Nachricht zu schreiben.

Oh, wie er reden hasste. Wobei die Phrase „wir müssen reden“ doch sehr eindeutig war. Wie wollte Ryou Schluss machen, wenn sie noch nicht mal zusammen waren?

Es kotzte ihn an.
 

Dem Weisshaarigen fiel es schwer, sich auf den Unterricht zu konzentrieren. Er fürchtete sich vor Freitag. Noch immer wusste er nicht, was er Mariku eigentlich sagen wollte.

Immerhin hatte der einer Aussprache zugestimmt. Das war nämlich Ryous grösste Sorge gewesen. Zuerst hatte er ihn ewig auf eine Antwort warten lassen und danach hatten sie unendlich lange hin und her geschrieben, um die genauen Details zu besprechen.

Als Ryou ein gemütliches Café als Treffpunkt vorgeschlagen hatte, wählte Mariku den Stadtpark als idealen Ausspracheort. Im Spätherbst war dies eine ziemlich kalte Angelegenheit, und so widerprach Ryou. Der Ägypter blieb jedoch stur. Er schickte eine ziemlich aggressive Antwort zurück und da beschlich Ryou das Gefühl, dass Mariku das Gespräch mit so wenig Zuhörern wie möglich hinter sich bringen wollte, Er hütete sich, den Verdacht zu äussern.

Und so bekam letzten Endes Mariku sein Willen.

Doch noch waren es 28 Stunden, 14 Minuten und etwa 30 Sekunden, bis sie sich treffen würden. Wobei er locker zehn Minuten addieren konnte, Mariku kam schliesslich immer zu spät. Seine Nervosität wurde praktisch von Minute zu Minute schlimmer.

Inzwischen war er sauer auf sich selbst. Hätte er doch bloss nicht so überreagiert und Mariku gebissen. Hätte er Ruhe bewahrt und ihn ruhig drauf angesprochen, wären sie jetzt nicht in dieser Situation. Was, wenn der Ägypter Schluss machte?

Allein der Gedanke daran liess Ryou beinahe verzweifeln. Er selbst überlegte zwar auch, ihr Verhältnis zu beenden, aber das war einfach was anderes. Wenn Mariku Schluss machte, war das viel schlimmer, als wenn er es selbst tat.

Es durfte einfach nicht sein.
 

Mariku hatte sich mal wieder in die Schule bequemt, nachdem der Klassenlehrer angerufen hatte. Ausserdem hatte er eh nichts besseres zu tun. Jetzt, wo es langsam richtig kalt wurde, konnte er nicht mit seinen Kumpels irgendwo draussen rumhängen. Einkaufszentren waren ihm aber zu doof.

In seinem Zimmer hielt er es sowieso nicht mehr aus, es stank, sah chaotischer aus als sein tatsächlich extrem hohes Toleranzniveau diesbezüglich es zuliess und er musste sowieso raus und neue Kippen kaufen.

Im angetrunkenen Zustand machte Schule sogar so etwas wie Spass. Er brachte zwar eine ganze Reihe von Lehrern und Lehrerinnen auf die Palme und wurde dafür vor die Tür gestellt, aber immerhin reichte der Unterricht, dass er einschätzen konnte, in welchem Fach er Probleme bekommen würde. Wie seine Mitschüler noch immer schlechter Englisch konnten als er, blieb ihm schleierhaft.

Alles in allem war er aber optimistisch gestimmt. Bisher hatte es immer irgendwie gereicht, immer nur haarscharf, aber das war ihm eh einerlei. Diesmal würde es wohl kaum schlechter laufen.

Nein, was seine Stimmung trübte war nicht die Schule. Auch nicht seine Mutter, die nach dem Anruf des Klassenlehrers plötzlich das Gefühl hatte, eine gute Mutter müsse ihren Sohn jeden Abend nach der Schule und den einzelnen Stunden befragen. Er hatte keine Lust, Ryou zu treffen. Er wollte, dass sie so weitermachten wie bisher. Viel Sex und ab und zu gemeinsam etwas unternehmen. Ausserdem würde er in Zukunft darauf achten, dass kein anderer Spuren hinterliess. Aber vielleicht würde sich etwas ändern. Ziemlich sicher würde sich was ändern. Ryou wollte schliesslich reden. Das bedeutete, er wollte etwas ändern.
 

Als der Freitag gekommen waren, stiegen beide missgelaunt aus ihren Betten. Weder Ryou noch Mariku hatten Lust, sich in irgendeiner Form aus dem Haus zu begeben und wären am liebsten den ganzen Tag in die warme Decke gekuschelt geblieben. Während sich ersterer zusammenriss und einredete, dass der Tag bestimmt schneller vorbeiginge, wenn er im Unterricht sass, legte sich der Zweite nach einem Gang zum Klo wieder hin und schlief noch ein paar Stündchen. Als er Nachmittags aufwachte, hatte es sowieso keinen Zweck mehr, sich irgendwie anzustrengen.

Nach der Schule flitze Ryou nach Hause, duschte lange und heiss, um sich mental auf die Kälte vorzubereiten, die ihn draussen wieder begrüssen würde.

Dann zog er seine Lieblingsjeans, ein weites T-Shirt und seinen wärmsten Pullover an. Seine Kleidung sollte ihm ein behagliches Gefühl von Wärme und Bequemlichkeit vermitteln. Er brauchte jedes Körnchen Wohlbefinden, dem er irgendwie habhaft werden konnte. Das anstehende Treffen lag ihm schwer auf dem Magen und so nagte er lustlos an einer Scheibe Brot herum. In der Küche war Amane am Werke – sie war so freundlich gewesen und hatte Ryou das heutige Kochen abgenommen. Er hatte sie zwar beinahe auf Knien anflehen müssen und ihr versprochen, nächste Woche ihr Lieblingsessen zuzubereiten, aber das war es wert. Für ihn war unglaublich wichtig, dass er nach dem Treffen mit Mariku Zeit hatte zum Nachdenken und vielleicht auch um sich auszuweinen, je nachdem, was dabei herauskam. Und diese Zeit blieb ihm nicht, wenn er am nächsten Tag Schule hätte.

„Ryou?“ Seine Mutter hatte soeben die Küche betreten. Ihr Tonfall liess nichts Gutes vermuten, und er zuckte zusammen. Hoffentlich dauerte das nicht allzu lange, er musste bald los.

Mit einem unschuldigen „Was ist?“ drehte er sich um und sah ihr in die Augen.

„Dieser Bekannte von dir... Merek oder so...“

„Mariku“, half Ryou seiner Mutter auf die Sprünge.

„Ja, jedenfalls, der war letztens bei dir zu Besuch, nicht?“

„Ja, war er.“ Worauf wollte seine Mutter hinaus?

Hatte sie etwas bemerkt? Irgendetwas schien ihr auf jeden Fall unangenehm zu sein, so, wie sie sich aufführte. Vielleicht waren sie doch zu laut gewesen? Oder er hatte einen Spermafleck übersehen auf seinem Bett? Und zusammen mit den Kondomen, die er immer in Karopapier einwickelte, damit es nach einer missglückten Schulaufgabe aussah, war vielleicht Verdacht aufgekommen?

„Kannst du ihm bitte ausrichten, dass er bitte die Schuhe im Eingang lassen sollte?“

Ryou fiel ein Stein vom Herzen. „Ja, klar mach ich!“ Nach einem kurzen Moment des Schweigens, in dem nur die Kochgeräusche von Amane zu hören waren, setzte er nach: „Tut mir leid, Mama.“

„Schon okay, mein Grosser. Ich urteile nicht darüber, mit wem du deine Zeit verbringst, aber ich möchte nicht, dass du die Schule vernachlässigst.“ Die Aussage hinter dem Satz war so ziemlich genau das Gegenteil von dem, was seine Mutter eigentlich gesagt hatte. Sie hiess seinen Kontakt mit Mariku nicht gut. Es gab ihm einen leichten Stich ins Herz.

„Oh, ich muss noch Zähneputzen, bevor ich losmuss!“

„Wohin gehst du eigentlich?“, fragte seine Mutter nach.

„Ins Kino mit Mariku und ein paar seiner Freunde.“ Eine Lüge, aber er hatte nun wirklich keine Lust, von seinem Herzschmerz zu erzählen.

Beim Verlassen der Küche grinste ihn Amane wissend an.
 

Wie erwartet kam Mariku zu spät. Mehr als die von Ryou prophezeiten zehn Minuten.

„Sorry, viel Verkehr. Hab ewig gebraucht, um 'nen Parkplatz zu finden.“

Ryou nickte, mehr als Zeichen, dass er gehört hatte, was ihm als Entschuldigung gebracht wurde, als dass er den Umstand wirklich entschuldigte. War doch logisch, dass Freitag Abend die Strassen verstopft waren. Ausserdem durfte Mariku nicht Auto fahren.

Seine Finger hatte er um einen Pappbecher geschlungen – als sich abgezeichnet hatte, das Mariku zu spät wäre, hatte er sich eine heisse Schokolade geholt. Nicht, dass es viel genutzt hatte: er fror gottserbärmlich.

Das alles nur, weil Mariku es nicht mal für nötig befunden hatte, ihn per SMS drüber aufzuklären, wie viel zu spät er denn kommen würde.

Den Zorn darüber legte er in seinen Blick, als er nun den Ägypter ansah, der vor ihm stand.

„Hey.“, begrüsste der Weisshaarige trotzdem unsicher. Er wusste nicht, was er jetzt tun sollte. Warum hatte er sich das nicht früher überlegt? Er hatte sich zig Szenarien ausgedacht, verschiedenste Gesprächsverläufe ausgemalt aber nie hatte er sich überlegt, wie er sich bei der Begrüssung verhalten sollte.

„Hey.“, wiederholte Mariku mit einem Augenzwinkern und beugte sich vor, um Ryou einen schnellen Kuss zu geben. Dann grinste er ihn schief an.

„Wollen wir?“

Ryou trank die letzten Schlucke seiner Schokolade, dann setzten sie sich in Bewegung. Sie betraten den Stadtpark, der in der Dämmerung eine mystisch gefährliche Aura ausstrahlte. Ohne Mariku an seiner Seite wäre der Kleinere um diese Uhrzeit niemals hineingegangen.

Langsam gingen sie beide nebeneinander her und schwiegen. Sie folgten einem Kiesweg. Langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit – denn auch wenn es hier einige Strassenlaternen gab, so war es doch nicht so beleuchtet wie auf der Strasse mit all den Restaurants und Werbungen.

Ryou dachte angestrengt darüber nach, was er jetzt sagen sollte. Er wusste, er musste anfangen. Mariku war nur wegen ihm hier.

Doch er konnte nicht anfangen... sein Mund war ausgetrocknet, seine Lippen spröde und sein Hirn war wie leergefegt.

„Na, wie war den Tag?“

Überrascht hob der Weisshaarige den Kopf. Mariku schaute gerade aus, jedoch musste er es gewesen sein, der die Frage gestellt hatte. War ja sonst niemand hier.

„Uhm... ganz okay, denke ich. Nichts spezielles eben.“

Der Ägypter grummelte nur, jedoch klang es irgendwie bestätigend.

Es gab Ryou den Mut, den er brauchte. Er griff nach Marikus Hand, die er in seiner Hosentasche vergraben hatte und verschränkte ihre Finger miteinander.

„Du hast ja ganz kalte Finger!“, stelle der Blonde erstaunt fest und steckte ihre beiden Hände in die Tasche seiner dicken Winterjacke.

„Ist wirklich sehr kalt geworden“, entschuldigte sich Ryou, setzte dann aber nach: „und irgendwer hat mich lange warten lassen.“

„Ich kann auch wieder gehen“, knurrte Mariku aggressiv zurück.

„So hab ich das nicht gemeint!“, erwiderte Ryou, beinahe panisch.

„Weiss ich doch.“ Der Ägypter grinste und lehnte sich zum Kleineren, um ihm einen Kuss auf die Schläfe zu drücken.

„Wie soll das mit uns weitergehen?“ rutschte es in diesem Moment dem Weisshaarigen raus. Einen Moment später hätte er nicht mehr den Mut gehabt, die Frage zu stellen.

Mariku wurde wieder ernst, beschleunigte seine Schritte, hielt jedoch die Hand Ryous fest.

Das gab ihm den Mut, den er brauchte. Denn auch wenn der Ägypter nichts sagte, so war er doch auch nicht von ihm zurückgewiesen worden.

Er führte aus: „Weisst du, Mariku... ich... ich mag dich wirklich sehr sehr gerne. Und ich will dich nicht einschränken oder so... aber es verletzt mich, wenn du mit anderen Männern schläfst.“

„Bei Frauen würd's dich nicht stören?“ Der Ton klang aggressiv, aber auch defensiv. Ryou wusste er konnte weiterreden.

„So meinte ich das nicht und das weisst du auch. Ich... für mich ist Sex einfach was besonderes. Und ehrlich, ich liebe... Sex mit dir.“

„Ich auch, Sweety...“, hauchte Mariku verführerisch.

„Also wie soll es weitergehen?“

„Damit, dass ich deinen Arsch nur ficken darf, wenn ich alle anderen in Ruhe lasse?“

„Vulgär ausgedrückt: ja.“

Der Blonde seufzte: „Hör zu, Ryou: das geht einfach nicht. Ich würde das vielleicht ein, zwei Wochen durchhalten. Und egal wie geil der Sex ist, den wir beide haben, es reicht mir nicht. Und wenn du es mir verbietest, werde ich es erst recht tun.“

Es tat weh. Es tat wirklich weh. Aber besonders mit dem letzten Satz hatte der Weisshaarige gerechnet. Er kannte Mariku inzwischen gut genug, um zu wissen, dass er ein Autoritätsproblem hatte. „Also gibt es keine Zukunft für uns?“

„Ich habe absolut nichts dagegen, weiterhin mit dir zu vögeln. Du hast ein Problem, nicht ich.“

Auf eine verquere Art und Weise machte das sogar Sinn.

„Ich will so nicht weitermachen. Ich bin eifersüchtig auf die anderen Männer.“

„Eifersüchtig sind nur die ohne Selbstbewusstsein.“

„Also würde es dir überhaupt nichts ausmachen, wenn ich mit anderen Kerlen ins Bett steigen würde?“

Daraufhin schwieg Mariku. Sie gingen noch immer Hand in Hand durch den Park, sahen sich jedoch nicht an. Ryou betrachtete die Sterne. Mariku beobachtete die kahlen Äste, deren Zweige sich im Wind leicht bewegten.

„Ich weiss es nicht. Klar bin ich liebend gerne dein Hauptfick, aber ich würde mich auch auf jedes Mal freuen, wenn ich das nicht wäre.“

Diese Antwort überraschte den Kleineren. Er hatte erwartet, dass Mariku ein typischer Macho wäre, der sofort die Wände hochgehen würde, sollte Ryou sich auf einen anderen einlassen.

„Wirklich?“, frage er sicherheitshalber doch nach.

„Wirklich. Vermute ich. Oder hattest du schon einen anderen?“

„Nein“, dementiere er schnell.

Mariku drückte kurz seine Hand, Ryou erwiderte. Sie wandten ihre Gesichter einander zu und sahen sich einige Sekunden in die Augen, bis der Weisshaarige sich vorbeugte und sein Gegenüber küsste.

Die Wärme tat gut.

Als sie sich wieder lösten, fragte Mariku: „Warum schläfst du denn eigentlich nicht mit anderen? Bist du nicht neugierig?“

Wieder war es an Ryou, überrascht zu sein. So hatte er das noch nie betrachtet. Nach einigen Momenten Bedenkzeit flüsterte er dann: „Schon, aber Sex ohne Gefühle... das geht irgendwie nicht für mich.“

„Du hattest noch nie das Bedürfnis mit jemandem in die Kiste zu hüpfen, den du nie geliebt hast?“

„Naja, das Bedürfnis vielleicht schon, aber das ist ja nicht dasselbe, wie es dann tatsächlich zu tun.“

„Für mich schon“, hielt der Ägypter dagegen. „Also jetzt rein theoretisch: wenn ich dich die nächste 20 Jahre ficken wollte... dann würde dir das reichen?“

Mit seiner freien Hand boxte Ryou Mariku in den Oberarm, was diesem natürlich nicht weh tat, schon gar nicht durch die gefütterte Jacke.

„Woher soll ich das denn wissen? Ich weiss ja nicht mal, wie es mit uns weitergeht! Wie kannst du da von 20 Jahren reden?“

„Womit wir wieder am Anfang wären.“

Beide seufzten zeitgleich und mussten daraufhin lachen.

„Also, dann stelle ich hiermit eines klar“, begann der Blonde, „ ich will dich. Aber ich will auch andere. Im Moment habe ich mich auf dich eingelassen und habe nichts dagegen, das auch in Zukunft zu tun. Wenn du das auch willst, bleibt dir die Wahl: Willst du von den anderen Männern wissen oder nicht?“

Ryou nagte an seiner Lippe. Was sollte er da sagen? Er wollte nicht wissen, wen Mariku noch so mit sich ins Bett nahm. Aber genauso wollte er, dass sie keine Geheimnisse voreinander hatten. Schwierige Entscheidung. Aber er sah ein, dass er Mariku Sex mit anderen erlauben musste, weil dieser ihn ansonsten verlassen oder betrügen würde. Er hatte die Wahl.

Er erinnerte sich daran, was er Mariku gesagt hatte, an dem Abend in der Schwulenbar. Er hatte ihn schon mal darauf angesprochen und Mariku hatte damals positiv reagiert. Also fasste Ryou sich ans Herz und fragte: „Und wenn ich einfach dabei wäre?“

„Wie, wo dabei?“ Mariku runzelte die Stirn.

„Mit den anderen Männern. Also so... Dreier eben... könntest du damit leben?“

Die Antwort kam schneller als erwartet: „Klar kann ich das. Ich hab eh Bock, das mal mit dir auszuprobieren.“

„Aber kannst du dann auf Alleingänge verzichten?“

„Ich kann dir nicht versprechen, dass es nicht passieren wird. Aber ich kann mein Bestes geben und es versuchen.“

„Ernsthaft?“

„Nein, ich erzähle dir hier irgendeinen Mist, damit ich dich gleich flachlegen kann.“ Mariku streckte ihm die Zunge raus und leckte ihm dann über die Wange.

„Wäähhh!“ Angewidert wischte sich der Kleinere den Speichel von der Wange. „Du bist so ein Idiot!“

„Ah, und das merkst du erst jetzt?“

„Nein, es ist mir nur wieder aufgefallen“, gab Ryou scherzhaft zurück, dann wurde er wieder ernst. „Ehrlich, ich weiss nicht, ob das so klappen würde. Aber ich denke, ich kann damit leben, wenn ich dabei bin.“

„Also versuchen wir es einfach mal.“ Es war eine nüchterne Feststellung.

Der Weisshaarige nickte. Das war ein Kompromiss, mit dem er leben konnte.

Er hatte die Wahl getroffen.

„Du bist dir aber schon bewusst, dass ich vielleicht auch mal mit mehr als einem anderen Mann gleichzeitig schlafen will?“

Nein, dessen war er sich nicht bewusst gewesen... war Mariku so unersättlich? Oder experimentierfreudig? Blöde Frage, natürlich war er das.

„Hm, wir müssen damit ja nicht gleich anfangen.“

Der Ägypter pflichtete ihm bei. „Langsam wird's aber wirklich scheisskalt... komm, lass uns zurückgehen.“

Und auch wenn sich Ryou geschworen hatte, nie wieder mit Mariku in ein Auto zu steigen, so tat er es doch.

Sie fuhren zum Ägypter nach Hause, doch angekommen in der Garage blieben sie vorerst im Auto und sowohl Mariku als auch Ryou hatten das Gefühl, dass der Sex irgendwie leidenschaftlicher, roher und ehrlicher war als sonst.
 

Später duschten sie gemeinsam und Mariku stellte einmal mehr unter Beweis, wie unersättlich er war. Während Ryou seine Wange an die kalte Duschwand gepresst hatte und das heisse Wasser seinen erregten Körper vor Kälte schützte, fühlte er tief in sich drin die Überzeugung wachsen, dass er stark genug war, um den Vorbehalten seiner Eltern gegenüberzutreten. Seine schulischen Leistungen waren noch immer genauso gut wie früher, bevor er Mariku kennengelernt hatte. Das musste als Anfang für die Akzeptanz für seine Beziehung einfach reichen. Er blickte nach hinten, zu Mariku, der heiser stöhnte und das bestärkte ihn nur noch in seiner Überzeugung.

Als sie beide fertig waren, machten sie sich noch einmal sauber und hüllten sich dann in grosse, flauschige Badetücher. Der Spiegel im Badezimmer war überzogen mit Kondenswasser und auch sonst war es sehr neblig im Raum. Sie mussten wohl wirklich lange geduscht haben.

Schnell zogen sie wieder ihre Kleidung an, in der restlichen Wohnung war es nämlich nicht so warm, da Marikus Mutter Heizkosten sparen wollte und nur so wenig wie nötig heizte.

Gemeinsam gingen sie in die Küche, wo der Blonde ein Bier aus dem Kühlschrank nahm und auch Ryou eines anbot, doch der hatte sich schon am Wasserkocher zu schaffen gemacht und suchte sich jetzt eine Teesorte aus.

Während er wartete, dass das Wasser kochte, stand er ans Fenster und blickte hinaus in die von Lichtern erhellte Nacht.

Mariku trat hinter ihn, küsste seinen Nacken und umarmte ihn dann.

Laut schrie Ryou auf als er merkte, wie ihm das kalte Bier gegen die Seite gedrückt wurde. Er gab dem Ägypter eine Kopfnuss, der nur laut lachte. Jedoch stellte er die Dose auf die Ablage und kam dann zurück, küsste sanft die Schläfe seines Kleinen und blieb leicht an ihn gelehnt stehen. Ryou war bezaubert von diesem Moment, er war richtig, richtig glücklich und zufrieden. „Ich liebe dich“

Doch diesmal antwortete Mariku nicht. Er, der immer das letzte Wort haben wollte, schwieg. Still zog er Ryou an sich, küsste ihn zärtlich verlangend und als sie sich nach einer gefühlten Ewigkeit lösten und ihre Augen wieder öffneten, tanzten glitzernd die ersten Schneeflocken vom Himmel und hüllten die Stadt langsam in einen weissen Schleier.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Nochmals vielen Dank fürs Lesen!

Die Geschichte hat sich während des Schreibens sehr stark verändert und entwickelt, wurde um einige Ideen reicher - zum Beispiel waren ursprünglich gar keine Lemonszenen geplant - aber das Ende stand schon zu Beginn fest.
Übrigens, an dem Tag, als ich dieses Kapitel fertig getippt habe, hat es zum ersten Mal geschneit - es war einfach perfekt :3 Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (13)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  jyorie
2014-11-17T15:53:55+00:00 17.11.2014 16:53
Hey ◠‿◠

wow, das hat mich jetzt umgehauen, mit der Widmung. *schnüff* danke, das find ich total lieb von dir.

ernsthaft, schon drei Jahre ist es her – Hammer.

Als du geschrieben hast das die FF jetzt fertig ist und es mit dem Biss von Ryou angefangen hat und Mariku abgezischt ist. Da ging mir schon die Muffe, in einem Kapitel wird Mariku nie und nimmer die Liebe zugeben und Ryou sich nie und nimmer besänftigen lassen – ich hab echt gedacht, du hast da jetzt voll ein Sad-End rein *schnüff und zittert* aber du hast es für die beiden doch noch überraschend gut gelöst, das auch ich als Leser damit gut leben kann, und die Charas nicht OC werden lassen.

Ich fand die Teile gut, wie es den beiden ging vor der Aussprache, das beide ähnlich nervös sind. Wenn ich solche ähnlichen Problems habe und mit jemand reden muss, da ist mir auch immer schlecht, daher fand ich es gut, das es beiden so geht und sie es nicht auf die leichte Schulter nehmen. Süß fand ich auch Ryou, der seine Pro/Kontra-Liste wieder gezückt hat, bei so viel Gefühlschaos braucht er ja irgendwas woran er sich festhalten kann, da er ja niemand richtig zum reden hat, oder dem er sich anvertrauen kann.

Das Ende war gut, und ob sich Ryou dann mit der Situation arrangieren kann werden die beiden noch sehen, auf jeden Fall bin ich froh, dass sie schon mal eine Basis gefunden haben und auch Mariku bereit war Kompromisse einzugehen und Ryou zugehört hat.

Ist eine richtig tolle FF geworden :D

CuCu, Jyorie

Von:  jyorie
2014-11-11T16:09:14+00:00 11.11.2014 17:09
Hallo (^o^)y

oh weh, armer Ryou, wenn er wüsste was Mariku so den ganzen Tag lang getrieben hat, ob er sich dann abends noch so auf ihn freuen würde. XD scheint so als wenn Mariku sich mit aller Macht dagegen wehren möchte dass er auf einmal Gefühle für Ryou bekommt, und das es ihn ganzschön durcheinander bringt.

Ein schönes Kapitel , ich bin gespannt, ob es Ryou gut tut, das er sich Mariku so ausliefert^^°

Liebe Grüße, Jyorie

Antwort von:  jyorie
11.11.2014 17:09
sorry, bin auf dem Sprung...
Antwort von:  DivaLila
11.11.2014 18:57
Hallo! :3

Mariku behandelt Ryou wirklich nicht gerade nett, aber wie du ja festgestellt hast, wehrt er sich irgendwie gegen eine zu feste Bindung.
Und Ryou selbst... ist eigentlich durchaus schlau ;)

Danke für die lieben Worte, bald ist es soweit und der grosse Showdown beginnt *übertreib*
Wir lesen uns bald, hoffe ich ;)
Liebste Grüsse zurück!
Von: abgemeldet
2014-11-11T12:46:10+00:00 11.11.2014 13:46
Hi (^_^)v

ich hab grad diese ff für mich entdeckt und sie gefällt mir sehr gut mehr als gut

LG kai
Antwort von:  DivaLila
11.11.2014 18:23
Huhu und herzlich willkommen hier ^.^
Freut mich, dass du hergefunden hast und meine Geschichte magst!
Grüsse zurück! :3
Aya
Von:  jyorie
2014-06-01T20:50:45+00:00 01.06.2014 22:50
Hallo (^o^)y

ein bisschen hast du mir ja schon angst gemacht, mit
der Rache, die Mariku ständig haben will. Und das er
ihm mit dem Messer am Arsch herummacht, da war ich
mir nicht ganz sicher was das wird. Hatte schon blutige
Bilder vor augen und war dann echt erleichtert, als Mariku
doch nur den Griff benutzt hat um Ryou zu ficken.

Aber man, als er das Messer dann umgedreht hat und
es tatsächlich mit der Klinge benutzt hat um es in Ryou
zu versenken, ne – nee, echt jetzt, das konnte ich nicht
glauben, das es gut gehen kann, auch wenn Ryou sich
wirklich nicht bewegen sollte.

uff und dann war da teil einfach nur stumpf. Was ein glück,
aber wie hat Mariku ihm damit den Rücken verwundet, oder
hatte sich das Ryou nur eingebildet und Mariku noch einen
andern Trick benutzt um ihm das vorzugaukeln?

Cooles Kapitel – ich hab wirklich gedacht er macht das jetzt
echt und ist so rachsüchtig.

Liebe Grüße, Jyorie

Antwort von:  DivaLila
01.06.2014 23:41
vielen lieben Dank für deinen Kommentar :3

Ja, ich kann durchaus verstehen, dass man als Leser etwas Angst hatte... ich als Autorin wusste ja, worauf es hinausläuft ^.-

Und bezüglich den Wunden auf dem Rücken: natürlich kann man auch mit einem stumpfen Gegenstand leichte Verletzungen zufügen - und ein Bajonett hat ja auch immerhin eine Spitze. Ryou hat also wirklich Verletzungen. Allerdings sind diese weitaus weniger schlimm, als er sich das in seiner Panik ausgemalt hat - zum Glück, würd ich sagen.
Im nächsten Kapitel darf Ryou seinen Rücken dann endlich angucken ;)

Marik ist schon ein böser Junge... hrhr

Liebe Grüsse zurück!
Aya
Von:  jyorie
2013-10-18T21:06:41+00:00 18.10.2013 23:06
Hallo 。◕‿◕。

XD vor Marikus Rache hätte ich auch Angst^^° Ich fand die stelle süß, wie Ryou aufwacht und ihn schlafend sieht und er sich dann noch mal an ihn kuscheln kann^^ und dann ist Mariku weg, wie er das gemacht hat, ohne das Ryou aufwacht ... er wird da schon so seine Erfahrung haben, wie man aus fremden Betten flüchtet.

*schmunzelt* das kann ich mir gut vorstellen, wie Ryou da ganz hibbelig den ganzen Tag auf eine Nachricht von seinem Schwarm wartet und es kommt und kommt nix. *ggg* das keiner was gesagt hat, wenn er da einfach so vom Küchentisch aus einen Hechtsprung macht. Marikus Nachricht war echt verwirrend, ich hätte auch nicht genau gewußt was er will, ich hätte auf weg gehen getippt.

Der Lemon mit der Wand war gut.

Außerdem hat es mir gefallen, das es Ryou im Club irgendwie geschafft hat, das er nicht das Spielzeug geblieben ist, das er unbeabsichtig Mariku so in brandt setzt, das er ihn heiß begehrt und sich nicht fühlt wie etwas, was man nur benutzt. Diese Stelle hat mich für Ryou sehr gefreut. (Ich fürchte dennoch, das Mariku irgendwann auf das Angebot zurück kommt^^)

Schönes Kapitel :D
Hab mich sehr gefreut, das du weiterschreibst.

Liebe Grüße, Jyorie

Von:  jyorie
2013-05-16T15:47:33+00:00 16.05.2013 17:47
Hey ^_^

jippi, es geht weiter :D

ja, ja, die Lieben gemeinen Geschwister, wenn die mal was wissen – wissen ist Macht und man kann es gut einsetzten. Mir hat Ryou mit seiner Pro und Konta-Liste leid getan, das er entgegen seinem Herz schlußmachen würde und seine Gefühle zurück nehmen würde. Aber dann hat Mariku ihn ja eines Besseren belehrt.

Die Szene in der Toilette mit den Handschellen war gut geschrieben. Ist Mariku wirklich gegangen, oder war es nur ein Mindegame und in wirklichkeit wollt er nur den Eindruck erwecken, wenn Ryou sich „fürchtet“ und er drauf steht, kann das ja auch erregend sein, ich kann mir nicht vorstellen, so eifersüchtig wie er ist, das er sein Spielzeug tatsächlich so unbewacht läßt.

Tja, und da sind wir beim nächsten Knackpunkt – Spielzeug. Ist er das? Oder will Mariku nur nichts von seiner Coolness einbüsen? So etwas zuzugeben ist doch sicher unmänlich und ein Macho wie er kann das nicht eingestehen.

Es war interessant, wie mutig Ryou nachts werden kann. Und auch sein Konter mit der Schreienden Pussy war fabelhaft gewählt. Ich hoffe nur das Ryou ihn mit dem ritt entschädigen konnte für die demütigung der Fesseln und die Strafe nicht allzugemein ausfällt. LOL nicht auszudenken, wenn Ryou auch noch eingepennt wäre.

Liebe Grüße sendet Jyorie

Von: abgemeldet
2012-11-30T16:47:13+00:00 30.11.2012 17:47
Hab ich irgendwie was verpasst xD?
Wann sind die beiden denn zusammen gekommen xD"
Oh Mann, ich glaub, ich muss echt nochmal die ganze FF lesen, das ist einfach schon zu lange her...~
ich mag es vor allem, wie du es nicht als selbstverständlich hinstellst und es Ryou mit seinem "Teils-Outing" nicht zu einfach machst :3
Du beschreibst die Charaktere sehr menschlich, das gefällt mir sehr und irgendwie meine ich auch, mir einzubilden, dass sich dein Schreibstil seit dem letzen LKapitel irgendwie gesteigert hat~

*flauschl*
Von:  jyorie
2012-11-09T22:13:26+00:00 09.11.2012 23:13
Hi^^

*grins* ich kann mir schon denken, warum Mariku so ein Bett haben wollte für Ryou.
Ein schönes Kapitel :)

Der letzte Satz von Amane war echt fies!!!

LG Jyorie

Von: abgemeldet
2012-04-03T21:20:48+00:00 03.04.2012 23:20
Soo, meine Liebe, jetzt komm ich endlich mal dazu, deine FF noch zu lesen. Ich hatte ja schonmal das erste Kapitel durch, aber jetzt verleibe ich sie mir nochmal ganz ein x3.
Ich mag den Titel sehr sehr gerne, muss ich gleich zu Anfang mal sagen xD

Also, ich finde es irgendwie etwas seltsam, dass Mariku Fahrrad fährt, das erscheint mir irgendwie nicht so ganz ... passend zu seinem Bad Boy Image, aber nunja 8D
Kreativ finde ich die Einleitung auf jedenfall schonmal ^^

Aber an sich mag ich es, wie du Ryou beschreibst. Nicht verweichlicht, sondern verantwortungsbewusst, aber dennoch irgendwie etwas unsicher und zerbrechlich. Genau mein Geschmack. Bin mal gespannt, wie sich das noch weiter entwickelt ^^

Ahaha xD Ich hass das auch, bei anderen anzurufen, das passiert mir total häufig, dass ich die Leute verwechsel xD
Ich kann Bier aber auch nicht leiden. Bäh ist dieses Zeug, einfach nur Bäh <.<
Ohje, Ryou ist vielleicht ein nervöses Ding <.<
Der Ärmste, aber irgendwie ist es drollig, zu lesen xD
XDDDD Ryous Notfallplan ist ja mal genial *kringelt sich*
Naja, von Lehrer zu Lehrer? Im Grunde hat er doch maximal eine bis zwei Schulstunden verpasst ö.ö

>Die Bergluft war zwar nicht angenehmer geworden
Herrliche Metapher <3

Mir gefällt es übrigens, dass Ryou trotz seiner Unerfahrenheit, selbst eine Handlung Richtung Mariku initiiert, das gibt nen dicken Pluspunkt <3
HAH! Ryou hat Mariku eine gewatscht!!! Das find ich mehr als geil <D *gnihihi* Ich liebe es, wenn der Kleine etwas Pfeffer im Arsch hat und sich nicht alles gefallen lässt x3

>Er hatte schnell festgestellt, dass es sich befriedigt besser schlafen liess. So konnte er die >Nervosität, die ihn am Vorabend von wichtigen Prüfungen jeweils befiel, gut eindämmen.
Amen.

Das mit der Freundin überrascht mich jetzt doch ein bisschen, aber ich finde, es ist eine interessante Wendung der Geschichte.

>Als er nah genug war, lehnte er sich über das komplett verwirrte Mädchen und küsste den Weisshaarigen auf den Mund.
Haha, geile Aktion 8D. Ich kann es mir bildlich vorstellen *gnihi*
Hach, geil dieser Biss. Ich kann mich nur wiederholen, ich LIEBE deine Darstellung von Ryou!
Gott, Amane nervt im falschen Zeitpunkt und Mariku hat null Benehmen -.-
Ich hab es früher zuhause immer gehasst, wenn ich Leute da hatte, für die ich mich schämen musste.
Oh Gott xD Der Schlafanzug xDD AHHHH; ich kann nich mehr!!!

Ah >.< Ich hasse das Wort Penis. Das ist so ein Lustkiller-Unwort, da schüttelt es mich einfach
Das Geräusch, das Mariku zum Ejakulieren brachte xD. Sorry, das wirkt leicht albern. Schreib ruhig abspritzen, oder so~
Aber ansonsten war die Sexszene echt heiß *___*

So, ich bin fertig, mein Fazit: Anfangs etwas unscheinbar wirkende Story, die aber im Laufe mit einer glänzenden und feurigen Darstellung der Charaktere überzeugt, die einem die FF wirklich schmackhaft macht, tadelloser Rechtschreibung und ein wundervoller Schreibstil, das alles verleihen der FF einen wohlverdienten zweiten Platz ^^.
Von:  jyorie
2012-03-20T23:06:07+00:00 21.03.2012 00:06
Juhu, Erster ^^

habe soooo lange auf ein neues Kapitel gewartet *grummel* dann ein Adult.

Habe mich gefreut das ich das andere lesen konnte *gg* Armer Ryou, erst die Enttäuschung mit Mariku, und dann noch eine Feundin an der Backe. Und dann wieder die Sehnsucht nach dem Ägypter :) Richig schön.

Bin gespannt wie es weiter geht XD


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