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Herbsttage

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben ^.^

Ich wollte euch vorwarnen, dass dies das zweitletzte Kapitel ist - bald ist also zu Ende, was ich vor drei Jahren begonnen habe. Da werde ich glatt etwas nostalgisch ^.-

Viel Spass damit! Komplett anzeigen

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Erwachen

Die Sonne blendete ihn. Genervt murrend drehte sich Ryou zur Seite. Warum hatte er gestern vergessen, die Vorhänge zuzuziehen? Er wusste doch, dass er sonst früh wach wurde. Wollte er wissen, wie spät es war? Nein, entschied er und tastete nach Mariku. Der musste hier irgendwo sein.

Der Ägypter atmete tief ein und aus, er schlief offensichtlich noch. Er war zu beneiden!

Ryou kuschelte sich an die breite Brust. Mariku schlief immer auf dem Rücken und bewegte sich kaum, ganz anders als der Weisshaarige. Ein starker Arm schlang sich um den zierlichen Oberkörper, jedoch schlief sein Besitzer friedlich weiter.

Ryou lächelte glücklich. Sein Liebster suchte also ganz unbewusst seine Nähe und behielt ihn bei sich.

Fraglich allerdings, ob das so bleiben würde, wenn er wach war. Warum hatte er die drei Worte aussprechen müssen? Und was war „Ich weiss“ für eine beschissene Antwort? Mariku quälte ihn auf mehr als nur der physischen Ebene. Und er Trottel hatte sich trotzdem in ihn verliebt. Jetzt gab es da kein zurück mehr. Jetzt hatte er jemand anderem als sich selbst seine Gefühle gestanden. Hoffentlich wäre Mariku nicht komplett unsensibel oder begänne sogar, absichtlich auf seinen Gefühlen herumzutrampeln.

Er selbst war ihm absolut verfallen. Eine andere Erklärung gab es einfach nicht. Wenn er nur daran dachte, trieb es ihm die Schamröte ins Gesicht! Er hatte ihm gestern, einfach so, im öffentlichen Raum den Schwanz gelutscht! Er hätte ja wohl drauf kommen können, dass sie wer beobachtet hatte... Zum Glück hatten – nach Ryous Wissensstand – seine Eltern keine Freunde, die Taxifahrer waren. Ansonsten hätte das zu einer peinlichen Begegnung führen können! Oh man, er tat echt Dinge, von denen er vor zwei Monaten noch nicht einmal geträumt hatte. In Gedanken versunken streichelte er die dunkle Haut.

Was, wenn seine Eltern ihn heute Nacht gehört hatten? Hoffentlich konnte er Mariku unbemerkt an ihnen vorbeischleusen und sich mit einem Albtraum herausreden. Leise war er nun wirklich nicht gewesen. Warum hatte er da nicht früher dran gedacht?

Wo war sein Verantwortungsbewusstsein? Seine Zurückhaltung? Nicht, dass er es bereute. Er hatte Spass gehabt. Die Angst hatte ihm Spass gemacht. Krank irgendwie. Er verspürte den Drang, aufzustehen und sich im Spiegel anzusehen. Wie sein Rücken wohl aussah? Er fühlte sich auf jeden Fall malträtiert an. Aber er wollte nicht aufstehen, aus Angst, Mariku zu wecken. Er selbst hasste es, wenn er von anderen geweckt wurde, daher unterliess er es, dies anderen anzutun. Er kuschelte sich noch etwas mehr an sein menschliches Kissen und drückte einen sanften Kuss auf das Schlüsselbein.

Okay, war das nicht etwas unlogisch, Mariku nicht wecken zu wollen, ihn aber trotzdem zu begrabschen? Ryou legte sich wieder hin und stellte die Streicheleinheiten ein.

Er liebte das Gefühl von ihren nackten Körpern so nah beieinander. Es war ungemein erotisch, wenn auch auf eine ganz andere Art, als jene, die er heute Nacht genossen hatte. Hach, dafür warf er doch seine Prinzipien gern über Bord! Er begann erneut damit, die Brust zu streicheln, diesmal sogar mit etwas mehr Nachdrücklichkeit.

Mariku seufzte, regte sich aber nicht weiter.

Ryou zögerte kurz, nahm seine Tätigkeit dann aber wieder auf. Er wollte, einmal in seinem Leben, egoistisch sein.
 

Als Mariku einige Minuten später aufwachte, war er geil wie selten. Morgenlatte war normal, aber er hatte wirklich angenehme Träume gehabt – und der letzte davon schien sogar halbwegs der Realität zu entsprechen. Ryou lag neben ihm, hatte ein Bein um ihn geschlungen und rieb sich lasziv an seiner Seite. Mit den Händen streichelte er Marikus Brustkorb und Halsbereich, was diesem jedes Mal einen Schauer Lust bescherte, wenn er zwischen den Regionen wechselte.

Der rechte Arm Marikus lag unter dem Kopf Ryous, der es sich darauf bequem gemacht hatte. Mit eben diesem Arm bugsierte er den Weisshaarigen nun auf sich – er hörte ein erschrockenes Keuchen, da schien jemand noch nicht bemerkt zu haben, dass er wach war.

„Los, verwöhn' mich, Sweetie.“

Ryou gehorchte, streichelte ihn, wurde forscher und mutiger – Mariku liess ihn einfach machen. So sollte er jeden Morgen aufwachen. Die Träume der Nacht am Morgen zur Realität werden lassen. Und sein Kleiner konnte das wirklich ausserordentlich gut.

So gut, dass er am liebsten den ganzen Tag weitergemacht hätte. Doch leider klingelte sein Handy und dummerweise lag die Hose, in der es verstaut war, nur unweit vom Bett entfernt, sodass er ohne sich gross zu bewegen, rankam. Ansonsten hätte sich der Anrufer zum Teufel scheren können.

Er selbst merkte gar nicht gross, was er labberte, aber Ryou schien ziemlich enttäuscht zu sein, dass ihre Zweisamkeit unterbrochen worden war. Idiot. Als ob sie sich nie wieder sehen würden. Irgendwann schnallte Mariku, dass er arabisch redete und vielleicht auch deswegen so komisch angeguckt wurde. Hatte sein Kleiner ihn schon mal in seiner Muttersprache reden gehört? Keine Ahnung, war auch scheissegal.

Nachdem er das Telefonat beendet hatte, erhob er sich, drehte sich aber noch einmal zu Ryou um und grinste ihn an: „Los, Zeit für die Dusche!“

Sie beide hatten es dringend nötig – und das praktische am duschen war, dass man sich auch sogleich sauber machen konnte.
 

Mariku hatte sich bereits wieder angezogen. Seine Kleidung – respektive der Kneipenduft, der ihr anhaftete – strafte seiner Aussage, er habe Ryou nur mit Seife einreiben wollen, damit dieser auch am Rücken gut sauber werde, Lügen. Zumindest im Falle Marikus wäre es sinnvoller gewesen, erst zu Hause zu duschen, wo er saubere Klamotten anziehen könnte.

Ryou indes hatte eines der Badetücher um die nassen Haare geschlungen und inspizierte seinen Rücken im Spiegel.

„Na, gefällt dir, was du siehst?“, frage Mariku verführerisch und zog ihn in einen leidenschaftlichen Kuss, die Erinnerungen an gestern Abend hineinlegend.

Ryou löste sich von ihm um zu antworten: „Sieht viel weniger schlimm aus, als ich dachte. Die paar Kratzer werde ich überleben.“

„Na hoffentlich, ich ficke nämlich nicht gerne Leichen!“ Für diesen Spruch handelte er sich eine Kopfnuss ein, die er mit einem Biss in einen der rosigen Nippel revanchierte.

Schlimm sah der Rücken Ryous wirklich nicht aus. Eher sehr, sehr geil, mit all diesen Markierungen. Es waren viele Kratzer zu erkennen, aber keiner davon war tief – Kratzer eben. In einigen Tagen würden sie verheilt sein.

„Und jetzt, Frühstücken?“

„Ne, sorry, bin gleich verabredet.“ Und schon jetzt viel zu spät, aber wie hätte er dieser süssen Versuchung widerstehen sollen?

„Mit wem?“

„Seit wann geht dich das was an?“ Oh, wie er das hasste! Wenn er irgendwelche Informationen teilen wollte, dann teilte er sie von sich aus. Warum immer dieses Wer?, Wen?, Was?. Genau darum hatte er keine Beziehung.

Und dieser verletzte Blick – Mariku verdrehte innerlich die Augen, äusserlich zuckte er nur mit den Schultern und wandte sich ab, ging nach unten.

Ryou folgte ihm. Irgendwie mochte er diese Reaktion. Es gab ihm das Gefühl, dass er Ryou etwas bedeutete. Natürlich tat er das – er hatte gestern gesagt, dass er ihn liebe. Nicht, dass er das nicht gewusst hatte. Aber es ausgesprochen zu hören war eben doch etwas anderes gewesen. Das gute Gefühl, dass Mariku seit dem Aufwachen begleitete, verstärkte sich noch etwas. Er hatte den Kleinen in der Hand und gut zugeritten. So schnell würde sein Kleiner ihn nicht mehr loswerden.

Zum Abschied küssten sie sich lange und leidenschaftlich, ungewohnt, so öffentlich einsehbar von der gesamten Familie. Als Mariku den Weisshaarigen darauf aufmerksam machte, grinste er ihm entgegen, dass offensichtlich niemand zu Hause sei und sie somit auch gestern Abend nicht gehört worden waren.

Diese Bemerkung konnte dem Hochgefühl im Ägypter keinen Dämpfer versetzen und beinahe hüpfend ging er den Weg von der Eingangstüre zur Strasse. Auf dem Weg zur Bushaltestelle zündete er sich eine Zigarette an. Das Päckchen war noch beinahe voll. Gekauft hatte er es vorgestern. Irgendwie rauchte er auffallend wenig in letzter Zeit. Seltsam. Lag vielleicht daran, dass er es vermied, in Ryous Gegenwart zu rauchen – der Kleine verzog immer das Gesicht beim Küssen, wenn er vorher geraucht hatte. Daher unterliess er das Rauchen grundsätzlich an Tagen, an denen er ihn traf. Er wollte schliesslich, dass der Weisshaarige so richtig spitz auf ihn wurde und ihm bewies, was für ein geiler Hengst er war.

Das musste die Erklärung sein. Und ausserdem sparte er so eine Menge Geld, die er in Kondome investieren konnte. Die waren auch nicht billig.

Mit Ryou verhütete er zwar nicht, aber da er dessen erster war, ging das in Ordnung. Von sich selbst wusste er schliesslich, dass er nichts hatte. Aber die ganzen anderen Kerle, die er sonst so vögelte, denen traute er nicht. Sein Kleiner war da etwas anderes. Er war im Allgemeinen sehr anders als jeder Mensch, der ihm bisher begegnet war. Mariku zog genüsslich an seiner Zigarette, sich plötzlich wünschend, dass es Tabak mit Ryougeschmack gäbe. Er war so süss und strebsam, hatte ein geordnetes Leben und eine Familie, die sich wohl gut um ihn kümmerte, so viele Gedanken, wie sich der Kleine um sie machte. Und doch gab es da diesen anderen Ryou, der es zuliess, dass perverse Phantasien mit ihm ausgelebt wurden. Ryou, der die Kratzer auf dem Rücken mehr mit Interesse als mit Abscheu betrachtet hatte. Und das obwohl er die Nacht zuvor wirklich Panik gehabt hatte. Fuck, er war schon wieder geil auf ihn.

Mariku sah den Bus nahen und entschloss, lieber gemächlich seine Zigarette fertig zu rauchen und auf den nächsten zu warten. Er lehnte sich an einen der breiten Pfosten des Wartehäuschens, schloss die Augen, und atmete tief ein. Sein Cousin würde warten können. Er wartete immer.

So gut hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt. Wenn heute nur noch die Sonne scheinen würde, dann wäre dies der perfekteste Tag aller Tage. Aber leider war tiefer Herbst. Nicht mehr lange, und es würde kalt genug für Schnee sein. Er hasste Winter – er mochte Schnee, aber die Menschen waren dann noch missgelaunter, niemand hatte Bock, sich mit ihm in den Park zu setzen und vielleicht auch da zu pennen. Vielleicht würde es dieses Jahr aber auch besser werden. Er hatte jetzt Ryou. Und mit diesem wusste er durchaus einige Dinge anzustellen, die seinen Winter durchaus heiß werden liessen. Mariku verlor sich in seinen Fantasien, bis er ein grosses Fahrzeug nahen hörte und tatsächlich – sein Bus. Er stiess sich vom Pfosten ab und streckte sich ausgiebig, dann wurde auch schon die Tür vor ihm geöffnet und er stieg ein. Er schlenderte nach vorne, sah befriedigt, wie eine Mutter ihre Arme um ihr Kind schlang, bevor er vorbeiging.

Zwei Sitze vorne waren noch frei – es waren dieselben, auf denen sie gestern bei der Heimfahrt gesessen hatten. Allerdings wagte er zu bezweifeln, dass es genau derselbe Bus war. Im Prinzip auch egal.

Mariku liess sich auf den Fensterplatz nieder. Er starrte die vorbeiziehenden Häuser an und beneidete all die Menschen, die genug Geld hatten, sich das Leben in diesem Viertel zu leisten. Er sollte sich vielleicht wirklich an Ryou halten. Der hätte sicher auch mal viel Geld. Allein die Privatschule, auf die er ging... oder das Haus, in dem er wohnte... klar, noch waren es seine Eltern, die alles bezahlten, aber Mariku zweifelte keine Sekunde daran, dass Ryou eines Tages eine schöne Stange Geld verdienen würde. Irgendwie hatte er keine Ahnung, was der Weisshaarige überhaupt für einen Berufswunsch hatte. Genau genommen hatte er so ziemlich wenig Ahnung von Ryous Vorlieben. Ausser in diese eine Richtung. Und das war das Wichtigste. Er wusste Dinge, die sonst niemand wusste. Er hatte Dinge von Ryou gesehen und gefühlt, in deren Genuss noch niemand sonst gekommen war. Und das war, was zählte.

Glücklich grinste Mariku.
 

Er musste einmal umsteigen, dann noch drei weitere Stationen fahren und dann klingelte er auch schon bei „Ishtar“. Drei Stockwerke weiter oben – scheiss Wohnhäuser ohne Aufzug – wurde er von Rishido in Empfang genommen.

Er war einige Jahre älter als Mariku, hatte einen richtigen Job und eine Eigentumswohnung. Nach Einschätzung des Blonden war das verdammt viel. Nach einer herzlichen Umarmung wurde er ins Wohnzimmer geführt, wo er sich auf die hässliche Eckcouch setzte. Ihm wurde Kaffee angeboten, was er dankend ablehnte, stattdessen fragte er nach Bier.

„Ist nicht dein Ernst! Um die Uhrzeit?“ Der belustigte Unterton war für Mariku nicht zu überhören. Obwohl sie sich früher immer gestritten hatten, war Rishido inzwischen beinahe so etwas wie sein bester Freund. Er mochte die stoische Art, die sein Verwandter an den Tag legte. Was er ihm erzählte, blieb auch bei ihm. Als er mit zwölf das erste Mal so richtig viel getrunken hatte und am nächsten Tag einen absoluten Filmriss hatte, da hatte er geschwiegen – und es drei Jahre später Rishido erzählt. Klar war die Story gut, um vor seinen Kumpels anzugeben, allerdings nur in der ausgeschmückten Variante, zu der er jedes Mal ein Detail neu hinzuphantasierte.

Da war er also wieder, in Rishidos schlicht eingerichteter Singlewohnung.

„Was gibt’s?“

„Nicht viel,“, seufzend liess sich sein Cousin auf die andere Seite der Couch fallen, „ich habe gehofft, du hättest ein paar nette Storys zu erzählen?“

„Warum hast du denn so spontan Zeit?“

„Einer meiner Kunden ist krank, deswegen wurde ein Meeting verschoben.“

„Und da hast du an deinen armen, einsamen Cousin gedacht? Wie romantisch, ich bin geehrt!“, gab Mariku breit grinsend zurück.

„Offensichtlich. Bist du denn einsam?“

„Ne, hänge immer noch mit denselben Kumpels wie immer ab und so.“

Rishido kratzte sich am kahl rasierten Kopf. „Müssen echt mal wieder zusammen feiern gehen.“

„Wenn du deinen Laptop zu Hause lässt, gerne“, spielte Mariku neckend auf die Tatsache an, dass die letzten Male, wenn er Rishido gefragt hatte, ob er mitkommen wollte, dieser immer hatte arbeiten müssen.

„Die Firma läuft einfach so verdammt gut in letzter Zeit. Es sind wieder ein paar verdammt geile Aufträge reingekommen.“

Rishido hatte zusammen mit einigen Bekannten eine eigene Informatikfirma aufgemacht und installierte irgendwelche Cloudsolution-dingens auf Firmenserver. Oder so. Mariku interessierte sich zu wenig dafür, als das er sich die Mühe gemacht hätte, sich zu merken, was ihm da manchmal erzählt wurde.

Er trank den letzten Schluck von seinem Bier – war ja auch nur ein kleines gewesen – und verabschiedete sich kurz aufs Klo.

Als er zurückkam, bemerkte er: „Na, immer noch single?“ Sein Cousin wünschte sich eine Freundin und eines Tages auch Kinder, das wusste Mariku. Aber in seiner Branche arbeiteten nicht viele Frauen und durch sein riesiges, selbstauferlegtes Pensum blieb ihm kaum Freizeit, in der er jemanden hätte kennenlernen können.

„Wie kommst du darauf?“

„Immer noch nur eine Zahnbürste.“

„Ihre ist im Spiegelschrank.“

„Echt?“ Irgendwie freute er sich für seinen Cousin.

„Idiot. Ich hab nicht mal nen Spiegelschrank!“

Mariku gab ein mitleidiges „Ooohhh!“ von sich, das ironischer klang, als es eigentlich gemeint war.

„Und selbst? Immer noch der altbekannte Herumtreiber?“

„Logo.“ Kurz hielt Mariku inne, dann fuhr er fort: „Allerdings habe ich... nun ja. Ich habe wen kennengelernt.“

Das Interesse stand Rishido förmlich ins Gesicht geschrieben: „Wow, erzähl! Ist er hübsch?“

„Jop. Und wie. Macht mich immer wieder geil.“

Rishido war der einzige Verwandte, der ein Coming-out wert gewesen war. Seine Mutter wusste es schätzungsweise auch, aber sie hatten nie drüber geredet.

„Göttlich. Wenn der Kleine meinen Schwanz lutscht, vergesse ich manchmal beinahe, dass er ja noch ein Loch hat, dass ich mindestens genauso gerne...“

„Danke für die Ausführung, aber so genau wollte ich es nicht wissen.“

„Verklemmte Hete!“

„Also ists was ernstes?“

„Er hat mir gestern gesagt, dass er mich liebt.“ Er hatte versucht, seinen Tonfall neutral zu halten. Das Thema gefiel ihm nicht. Es war auf einer Ebene persönlich, auf der er nie mit anderen kommunizierte.

Doch es schien ihm nicht so ganz geglückt zu sein, denn sein Cousin fragte: „Und was ist daran ein Problem?“

Er schwieg.

Problem gab es nicht wirklich eines. Es war nicht das erste Mal, dass sich eine seiner Sexbekanntschaften in ihn verliebt hatte. Er hatte sie dann jeweils so lange gevögelt, bis er ihres Gesülzes überdrüssig geworden war. Doch bei Ryou war da irgendwas anders. Er wusste nicht genau was, aber er fühlte etwas seltsam nagendes in seinem Innern, wenn er daran dachte, den Weisshaarigen genau wie die anderen irgendwann auf den Müll zu werfen.

„Du magst ihn sehr, nicht?“ hackte sein Cousin nach.

Mariku nickte. Nach einem kurzen Moment der Stille fügte er hinzu: „Wenn das alles ist, verpiss ich mich mal.“ Er erhob sich, wurde aber von Rishido zurückgehalten.

„Okay, von mir aus. Geh. Aber Mensch, Mariku. Verbau dir nicht dein verdammtes Glück. Eine feste Beziehung ist wirklich nicht das ultimativ Böse. Klar, jagen ist geil, jede Nacht wen anderes im Bett zu haben noch geiler, aber mal ehrlich, der Sex an sich ist doch viel besser, wenn man gemeinsam daran arbeitet. Und so richtig befriedigt zu sein wiegt ziemlich viele One Night Stands auf. Ist meine Meinung. Musst sie ja auch nicht beachten.“

„Werde ich auch nicht.“, knurrte Mariku. Hatte er nicht schon mal gesagt, dass er es hasste, wenn man in seine Privatsphäre eindrang? Er kam schon klar.

„Lust auf ein bisschen zocken?“

Das klang wie ein Friedensangebot.

„Okay, was hast du neues?“ Er nahm es an. „Hast du noch mehr Bier im Kühlschrank?“
 

Gut zwei Stunden und vier Bier später – das fünfte in der Hand – verliess er Rishidos Wohnung. Und wer wusste auch schon genau, was er jetzt tun wollte. Verlassen hatte er die Wohnung glücklich gestimmt, aber mit jedem Schritt, den er sich von der Spielkonsole entfernte, keimte die Laune wieder auf, die er seit dem Gespräch mit Rishido unterdrückt hatte.

„Fuck you!“, zischte er ziemlich laut, was ihm einen entsetzten Blick eines älteren Passanten einbrachte.

Er musste etwas tun, etwas grossartiges, etwas, das ihn lange genug ablenken würde, bis er wieder normal denken konnte: er tippte in sein Handy die Nachricht „Grad Zeit und 22.5 cm Platz?“ und versandte sie an all seine Sexkontakte.

Keine fünf Minuten später hatte er die ersten Antworten. Er grinste. Klangen vielversprechend – und passten von den angegeben Zeiten ideal aneinander vorbei. Und einer wohnte gar nicht so weit entfernt. Er änderte seine Gehrichtung. Er hatte doch gesagt, der Tag heute war einfach perfekt. Er kramte sein Handy erneut hervor, suchte seine Kopfhörer und wählte einen Titel. „Symphonie of Agression“. War zwar nicht so ganz seine Musik, zu viel Geschnörkel und Melodien, aber gerade hatte er Bock drauf. Die harten Klänge befriedigten seine Seele auf eine ganz andere Weise, als das Sex konnte. Nur das Gefühl der Allmacht, das er dabei verspürte, war beiden gemein. So schritt er, stark und unnahbar, durch den hässlichen Nieselregen der sich eingestellt hatte. Seine Haltung zeigte deutlich, dass ihm alles egal war und alles an ihm abprallen würde. Ausgenommen jene, die er aus einer erbarmungslosen Gemütsregung der Lust zu sich liesse.

Die ersten Gitarrenriffs des folgenden Stücks erklangen, als er sein Ziel erreichte und er bei seinem zweiten Fick für heute klingelte. Der Typ war zwar älter als Mariku, sah aber jünger aus und war die geborene Sexbeziehung. Der Sex mit ihm erreichte zwar nur sechs von zehn Punkten, aber er war unkompliziert, machte alles mit, was Mariku verlangte und vor allem ging er einem nicht mit übermässigem Konversationsdrang oder Gesülze auf die Nerven. Sie fickten und für beide war es gut so. Oder für alle drei. Das war auch schon vorgekommen. Eben, unkompliziert.
 

Mariku fühlte, dass er morgen verdammten Bauchmuskelkater haben würde. Nicht, dass er sich beklagen wollte. Es hatte sich gelohnt, sogar mehr als. Selbst, wenn er morgen nicht einmal den kleinen Finger rühren könnte, es hatte sich gelohnt. So viele Kerle hatte er schon lange nicht mehr an einem Tag gehabt. Vor allem einzeln, ohne teilen zu müssen. Gegen Ende hatte er zwar wirklich Mühe gehabt, noch zu kommen. Aber siebenmal war eine eindeutig zufriedenstellende Bilanz. Er war erschöpft, aber verdammt glücklich.

Er kehrte in den nächsten Supermarkt ein und holte sich einen Energydrink. Den hatte er jetzt dringend nötig. Energie und etwas Ruhe, dann würde einmal noch drinliegen. Und dieses eine Mal sollte der krönende Abschluss des perfekten Tages bilden. Und auch wenn er normalerweise den öffentlichen Verkehr verfluchte, weil alles so verdammt lange dauerte und er seinen Sound nicht auf ohrenbetäubende Lautstärke stellen konnte, so war er heute ganz froh, um die Zeit der Erholung blieb, bis er bei Ryou ankommen würde.

Er setzte sich ans Fenster, kramte sein Handy hervor, um Musik zu hören. Bis eben hatte er die Stille der Befriedigung genossen, doch jetzt, eingepfercht mit anderen Menschen, jetzt brauchte er seine geliebte Musik. Er wählte diesmal eines seiner Lieblingsalben – zu „The Quest of Absurdity“sah er heruntergekommene Wohnhäuser vorbeiziehen. Eigentlich war er gar nicht so weit von zu Hause entfernt. Aber er wollte zu Ryou. Ein letzter Fick für heute und dann neben seinem nackten Körper pennen. Das war es, was Mariku wollte. Wonach er sich sehnte. Langsam schlummerte er ein.
 

Die Station, an der er umsteigen musste, verpasste er erstaunlicherweise nicht. Er war genau im richtigen Moment aufgewacht - und hatte zum Glück nicht im Schlaf gesabbert, wie er erleichtert feststellte. Umsteigen, und weiter ging die inzwischen doch nervtötende Fahrt. Fuck, er wollte zu seinem Kleinen. Oh, und wenn er schon an ihn dachte – es wäre vermutlich nicht schlecht, wenn er Ryou informieren würde, dass er kommen wollte. „Hey Sweetie, bin wider auf dem Weg zu dir, hab Bock afu dich. Wage es nicht, micht da zu sein!“

Er las die Nachricht nochmals durch, korrigierte den Tippfehler – warum eigentlich? - und schickte die Nachricht ab. Dann lehnte er sich zurück, blickte aus dem Fenster und genoss seine Musik. Er beäugte die entgegenkommenden Autos, täumte davon, bald ein eigenes zu haben... daher fuhr er auch mit seinem peinlichen Rad durch die Gegend. Er sparte lieber auf ein Auto als auf ein Motorrad, es erschien ihm einfach praktischer und durchaus genauso cool. Fahren konnte er ja bereits, er müsste nur noch die Prüfung machen. Und eines Tages, wenn er Geld verdienen würde, dann könnte er sich nicht nur ein Auto, sondern später auch noch ein Motorrad kaufen. Ihm fuhr ein Taxi entgegen und Mariku grinste breit. Oh ja! Dieser Blick gestern, der war einfach köstlich gewesen. Als sein Kleiner realisiert hatte, dass sie beobachtet worden waren – für einen Moment waren alle Emotionen wie weggeblasen gewesen, dann hatte sich Fassungslosigkeit auf dem Gesicht breit gemacht und letzten Endes hatte Ryou es mit einem leichten Schulterzucken abgetan. Ob sie weiter gehen konnten? Sex irgendwo in der Öffentlichkeit, mit der Gefahr, jederzeit entdeckt zu werden? Er stand da auf jeden Fall drauf. Aber bei dem Weisshaarigen war er sich da nicht so sicher. Die Zukunft würde es zeigen. Und er würde ihm immer wieder Stösse in die richtige Richtung geben, dann würde das schon werden. Anfangs hätte er ja auch nie vermutet, wie weit er ihn treiben konnte.

Endlich erreichte der scheiss Bus an Ryous Haltestelle. Er hasste öffentliche Verkehrsmittel aus ganzem Herzen. Mariku stieg aus, und allein der Gedanke, dass er seinen Kleinen gleich vögeln würde, liess ihn hart werden. Raschen Schrittes brachte er den Weg von der Haltestelle zu Ryous Haus hinter sich. Er betrachtete die Blumenbete, die das Haus der Bakuras umsäumten, und fragte sich, wie sie wohl im Sommer aussehen würden: Ryou wäre bestimmt wunderschön im Sommersonnenlicht mit diesem bestechend süssen Lächeln, das er so mochte in seinem Gesicht.

„Warum denke ich über so einen Fuck nach?“, wunderte er sich murmelnd und kickte dabei die Kieselsteine des Gartenweges vor sich her. In diesem Moment vibrierte sein Handy. Ryou hatte geantwortet: „Klar, komm einfach hoch. Bin auf meinem Zimmer“.

Er war doch schon hoch gekommen, Mariku grinste breit. Vor der Haustür angekommen drückte er die Klinke und zu seinem Erstaunen war nicht abgeschlossen. Sichere Gegend, was? Er grinste verächtlich und durchschritt den Eingangsraum. In dem Moment, als er einen Fuss auf die Treppe gesetzt hatte, öffnete sich eine der nahen Türen und Ryous Mutter erschien. Sie blieb erschrocken stehen, starrte Mariku mit weit geöffneten Augen an und erinnerte ihn in diesem Moment unglaublich an eine Milf aus einem der wenigen Hetenpornos, den er sich reingezogen hatte, als er sich seiner Orientierung noch nicht so ganz im klaren gewesen war.

Er grüsste kurz ohne sie anzusehen, stieg weiter nach oben. Ryous Zimmertüre war zu, er öffnete sie. Es war dunkel im Zimmer. Er wollte nach dem Lichtschalter tasten, als er eine Stimme hörte: „Mariku?“

„Ja?“

„Komm rein und schliess die Tür ab!“

Ryous Stimme war zwar leise, zitterte vielleicht sogar etwas, doch es war eindeutig eine Aufforderung

„Na warte, ich bringe dir schon noch bei, wer hier wem Befehle gibt!“, dachte Mariku, tat aber, was sein Kleiner wünschte.

Er hörte etwas, ein dumpfes Geräusch... in dem Moment, als er den Schlüssel im Schloss gedreht hatte und sich umwandte, knipste Ryou seine Nachttischlampe an. Kurz kniff der Blonde die Augen zusammen, er öffnete sie jedoch blitzartig wieder, als er ein leises, metallenes „Klick“ hörte. Er schaute zum Bett, wo der Weisshaarige lag und ihm verschlug es die Sprache. Ihm. Mariku Ishtar. Der einzig Wahre. Genau ihm klappte die Kinnlade runter, als er ihn sah. Nackt. Wundervoll. Die Handschellen. Den Analplug. Die weggeschobene Decke.

Ein heisses, warmes Gefühl durchströmte Mariku und langsam schritt er auf seinen Liebsten zu.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  jyorie
2014-11-11T16:09:14+00:00 11.11.2014 17:09
Hallo (^o^)y

oh weh, armer Ryou, wenn er wüsste was Mariku so den ganzen Tag lang getrieben hat, ob er sich dann abends noch so auf ihn freuen würde. XD scheint so als wenn Mariku sich mit aller Macht dagegen wehren möchte dass er auf einmal Gefühle für Ryou bekommt, und das es ihn ganzschön durcheinander bringt.

Ein schönes Kapitel , ich bin gespannt, ob es Ryou gut tut, das er sich Mariku so ausliefert^^°

Liebe Grüße, Jyorie

Antwort von:  jyorie
11.11.2014 17:09
sorry, bin auf dem Sprung...
Antwort von:  DivaLila
11.11.2014 18:57
Hallo! :3

Mariku behandelt Ryou wirklich nicht gerade nett, aber wie du ja festgestellt hast, wehrt er sich irgendwie gegen eine zu feste Bindung.
Und Ryou selbst... ist eigentlich durchaus schlau ;)

Danke für die lieben Worte, bald ist es soweit und der grosse Showdown beginnt *übertreib*
Wir lesen uns bald, hoffe ich ;)
Liebste Grüsse zurück!


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