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Treat it like that

Fortsetzung zu Please don't be like this
von

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VII

Es war wirklich lang her und er hatte das Gefühl schon beinahe vergessen.

Die letzten Male hatte er im Auto nur als Beifahrer verbracht oder war nur reguläre Strecken durch die Stadt für Besorgungen gefahren, die ein Auto nötig machten.

Nun hier zu sitzen, die Beschleunigung zu fühlen, deutlich zu merken, wie gut dieses Auto in den Kurven lag, ließ Erinnerungen in ihm wach werden. Auch, wenn er deutlich wusste, dass es nicht lang währen würde.

Natürlich, das letzte Mal, als es diese Situation wenigstens annähernd erlebt hatte, war er wortwörtlich in Rauch aufgegangen und doch war das eine Tatsache, die sich recht gut verdrängen ließ. Immerhin, wirklich Zeit blieb dafür nicht.

Der Start war gut gelaufen, das war schon die halbe Miete, doch noch hatte er es nicht geschafft. Und dass sein Freund in einem der Autos saß, ließ den Adrenalinpegel nur umso weiter steigen.

Das Navigationsgerät übernahm die Aufgaben des Spotters, wo sie die Fahrt über die reguläre Straße führte, durch die Berge, doch wenigstens war hier um diese Zeit außer ihnen niemand unterwegs. Umso leichter fiel es, sich über die Strecke zu manövrieren, die Chancen umso besser zu nutzen, wenn er auch kaum wahr nahm, welches Fahrzeug er gerade hinter sich ließ, selbst, wenn es einige Male recht knapp war und es ihm natürlich niemand einfach machen wollte. In dieser Hinsicht machte sich seine Erfahrung einfach bemerkbar.

Abgesehen davon war dieses Auto wirklich gut zu diesem Zweck ausgebaut, doch das war nichts, das er auch nur irgendwie weiter hinterfragen wollte. Auch, wenn Kazuko eine Frau war, wenn er sie bisher nie hatte fahren sehen, doch er wusste, dass das nichts zu sagen hatte. Obwohl sie sich gut verstanden bedeutete das längst nicht, dass er sie schon gut genug kannte.

Es kam ihm vor wie nur wenige Sekunden, bis das Ende der Strecke nach nur noch wenigen Augenblicken, nur zwei weiteren Kurven vorher gesagt wurde. Kaum zu glauben, dass sie diesen Berg wohl schon einmal umrundet haben sollten und schon kurz vor der nächsten Kurve hatte er den nächsten Wagen vor sich.

An sich war das nicht verwunderlich, bedachte man die Länge der Strecke und die Menge an Autos, doch bisher war es nicht so knapp vor einer Wendung gewesen. Er wollte nun nicht abbremsen, auch wenn er sah, dass der andere Fahrer die Biegung innen nehmen würde, wie es jeder vernünftige Mensch tun würde. Dann blieb ihm wohl lediglich Eines: Er musste außen herum.

Es war riskant, doch die unliebsame Alternative wäre die Bremse, die dazu verhelfen würde, dass er hinter dem Anderen blieb. Und auch, wenn er eigentlich kein Rennen hatte fahren wollen, wenn sie ihn aus der Wertung ließen, so war es sein Stolz und das Adrenalin, das ihm zu Anderem riet. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!

Es waren nur wenige Augenblicke, sein Herz raste und vor seinem inneren Auge verlangsamte sich die Zeit, als er sich quasi bereits in den Abgrund stürzen sah.

Ein beherzter Zug an der Handbremse, das richtige Einlenken und als er förmlich um die Kurve flog, nur knapp vor dem Anderen wieder einscherte und damit auf die Zielgerade bog, war alles wieder normal.

Nur wenige Meter weiter ging er dann doch vom Gas, um in dem entsprechenden, dafür vorgesehenen Bereich zum Stehen zu kommen, den Wagen verstummen zu lassen. Und als er ausstieg, Kazuko unter den Anwesenden ausmachte, konnte er bereits ihr gewinnendes Schmunzeln erkennen.

Also ging er auf sie zu, sich kurz, aber aufmerksam umblickend, ehe er ihr den Schlüssel reichte.

"Nicht einen Kratzer.", ließ er sie wissen, beruhigend lächelnd.

"Wo sind die anderen?", hinterfragte er ruhig, doch sie lachte auf zur Antwort, deutete auf die weiteren Autos, die nun hinter ihm zum Stehen kamen, wenn er dem auch nur einen kurzen Blick widmete.

"Die kommen jetzt erst, du warst der Erste. Und ich glaube, du hast einen furchtbar, furchtbar tiefen Kratzer hinterlassen.", grinste sie, wies mit einem Nicken auf eine Stelle hinter ihm und als er sich erneut umwandte, erkannte er einen äußerst unzufrieden wirkenden Blonden, der verbissen auf ihn zustapfte. Eine Tatsache, die ihn kritisch die Brauen heben ließ.

Denn während Kazuko weiterhin sichtlich amüsiert wirkte, war er selbst zutiefst alarmiert. Dieser Blick hatte selten etwas auch nur ansatzweise Gutes zu bedeuten. Genauso wusste er: Fragen musste er sicherlich nicht erst. Und auch der Blonde bestätigte ihm das, als er ihn mit der flachen Hand an der Brust zurück stieß.

"Was sollte das denn gerade?", fuhr er ihn an, doch die Frage irritierte Uruha sichtlich.

"Was sollte was?", hinterfragte er, doch Ruki zog wütend die Brauen zusammen.

"Du hast mich geschnitten!", war die aufgebrachte Antwort in einem Tonfall, als wäre sie eigentlich vollkommen überflüssig, weil es doch offensichtlich war.

Doch nun zog auch der Ältere die Brauen zusammen, zuckte aber auch die Schultern.

"Ich war doch sowieso schneller. Ich war weg, bevor dich das überhaupt behindern konnte.", ließ er ihn gelassen wissen. Im Nachhinein betrachtet vielleicht nicht die beste Idee, wie er hätte vorhersehen können. Denn natürlich machte es das nicht besser. Stattdessen fuhr sich der Blonde um Fassung ringend durch das Haar, wandte sich kurz ab, um unruhig, unkoordiniert wenige Schritte nach Links und Rechts zu tun, ehe er sich wieder auf den Dunkelhaarigen fixiere.

"Das war totaler Schwachsinn! Du hast dich gefährdet, du hast mich gefährdet und vor allem auch die Autos, es hätte alles passieren können!", brachte er bemüht hervor und nur noch ein wenig mehr zog der Angesprochene die Augenbrauen zusammen. Es war, als wären ihre Rollen verdreht und auch, wenn ihm diese Situation nicht zusagte, es tatsächlich ernst war, so war zugleich etwas in dem Blick des Jüngeren, das ihm sagte, dass das ihre Chance sein würde. Und so atmete der Größere tief durch.

"Willkommen in meiner Welt. Aber wie du siehst, auch mir passiert so schnell nichts.", stellte er klar. "Du bist der Einzige, der hier Schaden genommen hat. Du und dein aufgeblasenes Ego, das nicht zulassen will, dass jemand besser ist als du.", fuhr er fort und als sich das Gesicht des Blonden deutlich verfinsterte, hoffte er, dass er nicht etwas falsch verstanden hatte, nicht falsch interpretiert und er nicht der Einzige war, der in dieser Situation ihre Gelegenheit sah. Eine Gelegenheit, die auch dafür sorgen würde, dass der Jüngere sein gegebenes Versprechen tatsächlich nicht brechen musste wie es von der Obrigkeit offenbar erwartet wurde.

Doch selbst wenn er etwas missverstanden hatte, nun war es ohnehin zu spät, da konnte er auch einfach weiter machen.

"Weißt du, ein Wunder, dass bei diesem riesigen Ego überhaupt noch genug Platz in der Bude ist, dass du die mit jemandem teilen kannst.", fuhr er also fort und einmal mehr verzog sein Gegenüber das Gesicht, ehe er antwortete.

"Weißt du, tatsächlich wird es mit dir und deiner großen Klappe ziemlich eng.", es klang schon beinahe schnippisch.

"Du kannst ja sehen, wo du unter kommst. Ich freue mich jedenfalls drauf, euch Beide nicht so schnell wieder zu sehen.", fuhr er schließlich fast gefährlich leise fort, fixierte den Dunkelhaarigen, ehe er sich aber an ihm vorbei drängte, ihn provokativ auch mit der Schulter zur Seite stieß, um sich wieder unter das Volk zu mischen, wo auch Nara inzwischen auf ihn wartete.

Doch es waren die Finger, die schon beinahe vorsichtig und wie eine nur zufällige Berührung die seinen striffen, als der Blonde vorbei ging, die ihm klar machten, dass zwischen ihnen alles in Ordnung war, auch, wenn sie zukünftig wohl eher auf sich allein gestellt sein würden.
 

Mit einem breiten Grinsen wurde er von dem Mann empfangen, von dem er mittlerweile sicher war, dass er hier die Fäden in der Hand hielt. Ob er aber auch alle Anweisungen gab, wie diese bewegt wurden, oder ob er diese nur ausführte, davon war er noch nicht überzeugt. Aber immerhin, er war hier, um das heraus zu finden - jedenfalls auf längere Sicht, denn gerade ging es ihm um etwas Anderes. Und so stopfte er die Hände in seine Taschen, als er zu Nara aufblickte, die Kiefer aufeinander gepresst.

"Und? Wozu war das Ganze hier jetzt gut?", hinterfragte er schließlich knurrend. Diese Strecke, das Navigationsgerät, die anderen Fahrer, irgend einen Sinn sollte das wohl gehabt haben. Doch der Andere zuckte die Schultern.

"Es ging um einen Job. Einen ziemlich gut bezahlten. Aber vielleicht sollte ich lieber deinen Freund nehmen?", fragte er herausfordernd und es amüsierte ihn offenbar, wie sich die Augen des Blonden verengten.

"Ich habe keine Ahnung, von wem du redest.", gab er trocken zurück, aber sein Gegenüber schien das einfach zu ignorieren.

"Aber wie es aussieht wirst du das Geld zukünftig wohl recht gut gebrauchen können, wenn du deine Wohnung selbst halten willst? So weit ich es mitbekommen habe, ist die nicht gerade günstig. Und dann nur ein Job als Mechaniker...ich weiß nicht.", fuhr der Dunkelhaarige gelassen fort, erntete allerdings nur ein weiteres Schnauben. Er sollte endlich zum Punkt kommen.

"Hör mal, wenn ich ein Fan von endlosen Monologen und Rumgeschwafel wäre, dann könnte ich mir den Typen da hinten auch weiterhin als zahlendes Haustier halten. Also raus mit der Sprache, worum geht es genau?", fragte er deswegen weiter und das Grinsen auf den Lippen des Anderen wurde zu einem zufriedenen Schmunzeln.

"Du fährst als Kurier. Wenn ich dir sage, du sollst zu einem bestimmten Ort kommen, dann kommst du da hin. Wenn ich dir sage, du sollst zu einer bestimmten Zeit da sein, dann bist du um diese Zeit da. Imamura wird dir in der Werkstatt den Rücken frei halten.", klärte er endlich auf, musterte den Blonden noch einmal ausgiebig. "Und du hast wirklich Glück, dass ich dich gut leiden kann und du tatsächlich gut bist. Sonst wärst du längst nicht so weit.", stellte er auch weiter klar, brachte Ruki aber dazu, die Augen zu verdrehen.

"Schon klar. Aber wenn du den Besten willst, dann musst du mir schon vertrauen.", erwiderte er selbstbewusst, reichte dem Älteren aber erst einmal die Autoschlüssel.

Als hätte er es allerdings erwartet, winkte dieser nur ab, schief lächelnd. "Behalte die Schlüssel. Mit irgendwas musst du ja auch fahren können. Und wenn ich den Besten vom Besten will, braucht der wohl auch den besten fahrbaren Untersatz.", wies er an, entlockte aber auch dem Jüngeren damit ein Schmunzeln. Auch, wenn so ein neues Auto in seiner Umgebung beinahe 'gar nicht' auffallen würde, aber ihm selbst sollte das wirklich recht sein.
 


 

Dass ein solcher Start nach dem neu beschlossenen Ansatz viel zu gut war, um wahr zu sein, war vorhersehbar gewesen.

Es dauerte nicht lang und die anfängliche Euphorie wich klarer Ernüchterung. Anfangs hatte auch Watanabe sich vollkommen im Recht gefühlt, doch bald hatte auch er einsehen müssen, dass es sie bisher nicht einmal bedingt voran brachte.

Besonders für Uruha und Ruki war es mittlerweile wirklich frustrierend. Sie bekamen sich nur noch auf der Arbeit zu Gesicht und mussten sich dort aus dem Weg gehen, wie es Freunde taten, die miteinander gebrochen hatten, doch für den Weg zurück war es zu spät und auch Watanabe forderte weitere Geduld.

Einziger Vorteil war, dass Ruki tatsächlich vermehrt auswärts unterwegs war. Allerdings waren die Fahrten meist zu spontan und er wusste nie, ob in seiner Abwesenheit etwas in dem Wagen deponiert worden war und die Destinationen waren derart unregelmäßig und folgten keinerlei Muster, so dass auch das sie zu keiner Spur brachte.

Dass Uruha nicht wohnungslos bleiben würde war hingegen vollkommen vorher zu sehen gewesen und das Misstrauen war gewachsen, als er bemerkte, dass Kazuko nicht nur das teure Hobby Auto hatte, sondern auch noch eine große Wohnung mit Gästezimmer allein bewohnte. Aber noch immer weigerte sich alles in ihm, sie zu unrecht zu verdächtigen. Und trotzdem blieb er aufmerksam, aber sie war offenbar bemüht, ihm auch keine weiteren Anhaltspunkte zu geben.

Dass sie nicht einmal letzte Absprachen hatten treffen können, als er selbst einige seiner Sachen aus der Wohnung geholt hatte, wurmte den Dunkelhaarigen in der Tat mit jedem Tag mehr und so langsam machte es ihm auch körperlich zu schaffen. Es konnte nicht gesund sein, sich dauerhaft gegen etwas wehren zu müssen, das man so unbedingt wollte, unbedingt brauchte. Und schon seit Tagen überlegte er, wie er seinem Freund am Besten eine Nachricht würde zukommen lassen können.

Vielleicht war er mittlerweile paranoid, aber ein Anruf kam für ihn nicht in Frage. Wer wusste schon, ob Ruki wirklich Zeit hatte und wer gerade mithörte. Genauso wenig konnte er ihm eine Nachricht senden, wenn er nicht wusste, wer möglicherweise das Handy gerade in der Hand hielt. Ihm einen Zettel zuzustecken, wie ein kleiner Schuljunge erschien ihm auch recht ungünstig, wenn er keine Ahnung hatte, wann der Andere ihn finden würde und wer ihn vielleicht schon vorher in der Hand hatte. Es war zum wahnsinnig werden. Er war sich sicher, dass die Lösung vollkommen simpel sein würde, aber er kam einfach nicht darauf und mit einem frustrierten Schnauben kritzelte er daher lieber weiterhin undefinierbare Linien auf ein Schmierpapier. Sie halfen vielleicht nicht bei der Ideenfindung, aber wenigstens konnte er so etwas Frust abbauen.

Immerhin, es waren gerade keine Kunden hier, die ihn in seinen Gedankengängen unterbrechen konnten, wo er doch gerade durchaus Wichtigeres zu tun hatte.

Allerdings war es ein Klirren und ein Fluchen hinter ihm, das ihn zusammenzucken ließ und als er sich umdrehte sah er den Blonden, der verärgert auf ein zerbrochenes Glas am Boden hinab sah und mit den wüstesten Beschimpfungen bedachte und egal, was er am liebsten getan hätte, gerade verdrehte er nur die Augen - er hatte schließlich keine Ahnung, wo alle anderen waren.

"Ich glaube nicht, dass das Glas sich selbst runter geworfen hat.", ließ er ihn trocken wissen und mit zusammengezogenen Brauen sah der Angesprochene auf, verstummte in seinen Flüchen, ehe er das Gesicht verzog, als er in die Hocke ging.

"Lass die dummen Sprüche und gib mir wenigstens etwas, womit ich das wegmachen kann!", forderte er und begann schon einmal damit die großen Splitter aufzusammeln. Und wenn auch unwillig, so legte der Dunkelhaarige den Stift beiseite, um entsprechendes Equipment zu besorgen, ehe er sich wieder zu dem Jüngeren begab, sich zu ihm kniete und erst jetzt erkannte er, was tatsächlich vor sich ging, als Ruki für einen Moment inne hielt, ihn mit aufmerksamem Blick musterte.

"Heute Abend, 21Uhr. Ich habe dir die Koordinaten in die Jackentasche gesteckt.", flüsterte er ihm zu, warf noch einen kurzen, flüchtigen Blick hinter sich, wo Imamura gerade unter einem Auto beschäftigt war und nur kurz folgte Uruha diesem Blick, ehe er seinen Gegenüber wieder anblickte und ein vorsichtiges Lächeln gar nicht zurück halten konnte.

Hingegen war alles so schnell vorbei, wie es gekommen war, als der Blonde stattdessen nur noch einmal schnaubte, dem Dunkelhaarigen alles förmlich aus der Hand riss.

"Hör auf, so zu grinsen und sei lieber da!"

Auch, wenn Ruki es vielleicht nicht zugeben würde, so hatte Uruha den verhaltenen Ansatz eines Lächelns durchaus sehr gut sehen können.
 


 

Er war pünktlich. Um nicht zu sagen sogar überpünktlich.

Das Auto hatte er geparkt, konnte den frühen Sonnenuntergang über der Stadt beobachten - und dann hatte es angefangen zu regnen. Natürlich hatte es angefangen zu regnen. Allein, um das Klischee zu bedienen. Und gleich? Gleich würden sie sich sehen, sich in die Arme fallen, küssen und herzen und versuchen, sich mit Liebesbekundungen zu übertrumpfen.

Schon bei der Vorstellung verzog er das Gesicht. Das wären nicht sie, das wäre Disney. Und darauf, dass sein Partner anfangen würde zu singen, konnte er auch nach wie vor verzichten - und der sah das glücklicherweise genauso, so weit er das wusste.

Am Anfang waren es nur wenige Tropfen gewesen, die der Himmel freigegeben hatte, das machte ihm nichts aus. Mittlerweile regnete es allerdings in Strömen, doch er war mittlerweile derart durchgeweicht, dass es auch keinen Unterschied mehr machte.

Die Blonden Strähnen fielen in seine Augen, aberer wischte sie zur Seite, als er einen weiteren Blick auf Uhr die an seinem Handgelenk warf, wie so oft in den letzten 40 Minuten. Und Uruha war noch immer nicht da. Er war sich so sicher gewesen, dass er kommen würde. Inzwischen war er eine halbe Stunde zu spät. Und doch stopfte er seine Hände einmal mehr in seine Taschen, zog die Schultern an und warf einen weiteren, beinahe sehnsüchtigen Blick die Straße entlang in der Hoffnung, endlich das Auto entdecken zu können, das dem Älteren schon zu Beginn der Ermittlungen zugeteilt worden war. Doch wieder erwartete ihn nur der graue, dunkle Asphalt und trotzdem ließ noch immer ließ jedes Licht, das in der Ferne erschien, die Hoffnung aufflammen, die sein Herz höher schlagen ließ.
 

«

Schon seit seinem Feierabend kam er nicht mehr zur Ruhe und nun saß er schon seit geraumer Zeit auf der Couch, sein Knie wippte unruhig auf und ab, während er die Uhr anstarrte. Er verfluchte die Zeiger dafür, dass sie einfach kaum weiter wanderten und die Zeit nur förmlich voran kroch. Nun, wenigstens ging es in die richtige Richtung und der Moment, in dem er einfach wieder er selbst sein konnte rückte immer näher.

Und nun, wo er sich dem sicher sein konnte, zwang er sich dazu, den Blick von der Uhr los zu reißen, sah auf das Becherchen mit seinen Tabletten, das er unruhig in seinen Händen drehte.

Seit sie derart auseinander gerissen waren, waren die Schmerzen, die er bis dahin recht gut hatte verdrängen können, wieder zurück gekehrt. Das Spannungsgefühl war zeitweise unerträglich. Gerechnet hatte er damit schon gar nicht mehr. Und nun saß er schon wieder hier und überlegte, ob er wirklich erneut eine der Pillen nehmen sollte. Ganz wohl war ihm dabei nicht. Doch noch bevor er zu einer Entscheidung kommen konnte, war es die Stimme neben ihm, die ihn überrascht aufsehen ließ.

"Was hast du da?", fragte Kazuko, als sie sich zu ihm auf die Couch gesellte, blickte aufmerksam auf die kleine Dose, die Uruha ihr zur Verdeutlichung mit einem Schulterzucken entgegen hielt.

"Das sind nur Oxys. Du weißt schon, wegen den Narben.", fing er an, doch sie hob die Brauen. Sie wusste davon, das war ihm klar. Und doch wirkte sie etwas ratlos, weswegen er schief lächelte.

"Es wird noch eine Weile dauern, bis alles wirklich vollkommen verheilt ist und keine Probleme mehr macht. Ein paar werden auch immer bleiben.", stellte er klar und es war Erkenntnis, die sich in ihren Blick schlich.

"Unglaublich, dass du dir so etwas für diesen Idioten eingefangen hast. Er stolziert jetzt da draußen herum, als wäre nie etwas gewesen und du hast die Probleme.", murmelte sie und der Blick des Dunkelhaarigen verfinsterte sich für einen Augenblick. Natürlich, sie wusste es nicht besser, kannte die wahre Geschichte nicht, sondern nur die, die für sie erdacht worden war. Eine Geschichte, in der es Ruki gewesen war, der den Unfall hatte, und Uruha, der ihn aus dem bereits brennenden Auto gezogen hatte - offiziell hatte er den Blonden gerettet und selbst die Konsequenzen zu tragen. Doch der leise Vorwurf, der bei dieser Geschichte laut wurde, verpasste ihm immer wieder einen Schlag in die Magengrube und ein schlechtes Gefühl, egal, wie sehr er wusste, dass es nötig gewesen war.

Nun allerdings zwang er sich ein schiefes Lächeln auf die Lippen, zuckte einmal mehr die Schultern.

"Das ist nicht mehr zu ändern und auch das wird irgendwann vorbei gehen.", stellte er schlicht klar, wollte er doch nicht weiter darauf eingehen.

Dass sie in dem Moment allerdings nur noch ein Stück näher rutschte überraschte ihn zusehends und seine Augenbrauen wanderten in die Höhe. Was hatte sie denn jetzt vor?

"Darf ich sie vielleicht mal sehen?", beantwortete sie ihm allerdings auch schon die Frage und auch, wenn er den Sinn nicht verstand, aber was sollte schon dabei sein. Und so nickte er leicht, stellte die Tabletten beiseite, um ihr den Rücken zuzuwenden, während er sich das Shirt über den Kopf zog, selbst nur stumm geradeaus blickte.

Er wusste genau, dass sie Ruki für das verantwortlich machte, was sie da sah. Das hatte sie ihm gerade erst einmal mehr deutlich gemacht. Und dabei war es doch so, dass er ohne den Blonden in Wahrheit womöglich gar nicht mehr leben würde.

Und vor allem mit diesem Wissen waren es die kalten Finger, die er an seinem Rücken fühlte, die sich unangenehm und falsch anfühlten und ihn unter einem unbehaglich Schauder zusammen zucken ließen.

Noch bevor er es wirklich realisieren konnte, hatte er sich das Shirt wieder über gezogen und war aufgesprungen, hatte sich in dem Zug auch seine Tabletten und die Zigaretten genommen. Er musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass sie es nicht verstand, doch für Erklärungen hatte er gerade keine Nerven.

Wieder wanderte sein Blick zur Uhr - noch etwa eine Stunde, bis er los musste, um pünktlich zu sein - ehe er sich auf den Weg hinaus auf den Balkon machte. Und während er sich eine Zigarette anzündete, war ihm klar, eine Tablette würde ihm reichen müssen, bis es so weit sein würde und er Ruki unter normalen Umständen wieder sehen würde.

Dass ihn die Nebenwirkungen viel zu früh unfreiwillig in den Schlaf zwingen würden, damit rechnete er in diesem Augenblick absolut nicht.

»
 

Kilometer entfernt war es der Blonde, der mittlerweile die Arme vor der Brust verschränkt hatte. Es waren Wut und Enttäuschung, die einen inneren Kampf in ihm fochten, die Kiefer aufeinander gepresst.

Er war vollkommen durchnässt und durchgefroren, das Zittern ließ seinen Körper beben und doch bemerkte er es kaum.

Etwa zwei Stunden hatte er gewartet, kam sich nun vor, als wäre er der letzte Vollidiot, dass er noch immer hier stand.

Unzufrieden starrte er die Straße entlang, rührte sich nicht, und gleichzeitig nahm er nichts mehr um sich herum wahr.

Er konnte es nicht glauben, er WOLLTE es nicht glauben, aber es war offensichtlich: Uruha hatte ihn versetzt. Und er hatte ihm nicht einmal abgesagt.

Gleichzeitig war es eine Sorge, die ihn befiel, dass dem Dunkelhaarigen etwas passiert sein könnte. Aber nach so langer Zeit hätte er das doch auf Umwegen bereits erfahren.

Also blieb ihm nicht viel, um Ruhe bemüht schloss er die Augen für einen Moment, atmete tief durch und drehte sich um, um seine Zelte an dieser Stelle abbrechen zu können und sich in eine Nacht mit einem furchtbare nagendem Gefühl in seinem Inneren zu begeben, das ihn noch lang wach halten würde.
 


 

Der nächste Morgen war angespannt, wie es schon lang keiner mehr war. Derart unsicher hatte er sich zuletzt gefühlt, als er zum ersten Mal vor Rukis Tür gestanden hatte und keine Ahnung hatte, was nun auf ihn zukommen würde, wie es weiter gehen würde. Derzeit war er angenehm überrascht worden. Doch er war sich sicher, dass es dieses Mal nicht der Fall sein würde.

Und als der offensichtlich übermüdete Blonde zur Tür herein kam - die Tasche geschultert, seinen Kaffeebecher in der Hand und die Kopfhörer auf den Ohren - und stockte, als er einen ganz klar sehr ausgeschlafenen Uruha sah, der an dem Verkaufstresen saß und von seinen Unterlagen aufblickte, als er die Tür vernommen hatte, konnte wohl auch nicht von positiver Überraschung die Rede sein. Augenblicklich verfinsterte sich dessen Gesicht weiter, ehe er die Tasche weiter hinauf schob, Uruha seinen wohl tödlichsten Blick zuwarf, sich dann aber auf den Weg zu den Mitarbeiterräumen machte.

Dass Imamura ihm entgegen kam, als der Jüngste die Räume wieder verließ und ihm ein breites Grinsen zuwarf, war dem sicherlich auch wenig zuträglich.

"Was denn, eine lange Nacht gehabt?", fragte er mit einem vielsagenden Unterton, doch der Angesprochene schnaubte nur unzufrieden.

"Viel zu lang. Und nicht auf die positive Art!", brummte er schließlich, ohne aber aufzusehen. Und dass er nicht weiter darüber sprechen wollte, zeigte er auch recht deutlich, denn zu mehr Worten ließ er keine Zeit, als er direkt in der Werkstatt verschwand.

Und doch, trotz dieser Laune wollte Uruha es nicht unversucht lassen, wenn er wohl besser noch etwas abwarten würde, auch, wenn er ganz genau wusste, dass nie sicher war, in welche Richtung sich das auswirken würde. Das konnte alles schlimmer machen. Aber es konnte auch dafür sorgen, dass der Blonde sich etwas beruhigen konnte. Und darauf baute er, egal, wie dringend er die Situation aufklären wollte.

Also wartete er bis zur Mittagspause, beobachtete so lang lieber. Dass er es noch immer als riskant empfand, immer noch das Gefühl hatte, dass alle Augen der Anwesenden auf ihnen lagen, ließ sich kaum verdrängen und trotzdem zog er den Blonden schließlich am Handgelenk zur Seite, ignorierte auch den verärgerten Blick, der sich augenblicklich auf ihn legte.

"Es tut mir leid, ich wollte gestern unbedingt da sein.", ließ er den Anderen leise wissen, doch der schnaubte nur verächtlich.

"Warst du aber nicht."

Natürlich, mit dieser Antwort hatte er rechnen müssen und trotzdem stimmte es ihn nicht einmal annähernd zufrieden.

"Das war keine Absicht!", stellte er deswegen klar, doch einmal mehr verzog der Jüngere das Gesicht.

"Dafür kann ich mir auch nichts kaufen.", stellte dieser entgegen, wand auch sein Handgelenk aus dem Griff, mit dem Uruha ihn weiter hielt.

Doch als dieser zu weiteren Worten ansetzte, warf er ihm einen Blick zu, der den Dunkelhaarigen verstummen ließ.

"Lass es einfach und kümmer dich um deinen eigenen Kram!", stellte der Blonde klar, zog sich damit aber auch seine Kopfhörer wieder über die Ohren, die bisher um seinen Nacken geruht hatten, brach damit auch jegliche weitere Gesprächsversuche ab. Und als wäre das nicht deutlich genug gewesen, so verließ er auch auf schnellstem Wege den Raum, ließ einen Dunkelhaarigen zurück, der ihm mit beinahe verzweifelten Blick nachsah.

Dieses Mal war die Wut nicht gespielt, das war deutlich. Und er konnte es wirklich gut nachvollziehen. Doch das Schlimmste daran war, dass er keine Chance hatte, das Problem irgendwie auszuräumen. Und das, obwohl diese Angelegenheit durchaus vollkommen 'seinen Kram' darstellte.



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