Es war dumm. Irrational und völlig bescheuert. Sie wusste das. Jeder wusste das. Man verliebte sich nicht in Scorpius Malfoy. Schon gar nicht, wenn man eine Weasley war.
Trotzdem war genau das passiert.
Von klein auf hatten sie sich nur gestritten, so wie es sich für einen Malfoy und eine Weasley gehörte. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass Scorpius Albus‘ bester Freund war und Rose sich generell gerne bei ihrem Lieblingscousin aufhielt. Dafür nahm sie sogar in Kauf, sich mit Scorpius Wortgefechte zu liefern. Rückblickend fiel ihr auf, dass ihr das sogar meistens irgendwie Spaß gemacht hatte, denn man konnte viel über Scorpius Malfoy sagen, aber nicht, dass er dumm war. So war es dann auch gar nicht so einfach, ihr Versprechen an ihren Vater zu halten, und ihn in jedem Test zu schlagen. Scorpius verbrachte seine Zeit sicher nicht mit Lernen, trotzdem schreib er immer gute Noten, was Rose maßlos ärgerte. Was sie allerdings noch viel mehr ärgerte, war, dass er ein absoluter Frauenheld war. Eigentlich war das nicht verwunderlich, er sah gut aus und war charmant – wenn er wollte. Dass Rose eifersüchtig war, hätte sie natürlich nie zugegeben.
Und so geschah in ihrem sechsten Schuljahr das Unausweichliche:
In einem Moment schmissen sie sich noch lautstark Verwünschungen an den Kopf, im nächsten lagen sie sich in den Armen und küssten sich. Und es fühlte sich absolut richtig an.
„Rosie“, flüsterte Scorpius atemlos und ihr Herz machte einen Hüpfer. „Bist du sicher?“
Rose lachte leise. „Seh ich aus, als wollte ich nicht?“, fragte sie neckend und das Lächeln auf Scorpius‘ Gesicht war so warm, weich und wundervoll, dass die Schmetterlinge in ihrem Bauch Tango tanzten.
Natürlich sagten sie es abgesehen von Albus niemandem, denn obwohl Rose am liebsten von den Dächern schreien wollte, dass Scorpius ihr gehörte – ihr, ihr und ihr allein – war natürlich beiden klar, was ihre Familien davon halten würde.
Rose‘ sechstes Schuljahr wurde wundervoll und verrückt und aufregend. Ihre Noten wurden schlechter, aber ihre Laune besser. Denn wirklich, wer wollte schon lernen, wenn er Zeit mit Scorpius verbringen konnte? Ihr Vater machte sich natürlich Sorgen und ihre Mutter vermutete, dass sie verliebt war, aber Rose sagte nichts. Scorpius war ihr bestgehütetstes und schönstes Geheimnis.
So wie ihr sechstes Schuljahr also ihr bestes gewesen war, würde das siebte nun wohl das schlimmste werden. Kurz vor den Sommerferien brachte Scorpius das Thema zur Sprache, von dem beide wussten, dass es unvermeidbar war.
„Rosie, wir können so nicht weitermachen.“
Rose nickte. Ihr war klar gewesen, dass es so enden würde.
„Ich will das nicht, aber unsere Familien… Es geht einfach nicht!“, fuhr Scorpius fort und Rose nickte erneut. Traurig umarmte sie ihn und versuchte, die aufkommenden Tränen hinunterzuschlucken. „Ich weiß, ist schon gut“, flüsterte sie und Scorpius Arme schlossen sich enger um sie.
Und nun begann das siebte Schuljahr und Rose wusste nicht, wie sie ihm begegnen sollte. Sie wollte nicht mit ihm reden, als wäre nie etwas geschehen, sie wollte nicht in alte Streitereien zurückfallen und vor allem wollte sie nicht sehen, wie er wieder der umschwärmte Frauenheld wurde und mit anderen Mädchen flirtete. Dass sie ihn überhaupt nicht sehen wollte, stimmte allerdings auch nicht. Natürlich wollte sie ihn sehen und vor allem wollte sie, dass er sie sah. Sie wollte sein wundervolles Lächeln, seine zärtlichen Umarmungen und dass er sie „Rosie“ nannte. Aber das alles konnte sie nie wieder haben, denn trotz allem war sie immer noch Daddy’s gutes Mädchen und tat, was von ihr verlangt wurde. Und das beinhaltete keine Beziehungen zu Slytherins, schon gar nicht zu Malfoys. Sie war sich sicher, wenn ihr Vater jemals davon erfuhr, würde er sie enterben, allerdings erst, nachdem er Scorpius zum Duell gefordert hatte, weil er ihre Ehre besudelt hatte, oder eine andere der ähnlich dämlichen Phrasen, die ihrem Vater manchmal einfielen.
Schweren Herzens machte sie sich auf zu ihrer nächsten Stunde. Kräuterkunde mit den Slytherins. Was auch sonst. Dabei hatte sie sich doch noch nicht überlegt, wie sie mit Scorpius umgehen sollte.
Wie sich herausstellte, war das jedoch nicht nötig, denn plötzlich wurde sie in ein leeres Klassenzimmer gezogen und stand Scorpius gegenüber, der ziemlich durch den Wind aussah.
„Rosie“, sagte er nur und Rose beschloss, darauf lieber nicht zu reagieren, obwohl ihr Herz hüpfte wie am ersten Tag, und sah ihn nur abwartend an.
„Es tut mir Leid, ich kann das nicht!“ Er fuhr sich durch die Haare und begann, auf und ab zu laufen. „Ich hab den ganzen Sommer nur an dich gedacht, ich kann das einfach nicht vergessen, ich kann dich nicht vergessen! Ich hab’s versucht, aber… Ich will dich nicht mit einem anderen sehen, ich…“ Noch bevor er geendet hatte, war Rose ihm förmlich um den Hals gefallen. „Ich auch nicht!“
Scorpius lachte befreit auf und küsste sie auf ihre weasley-roten Haare. „Dein Vater bringt mich um“, murmelte er und Rose grinste. „Er wird sich an dich gewöhnen müssen!“
In diesem Moment war sie sich sicher, dass es funktionieren würde, denn hier in Scorpius‘ Armen fühlte sie sich endlich wieder komplett.