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Herbstgeflüster

Slytherins und andere Katastrophen - Draco/OC
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
18.08.2016: Ich habe das erste Kapitel ein wenig abgeändert, da mir ein paar Dinge aufgefallen sind, die ich noch hätte einbauen können. Ich hoffe, es gefällt euch, wie es jetzt ist. :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
19.08.2016: So, habe dieses Kapitel nun ebenfalls überarbeitet. Ich hoffe, nun zufriedener damit zu sein. ^^' Viel Spaß damit. :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo, liebe Leser. Erstmal möchte ich mich dafür bedanken, dass ihr meine Geschichte lest und dass sie euch offenbar auch gefällt. Ich gebe mir wirklich große Mühe mit den Kapiteln und hoffe, dass ich euch weiterhin etwas bieten kann. Der Titel mag sicher etwas verwirren. Was es damit auf sich hat, solltet ihr allerdings selbst herausfinden. Liebe Grüße! Eure Lilliana Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Nachdem ich so lange immer wieder über Allison und Draco nachdenken musste, war der Drang letzte Nacht einfach zu groß, also habe ich mich an ein neues Kapitel gesetzt. Das nächste ist bereits in Arbeit. Ich muss allerdings noch etwas am ersten Kapitel ändern, da mir da ein böser Logikfehler unterlaufen ist, den ich ausmerzen muss. Die Korrektur folgt dann mit dem sechsten Kapitel. :) Ich freue mich jedenfalls darüber, dass Liz und Draco nun endlich die Gelegenheit für etwas mehr Interaktion erhalten haben. Nach den Sternchen ändert sich die Perspektive immer etwas, da ich es für angebracht hielt, auch Dracos Point of View etwas mehr durchscheinen zu lassen, da in Zukunft einige Dinge passieren werden, die das notwendig machen. - Viel Spaß damit und konstruktive Kritik ist gern gesehen. :) Komplett anzeigen

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Die Ravenclaw nimmt Notiz

Fettnäpfchen. Allison hasste sie wie die Pest, denn sie wurde von ihnen auf Schritt und Tritt verfolgt. Zumindest war sie sich sicher, dass es ziemlich unklug von ihr gewe­sen war, Hannah in der stillsten Minute des Astronomieunterrichts auf ihr Intermezzo mit diesem Hufflepuff Fünftklässler anzusprechen. Hätte sie doch wenigstens die Stimme gesenkt. Jetzt wusste natürlich die ganze Klasse, dass Hannah scheinbar auf jüngere Typen stand. Nicht, dass das ein Problem gewesen wäre, doch da neben ihr auf der Bank Hannahs Freund saß und gerade sein maßstabgetreues Modell der Milchstraße studierte, hätte sie doch besser die Klappe halten sollen. Für die Zukunft wollte sie sich diese Themen einfach verkneifen.
 

Mit schlechtem Gewissen begab sich Allison nun in die Kerker. Für heute stand Zauber­trankunterricht auf dem Plan und bei näherer Betrachtung ihrer Lage war sie sich schon gar nicht mehr so sicher, was ihr nun mehr Unbehagen verursachte – ihr schlechtes Gewissen wegen Hannah, oder die Aussicht auf eine Doppelstunde Zaubertränke mit den Slytherins. Immerhin hatte sie ihre Hausaufgaben vollständig. Nachdem sie den Abend zuvor darüber eingeschlafen war, hatte sie beim Frühstück alle Mühe gehabt, sie noch bis zur ersten Stun­de fertigzustellen. Der Weg vom Astronomieturm zu den Kerkern zog sich wie üblich endlos in die Länge und als sie gerade die Treppe zu den Kerkern hinunterstieg, begegneten ihr auch schon die ersten unnatürlich vergnügt schauenden Slytherins. Gut gelaunte Slytherins waren generell ein Grund zur Beunruhigung, was die Ravenclaw dazu bewegte sich langsa­mer dem Klassenraum für Zaubertränke zu nähern und dabei die Umgebung genauer in Au­genschein zu nehmen. War etwa Peeves in der Nähe? Oder hielt irgendjemand Stinkbomben hinter dem Rücken versteckt?
 

„Liz, stopp!“ Allison blieb stehen und sah zurück. Ihre Freundin Leah stand japsend am Treppenabsatz und winkte sie zu sich. Mit einem letzten Blick auf die Slytherins stieg sie die Treppen wieder hinauf. „Was ist?“, fragte sie irritiert. Leah jedoch setzte wieder einen ihrer strengen Blicke auf und deutete auf die Decke des Korri­dors. „Da oben. Sieh doch, du Blindfisch!“, wurde sie von ihr ermahnt. „Oh...“, stockte Alli­son und grinste verlegen. Die Wassereimer, die in einiger Entfernung von den Slytherins unter der Decke des Korridors schwebten, hatte sie ganz offensichtlich nicht bemerkt. Oh ja, das erklärte natür­lich einiges. „Gib's zu! Du wärst ihnen wieder, ohne was zu merken, in die Arme gelaufen!“ Die Ravenclaw zuckte nur leicht mit den Schultern. „Früher oder später hätte ich schon was gemerkt“, antwortete sie grinsend und dachte dabei an die peinliche Situation, in die sie da beinahe geraten wäre. „Ist ja auch egal. Snape wartet sicher schon und ich habe wirklich keine Lust auf Punkteabzug, nur weil die Idioten dort meinen, sie müssten den Gang blockieren.“ Sie überlegte einen Augenblick, wie sie aus der Sache am besten herauskamen. „Locomotor“, murmelte sie und richtete ihren Zauberstab möglichst unauffällig auf die schwebenden Wassereimer. Als sie diese unmittelbar über den Köpfen der Slytherins zum Stillstand gebracht hatte, fügte sie flüsternd „Finite Incantatem“ hinzu. Die Eimer, vom Zauber befreit und somit nur noch gewöhnliche Putzeimer, stürzten mit lautem Gepolter auf die Horde Slytherins hinab. Kichernd gingen die beiden Ravenclaws in Deckung. Natürlich würde der Lärm Snape auf den Plan rufen. Die Freundinnen taten jetzt also gut daran, sich möglichst aus der Schussrichtung zu bewegen. Und das taten sie auch, indem sie sich in einem anderen Korridor versteckten bis das Theater zu Ende war. Zu ihrer Ver­wunderung brachte der Professor für Zaubertränke die beiden auch später nicht in Verbin­dung mit dem Zwischenfall, aber Schüler ihres Hauses waren auch eher bekannt dafür, Aus­einandersetzungen und Streichen aus dem Weg zu gehen. Genau genommen benahmen sie sich eher unauffällig und hielten sich an die Regeln. Nur Allison tanzte da ein wenig aus der Reihe. Sie war unruhig, tollpatschig und stand generell immer im Konflikt mit den Schulre­geln. Doch sie hatte Leah, die immer ein oder zwei Augen auf ihr Benehmen warf und so war sie nur selten eine Gefahr für die Anzahl der Hauspunkte, die es bis zum Ende des Schuljahres zu sammeln galt.
 

Der Zaubertrankunterricht verlief im Vergleich zu dem Zwischenfall vor dem Klassen­raum eher ruhig, auch wenn Professor Snape die ganze Stunde seine volle Aufmerksamkeit auf sie alle gerichtet hatte. Offenbar befürchtete er ein weiteres Fehlverhalten seiner Schüler. Dennoch, die Slytherins mussten nur selten für den Ärger, den sie anrichteten, büßen. Zumindest wenn Snape den Unterricht gab und Zaubertränke gab er ja immer. Krankheit war für ihn ein Fremdwort.
 

Nach dem Unterricht verließen Leah und Allison rasch den Kerker. Sie hatten keine Lust darauf doch noch ins Visier genommen zu werden. „Da haben wir aber ganz schön Schwein gehabt. Du bist noch mein Ruin!“, zischte Leah Allison zu. „Gar nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn Snape dich erwischt hätte. Hätte am Ende noch gedacht, dass ich Mittäterin bin!“ Liz hörte ihre Freundin schon gar nicht, denn eben streifte etwas ihre Schulter, das ihre Nackenhärchen aufstellte. Es war Malfoy. Im Gegensatz zu seinen Kollegen war er nicht kletschnass. Offenbar hatte er ihre Unterhaltung mitbekommen. Im Gehen wandte er sich kurz Liz zu und grinste leicht. Sie blieb stehen und lief hochrot an. Was war das denn jetzt? Doch noch ehe sie sich darüber Gedanken machen konnte, war er auch schon wieder weg. Leah packte sie am Arm und zog sie mit sich. Offenbar hatte sie in ihrer Schimpftirade nicht mitbekommen, was gerade passiert war.
 

Erst beim Mittagessen beruhigte sich ihre Freundin wie­der ein wenig, was aber vor allem daran lag, dass sie ihren Freund Henry, einem Siebtkläss­ler aus Gryffindor, in der Menge erspähte und sich von da an von ihr verabschiedete. Allison sah ihr hinterher. Manchmal beneidete sie ihre Freundin darum, einen Freund zu haben, der nach dem Unterricht auf sie wartete und mit ihr die freien Nachmittage verbrachte. Doch dass sie ihn hatte empfand Liz nicht unbedingt als ein Wunder, denn Leah war wirklich außerordentlich hübsch. Ihr hellblondes, schulterlanges Haar fiel ihr in seichten Wellen über die Schultern und hellblaue Augen ruhten immer mit einem besorgten Blick auf Allison. Ihre Freundin war wirklich einfach nur wunderschön und manchmal fragte sie sich wirklich, ob nicht vielleicht eine Veela in Leah's Stammbaum wiederzufinden wäre. Aber vermutlich war das Unsinn. Vermutlich hatte die junge Ravenclaw einfach nur so wenig für sich selbst übrig, dass für sie alle anderen wie gemalt aussahen. Wenn sie dagegen in den Spiegel sah, fand sie nur wirres rotbraunes Haar, das eigentlich glatt sein sollte, aber ihr einfach nie ge­horchte und ein eher blasses Gesicht mit leichten Sommersprossen. Das einzige was sie an sich wirklich mochte, waren ihre Augen - blaugrün, wie das Meer – doch gebracht hatte ihr das bisher noch nichts. Denn so weit sie sich erinnern konnte, war sie immer Single gewe­sen und befürchtete, es wohl auch immer zu bleiben. Wenngleich sie auch in letzter Zeit das Gefühl hatte, vom Slytherintisch her ungewohnte Aufmerksamkeit zu bekommen – was ihr großes Unbehagen bereitete und sie zugleich ziemlich kribbelig machte. Natürlich konnte sie sich auch irren. Sie wollte sich irren. Als Reinblüterin hatte sie vor ihnen zwar nichts zu befürchten, aber wer wollte schon mit einem Slytherin Hand in Hand durch das Schloss spazieren? Nein, das kam ihr überhaupt nicht in die Tüte.
 

Und doch... Sie hob den Blick von ihrem Mittagessen und sah vorsichtig zum Slytherintisch hinüber. Da war er wieder, der blonde Typ mit dem kühlen Blick. Ihre Nackenhärchen meldeten sich wieder. War das wirklich Interesse, wie sie annahm, oder führte er vielleicht doch eher was im Schilde? Vielleicht aus Rache für den verpatzten Streich in den Kerkern? Was es auch war, er wurde ihr damit unheimlich. Sie ließ ihren Blick wieder sinken, aß rasch auf und verließ die Große Halle danach, um in der Bücherei ihre Hausaufgaben zu erledigen. Dieses Mal wollte sie nicht wieder erst am Abend damit beginnen. Und vielleicht würde sie das ja auch von dem Knoten in ihrem Bauch ablenken.

Im morgendlichen Getümmel

Die letzten gleißenden Sonnenstrahlen, die Mitte Oktober noch ab und zu die morgendliche Wolkendecke durchbrachen, kündigten an, dass der Herbst Einzug in Hogwarts gehalten hatte. Dichte Nebelschleier hüllten die Ländereien und das Schloss ein und verwandelten alles um sich herum in eine Bühne der stillen Melancholie. Nur wenige Schüler und Lehrer fanden Schönheit in diesen Augenblicken. Allison gehörte zu diesen Schülern und wenn man sie ließ, feierte sie die Ankunft des Herbstes, bereits im August. Es kümmerte sie dabei nicht, dass sie ihre warmen, dicken Pullover oftmals viel zu früh aus ihrem Koffer zog, oder dass sie mit ihren Lobeshymnen von Herbstlaub und Regen ihre Freunde und Mitschüler kein bisschen aus der Reserve locken konnte. Ihre Jahreszeit hatte begonnen und das war alles, was sie jetzt noch interessierte. Selbst an dem Slytherin, dessen Aufmerksamkeit sie ja scheinbar auf sich gezogen hatte und der ihr so unheimlich geworden war, verschwendete sie schon keinen Gedanken mehr.
 

„So ein Dreck“, jammerte Leah neben ihr, als sie gerade beim Frühstück in der Großen Halle saßen. „Es ist schweinekalt! Wozu hat man Magie, wenn keiner es für nötig hält, mal für ein bisschen Wärme zu sorgen?“ „Hm.“, stimme Allison halbherzig zu. Natürlich wurde es im Herbst und im Winter sehr zugig und kalt im Schloss. Das brachten die alten Gemäuer einfach mit sich. Doch im Moment war es noch ganz angenehm. Besonders wenn man, wie sie, vorgesorgt hatte. „Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?“, beschwerte sich Leah erneut. „Hm.“, brummelte Liz wieder. „Leah, du weißt genau, dass du damit bei mir auf taube Ohren stößt.“ Zufrieden war die Blondine damit noch immer nicht, da aber Unterhaltungen, die auf diese Art begannen, auch für gewöhnlich nicht anders endeten, beließ sie es dabei. Sie würde schon noch jemanden finden, mit dem sie sich über die „unhaltbaren Zustände im Schloss“ und das schlechte Wetter draußen aufregen konnte. Liz sandte ein kurzes Stoßgebet in den Himmel, dass Henry verschont bleiben möge. Indes zog sie sich den Tagespropheten an Land und überflog die Schlagzeilen. Außer einem Artikel über ein Freundschaftsspiel zwischen Eintracht Pfützensee und Herfordshire United fand sie jedoch nichts Interessantes. Sie seufzte und faltete die Zeitung wieder zusammen. Mit einem großen Schluck hatte sie dann auch ihren heißen Kakao geleert. „Ich gehe schon einmal vor. Wir treffen uns dann an den Gewächshäusern.“, beschloss sie. Leah sah von ihrem Müsli auf. “Ja, mach das. Bis gleich.“, antwortete sie nun wieder lächelnd. Henry hatte ihre Laune mit seinen Ausführungen über den geplanten Ferienausflug in der Zwischenzeit schon wieder etwas aufgehellt. „Hier, vergiss dein Kräuterkundebuch nicht schon wieder.“, erinnerte sie Liz noch, denn diese hatte sich schon vom Ravenclawtisch abgewendet, ohne es einzupacken. „Ach, ja. Danke.“ Allison grinste entschuldigend und nahm das Buch, mit dem sie sich eben noch etwas auf den Unterricht vorbereitet hatte, vom Tisch. Sie stopfte es achtlos in ihre Tasche, butterte sich dann noch schnell ein Toast und verschwand. Sie hatte noch eine halbe Stunde bis der Unterricht begann. Das reichte, um die morgendliche Stille zu genießen und sich noch etwas den frischen Wind um die Nase wehen zu lassen. Wenigstens das konnte sie so früh am Morgen genißen. Als sie das große Eingangsportal hinter sich gelassen hatte, fand sie vor sich einen vollkommen verlassenen Schulhof wieder, der alles bot, was sie sich erhofft hatte. Er war menschenleer, still und die dünnen Nebelfetzen hatten sich noch nicht ganz verzogen.
 

Die Ravenclaw ließ den größten Teil des Hofes hinter sich und setzte sich auf eine der äußeren Bänke, weit ab von dem regen Treiben, das bald beginnen würde. Sie ließ ihren Blick umher schweifen, biss dabei in ihr Toast und fand, dass der Hof im Nebelschleier gehüllt beinahe geisterhaft wirkte. Als ihr Blick zurück zum Schloss wanderte, fiel ihr eine Gestalt auf, die neben dem Eingangsportal stand. Erst auf den zweiten Blick erkannte sie überrascht Draco Malfoy, den Slytherin, der sie neuerdings so gern „bespitzelte“. Allison war sich ziemlich sicher, dass er dort noch war, als sie das Schloss verlassen hatte. Andererseits hatte sie lediglich den Teil des Hofes mit ihren Blicken abgesucht, der sich direkt vor ihr erstreckte. Jedenfalls, so bemerkte sie, war er heute offenbar nicht darauf aus, sie zu beobachten. Er war wohl tief in Gedanken versunken, denn er merkte nicht einmal, dass er ihre Aufmerksamkeit zur Abwechslung mal auf sich gezogen hatte – dass sie ihn unverhohlen anstarrte. Jetzt, wo sie die Ruhe hatte, ihren Verfolger genauer zu betrachten, war da so vieles, das ihr erst jetzt auffiel. Er war nicht einfach nur blass, sondern aschfahl und damit sah er nicht sehr gesund aus. Hatte er Stress oder war er erkältet? Liz konnte noch nicht einmal mit Gewissheit sagen, ob er nicht vielleicht immer so bleich aussah, denn sie hatte es bisher immer vermieden, ihn in Augenschein zu nehmen. Der bloße Gedanke, dass ein Slytherin auf sie stehen könnte, schreckte sie schon ab. Das mochte ein Vorurteil sein, doch für sie war ein Slytherin nicht mehr als ein Troll, der gern mit seiner Keule um sich schlug. Natürlich war das in diesem Moment etwas anderes. Sie wog sich in Sicherheit. Niemand außer ihm und ihr befand sich auf dem Hof und sollte er doch plötzlich von ihr Notiz nehmen, wen kümmerte es? Also betrieb sie weiter ihre Studien. Leider konnte sie aus dieser Entfernung seine Augen nicht sehr gut betrachten, denn als sie das letzte aufeinander trafen, hatte sie auf deren Farbe nicht geachtet. Sein hellblondes Haar trug er sauber zur Seite gescheitelt, was ihm seltsamerweise gut stand. Auf solche Dinge achtete sie sehr, denn was sie an sich selbst vermisste – Ordnung zum Beispiel – suchte sie grundsätzlich bei anderen. Was den Rest seines Körpers anging, war er zwar nicht gerade sehr hoch gewachsen oder athletisch gebaut, dafür aber von schlanker Statur. Liz versuchte sich einen typischen britischen Gentleman unter dem Deckmantel eines unzufriedenen, arroganten, verwöhnten Schnösels vorzustellen. Es funktionierte und sie lächelte über diesen Erfolg. Alles in allem befand sie ihn schließlich als gutaussehend. Zwar kein Model, aber auch kein Glöckner von Notre Dame. Seine Züge zeugten von Charakter, egal wie schäbig der vielleicht sein mochte. Ob er hier draußen stand, weil er – wie sie – einfach nur seine Ruhe vor den anderen und die Stille genießen wollte? Sie wusste es nicht. Doch er schien dort hin zu gehören.
 

Als es erstmalig zum Unterricht schellte, wurde sie jäh aus ihren Gedanken gerissen. Jetzt hatte sie noch etwa fünf Minuten, um zu den Gewächshäusern zu gelangen. Auch Malfoy wurde mit dem Schellen in die Realität zurückgeholt und sah sich um. Ihre Blicke trafen sich und Allison brachte es sogar fertig, ihm ein kurzes, vorsichtiges Lächeln zuzuwerfen. Nun, es rührte zwar kaum an seiner Mimik, aber immerhin sorgte es dafür, dass er einen Moment lang innehielt und sie einfach nur wieder ansah. Liz konnte seinen Blick nicht zuordnen. Sah sie da Überraschung in seinem Blick? Oder bildete sie sich das nur ein? Nun, keine Reaktion ist auch eine Reaktion. Sie runzelte beleidigt die Stirn. Wie konnte sie auch nur einen Moment lang glauben, dass er was an ihr finden könnte? Und wie zur Hölle konnte sie annehmen, dass sie sich darüber freuen würde, wenn er etwas an ihr finden könnte? So ein Schwachsinn! Wahrscheinlich konnte er sie einfach nur ganz besonders wenig leiden und nahm sie deswegen ständig ins Visier. Ihr Blickkontakt fand jedenfalls ein jähes Ende, als die anderen Schüler aus der Großen Halle den Schulhof betraten, um entweder zu den Gewächshäusern oder zu Pflege magischer Geschöpfe zu gelangen. Leah kam aus der Schülertraube auf sie zu geeilt. „Liz, was sitzt du denn noch hier herum? Ich dachte, du wolltest schon einmal zu den Gewächshäusern“, hakte sie nach und zog ihre Freundin von der Bank, während sie an ihr vorbei stiefelte. Allison bekam noch so eben mit, wie der Slytherin sich an ein paar Zweitklässlern vorbei drängelte, die wohl auf dem Weg zum Quidditchfeld waren, dann verschwand er in der Menge. „Was ist denn da noch? Los jetzt! Sonst kommen wir noch zu spät, nur weil Fräulein Herbstlaub gern sinnlos in der Gegend herum steht!“, schimpfte Leah. „Ja doch! Nun krieg dich doch mal wieder ein!“, wetterte Allison zurück. Leahs Genörgel am frühen Morgen ging ihr auf die Nerven. Dabei war nicht Leah sondern Liz der Morgenmuffel von beiden. Bloß muffelte sie wenigstens allein vor sich hin und behelligte damit nicht noch andere. Eines war zumindest klar, ihr wunderbar ruhiger Morgen hatte ein plötzliches Ende gefunden, aber insgeheim – und natürlich ohne es sich eingestehen zu wollen – hoffte sie, dass sie den Trübsal blasenden Slytherin am nächsten Tag wieder zufällig in einer Ecke des Schulhofes finden würde.

No light, no light

Ende Oktober standen für die Hogwartsschüler die Vorbereitungen für die ersten Tests des neuen Schuljahres an. Das bedeutete für alle eine Menge Stoff, den es zu pauken galt. Allison hasste diese Klausurenphasen, aber damit stand sie natürlich nicht allein da. Viele ihrer Klassenkameraden waren besonders gereizt in dieser Zeit und deswegen zog sich die Ravenclaw immer mehr zurück. Wenn sie schon für die Schule büffeln musste, dann tat sie das lieber allein und hatte dabei ihre Ruhe vor den anderen – so auch heute. Schon am frühen Morgen packte sie sich eine dicke Wolldecke, ihre Schulsachen und ein kleines Kissen in ihre Tasche. Sie wusste ganz genau, wo sie den Tag verbringen würde und das war ganz bestimmt nicht im Schloss. Mit voll gepackter Tasche ging sie hinunter in die Große Halle, um noch etwas zu frühstücken. Dort war noch nicht viel los. So früh an einem Samstagmorgen schliefen die meisten wohl einfach noch. Ihr sollte es nur recht sein. Insbesondere Leah ging ihr in letzter Zeit auf die Nerven. Ihr ständiges Genörgel brach einfach nicht ab und wenn sie gerade mal nicht mies drauf war, verbrachte sie den Tag ohnehin mit ihrem Freund. Darüber ärgerte sich Allison am meisten. Was war sie denn bitte? Ein Mülleimer für schlechte Laune? Wenn Leah glaubte, dass sie sie als Puffer für ihre Wut- und Nörgelanfälle missbrauchen konnte, um dann bestens gelaunt zu ihrem Kerl abzuhauen, dann hatte sie sich gewaltig geschnitten. Ein Grund mehr, um nun auch noch ihr aus dem Weg zu gehen. Ja, manchmal konnte es ein wenig öde und einsam werden, aber Liz wollte sich das aus Prinzip nicht gefallen lassen.
 

Die Ravenclaw schüttelte den Gedanken an ihre „Freundin“ ab und setzte sich auf eine Bank in der Nähe eines Kamins. So früh am Morgen fröstelte sie doch schon ein wenig. Sie tat sich etwas Rührei und Speck auf, butterte sich ein Toast und widmete sich erst einmal dem Frühstück – die beste Mahlzeit des Tages. Ein kurzer Blick zum Slytherintisch ließ sie inne halten. Malfoy war nicht da. „Auch gut“, murmelte sie und zuckte leicht die Schultern. Aber gut war eigentlich nichts. Seit dem kleinen Zusammentreffen auf dem Schulhof vor einer Woche hatte er keine Notiz mehr an ihr genommen. Genau genommen ignorierte er sie konsequent. Liz wusste nicht genau weshalb, aber irgendwie empfand sie sein Verhalten als Zurückweisung und das kränkte sie etwas. Wochenlang hatte er sie bespitzelt und kaum gab sie ihm mal ein kleines Lebenszeichen von sich zurück, schon war sie nicht mehr aktuell. „Typisch Mann“, dachte sie sich. „Sobald man auf ihr Getue einlässt, ist man nicht mehr interessant.“ Nicht dass es sie wirklich kümmerte. Nein, natürlich nicht! Doch irgendwie hatte es ihr geschmeichelt, dass mal ein Junge, und wenn es auch nur ein Slytherintroll war, sich für sie zu interessieren schien. Denn die meiste Zeit fühlte sie sich wie ein hässliches, unkrautartiges Gewächs, im Schatten der schimmernden Leah. Sie versuchte sich dennoch nicht mehr darauf einzubilden und schüttelte auch diesen unliebsamen Gedanken wieder ab.
 

Nach etwa einer dreiviertel Stunde war sie fertig mit dem Frühstück und machte sich langsam auf zum See. Zu dieser Jahreszeit war er der letzte Ort, an dem man sie stören würde. Der Weg dorthin war ein wenig mühselig. In den letzten Tagen hatte es häufiger geregnet und der Boden unter ihren Füßen war aufgeweicht und gab immer wieder nach. Wenn sie jetzt so darüber nachdachte, hielt sie ihr Vorhaben schon nicht mehr für eine so gute Idee. Kissen hin oder her, sie würde sicher einen feuchten Hintern bekommen, wenn sie dort längere Zeit am Ufer saß. „Verdammt“, murmelte sie leise. „Da hattest du ja wieder eine richtig grandiose Idee.“ Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie sich eine andere Bleibe suchen musste, wenn sie sich nicht eine dicke Blasenentzündung einfangen wollte. Das Problem war nur, dass sie nicht besonders einfallsreich war und dass die einzigen Orte, die ihr als Alternative einfielen, mit Sicherheit von anderen Schülern verseucht sein würden. Sie seufzte. „Vielleicht kann ich es mir ja im Raum der Wünsche bequem machen.“, dachte sie sich. Nicht viele Schüler wussten von ihm und wenn doch jemand aufkreuzen würde, dann würden sie nichts voneinander mitbekommen, es sei denn, sie wünschten sich zufällig den gleichen Raum herbei. Ja, der Raum der Wünsche wäre super. Liz stapfte wieder zurück zum Schloss.
 

Zurück im Schloss und um einige Stufen erschöpfter, stand sie endlich vor der vollkommen unscheinbar wirkenden Wand, hinter der sich der Raum der Wünsche verbarg. Sie war der Hauptgrund dafür, dass nur wenige Schüler davon wussten, denn einzig der gezielte Wunsch nach einem ganz bestimmten, persönlichen Raum, offenbarte die Tür. Allison schloss die Augen und versuchte sich möglichst genau einen gemütlichen Raum mit vielen Kissen und Decken vorzustellen. „Ein Kamin wäre auch nicht schlecht…“, murmelte sie vor sich hin. Als sie die Augen wieder öffnete, erschien ganz langsam und wie aus dem Nichts die mit eisernen Ornamenten beschlagene Holztür in der Wand. Liz sah sich um. Da war niemand weit und breit, der sie beobachtete. Schnell öffnete sie die Tür und schlüpfte hindurch. Was der Raum ihr bot, war perfekter, als sie es sich hätte vorstellen können. An den hohen Wänden waren bis zur Decke hinauf dicht befüllte Bücherregale aneinander gereiht – Romane, Sach- und Lehrbücher, alles war dabei. In die übrige Wandfläche waren große, hohe Fenster eingelassen, mit klaren Scheiben, die so unglaublich viel Tageslicht in den Raum ließen, dass Allison es kaum vermisste heute nicht draußen sein zu können. Natürlich war alles bloß ein Zauber, doch von den Fenstern aus, die gleichzeitig besonders breite, polsterbespannte Fensterbänke hatten, konnte man prima das Treiben auf den Länderein beobachten. Der gewünschte Kamin war auch vorhanden. In ihm prasselte fröhlich ein kleines Feuer. Direkt vor dem Kamin lagen mehrere Lammfelle und Sitzkissen, die zusammen mit einer kuscheligen Wolldecke zum träumen und entspannen einluden. Und sollte sie doch nicht auf dem Boden sitzen wollen, so konnte sie sich immer noch auf das große Sofa, mit seinen bequemen Polstern oder in einen der knautschigen Sessel lümmeln. „Perfekt“, dachte sich Liz bei dem Anblick, der sich ihr darbot und war doch irgendwie froh, sich für den Raum der Wünsche entschieden zu haben. Als sie dann in einem Regal neben dem Kamin noch einen Schallplattenspieler mit einer Sammlung ihrer Lieblingssongs auf Vinyl vorfand, war es ganz um sie geschehen. Sie schmiss ihre Tasche neben das Sofa und sah die Platten durch. Schließlich entschied sie sich für das Album „Sigh no more“ von Mumford and Sons – perfekt für Tage wie diesen. Zusammen mit ihren Schulbüchern verkroch sie sich nun den Rest des Tages im Raum der Wünsche, lernte dort und las später noch einen Roman aus längst vergangenen Zeiten.
 

Am frühen Abend, als der Tag schon der Abenddämmerung wich, machte sich Liz auf den Weg in die Große Halle. Seit dem Frühstück hatte sie nichts mehr gegessen und mittlerweile knurrte ihr Magen fürchterlich. Den Roman aus ihrem neuen Lieblingsraum hatte sie einfach mitgenommen und blätterte noch ein wenig darin, während sie langsam die Treppen zur Großen Halle hinunter schlenderte. In ihren Ohren klang noch immer die Melodie von Florence + The Machine’s „No Light, No Light“, welches sie zuletzt gehört hatte und immer wieder ertappte sie sich dabei, wie sie in Gedanken mitsang:
 

No light, no light in your bright blue eyes 

I never knew daylight could be so violent

A revelation in the light of day 

You can choose what stays and what fades away 

And I'll do anything to make you stay

No light, no light 

Tell me what you want me to say
 

Sie dachte dabei an niemanden bestimmten, zumindest glaubte sie das, doch irgendwie bewegte sie das Lied so sehr, dass ihr von ihrem heftig klopfenden Herzen ganz schwummerig wurde. In einem Moment der Unachtsamkeit stieß sie plötzlich mit etwas oder jemanden zusammen und ließ vor Schreck ihr Buch fallen. Dieses „Etwas“ bzw. dieser jemand war kein geringerer als Draco Malfoy und mit einem Mal wurde ihr klar, an wen sie die ganze Zeit dachte, während Florence ihr Herz so schmerzlich schön aufwühlte. „Verdammte Scheiße, kannst du nicht-“, begann Malfoy zu fauchen und verstumme jäh als er sah, wer ihn da angerempelt hatte. Allison lief hochrot an, doch sein Gemotze klärte ihren Verstand und Wut stieg in ihr auf. Wut über seine Ignoranz der letzten Tage, nachdem sie ihn ein Stück weit in ihre Welt gelassen hatte. „Ja, bitte? Kann ich was?! Verschwinden?!“, fauchte sie zurück. „Nein… Ach, nichts…“, knurrte er zurück, trabte träge ein paar Stufen hinab und hob ihr Buch wieder auf. Kurz überflog er den Titel – „Stolz und Vorurteil“. Etwas gemächlicher stieg er die Treppe wieder hinauf. Bei ihr angekommen überreichte er ihr das Buch und murmelte „Mach beim nächsten Mal die Augen auf“. Mit diesen Worten ließ er sie stehen und ging die Treppe hinauf in Richtung Bibliothek. Das war zu viel. Mit diesem Verhalten hatte er die Ravenclaw schlicht weg überfordert. Verwirrt stand sie da und sah ihm nach. Was gerade eben geschehen war, konnte sie einfach nicht einordnen. Doch schlimmer noch als sein Benehmen, war das Gefühl, das er damit in ihr hinterließ. Es hatte etwas von Anziehung und Enttäuschung und würde sie diese Nacht nicht mehr ruhen lassen.
 

“No light, no light in your bright blue eyes”,

klang es immer wieder in ihren Ohren.

Wie jetzt? Allison ist schwanger?

Als Allison am nächsten Morgen aufwachte, war sie völlig erschlagen. Die Gedanken an den Vorfall mit Malfoy haben sie noch ziemlich lang wach gehalten, bis sie schließlich zu dem Entschluss kam, dass sie sich vollkommen unnötig so einen Kopf machte. Immerhin war es nur Malfoy und sie hatte deutlich wichtigeres zu tun, als sich mit ihm auseinander zu setzen. Sie hatte ihre Klausuren noch nicht hinter sich und mittlerweile ging es echt um die Wurst. Dies war ihr vorletztes Jahr in Hogwarts. Wenn sie es zu etwas bringen wollte, dass musste sie sich jetzt auf die Schule konzentrieren und durfte sich nicht von Nebensächlichkeiten ablenken lassen. Malfoy war so eine Nebensächlichkeit. Zum einen war er ein Slytherin, was in erster Linie nur Ärger bedeutete. Vor allem aber nervte er sie mit seinem Verhalten mittlerweile. Was wollte er damit bezwecken? Dass sie sich Hals über Kopf in ihn verliebte, damit er und seine Kollegen am Ende etwas zu lachen hatten? Nein, dafür war sie sich zu schade. Doch sie erkannte die Gefahr, die von ihr selbst ausging sehr wohl. Etwas hatte sich in ihr geregt, als sie sich das letzte Mal begegnet sind und das galt es im Keim zu ersticken. Genau wie diese Eule, die die ganze Nacht über ihren Schnabel nicht halten konnte.
 

Liz duschte nach dem Aufstehen in aller Ruhe. Heute wollte sie sich ganz sicher keinen Stress mehr machen. Es war Sonntag und nachdem sie die ganze Woche fleißig gelernt hatte, wollte sie sich einen Tag frei von all der Lernerei und dem Prüfungsstress nehmen. Reinprügeln konnte sie sich den Stoff ohnehin nicht. Nach dem Duschen ging sie wie immer hinunter in die Große Halle, um zu schauen, was ihre Freunde heute so machten. Leah saß ausnahmsweise mal allein am Tisch der Ravenclaws und nicht flankiert von ihrem Kerl. Vielleicht war das ja die Gelegenheit, um mal wieder ein vernünftiges Gespräch mit ihr zu führen. Also setzte sie sich zu ihr. „Morgen…“, brummelte sie ihr zu. Dass sie noch nicht ganz wach war, war ihr deutlich anzuhören. „Guten Morgen!“, trällerte Leah hingegen. Sie war einer dieser unausstehlichen Morgenmenschen, die wie von der Sonne geküsst in den Tag starteten und grundsätzlich nie unausgeschlafen aussahen. „Oh Gott“, stöhnte Allison. „Du bist ja schon wieder so gut drauf.“ Ihre Freundin grinste breit. „Sicher bin ich das. Mir hat ein Vöglein ja auch schon wieder die besten News des Tages zugetragen.“ Irgendwie trällerte sie noch immer, was Allison zunehmend beunruhigte. „So? Was denn für News?“, fragte sie möglichst gelassen, hörte aber schon die Falle zuschnappen. „Oh, ich weiß nicht. Kannst du dich vielleicht an irgendwelche besonderen Vorkommnisse von gestern erinnern? Vielleicht an einen Zwischenfall, bei dem so ein blonder, kaltschnäuziger Typ involviert war?“ Leah grinste noch immer breit und Liz wurde schlecht. Vor ihrem geistigen Auge klatschte sie ihr das Marmeladentoast ins Gesicht, an dem ihre Freundin zwischen ihrem dämlichen Grinsen kaute. Genervt stöhnte sie auf. „Und worauf willst du jetzt hinaus, hm? Was schreibt die Klatschpresse denn so?“ Leah’s Grinsen verschwand nicht und ihr war klar weshalb. Anstatt alles mit einem Lachen abzutun und vielleicht noch mit einem Witz darauf einzusteigen, wurde sie aggressiv. Damit hatte sie sich verraten. „Es heißt, dass nur noch eine innige Umarmung gefehlt haben soll, zu deinem Glück“, setzte Leah nach und zog die Schlinge um den Hals ihres Opfers immer enger zu. „Meine Fresse, ich habe gepennt und bin in ihn reingerauscht. Es war nicht so, als hätte ich mit nacktem Busen auf dem Treppenabsatz auf ihn gewartet und ihn mit einer Tittenflitsche zu mir gewunken“, motzte Liz zurück und verspürte einen Anflug von Wut auf sich selbst, weil sie sich Leah gegenüber auch noch rechtfertigte. Leah lachte genüsslich in sich hinein. Sie hatte offenbar Spaß an diesem Spielchen, dass sie mit ihrer Freundin trieb. Aber die Rechnung hatte sie ohne Allison gemacht. Sie wollte diese Diskussion beenden, bevor sich die Blondine noch weiter in dieses Gerücht hinsteigerte. „Ganz ehrlich Leah, ich hatte mich zu dir gesetzt, weil ich dachte, du wärst zur Abwechslung mal wieder klar im Kopf und wir könnten einfach mal wieder den Tag zusammen genießen. Aber nein, du hast ja nur noch deinen Kerl, Klatsch und schlechte Laune im Kopf. Herzlichen Glückwunsch, du hast es echt mal wieder geschafft!“ Sie schnappte sich wütend eine Nektarine vom Tisch und stand auf. Wenn sie hier schon nicht in Ruhe frühstücken konnte, dann musste das Obst als Snack vorerst genügen. „Überleg dir gut, ob unsere Freundschaft überhaupt noch Sinn macht. Ich habe da in letzter Zeit echt keinen Bock mehr drauf. Ach, übrigens, wer hat dir diesen Scheiß von gestern überhaupt erzählt?“, fragte sie schließlich noch. Sie wollte schon genau wissen, welche Klatschbase ihr da Probleme bereitete, um zukünftig vielleicht besser verhindern zu können, dass den falschen Leuten die falschen Informationen zugespielt wurden. Leah stockte und sah ihre Freundin verwirrt an. Mit so einer heftigen Reaktion hatte sie offenbar nicht gerechnet. „Aber… Mann, jetzt reg dich doch nicht so auf. Ich wollte dich doch nur ein bisschen ärgern. Kein Grund, gleich so auszuticken…“, moserte sie, mittlerweile jedoch ziemlich kleinlaut. „Ach, und du meinst, ich bin scharf darauf, dass solche Gerüchte die Runde machen? Hier geht es nicht darum, mich nur mal bisschen zu nerven. Hier geht es darum, dass in irgendwelche dummen Situationen, die vollkommen bedeutungslos sind, Müll interpretiert wird und am Ende die ganze Schule sich das Maul über mich zerreißt. Aber soweit denkst du ja nicht. Du möchtest nur dir und deinen kleingeistigen, dumm schwatzenden Freundinnen einen Spaß gönnen. Übrigens hast du mir noch immer nicht gesagt, wer diese Sache verbreitet.“ Leah seufzte. „Mensch, Allison. Du übertreibst wirklich total. Mit dir ist in letzter Zeit echt gar nichts mehr los. Ich hab’s von Hannah Fields und sie hat es nicht verbreitet, sondern nur mir im Vertrauen erzählt.“ Liz schnaubte verächtlich, beruhigte sich aber wieder ein bisschen. Ganz so einfach wollte sie Leah das Ganze dann aber noch nicht durchgehen lassen. „Hannah? Hannah, hat dir das erzählt? Alles klar. Dann bleibt es auch 

ganz bestimmt ‚im Vertrauen’

. Meinst du nicht, dass sie eventuell ein ganz kleines bisschen angepisst sein könnte, weil sie wegen mir so einen Stress mit ihrem Ex hatte und jetzt als Single und Flittchen dasteht? Bist du wirklich so naiv, oder tust du nur so?“ Langsam keimte die Wut wieder etwas in ihr auf. Sie seufzte genervt. „Ich glaube, ich gehe jetzt besser. Das führt doch zu nichts. Ich weiß schon, weshalb mir das alles in letzter Zeit einfach zu viel war.“ „Was soll das denn jetzt bitte schon wieder heißen?“, fragte Leah pikiert. „Du warst doch ständig genervt und bist immer gleich abgehauen!“ Liz lachte verbittert. „Ja, stimmt sogar. Weil mich dein ständiges Genörgel einfach ankotzt. ‚Unhaltbare Zustände, schlechtes Wetter und überhaupt, wieso ist das Leben eigentlich kein Ponyhof?’, bla bla bla. Du hast jeden Tag was anderes, worüber du dich auslassen musst und wenn du damit fertig bist, haust du ganz entspannt zu deinem Macker ab. Bestens gelaunt, wohl gemerkt, denn deine scheiß Laune hast du ja schon bei mir abgeladen. In den seltenen Augenblicken, in denen du mal nicht motzt, höre ich nur ‚Henry hier, Henry da’. Als stünde auf meiner Stirn: ‚Bitte ausschließlich mit Müll füttern.’“, entgegnete sie auf Leah’s Beschwerde. „Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest. Ich habe hier irgendwo auch noch Freunde, die mich nicht bloß als Kotzeimer missbrauchen.“ Damit beendete sie die Unterhaltung und ging. Für heute hatte sie genug von Streitereien. Ihr war auch egal, dass sie Leah da jetzt einfach sitzen ließ, nachdem sie sie vor versammelter Mannschaft bloßgestellt hatte. Das hatte sie sich immerhin selbst zu zuschreiben.
 

Nach dem Streit mit Leah brauchte Allison einen Moment Ruhe. Sie konnte es einfach nicht fassen, dass ihre Freundin, mit der sie seit ihrem ersten Jahr in Hogwarts durch dick und dünn ging, nun auch schon zu einer dieser Klatschgänse mutierte. Sicher zogen sie sich hin und wieder mal mit der ein oder anderen Sache auf, doch früher wäre so ein heikles Thema, wie eine Romanze mit einem Slytherin-Typen, nie ein Anlass für Tratsch zwischen beiden gewesen. Immerhin sind solche Gerüchte in einer Schule und in ihrem Alter pures Gift für den Alltag. Früher hätte Leah sie vor solchen Gerüchten eher gewarnt, anstatt noch voll darauf einzusteigen und sie weiter zu verbreiten. Was war nur neuerdings mit ihr los? Wurde Leah bloß oberflächlich, oder hatte Allison vielleicht irgendwann einfach den Anschluss verpasst? Sie wusste es nicht, hielt aber beides für möglich. Auf dem Weg nach draußen - sie wollte sich gerade von diesem sonnigen Herbstmorgen etwas besänftigen lassen - schnappte sie schließlich auch noch eine Unterhaltung zweier Gryffindors auf, die ihr schon einen ungefähren Einblick in den aktuellen Stand der Gerüchtküche gab. Sie sah nicht direkt hin, doch die Stimme der einen erkannte sie ganz eindeutig. Es war Katie Bell, die Jägerin des Quidditch-Teams der Gryffindors. Mit ihren langen, braunen Haaren, die sie meistens zum Pferdeschwanz zusammen gebunden trug und dem etwas jungenhaften Gesicht, wirkte sie immer wie das Mädchen von nebenan. Wie jemand, der für jede Schandtat bereit war. Liz wusste, dass viele Jungs aus ihrem Jahrgang auf Mädchen wie sie standen. Warum auch nicht. Sie war hübsch, stand auf Quidditch und war schlicht und ergreifend eine coole Sau. Die andere, vermutete Liz, war Lavender Brown. Sie hatten selten etwas miteinander zu tun, doch ihre hektische, kindische Art zu reden, ließ bei der Ravenclaw eigentlich keine Zweifel offen. Außerdem erkannte sie aus dem Augenwinkel den dunkelblonden Lockenkopf mit der total ätzenden rosa Schleife. Von ihr wusste sie, dass sie ein fürchterliches Klatschmaul war. Allison seufzte. „Jetzt geht’s gleich los“, dachte sie sich und war sich sicher, gleich ein Déjà-Vu zu haben. 
 

„Was? Jetzt echt?“, hörte sie Katie sagen. „Ja, glaub’s mir doch!“, entgegnete die andere und versuchte dabei ihr dämliches Kichern zu unterdrücken. „Nein, Allison doch nicht! Die ist cool. Die lässt sich auf so was nicht herab. Auf gar keinen Fall ein Slytherin und schon gar nicht Malfoy“, winkte Katie Bell ab und Liz dankte ihr im Stillen dafür. Sie und Katie hatten sich immer gut verstanden und sie wusste auch von ihr, dass sie für Klatsch eigentlich nicht zu haben war. Allerdings hatte sie auch von Leah bisher nur Gutes gehalten und die ist ihr immerhin schamlos in den Rücken gefallen. „Mann, ich schwör’s dir. Die Fields hat’s mir erzählt. Sie hat die zwei gesehen. Gestern Abend auf dem Weg zum Essen. Waren so total daneben und so. Du weißt schon. Sie am meckern, er am stammeln, beide voll die rote Birne. Da geht hundert-pro was.“ Vor Liz’ geistigen Augen spielte sich wieder einer ihrer Filmchen ab, in dem sie Lavender einen Klatscher ins Gesicht warf, der angeekelt von ihrem Gesicht das Weite suchte, anstatt noch einmal nachzulegen. Nur weil 

sie

 mit jedem Typen rummachte, der sich nicht schnell genug freiwillig auf die peitschende Weide flüchtete, musste das noch lange nicht für Allison gelten. Doch zu wissen, dass sie Recht behalten hatte und Hannah ihre Klappe selbstverständlich nicht hielt, verschaffte ihr eine Art krankhafte Befriedigung. „Blöde Gans“, dachte sie sich. „Das kriegst du noch zurück.“
 

Wieder winkte Katie ab. „Sie ist zwar keine von uns, aber sie hasst die Slytherins. Warum sollte sich das auf einmal ändern?“ „Was weiß ich?“, grätschte Lavender ungeduldig dazwischen. „Vielleicht steht sie ja auf seinen sexy bleichen Körper und das frettchenhafte Gesicht?“ Katie stöhnte schon genauso genervt auf wie Allison. „Gott, Lavender. Hörst du dich eigentlich auch mal selbst reden?“ Bevor Katie weiter sprechen konnte, ging Allison dazwischen. Den Spaß wollte sie sich nicht entgehen lassen, nachdem man ihr so böse mitgespielt hatte. „Hey, Bells!“, warf sie fröhlich ein. Die beiden hatten sie vorher offensichtlich nicht bemerkt. „Schon gehört? Malfoy soll mich auf dem Mädchenklo geschwängert haben. Ja, wirklich! Ich konnt’s ja selbst kaum glauben, als die Cousine einer Freundin meiner Großmutter mir davon erzählt hat“, fuhr sie lachend fort. „Hab gehört, er soll’s mir so richtig gegeben haben. Mann, mann, mann. Schade, dass ich nicht auch dabei war. Aber immerhin weiß ich, wer der Vater meines Kindes ist. So oft, wie die Kerle über mich drüber steigen, ist das ja nicht selbstverständlich. Aber dafür hat man ja Freunde. Sind immer auf dem Laufenden, bevor man es selbst ist, nicht wahr?“
 

Katie fing an zu lachen. „Da hast du’s, Lavender. Alles Blödsinn“, sagte sie. Lavender hingegen sagte gar nichts mehr. Naserümpfend machte sie auf dem Absatz kehrt und rauschte zurück in’s Schloss. Allison war sich sicher, dass das noch ein Nachspiel haben würde, aber das war es ihr wert gewesen. Sie wendete sich wieder Katie zu. „Danke für eben. Selbst Leah glaubt den Müll. Echt unfassbar.“ Die Gryffindor zuckte nur mit den Schultern. „Wenn Lavender den Mund auf macht, glaube ich erstmal gar nichts. Außerdem würde ich dich auch nicht so einschätzen, dass du was mit so einem anfängst.“ Allison nickte, auch wenn ihr nicht ganz wohl dabei war. Immerhin hatte sie ja schon etwas gefühlt, als Malfoy und sie zuletzt aufeinander getroffen sind. Natürlich wollte sie das nicht. Aber manchmal ist das Herz ein Arschloch und man hat es einfach nicht im Griff. Nur zugeben wollte und sollte sie das vor allem auf gar keinen Fall: „Niemand, der noch klar bei Verstand ist, würde mich so einschätzen, aber die Leute brauchen eben immer was zu reden. Gestern war es Hannah, heute bin ich dran. Aber ich muss das nicht haben. Jetzt aber mal was anderes. Hast du heute noch was vor?“ Damit wollte sie in erster Linie vom Thema ablenken. Da das Wetter aber heute so schön war und sie und Katie eigentlich ziemlich gut befreundet waren, fand sie die Idee, etwas mit ihr zu unternehmen, aber auch gar nicht mal so schlecht. Mit fragendem Blick wartete sie auf eine Antwort. „Hey, sorry. Ich habe jetzt gleich Training. Aber du kannst gern mitkommen und wir hängen dann später etwas ab“, entschuldigte sich die Gryffindor und nickte dabei in Richtung Quidditch-Feld. Allison reichte das. „Alles klar, dann komme ich gleich nach. Ich ziehe mir nur noch eben was Wärmeres an. Da oben auf den Tribünen ist es ziemlich kalt.“ Damit verabschiedete sich vorübergehend von Katie und ging zurück in’s Schloss. Für heute war ihr Tag sicher gerettet, aber wer wusste auch schon, was morgen wieder auf sie zukommen würde…

Besenkammern

Nach einem ruhigen Sonntagmittag auf dem Quidditchfeld, wo Allison ihrer Freundin Katie beim Training zusah, machten die Ravenclaw und die Gryffindor noch einen Abstecher nach Hogsmeade. Dort genehmigten sie sich im Drei Besen, einer der hiesigen Kneipen, jede das ein oder andere Butterbier und ließen den Tag ausklingen. Es war bereits dunkel, als sie sich auf den Weg zurück ins Schloss begaben. Vor der Großen Halle trennten sich ihre Wege schließlich, da Katie mit ihren Hauskameraden noch etwas zu Abend essen wollte, während Allison, müde und etwas verklärt vom Butterbier, einfach nur noch in ihr Bett wollte. Da sie jedoch wusste, dass sie am nächsten Morgen wohl kaum die Möglichkeit haben würde, unbeobachtet den Raum der Wünsche aufzusuchen, beschloss sie, noch einen kleinen Umweg zu gehen. Sie wollte das Buch, dass sie sich beim letzten Besuch mitgenommen hatte, zurückbringen und sich ein anderes mitnehmen. 

 

Sie hatte gerade den Flur betreten, der den Zugang zum Raum der Wünsche barg, als sie abrupt stehen blieb. Malfoy stand mitten im Flur und starrte grübelnd die Wand an. Eine unscheinbare Tür erschien darin. Liz sackte das Herz in die Hose. Mit ihm hatte sie hier am allerwenigsten gerechnet. Was hatte er hier zu suchen? Nur wenige kannten diesen geheimen Raum. Noch ehe sie den Rückzug antreten konnte, wandte er überrascht den Blick von der Tür ab und sah sie an. Offenbar hatte auch er nicht damit gerechnet, hier jemanden anzutreffen. Nun, zumindest da waren sie sich einig. Allison schluckte, dann räusperte sie sich leicht. „Hi“, begann sie vorsichtig, mit der Situation noch immer etwas überfordert. Sie konnte deutlich spüren, wie ihr Puls sich in seiner Gegenwart beschleunigte und das nervte sie gewaltig. Malfoy hatte offenbar ebenfalls die Fassung zurückerlangt und schlüpfte wieder in die Rolle des arroganten Schnösels. „Was willst du denn hier?“, schnarrte er und erwischte sie damit prompt auf dem falschen Fuß. So war das also… „Das wollte ich dich gerade fragen, Malfoy“, gab sie mit hochgezogenen Augenbrauen zurück und zwang sich aus ihrer Schockstarre heraus. Wenn er glaubte, dass sie sich von ihm einschüchtern ließ, hatte er sich geschnitten. „Ich versuche Nervensägen aus dem Weg zu gehen und allein zu sein. Aber hier scheint es von denen ja zu wimmeln.“ Der Blondschopf verschränkte die Arme vor der Brust und sah Liz hämisch an, die nun mit der Zunge schnalzte. „Wahre Worte“, knurrte sie und überlegte, wie sie ihn nun am besten loswerden konnte. Ihr Blick glitt zu der Tür, vor der er stand. Malfoy entging das nicht und ein fieses Schmunzeln legte sich auf seine Lippen. „Störe ich dich bei irgendetwas?“, fragte er unschuldig und taxierte sie weiterhin mit seinem Blick. Allison war bemüht, sich keine Blöße zu geben, doch ihr Herz hämmerte verräterisch gegen ihre Brust. „Sollte ich mich gestört fühlen?“, fragte sie gespielt überrascht. Die Ravenclaw quittierte seinen schäbigen kleinen Versuch, sie aus der Reserve zu locken, mit einem herausfordernden Blick. „Ich weiß nicht…“, kam es langsam von ihm. „Sag du es mir. Bringe ich dich in Verlegenheit? Und scheinst etwas... nervös zu sein und wir laufen uns doch sicher nicht rein zufällig vor dieser schäbigen alten Besenkammer über den Weg.“ Allison erwiderte seinen Blick stur und doch stieg Wut in ihr auf, wenn sie daran dachte, dass er hier seine Spielchen mit ihr trieb. „Besenkammer“, wiederholte sie ungläubig. Sie zweifelte nicht eine Sekunde mehr daran, dass er wusste, was für ein Raum hinter der Tür verborgen lag. „Nun, für mich ist es meistens eine Besenkammer. Manche Klischees müssen einfach bedient werden“, erwiderte er grinsend.

 

***

 

Hatte er sie damit tatsächlich aus dem Konzept bringen können? Zufrieden stellte er fest, wie die kleine Ravenclaw um Fassung rang. Sie sah ganz so aus, als würde sie verzweifelt nach einer schlagfertigen Antwort suchen, doch alles was ihn erreichte, war Stille. War sie etwa schüchtern? Hatte sie sonst nicht immer die große Klappe und sprach, ohne nachzudenken? „Krieg dich wieder ein, Curtis“, ließ er sie schließlich vom Harken, obwohl ihre Verwirrung ihn amüsierte. „Du bist die letzte, die deswegen rot werden sollte, oder?“ Er löste seine Arme aus der Verschränkung und vergrub sie in den Hosentaschen. Die Kleine hatte offenbar die Fassung wiedererlangt. Augenrollend richtete sie wieder das Wort an ihn. „Ah, entschuldige bitte meine Verwunderung, Malfoy. Ich hatte einfach nicht erwartet, dass ein Macho aus gutem Hause sich mit Besenkammern zufriedengeben würde. Aber mit deiner Fantasie ist es wohl nicht weit her.“

Malfoy betrachtete die Ravenclaw grinsend. „Was interessieren dich meine Fantasien, Curtis?“ Schnippisch gefiel sie ihm noch am besten, dachte er und geriet bei diesem Gedanken prompt ins Straucheln. „Überhaupt nicht“, antwortete sie ein wenig zu hastig und unterbrach damit seinen Gedanken. „Und nun entschuldige mich bitte. Ich habe noch etwas zu erledigen“, sie stapfte, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, an ihm vorbei und zog ein Buch aus ihrer Tasche. Draco griff nach ihrem Handgelenk und luchste ihr das Buch ab. Es war das Buch von ihrem letzten Zusammentreffen. Trug sie das etwa noch immer mit sich herum? Er klappte es an einer zufälligen Seite auf und begann zu lesen:

 

„Während Elisabeth neben ihr stand und in den Noten blätterte, die auf dem Klavier lagen, fiel ihr plötzlich auf, dass Darcys Augen immer häufiger auf ihr ruhten. Den Gedanken, dass ein Mann wie Darcy sie bewundern könne, hielt sie für widersinnig. Aber noch seltsamer wäre es ja, überlegte sie, wenn er sie aus Abneigung immer wieder ansähe. Sie nahm schließlich als einzig mögliche Erklärung an, dass sie seine Aufmerksamkeit wohl deshalb geweckt habe, weil irgend etwas an ihr, mit Darcys Maßen gemessen, ganz besonders unvollkommen und tadelnswert sei. Diese Annahme bereitete ihr keinen großen Kummer. Sie selbst mochte ihn viel zu wenig, als dass ihr an seiner Meinung sonderlich gelegen war.“

 

Draco hielt inne und schwieg. Ein Klatschen riss ihn dann jedoch aus seinen Gedanken. „Bravo, Malfoy“, kam es sarkastisch von Allison. „Du kannst lesen, ich bin beeindruckt.“ Draco schnaubte verächtlich, klappte das Buch wieder zu und drückte es ihr in die Hand. „Und ich bin beeindruckt, dass die kleine Ravenclaw mir mit Häme kommt. Ich dachte, dass sei eine Slytherineigenschaft, für die ihr Schlaufüchse euch zu schade seid.“

 

***

 

Allison wusste darauf nichts zu erwidern. Voll ins Schwarze getroffen, dachte sie verärgert. Er war nicht der erste, der diese Eigenschaft an ihr bemerkt hatte. Einen Moment lang dachte sie darüber nach, was wohl passiert wäre, wenn der sprechende Hut sie damals tatsächlich nach Slytherin gesteckt hätte. Mit Malfoy in einem Haus… Liz schnaubte verächtlich. „Denk was du willst, Malfoy. Es interessiert sich ja doch niemand dafür, was Herr von und zu vom Fußvolk hält und jetzt lass mich vorbei.“ Sie schob ihn von sich und war überrascht, dass er tatsächlich einen Schritt zurücktrat. So viel Druck hatte sie doch gar nicht ausgeübt, oder? Hinter ihr erklang ein leises Lachen, das ihr die Nackenhäarchen aufstellte. „Pass auf, was du dir jetzt wünschst, Curtis“, warnte er sie nur und ging dann endlich davon. Liz’ Herz machte einen Satz. Verwirrt blickte sie dem Slytherin noch hinterher, ehe sie die Tür vor sich wieder anstarrte. Das Blut rauschte in ihren Ohren, als sie angestrengt versuchte, sich den Raum vom letzten Mal herbei zu wünschen. Einen Augenblick später hatte sich die Tür erneut verwandelt, sah jedoch anders aus, als sie sie in Erinnerung hatte. Zögerlich öffnete sie sie.

 

Noch ehe sie einen Blick auf den Raum dahinter erhaschen konnte, fiel ihr ein alter Besen entgegen. Entgeistert starrte sie die schäbige kleine Besenkammer an, die anstatt des kuscheligen Raumes vom letzten Mal zum Vorschein kam. „Verflucht nochmal!“, zischte sie, warf den Besen zurück und knallte die Tür geräuschvoll zu. Wie konnte das passieren?! Die Braunhaarige machte auf dem Absatz kehrt und rauschte fluchend in Richtung Astronomieturm davon.

 

***

 

Der Slytherin hatte sich einige Meter weiter an eine Wand gelehnt und abgewartet. Er war bereits außer Sichtweite und konnte nicht sehen, was vor sich ging. Auf den Widerhall in den alten Gemäuern konnte man sich jedoch verlassen.

Er hörte ein hölzernes Klirren gefolgt von einem Fluchen und dann hatte sie die Tür schon wieder zugeschmissen. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen registrierte er, wie sie dann zornigen Schrittes den Flur verließ. Das lief wohl nicht so, wie erhofft, dachte er sich und grinste fies in sich hinein.

Jetzt, da die Ravenclaw weg war, konnte er sich wieder auf seine Aufgabe konzentrieren. Er kehrte zum Raum der Wünsche zurück. Als er ihn erreichte, war die Tür schon wieder verschwunden. Er stellte sich erneut vor, welchen Raum er für sein Vorhaben benötigte. Als die Tür schließlich erschien, öffnete er sie. Klonk. Für einen Augenblick rutschte ihm das Herz eine Etage gen Süden. Es war erneut der Besen, der aus der Besenkammer fiel und Draco rollte genervt mit den Augen. „Ganz schlechter Zeitpunkt“, grummelte er, verstaute den Besen wieder in der Kammer und schloss die Tür. Versuch Nummer zwei. Dieses Mal war es der Raum, den er wirklich benötigte. Seine Miene verfinsterte sich. Vergessen waren die Späße, die er eben noch mit Allison getrieben hatte. Jetzt wurde es ernst...



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von:  Schwefi
2011-08-30T20:47:43+00:00 30.08.2011 22:47
Hab's durch.
Mag die Beschreibungen und den Stil sehr gern.
Es weckt auch Interesse bei mir. Mach weiter! :3
Von:  Wolkenfee
2011-08-26T22:39:48+00:00 27.08.2011 00:39
Das ist schön, ich mag deine Beschreibung vom Herbst, auch wenn ich der Jahreszeit so gar nichts abgewinnen kann.
Die "Begegnung" von Allison und Draco auf dem Schulhof gefällt mir, ich kann mir das sehr gut vorstellen.
LG, Fee
Von:  Tabet
2011-08-23T15:49:15+00:00 23.08.2011 17:49
So... alles gelesen und ja :-)
Mir gefällt es ganz gut.
Hoffe auf mehr Kontakt zwischen Draco und Allison!!! ;-)
Also brav weiter schreiben!

lg
Tabet
Von: abgemeldet
2011-08-21T11:57:35+00:00 21.08.2011 13:57
Mir gefällt die Geschichte bisher sehr gut :)
Allison ist wirklich interessant! Mir ist sie jedenfalls sehr symphatisch!
Du hast jedenfalls einen schönen Schreibstil.
Auch schön, wie Draco beschrieben wurde. :)
Pack ich direkt in meine Favos!
Freu mich aufs nächste Chapter :D

lg
cLoDi
Von:  Wolkenfee
2011-08-15T19:35:27+00:00 15.08.2011 21:35
Hallo!
Also, ich mag die Geschichte. Vor allem der Anfang gefällt mir, diese kleine Gescichte über Hannah.
Allison scheint ein interessanter Charakter zu sein und ein Fan von Ravenclaw bin ich sowieso.
Interessiert ich jedenfalls, wie es weitergeht.
LG, Fee


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