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Die große Leere

von

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Prolog

Prolog
 

Der Rauch der Zigarette stieg in sich windenden Schwaden auf, lautlos, im blauen Licht duff reflektierend, im Licht der fernen Straßenbeleuchtung verpuffend. Ich war allein. Das war es wohl, kurz und schmerzlos. Eigentlich war ich das fast immer gewesen. Aber jetzt fiel es mir auf. Und es tat weh. Verdammte scheiße. Das war es doch, was ich immer versucht hatte zu vermeiden. Diesen ganzen verkackten Emotions-Mist. Verdammt. Ich nahm einen tiefen Zug. Er hatte geweint, das ganze Gesicht nass von Tränen, während er darum gerungen hatte, mir Schlaf vorzuheucheln. Und ich, um ihn geschlungen, das Fallenlassen nach dem Orgasmus vortäuschend, als ich ihn hielt.

Den Schlaf lügend, damit er gehen konnte.

Ein Laut, eine Geste, hätte alles zunichte Gemacht. Mund halten, Kinney, lass ihn gehen, warte, bis die Tür ins Schloss fällt, bevor du auch nur versuchst, dich zu bewegen oder gar zu denken. Nicht bewegen, nicht bewegen, nein, nein, nein. Scheiße. Ihn aufzuhalten, nein, das hätte ich mir nie verziehen. Er ist kein Scheiß-Albastros, der an meinem Hals hängt, mich aufrichtet, wenn ich es brauche, und dann artig in sein Eckchen verschwindet. Er ist ein eigenständiger Mensch. Das darf ich nicht infrage stelle, indem ich ihn bremse, egal, wie sehr es auch schmerzen mag. Er muss das tun. Ich weiß, dass er sich danach gesehnt hat, dass ich ihm sage, dass ich ihn brauche, dass ich ihn liebe, dass ich mit ihm leben will – aber das hätte ihn zerstört. Ein solches Talent darf nicht gebremst werden, auch nicht im Namen der Liebe. Wie hatte er es formuliert? Das sei keine Liebe, sondern nur Selbstopferung, geboren aus Angst.

Ich habe eine verfickte Scheiß-Angst. Verdammt, verdammt, verflucht. Wie konnte es nur so weit kommen? Ich war immer ich, nur ich allein. Keine Entschuldigungen, keine Kompromisse, nur das, was ich will, die reine Wahrheit. Aber was zur Hölle ist die Wahrheit? Dass er gehen soll? Dass er bleiben soll? Ich fühle mich versucht, mit der verglimmenden Zigarette eine spontane Selbstentzündung zu inszenieren. Keine Antworten mehr, keine Fragen, die mich überfordern, weil es keine Lösungen gibt. Er müsste jetzt am Flughafen sein, steht in der Schlange, um an Bord zu gehen. Lass ihn ziehen. Lass ihn sein Leben entdecken, wachsen, leben. Er war so schrecklich jung, als er das erste Mal in deine Augen gesehen hatte und beschlossen hatte, dass er dich lieben wolle. Für was?

Wenn du ehrlich zu dir bist, war da nichts außer einem perfekt vermarktetem Aussehen, routinierten Sprüchen und tausendmal wiederholten Gesten.

Trotzdem hatte er es irgendwie geschafft, dahinter zu sehen. Er hatte dich gesehen. Zur Hölle. Du selbst wolltest diesen Anblick nicht haben. Nichts als Leere, Schwäche, Schmerz. Er sah es – aber er wollte dich trotzdem. Warum? Michael hat dich nie so durchschaut. Er kennt dich gut, gut genug, um dir Paroli zu bieten. Aber um deine Nöte und Sehnsüchte zu begreifen, dazu hatte er nie das Zeug. Er versteht dich intuitiv, aber nicht intellektuell. Anders als Justin. Der kleine Scheißer hat leider wirklich Hirn in der Birne. Aber was sieht er eigentlich? Ab einem gewissen Grad begreifst du es nicht und bist dir auch nicht sicher, ob du es auch willst.

Und es ist auch nicht wahr, du hast ihn nie behandelt wie irgendeinen deiner tausend – tausend? Ja, auf diese Zahl dürftest du inzwischen kommen – Tricks. Auch nicht in dieser Nacht, als du ihn unter der Straßenlaterne aufgerissen hattest. Natürlich war dir klar, dass er verflucht jung war. Dass er keine Ahnung hatte, aber tapfer so tat, als wüsste er Bescheid. Aber, oh Gott, du wirst nie das Gefühl vergessen, als du zum ersten Mal deine Lippen auf seine gepresst hast. Es durchschoss dich wie ein Pfeil, als seine Zunge schüchtern deine berührte, es raste dein Rückenmark hinunter und irgendetwas in dir, über das du keine Kontrolle hast, schrie nur ja! ja! ja! Du dachtest, es seien die Drogen. Fatale Fehleinschätzung.

Aber du hasst es, wenn dir die Kontrolle engleitet. Du blödes Arschloch. Du hast ihm weh getan, nicht nur aufgrund seiner jugendlichen Naivität, sondern weil du es wolltest. Weil du ihm zeigen wolltest, dass du nicht besessen werden kannst. Dass du frei bist, von ihm, von jedem hohlen Klischee. Aber du warst nie frei von dir selbst. Du warst in ihn verliebt, wahrscheinlich irgendwie schon ganz am Anfang, konntest nicht genug von ihm bekommen. Und hattest nichts Besseres zu tun, als dir – und ihm - immer wieder das Gegenteil zu beweisen. Immer dieser Gedanke an deine Eltern. Liebe ist nur eine Illusion für Hetero-Pärchen, um ihre Brut hoch zu ziehen. Sie klettet aneinander und übrig bleibt nur Überdruss, Langeweile, Spießertum – und zuletzt nur Hass. Aber ist das wahr? Du weißt es nicht. Alles, was du weißt, ist, dass der Gedanken an ihn ein Reißen in deiner Brust hinterlässt. Es ist schon lange keine Verliebtheit , mehr, es ist Nähe, Begehrten, Verständnis – es ist Liebe. Oh, Scheisse… Was fängt man mit sowas an?

Oh Gott, oh Gott, er ist weg… Es traf ihn erneut wie ein Hammerschlag. Reiß dich zusammen, Kinney, verhalte dich nicht wie eine liebeskranke Schwucke. Brian ließ dich hintenüber in die Kissen sacken. Überall roch es nach Justin, dieser betörende Geruch, der ihn schon in jener Nacht – wie lang her sie schon schien – in den Wahnsinn getrieben hatte. Er ließ sich nicht beschreiben, er raste nur sofort in sein Nervensystem und verwandelte sein Hirn in Watte. Sein Schwanz wurde steinhart. Oh nein… Er sah Justins sich windenden Körper vor sich, spürte seine Arme und Beine um dich geschlungen, seine unglaublich warme und heiße Enge und keuchte. Er stellte sich vor, wie Justins Zunge über seine Lippen fuhr, ihn kitzelte, tiefer drang, seine Mundhöhle erforschte… Schmink dir das ab, Kinney, er ist weg. Brian schlug die Augen auf. Er hielt das nach Justin duftende Kissen an sich geklammert. Oh Gott, was mach ich denn jetzt nur… Wenn mich jetzt einer sieht, muss ich mich wohl leider postwendend aufhängen. Aber das war schon lange keine Option mehr.

Sein erster Gedanke schlug vor, ins Popperz zu gehen und einen oder mehrere Tricks abschleppen. Nicht ohne sich vorher ordentlich zu besaufen und die eine oder andere chemische Substanz in sich ein zu füllen. Eine Gänsehaut überlief seinen Körper. Aber es war keine lustvolle Vorfreude – es war Ekel. Ekel vor den fremden Körpern, Ekel vor sich selbst. Er war immer einsam gewesen, sogar stolz darauf – aber nun…? Ein fremder Körper auf seinem versprach Betäubung, aber er wollte nicht taub sein. Er wollte fühlen, Justin, Justins Haut an seiner, weiß, wie Samt, Justins geschickte Finger auf sich, sein kochender Mund…. Okay, ich bin auf dem besten Wege zu Masochisten… er ist im Flieger, ist fort, Gott weiß, ob du ihn je wieder siehst. Und jetzt hast du nicht mal mehr Lust auf deine übliche Schmerztherapie. Das konnte ja heiter werden.

Brian rappelte sich wieder auf und drückte den glimmenden Zigarettenstummel aus. Das Leben ging weiter, ob es einem passte oder nicht. Was gab es zu tun? Kinnetic – den verdammten Namen hatte er erfunden, wie ein Brandzeichen – und Michael, der immer noch an den Folgen des Anschlags litt. Und Gus und seine Mütter… Er vermisste seinen Sohn jetzt schon. Verdammte schissige Lesben, glaubten die ernsthaft, man könnte vor Fanatikern und Vorurteilen davon laufen? Als wären die Menschen anderswo besser. Er gönnte es ihnen. Aber er glaubte es nicht.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  brandzess
2011-08-14T15:27:30+00:00 14.08.2011 17:27
och der arme Brian, wie er seinen Justin vermisst *snif* echt rührend. aber ich sag ihm jedea mal wenn Justin verschwindet das er mit seinem Arsch ausm quark kommen muss und sich Justin wieder holen soll! und nie hört er auf mich *kopf schüttel* mal sehen was er jetzt macht..... :D
Von:  chaos-kao
2011-08-10T16:31:49+00:00 10.08.2011 18:31
Ich LIEBE QAF! ^^ Und ich bin schon lange der Meinung, dass es mit Brian und Justin nicht so enden darf! xD Ich bin schon sehr gespannt, wie du es weiterführen wirst ... aber du trittst ein schweres Erbe an ;)

Lg
Kao


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