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Genesis

Eine Galaxia-Saga
von

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Maraget

Die Stella verließ den Hyperraum wie immer abrupt. Papyllon spürte den plötzlichen Unterschied in Geschwindigkeit deutlich in der Magengrube – wie eine Faust. Es dauerte einen Moment bis das Flimmern nachließ und sie sahen was vor ihnen lag. Das Medea System wirkte ungewöhnlich still. Stille war etwas mit dem man leben lernte, wenn man durch das All reiste. Aber es gab zwei Arten von Stille, wie Papyllon festgestellt hatte. Die friedliche Stille, die herrschte wenn Alles gut war. Es war eine fröhliche Stille. Man sah flackernde Lichter auf Planeten hier und da ein Schiff. Und dann gab es die erstarrte Stille. Wenn alles kalt war und tot, wenn sich nichts mehr regte und man das Gefühl hatte etwas wartete in der Dunkelheit. Diese Stille die einem die feinen Härchen im Nacken sträubte.

Im Medea System herrschte diese unschöne Stille. Sie flogen verhältnismäßig langsam an Adria und Melat vorbei, beide Welten waren wie erstarrt. Es gab keine Farben mehr, kein Licht, kein Leben. Es waren nur noch zwei graue Felsbrocken im All.

Papyllon sah wie die Drohne über die Oberfläche flog und Messdaten zu Nyanko schickte. Als sie zurück zur technischen Leitung sah fand sie einen ungewöhnlichen Blick auf dem Gesicht der jungen Frau.

„Will ich es wissen?“, hakt Papyllon nach.

„Ich wollte Atmosphären-Messungen machen. Aber es geht nichts…“

„Was bedeutet das im Klartext?“, fragt Papyllon weiter.

„Das bedeutet im Klartext das weder Adria noch Melat eine Atmosphären haben. Sie sind tote Planeten. Quasi Satelliten.“, meint Nyanko ernst. Und wenn Nyanko ernst war bedeutete das schon einiges.

Die Gruppe lenkte ihre Aufmerksamkeit zu Maraget. Im Orbit des Planeten hing noch immer das Schiff von Medea und Thalea. Die Atmosphäre von Maraget war unruhig, seltsam farbige Sturmwolken schienen zu brodeln, wanderten über die Oberfläche. Die Drohne tauchte in die Wolken hinab und sendete Daten.

„Und, was haben wir?“, fragt Crow grimmig nach.

„Hm… scheint als haben wir toxische Stürme auf der Oberfläche aber außerhalb der Wolken scheint die Atmosphäre intakt.“

„Kannst du uns Video geben?“, fragt Papyllon. Nyanko nickt schwach und betätigt ein paar Schalter auf ihrer Konsole. Einen Augenblick später erschien eine Videoübertragung der Drohne auf den Monitoren. Sie flog über eine brache, zerklüftete Landschaft mit Schluchten auf deren Grund man Magma glimmen sah. Sie sahen am Horizont die Ruinen der Hauptstadt. Es gab ganze Felder von Nichts, wo nur zerfallene Skelette lagen, von Soldaten die erst kürzlich hier gefallen sein konnten, ihr Fleisch vermutlich zersetzt von dem Säureregen aus den giftigen Sturmwolken. „Grundgütiger…“, flüstert Papyllon.

„Der Planet ist völlig umstrukturiert. Es gibt kein Wasser, kein Grün, Sauerstoff hält sich in Grenzen… Leben kann auf dieser Oberfläche nicht lange erhalten bleiben.“, meint Nyanko kopfschüttelnd.

„Kannst du uns zeigen wo das Signalfeuer aufgestellt war?“

Nyanko nickt und lenkte die Drohne. Aber plötzlich zögert sie, die Brauen besorgt zusammen gezogen.

„Hmmmm…“, meint sie lang gezogen.

„Hmmmm?“ wiederholt Crow, eine Augenbraue skeptisch hochgezogen.

„Ich kann die Drohne nicht mehr kontrollieren. Irgendwas muss die Fernsteuerung angegriffen haben. Vielleicht der Säureregen… obwohl sie eigentlich für solche Fälle konzipiert ist… Seltsam, seltsam…“

Papyllon wand sich ihrem eigenen Terminal zu und setzte den Kommunikator auf, sucht die Frequenzen ab, bis sie das Medea Schiff eingestellt hat.

„Star of Medea, hier spricht Papyllon von der Star of Zero. Bitte meldet euch.“, ruft sie. Jedes System der Allianz hatte ein Hauptschiff, die Stella war der Star of Zero, dieses Schiff, das im Orbit von Maraget lag, war die Shanti – oder die Star of Medea. Und von ihr kam keine Antwort. Papyllon wiederholt. „Star of Medea, hier ist die Star of Zero. Bitte antwortet.“

Nur rauschen am Ende der Leitung.

„Komm schon… komm schon…“, hörte sie Crow hinter sich flüstern.

„Shanti, bitte meldet euch.“, gibt Papyllon nachdrücklich durch. Nyanko sah auf.

„Meine Scanner sagen, dass die Shanti verlassen ist.“, meint sie leise. Und das war noch seltener als eine ernste Nyanko. Eine leise Nyanko war schlimm. Sehr schlimm. Papyllon stand ruckartig auf.

„Transportier mich da runter, ich muss wissen was da passiert ist.“

„Papyllon, wir haben keine Ahnung was da passiert ist. Vielleicht gab es einen Hüllenbruch und der Sauerstoff wurde aus dem Schiff gesaugt.“, mahnt Crow.

„Ich ziehe einen Anzug an. Und du kommst mit.“, meint Papyllon und drückt Crow einen Kommunikator in die Hand.

„Ich?!“

Papyllon nickt nur und marschiert von der Brücke. Crow seufzt und rollt die Augen. „Ich hasse solche Jobs…“
 

Verpackt in mehrfach isolierte und dennoch praktisch hautenge Raumanzüge, mit Schutzmasken und Helmen, materialisierten Papyllon und Crow an Bord der Shanti. Papyllon trug violett, Crow kupferrot. Beide hatten an den Oberarmen das Sternsymbol der Senshi angebracht. Ein aufrechter, fünfzackiger goldener Stern mit einer umgekehrten Pyramide darunter. Einige Senshi waren so loyal das sie sich dieses Symbol sogar auf die Haut tätowierten. In der Hand hielt Papyllon einen Scanner, mit dem sie die Umgebung analysierte und die Daten direkt an Nyanko schickte.

„Papyllon, hört ihr mich?“

„Laut und deutlich Nyanko.“, bestätigt Papyllon.

„Die Analyse zeigt Normalwerte.“, meint die technische Leitung.

„Normalwerte? Heißt das es ist sicher ohne Helm?“, hakt Crow nach. Aber Papyllon hatte schon die Sicherung ihres Helms gelöst und ihn abgesetzt, nahm den Schutz von Mund und Nase und atmete ein. Die Luft war sauber. Unverbraucht sogar. Sie wendet sich an Crow und nickt. Auch diese nimmt ihren Helm ab.

„Ja, ihr könnt die Helme abnehmen.“, kam Nyanko’s Antwort.

„Lass stecken. Haben wir schon.“, murmelt Crow mürrisch. Sie sah zu Papyllon. „Kannst du nächstes Mal mit so was warten bis Nyanko grünes Licht gibt?“

„Hatte sie.“, meint Papyllon mit einem Schulterzucken. Crow rollt die Augen. Langsam setzten die beiden sich in Bewegung, durchquerten die Kristallkorridore der Shanti, denen der Stella nicht unähnlich nur in kleineren Dimensionen. Die Shanti war ein deutlich kleineres Schiff, aus der M-Klasse wie die meisten Hauptschiffe kleinerer Systeme. A-Klasse waren die kleinsten Schiffe, eigentlich wirklich nur Transportschiffe oder Shuttles, dann gab es B, F, L, M, T für die Hauptschiffe größerer Systeme und die größte Klasse – die Stella – war ein X Schiff.

Sie erreichten die Brücke, dort sahen sie sich länger um.

„Okay… ich finde es irgendwie beunruhigend das niemand an Bord ist. Wo sind die alle in?“, fragt Crow grimmig. Papyllon war schon dabei das Log zu überprüfen.

„Die Rettungskapseln sind alle noch angedockt, es gab keine Evakuierung…“

„Es müssten doch mindestens 50 Crewmitglieder an Bord sein. Wenigstens Leichen müsste es geben, oder?“

„Eigentlich schon…“, murmelt Papyllon. Sie sah noch immer die Aufzeichnungen durch. „Es gab einen Großalarm… mehrere Decks wurden abgeriegelt… und dann hört es einfach auf. Es macht keinen Sinn…“

„Kannst du von hier auf das Signalfeuer zugreifen?“, erkundigt sich Crow. Papyllon zögerte einen Moment, dann schüttelt sie langsam den Kopf.

„Nein… der Link ist unterbrochen. Wir müssen auf die Oberfläche.“, meint sie grimmig. Dann sieht sie auf. „Nyanko, hol uns zurück auf die Stella.“

„Aye Chef.“, verkündet Nyanko. Nur wenige Augenblicke später standen sie wieder im Transportraum der Stella und zogen die Anzüge aus. Papyllon sauste auf die Brücke zum Bord-Kommunikator und linkte sich ein.

„Crew, hier spricht Papyllon. Ich will ein Team mit auf die Oberfläche von Maraget nehmen, wir werden das Signalfeuer bergen und eventuell Überlebende Evakuieren. Freiwillige auf die Brücke bitte.“

Nyanko wirbelte herum.

„Ähm… und was machen die Leute die auf der Brücke eh arbeiten? Muss ich auch mit runter?“, fragt sie alarmiert.

„Du bleibst hier, du bist unser Navigationssystem da unten. Crow-“

„Packt schon ihren Campingrucksack, falls es mal wieder länger dauert.“, murmelt Crow. Papyllon grinst. Crow nörgelte fiel, aber sie wusste wenn es darauf ankam konnte sie sich auf diese Senshi verlassen. Zu 200 Prozent. Es vergingen keine Zwei Minuten bis vier weitere Senshi auf der Brücke auftauchten, abgesprochen mit dem Rest der Crew als bester Stoßtrupp gewählt. Astera – wie Crow und Papyllon eines der ältesten Eisen der Flotte – und mit ihr Solaris, Proxima und Capricorn.

Astera war eine hoch gewachsene, athletisch muskulöse Frau mit langem, schwarzem Haar in einem Pferdeschwanz. Sie trug eine dunkelblaue Tunika über einer Schulter und eine weiße Brustpanzerung mit einem Schulterpanter geformt wie ein Flügel, dazu passende hohe, weiße Stiefel und die Tunika um die Taille mit einem breiten, goldenen Gürtel verschlossen. Ihr Kleidungsstil war typisch für die Senshi aus den Zentralsystemen. Ihr Matrosenkragen, verschlossen mit der goldenen Sternbrosche der Senshi Staffel, war ebenfalls dunkelblaue, ihr weißes Halsband hatte einen feinen silbernen Anhänger in Form eines geflügelten Herzens, passend zu ihren Ohrringen. Auch ihre Tiara war aus filigranem Silber mit einem dunkelblauen Herz mit kleinen weißen Flügeln.

Solaris war ein jüngerer Stern aber dennoch eine großartige Bereicherung für jedes Team. Sie war kleiner als Astera und etwas kräftiger mit rosiger Haut und Sommersprossen um die Nase, ihr langes Haar war feurig golden und fiel in wilden Locken fast bis zum Fußboden. Sie trug eine weiße Tunika mit einem breiten, goldenen Gürtel, goldener Spitze an den Ärmeln und am Saum, goldenem Matrosenkragen verziert mit weißer Spitze und ebenfalls verschlossen mit der Sternbrosche. Ihre weißen Gladiatorsandalen waren hochhackig und ebenfalls mit goldener Spitze verziert, um den Hals trug sie ein Band auf weißer Spitze mit einer goldenen Sonne, passende Ohrringe und einen Stirnstein in Form einer flammenden Sonne. Über ihren Kopf trug sie einen Schleier aus weißer Spitze. Sie führte einen langen, weißen Stab mit Porzellanverzierungen, Gold und rosigen Steinen, die Spitze war geformt wie eine flammende Sonne. Solaris war die Stern-Senshi eines neun Planeten starken, neu zur Allianz gestoßenen Systems dessen Senshi sich im Moment noch in der Akademie beweisen mussten. Sie war eine Ausnahme, denn als Stern war sie schon viel früher in der Staffel präsent gewesen. Und sie war so was wie Astera’s beste Freundin geworden, so unterschiedlich sie sein mochten.

Capricorn war, wie die meisten hier an Bord, schon lange in der Staffel, sie gehörte zum Inventar, jeder kannte sie, jeder mochte sie. Eine der quirligsten Senshi gleich nach Nyanko. Sie war eine große, dunkelhäutige Frau mit schneeweißem Haar, das sie in zwei Affenschaukeln geflochten hatte, verschlossen mit großen, hellgrünen Schleifen. Sie trug ein trägerloses, violettes Korsagenkleid mit einem aufgebauschten Faltenrock. Darunter kam violette Spitze zum Vorschein, die hellgelbe halterlose Seidenstrümpfe an Ort und Stelle hielt. Sie trug einfache violette Stiefeletten mit leichtem Absatz. Ihr violetter Matrosenkragen wurde mit einem silbernen Stern und einer großen, hellgrünen Schleife verschlossen und sie trug hohe, violette Handschuhe mit hellgrüner Spitze. Ihr Halsband war ebenfalls aus dieser hellgrünen Spitze, ihre Tiara einfach, silbern und mit einem blass grünen Stein.

Die letzte im Bunde – eine der Jüngsten gleich neben Solaris – war Proxima. Sie war eine aufgeweckte, etwas zu impulsive junge Senshi. Ähnlich wie die junge Solaris trug auch sie eine Tunika in hellem, schimmerndem Blau, eine Brustpanzerung mit Puffärmeln, weiße Hotpants unter der Tunika und hohe, weiße Stiefel. Ihre Handschuhe waren deutlich kürzer als die der anderen. Sie war eine blasse, zierliche Peron mit hellem Haar – ein leichter Blaustich darin. Sie hatte das Haar zu zwei großen, runden Polstern gesteckt, die an ein Stundenglas erinnerten, einzelne Korkenzieherlocken fielen zu ihren Schultern. Ihre Ohrringe hatten die Form eines Stundenglases um Sterne, sie trug eine weiße Blütentiara mit Silber und einem blauen Kristalltropfen.

„Das war schnell.“, gab Crow zu.

„Wir waren uns schnell einig.“, meint Astera mit einem Schulterzucken.

„Ich kann euch direkt zu dem Signalfeuer transportieren. Aber ihr müsst Anzüge tragen, so lass ich euch da nicht runter.“, mahnt Nyanko. Crow rollt die Augen.

„Wieder das Ding anziehen.“, seufzt sie.

„Gut, dann treffen wir uns in fünf Minuten im Transportraum in Schutzanzügen.“, ordert Papyllon. Die andere nicken grimmig entschlossen.

Und wie vereinbart trafen sie sich fünf Minuten später im Transportraum in ihren Anzügen. Astera – neben Nyanko eine der besten Technikerinnen an Bord – hatte einen Werkzeugkoffer mit einigem zusätzlichen Equipment dabei, während die anderen drei sich mit Waffen deutlich besser fühlten. Gerade noch versah Nyanko sie alle mit Messgeräten, um ihre Vitalfunktionen zu überwachen.

„Wenn es haarig wird holst du uns da raus, ist das klar?“, fragt Papyllon.

„Glasklar.“, meint Nyanko ernst nickend. Dann aktivierte sie das Transportsystem. Die fünf Senshi standen beisammen als sie von Licht eingehüllt wurden, gleich darauf waren sie verschwunden. Nyanko seufzt besorgt und eilt auf die Brücke zurück. Dort stöpselt sie ihren Kommunikator ein und öffnet mehrere Bildschirme mit den Vitalfunktionen ihrer Gefährtinnen. „Papyllon, hört ihr mich da unten?“, fragt sie in den Kommunikator.

„Laut und deutlich, Nyanko.“, kam Papyllon’s Antwort. Das Team war sicher auf der Oberfläche von Maraget angekommen. Und es sah hier unten genau so unschön aus, wie es aus dem All gewirkt hatte. Über ihnen grollten dunkle Wolken mit seltsamen, farblichen Schattierungen, die Gebirge waren zerklüftet und wirkten bedrohlich. In der Ferne, jenseits der Ebenen, konnten sie die Ruinen der Hauptstadt ausmachen. Astera wand sich um und ging neben dem Signalfeuer in die Hocke. Das Gerät an sich schien intakt, nur leicht beschädigt.

„Ich kann das reparieren… das sollte gehen…“, murmelt sie.

„Gut, geh an die Arbeit.“, meint Crow nickend.

„War die Black Box aktiviert?“, erkundigt sich Papyllon. Astera werkelte ein wenig an dem Signalfeuer herum, dann nickt sie leicht.

„Sieht so aus… Ich versuche es abzuspielen, vielleicht gibt uns das eine Idee davon was hier passiert ist.“

Die anderen nicken und warteten dann angespannt auf Ergebnisse, darauf das Astera ihnen irgendwas zeigte. Während sie warteten wechselten sie sich mit der Wache ab, es vergingen fast zwei Stunden bis Astera die Aufzeichnung zum abspielen brachte. Auf dem Plateau vor ihnen erschienen lebensechte Hologramme. Direkt bei dem Signalfeuer erkannten sie Thalea und Medea, letztere starrte auf etwas am Rand des Plateaus, offenbar noch nicht in der Aufnahme. Die Sprachaufzeichnung war brüchig, sie konnten kaum verstehen was Medea sagte als ihre Lippen sich zu bewegen begannen. Aber eines versanden sie deutlich.

„Maraget. Sagte sie Maraget?“, hakt Crow nach. Und noch während sie das fragte tauchten die anderen drei auf dem Plateau auf. Doch Maraget, Adria und Melat waren nicht mehr die Senshi, die man hier kannte. Irgendetwas hatte sich verändert. Zum Schlechten. Sie sahen Medea mit Maraget diskutieren, und dann wurden Angriffe vorbereitet. Medea fragte Thalea ob die Aufzeichnung lief. Diese nickte. Denn das würde ihr letztes Testament sein. Es gab eine gewaltige Explosion, die Aufzeichnung riss ab.

„Was war das verdammt?“, fragt Astera, die zurück gestolpert war.

„Maraget… völlig durchgedreht…“, murrt Crow.

„Senshi sind untrennbar mit ihren Sternen verbunden. Wenn diese Welt so verzerrt ist… liegt das vielleicht an dem was Maraget passiert ist.“, meint Solaris ernst.

„Aber woran könnte sie so durchdrehen? Ich meine, wir reden ja hier nicht von mildem Wahnsinn sondern von‘nem ausgewachsenen Fall von völlig durchgedrehtem Völkermörder.“, meint Capricorn kopfschüttelnd. Die anderen schwiegen besorgniserregend.

„Ich speichere das, dann können wir es später genau analysieren.“, schlägt Astera vor und war schon dabei die Aufzeichnung auf eine kleine Memorydisc zu kopieren. Papyllon starrte schweigend ins Tal, in die Ferne.

„Es sieht nicht so aus als gäbe es hier irgendwas zu retten, Papyllon. Wir sollten einfach zurück gehen.“, meint Crow kopfschüttelnd.

„Ich will in die Hauptstadt. Wenn es irgendwo Überlebende gibt, dann dort.“, meint Papyllon grimmig. Crow wollte protestieren. Es gab keine Überlebenden, das wussten sie alle. Aber Papyllon würde keine Ruhe finden wenn sie es nicht mindestens versuchte. Sie würde sich niemals verzeihen wenn sie später erfuhr das sie jemanden zurück gelassen hatte, dass irgendjemand sich Monatelang auf dieser toten Welt durchgeschlagen hatte um dann doch zurückgelassen zu werden und kläglich zu verenden. Also kam anstelle von Protest nur ein leichtes Nicken von Crow.

„Okay.“

„Ich ziehe einen Sicherheitsbereich um das Signalfeuer und hol euch dann ein.“, meint Astera. Papyllon nickt und führt die Gruppe den Pfad entlang hinunter auf die Ebenen. Astera blieb zurück und installierte fünf kleine Pfeiler um das Signalfeuer. Sie synchronisiert die Frequenzen und aktiviert den Bereich. Dunkelblau leuchtende Lichtstrahlen verbanden die einzelnen Pfeiler augenblicklich und formten einen fünfzackigen Stern. „Nyanko, kannst du das sehen?“

„Deutlich, Astera.“, bestätigt Nyanko über den Kommunikator.

„Super. Kannst du mir die Koordinaten der anderen durchgeben?“

Es dauerte nur einen kleinen Augenblick dann erhielt sie eine kleine Karte auf dem Display ihres Navigationssystems, darauf blinkte ein roter Punkt und gab die Position der übrigen vier Senshi an. Astera nickt, nimmt ihren Koffer, schultert ihn mit den Gurten und eilt dann den Pfad hinunter, dem auch ihre Gefährtinnen gefolgt waren. Sie erreichte die Gruppe auf den Ebenen und schloss sich der Formation an. Nur einen Moment später rief Nyanko die Gruppe. Papyllon antwortete.

„Was?“

„Ein Schiff ist gerade im Orbit aufgetaucht. Die Star of Cassiopeia. Sie wollen Unterstützung runter zu euch schicken, wenn du dein okay gibst.“, erklärt Nyanko.

„Hm… im Moment scheint hier alles unter Kontrolle. Aber wir werden ein Signalfeuer in der Hauptstadt aufstellen, dort können sie hinkommen, wenn sie unbedingt helfen wollen.“, schlägt Papyllon vor.

„Okay, das geb ich dann so weiter. Nyanko Over.“

Danach herrschte Funkstille. Die Gruppe marschierte in aufmerksamem Schweigen über die Ebenen. Der Weg war gepflastert mit Knochen, die Landschaft noch zerklüftet von Schützengräben, Bomben und anderen Explosionen. Als hätte eine grässliche Kraft hier getobt und alles kurz und klein geschlagen.

„Sieht aus als geht die Sonne unter…“, murmelt Astera nach einer Weile.

„Wie viele Sonnenstunden hat Maraget?“, erkundigt sich Papyllon. Crow sah auf das Display ihres Navigationsgeräts.

„Vierundvierzig, glaube ich. Zwanzig-und Nachtstunden. Aber nachts werden die Stürme schlimmer, also sollten wir dann nicht so viel unterwegs sein. Evakuierungen sollten nachts unmöglich sein.“, berichtet Crow. Capricorn zog skeptisch eine Braue hoch.

„Ha… ja, wow, vielleicht hätten wir das mal vorher geklärt…

Proxima grinste nur.

„Angst?“

„Nein!“, protestiert Capricorn. „Nur keine Todessehnsucht wirklich…“

„Wir werden einen Sicherheitsbereich installieren und die Nacht aussitzen wenn nötig.“, erklärt Papyllon. Die anderen nicken schwach. Als Papyllon wieder aufsah war die Stadt deutlich näher. Nur wenig später überquerten sie die Grenzen. Die Stadt war verlassen und zerstört, die Gebäude nur noch Gerüste, Schatten ihrer selbst. Jeder Schritt hallte durch die unheimliche Stille.

„Kann irgendjemand mal irgendwas sagen? Ich bin total nervös.“, schnaubt Capricorn, die ständig hin und her sah, immerzu damit rechnete irgendetwas würde attackieren.

„Ich hab mal so einen Film gesehen. Ne Gruppe Leute Strandes auf einem feindseligen Planeten wie diesem hier und in der Nacht tauchen hungrige Monster auf und metzeln einen nach dem anderen nieder.“, verkündet Proxima mit einem fröhlichen Grinsen. Capricorn wirft die Hände in die Luft.

„Oh, ehrlich, warum würdest du sowas jetzt erzählen!!“, schnaubt sie. Proxima kichert ein böses, kleines Kichern – worauf Capricorn sie in die Seite kneift.

„Ladies, konzentriert euch bitte?“, mahnt Papyllon mit einem Blick über die Schulter. Proxima und Capricorn machten je einen Satz, strafften die Schultern und wurden ein wenig rot um die Nasen.

„Ja Mistress…“, murmeln beide ein wenig beschämt. Aber das hielt nur so lange bis Papyllon wieder nach vorne sah. Dann schon war Proxima damit beschäftigt, ihre Freundin an den Affenschaukeln zu ziehen, worauf Capricorn eine Grimasse Schnitt. Crow rollt die Augen.

„Kindergarten…“, murmelt sie kopfschüttelnd. Papyllon konnte sich ein wenig kichern nicht verkneifen. Sehr viel anders waren sie – Crow, Astera und Papyllon – früher auch nicht gewesen.

„Was ist das auch für eine Aussage? Zwanzig-und Nachtstunden? Das kann ja alles zwischen 21 und 29 sein.“

„Genau.“, bestätigt Crow nickend. Astera wollte gerade weiter protestierten da schnitt ihr Papyllon schon das Wort ab.

„Maraget hat einen unregelmäßigen planetaren Zyklus. Vermutlich wird sich das erst innerhalb der nächsten fünf- oder sechshundert Jahre stabilisieren.“, erklärt sie.

„Ah, okay… macht Sinn…“, murmelt Astera. Crow aber hatte die Stirn in Falten gelegt. Sorgenfalten.

„Ich frage mich…“

„Du fragst dich?“, hakt Papyllon nach. Crow aber antwortete nicht. Sie sah nur vielsagend zu ihrer Generälin. Nach einem Moment nickt Papyllon. „Maraget ist verdammt nah an der Grenze. Einer der entferntesten Planeten überhaupt, wenn ich mich nicht irre…“

„Genau.“, meint Crow grimmig. Papyllon nickt, ebenso grimmig.

„Ähm… verwirrte Senshi, bitte melden.“, meint Capricorn und hebt den Arm. Auch Proxima‘s Arm schoss augenblicklich in die Höhe und Solaris gab sich die seltene Blöße.

„Tripolis.“, murmelt Papyllon nur. Das ließ einige nach Luft schnappen. Sogar Capricorn.

„Was? Was ist Tripolis?!“, fragt Proxima aufgebracht.

„Ihr seid zu jung um euch daran zu erinnern, das war noch vor dem Andromeda Unglück. Tripolis war ein System sehr nah an der Grenze, ähnlich wie hier. Aus heiterem Himmel brach der Kontakt ab. Wir sind mit einem Aufklärungstrupp dort raus geflogen… und fanden niemanden… Ein paar Jahre später ist der Stern kollabiert und die drei Planeten wurden völlig zerstört.“, erklärt Crow grimmig. Solaris legt schockiert die Hände über die Lippen und schüttelt den Kopf.

„Schrecklich…“, flüstert sie.

„Was ist da passiert, was hat das ausgelöst?“, hakt Proxima nach.

„Chaos.“

Papyllon hatte das Wort einfach in die Runde geworfen. Was sie damit auslöste wusste sie. Chaos war etwas, das man nicht laut aussprach. Es war die Urangst, das große, unbekannte Böse, das hinter den Grenzen der Galaxis lauerte. Aber es war besiegt worden, vor langer, langer Zeit. In einer Zeit an die sich nur noch wenige der ältesten Sterne erinnerten.

„Chaos?“, wiederholt Proxima. „Wie in… Die Finsternis der Ersten Stunde, Chaos?“

„Wir dachten wir hätten es besiegt…“, murmelt Crow.

„Das war dumm von uns. Es war nur eine Frage der Zeit bis es zurückkehren würde… Ich hatte nur gehofft wir hätten mehr… mehr Zeit…“, murmelt Papyllon kopfschüttelnd. Crow legt ihr eine Hand auf die Schulter.

„Mehr Zeit um die Prinzipessa vorzubereiten?“

Papyllon schüttelt den Kopf.

„Sie ist noch so jung… ihr Stern ist noch viel zu groß für sie… sie braucht mehr Zeit…“, murmelt Papyllon. Das war immer ihre größte Angst gewesen. Seit sie das Mädchen kannte. Papyllon wusste, wie alle Senshi, das Galaxia etwas Besonderes war. Als sie geboren worden war… etwas war an diesem Tag mit den Sternen passiert. Es war als würden sie alle zu ihr hingezogen werden. Sie würde die Senshi einen, wie es nie zuvor gewesen war. Aber noch war sie ein Kind, noch war sie so unglaublich weit davon entfernt diese große Anführerin zu werden. Und sie wusste, wenn Chaos herausfand das sie geboren war, es würde alles versuchen um dieses Licht im Keim zu ersticken.

„Sie wird bereit sein, Papyllon. Wenn sie gebraucht wird, wenn es soweit ist, wird sie bereit sein. Jetzt ist unsere Aufgabe herauszufinden was hier passiert ist. Um die Prinzipessa können wir uns später kümmern.“

„Wir haben den großen Vorteil das Medea und Thalea das Signalfeuer so schnell aufstellen konnten. Bei Andromeda und Tripolis hat es uns viel mehr Zeit gekostet, es rauszufinden. Dieses Mal ist alles noch frisch. Vielleicht können wir wertvolle Informationen über Chaos‘ Plan sammeln, bevor Maraget zusammenbricht.“, meint Astera nickend.

„Frisch ist ja wohl die Untertreibung des Jahrhunderts. Die Trümmer hier dampfen ja praktisch noch...“, murrt Capricorn.

„Dort.“

Papyllon wies auf einen zentralen, erhaben gelegenen Platz, der Palast gleich dort gelegen. Die Gruppe schätzte die Lage ab, jede still für sich, dann nicken sie.

„Zentral. Und wir können die Stadt überblicken.“, meint Crow nickend.

„Crow, installier einen Sicherheitsbereich. Astera, bau ein Signalfeuer auf. Nyanko!“, meint Crow und trat in Kontakt mit dem Schiff.

„Ja?“, fragt Nyanko am anderen Ende der Leitung.

„Wir sind auf dem zentralen Platz vor dem Palast, Astera wird ein Feuer aufrichten. Sag der Star of Cassiopeia wenn sie uns Unterstützung schicken wollen sollen sie es machen bevor die Sonne untergeht.“

„Betrachte es als erledigt!“, verkündet Nyanko, Papyllon sah sie fast salutieren. Und so begannen die fünf Senshi die Nacht auf dem feindseligen Planeten vorzubereiten. Noch hatten sie keine Vorstellung davon, wie feindselig…
 

Die Sonne war fast am Horizont, schimmerte zwischen der zerklüfteten Landschaft und der unruhigen Wolken hindurch in einem satten, dunklen Pink. Eine Gruppe Soldaten in Raumanzügen waren zu der Gruppe gestoßen, Männer hauptsächlich, die Senshi waren an Bord geblieben. Papyllon und die anderen saßen bei dem Signalfeuer und sahen wieder und wieder die Aufnahme durch, die sie kopiert hatten. Nur Crow war nicht bei ihnen. Sie saß in einem der höher gelegenen Flure des Palastes und behielt die Umgebung genau im Auge. Ihre Augen sind schmal wie ein Falke, sie ist hoch konzentriert.

Irgendwann stoppten sie die Wiedergabe und während Proxima und Capricorn sich zurück zogen um für ein paar Minuten die Augen zu schließen saßen die anderen drei über einer Karte der Stadt, als sie noch eine Stadt war. Papyllon wies auf eine Ballung von Gebäuden.

„Wenn es irgendwo Überlebende gibt werden sie sich sicher dort sammeln.“, meint sie

„Liegt nahe. Es ist zentral, geschlossen, gut zu verteidigen…“, bestätigt Solaris. Die drei nicken, einander zustimmend. Dann sah Astera auf.

„Wie ist sie?“

„Wer?“, fragt Papyllon irritiert.

„Der Prinzipessa.“

Papyllon zögert. Die wenigsten der Senshi kannten Galaxia persönlich. Für die meisten war sie nur diese mysteriöse Kraft, die sie zusammen zu halten schien. Papyllon lächelte.

„Sie ist etwas ganz Besonderes. Ich glaube sie wird die Allianz verändern, wie keine vor ihr es konnte.“

Astera lächelt.

„Mit dir als Lehrerin, da bin ich sicher.“

Papyllon lächelt zurück.

Als Crow plötzlich ruckartig aufstand war Papyllon augenblicklich angespannt. Sie beobachtete ihre zuverlässigste Kriegerin. Crow wirkte alarmiert, wie ein Raubtier, das Beute witterte oder eine nahende Gefahr. Völlig reglos stand sie in dem Fenster und starrte irgendwo in die Dämmerung. Papyllon stand langsam auf und folgte dem Blick der anderen Senshi. Sie konnte jedoch nichts ausmachen. Dazu fehlte es ihr an Höhe.

„Crow?“, fragt sie alarmiert.

Crow wedelte nur mit der Hand, wie sie es immer tat wenn sie nicht abgelenkt werden wollte. Von Crow’s erhöhter Position konnte sie die Stadt überblicken. Alles lag im satten, pinken Zwielicht, die Schatten der Ruinen waren lang und wirkten bedrohlich. Und in den Schatten… bewegte sich etwas. Sie sah huschende Figuren.

„Da bewegt sich was.“; verkündet Crow, selbst überrascht. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass es auf diesem Felsbrocken tatsächlich noch Überlebende gab. Sie lehnte sich so weit hinaus das Papyllon fast schon fürchtete sie würde abstürzen. Selbst mit ihren Falkenaugen war es fast unmöglich zu erkennen, was sich da bewegte. Aber doch, die Silhouetten waren… „Menschen!“

„Überlebende!“, rief Capricorn fassungslos. Papyllon wirbelt herum.

„Wo?!“

„In den Schatten!“, rief Crow zurück. Papyllon versuchte etwas zu erkennen. Und da, tatsächlich. Im Schatten einer Ruine kam eine Figur zum Vorschein, bei näherem Hinsehen eine deutlich menschliche Gestalt.

„Wie zur Hölle haben die… hier überlebt…?“, murmelt Papyllon ungläubig.

„Wir müssen ihnen helfen!“, verkündet Proxima und stürmt auf die Schattenfiguren zu. Aus dem Sicherheitsbereich.

„Proxima, komm zurück in die Zone, sofort!!“, donnert Astera – ausgesprochen autoritär, wenn sie wollte. Proxima wand sich ihr zu.

„Aber… wir müssen doch-“

Noch bevor Proxima aussprechen konnte hatten mehrere Arme zugepackt. Papyllon sah den Schreck im Blick der jungen Senshi noch, bevor sie in den Schatten gezerrt wurde. Und dann zerrissen Schreie die Stille. Drei Kreaturen hatten sich über Proxima gestürzt, Blut spritzte auf. Obwohl sie sonst kaum etwas sahen, dessen waren sie sich sicher.

„Proxima!!“ rief Astera aus und war schon in einem halben Sprung um der jungen Senshi zu helfen. Doch Papyllon packte Astera und riss sie zurück.

„Nicht!“, protestiert Papyllon.

„Aber-“

„Da!!“

Die Gruppe sah auf. Crow deutete auf den Bereich gleich außerhalb der Sicherheitszone. Papyllon folgte dem Zeichen. Und sah… hunderte Schatten die sich bewegten, die untergehende Sonne mieden. Aber sie kamen näher, mit jedem Zentimeter den die Sonne sank. Ein oder zwei waren mutig und stürmten direkt auf das Energiefeld zu. Das Licht der untergehenden Sonne schien ihnen zu schaden und als sie gegen die Barriere prallten gingen sie in Flammen auf, stolperten zurück mit schauderhaften Schreien die sich mit denen von Proxima mischten. Die Gruppe wich von der Barriere zurück, ebenso die bewaffneten Soldaten.

„Wir müssen ihr doch helfen! Wir können sie nicht da draußen lassen!“, protestiert Capricorn, schon unter Tränen. Spürte den Schmerz ihrer besten Freundin fast selbst. Crow, die wie aus dem Nichts bei dem Rest der Gruppe aufgetaucht war, hielt Capricorn effektiv zurück.

„Wir können ihr nicht helfen. Sie ist sowieso schon tot.“; meint sie ernst, den Kopf schüttelnd.

„Leute, was ist da unten los?! Wieso habe ich von Proxima keine Lebenszeichen mehr?!“, fragt Nyanko alarmiert über den Funk.

„Ganz schlecht gerade, Nyanko, ganz schlecht!“, murrt Crow.

„Niemand verlässt die Sicherheitszone!“, verkündet Papyllon, mit dem ersten Schreck überwunden war sie wieder ganz und gar die Generalin.

„Aber wir können sie nicht einfach da draußen liegen lassen!“, protestiert Capricorn, Tränen auf ihrem Gesicht verschmiert. Papyllon, Crow und Astera tauschten einen schnellen Blick, dann wendet sich Papyllon an Solaris.

„Wir brauchen eine Verzögerung.“, meint sie grimmig. Solaris nickt und hebt ihren Stab. Die flammende Sonne an dessen Spitze schien zum leben zu erwachen, das Glas der Helme der Gruppe verfärbte sich augenblicklich, um ihre Augen zu schützen als die Sonne zu einem rechten Feuerball wurde.

„Herrlicher Sonnensturm!!!“, rief Solaris, ihre Stimme scheinbar von überall gleichzeitig. Das Feuer von ihrem Stab schoss explosionsartig fort von ihr, brach durch die Sicherheitszone und wehte die Kreaturen kreischend zurück. Im Windschatten waren Crow und Papyllon blitzartig aus der Zone gesaust, hatten Proxima’s leblosen Körper geborgen und zurück in die Zone gebracht. Sie war ein entsetzlicher Anblick. Ihr Helm war fort, ihr Gesicht fast vollständig zerfetzt, ein Arm schien nur noch an ein paar Fetzen Muskel zu hängen. Ihr Anzug und ihre Uniform schienen zu zerfallen in blaue und weiße Bänder. Capricorn brach schluchzend neben ihrer besten Freundin zusammen.

„Proxi… Proxi…“, flüstert sie unter Tränen. Crow beobachtete es grimmig und wand sich an Papyllon.

„Ihr Stern stirbt. Wie kann das sein?“, fragt sie kopfschüttelnd.

„Was sind diese… Dinger?“, fragt Astera mit einem Blick zurück zu den Schattenkreaturen. Zuerst hatten sie noch menschlich ausgesehen. Jetzt waren sie verzerrt und verbogen, wie Maraget und die anderen beiden Senshi es in der Aufnahme gewesen waren. Als wären sie von dem Wahnsinn infiziert worden. Noch immer wichen sie vor dem Licht der untergehenden Sonne zurück. Papyllon legte die Stirn in Falten.

„Astera… die Barriere des Sicherheitsbereich… besteht aus Stern-Energie, oder?“, hakt sie nach.

„Äh… ja.“

„Also sind diese Kreaturen schwach gegen Stern-Energie?“, hakt Crow nach. Papyllon nickt.

„Sie sind tote Sterne… Dead Stars…“, murmelt sie. Die anderen wanden sich der Barriere zu.

„Dead Stars? Das ist doch nur ein Mythos.“, meint Solaris kopfschüttelnd.

„Die Körper verblasster Sterne zehren von Restenergie und sind getrieben von dem primitiven Instinkt, Stern-Energie zu horten. Sie töten andere Sterne, in der Hoffnung ihr eigenes Licht wieder zu entfachen.“, fasst Crow die Legende zusammen. Und es passte zu den Ereignissen hier. Papyllon wendet sich von den toten Sternen ab, starrt hinunter zu Capricorn, die noch immer die unversehrte Hand ihrer besten Freundin hielt.

„Wir müssen den Körper loswerden.“, meint sie dann. Capricorn sah schockiert auf.

„Was?!“, fragt Capricorn ungläubig. Protest flammte in ihrem Blick auf. „Nein! Wir müssen sie zu ihrer Familie zurück bringen!“

„Wenn sie zu einem Dead Star wird, hier, in der Sicherheitszone, sind wir mit ihr gefangen. Dann sterben wir alle. Wir müssen sie loswerden.“, ordert Papyllon.

„Basierend auf einem Mythos!“, protestiert Capricorn. Crow ignorierte den Protest völlig.

„Denkst du das ist möglich? Eine Dead Star Senshi?“, fragt sie grimmig. Papyllon nickt.

„Also Maraget und die anderen… waren auch…“, begann Astera besorgt. Denn das bedeutete, dass dieses gesamte System verloren war.

„Wir müssen runter von diesem Fels. Jetzt.“, meint Solaris grimmig. Die anderen nicken. Crow hatte schon ihren Kommunikator aktiviert.

„Nyanko, kannst du mich hören?“

„Kann ich, Crow. Nicht gut allerdings… ich hab eine Menge Hintergrundgeräusch auf dem Schirm, irgendwelche Störsignale…“, meint Nyanko, ebenso ernst wie alle anderen. „Bitte sag mir dass ihr alle okay seid.“

„Proxima ist tot. Du musst uns von diesem Fels holen. Sofort.“, fordert Crow.

„Bin dran!“, verkündet Nyanko entschlossen. Kurz darauf schon erschien das Transportlicht. Papyllon und die anderen traten in den Kegel. Astera hob Capricorn auf die Füße.

„Wir müssen gehen.“, meint sie sanft.

„Ich lasse Proxi nicht hier zurück.“, protestiert Capricorn.

„Wir können nichts mehr für sie tun, Capricorn.“, meint Astera kopfschüttelnd. „Wir-“

Der Lichtkegel flackerte in dem Moment als die Sonne unter dem Horizont versank, die Zwanzig-und Nachtstunden einläutete. Am anderen Horizont erhob sich eine brüllende Finsternis, eine gewaltige Sturmwolke, noch mächtiger als es überhaupt möglich sein konnte.

„Was zum-?!“

Das Transportlicht brach völlig zusammen.

„Crow!! Crow, ich kann euch nicht mehr orten! Crow?!“, fragt Nyanko alarmiert.

„Wir sind hier, Nyanko, wir haben uns nicht bewegt.“, meint Crow kopfschüttelnd. Aber sie hörte die Störsignale. „Nyanko!“

„Crow? Crow, könnt ihr mich hören?!“

Konnten sie. Aber offenbar hatte Nyanko das Signal verloren. Die dunkle Wolke am Horizont bewegte sich rasend schnell. Viel schneller als physikalisch möglich war, und das ganz ohne atmosphärische Bewegungen – kein Sturm, kein Lüftchen wehte hier. Es war als wäre diese Dunkelheit ein eigenständiges Lebewesen, mit einer eigenen Dynamik. Immer näher kam es. Und mit ihm bebte die Erde unter ihren Füßen. Rote Blitze zuckten über den Himmel, irgendwo brachen Explosionen aus dem Planeteninneren hervor, verwandelten die Landschaft in eine echte Hölle.

„Was… ist das…?“, fragt Astera ungläubig. Sie alle wussten es, aber glauben konnten sie es nicht. Denn das würde es real machen. Und damit wäre die Galaxis verloren.

„Crow? Crow!? Ich kann euch nicht mehr hören und bin praktisch blind, meine Geräte zeigen gar nichts mehr an. Ich hoffe ihr seid okay, da unten!“

„Nyanko wir sind hier, wir sind genau da wo wir eben waren, hol uns hier raus!!“, donnert Crow.

„Sie kann uns nicht hören.“, meint Papyllon kopfschüttelnd. Sie wirkte seltsam ruhig. Als hätte sie Eins und Eins zusammen gezählt. Ebenso abgeklärt wie Medea auf der Aufzeichnung gewesen war. Das ist unser Testament.

„Leute, ihr müsst durchhalten! Ich kann euch nicht rausholen während diese Stürme toben. Meine Systeme spielen verrückt. Ihr seid auf euch gestellt. Ihr müsste diese Zwanzig-Und Stunden durchstehen, okay? Ich hol euch da raus beim ersten Sonnenlicht. Lasst euch nicht umbringe, klar? Lasst euch nicht umbringen!“

Ein schrilles Störsignal schnitt Nyanko’s Nachricht ab und ließ Crow aufschreien. Sie riss das Gerät von ihrem Ohr und warf es von sich, vergas einen Moment ihre gute Erziehung mit einem lauten: „Scheiße verdammt!!“

Wie eine Welle rollte die Dunkelheit heran und bedeckte den Himmel über ihnen, brüllte und donnerte. Papyllon zuckte zusammen. Das war kein Donner. Das war ein Lachen. Ein bösartiges, siegessicheres Lachen. Rote Blitze zucken auf. Und in fünf plötzliche Explosionen wurden die Pfeiler des Sicherheitsbereiches zerstört. Glassplitter flogen durch die Luft und das Licht versagte. Zwei der Soldaten wurden schon von den herumwirbelnden Glassplittern getötet. Und in dem Moment da die Barriere zusammenbrach stürzten sich die Kreaturen aus dem Schatten zu hunderten auf die Gruppe. Alle schrien sie wild durcheinander, beschwören ihre Stern-Energie. Solaris’ grelles Feuer erhellt das Schlachtfeld. Und dann war da nur Dunkelheit.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2011-07-12T18:42:39+00:00 12.07.2011 20:42
Man, du verstehst es echt, einen schmoren zu lassen, wie es weiter geht. XD
Echt super Spannend geschrieben!!


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