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Blutige Begegnungen

Teil 7 des Detektiv Conan-Noir Crossovers
von

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Shinto Ajusawa

Hallo liebe Lesenden,
 

es freut mich sehr, dass ihr auch weiterhin euch her verirrt, oder sogar gewollt herkommt, um euch dem nächsten Kapitel von 'Blutige Begegnungen' zu widmen.

Zuerst aber einmal danke ich ganz explizit noch einmal allen Kommentarschreibern, die sich immer wieder die Mühe machen, meinen komischen Gehirnwindungen, die sich das hier fabrizierte ausdenken, ein paar schöne Zeilen zu schreiben. Danke sehr. ^______^

Und da war diesmal auch eine mehr als berechtigte Frage dabei: Was macht eigentlich unser Titelheld? Ja, Conan ist seit Kapitel 4 nicht mehr aufgetaucht und ich muss leider auch zugeben, dieses und im Prinzip auch nächstes Kapitel wird er noch... verschwunden bleiben. Zu viele Figuren, um alle gleichzeitig anzusprechen, nehme ich mal kurz als Ausrede. ;p

Nein, im Ernst, er hat einiges gemacht, in der Zwischenzeit und das wird auch noch geklärt werden. Zum gegebenen Zeitpunkt. Es ist halt eine Scharade und da erfährt man nicht alles vorher, ne?

Er wird noch sehr bedeutsam im Laufe der Geschichte, das kann ich garantieren, aber hier soll eben gerade auch Noir mehr in den Vordergrund rücken.
 

Ansonsten... ja, entschuldige ich mich an dieser Stelle vorweg bereits für einen Satz in diesem Kapitel. Ich habe ewig überlegt, ob es irgendeine sinnvolle Alternative gibt, eine Variante, ihn zu umgehen, anders zu formulieren, aber nichts verdeutlicht die Gedanken, Empfindungen, die die Protagonisten in diesem Moment besser trifft, als die dortige „Wortschöpfung“ unserer modernen Gesellschaft. Nur leider... ist es zeitlich etwas... äh... unglücklich. Also bitte, es tut mir ehrlich leid, wenn das jemand an dieser Stelle unpassend findet (ihr werdet es wissen, wenn ihr es lest, ich will nur nicht spoilern), aber es steht in keinerlei Zusammenhang mit den Ereignissen in Japan.
 

Tja, dann kann ich nur noch viel Spaß wünschen mit dem Auftakt zum richtigen Chaos jetzt, wenn sich alles anfängt, um die neue Hauptperson zu drehen: Shinto Ajusawa.
 

Bis zum nächsten Mal.

LG, Diracdet
 

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Kapitel 7: Shinto Ajusawa
 

„Hast du das mitbekommen, Gin?“

„Natürlich.“, gab der blonde Mann in Schwarz mit einem finsteren Lächeln zurück.

„Kogoro Mori ist also auch hier. So eine Überraschung...“

„Und da ist noch so ein junges Mädchen bei ihm, könnte das...“

„Ja. Seine Tochter. Ran Mori, 17.“ Beide Scharfschützen horchten verwundert auf.

„Nach dem Vorfall damals mit Kir und dem FBI habe ich eine Akte zu Kogoro Mori anlegen lassen. Wie gesagt, er ist noch nicht vom Haken... Und selbst, wenn er mit der Wanze damals nichts zu tun gehabt haben sollte, als Detektiv ist er grundsätzlich ein Feind der Organisation und eine potentielle Gefahr, über die man Bescheid wissen sollte.“

„Seine Tochter also...“, stellte Chianti, nicht ohne eine gewisse Genugtuung fest.

„Er ist auch verheiratet, lebt aber getrennt von seiner Frau. Seine Tochter lebt allerdings bei ihm.“

„Mhm... das heißt, wir haben gleich zwei Adressen, an die wir uns wenden können, wenn er mal Probleme machen sollte. Das ist ja fast zu einfach.“ Sie konnte sich ein hämisches Grinsen nicht verkneifen, als sie den beinahe naiv wirkenden Blick des Meisterdetektivs sah. So... unwissend.

„Unterschätze deine Gegner nicht, solange du sie nicht kennst, Chianti!“, konterte Korn scharf, der sich nur diese kleine Emotion leistete, bevor er wieder stiller wurde und in seine übliche Monotonie zurück fiel.

„Ich kenne ihr Gesicht aus der Zeitung. Sie ist in Tokio die Nummer eins in Karate.“

„Stimmt.“, gab Gin ebenso ruhig zurück.

„Sie gilt nicht nur als eines der größten Talente, hinter vorgehaltener Hand wird sie sogar schon als eine zukünftige internationale Hoffnung in dieser Disziplin gehandelt... aber...“ Nun hörte man auch ihn wieder sein Lächeln aufsetzen, „... wenn man weiß, wen man da vor sich hat, kann man sich doch entsprechend darauf vorbereiten, nicht wahr, Chianti?“ Sie verstand den Wink, und als ob die beiden Männer sie am Telefon beobachten konnten, richtete sie das Objektiv zielsicher auf den Kopf von Ran aus. Direkt zwischen die Augen.

„Ja... sicher. Alles Karate der Welt nützt ihr nichts, wenn ich jetzt nur meinen rechten Zeigefinger einen Zentimeter nach hinten bewege...“

„Nein!“, unterbrach Gin sie schneidend.

„Schon gut, man! Ich kenne den Plan doch. Musst nicht immer gleich so aus der Haut fahren.“

„Dann halte dich auch dran! Solange Mori keine offizielle Bedrohung für die Organisation darstellt, kann ich darauf verzichten, ihn unnötig zu einer zu machen. Und der Junge ist jetzt bei ihnen?“

„Sie unterhalten sich an einem Trödelladen. Sieht bis jetzt mehr nach Zufall aus, dass sie sich begegnet sind.“

„Zufall...?“ Man musste kein Hellseher sein, um zu wissen, wie wenig Gin auf dieses Wort gab. Zufälle waren für ihn ein störendes Detail in ausgeklügelten Plänen, welches es auszumerzen galt. Zu verhindern, damit es nicht Überhand nahm und am Ende alles zunichte machte. Und nach allem, was heute schon passiert war, was sich in letzter Zeit so ergeben hatte, immer und immer wieder, um den mysteriösen Stalker der Organisation, der sich jedweder Nachforschung, jedwedem Versuch, ihn ausfindig zu machen, entzog, war ihm ein so gefeierter Meisterdetektiv wie Kogoro Mori, der ausgerechnet hier, ausgerechnet heute, ausgerechnet jetzt, ausgerechnet bei ihrer Zielperson auftauchte... mehr als suspekt.

'Das soll... ein Zufall sein?'

„Sagt mal...“, begann er neugierig und ungewohnt langsam, fast stockend, nach einer Weile des Schweigens, „Seht ihr da noch einen Jungen bei ihnen?“

„Wie, Jungen? Na klar, unsere Zielperson!“

„Nein, einen anderen, dunkles Haar, blaue Augen, große Brille, sieben Jahre.“

Beide suchten etwas verunsichert mit ihren Visieren den Platz um die drei ab, aber eine Person dieser Beschreibung kam nirgends zum Vorschein.

„Äh... nein. Wieso? Wer ist...“

„Ein Untermieter bei Mori. Nicht sein Sohn, sondern der Sohn von Familienfreunden, soweit die offiziellen Aussagen. Ein Junge, der auf den Namen 'Conan Edogawa' hört. Eigentlich weicht er selten von Moris Seite, ist bei praktisch all seinen Fällen mit von der Partie. Caipirinha hatte mich mal auf ihn hingewiesen. Der Kleine soll angeblich auch was drauf haben, was Kriminologie angeht... zumindest laut den Medien.“

„Mhm... du meinst, jemand zweites wie Shinto?!“

„Möglich! Es gibt da so eine Vermutung von oben, was Shinto angeht... es wäre wichtig zu wissen, ob noch so ein Kind herum läuft. Nicht zuletzt... wenn wir Sherry finden wollen.“ Beiden stockte kurzzeitig der Atem. Korn fing sich als erster wieder, aber selbst seine sonst so mechanisch gleichmäßige Stimme zeigte einen kleinen Knacks.

„Das wäre unglaublich, wenn es eine zweite Person wie ihn gäbe...“

„Ich weiß. Aber wie schon gesagt, es sind die Medien, die da viel vorgeben. Es heißt, der Junge hätte einige Raubzüge von Kaito Kid vereitelt. Das kann ja bei dem sonst was bedeuten...“

Er machte eine auffallend lange Kunstpause, die die beiden so interpretierten, dass er selbst seine Überlegungen zu Conan Edogawa im Kopf durchging. Er hielt wohl nicht viel von den Aussagen aus Zeitung und Fernsehen. Zu viele Ungereimtheiten, zu viele unberechenbare Faktoren für seinen Geschmack.

„Du glaubst nicht daran, was?“

„Nein... Was mich am meisten daran stört, wenn Conan Edogawa so gut sein sollte, dass er einem Dieb wie Kaito Kid, dem die Polizei hoffnungslos hinterher jagt, immer wieder seine Beute abnehmen kann, warum hört man außerhalb dieser paar Fälle nicht viel von ihm? Wenn er bei allen Fällen von Mori dabei ist, hat er doch mehr als genug Gelegenheiten, sich auch dort zu profilieren. Wieso kommt da nichts?“

„Vielleicht lässt er sich da indirekt von Mori belehren, wie ein Detektiv ist und bei Kid setzt er es dann in die Tat um?“

„Mhm...“ Man konnte nicht sicher sagen, ob es Desinteresse oder Ablehnung zu Korns Meinung war, die ihn zu dieser kargen Antwort trieb, aber es beendete die Diskussion darüber augenblicklich.

„Jedenfalls wisst ihr jetzt, wie er aussieht. Wenn ihr Conan Edogawa sehen solltet, sagt mir umgehend Bescheid. Wir sollten dann nämlich die Gelegenheit für uns nutzen und ihn mal kennen lernen... diesen 'kleinen Meister'.

Was ist mit Kanins Sicherheitsleuten?“

„Einer hält sich im Dickicht des nahen Waldes etwas versteckt und beobachtet die Szenerie.“, stellte Chianti kühl fest.

„Vermutlich ist er nicht sicher, ob Mori einer von uns ist, oder nicht.“

„Denkbar. Passt aber auf, es werden sicher bald mehr. Und lasst euch nicht sehen.“

Ohne ein weiteres Wort legte er auf, sah kurz gen Himmel und lächelte.

'Das sind keine Zufälle. So viele Zufälle auf einmal gibt es nicht... irgendjemand lenkt uns hier alle zusammen. Und es ist nicht Hideichi Kanin. Du bist auch hier... irgendwo versteckst du dich in diesem riesigen Park... nicht wahr? Herr... Detektiv.' Er zündete sich eine Zigarette an, genoss den beruhigenden, ersten Zug, blies sehr langsam den Qualm durch die Nase aus.

'Du wirst mir heute nicht entkommen.'
 

„Hidemi Hondo wird uns vorläufig keine Probleme mehr bereiten.“, war die nüchterne Begrüßung, die Kirika am Telefon als erstes zu hören bekam.

„Dir auch Hallo, Mireille.“, konterte sie ironisch.

„Entschuldige bitte, Kirika, ich bin wohl schon etwas... in Stimmung... in meinem Modus halt.“

Die jüngere von beiden stutzte ein wenig.

„Es ist aber doch noch gar nichts groß passiert, oder habe ich was verpasst?“

„Stimmt schon, alles nur vorbereitende Züge. Aber die sind beim Schachspiel wesentlich wichtiger als die eigentliche Angriffswelle am Ende. Täusche den Gegner über deine genauen Pläne, bis zum großen Coup, und dann lasse seine Welt über ihm zusammen stürzen, wenn er zu spät erkennt, was eigentlich Sache ist!“

Sie hielt inne, wunderte sich über sich selbst, was sie plötzlich so anstachelte.

„Naja... vielleicht bin ich auch einfach nur so aus der Übung, dass mich das bisschen Aktion schon so... anspannt.“

„Hm hm...“ Sie verkniff sich zwanghaft ein stärkeres Lachen, aber ein wenig schmunzeln musste sie schon, wie sich Mireille manchmal wie eine alte Dame verhielt, die sich über Rheuma beklagte.

„Es gab also keine Probleme bei Kir?“

„Nein, es war alles, wie wir vermutet hatten und wegen des Feuerwerks gab es weder ein Lautstärke- noch ein Zeugenproblem. Und wie ich Miss Starling einschätze, wird sie momentan unfreiwillig mein Alibi übernehmen...“

Nun musste Mireille etwas schmunzeln, wie sie sich die aufkommende Szenerie zwischen Polizei und FBI vorstellte. Wie geradlinig doch bisher alles verlief. Zu geradlinig. So konnte es sicher nicht den ganzen Tag weiter gehen...

„Und was machen Ran und ihr Vater?“ In diesen Satz legte sie dieses unbestimmte, ungute Gefühl, deutlich hinein, so als bitte sie Kirika darum, ihr die Befürchtung zu nehmen. Aber das konnte sie nicht, was an ihrer Kunstpause nach der Frage klar abzulesen war.

„Sie haben den Jungen gefunden.“ Mireille biss sich unsanft auf die Lippen.

Fichtre!“ Da zuckte auch Kirika kurz zurück. Selten, sehr selten, ließ sich Mireille so sehr gehen, hier in Japan mal Französisch zu sprechen und in dieser Sprache zu fluchen. Außerhalb der Schule, in der sie es immerhin unterrichtete, hörte die Japanerin sie fast nie, weil ihr eigenes Französisch deutlich begrenzter war als Mireilles Japanisch und sie sich üblicherweise so unterhielten. Andererseits war es nur zu verständlich. Dass ausgerechnet Ran Shinto begegnen würde, glich einem Super-GAU. Das, was am allerwenigsten passieren sollte, passieren durfte. Die Katastrophe aus Sicht ihrer langfristigen Pläne. Die zentrale Befürchtung, wegen der Mireille Stillschweigen im Brief an Conan forderte.

Resignierend blieb die Korsin stehen, blies sich eine Strähne aus dem Gesicht, schloss die Augen, als könne sie damit die Welt um sich zum Stillstand bringen; sie im Nichts verschwinden lassen.

„Wie die Mücken, die das Licht aufsuchen, welches ihren Untergang besiegelt... so scheint dieses Mädchen förmlich dem Unglück hinterher zu laufen, was?

Sag mir wenigstens, es ist nur Zufall, dass sie sich begegneten und sie trennen sich gleich wieder.“

„Bis eben dachte ich das auch, Mireille... aber...“

Sie stockte, blickte hinter einem Baum, hinter dem sie sich postiert hatte, hervor, beobachtete, wie soeben Shinto weggehen wollte, aber von Ran und Kogoro aufgehalten wurde.

„Es scheint, als erinnerte er sie... und insbesondere Ran... an Conan.“

„Ach hat er...“ Mireille hielt im Satz inne, als ihr der Gedanke plötzlich klar wurde. „Du meinst, sie könnte in Betracht ziehen, dass Shinto wie Conan...“

„Mhm. Ich denke, wenn ich mir ihren Gesichtsausdruck so ansehe, dass sie sogar davon überzeugt ist.“

Unwillig fühlte Mireille etwas an ihrer Stirn, biss sich parallel erneut auf die Lippen. Das durfte doch nicht wahr sein. Dieses Mädchen würde sie ins noch Grab bringen. Ganz sicher.

„Was denkst du, Mireille? Was sollen wir tun? Ich meine, wenn Ran etwas zustößt...“

„Schon klar, dann ist es mit unseren weiteren Plänen Essig. Und ehrlich gesagt, habe ich auch nicht die geringste Lust, sie über die Klinge springen zu lassen.“

„Wir müssen sie nur voneinander trennen. Ich könnte doch 'zufällig' sie treffen und wir gehen gemeinsam irgendwo...“

„Sei nicht albern, Kirika!“, unterbrach sie Mireille ungewöhnlich angespannt.

„Wenn sie wirklich schon überzeugt ist, dass Shinto wie Shinichi Kudo von der Organisation verjüngt wurde, dann wird sie sich von niemandem so leicht von ihm trennen lassen, so viel steht fest.“ Sie konnte es nicht unterdrücken, mit dem linken Daumen bis an ihre Zähne zu fahren, auch wenn sie nicht anfing, daran zu knabbern. So viel Würde wollte sie sich noch bewahren, sich nicht von einer unwissenden Oberschülerin zu einer solchen Nervositätsbekundung herabzulassen.

„Das wäre alles wesentlich einfacher, wenn ihr Kudo gemäß Sonokos Ultimatum mittlerweile reinen Wein eingeschenkt hätte. Aber dagegen spricht ganz klar, dass sie unabhängig zum Park gekommen sind. Er verheimlichte ihr, was er vor hatte und sie läuft blind-links in eine gar nicht für sie präparierte Falle. Es ist doch zum...“

Kirika überlegte eine Weile, ob sie reagieren sollte auf Mireilles Analyse, empfand es aber mehr als einen Monolog, den die Französin eher mit sich selbst als mit dem Gesprächspartner führte.

„Also, was schlägst du vor?“, fragte sie nach einer kurzen Pause unsicher nach.

„Hm... warum... warum lassen wir es nicht ein wenig sich entwickeln?“

„Wie...?“

„Bleib du in ihrer Nähe. Die Pläne der Organisation sehen nicht vor, dass dem Jungen jetzt gleich etwas passiert, das heißt, sie werden auch in ihrer Handlung durch Moris Anwesenheit momentan nur bedingt gestört. Ihn töten können sie sich hier nicht erlauben, dafür sind die Risiken wegen Kanin zu groß.

Kirika..., kümmere du dich eine Weile, versteckt, um Ran. Pass lediglich auf, dass nicht Korn oder Chianti plötzlich auf die Idee kommen, einen der beiden ernsthaft ins Visier zu nehmen. Ansonsten... lasse ich dir da freie Hand, wie du sie etwas... aus der Ruhe bringst.“

Ein schwaches Lächeln breitete sich auf Kirikas Lippen aus.

„Schon klar. Und was machst du?“

„Ich werde meinen geplanten Besuch wohl etwas verzögern und stattdessen zunächst ein paar Leute in die richtige Richtung weiter dirigieren. Wir treffen uns dennoch wie verabredet, ja?“

„OK, bis dann.“

Kirika beendete zuerst das Telefonat, betrachtete dann aber schweigend eine Weile das Display. Sie selbst war unruhig geworden im Laufe der letzten Minuten. Vielleicht sollte sie auch, wie Mireille, die Sache konsequenter, ernsthafter angehen. Sie spürte, wie ihre Hand anfing Druck auf das Handy auszuüben. Anspannung aufbaute.

Sollte Ran etwas zustoßen, würde...

'Dann wäre alles umsonst gewesen!' Nein, das durfte nicht passieren, nicht jetzt und nicht hier; und wenn es sein musste, dann würde sie es auch verhindern. Komme, was da wolle. Auf ihre Art und Weise.

'Tut mir leid, Mireille, aber im Zweifelsfall... werde ich mich heute nicht zurück halten, fürchte ich.'
 

Kirika ahnte, dass es überflüssig war, sich auch nur in Gedanken zu entschuldigen. Mireille kannte sie einfach zu genau, um nicht zu wissen, was die junge Japanerin tun würde; wozu sie im Stande war.

'Schon gut, Kirika. Ich werde mich gegebenenfalls um Brefford kümmern. Aber... versuch wenigstens, es nicht zu übertreiben.'

Erneut starrte sie in den strahlenden Himmel. Durch die Sonnenstrahlen kam auf ihrer Gesichtshaut ein leichtes Prickeln auf. Eigentlich war es so ein schöner Tag. Warum musste gerade er mit Blut getränkt werden? Sie kannte für sich persönlich die Antwort und musste doch schmunzeln.

'Aber du bist da anderer Meinung, nicht wahr... Shinichi Kudo?'
 

„What? What are those guys doing here?“

James Black traute seinen Augen kaum, als er, den Läufen der Gewehre der beiden Scharfschützen folgend, den Markt fand und dort Kogoro Mori und dessen Tochter erblickte. Er war ihnen vorher nie begegnet, aber bedingt durch die wiederholte, intensive Zusammenarbeit mit Conan Edogawa hatte er sich längst alle nennenswerten, 'offiziellen' Informationen zum Jungen und seinem Umfeld besorgt. Entsprechend kannte er die beiden von Bildern sehr genau.

Auch wenn sie ihn umgekehrt nicht kannten und er folglich einfach an ihnen vorbei gehen konnte, blieb er etwas zurück, nicht ganz in ihrer Reichweite, und dachte nach.

'Was machen die beiden alleine hier? Warum sind sie hier, wenn Conan alleine her fuhr? Das macht doch alles gar keinen Sinn.

Und wer ist nun die Zielscheibe von den ganzen Leuten hier?' Das Gewehr Chiantis zeigte in Richtung einer größeren Gruppe, zu der auch die Moris zählten.

Er beobachtete die ganze Szene, die der kleine Shinto Ajusawa am Stand machte und musste unwillentlich selber schmunzeln. 'A second Mr. Holmes, or what?' Gleichzeitig graute in ihm der dunkle Verdacht, gefunden zu haben, wonach er suchte.

'But... who is he? Or... who is he... in that case anyway?'
 

„Schon was gefunden, Chef?“

Black schrak aus seinen Gedanken hoch, drehte sich um und fand den leicht optimistischen, aber auch nichtssagenden Blick von Shuichi Akai.

„Shuichi, was machst du hier? Was ist mit Kanin?“

„Keine Sorge, ich denke, wir können ihn vorläufig vergessen, außer wir wollen unsere Zeit verschwenden.“ Sein Vorgesetzter zog nur neugierig eine Augenbraue hoch.

„Ich hab zwar ein paar Minuten nach dem Gespräch mit Gin nicht mitbekommen, aber so wie es aussieht, war da auch nichts auffälliges. Als ich wiederkam, hatte er gerade einen von seinen Sicherheitsleuten bei sich gehabt und den dann weggeschickt. Danach hat er sich einfach wieder auf eine Parkbank zurückgezogen und eine weitere Zigarette geraucht.“

„What...?“

„Ich schätze, er hat tatsächlich noch ein paar Tricks im Ärmel, oder aber er macht gute Miene zum bösen Spiel und überlässt alles andere seinen Leuten, weil er selbst nichts mehr machen kann...

In jedem Fall ist es wohl so, dass er persönlich sich nicht wo anders hin begeben wird, sondern ganz normal seinem Auftritts- und Interviewplan weiter folgt.“

„Mhm... das heißt, entweder ist aus seiner Sicht alles schon gelaufen und er wartet nur resigniert ab, was noch passiert... oder er ist so von seinem... 'Geheimplan' überzeugt, dass die ganze Nervosität gegenüber Gin vorhin nur gespielt war.“

„Eben, bei ihm gibt es im Moment nichts zu holen. Ich bin dann der Security unauffällig gefolgt. Hab auch bei Korn und Chianti aufgepasst, nahezu immer einen toten Winkel zu haben. Mich sollte also keiner bis jetzt gesehen haben...

Und, haben Sie nun mittlerweile die Zielperson...“ Bis jetzt war Akai noch in seinen Gedanken so verhaftet gewesen, dass er nur mit einem halben Auge den Marktstand mit den Antiquitäten-Nachbildungen begutachtete. Als nun immerhin eines ihn in Augenschein nahm, wurde er sofort des Mädchens gewahr, dass er schon seit einem Jahr kannte. Und ihres Vaters.

„Die Moris?!“

„Exactly.“

„Hier... aber...“ Er ließ sich ungern so aus der Ruhe bringen, zwang sich also zur selbigen, analysierte die Worte Conans aus dem Zug.

„Sie sind unabhängig von ihm hier, nicht wahr?“

„Davon müssen wir ausgehen. Freiwillig hätte der Junge sie nie hier her gelassen, wenn es irgendwie zu verhindern ginge. Und er wäre, hätte er es nicht verhindern können, mit ihnen gekommen, definitiv.“

„Hm... gut.“

„Why is that good?“

„Wenn es dementsprechend wirklich Zufall ist, dass sie jetzt hier sind, dann sind sie zumindest nicht das Ziel, das ist wohl sicher.“

„Stimmt, ich denke eher... es ist der Junge, der sich gerade von dem Stand da entfernt.“

Akai beobachtete den kleinen Jungen, der sich eine Vase in die Tasche steckte und damit loslief, nur um kurz noch von Ran aufgehalten zu werden.

„Was? Ein Junge? Aber warum?“

„Watch and listen.“
 

Auch wenn es etwas entfernt war und die Stimme des Jungen nicht so laut, konnte man einigermaßen die kurze Diskussion der drei mitanhören und auch Akai bekam schnell mit, was die Moris – und James Black – an dem Jungen so bemerkenswert fanden.

„Ein zweiter Junge wie Conan?“

„It seems... curious, isn't it?“

Er nickte nur zur Bestätigung, bevor er weiter laut nachdachte.

„Vor allem, da Conan kein Junge ist. Meinen Sie wirklich... ein zweiter...“

„Ich habe ehrlich keine Idee. Aber seine Vorstellung eben am Stand erinnerte auch mich erschreckend an unseren kleinen Mr. Holmes, ohne Zweifel.“

„Angenommen, dieser Junge ist das Ziel der Organisation – wer ist er?“

„Das frage ich mich auch schon eine Weile. Ich habe ihn noch nie gesehen. Was mich besonders wundert. Er müsste, wenn er nicht wie Conan verjüngt wurde... bekannter sein, meine ich. Solche Genies entgehen doch nicht der Presse. Wovon Mr. Holmes ja selbst ein Lied singen kann.

Nun und wenn er geschrumpft ist... müsste man dann nicht von einem nicht mehr aufzufindenden Genie wie bei Shinichi Kudo hören?“

„Hm... nun wenn wir nach dem Gespräch zwischen Gin und Kanin vorhin gehen, sollte es jemand sein, den Kanin kennt. ...auch wenn es abwegig klingt, Kanins Sohn möglicherweise?“

„Sorry, Shuichi, that's not impropable, that is impossible.“

„Why, Sir?“, antwortete er, gepaart mit einem schwachen Grinsen darüber, wie oft James momentan zwischen Japanisch und Englisch wechselte. Auch ihn befiel offenbar mittlerweile eine gewisse Nervosität.

„Kanin hat keine Kinder. Er ist zwar verheiratet, aber ohne irgendwelche Nachkommen.“

„Hm... aber er müsste ihn kennen, so viel sollte gemäß der Diskussion feststehen. Allerdings, so diffus auch Gins Aussage zu Kanins Geheimnis vorhin war, den Kontext zu diesem Jungen kann ich nicht wirklich sehen.“
 

Ran sah Shinto Ajusawa einen Moment lang nachdenklich hinterher. Konnte das alles nur ein Zufall sein? War das ein ganz gewöhnlicher Junge... nicht ganz gewöhnlich, ein Schlaumeier, wie Conan... aber nicht mehr... im Unterschied zu Conan? Phantasierte sie sich da etwas zusammen über all diese Zeit.

'Ich bin doch nicht die einzige, die Shinichi so lange getäuscht hatte!' Sonoko, ihre beste Freundin zeigte bis vor kurzem ebenso wenig irgendwelche ernstzunehmenden Zweifel am Alter Conans wie ihr eigener Vater, der offenbar, niemals bewusst, Medium von Shinichis Fallaufklärungen wurde. Dachte sie an all die Fälle, die da mittlerweile zusammen kamen, wurde ihr mulmig. Shinichis Pensum in der Hinsicht war wirklich erschreckend.

'Aber auch Kommissar Megure und die anderen Polizisten, mit denen wir regelmäßig zu tun hatten, sie alle schöpften nie Verdacht, auch wenn sie auf ihn aufmerksam wurden. Insbesondere auch die Verdächtigen bei den Fällen – und die Verbrecher selbst – bemerkten zwar sein helles Köpfchen, gerieten aber praktisch nie in Zweifel... fast nie.' Ein paar wenige gab es wohl, wie ihr allmählich, über die letzten Wochen, in denen sie sehr viel über die vergangene Zeit nachdachte, klar wurde. Einzelne Täter, die direkt von Conan überführt wurden; die verstanden, dass er dahinter steckte und es auch anklingen ließen...

'Der Direktor Ochiai vom Kunstmuseum damals, der von den kleinen Augen der Gerechtigkeit sprach, die ihn durchschauten. Oder Herr Abe, der das Geständnis des Mordes an seinem Vorgesetzten auf unerklärliche Weise auf ein Tonband sprach und meinte, ein Kind hätte ihn dazu getrieben...

Aber selbst die zweifelten nie daran, ein Kind vor sich gehabt zu haben... niemals!

Und letztlich... ich, wo ich dachte, Shinichi so gut zu kennen, ließ mich auch so oft täuschen.'

Es war zum Verzweifeln für Ran. Es konnten sich doch nicht so einfach so viele Leute darin irren. Sprach das jetzt dafür, dass niemand so leicht vom Unmöglichen zu überzeugen war, oder dafür, dass sich Conan doch relativ normal verhielt... relativ... aber nicht genug, um ernsthafte Bedenken zu erwecken?

'Außer natürlich, man hat die wahre Person dahinter im Kopf, wie ich bei Shinichi... nur so kam ich ihm immer wieder auf die Schliche, weil ich eine Gemeinsamkeit bemerkte, die mich stutzig machte.'

Das würde im Falle Shinto für einen ganz normalen, eben etwas schlauen Jungen, sprechen.

'Aber dann sind da diejenigen... die ihn durchschaut haben. Heiji zum Beispiel... oder Jodie...' Sie biss sich unmerklich auf die Unterlippe. Wer wirklich darauf aufmerksam gemacht wurde, dass Conan etwas besonderes war, der wurde auch sehr schnell skeptisch. Zu schnell, als dass man sagen könnte, er wäre relativ normal. Er benahm sich schon auffällig genug, um stutzig zu werden. Man musste nur mit der Nase einmal draufgestoßen werden. Und das wurde sie, wegen Conan, nun bei Shinto Ajusawa.

'Ah, warum kann die Sache nicht etwas klarer sein? Warum kann es nicht irgendein deutliches Zeichen geben... Moment mal!' Doch da gab es etwas. In der Überzeugung, Conan wäre Shinichi und den Erklärungen Mamorus fand Ran eine halbwegs brauchbare Antwort.

'All sein Verhalten ist Spiel und manchmal ist es ganz klar Spiel, Vertuschung, während er manchmal einfach sich wie er selbst verhält... und da gibt es zumindest eine Gemeinsamkeit zu dem kurzen Gespräch mit Shinto eben:

Als ich ihn fragte, woher er das mit der Jomon- und Yayoi-Kultur wüsste, hat er erst gezögert und wich dann aus. Genau wie Conan hat er mit dem Fernsehen geantwortet. Etwas unüberprüfbares. Eine Lüge, ganz sicher!' Bei Conan zumindest wusste sie mittlerweile, dass es eine war. Eine, die lediglich davon ablenkte, wie sehr ihn dieses oder jenes interessierte und dass er viel mehr davon verstand, als man für ein 'normales' Kind akzeptieren konnte.

Sie merkte, wie ihre Hände sich langsam zu Fäusten ballten.

'Ich muss es tun! Ich muss wissen, ob dieses Kind ein weiteres Opfer dieser Organisation ist. Wenn, dann ist es jemand, der sich wie Shinichi vor ihnen versteckt und sicher ihm Informationen geben kann.' Sie zögerte. Ihr Kopf schlug mehr Alarm als jemals zuvor. Ihren letzten Versuch, Shinichi ohne sein Wissen helfen zu wollen, ihm Informationen von Chris Vineyard zuzuspielen, hätte sie beinahe mit dem Leben bezahlt... Jetzt schon wieder? Zumal, mit ihrem Vater... nein, sie durfte ihn nicht in Gefahr bringen... nicht mehr, als er durch Conans Anwesenheit in ihrer Wohnung vermutlich schon gefährdet war.

'Aber... hier gibt es doch keine Anzeichen von der Organisation. Das ist eine öffentliche Veranstaltung, da würden die doch nicht zuschlagen, oder? Shinto treibt sich hier auch einfach so rum scheinbar, wirkt nicht als würde er sich verstecken. Das heißt, ich kann mich ihm ungehindert nähern.'
 

„Paps?“, sprach sie ihn schließlich, nach etwa einer halben Minute, als Shinto schon fast aus ihrer Sichtweite war, zuckersüß an.

„Hm?“

„Was meinst du, so groß wie der Park ist und so viel, wie es hier zu sehen gibt, wir sollten uns trennen.“

„Was bitte?“

„Ich meine nur, hier bei den Märkten langweilst du dich doch zu Tode, und woanders sind auch einige Getränkebereiche aufgebaut, die dir doch sicher mehr zusagen.“

„Aber... nein, also... ja sicher sagen die mir zu und so, aber....“

„Wir haben doch noch den ganzen Tag Zeit und ich wollte mir noch was anderes ansehen, was dich sicher nicht interessieren wird...“

Er fasste sich endlich wieder, sah ihr tief und drohend in die Augen.

„Du willst diesem Bengel hinterher, Ran.“

„Nicht doch, Paps, warum sollte ich das wollen?“

„Weil er dich an Conan erinnert.“

„Mhm... ja, das tut er, dich doch auch, sonst hättest du nicht gefragt, ob er ihn kennen würde.“

Ertappt fuhr er ein Stück zurück, festigte aber seinen Blick. Ran hielt dem sicher lächelnd stand.

„Aber warum sollte ich ihm deswegen folgen, wenn ich fragen darf?“

„Na weil... ähm... weil...“

„Ja?“

Sie wusste, er konnte ihr nicht antworten. Das konnte niemand, der nicht die Geheimnisse um Conan Edogawa kannte. Und die ohne Wissen zu erraten, war praktisch undenkbar. So viel verstand sie mittlerweile auch selbst.

„Siehst du, es gibt keinen und ich will auch nichts von ihm. Wie gesagt, ich will mir nur noch mehr vom Park ansehen.

Also wir treffen uns nachher beim letzten großen Feuerwerk, was hältst du davon?“

„Was... warte Ran, das ist doch erst um 19:00 Uhr!“

„Genau, also bis dann, Paps, ciao!“

Und schwupps lief sie los, zur Tarnung in eine etwas andere Richtung, als die, die Shinto genommen hatte.

Kogoro sah ihr einen Moment verstört nach, dann nahm er sich zusammen und wollte ihr gerade nachlaufen, als ihn jemand am Arm festhielt.
 

„Hey, loslassen, Sie... Kommissar Shiratori?“

„Entschuldigen Sie, Mori, wenn ich Sie störe...“ Die Miene des Polizisten verriet dem Detektiven sofort, dass es etwas wichtiges, und etwas nicht positives war, was ihn dazu bewegte, ihn aufzusuchen.

„Was... ist?“

„Lassen Sie Ran ruhig sich eine Weile umschauen, ich... würde Sie gerne unter vier Augen sprechen, Mori.“

„Wieso?“

„Kommen Sie, gehen wir etwas vom Hauptweg weg.“
 

„Oh nein.“

Black sah aus seinen Gedanken auf und bemerkte, wie Ran alleine dem Jungen folgte, während ihr Vater offensichtlich in ein Gespräch mit einem Polizisten verwickelt wurde.

„Wir müssen ihr folgen.“

„Nein... du folgst ihr, Shuichi!“ Mit einem Mal hatte der alte Mann seinen zielsicheren Blick wieder, starrte geradlinig auf die Protagonisten vor ihm; ordnete seine Gedanken.

„Ich hole Jodie. Sie ist die einzige, die Ran offiziell persönlich kennt. Sie muss sie von dem Jungen trennen und in Sicherheit bringen!“

„Dann rufen Sie sie doch einfach schnell an und sagen...“

Er blieb ruhig, starrte weiter fest in eine Richtung, bis er schließlich einmal seufzte.

„Was glaubst du, Shuichi?“

„Hm...?“

„Hält sich Jodie an meinen Befehl, sich von Mireille Bouquet fernzuhalten?“ Akai schaute etwas unentschlossen, lächelte dann aber leicht.

„Es fiele ihr sicher leichter, wenn Sie ihr gesagt hätten, warum sie es tun sollte.“

„I know... aber das ist undenkbar.“

„Warum?“ Nun begann auch Black wieder zu schmunzeln, auch wenn Melancholie deutlich mitschwang.

„Ihr jungen Leute glaubt immer, schon die ganze Welt zu verstehen, nachdem ihr so einen winzigen Teil von ihr gesehen und ein paar mickrige Bücher gelesen habt. Und... ja, vieles hat man dann schon gelernt. Aber manche Dinge ergeben sich leider nun mal erst mit der Altersweisheit...

oder der Senilität, wer weiß.“ Er konnte sich den selbstironischen Kommentar nicht verkneifen.

„Sie werden es mir also auch nicht sagen.“

„No... I do not write death sentences, Shuichi.

Aber genau deswegen habe ich ein ungutes Gefühl bei Jodie. Ich rufe sie an und hole sie ab. Nur zur Sicherheit.“

Er blickte sich um, sah, wie sich die Szenerie auflöste.

„Beeil dich! Folge am besten Chiantis Gewehr, das ist besser sichtbar als Korns. Und pass auf!“

„Natürlich. Sie auch, Chef.“

„Mhm.“
 

Es dauerte nicht lange, bis Ran Shinto wieder im Blick hatte, nicht ahnend, dass sie selbst bereits von mehreren Seiten ins Visier genommen wurde. Dann verschwand er plötzlich zur Seite, zwischen zwei weiteren Ständen.

'Er hat mich bemerkt und versteckt sich. Verdammt.' Unsicher biss sich Ran auf die Lippen.

'Es nützt nichts. Wenn ich mich ihm nähern will... muss ich anders vorgehen!' Aus dem Augenwinkel seine eigentliche Richtung verfolgend, ging sie scheinbar woanders hinguckend an ihm vorbei geradeaus weiter.
 

Shinto blickte ihr steif nach, ließ sich nach hinten sinken.

'Das kann doch nicht sein. Dieses Mädchen ist nicht volljährig und die Tochter eines berühmten Detektivs.' Als ob er extra hätte gesagt bekommen müssen, wer sie ist und sie nicht aus der Zeitung kennen würde. Aber genau das verwunderte ihn.

'Sie kann doch nicht wirklich... eine von denen sein, oder? Ich hatte zwar erwartet, dass jemand kommt, dem ich offiziell vertrauen würde, aber sie?

Nur, was könnte sie sonst von mir wollen?'

„Na, versteckst du dich vor mir?“

„Waah, R-Ran, was machst du hier?“ Wie aus dem nichts war sie hinter ihm aufgetaucht, lächelte ihn mit ihrem freundlichsten Lächeln an.

„Du... äh Sie...“

„Du ist OK.“

„Du... weißt schon... dass das komisch aussieht, wie du mich verfolgst.“

„Entschuldige bitte, Shinto!“ Symbolisch hielt sie ihre Hände verzeihend hoch.

„Aber... du wirkst auch komisch, wie du so allein durch den Park spazierst. Hast du denn keine Angst?“

„Was... ach ne... manchmal ist es ganz OK, sich alleine durchzuschlagen und... Angst habe ich doch nicht. Es gefällt mir so sogar ganz gut.“

Sie lächelten sich beide etwas verlegen an. Immer mehr schwanden Ran die Zweifel an ihrer Theorie. Dieser Junge wirkte überhaupt nicht echt und er war hier auch nicht ohne Grund alleine unterwegs.

'Es muss so sein... Dieser Junge... hat etwas mit dieser mysteriösen Organisation zu tun!'

'Sie hat keine Ahnung, worum es geht. Ich muss sie loswerden, sonst gerät sie noch in die Schusslinie der Organisation!'
 

„Hier spricht Nakamaru. Ein unbekanntes Mädchen verfolgt den Jungen.“

„Ein Mädchen?“

„Ja, keine 20, womöglich noch Schülerin. Sieht eigentlich nicht wie eine von denen aus.“

„Dann bleiben Sie auf Ihrem Posten, Nakamaru!“

„Verstanden!“
 

„Diese Mori scheint an ihm dran zu kleben.“, stellte Chianti genervt fest. „Das könnte wirklich noch ein Problem werden...“

„Nur indirekt. Wenn wir es nicht vermeiden können, dass sie Zeugin wird, dann wird sie eben zusammen mit dem Jungen sterben. Das ist dann halt Pech.“

„Tja... Ran... ist heute wohl nicht dein Glückstag, was?“

Mit einem diabolischen Grinsen beobachtete Chianti die beiden durch ihr Objektiv und dann die Umgebung drum herum, bis...
 

Jodie holte ihr vibrierendes Handy heraus.

„Was ist, James?“

„Bist du immer noch bei dem Kamerateam von Nichiuri-TV?“

„Nicht direkt, ich bin denen gefolgt, die die Polizei informierten, deshalb bin ich jetzt quasi wieder am Eingang des Parks.“

„Du musst sofort wieder zur Parkmitte kommen. In der Nähe der Position, wo sich das Fernsehen befand war doch ein Markt. Dort habe ich die Zielperson zusammen mit den Moris gesehen.“

„What??“ Der Schock hatte gesessen.

„Ich erkläre es dir, wenn du kommst. Aber beeil dich. Das Mädchen, welches in deine Schule geht, Ran Mori... sie scheint geradewegs in die Schusslinie der Organisation zu laufen.“

„No way!

Ich bin so schnell es geht da!“

„Ich komme dir entgegen, Jodie, bis gleich.“
 

Sie war kaum eine Minute gelaufen, als sie wie vom Blitz getroffen stehen blieb. Durch diese mehr als beunruhigende Situation und dem entsprechenden Tempo achtete sie nur bedingt auf ihre Umgebung, also plötzlich doch etwas ihre Aufmerksamkeit erregte.

Eine Frau. Eine blonde Frau. Vor ihr, angelehnt an einen Baum, das linke Bein angewinkelt, stand sie da mit verschränkten Armen und lächelte leichtfertig geradeaus, scheinbar bewusst Jodie ignorierend.

„You...“

„Bonjour...“ begann Mireille, ohne den Blick auch nur um ein Grad zu drehen.

„Miss... Starling.“
 

„Was zum...?“ Chianti zuckte auf einmal auf ihrer Position zusammen.

„Ist was passiert?“, bemerkte Korn nur beiläufig, nahm es noch nicht wirklich ernst.

„Was... was ist...“ Aber sie konnte es nicht wirklich beschreiben. Der Anblick alleine blockierte ihre Stimme.

Vor einem der Bäume in der Nähe stand, genauer gesagt lehnte daran, das linke Bein angewinkelt und die Arme verschränkt, ein junges, japanisches Mädchen. Und sah sie an! Es konnte kein Zufall sein mit der Blickrichtung. Auch wenn es im Prinzip zu weit war, um mit bloßen Augen Chianti genauer zu sehen, starrte sie sie doch direkt an. Sie konnte sie nicht übersehen. Ihr Blick war fest auf sie gerichtet.

Und was für ein Blick das war. Ein Drohender, Überzeugter, aber auch unglaublich Ruhiger. Ein Blick, der der Scharfschützin der Organisation einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte. Nein, es war niemals ein Zufall, dass sie sie sah. Sie stand so, dass sie sie genau sehen konnte, Korn hingegen sie von sich aus, hinter dem Baum unmöglich wahrnahm. Nur Chianti konnte sie sehen. Und sie konnte Chianti sehen, mit dem Gewehr im Anschlag. Sie schien kein bisschen überrascht, nicht im geringsten von der Schusswaffe in ihrer Hand beeindruckt oder gar eingeschüchtert. Im Gegenteil, seelenruhig stand sie da, lässig an den Baum gelehnt, und wirkte gegenüber dem bewaffneten Organisationsmitglied wie eine unbarmherzig drohende Herrscherin ihrem Gefolge.

Und dann... veränderte sich ihre Miene, und das Mädchen begann schwach aber sicher zu lächeln.

Es mochte die Intuition eines Killers wie Chianti gewesen sein, vielleicht aber auch wirklich die überzeugende Darbietung Kirikas. Aber eine Erkenntnis war Chianti beim Anblick dieses Lächelns augenblicklich klar. Und diese fuhr ihr ohne Zweifel durch Mark und Bein. Was sie dort, durch das Objektiv des Gewehrs, sah..., war das Angesicht des Todes. Und seine Sense schwang in diesem Moment unheilvoll über Chiantis Genick, wie ein tödliches Fallbeil. Und vier Worte standen förmlich auf den Lippen des Mädchens festgeschrieben. Chianti musste nicht Lippen lesen, um sie zu erkennen.

„Heute. Wirst. Du. Sterben.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Diclonius01
2011-05-11T21:21:50+00:00 11.05.2011 23:21
Arme Chianti...

Ansonsten habe ich den anderen nix hinzuzufügen.
Will Kirika in Aktion sehen!!

Grüße
Diclonius01
Von:  R3I
2011-05-11T20:53:46+00:00 11.05.2011 22:53
Geil, einfach nur geil!
So langsam aber sicher geht es los! Es kribbelt schon in den Fingern und eigentlich würde ich viel lieber weiter lesen. Wenn nur dieses Warten nicht wäre! ^^
Conan ist zwar nicht aufgetaucht, aber immerhin war er eines der Hauptgesprächsthemen aller Parteien. Die wundern sich also auch schon, wo er steckt! ^^ Und Gin hat seine Hausaufgaben gemacht. Ein braver Junge! ;P
Shinto ist also doch ein Geschrumpfter. Würde mich mal interessieren, was er angestellt hat, dass er das Gift nehmen sollte. Ist er etwa auch ein kleiner Holmes? Und Ran läuft mal wieder von einem Unglück ins nächste! Sie lernt aber auch nicht aus ihren Fehlern! Aber was schlecht für sie ist, ist gut für uns Leser, denn das erhöht die Spannung, wenn sie sich mal wieder in Gefahr begibt ohne es zu wissen! ^^
Was kann ich noch sagen? War mal wieder ein klasse Kapitel! Viel zum rätseln war diesmal nicht dabei, aber das kommt bestimmt demnächst.
Übrigens, deine 'unglückliche' Wortschöpfung ist mir gar nicht aufgefallen. Also entweder bin ich zu doof das sie mir nicht aufgefallen ist oder das Kapitel hat mich im Textfluss so mitgerissen, dass ich es glatt überlesen habe. Ich tippe mal auf letzteres! Dein Erzählstil ist aber auch erste Sahne. So das musste ich jetzt nochmal los werden!
Bis zum Nächsten!
Grüße R3I
Von:  fahnm
2011-05-10T23:59:27+00:00 11.05.2011 01:59
Klasse Kapi^^
Ich hoffe Ran weiß was sie da tut.
Freue mich schon auf das nächste kapi^^


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