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Memento Mori

Remember that you must die
von

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Remember me

Unkontrolliert würde die Welt aus den Fugen geraten, wenn die Menschheit jederzeit das Totenreich verlassen könnte, um ins Diesseits zurückzukehren. Jemand, der sich lebendig unter Geistern befindet, darf dort genauso wenig existieren wie umgekehrt. Du, der das geistliche Wissen genutzt hat, um unter Fleisch und Blut zu wandeln, muss ebenfalls zu dem ihm bestimmten Ort zurück: Zum mnemonischen Abgrund.
 

Rauchschwaden, der stickige Geruch von Zigaretten, hüllte den unordentlichen Raum eines kleinen Apartments ein. Rin hustete laut, als sie eine Ladung ungewollt einatmete. Wieso musste ihr neuer Freund ein solcher Kettenraucher sein? „Dir ist doch sicherlich bewusst, dass Rauchen tödlich sein kann?!“ Rin federte einen Stapel Fotos zur Seite, sprang aus dem Bett, um schnellstens die Fenster zu öffnen. Kalte Luft strömte hinein, es war mitten in der Nacht.

„Keine Sorge. Ich bin nicht gezwungen daran zu sterben.“ Makoto machte von seinem Computer aus eine wegwerfende Geste; er saß mit dem Rücken zu ihr, denn sein Blick war fest auf den Monitor gebannt. Er ging zurzeit seiner Arbeit nach.

Nachdem die Braunhaarige mehrere Minuten die frische Luft eingesogen hatte, warf sie ihren Kopf zurück. „Man sollte darüber keine Witze machen“, tadelte sie besorgt, immerhin war Makoto dem Tod nur knapp entkommen.

„Das mache ich auch nicht. Aber ich will mir darüber keine Gedanken machen.“ Genervt rieb er sich die Schläfen, Kopfschmerzen plagten ihn. Warum musste es nur so schwer sein, einen geeigneten Journalisten zu finden? Zumindest einen, dem es nichts ausmachte, mit Menschen zu sprechen, die dem Wahnsinn fast nahe waren.

Seufzend fuhr Rin herum, auch der schwarzhaarige Verleger wirbelte auf seinem Drehstuhl in ihre Richtung. „Mach dir keine Gedanken. Sobald ich weniger gestresst bin, höre ich mit dem Rauchen auf.“ Er fiel in lautes Gelächter ein, kaum überzeugend, dass er dieses Versprechen ernst meinte. Sie musste schwer seufzen. Dieser Mann war so unverbesserlich.

Aber dieses Thema hatten sie so oft durchgekaut, es machte keinen Sinn, ihm leerreiche Anekdoten vorzutragen. Enttäuscht setzte sie sich auf das Bett zurück, nahm einige Fotos in die Hand. Sie starrte die Poloroid-Abzüge gedankenverloren an: Fotos für das Okkult-Heft Samsara, das gruselige Bilder von ungewöhnlichen Erscheinungen präsentierte. Für einige dieser Fotos musste man schon ziemlich fantasiereich sein, um überhaupt etwas erkennen zu können. Ein Großteil hätte ohnehin behauptet, diese Ungewöhnlichkeiten seien Fehler, die beim Fotografieren entstanden waren – und Rin würde es auch glauben, wenn sie nicht einst Zeuge geworden wäre.

Makoto wählte eines der Bilder und musterte es mit gerunzelter Stirn. „Ich kenne dieses Hotel…“

Ruckartig nahm sie es ihm aus der Hand, sie betrachtete es schmunzelnd. Etwas Weißes, Verschwommenes lehnte aus einem Fenster im dritten Stock. Wenn man sich das Ganze mit einer Lupe anschaute, sah das verdächtig nach einem Kind aus. „Wollen wir zusammen hinfahren und ein paar Nachforschungen anstellen?“ Sie lächelte etwas verlegen. „Natürlich erst morgen.“

Verwundert darüber beäugte Makoto sie mit einem fragenden Blick. Es war erstaunlich, aber Rin fühlte sich immer mehr zu übernatürlichen Mächten hingezogen, obwohl sie schon mehrmals das Opfer von Rachegeistern geworden wäre. Vielleicht reizte sie das Gefühl von Angst oder sie machte es aus dem gleichen Grund wie er: Man wollte mehr über diese Wesen wissen, zu denen man eines Tages werden würde. Allerdings verwarf er diesen Gedanken. In diesem Hotel war er bereits auf der mnemonischen Seite gewesen, eine Frau hatte das Zimmer 369 belegt und war ebenfalls auf die Schwarze Seite aufmerksam geworden. Dort waren seltsamerweise aber noch zwei weitere Geister erschienen; vielleicht waren sie einem Mord oder so etwas in der Art auf der Spur.

Herzhaft gähnend streckte Rin ihre eingeschlafenen Glieder. „Ich bin müde. Darf ich mich hinlegen?“

„Wieso fragst du das noch?“ Spielerisch grinste er, obwohl er keinerlei perverse Hintergedanken pflegte. „Aber ich muss noch etwas am PC erledigen, ich hoffe, dich stört das nicht.“

Sie sammelte die Utensilien ein, legte diese auf den ebenfalls chaotischen Tisch. Am Anfang hatte sie versucht aufzuräumen. Sie war von Grund auf ein sauberer Mensch, wenn es um ihr eigenes Zimmer ging, aber Makoto war ein Chaot der übelsten Sorte: Sobald er das Zimmer betrat, schien Ununordnung zu herrschen. Unbewusst nahm Makoto irgendwelche Sachen in die Hand, die er kurze Zeit später spontan abstellte – und das ununterbrochen. Aber seltsamerweise fand er sich zurecht. Dennoch hatte sie es aufgegeben, wenn sie eines Tages komplett einziehen würde, dann dürfte er ihr Zimmer unter gar keinen Umständen betreten!

Bettfertig hatte sie sich im Bad gemacht, schlüpfte unter die Decke, als Makoto sich seiner alltäglichen Arbeit widmete. Nur das Licht des Monitors flackerte, aber daran hatte sich Rin gewöhnt und konnte damit genauso gut einschlafen wie ohne. Selbst das Getippe seiner Tastatur hinterließ ein beruhigendes Gefühl: Sie war nicht allein.

Kaum war die Zeit vergangen hatte Makoto das Gefühl, nichts Sinnvolles am Computer getan zu haben. Gestresst wollte er sich eine Zigarette anzünden, aber aus Liebe zu Rin unterdrückte er dieses Bedürfnis. „Vielleicht sollte ich mich schlafen legen…“ Einen letzten Blick auf den Monitor werfend, betrachtete er die Internetseite, die er zuletzt besucht hatte: Die Homepage über das Hotel. Dort waren keine ihm nützlichen Informationen nachzulesen gewesen; selbst wenn dort etwas Ungewöhnliches passierte, würde doch jedes Hotel das zu vertuschen wissen. Er musste dieses Zimmer selbst besuchen, am besten würden Rin und er dieses für einen Tag mieten. Was sollte schon großartig passieren?

Kurz, bevor er den Computer herunterfahren wollte, klingelte es an der Tür. Fast schon schreckhaft wirbelte Makoto herum, sah hilfesuchend zu der schlafenden Rin rüber. Erstaunlich, dass sie bei diesem schrillen Klang seelenruhig weiterschlafen konnte. Zögernd machte er sich auf den Weg zur Haustür, spähte durch den Türspion. Seine Luft blieb ihm weg, für einen Augenblick hoffte er einfach nur zu träumen. Ein junges Mädchen stand mit gesenktem Kopf dort, ein kleiner Sommerhut thronte auf ihrem Schwarzkopf. Wie der Zufall es so will… heute hatte er so oft an dieses Hotel gedacht, dort, wo er sie zum ersten Mal gesehen hatte, und zwar als er ebenfalls durch den Türspion schaute. Aber auch jetzt löste sich ihr Körper in Nichts auf und es schien so, als wäre er nie vorhanden gewesen.

Erleichtert sank er etwas zurück, seine Knie gaben fast nach. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, vielleicht hatte er sich das alles eingebildet, da er sich soviel mit diesem merkwürdigen Hotel beschäftigt hatte. Egal, was es war, er würde sich sofort schlafen legen.

Geschmeidig machte er auf dem Absatz kehrt und es war reine Selbstbeherrschung gewesen, dass aus seinem Munde kein hysterischer Angstschrei gekommen war. Das Mädchen mit dem Hut stand direkt vor ihm!

Verzweiflung machte sich in seinem Körper breit, er wollte aus diesem Albtraum aufwachen. Obwohl er sich stark für Geister interessierte, konnte er es überhaupt nicht leiden, wenn diese ihn tyrannisierten und jetzt sogar in seiner eigenen Wohnung heimsuchten.

Langsam hob sie ihren Kopf an, kaum ihr Gesicht zeigend. Ihre Arme hingen schlaff herunter, während sie mit gemurmelter Stimme sagte: „Denk daran, dass du sterben musst.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Dabi
2010-12-28T15:55:53+00:00 28.12.2010 16:55
Mir gefiel diese FF bisher richtig gut ^^
Es hatte einen sehr guten Anfang und macht einem Lust auf mehr.
Ich finde du kannst eine Story schon von anfang an interessant machen, das man auch es weiter lesen will.

Wie du makoto und dessen Wohung beschrieben hast gefiel mir sehr gut und ich musste dabei auch oft schmunzeln XD"
Besonders bei der Stelle wo dessen Verhalten beschrieben wurde wie seine Wohnung immer wieder zu einem Chaos wird. Das war richtig geil XD
Auch wie du Rin dargestellt hast fand ich sehr gut und diese unterschiede der beiden mag ich wirklich sehr ^^

Ich für meinen Teil hab nix zu meckern und bin begeistert und sehr glücklich >///<
Vielen lieben dank dafür das du dir die Mühe gemacht hast und ich freue mich wirklich das es weiter geht~
Von: abgemeldet
2010-12-25T18:40:32+00:00 25.12.2010 19:40
yay! eine Fortsetzung !! *-*
Ich liebe deinen Schreibstil, du machst die Geschichten immer
spannend ^^
Ich freue mich schon aufs nächste Kapitel ^-^


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