Zum Inhalt der Seite

Der Mensch ist frei geboren

und überall liegt er in Ketten.
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Apis

Stille hielt ihn umfangen. Ewige, undurchdringliche Stille, schwer und erstickend wie eine Samtdecke. Das Atmen fiel schwer.

Die drei Sonnen brannten heiß auf den Planeten hinab und ließen das Gras, auf dem er lief, verdorren. Genauso lodernd wie die Sonnen war sein Blick, mit dem er den Himmel absuchte. Dampffahnen zogen sich durch die blaue Atmosphäre.
 

Es war ruhig, so ruhig.

Es war nicht dröhnend ruhig, wie es das manchmal ist, wenn man dem Geschrei von Eltern oder dem Klatschen von Händen auf nackter Haut oder Schmerzensschreien lauscht und dann plötzlich draußen auf der Mauer nur von Stille umgeben ist. Nein, es war eine friedliche Stille.

Das Kind in seinen Armen schlief, während er in den Himmel blickte und nach den Sternen Ausschau hielt. Eine kleine Ameisenköniginnenlarve kletterte seinen Oberarm hinauf, über blasse Haut, bis zu schmutzverkrusteten Haaren, in denen sie sich ihr Nest spann in Erwartung des Tages, an dem sie ihren eigenen Schwarm haben würde.
 

Es war ein friedlicher Tag. Die Zukunft lag ausgebreitet vor seinen Füßen und wartete darauf, von diesen verkümmerten Zehen beschritten zu werden. Neben ihm liefen Eisenbahnschienen in die ewige Leere. Die Welt war unendlich groß. Die Welt würde nie zu Ende gehen.
 

Er fiel. Das Kind erwachte und schrie. Die Stille floh und zog ihr Seidenband mit sich. Hinter ihm näherte sich eine Lokomotive.

Sie brachte ihn an das Ende der Welt und darüber hinaus.

Myriapoda

Schwerer Rauch waberte durch die Kneipe und schlug den beiden eintretenden Männern in die rauen, vom Wetter gegerbten Gesichter. Das Piano in der Ecke wurde von geübten Fingern bedient, aber durch die Enge und die Luft und die Gespräche kam kaum ein Ton zu den Eintretenden hinüber. Sie bahnten sich einen Weg durch die Menge, bis sie am Tresen angekommen waren und sich auf die Barhocker fallen ließen.

„Zwei Bier, Karol.“ forderte er Kleinere der beiden. Ein misstrauischer Blick, dann stellte der Barkeeper zwei bis zum Rand gefüllte Biergläser auf den Tisch.

„Max zahlt.“ fügte der Kleinere noch dazu, was einen lauten, verärgerten Ausruf zur Folge hatte, der nur mit einem lässigen Abwinken geantwortet wurde. Zerknirscht legte der als Max bezeichnete Mann einen abgegriffenen Schein auf den Tresen, der schnell darunter verschwand. Karol wandte sich ab, wurde aber von Max zurückgezogen mit den Worten, er wolle sein Rückgeld haben, verdammt noch einmal. Über den Tresen huschte ein kleiner Tausendfüßler, der von Karol blitzschnell in der Hoffnung erschlagen wurde, dass niemand ihn gesehen hatte.

Nachdem er zu seiner Zufriedenheit die sechs Halbkronen erhalten hatte, schnappte auch er sein Bier und wandte sich seinem Begleiter zu.
 

„Ist sie schon aufgetaucht, Paul?“ Paul schüttelte den Kopf, während er aufmerksam in die Menge starrte. Es war unmöglich, jemand Bestimmten auszumachen, schon gar nicht, wenn man diesen Jemand noch niemals gesehen hatte und nur von Fahndungsplakaten kannte, die an jedem Mast in der Stadt klebten.

Die Stadt hatte keinen Namen. Das hatten Städte nie. Es gab eine Stadt. Punkt. Außerhalb befanden sich verstreut ein paar Dörfer mit Namen. Dörfer hatten Namen, Dörfer waren noch etwas persönliches. Sie hießen Oberenzlingen oder Nahringen oder Tossendorf, oder auch Alte Ruh oder Rotheim. Aber Städte, die Städte waren zum Bersten gefüllt. Die Stadt, in der sie sich befanden, hatte Millionen von Einwohnern und wuchs noch immer. Komplizierte Lokomotivnetze verbanden die einzelnen Stadtteile miteinander. Mit der Hochgeschwindigkeitslok auf dem Hohen Steg brauchte man von einem Stadtende zum anderen mindestens drei Stunden, und die Hochgeschwindigkeitslok hielt nur an wenigen Haltestellen. Diese Lok war nicht zu vergleichen mit den Eisenbahnen, die in dünnen Linien den Rest des Planeten miteinander verband, als wären sie rasende, dampfende Spinnen, die auf ihren feinen Spinnweben nach Opfern Ausschau hielten – Opfer aus Hintertupfau und Grünwettersbach, aus Mühlenhausen und Schmallental, die der Verführung der großen Stadt nicht widerstehen konnten, die von den Eisenbahnen unnachgiebig in Kokons verpackt wurden und nach drei, vier Jahren unkenntlich gemacht wieder ausgespuckt wurden, zurück nach Hintertupfau, Grünwettersbach, Mühlenhausen und Schmallental, wo ihre Familie sich um sie kümmern musste bis zum Rest ihres Lebens.
 

Eines dieser Opfer war Max, oder besser, Maximilian Reichenbach, Sohn eines Bauern und einer Bäuerin, beschaulich aufgewachsen in einem der unzähligen kleinen Dörfer, die als Nahrungsmittellieferanten für die Stadt dienten. Eines Tages war er fort gewesen, hatte sein Glück in der Stadt versucht und war gescheitert, wie all die anderen jungen Männer auch. Ohne auch nur eine Viertelkrone in der Tasche hatte er sich schon damit abgefunden, in der Gosse zu verrecken, geplagt von Flöhen und einem Hautausschlag und einer riesigen eitrigen Wunde am linken Unterarm von seinem gescheiterten Versuch, in einer Weberei anzufangen. Er wäre wohl auch einsam und elendig gestorben, wenn Paul ihm nicht die Hälfte eines Laibs Brot gegeben hätte und er beschlossen hatte, dem anderen jungen Mann zu folgen.
 

Paul Albrecht war mitten in der Stadt geboren. Er hatte sein Leben an der Seite von Ratten und Müll verbracht, der Höhepunkt seiner Kindheit war die überraschende Genesung von Kinderlähmung gewesen, an der sein bester Freund gestorben war. Auch seine Geschwister lebten schon lange nicht mehr. Als sein Vater seine Hand verloren hatte, war Paul zum Arbeiten in die Maschinenwerke außerhalb der Stadt geschickt worden. Nach drei Jahren, in denen er dem Tod schon mehr als einmal knapp entronnen war, hatte er aufgehört im Bergwerk, war mit all seinem Geld an das andere Ende der Stadt gezogen und lebte seitdem auf Dachböden, versuchte, sich seinen Unterhalt durch Tabakschmuggel zu ermöglichen.
 

Das Leben hatte den beiden glücklosen jungen Männern einen Strahl der Hoffnung hinuntergeschickt. Oder war es nur eine Fata Morgana, eine Lichtreflexion im dunstigen Nebel der illegalen Zigarrenschwader?

Ein nach Lavendel duftendes Parfüm bahnte sich seinen Weg durch die schwere Rauchmasse, bis vor den beiden eine Gestalt mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze stand. Würden Max und Paul später an diesen Augenblick zurückdenken, würden sie denken, wie Recht sie doch mit ihrer ersten Einschätzung gelegen hatten.

„Hey! Sind-“ fing Max an, wurde aber sogleich unterbrochen. Die fremde Person, mit dünne, hagerer Figur, aber nicht, als würde sie viel Hunger leiden, sondern eher, als hätte sie sich dafür entschieden, wie ein wankelmütiger Strich auf der Welt zu verbleiben, musterte die beiden aus hell blitzenden Augen.

„Albrecht und Reichenbach?“ Die Stimme war nicht einfach zu definieren. Es war wohl eine Frauenstimme, aber sie war dunkel, schwer und angereichert mit verborgenen, verbotenen Gewürzen und Gefühlen. Paul nickte enthusiastisch, und die fremde Gestalt ließ den Blick über jedes Detail seines Körpers schweifen, das in dem dumpfen Licht auszumachen war. Es schien, als würde sie ebenfalls nicken, aber ob das nur eine Sinnestäuschung war, konnte keiner der beiden nachher sagen.

„Bringen Sie uns-“ Erneut wurde Maximilian unterbrochen, dieses Mal nicht von der fremden Gestalt, sondern von lauten Schreien aus dem Bereich der Tür.

Sophophora

Das Kunstlicht brannte hell und grünlich auf die Haarschöpfe der sechs Personen, die um einen kreisrunden Tisch saßen. Vor ihnen lagen Stapel von braunen Dokumenten, glänzend im zu hellen Licht und dennoch verblichen wirkend. Das ständige dumpfe Geräusch der Dampfmaschinen, die die Energie für die Glühlampen bereitstellten, erfüllte wie immer den Besprechungsraum.
 

Es war die Stadt auf DE-X5, dem fünften vom ehemaligen Deutschland kolonialisierten Planeten. Heute gab es kein Deutschland mehr. DE-X5 blühte allerdings auf. Es war der größte, herrlichste und am dichtesten bevölkerte Planet im weiten Umkreis. Niemand war sich sicher, ob dieser Planet nicht sogar der menschenreichste Planet des Weltalls war. Die Stadt war jedenfalls riesiger als alles andere von Menschenhand erschaffene; gegen diese Stadt waren andere Städte auf anderen Planeten nur Dörfer. Die Dörfer auf DE-X5 waren selbst schon Städte, auch wenn sie weiterhin ihre Namen tragen durften.
 

Daher befand sich auf DE-X5 auch die Regierung der Allianz der Freien Kolonien, und mit der Regierung stand hier das militärische Hauptquartier. Waren die Planeten Blutbahnen, so war DE-X5 das Herz, der Puls, der unermüdlich schlug, Tag und Nacht, zum metallischen Scheppern der Dampfmaschinen, um die Welt aufrecht zu erhalten.

Ludwig Beilschmidt war früh gekommen. Zu früh. Aber auch die anderen waren korrekt genug, pünktlich zum vereinbarten Meeting im Besprechungszimmer zu sein, mit kleinen Kupferschalen vor ihnen, die monatealte Plätzchen feilboten.

Es waren die sechs führenden Köpfe der AFK, diejenigen, die tatsächlich die Macht in den Händen hielten. Sicher, der PRÄSIDENT hatte offiziell alle Macht inne, und seine Minister lenkten offiziell ihre Ressorts, aber in weiten Kreisen war bekannt, dass der PRÄSIDENT und seine Minister nur Strohpuppen waren, die von denen ablenkten, die tatsächlich an der Macht saßen. Und diese Sechs saßen hier, im Zentrum der Macht, sechs Menschen, die über Milliarden von Soldaten und Milliarden von Großkronen verfügten, und sie entschieden über das Schicksal des ihnen bekannten Weltalls.
 

„Die Sitzung ist eröffnet.“, leitete Ludwig Beilschmidt eben jene ein. Obwohl der Stapel Dokumente vor seinem Sitz verheißungsvoll aussah, kam er nicht dazu, auch nur mit dem ersten Tagesordnungspunkt zu beginnen.

„Ich bin dafür, wir bringen sie alle um!“, warf sein älterer Bruder in den Raum und knallte dabei mit funkelndem Blick und angespannter Faust auf den Tisch. „Wofür haben wir die ganzen Soldaten, wenn nicht, um diese Rebellen umzubringen?!“

Das brachte ihm ein Augenrollen von der einzigen Frau der Runde ein, eine wohlproportionierte, rothaarige Amazonin, die von ihren Kollegen, die es nicht so gut mit ihr meinten, nur „Zicki“ genannt wurde. Niemand nannte sie Zicki.

„Schmarrn, das sagt sich für dein dämliches Saupreißgehirn so leicht, aber wir können die nicht einfach niedermähen.“ Der dunkelblonde Mann mit dem feinsten Anzug von ihnen allen neben ihr nickte.

„Da muss ich Zenzie leider Recht geben. Wir brauchen subtilere Methoden. Wir können nicht immer Drauflosschlagen und hoffen, dass nichts übrig bleibt...“
 

Diesmal ein Augenrollen von Gilbert.

„Und was sollen wir sonst mit den ganzen Soldaten machen, ihr Zwerghirnis? Uuuuh-“ Er stand auf und positionierte sich als Parodie seiner eigenen Untergebenen. „'Ich bin ein Soldat, aber ich töte keine Rebellen! Hahaha! Ohhh, ein Schmetterling, ist der nicht hübsch?! Hui-'“
 

„Gilbert. Setz' dich wieder hin.“ Mit hinter seinem Hinterkopf verschränkten Armen befolgte Gilbert die freundliche Bitte seines Bruders, sank wieder auf seinen Stuhl und sah die restlichen Anwesenden an, als hätte er den Konflikt widerspruchslos für sich entschieden.

„Ihr habt natürlich alle Recht. Wir haben keine Armee, um die Zölle zu überwachen und zu überprüfen, ob die Alchemisten alle ihre Arbeit tun. Und wir haben ein Problem mit diesen Rebellen. Sie haben in den letzten Wochen mehrere Lokomotivnetze lahmgelegt. Der Start der Transplanetarraketen auf den Routen 12-15 und 12-13 wurde enorm gestört. Und das ist erst der Anfang. Andererseits haben Unterratsministerin Eichinger und Hauptobersturmgeneral Häberle Recht. Du stellst das übersimplifiziert dar.“
 

Gilbert schnaubte.

„Und wie wollt ihr das besser machen, Sesselpupser?“
 

Ein bisher sehr schweigsamer, braunhaariger Mann räusperte sich. Seine Stimme klang wie eine messerscharfe, klare und glänzende Rasierklinge, die den Raum durchschnitt. Georg war zwar im Gegensatz zu Gilbert Beilschmidt und Lukas Häberle nicht Teil des Militärs, aber er hätte sich wunderbar in dieses Machtgefüge einpassen können, wenn er nur gewollt hätte. Jedoch, um es mit Gilberts unsterblichen Worten auszudrücken: Georg wollte lieber ein Sesselpupser bleiben, statt sich auf dem Schlachtfeld die filigranen Finger schmutzig zu machen.

„Wir müssen an der Wurzel ansetzen. Der Schlange den Kopf abschlagen. Es muss einen oder zwei Anführer geben. Sind diese ausgemerzt, bleibt von der Organisation nichts mehr übrig.“

Der Mann, der neben ihm versunken im Stuhl saß und so wirkte, als würde er verschwinden, mit einem Plätzchenkrümel im Mund, sah ihn verstohlen und misstrauisch an.
 

„Aber was, wenn es keine Schlange ist, sondern eine Hydra?“, fragte er Georg, dessen kühler Blick abschätzig über ihn lief.

„Albrecht, du scheinst das wichtige nicht zu verstehen. Das ist keine Vereinigung, wie wir sie kennen, kein diszipliniertes System. Diese Rebellen sind ein chaotischer Haufen, der zusammengehalten wird von einem charismatischen Anführer. Haben wir diesen ausfindig gemacht...“ Er starrte die Fliege an, die es sich auf seinem Dokumentstapel gemütlich gemacht hatte. „... sind sie mausetot.“ Man konnte glauben, er würde die Fliege in einer rasanten Bewegung erschlagen, aber alles, was sie tat, war, fort zu fliegen und sich an der feinen, mit goldenen Verzierungen überzogenen Wand nieder zu lassen.
 

Albrecht schüttelte den Kopf und blickte einen Moment lang, als würde er Hilfe erwarten, zu Gilbert, der damit beschäftigt war, sich die Zähne auszubeißen an einem fünf Monate altem Plätzchen.

„Nein, nein, der Kopf wächst nach. Der Kopf wächst nach. Die hören nicht auf, wenn wir ihren Führer töten. Die machen weiter. Die wollen unser Leben zerstören. Die werden sich mit den Aliens verbünden.“ Er seufzte kurz. „Ich stimme Gilbert zu. Wir müssen all unsere militärischen Mittel einsetzen und diese Gruppierung an der Wurzel ausrotten, dass niemand mehr von ihnen übrig bleibt, nicht einmal, um die Geschichte ihres Scheiterns zu erzählen.“

„Mit den Aliens?“ Lukas sah ihn mit gerunzelter Stirn an. Albrecht nickte.

„Natürlich. Die Aliens. Sie alle hassen unsere Gesellschaft und wollen uns zerstört sehen. Wir müssen uns wehren! Sie werden uns alles nehmen, was uns lieb und teuer ist!“

„Und was ist dir lieb und teuer, Albrecht?“ Wieder Lukas. Die genrunzelte Stirn entspannte sich. Die Frage war unschuldig und scheinbar harmlos, aber jeder im Raum wusste, wie tief sie in Albrechts Fleisch schnitt.

„Das tut jetzt nichts zur Sache!!“ kam die scharfe, schnelle Erwiderung.
 

Währenddessen hatte der Obersekretär des Ministers für Innere Angelegenheiten, Ludwig Beilschmidt, die linke Hand angestrengt über seine Stirn gelegt und versuchte, sich zu konzentrieren.

„Bitte fasst doch alle noch einmal zusammen, was wir tun sollen gegen die Rebellen.“
 

„Ausrotten!!“, kam sofort die unverwechselbare, frohe Stimme Gilberts.
 

„Den Führer ausfindig machen und eliminieren.“ Georgs Ansatz war ruhiger und überlegter, aber nicht weniger kaltblütig.
 

„Wenn wir sie alle töten, wird das die Bevölkerung in Aufruhr versetzen. Wir müssen das geschickt erledigen. Durch die Hintertür.“ Lukas starrte auf die Fliege an der Wand, während er sprach.
 

„Wir infiltrieren sie ideologisch.“, schlug Zenzie vor.
 

„Es wäre von Vorteil, sie kalt zu stellen, bevor sie sich verbünden können mit den Aliens.“ Albrechts Stimme zitterte ein wenig, ob vor Wut, Angst oder Kälte, konnte niemand so wirklich sagen. Der einzige, der das eventuell sagen könnte, war Gilbert, und dieser war damit beschäftigt, debil zu grinsen.
 

Ludwig nickte.

„Dann beläuft es sich am Ende auf zwei Positionen. Wir stimmen ab. Gilbert,-“ Sein Bruder unterbrach ihn grinsend. „Das ist 'Herr Hauptbrigadegeneral', hast du das immer noch nicht gelernt, Lutz?“

Ludwig begann erneut. „Herr Hauptbrigadegeneral...“ Stolz erhob sich Gilbert. „Herr Hauptobersturmgeneral, Herr Brigadegeneral,...“ Lukas und Albrecht standen auf. Ersterer richtete noch korrekt seine Krawatte. „... Herr Unterregierungsdirektorrat, Frau Unterratsministerin...“ Auch Georg und Zenzie erhoben sich. Als Ludwig aufstand, waren also alle erhoben.

„... dankeschön. Wir werden entscheiden, ob wir mit militärischer Gewalt gegen die Rebellen vorgehen, oder ob wir friedlichere Mittel nutzen. Bitte, wenn Sie der Meinung sind, dass Gewalt genutzt werden sollte, dann setzen Sie sich bitte wieder hin.“

Sofort ließ sich Gilbert auf den Stuhl fallen und sah erwartungsvoll zu Ludwig auf, der stehen blieb. Albrecht zögerte kurz, dann setzte er sich ebenfalls wieder auf den Stuhl, ebenso wie Georg, der daraufhin elegant die Hände übereinander faltete. Einige Sekunden verstrichen, ehe sich auch Lukas ruhig setzte.
 

Es war beschlossene Sache. Die Freie Armee der Gerechtigkeit würde ausziehen, um den Rebellen den Gar aus zu machen. Und noch ahnte niemand, welch verheerende Folgen diese Entscheidung nach sich ziehen würde.

Periplaneta

Es waren Schmerzensschreie, die die stickige, verrauchte Luft erfüllten. Sie brachten den Raum zum Zittern – oder waren es die schweren Schritte der Armee, die das Lokal einer Razzia unterzog? Offiziell wurde nach illegalen Suchtmitteln gefahndet. Die AFK hatte seit Jahren mit einem sich im Steilflug nach oben befindlichen Drogengeschäft zu kämpfen; allein im Jahre 1198NZ waren dreihundert Prozent mehr Menschen an illegalen Suchtmitteln gestorben als noch 1188NZ. Aber jeder, der in den richtigen Kreisen verkehrte – und das tat man, wenn man in einer Spelunke wie dem Schwarzen Schaf einkehrte – dann wusste man, dass es sich bei dieser „Razzia“ um eine Suche nach der Rebellenorganisation handelte.
 

Diese rütteten viel stärker an den heiligen Grundfesten der AFK, als es jedes RainbowDream oder Glassand jemals konnte, welche Wirkung diese Drogen auch immer hervorriefen.

Die Rebellen hatten keinen festen Namen. Man wusste sofort, wer gemeint war, wenn von den „Rebellen“ die Rede war. Unter der Hand nannte man sie die Verbotenen, die Retter, die Rächer, oder, wenn man wahrlich geheimnisvoll wirken wollte, die Kätzchen. Niemand wusste, wer sie gegründet hatte, niemand wusste, wie viele Menschen tatsächlich beteiligt waren. Das einzige, was man wusste, war, dass sie schon zahlreiche Lokomotivennetze unbenutzbar gemacht hatten, dass sie regelmäßig Raketen vom Start abhielten und niemand sie jemals hatte erwischen können, geschweige denn, auch nur einen Blick auf sie hatte werfen können. Nein, sie waren keine der anderen Rebellenorganisationen, die Namen getragen hatten wie die Ritter des Lichts oder die Wahren Agenten oder ähnliches lächerliches und nach wenigen Monaten ausnahmslos von der FAG – der Freien Armee der Gerechtigkeit, die sich keine schlechtere Abkürzung hatte wählen können – zertrümmert worden war.

Wofür die Rebellen kämpften? Das wusste man genausowenig zu sagen. Nur eines schien sicher zu sein: sie waren gegen die Regierung gesinnt, und das brachte ihnen viele Sympathien in der Bevölkerung ein. Wäre das Militär nicht so stark, wäre in der AFK schon längst eine Rebellion bisher ungekannten Ausmaßes ausgebrochen.
 

Aber die Lebensumstände der Menschen auf den Planeten gehörte nicht an diesen Ort, denn an diesen Ort gehörte, wie ein Trupp hochdisziplinierter, bewaffneter Söldner im Schwarzen Schaf stand und sofort begann, die zwielichtigen Gestalten darin zu durchsuchen – oder niederzuknüppeln mit den Kupferwaffen, die sie bei sich trugen. Nur ausgewählte Spezialeinheiten waren mit Revolvern bewaffnet, die langsam hergestellt wurden und von denen daher eine permanente Knappheit bestand. Der Rest des Fußsoldaten trugen lange, teils verrostete Rohre, die ihre Wirkung allerdings auch nicht verfehlten.
 

Paul und Max hatten keine Ahnung, wie sie in diese unangenehme Situation gekommen waren, und vor allem, wie sie wieder aus ihr entfliehen konnten.
 

Die fremde Gestalt ergriff ihre Hände, während die laute, dominante, aber überraschend ruhige Stimme des Hauptleutnants alle Anwesenden aufforderte, auf der Stelle still zu sein. Das erzielte den gegenteiligen Effekt als gewünscht – niemand in diesem Lokal war dem Militär zugeneigt, hatte doch jeder schon herbe Verluste erleiden müssen durch die grausamen Hände der Truppen.

Es war schnell vorbei. Man konnte kaum einmal blinzeln, und das Massaker hatte schon wieder sein Ende genommen. Den Truppen war gelehrt worden, dass der Abschaum in den Vororten nicht besser war als Würmer unter ihren schweren Stiefeln, und dass sie keine Rücksicht nehmen durften. Das Militär verlor einen Mann und einen Arm. Karol hatte eine ganze Bar voller Leichen, die er später würde aufräumen müssen.

Und Maximilian, Paul und die fremde Frau waren verschwunden.
 

Die Straßen waren mit Schmutz übersät. Der Müll lagerte in großen Bergen an den Rändern des Automobilweges. Die Autos, die entlangfuhren, waren ausschließlich grau und hinterließen jeweils eine dichte Dampfwolke in der Luft. Aus diesem Grund war die maximale Anzahl von Fahrzeugen auch streng reglementiert; kein Grund, diese Regeln nicht zu umgehen und noch mehr Autos fahren zu lassen.

Es war am sichersten, durch die Müllberge zu waten, wenn man nicht von den Militärpatrouillen entdeckt werden wollte, die regelmäßig, auch während der heranbrechenden Dunkelheit, die Straßen abfuhren in ihren kugelsicheren, metallenen Käfigen.

Zu dritt huschten sie umgeben von den Abfällen von tausenden von Haushalten entlang, bis sich eine kleine Seitengasse auftat, in die sie schlüpfen konnten.

Relativ frische Luft füllte ihre Lungen und erlaubte ihnen, wieder zu sprechen. Aber bevor einer der beiden Männer etwas sagen konnte, hatte die Frau schon die Stimme erhoben.
 

„Meine Güte.“ Auf dem Boden krabbelten aus der Richtung des Mülls zwei Kakerlaken heran, die gnadenlos unter einem Lederstiefel zerdrückt wurden. Die fremde Gestalt sah sich aufmerksam um, dann nahm sie ihre Kapuze ab und enthüllte rote, gelockte Haare, schmale Gesichtszüge und irritierend türkisfarbene Augen, die trotz der aufziehenden Dämmerung und den meterweit in die Höhe ragenden Gebäude neben ihnen geradezu strahlten.

„Wenn wir jedes Mal in eine Razzia rennen, wenn wir neue Mitglieder rekrutieren, dann aber gute Nacht.“

Paul hüstelte. Obwohl die Person lächelte, erschien ihm ihr Blick dennoch eiskalt und grausam zu sein, und eine Gänsehaut lief ihm über den Rücken. „Na, dann einfach Pause machen nach uns, wa?“

Der verwirrte Blick Maximilians war zwischen den beiden hin- und hergehuscht, bis ihm scheinbar ein Licht aufgegangen war.

„Achsooo, Sie sind hier der Chef der Rebellen!! Also, unsere Kontaktperson!“ Paul ignorierte ihn geflissentlich. „Na, wie toll, Sie kennen zu lernen. Ich bin der Max!“ Freundlich streckte er der Frau eine Hand hin. Sie reagierte nicht.

„Wir müssen bis um 002-512 bei unserem Schiff angekommen sein, ansonsten heben sie ohne uns ab. Bitte etwas Beeilung. Zu freundlich.“ Die Gänsehaut intensivierte sich, während sie wieder anfingen zu rennen und die andere Person, ohne sich vorzustellen, die Kapuze wieder über den Kopf gezogen hatte.

Sie humpelte ein wenig, fiel Paul auf.
 

Exakt um 002-509, also sehr knapp vor der Zeit, kamen sie am Schiff an; Paul und Max waren außer Atem, während der ewig zu dauern scheinende Dauerlauf bei der Rebellin keine Spuren zu hinterlassen haben schien. Sie schritt würdevoll durch den langen Steingarten am Rande der Stadt, wo niemand ihnen zusah. Sie waren einigen Militärkontrollen entronnen, die zurzeit noch fieberhaft nach dem vermuteten Rebellen in der Umgebung suchten.

Das Schiff war nicht sehr beeindruckend – zumindest nicht für jemanden, der noch nie diese Shuttles gesehen hatte. Das bis dato komplizierteste technische Hilfsmittel, das Maximilian und Paul bekannt war, waren die Roboter, die die einfachste Polizeiarbeit erledigten, mit mäßigem Erfolg.

Das Kupfer war oxidiert und glänzte dunkel. Die Sonnenschirme, die dazu dienten, das Sonnenlicht im Weltall zu fangen und als zusätzliche Energie zu nutzen, waren voller Löcher und wären wohl schon lange nicht mehr funktionsfähig gewesen, wenn man die Streben vor langer Zeit nicht schon ausgetauscht hätte. Im großen Bauch, unsichtbar für die von außen betrachtenden Zuschauer, saß die Dampfmaschine, die das Raumschiff größtenteils antrieb, und schon mehrere Jahrzehnte überdauert hatte. Jeder Flug war immer wieder ein Spiel mit dem Zufall, ob man überlebte – oder eben abstürzte.

Eine kleine Luke am Rande – gerade groß genug, um einen nicht zu stabil gebauten Mann hindurch zu lassen – war geöffnet, und das allgegenwärtige Licht der trüben Gaslampen schien in die Dämmerung hinaus. Geschicht kletterte die Fremde hinein und reichte erst Paul und dann Maximilian eine Hand. Nach ihnen wurde die Luke geschlossen, und die beiden knieten erschöpft auf dem kupfernen Boden des Gefährts.
 

Eine tiefe Stimme erklang direkt vor ihren Köpfen.

Cynomyia

Mit gesenktem Kopf kehrte der Hauptleutnant Fritz Bülow zurück zu DE-X5, wo er zwar nicht erwartet wurde von dem höchsten Rat, aber doch von einigen Menschen, die gute Verbindungen hatten zu den Menschen, die die Macht in ihren Händen hielten. Die Halle hatte riesige Wände, gestützt von steinernen Obelisken und so lange poliert, bis das schwarze Gestein alles widerspiegelte, was in diese Halle trat, und jedes Geräusch, das verursacht wurde, wurde tausendfach widergegeben.
 

Klonk. Der mit Eisen versehene Stiefel auf dem Steinboden. Klonk klonk onk onk onn. Das Echo in der Halle.

Klonk. Klonk klonk onk onk onn.
 

Fritz hatte versagt. Man hatte ihm die Wichtigkeit seiner Mission eindrücklich klar gemacht. Die vertraulichen Informationen, dass an jenem Tag zu jener Uhrzeit eines der höchsten Tiere der Rebellenorganisation in dem verschmutzten Lokal von Karol Chatten – ein Informant, der geduldet wurde, weil er immer knapp an der Schwelle der Legalität balancierte, und natürlich, weil er genau die richtige Menge an Informationen lieferte, um nicht entbehrenswert zu sein – versuchen würde, zwei neue, wertvolle Mitglieder zu rekrutieren. Es war eine simple Mission, die man diesem stillen Mann aus einem entfernten Winkel der Galaxie überreicht hatte, weil er Georg einst unbeabsichtigt das Leben und damit die ganze Zukunft der AFK gerettet hatte.
 

Klonk. Klonk klonk onk onk onn.
 

Und er hatte versagt. Diese einfachste aller einfachen Missionen – eine Razzia, bei der kurz provoziert werden musste und dann alle Anwesenden getötet werden sollten – war gescheitert. Wegen seiner Unfähigkeit.

Bei keinem der Leichen in Chattens Kneipe war nachher irgendeine Spur auf Rebellentätigkeit nachweisbar gewesen.

Sie würden den nächsten Versuch nutzen müssen – wenn ihnen jemals wieder solch eine einmalige Gelegenheit geboten werden würde.
 

Klonk. Klonk klonk onk onk onn.

Sein Schritt verstummte.
 

Das war also die Situation, in der sich Fritz befand, als er in aufmerksame, lilane Augen starrte, eingebettet in ein üppiges Gesicht, umrahmt von glänzenden braunen Strähnen des langen Haars. Die Sekretärin der Unterratsministerin Eichinger hielt einen langen, bedrohlich wirkenden Stock in der Hand, und ihr Blick schien zu sagen „Du steckst bis zum Hals in Problemen, mein Lieber“. Der Hauptleutnant war allerdings unfähig, diesen Blick zu lesen. Sein Blick hing leer an der hohen Tür, die zum parlamentarischen Rat der Minister führte. Dort war kein Einlass zu erwarten. Die Minister hielten sich nicht mit Berichten ihrer Offiziere auf. Sie wollten Ergebnisse sehen. Knallharte Ergebnisse. Daher hatte er auch kein Treffen mit den Ministern.

Sondern mit der Gruppe, die die AFK in ihren Händen hielt. Oder zumindest mit zwei ihrer Mitgliedern.
 

Er trat ein. Die Wände waren wieder mit Gold verziert, das unnatürliche, flackernde Licht kam von der Decke.

Es gab dem Raum einen fauligen Anschein, als lägen hier Millionen von stinkenden Leichen vergraben. Die drei Fliegen um Fritz' Kopf herum summten munter. Artgenossen von ihnen tapsten träge über die Lampe an der Decke und verbrannten sich die winzigen Füße.

Fritz nahm Platz, ohne dazu aufgefordert worden zu sein.
 

Das provozierte einen unzufriedenen Blick von Georg, der allerdings nicht mehr weiter redete. Die glänzenden braunen Haare waren wie die Krone des Königs des Leichenberges.

Fritz hatte vor den Methoden seiner Regierung immer die Augen verschlossen. Ausführen. Es war nicht schwer. Niemand nannte ihn dumm, wenn er einfach die Befehle der nächsthöheren Rangeinheit ausführte.
 

„Du hast sie nicht getötet.“ Schneidend, schnarrend, scheinbar ruhig und dennoch aufgewühlt kam Georgs Stimme und saugte jegliche Hoffnung aus der Luft, die Fritz atmete.
 

Er nickte schweigend.
 

Neben Georg saß Albrecht und starrte Fritz an in einer schlechte Impression eines Raubtiers. Er wirkte eher wie ein scheues Reh mit Stielaugen. Er war selbst Mitglied des Militärs, und auch, wenn man es ihm nicht ansah, hatte er schon viele Menschen getötet. In den großen Koalitionskriegen vor einigen Jahren war er an vorderster Front gestanden, damals noch als unbedeutender Feldwebel, und hatte mit all den anderen Soldaten und Söldnern der AFK die Feinde, ob Soldaten oder Zivilisten getötet. Getötet, nicht ermordet. Es waren keine Menschen gewesen. Das heißt, natürlich waren sie das gewesen, aber Feldwebel Fontane hatte sich geweigert, sie als Menschen zu sehen. Aufgewachsen war er in der Stadt auf DE-X9, seine Nachbaren waren Aliens gewesen, seltsame Gestalten mit schwarzer Haut und grotesk vergrößerten Ohren, und er war sich bis heute sicher, dass diese Monster für den Tod seines Bruders verantwortlich gewesen waren. Kurz nach dem Kleinen war auch seine Mutter gestorben, und an diesem Zeitpunkt hatte Albrecht Fontane sich entschieden, sich beim Militär einzuschreiben, mit seinen fünfzehn Jahren war er prädestiniert dafür, und den nimmermüden Fabriken fehlte bis heute eine halbe Generation tatkräftiger junger Männer und Frauen, die auf ewig weit entfernten Planeten umgebracht worden waren, sich selbst umgebracht hatten oder sich gegenseitig umgebracht hatten.

Er hatte Freundschaft geschlossen mit Gilbert Beilschmidt, der an seiner Seite gekämpft hatte damals. Er hatte ihm mehr als einmal das Leben gerettet. Gilbert hatte ihm das nie zurück gezahlt, hatte er damals gedacht; erst, als die Koalitionskriege vorüber gegangen waren, hatte man ihn überraschenderweise innerhalb weniger Jahre vom Feldwebel zum Brigadegeneral befördert, immerhin fünf Schritte auf der Karriereleiter und das dritthöchste Amt in der Hierarchie der FAG.
 

Nein, Albrecht verstand sich auf das Töten. Er wusste, wie man sich die Finger schmutzig machte. Georg wusste das nicht, Georg kannte das gar nicht, aber zumindest Fritz sollte über das Morden Bescheid wissen. Fritz Bülow. Ein ruhiger Mann. Nach Georgs Vorschlag hatten sie ihn erwählt für diese Mission und erwartet, er würde erfolgreich aus ihr heraus gehen. Bülow schien dumm genug zu sein, um einfach ihre Befehle auszuführen und nicht zu hinterfragen und die Mission zum Erfolg zu führen. Er war kein Rebellensympathisant, ganz bestimmt nicht. Aber nein, Teil eins und zwei hatte er eingehalten – Teil drei nicht.

Georg hatte das Gesicht verloren. Und dafür würde er bestimmt nicht sich und sein Urteilsvermögen verantwortlich machen.
 

„Fritz Bülow. Hauptleutnant.“

Fritz nickte auf Georgs Aussage. Albrecht beobachtete die Szene mit Adleraugen.

„Sie sind auf unbestimmte Zeit ohne Anspruch auf Geldzahlungen Ihres Amtes enthoben. Wegtreten, Zivilist.“
 

Fritz ließ den Kopf hängen. Befehle befolgen.

Er trag weg, ging rückwärts in kleinen Schritten, ohne etwas zu sehen, aus der Kammer.

Aus höchster Stelle entlassen, ohne die Möglichkeit, wieder in die Armee einzutreten, in das einzige Zuhause, das er jemals gekannt hatte.
 

Als er vor dem Gebäude stand, blieb er stundenlang wie eine Statue dort stehen, ehe er den Kopf wieder hob und in die höhnisch strahlende Sonne blickte.

Pediculus

„Das sollen die Neuen sein, Jette?“ Die Stimme war nicht nur tief, sondern auch amüsiert und spöttisch, als stünde der Besitzer vor zerschmetterten Hoffnungen auf zwei neue Rebellenmitglieder, die im Alleingang alles würden lösen können. Stattdessen erblickte er zwei schnaufende Männer, einer dürr mit einem Verband am linken Arm und der andere klein mit wuselnden Läusen in den braunen Haaren.
 

Jackpot, bemerkte er ironisch in Gedanken. Die Dame, die sich den beiden noch nicht vorgestellt hatte, schien seinen Gedankengängen folgen zu können und auch ihre Mundwinkel verzogen sich ironisch nach oben.
 

„Ach, so schlecht können sie gar nicht sein. Kommt, steht mal auf.“ Paul schnappte noch einmal kurz nach Luft, dann erhob er sich; Max blieb demonstrativ sitzen und blickte von einem niedrigeren Standpunkt aus nach oben.

Sie blickten in ein raues Gesicht mit matten blauen Augen, tiefsitzenden Wangenknochen und einem Dreitagebart. Der Mann war nicht hässlich, im Gegensatz, er war mit seinen vollen Lippen und den verschmitzten Gesichtszügen eher attraktiv, aber das auf eine sehr schmutzige Art, so, als würde er sich nicht darum kümmern, wie er aussah.

„Hey. Ich bin Hans. Der Rest muss euch nicht interessieren. Psst, Geheimnis: das ist nicht mein echter Name.“ Er zwinkerte. Die Frau an seiner Seite rollte mit den Augen, sagte aber nichts.
 

Und dann hoben sie ab, mit einem lauten Lärm von den Maschinen und einer enormen Druckveränderung, die ihnen allen auf den Magen schlug und augenblicklich vier Paar Ohren schmerzhaft dröhnen ließ.

Als sie außerhalb der Atmosphäre waren, stand auch Max auf und streckte Hans eine Hand hin. Hans nahm sie und schüttelte sie so herzhaft, dass der andere Mann erzitterte. Mit Paul geschah das gleiche.
 

„Das neben mir ist die Jette. Noch 'n Geheimnis: wenn die lächelt, solltet ihr fliehen.“ Paul nickte heftig, Jettes Mund kräuselte sich zweifellos ohne das geringste Anzeichen von Amusement. „Unser anderes Crewmitglied lernt ihr gleich kennen, aber so kurz nach'm Start sollen wir das kleine Ding nicht stören. Und ihr seid, äh, Paul und Maxi, ne?“ Hans schien fröhlich zu sein, die Art Dauerfröhlichkeit, die nur von Menschen an den Tag gelegt werden konnte, die beschlossen hatten, nicht mehr zu weinen, sondern nur noch zu lachen.
 

„Nur Max, bitte.“, erklang eine ebenfalls fröhliche Stimme, während der Sprecher über die pochende Hand strich, die in Hans' unerbittlichem Griff gesteckt hatte. Paul nickte.

„Jette, hilf' mir da mal aus, warum sind die beiden dabei?“, fragte Hans. Er schien keine Ahnung zu haben, was er mit den beiden Neuzugängen anstellen sollte.

Jette knüpfte den alten Trenchcoat auf, den sie draußen getragen hatte, und stellte sich hinter die beiden. Auf dem Kupferboden ertönte bei jedem Schritt ein dumpfes Klacken, aber weder Paul noch Max hatten in diesem Moment den Mut, herauszufinden, woher dieses Geräusch kam. Hätten sie einfach nach unten geblickt, hätten sie gesehen, dass Jette statt einem linken Bein nur noch eine metallene Prothese hatte, und dass ihr das nichts auszumachen schien.

Wie eine Geschäftsfrau die neu angekommende Ware mustert, musterte sie die beiden Menschen und deutete dann erst auf den einen, dann auf den anderen.
 

„Paul Albrecht. Geboren 1174NZ in der Stadt auf dem Planeten, den wir eben verlassen haben. Ausbildung als Minenarbeiter, danach Tabakschmuggel. Ausgezeichnete Beziehungen. Kennt sich mit Maschinen ausgezeichnet aus. Vielleicht bringt er Vikky wieder zum einwandfreien Laufen.“

Hans lachte schallend los. „Unser altes Schiff? Nie und nimmer!!“ Wie um seine Worte zu unterstreichen, gerieten sie kurz in Turbulenzen und wurden von oben bis unten durchgeschüttelt. „Okay, und die Bohnenstange neben Sir Albrecht?“ Ein tiefes Schmunzeln lag in Hans' Stimme, wann auch immer er sprach.

Jette übernahm wieder das Wort. „Maximilian Reichenbach. Geboren 1179NZ in einem Dorf namens... Durlach?“ Kurz blickte sie Max an, der nickte. „... ebenfalls auf DE-X9. Bisher circa fünfzig abgebrochene Ausbildungen. Wichtig für uns ist die Anstellung in einem Alchemielabor der Regierung. Scheint dort unorthodox gearbeitet zu haben und wurde nach wenigen Wochen entlassen.“

Hans nickte interessiert.
 

Er musterte die beiden jungen Männer erneut, dann zuckte er mit den Schultern.

„Von mir aus, solange sie nicht bei der Regierung mitmachen.“
 

„So ein Schwachsinn!!!“, warf Max sofort entrüstet ein. „Meine Eltern und Schwestern sind von denen ermordet worden, von dieser schwuchteligen FAG, mit denen fang ich nie was an! Außerdem lassen die alle hungern, das ist nicht gerecht, die sind alle korrupt und man kann Regierungsleuten nicht trauen!!“

„Is' ja gut, Max.“ Auch in Pauls Stimme war ein Lächeln zu hören. Er schien sich sehr schnell an die neue Situation gewöhnt zu haben; er fühlte sich wohl in diesem Raumschiff, das mit lautem Dampfantrieb durch das Weltall trieb auf seinem Weg zu einem Ort, den er nicht kannte.

„Ich kann dich da auch beruhigen, Alter. Mit der AFK will ich nichts zu tun haben. Das ist keine ordentliche Regierung. Habt ihr Zeug da?“
 

„Hier wird nicht geraucht.“, erklärte Jette mit einem Lächeln im Gesicht.

Pauls Augen weiteten sich und er nickte hastig.
 

Die Atmosphäre war gespannt, bis Hans schallend lachte.

„Mann, das wird eine super Zeit!! Bereit, unserem Piloten Hallo zu sagen?“ Es war keine Frage, denn er hatte mit kräftigem Griff schon die Oberarme der beiden neuen Mitglieder gepackt und war auf halbem Weg zur Luke, die wohl in Richtung der Pilotenkabine führte. Jette blieb allein in dem leeren Raum zurück und sah ihnen nach. „Ich kümmer' mich um die Zahlen.“, teilte sie Hans mit, und niemand wusste so Recht, ob er sie gehört hatte oder nicht.
 

Der Weg zur Pilotenkabine wurde gleichzeitig zu einem Rundgang durch die Viktoria, die Siegerin, wie die Rebellen ihr Schiff getauft hatten. Hans deutete auf verschiedene Luken, die nach links und rechts vom dünnen, von elektrischem Licht erhellten Gang abgingen, und erläuterte immer ewig lang, was sich dahinter verbarg. Auf diese Weise fanden die beiden Neuen heraus, dass es auf der Viktoria eine Küche, einen Aufenthaltsraum, ein Planzimmer, mehrere Schlafkabinen, einige Vorratsräume und einen riesigen Maschinenraum gab. Keine Treppen, kein zweites Stockwerk, nur im Maschinenraum gab es Trittleitern, um sich innerhalb der großen Maschinen zurecht zu finden. Er selbst kümmerte sich um die Wartung, erklärte er, hoffte aber, diese Aufgabe einem der beiden Neuen überlassen zu können, denn obwohl er jegliche Arbeit mit den Dampfmaschinen liebte, war er nicht talentiert, und Vikky war schon mehr als ein Mal abgestürzt aufgrund seiner Fehler. Nein, er war der Mann, der auf Bodenmissionen seine Heimat hatte, wo er mit jeder neuen Situation zurecht kam, solange sie ein gewisses Maß an Gewalt beinhaltete, am liebsten unter Tage.
 

Er drehte an einer metallenen Kurbel, als sie am Ende des Ganges angekommen waren, und eine letzte Luke öffnete sich nach vorne. Sie traten ein in die Pilotenkabine, die von hartem, beschlagenen Glas nach außen geschützt wurde. Zwei mehrmals geflickte Sessel standen, ihnen die lächerlich hohen Rückenlehnen zugewandt, an der Schnauze des Raumschiffs.
 

„Nick?“, fragte Hans vorsichtig. Der linke Sessel zeigte, dass er ein Drehsessel war, und den dreien gegenüber sitzend offenbarte sich ein äußerst junges, äußerst winziges blondes Mädchen. Mit einem scheuen, aber unverhohlen neugierigen Blick starrte sie die beiden Männer an, die sie noch nie gesehen hatte.
 

„Hans, sind das die Neuen?“, erwiderte sie seine Frage mit einer Gegenfrage. Ein weiteres schallendes Lachen.
 

„Jaja! Okay, ich stell euch mal vor. Paul Albrecht, Max äh Reichi oder so, und die kleine Nicole. Ihr könnt sie Nici nennen.“ Die Kleine lächelte und winkte.
 

„Wie.“ Verwirrt sah Paul sie an. Sie konnte nicht älter als dreizehn, vierzehn Jahre sein und flog dieses Raumschiff? Ganz allein? „Das ist der Pilot?“

Ihre Wangen plusterten sich auf. „Klar, hast du was dagegen, Großer?“ Vom Sitz neben ihr war ein dunkles Grollen zu hören, aber die Rückenlehne verbarg, was dort lauern mochte. Mit gerunzelter Stirn nahm Paul einige Schritte nach vorn, drehte den Sessel kurzerhand zu sich um und erblickte einen Löwen, der ebenso winzig war wie Nicole. Überrascht blinzelte er, dann sah er wieder sie an und durfte beobachten, dass Max ihre Hand genommen hatte und einen versucht eleganten Handkuss auf den Handrücken gehaucht hatte.

Paul musste lachen, auch bevor Nicole ihre Hand zu sich zog und mit einem lauten „Bäh!“ ausrief, was sie von dieser Begrüßung hielt. Hans betrachtete die Szene schmunzelnd.
 

„Ja Mann, das wird echt 'ne lustige Zeit.“, wagte er erneut seine Voraussage. Ob 'lustig' der richtige Ausdruck – definitiv definitionsabhängig, aber interessant würde die gemeinsame Zeit auf jeden Fall werden.

Porcellio

Es war kein kompletter Fehlschlag gewesen, resümierte das inoffizielle Regierungsteam. Zwei Leichen waren in der Bar von Karol Chatten nicht zu finden gewesen, obwohl Paul Albrecht und Maximilian Reichenbach laut den Aussagen des Barbesitzers, eine Information, die er nach einem Scheck bereitwillig zur Verfügung gestellt hatte, zum Zeitpunkt auf jeden Fall im Lokal anwesend gewesen waren. Sie waren also entkommen, und wie hätte man entkommen können, wenn man nicht angeworbenes Mitglied der Rebellen war? Wenn man davon ausging, dass die beiden geflohen waren und daher nicht tot waren, sondern lebendig, kannte man die Identität von zwei Rebellen.
 

Das war zumindest ein Anhaltspunkt. Über die interstellaren Telegraphenleitungen wurden in Windeseile Porträts der beiden und persönliche Informationen weitergeleitet, eine Aufgabe, die vom Chef persönlich ausgeführt wurde. Ludwig Beilschmidt hatte entschieden, dass diese Sache oberste Priorität hatte und dass man nur ihm genügend vertrauen könne, diese höchst wichtigen Informationen fehlerfrei an alle Soldaten der FAG zu verteilen.

Die restlichen Verantwortlichen kannten also zu diesem Zeitpunkt die Identität jener beiden Rebellen abgesehen von ihrem Namen noch nicht. Sie konnten sie jedoch nur wenige Stunden später erfahren, als in jedem AFK-Regierungsgebäude in jeder Stadt zwei Fahndungsplakate, so groß wie Bettlaken, hingen und Flugblätter in allen Städten verteilt wurden, die die Bevölkerung aufforderten, die beiden Subjekte, sollten sie gesehen werden, sofort zu melden.
 

Zenzie, ihre Assistentin, sowie ein Feldwebel und ein Gefreiter – die die Leibgarde der beiden auf dieser Reise darstellten – waren zu einem Fliegenden Händler geflogen. Diese Händler besaßen gegenüber denjenigen auf den Planeten viele Vorteile: ein Zollschlupfloch ermöglichte es ihnen, permanent billigere Waren anzubieten als die Konkurrenz auf den Planeten; sie waren im All zu erreichen, man musste nicht extra energieaufwendig landen; und sie boten mehr an als Waren, für ein paar Scheine wussten sie meistens eine ganze Menge zu erzählen.

Der Fliegende Händler, den Zenzie hatte auftreiben können, hieß Peschendorf und kam aus dem vierten Quadranten des Gebiets der AFK. Bis heute war Zenzie sich nicht sicher, welches Geschlecht die andere Person besaß, weswegen sie sie immer nur als „Sie“ oder „es“ ansprach; sie kam nicht wirklich mit dieser Ambivalenz klar, Zenzie mochte es, eine klar definierte Welt vor Augen zu haben, die sie nur noch bewerten musste.
 

Nachdem die beiden Raumschiffe sich verbunden hatten, war Zenzie mit Entourage zu Peschendorf in den Verkaufsraum gekommen.

Es war eng. Von der Decke baumelten skurrile Gegenstände in Erdtönen, mit Formen, die man nicht bestimmen konnte. Aus einer Ecke drang der beißende Geruch von Öl, ein klebriges Material, das kaum erforscht war. Über den Köpfen der Anwesenden sammelten sich Kellerasseln, und hin und wieder fiel eine hinab und huschte verschreckt in eine dunkle Ecke zurück. Zenzie saß auf einer Art Sitzsack. Grete, ihr Feldwebel, und Leopold, der Soldat, hatten in ihren schweren Uniformen zu stehen; Loreley, die nach außen zuckersüße Assistentin, die Zenzie schon seit Kindertagen begleitete, lehnte an dem Tisch, hinter dem Peschendorf saß und die Scheine zählte, die Zenzie achtlos auf den Tisch geworfen hatte.
 

„Ich will Informationen über die beiden Männer.“, hatte sie gesagt und dabei die Fahnungsbilder über den Tisch geschoben. Peschendorf blickte sie an, blickte das Geld, blickte die Bilder an, dann wurde der Kopf geschüttelt.

„Die kenne ich nicht. Was tun sie?“
 

Zenzie räusperte sich, aber Loreley sprach schon, bevor sie überhaupt zu Wort kam. Ihre Stimme zitterte aufgeregt. „Sie sind Rebellen!!“ Sie war beinahe als Waise gestorben, nachdem ihr Vater in einem Bergwerk sein Leben gelassen hatte und ihre Mutter bei der Geburt ihrem Mann nachgefolgt war, aber die damals sechsjährige Zenzie aus privilegiertem Bourgeoisieelternhaus hatte sie als Babypuppe zu sich aufgenommen und als Dienstmädchen aufgezogen, und seitdem war sie ihr treu ergeben. Es war nur natürlich, dass alle, die Zenzies Macht zu brechen suchten, wie die Rebellen, in Loreleys Gunst nicht besonders hoch standen. Zenzie nutzte diese Ergebenheit gerne aus, aber auch ihr war das Mädchen ans Herz gewachsen, die einzige, von der sie sicher sein konnte, dass sie ihr immer loyal sein würde; ein Mädchen, das ihr immer das Gefühl gegeben hatte, sie sei für das Universum verantwortlich, und niemand anders. Ein Gefühl, das Zenzie später zu ihren Gunsten hatte anwenden können, als sie rücksichtslos andere Regierungsbeamte ausschaltete, um das zu werden, was sie heute war. Stolz.
 

Peschendorf nickte nachdenklich.
 

„Rebellen kenne ich nicht.“
 

Dabei wurde Augenkontakt zu Zenzie aufgebaut.

Mehr Geld wechselte den Besitzer. Noch immer schüttelte Peschendorf den Kopf. „Ich kenne sie nicht, wieviel Geld du auch hast, Zenzie.“ Wer hatte diesem Wesen überhaupt erlaubt, sie beim Vornamen zu nennen?!

„Telegraphiere uns, wenn du etwas herausfindest. Das sind genug Kronen für ein neues Raumschiff.“, verlangte Zenzie. Peschendorf beugte sich nach vorne.

„Ich brauche das Geld nicht, ich will es nicht. Aber ich brauche Hilfe. Für ein wenig Hilfe bin ich bereit, selbst meine Hilfe anzubieten.“

Zenzie hatte sich schon halb zum Gehen erhoben, aber sie blieb im Sitzsack sitzen und musterte Peschendorf, ohne etwas zu sagen. Die Person hatte kurze braune Haare, braune Augen, einen normalen Teint. Sie würde nirgends auffallen, wäre immer still und ruhig und zurückhaltend. Kein Mensch, der charismatisch Massen anzieht, sondern die Verkörperung des Durchschnitts. Die Objekte im Verkaufsraum zeugten allerdings von einer tieferen Verschrobenheit, als es von außen den Eindruck machte.

„Piraten. Sie sind geschäftsschädigend. Leute, die von Piraten überfallen werden, zahlen nicht. Und ich wurde auch schon überfallen. Sie müssen gestoppt werden.“
 

Zenzie musste fast lachen. Tränen standen ihr in den Augen.

„So ein Schmarrn! Wir versuchen seit Jahren, den Piraten Herr zu werden, aber es sind zu viele, haben wir ein Schiff zum Absturz gebracht, kommt gleich das nächste nach. Das ist eine Sisyphosarbeit. Unmöglich.“

Peschendorf lehnte sich zurück. „Dann haben wir keinen Deal.“
 

Zenzie biss die Zähne zusammen. „Wissen Sie überhaupt, mit wem Sie reden. Ich bin Unterratsratsministerin.“

Peschendorf zuckte mit den Schultern. „Und meine Lieblingsfarbe ist Grün. Und? Im Moment sind wir zwei Menschen, die einen Deal machen wollen, alles andere ist nicht von Interesse.“

Zenzie seufzte. Sie würde sich nicht mit diesem niederen Gewürm anlegen, nicht, wenn sie alle Macht der Welten in ihren Händen hielt. Bald schon würde sie die anderen hohen Tiere ausgeschaltet haben und allein über die Geschicke der AFK entscheiden. Ihr Ehrgeiz war groß. Sie würde sich dabei nicht von einem unbedeutenden Händler aufhalten lassen.
 

„In Ordnung. Wir kümmern uns um die Piraten. Sobald wir Infos haben.“
 

Peschendorf wirkte nachdenklich, dann schlug die Person die Hand auf den Tisch. Das war die Geste, die anzeigte, dass der Handel vollendet war.

„Einverstanden.“
 

Zenzie verließ den Fliegenden Händler, Peschendorf sah ihr nach. Keiner der beiden ahnte, wie bald schon der Händler wie auch die Unterratsministerin würden zeigen müssen, wie sehr ihnen die Einhaltung von Geschäften am Herzen lagen.

Typhaeus

Ein Tag verging, ohne, dass irgendetwas geschah. Paul und Max durften sich eine Kabine aussuchen und gewöhnten sich ein wenig an die anderen Crewmitglieder. Sie konnten kaum schlafen. Alles schwankte ein wenig, die Maschinen lärmten und das automatische Licht konnte nicht abgeschaltet werden.

Am Morgen des nächsten Tages, während sie noch immer quälend langsam durch das Weltall glitten, nachdem eine Nicole mit tiefen Augenringen ihnen auf dem Gang entgegen gekommen war und sie in der Küche ein paar Schwarzbrote hatten ausfindig machen können, fragten sie Hans, wo die anderen Rebellen waren.
 

Er lachte sie an und klopfte den beiden simultan auf die Schultern.

Wir sind die Rebellen! Jaaa, alle Rebellen! Okay, nicht ganz, aber wir sind so ziemlich die einzigen, die zählen.“ Er zwinkerte. „Wenn die Idioten da oben von den Rebellen reden, dann meinen sie uns.“ Mit einem selbstzufriedenen Gesichtsausdruck beobachtete er, wie sich die Überraschung auf den Gesichtern vor ihm ausbreitete.

„Ja, drei Leute. Verständlich, dass wir ein wenig Hilfe brauchen, nicht wahr?“ Erneut schlug er den beiden auf die Schultern. „Aber hey, Jungs, ich muss jetzt nach oben, die Dame hier fliegen. Jette will sich nochmal auf's Ohr hauen, bevor wir unser Rendezvous haben. Die kann auch viel besser labern als ich.“

Eine Nachfrage, was für ein Rendezvous auf sie wartete, brachte kein Ergebnis.
 

Sie hätten nicht nachfragen müssen. Nur zwei Stunden später trafen sie auf einen Fliegenden Händler, und sie traten ein, Hans blieb auf dem Schiff zurück und die beiden Frauen führten den Weg durch die Verbindungsröhre in das viel kleinere Raumschiff Peschendorfs. Die blauen Augen des Händlers leuchteten auf, als er sie empfing, aber von irgendeiner Freude war nichts zu sehen.

„Frau Jenisch und Co., wie kann ich euch heute helfen?“ Peschendorf erhob sich vom langen Glastisch und nahm ein seltsames, mit Lack bemaltes, von der Decke baumelndes Musikinstrument in die Hand. „Eine Tanbur von TR-X1?“ Pauls Augen weiteten sich unmerklich. „Oder wie wäre es mit diesem Teeservice aus CH-X19?“ Der Verkäufer hatte das Instrument achtlos losgelassen, sodass es in rythmischen Bewegungen im Kreis schwang, und hatte sich einem Teeservice zugewandt, das zwei Schritte entfernt auf einem Hügel Waren balancierte, kurz davor, hinunter zu fallen.
 

Das erste, was Jette tat, war, sich auf den Boden zu setzen, während Nicole sich mit großen Augen umschaute und alle möglichen Gegenstände anfasste, unter anderem eine Tasse des Teeservices. „Das brauchen wir!!“, teilte sie ihrer Kollegin mit, während ihr Blick fasziniert über die blauen Zeichnungen auf dem edlen Porzellan huschte.

„Wir sind nicht wegen Objekten hier.“, erwiderte Jette kühl. Paul setzte sich neben sie auf einen großen Sitzsack und versank fast darin. Er konnte kaum noch zu Peschendorf sehen; inzwischen hatte es wieder seinen Platz ihnen gegenüber hinter dem Glastisch eingenommen und spielte mit einem kreisrunden Gegenstand aus Holz, einem Material, das heutzutage kaum noch gebraucht wurde, gerade für Spielzeuge. Metall war viel einfacher herzustellen, fester und flexibler. Es gab keinen Grund, sich für Holz zu interessieren, außer, man war ein fortschrittsphobischer Exzentriker, und das wollte niemand vor der Regierung sein, die darin schon fast ein Kapitalverbrechen gegen die Allianz sah.
 

Jette schob Peschendorf einen kleinen Umschlag zu. Nicole war irgendwo im riesigen Haufen der Gegenstände verschwunden und konnte nur noch durch das Klappern, das sie verursachte, gehört, aber nicht mehr gesehen werden. Mit spitzen Fingern nahm Peschendorf den Umschlag, öffnete ihn und studierte den Inhalt genau. Dann wurde die Stirn gerunzelt und Jette sowie Paul genau angesehen.
 

„Ihr?“, fragte Peschendorf mit ruhiger Stimme. Jette nickte kurz und abgehackt.

„So.“, fügte die andere Person noch an und versank in ein nachdenkliches Schweigen, das Nicoles Gewühle nur noch lauter zu werden schien. Plötzlich kreischte sie schrill und tauchte aus dem Müllhaufen auf. „Was machen denn Mistkäfer hier?!“ Außer sich schüttelte sie die Hand, bis ein Mistkäfer auf den Glastisch flog und panisch mit den Flügeln schlug, ehe er an die Decke floh.
 

Paul wusste nicht ganz, in welch seiner Situation er sich gerade befand. Er hatte den Kontakt zu den Rebellen aufgenommen, weil er gedacht hatte, sie würden armen Arbeitern in Städten helfen, hatte gedacht, sie würden Eisenbahnen kapern und die Lebensmittel sowie das Geld verteilen, er hatte gedacht, sie würden in letzter Instanz das Militär stürzen können. Und was taten sie? Sie saßen hier bei diesem kleinen, unscheinbaren Menschen herum, der nachdachte und keinen Plan von nichts zu haben schien. Die Rebellen bestanden nur aus drei Menschen, was an sich schon enttäuschend war und noch enttäuschender wurde, wenn man sich ihre Zusammensetzung genau ansah: ein Kind, ein Krüppel und ein Mann, der die Intelligenz nicht mit Löffeln gefressen haben zu schien. Nicht zu vergessen das Schiff, das scheinbar oftmals auseinander zu brechen schien. Und inwiefern sollten sie beiden eine wertvolle Ergänzung darstellen? Dieses Team würde doch nie einen Unterschied machen können... Wo war eigentlich Max? Er sah sich um. Nichts zu sehen. Nur aus der Ecke, aus der auch der penetrante Geruch von Öl kam, waren die Geräusche von klebenden Fußstapfen zu hören.
 

„In Ordnung. D. hat mir gestern Informationen über die AFK zukommen lassen. Ihr kennt die Sechs, die hinter allem stehen?“ Jette nickte, was Peschendorf dazu anregte, weiter zu reden. „Also,-“

„Wart mal,“, fiel Paul ins Wort, „was für Sechs? Ich dachte, der PRÄSIDENT-“ Ein Seufzen von Jettes Seite unterbrach ihn. „Ich erkläre dir alles später. Lass Peschendorf jetzt reden.“ Paul blieb ruhig.
 

Er brauchte dringend ein wenig Stoff.
 

„Also, diese Sechs werden am letzten Tag des Zeitabschnitts Drei dieses Jahres alle in der Hauptzentrale zu sein.“ Peschendorf beugte sich nach vorne. Erst ab diesem Punkt wurde die Geschichte scheinbar interessant für die Rebellen, die sich unter normalen Umständen niemals in die Höhle des Löwen trauen würden. „Das ist in sechs Tagen. Und ratet mal, was zu diesem Zeitpunkt auch sein wird.“ Den Rebellen wurde nicht einmal die Chance gegeben, zu erraten, worum es sich handeln könnte, denn sofort sprach Peschendorf weiter. „Eine Überprüfung der Energieversorgung. Zwischen 001-2959 und 002-0000 planetarer Zeit werden sie keinen Strom haben. Kein Strom bedeutet kein Sicherheitsnetz. Wenn ihr Hand anlegen wollt an diese Menschen, wäre das die ideale Gelegenheit.“
 

Jette sah den Verhandlungspartner mit einem interessierten Blick in den Augen an. „Sie wissen genauso gut wie wir, dass wir niemals einfach so in die am strengsten bewachte Zentrale der Welt kommen.“ Peschendorf nickte.

„Deswegen...“ Eine Hand wanderte unter den Tisch und kramte ein paar alte, braune Dokumente heraus. „...habe ich auch die Möglichkeit, euch Autorisationen zu fälschen. Damit solltet ihr zumindest einen Tag lang unbehelligt in die Zentrale kommen. Ich halte eine Telegraphenleitung für euch offen.“
 

„Und die Bezahlung?“, fragte Jette. Niemand in diesem Universum arbeitete umsonst.

Peschendorf lächelte.

„Bringt die Piraten zur Strecke. Ich will sie tot sehen... ich will den Kopf vom Anführer. Und dann kriegt ihr so viele gefälschte Pässe, wie ihr wollt. Sie müssen sterben.“
 

Kaum waren die Rebellen wieder im Schiff, landete Pauls Hand auf der Metallwand neben Jette.

„Erzähl. Was meinte dieses Peschendorf-Dingsda eben mit den Sechs?“

Mit unbewegtem Gesicht sah sie ihm direkt in die Augen.

„Paul. Nimm die Hand weg von dort.“, forderte sie ihn auf.

Nichts geschah.
 

„Hey Leute“, warf Nicole ein, „ich glaub, wir haben Max vergessen.“

„Ich hole ihn.“ Jette hatte scheinbar ihren spendablen Tag. „Nicole, du kannst Paul alles erklären, wenn er es unbedingt wissen will.“

„Ich muss das wissen!“, entgegnete er sofort scharf. „Ich gehöre jetzt zu euch. Ich muss alles wissen, was ihr auch wisst.“

Kaum war Jette wieder beim fliegenden Händler, setzte Nicole an, während sie mit dem kleinen Löwen spielte, indem sie ihm immer wieder einen Staubballen zuwarf.

„Also. Der PRÄSIDENT ist im Grunde nur eine Puppe. Der echte Boss ist so 'ne Art Generalstab von dem alten Mann. Und der besteht aus sechs Leuten. Äh, wart mal... ja, genau. Und die wollen wir eliminieren, also töten oder wegbringen oder so, hauptsache, sie machen nichts mehr. Hans hat gesagt, dass wir die einzigen Rebellen sind, die zählen. Das ist wahr, weil nämlich, die anderen haben alle kein Hirn, aber dafür Waffen. Naja. Wir wollen also diese sechs Leute wegschaffen; dann ist die Allianz bewegungsunfähig. Und dann greifen wir an. Also nicht wir, sondern alle Rebellen. Die mit den Waffen halt. Und dann machen wir wieder Demokratie!“

Beim letzten Wort strahlte sie.
 

„Was sind das für sechs Leute?“, hakte Paul nach.
 

„Mal sehen. Also, da wäre einmal so eine komische Kuh... Eichinger oder so. Die ist nach außen hin sehr aktiv. Rote Haare, Sommersprossen, immer zwei Zöpfe, sehr altmodisch. Man sagt, dass sie im Geheimen noch religiös ist, aber das ist nur ein Gerücht. Sie ist 'ne Unterratsministerin, offiziell, wird aber bestimmt bald befördert.“

Noch immer spielte sie mit dem Löwen und sah Paul nicht an, während sie erzählte.

„Dann der Ahrens. 'N Unterregierungsdirektorrat. Also im Regierungsrat, in der zweiten Kammer. Der tritt oft zusammen mit Eichinger auf bei öffentlichen Bekanntmachungen und sowas. Ist sehr still. Wir glauben, dass er sehr wichtig ist.“

Bevor Nicole weitermachen konnte, kehrte Jette zurück; die rechte Hand hielt das Ohr von Maximilian umklammert, als wäre er ein unartiger Schuljunge. Ihr rechter Mundwinkel zuckte auf eine unheilverkündende Art und Weise, ehe sie drei Mal gegen ein Röhre schlug, das Signal für Hans, endlich abzuheben.

Dann ließ sie Max los.

„Er war in einem von Peschendorfs Müllhaufen.“ Sie rümpfte die Nase. Paul betrachtete seinen Freund näher, und er sah, dass er von oben bis unten mit schwarzen Flecken besprenkelt war. „Hat sich gewehrt.“ Max lächelte verschmitzt.

„Dafür hab' ich Öl!“

„Na super. Damit kannst du ja auch so viel anfangen.“ Jettes Stimme triefte geradezu vor Sarkasmus.
 

„Kann ich dann jetzt weitererzählen, hmmm?“, warf Nicole ein, und bevor jemand antworten konnte, tat sie wie angekündigt.

„Also das waren die beiden von der Regierung. Dann sind da noch zwei vom Militär. Brigadegeneral Fontane. Der ist bei der FAG. Sehr still. Gerüchte sagen, dass er kein Mensch ist. Sondern ein Roboter. Und dass er tödliche Laserstrahlen aus seinen Augen schießen kann.“

Paul musste ein wenig lächeln. Das klang doch eher unglaubwürdig.

„Und so'n Hauptobersturmgeneral. Häberle. Über den ist kaum was bekannt. Aber die Leute sagen, er hätte noch mehr Probleme als der Beilschmidt.“

„Beilschmidt?“, fragte Paul.

„Jahaaaaa“, Nicole genoss ihre Rolle sichtbar, „Gilbert Beilschmidt. Komischer Albino, weiße Augen, rote Haare, oder umgekehrt, keine Ahnung.“

Jette mischte sich ein. „Da er ein Albino ist, Nici, hat er helle Haare und helle Augen. Und er sieht ziemlich unattraktiv aus.“

„Ja, er ist ein Monster! Er ist Hauptbrigadegeneral, also 'n richtig hohes Tier beim Militär, und er hat so viel Blut an den Händen wie andere Leute im Herz!“
 

„Und dann gibt es noch seinen Bruder.“ Jette hatte sich an die Wand gelehnt und ungeduldig die Arme vor der kümmerlichen Brust überkreuzt. „Der Obersekretär des Ministers für Innere Angelegenheiten. Etwa dreißig Jahre alt, eins achtzig Meter, nie ohne Uniform anzutreffen. Mehr weiß man nicht, der Mann ist ein einziges Mysterium.“

Sie machte eine kurze Pause.

„Er ist das Gehirn. Er hält alles zusammen. Wenn wir ihn aus dem Verkehr ziehen, dann sind das fünfzig Prozent der ganzen Arbeit. Das Problem ist sein Bruder, sein Bruder und das gesamte Militär.“
 

Paul nickte. Er verstand.

„Dann treten wir dem Militär mal in den Arsch.“

Jette lächelte nicht, und er verbuchte dies als einen Erfolg.

Gerris

Es war in diesen Zeiten noch schwieriger als sonst, sich seinen Lebensunterhalt als Pirat zu verdienen. Nicht nur suchte die FAG schon seit Jahren wie verrückt nach allen Piratenschiffen, und sie waren bei ihrer Jagd ihrem Ziel, die Piraten auszurotten, näher gekommen, als sie es selbst ahnten, nein, jetzt waren die Anstrengungen und Mannstärke der FAG dank Peschendorfs Bemühungen verdoppelt worden, und auch die Rebellen waren den Piraten auf den Fersen. Es mochte wie eine unmögliche Arbeit erscheinen, in nur fünf Tagen das Universum zu durchkämmen auf der Suche nach den Piraten, aber die Rebellen hatten nicht wirklich eine andere Wahl. Und im Gegensatz zur FAG ging es bei den Rebellen um eine existenzielle Frage, ob sie die Piraten fanden oder nicht.
 

War die Viktoria der Rebellen schon ein Haufen Schrott, so waren die Piratenschiffe nur noch herumfliegende Einzelteile. Besonders ein Weltraumkreuzer tat sich hervor als am improvisiertesten. Das Schiff von Kapitän K. war noch funktionstüchtig, aber das hauptsächlich aufgrund der Kreativität, mit dem es verändert worden war. Ehemals ein Schiff des Militärs war es unter herben Verlusten der Maschinerie gekapert worden – die Dampfmaschinen hatte eine Zeit lang gar nicht funktioniert und das Schiff war antriebslos nur mit Sonnensegeln durch das All getrieben. Die kleine Mannschaft hatte Ersatzteile aus allen Ecken des Universums aufgetrieben, und dann hatte man dem Schiff sogar einen Namen spendiert, ein Name, inspiriert durch eine inzwischen ausgestorbene Lebensform auf DE-X24, dem Heimatplaneten des Kapitäns.
 

Die Sardine durchkreuzte mehr oder minder repariert mit ihrer Mannschaft das All, und die Piratenflagge lag zusammengeknüllt im Schlafraum der vier Freibeuter. Gehisst wurde sie schon lange nicht mehr, zog das doch zu viel Aufmerksamkeit des Militärs auf sich, und ein majestätisches Flattern war im Weltraum an sich nicht möglich; aber sie war da, sie erinnerte an die Vergangenheit.
 

Anna Krüss machte gerade ihren morgendlichen Rundgang und überprüfte, ob jeder ihrer Untergebenen die Arbeiten gut verrichtete, als sie steuerbord hart getroffen wurden, sodass das ganze Schiff vibrierte und verschiedene Gegenstände durch die Luft geschleudert wurden. An der Außenhülle entstand ein Leck, noch nicht tief genug, um auch die Innenhülle zu durchbrechen, aber das würde ohne Zweifel beim nächsten Dampfschuss des FAG-Kreuzers geschehen.
 

Es war ein Kampf David gegen Goliath. An Deck des anderen Raumschiffs, fünf Mal so groß, mit einer hundert Mal größeren Besatzung, stand Otto Stahmer, jüngster Pilot der FAG seit der Gründung, und betrachtete durch die riesigen Fenster seine Opfer. Er zog sich die Mütze tief ins Gesicht. Seine Crew hantierte geübt. Noch ein Schuss, das Loch vertiefte sich, und Verbindungsröhren wurden an diesem Loch installiert. Otto nahm seinen Revolver und verschwand gemeinsam mit den Gefreiten, fünf Feldwebeln und zwei Hauptleutnants das Schiff, bereit zum Entern.
 

Kapitän Krüss war nicht untätig geblieben, seit der Schuss die Sardine getroffen hatte. Sie kannte dieses Schiff, das sie getroffen hatte, das war die Schwertfisch, und wenn die Schwertfisch hier war, dann konnte Otto nicht weit sein, der kleine Junge, den sie auf ihrer Heimat zurückgelassen hatte. Sie packte das am Griff rostige Schwert und hieb zwei Mal hart gegen eine Röhre, die dumpf vibrierte und allen Crewmitgliedern Bescheid gab, dass sie im Begriff waren, geentert zu werden. Anna Krüss gab nicht kampflos auf, und sie wusste, dass ihre Crew das auch nicht tun würde. Sie wusste auch, dass Vier gegen circa Vierhundert irgendwie aussichtslos war, aber das war besser, als sich kampflos zu ergeben.

Sie wollte gar nicht kämpfen. Sie hatte nie kämpfen gewollt. Die Umstände hatten es von ihr verlangt, seit sie von ihren Eltern verstoßen worden war und auf einem Schrottplatz beim berüchtigten Piraten Arthur Kirkland angeheuert hatte. Niemand wusste, wo er sich heute aufhielt, aber Anna hatte ihr eigenes Schiff, endlich hatte sie ihr eigenes Schiff, und sie würde das nicht in die Hände derjenigen geben, die ihr das Leben immer schwer gemacht hatten mit ihren Zöllen und Soldaten und Gewalt. Nein, Anna war kein Freund von Gewalt.
 

Sie hatten einen Revolver, er war in den Händen von ihrem ersten Maat und Maschinisten und Mädchen für alles Bernd Cranach. Wenn jemand im Alleingang Hunderte von Soldaten aufhalten konnte, dann war er es, in ihm lag ihre ganze Hoffnung, und würde ihre Hoffnung enttäuscht, so wären sie alle mausetot.
 

Durch die dünnen Wände war das wütende Grummeln zu hören, und dann das Entsichern von Bernds Waffe. „Schon wieder?!“, beschwerte er sich und trat mit einem bösen Blick auf den Gang. „Wurden wir nicht erst vor zehn Tagen angegriffen?!! Meine Güte, diese Blödföne von der FAG!! Die Brummochsen ham sie auch nicht mehr alle!!!“ Anna musste unangebrachterweise über Bernds Ausdrucksweise schmunzeln.
 

Was mit den beiden Matrosen war, wie sie sie nannte, wusste sie nicht, aber sie wusste, dass sie sich angemessen verteidigen konnten.

„Bitte sei nicht zu brutal...“, bat Anna ihren besten Verbündeten, der nur wütend schnaubte und den Gang entlang lief, in die Richtung, aus der das charakteristische Klacken von Verbindungsröhren zu hören war. „Klappe, Chef!!“, warf er über seine Schulter in Rage vor Annas Füße und war um die Ecke verschwunden, und dann konnte man Schüsse hören und Schläge und das Geräusch von Metall auf Metall.
 

Anna wartete ruhig. Sie spiegelte sich in der kleinen Pfütze Kondenswasser auf dem Boden, wo Wasserläufer winzige Wellen verursachten und ihr Spiegelbild verzerrten. Wenige Lampen brannten an der Decke, baumelten und warfen ihren gespenstigen Schein auf den Gang. Neben Anna tauchten die Brüder auf. Der Ältere hielt eine Eisenstange in der Hand, der Jüngere ein Schwert, so wie Anna.

„Hein, du bleibst beim Kapitän, ich geh' zu Bernd!“ Das ansonsten wie festgetackerte Grinsen war von den Lippen des älteren Bruders verschwunden und er sah seinen jüngeren Bruder ernst an. Ein schwaches Nicken, so, als wolle er eigentlich nicht nicken, war die einzige Antwort, und dann rannte Roland genau wie Bernd in sein Verderben.
 

Die Soldaten tröpfelten langsam durch die Berserker, die um die Ecke um ihr Leben und das der beiden Schützlinge kämpften. Anna hob ihr Schwert, aber bis zum Ende des Tages würde diese Waffe kein Blut berühren. Hein kämpfte für Zwei. Er wusste, wie sehr es dem Kapitän widerstrebte, anderen Menschen Schaden zuzufügen, und er wollte ihr das ersparen. Gleichzeitig versuchte er, die Angreifer möglichst nicht zu töten, sondern ihnen nur Beine oder Arme abzuhacken, damit sie keine Gefahr mehr darstellten.
 

Anna wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, bis Otto langsam auf sie zutrat. Er nahm ihre Hand. „Anna.“ Mit großen Augen starrte er sie an, und er erkannte sie, das Mädchen, das sich um ihn gekümmert hatte, als er niemanden sonst gehabt hatte. Sie lächelte, bevor ihr Schwertgriff auf Ottos Hals niederging und er ohnmächtig zu Boden sank.
 

Irgendwann kamen keine neuen Soldaten. Stille kehrte zurück. Stille ohne Roland und Bernd.

Auf dem Boden vor Annas Füßen lag Otto.
 

Kein Roland. Kein Bernd. Auch, als sie um die Ecke blickten, waren sie nicht auffindbar. Ein Hauptleutnant der FAG, aber das konnten weder Anna noch Hein zu diesem Zeitpunkt wissen, hatte die beiden mitgenommen auf die Schwertfisch während dem Rückzug der Soldaten.
 

Das Schiff war gerettet, die Crew nicht. Die Schwertfisch war schon lange im Schutz der Stille verschwunden.

Pulex

„Es ist unmöglich.“ Vier Tage waren vergangen, seit die Rebellen Peschendorf einen Besuch abgestattet hatten. Vier ereignislose Tage. Kaum war etwas im Radio aufgetaucht, war das Schiff schon wieder verschwunden, oder es stellte sich als Händler heraus, oder Passagierschiff, oder offizieller Regierungskreuzer. Aber auch nur von einem Hauch von Piraten war nichts zu sehen.

Hans begann, Anzeichen von Frustration zu zeigen. Seine Faust lag mit fünf ausgestreckten Fingern auf dem Tisch. Die Hemdsärmel waren hochgekrempelt bis an den Ansatz, sodass seine gesamten muskulösen Oberarme zu sehen waren. Die strähnigen braunen Haare hingen schlaff herab, Augenringe waren tief eingegraben und er spielte an der goldenen Taschenuhr herum, die um seinen Hals hing. Auch die anderen Besatzungsmitglieder sahen nicht gesünder aus.
 

Sie saßen in der Einöde auf DE-X204, nicht weit entfernt von DE-X5 und dennoch unerreichbar. Sie hatten sich bei den Bauern mit Proviant eingedeckt und hatten nun im Planungszimmer eine dringend benötigte Krisensitzung.
 

„Man findet sie nicht.“ Hans' Hand bedeckte seine Augen. Er war müde und ausgezehrt. Verdammte Piraten. Paul balancierte auf den beiden hinteren Füßen seines Stuhls und es war nur eine Frage der Zeit, bis er umkippen würde. Nicole aß einen klumpigen, grauen Brei – Grundnahrungsmittel auf der Viktoria – mit den Fingern und hatte ihren Schoßlöwen da, wo er hingehörte, auf ihrem Schoß. Wie immer würde ihre dunkelbraune, fleckige Hose danach einen weiteren Fleck haben, aber das störte sie inzwischen kaum mehr. Im Fell des Haustieres tummelten sich vollgefressene Flöhe, aber es war schwer, ihn jemals zu baden. Jette wirkte als Einzige so, als hätte die ganze Suche ihr nichts ausgemacht, die Haare lagen locker und lockig um ihr Gesicht, jegliche Augenringe sowie die Falten um ihren Mund waren geschickt überschminkt. Ihre Kleidung lag wie angegossen, selbst der Nagellack auf den Fingern, die aggressiv gegen ein Kupferrohr hämmerten, war makellos. Max saß mit einer improvisierten Einrichtung vor den Augen, die eine Art primitives Mikroskop darstellte, vornübergebeugt über kleinen Zahnrädchen und bewegte sie mit seiner gesunden Hand und einer Pinzette ineinander und umher, und er war absolut nicht ansprechbar.
 

Paul überlegte angestrengt. Dann kam ihm die Idee, die allem einen anderen Gang geben würde.

„Müssen wir unbedingt den Piratenchef bringen?“, fragte er in die Runde. Interessiert starrte Nicole ihn an.

„Du meinst, wir sollen lügen??“

Jette schüttelte den Kopf. Scheinbar hatte sie Gefallen an Pauls Idee gefunden: Sie lächelte, aber es war nicht das übliche freundliche Lächeln, das sie an den Tag legte, wenn sie jemanden nervös machen wollte, es war ein zufriedenes, bitteres Lächeln. „Nein, nein, wir interpretieren die Wahrheit neu, Kleine.“ Es bestand kein Zweifel daran, dass Jette selbst kein Problem hatte, das Kind beim Namen zu nennen und von Lügen zu sprechen, aber bei Nicole war das wohl nicht der Fall. „Generationen nach uns werden uns danken.“ Es bestand auch kein Zweifel daran, dass Jette keinerlei Interesse an den 'Generationen nach uns' hatte.

Paul kniff die Lippen zusammen. „Niemand kennt die Identität der Piraten, genauso wenig wie man uns kennt.“

Amüsiert schüttelte Hans den Kopf. „Sei nicht blöd, Paulchen. Du kennst die vielleicht nicht, aber wir haben Kontakte, Mann, und Peschi hat die sicherlich auch. Wir können da nicht mit einem x-beliebigen Menschlein ankommen, oder? Quatsch mit Soße!!“

Paul ließ sich davon nicht abbringen von seinem genialen Plan.

„Dann bringen wir eben den Kopf von einem Menschen, das so ähnlich aussieht wie der Piratenchef. Ist das was?!“ Er strahlte den Rest an. Man schien nicht begeistert zu sein, also rammte er Max den Ellbogen in die Seite, der aufjaulte und ihn böse ansah durch das Vergrößerungsglas direkt vor seinen Augen, das ihm den Anblick eines grotesken Frosches gab.

„Ist das was??!“, wiederholte er seine letzten Worte. Max nickte langsam. „Klar, super Idee...“, murmelte er und wandte sich wieder seinen Zahnrädchen zu.
 

Jette lächelte. Hans lachte. Nicole streichelte den Löwen.
 

„Wir haben keine andere Wahl.“, sagte Jette.

„Es ist 'n weiblicher Captain!“, krakeelte Hans.

„Soll ich das Opfer töten?“, fragte Nicole.
 

Okay. Das lief geschmeidiger, als Paul es sich hätte vorstellen können. Aber... jemanden umbringen, nur damit sie die Chance erhielten, noch mehr Leute umzubringen... bei den Regierenden war das etwas anderes, diese Menschen waren ja verantwortlich für das Leid vieler Milliarden von Menschen und wenn man sie nicht stoppen würde, würden sie immer so weiter machen – das war zumindest der Ansatz für einen Grund, sie aufzuhalten. Aber ein unschuldiger Mensch, der das Unglück hatte, der Piratenchefin zu ähneln – das war eine andere Sache.

Aber es war sein eigener Vorschlag gewesen, er konnte sich nicht aus der Verantwortung ziehen, und so, wie es aussah, würden die anderen die dreckige Arbeit erledigen.
 

„Sie kommt aus meiner Heimat, aber ich kenne sie nicht besonders gut.“, ergriff Jette wieder das Wort. „Große Augen, große Lippen, 'n hübsches Mädchen, und graublonde Haare...“ Sie wurde vom Licht unterbrochen, das urplötzlich verschwand und sie alle in Dunkelheit zurückließ. Max fuhr erschrocken auf, und fast wären alle Zahnrädchen weggekullert. Die restlichen Anwesenden ließen sich nicht beirren.

Hans sprach weiter. „Ich guck nach den Maschinen. Paulchen, Jette, Nick, ihr geht nach 'nem Opfer Ausschau halten. Maxi, du hältst Wache.“

„Aber ich kann nicht weiterbauen!“ Max' Stimme war nervös und er klang wie elektrisiert, als hinge sein Leben davon ab, dass er das rätselhafte Gerät fertig bauen musste.

„Was baust du da eigentlich?“, fragte Nicole.

Große Erklärungsnot. Maximilian konnte ihr nicht antworten und hob nur die Hand schützend um die Zahnräder. „Es wird auf jeden Fall toll!“, war das einzige, was seinen Lippen entwich.
 

Kurz darauf war das Schiff, im Präriesand hinter Hügeln versteckt, nur noch von zwei Menschen besetzt, einem Mechaniker, der sich um die Energieversorgung kümmerte, und einer Wache, die ihren Auftrag nicht allzu ernst nahm. Die beiden Frauen und Paul waren, in verhüllende Mäntel gekleidet, in einer Eisenbahn und saßen nebeneinander zu dritt in der Lok.

Als der Schaffner kam, reichte Jette ihm schweigend den Fahrpreis für drei Menschen und der Schaffner stieg in das nächste Abteil.

Die Stadt war so groß wie jede andere, und die Bahn lief auf dem Hohen Steg weit über der Stadt weiter, aber die drei Rebellen stiegen in einer verkommenen Vorstadt aus.

„Wir treffen uns in einer Stunde hier wieder.“ Nach diesen Worten Jettes auf dem Bahnhof war Nicole auch schon im Gedränge verschwunden. „Paul, …“ Er sah sie forschend an. „... pass auf dich auf.“

Irritiert blickte er ihr nach, dann war auch sie verschwunden und Paul Albrecht stand allein auf dem Bahnhof, inmitten Tausender anderer Menschen, die aus dem Zug stiegen oder in den nächsten Zug einstiegen. Es war voll, es war heiß, es war stickig.
 

Paul war wieder in einer Stadt. Er fühlte sich zuhause. Er hasste dieses Gefühl, und das erste, was er tat, war, sich eine dünne Zigarre anzuzünden.

Lucanus

Draußen im Hof spielten zwei Kinder. Albrecht betrachtete sie nachdenklich. Neben ihm saß Gilbert in einem Ledersessel und rauchte eine Pfeife, und die Rauchringe, die er produzierte, waren anzüglichen Inhalts. An dem Schreibtisch, den beiden den Rücken zugedreht, arbeitete Ludwig an Dokumenten, solche, die ihn betrafen und die, die seinen Bruder betrafen.

„Sind die Hosenscheißer nicht goldig?“ Gilbert lachte gehässig. Albrecht war nicht seiner Meinung. Die beiden Kinder waren die hochwertigsten Produkte der Alchemisten, die bis zum heutigen Tage produziert worden waren. Sie waren vieles, aber nicht goldig.
 

Eines der Kinder sah auf. Der Kleine war in etwa zehn Jahre alt, und er hatte solch hellblonde Haare, dass sie im Lichte der drei Sonnen, die DE-X5 ihr Licht schenkten, weiß zu glitzern schienen. Als sein Blick den von Albrecht traf, sahen sie beide schnell weg, aber Albrecht hatte sehen können, wie die momentan braunen Augen des Bengels kurz in die Richtung seines eigenen Waldgrüns gehuscht waren.

Der Kleine war ihm unheimlich. Aufgrund einer Schnapsidee Gilberts („Komm, Albi, sagen wir den Forschervotzen, dass die unsere DNA nehmen sollen für den Hosenscheißer! Wär doch lustig ne?“ Nein, Albrecht hatte das nie lustig gefunden, aber gegen Gilbert hatte er sich noch nie wehren können.) hatte er Gesichtszüge, die den seinigen gar nicht so unähnlich waren, er war gewissermaßen sein Sohn, aber natürlich weigerte sich Albrecht, diese Maschine überhaupt als Menschen anzusehen.

Aber wenigstens war der kleine Eitel, wie Gilbert ihn hämisch kichernd genannt hatte, noch erträglicher als der Junge, mit dem er gerade Fangen spielte, ein recht ungerechtes Spiel, da Eitel von den „Forschervotzen“ die Fähigkeit bekommen hatte, sich über kurze Distanzen zu teleportieren. Albrecht war sicher, dass diese Fähigkeit nützlich war – er wusste nicht, dass sie ihm eines Tages das Leben retten würde.

Jedes Mal, wenn sein Blick auf den anderen fiel, wurde ihm schlecht. Auch bei diesem Kleinen hatte man seine DNA verwendet, und er sah seinem toten jüngeren Bruder so ähnlich, dass sich Albrechts Herz jedes einzelne Mal in Stücke reißen wollte.
 

Gilbert lachte über die spielenden Jungs. Nikolai war hingefallen, also musste er ihn natürlich auslachen. „Stell dir das mal vor, Albi, die beiden Opfer sind das beste der Alchemisten!! Echt traurig, wenn du mich fragst.“

Niemand hatte Gilbert gefragt.

„Die werden ja nicht einmal von Dampf angetrieben, sondern mit Proteinen und so Krams, keine Ahnung, wozu man das brauchen kann.“

„Das ist das, was Menschen aufrecht erhält, Gilbert.“

„Oh Albi du Streber!!“

Das Lachen hörte nicht auf.

„Könnt ihr bitte leise sein.“, kam Ludwigs Stimme von hinten, und er schien höchst ungehalten zu sein. Gilbert witterte eine Gelegenheit, stand auf und setzte sich direkt auf die Dokumente, die Ludwig zu bearbeiten hatte.
 

Manchmal fragte sich Albrecht, wie dieser Chaot so weit nach oben gekommen war. Sicher, als sie im großen Krieg Seite an Seite gekämpft hatten, war ihm aufgefallen, dass er besser kämpfen konnte als irgendjemand sonst. Er war gewissermaßen der Gott unter den Fußsoldaten, und er mähte manchmal an einem Tag mehr Feinde nieder als Albrecht in einem Jahr. Dennoch war das allein kein Grund, dass er es bis zu einem Hauptbrigadegeneral gebracht hatte, dem militärischen Rang, der direkt dem Minister des Militärs unterstellt war.

Draußen versuchte Eitel gerade, Nikolai einen Hirschkäfer in den Mund zu stopfen, aber er hatte keinen Erfolg und das Tier krabbelte in sein Hemd, sodass Eitel den lächerlichsten Tanz der Welt aufführte.

Vielleicht hatte sein Bruder etwas mit dieser einzigartigen Beförderung zu tun, dachte Albrecht. Ludwig arbeitete immer lang und hart, und er war ja auch Obersekretär des Ministers für Innere Angelegenheiten, hatte also im Endeffekt die Macht über alle Inneren Angelegenheiten inne. Auch Gilberts Macht war fast uneingeschränkt, gab es doch neben ihm nur zwei andere Hauptbrigadegeneräle, davon einer, der aus bisher unbekannten Gründen im Krankenhaus lag und so bald nicht mehr entlassen werden würde, und ein neunzigjähriger Greis.
 

Er beobachtete die beiden Brüder und wandte die Aufmerksamkeit ab von den spielenden Kindern. Albrecht wusste nicht, was die beiden durchgemacht hatten, nein, er wollte es nicht wissen. Es interessierte ihn nicht.

Aber er wünschte, dass Gilbert seinem Bruder weniger nah stehen würde. Gilbert war der einzige Mensch der Welt, der Albrecht noch irgendetwas bedeutete, und oft hatte er das Gefühl, dass Ludwig ihn zu sehr in Beschlag nahm, oder Gilbert seinen Bruder zu sehr in Beschlag nahm – sie einfach zu viel Zeit miteinander verbrachten und Gilbert seinen langweiligen besten Freund einfach ignorierte.
 

Das Kinderkreischen und das Lachen der beiden Forschungsobjekte drang dumpf durch die Fenster.
 

Während Albrecht, Gilbert und Ludwig in Ludwigs Arbeitszimmer saßen, schickte Zenzie, die Nachricht davon erhalten hatte, dass man zwei wichtige Piraten gefangen genommen hatte, und die Piraten kein Problem mehr darstellen würden, ein Telegramm an Peschendorf. Kurz darauf traf die Antwort bei Zenzie Eichinger ein. Mit gierigen Händen öffnete sie das Dokument.
 

REBELLEN STOP ANSCHLAG GEPLANT STOP LETZTER TAG DES ZEITABSCHNITTS DREI STOP AUF DEX5 STOP KEINE WEITEREN INFORMATIONEN STOP
 

Die schnell einberufene Vollversammlung der Sechs ließ schnell klar werden, dass sie tatsächlich sehr glücklich damit waren, dass ein Anschlag auf sie geplant war. Sie würden kontern, der beste, erfolgreichste Konter aller Zeiten.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (8)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  pokingmadness
2012-02-05T00:40:06+00:00 05.02.2012 01:40
Ohhhhhhhhhhhhh so ein tolles Kapitel!!!
(ja, ich kommentier das jetzt auch mal)
Ist zwar kürzer, aber trotzdem hat es mir sehr sehr dolle gefallen. Weil: Eitel. Cölli. Rampensau. Eitel. Gilbo und Albi. Hab ich Eitel erwähnt? Falls nicht:
EEEEEEEEIIIIIIIITTTEEEEEEELLLL >u< Er macht so viel Sinn in diesem AU! SO VIEL SINN! Und er ist trotzdem noch ein Troll, und er wird Albi noch retten, und er hat ähnliche Gesichtszüge wie er, und er ist sein Sohn asfdghtfhjgfjfdfsdsdgf (Ich freu mich)
Albi hat allerdings keine waldgrünen Augen... aber das ist wohl Ansichtssache, was "waldgrün" ist. (Bernd ist mehr der waldgrün-Typ, höhö)

Ja also toll, weiter so! >u<
Von:  FeuerSturm
2012-01-27T16:42:49+00:00 27.01.2012 17:42
>v<
>v<
>v<
Kindeeeeeeeeeeeeer >v<

Und well fuck. Peschendorf. Jupp. Wer zuerst kommt... D:
Von:  FeuerSturm
2012-01-03T16:04:19+00:00 03.01.2012 17:04
gfybcnfhgfsgdycvbnhfgsfdvcbhngdsfdcvbad

(ja, das ist das Sinnvollste, was ich gerade rausbekomme)
Von:  pokingmadness
2012-01-03T13:58:13+00:00 03.01.2012 14:58
Ohooo sieh an!
Es wird spannend, ich will sofort weiterlesen was passiert da asddfbdsdg
PS: TOLLER SCHREIBSTIL
Von:  pokingmadness
2011-11-24T17:23:39+00:00 24.11.2011 18:23
SIE HABEN BERND GEKIDNAPPT!
Von:  FeuerSturm
2011-10-03T01:12:41+00:00 03.10.2011 03:12
Sooo, jetzt möchte ich auch mal kommentieren.
Ich liebe deine Geschichten, nicht nur diese, sondern eigentlich alle. Leider bin ich keiner der großartige Verbesserungsvorschläge machen kann, aber ich weiß, dass Kommentare wirklich motivieren können und als ich gesehen habe, dass diese Fic, die immerhin schon fast ein Jahr alt ist, nur 2 Kommentare hat... da musste ich einfach was schreiben.
Wie gesagt, mir gefällt dieses ganze AU sehr. Ich freue mich auf weitere Kapitel!
Von:  pokingmadness
2011-05-05T16:26:59+00:00 05.05.2011 18:26
hahaha schwuchtelige FAG xDDD
mannn ich bin voll gespannt!! schreib schnell weiter! *A* du musst das noch vor juli fertig haben :DDD
Von:  pokingmadness
2010-12-09T22:29:36+00:00 09.12.2010 23:29
Ziemlich cool, ziemlich intelektuelles Zeugs, was sie von sich geben, weckt in der Tat das Interesse meiner Wenigkeit. Ich warte auf mehr! ;D

Nur... du solltest Albi endlich mal ne größere Rolle geben. Das macht mich voll traurig, dass du ihn immer so ignorierst ;____; Ich mein ja, ich weiß, sein Charakter is voll nicht ausbaufähig und es ist schwierig ihn zu schreiben, aber bitte, BITTE, gib dem Typen ne Chance. Für mich. :c

Habe ich schon erwähnt, was für einen umwerfenden Schreibstil du besitzt? Der haut mich wirklich jedes Mal wieder vom Hocker! UND vom Stuhl! Stell dir das mal vor!! Nur weiter so, Madame! c:


Zurück