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Wünsche
„Wünsche haben meist eine nichttragbare Konsequenz. Das Glück einen Wunsch erfüllt zu bekommen, ist wohlmöglich sehr erquickend. Doch die Waage des Schicksals gleicht das Glück eines Wunsches bei jemand anderen aus.
Darauf zu hoffen einen Wunsch erfühlt zu bekommen, bestärkt einen nur daran, nicht alles Mögliche selbst zu unternehmen, um etwas zu erschaffen. Also warum nochmal sollte ich mir etwas wünschen? Etwa, damit ich ihr Gewissen beruhige? Damit sie ihrer heroischen Tat an diesem Tag nachgegangen sind? Oder damit sie ihren kleinen Gryffindorfreunden erzählen können, was sich die schmierige, kleine, alte Fledermaus aus den Kerkern so wünscht?
Nun Mr. Potter, sperren sie die Ohren auf. Ich habe tatsächlich einen Wunsch. Ich wünschte sie würden mich in Ruhe lassen. Ich danke ihnen, dass sie den dunklen Lord beseitigt haben, ich danke ihnen auch, dass sie wiedererwarten mein Leben gerettet haben, aber ich wünschte ich würde sie nicht andauernd ertragen müssen. Sie nicht ständig sehen müssen und das sie nicht andauernd irgendwelche Kessel in die Luft sprengen würden.
Da sie meinen Wunsch nun kennen, würde ich es begrüßen, wenn sie mein Büro verlassen würden.“ Severus Snape saß hinter seinem Schreibtisch und nahm sich die nächste Pergamentrolle eines Schülers. Er sah nicht nochmal auf, selbst nicht als nach fünf Minuten die Tür sich schloss. Für ihn war das Thema Weihnachtswunsch damit gegessen.
Harry Potter hatte den dunklen Lord besiegt in einer finalen Schlacht in seinem siebten Jahr auf Hogwarts. Alle damaligen Schüler wiederholten das Jahr für einen ordentlichen Abschluss, so auch Harry Potter. Und gerade dieser junge Mann fragte ihn nach einem Wunsch. Ihn den verbitterten, rachsüchtigen Tränkemeister.
Minerva McGonagall war immer noch Direktorin von Hogwarts, Severus wollte nur wieder als Tränkeprofessor unterrichten. So saß er jetzt auch in seinem alten Büro in den Kerkern und korrigierte die Aufsätze seiner Schüler.
Am Abend, mit einem Glas Feuerwiskey, saß der dunkelhaarige Professor in einem gemütlichen Sessel vor dem Kamin und dachte nochmals über die Frage nach, ob er einen speziellen Weihnachtswunsch hatte. Er dachte an vieles, Zaubertrankzutaten, neue Kessel, beeindruckende Rezepte – vielleicht auch eine Familie. Schließlich war er fast 40 und immer noch allein ohne Frau und Kind. Aber die einzigste Frau, die er je liebte war Tot und kein Wunsch würde sie wieder zum Leben erwecken. Also hatte es doch keinen Zweck sich etwas zu wünschen.
Er lehrte sein Glas und ging zur Nacht.
Im Turm der Gryffindors, saß Harry auf dem Fensterbrett in seinem Schlafsaal. Es war ruhig, kein Wunder vor ein paar Stunden fuhren alle in die Ferien, selbst Ron ist gefahren zusammen mit Hermine. Nur er war hier. Zu den Dursleys wollte er nicht zurück und noch hatte er sich kein anderes zu Hause aufgebaut.
Er sah wieder aus dem Fenster und seufzte. Er sah die dicken Schneeflocken fallen und dachte an den Vortrag den ihm sein Professor gehalten hatte. In der Schlacht hatte er noch gedacht er würde seinen Professor nie wieder sehen. Er teilte mit ihm die Erinnerung und krampfhaft hatte er den Professor bewegt den Haufen Bezoar zu schlucken, den er in der Tasche hatte. Dann war er gerannt und sich dem Übel der Zauberwelt gestellt. Und nun brachte ihn ein solcher Vortrag durcheinander. Er konnte nicht glauben das Snape keinen Wunsch hatte.
Nun er hatte ihm ja einen genannt. Harry sollte verschwinden. Wenn es das ist was der Professor wollte, dann konnte er ihm den Wunsch erfüllen. Todesser gab es ja fast keine mehr und wenn schon er konnte sich verteidigen. Er griff sich die Karte der Herumtreiber und sah nochmal ob Filch in der Nähe war. Dem war nicht so und so schlüpfte er in einen Pullover von Molly aus dem letzten Jahr und zog auch seinen Tarnumhang an. Er schlich die Treppen hinunter, durch die Gänge und war an der Eingangstür.
Er sah nochmal zurück und lächelte leicht dabei.
„Auf Wiedersehen Hogwarts, ich werde dich vermissen.“ Die großen Flügeltüren schlossen sich leise hinter ihm und die Fußspuren wurden von dem Neuschnee überlagert. Nach zehn Minuten sah alles genauso Jungfräulich aus, wie zuvor. Nichts erinnerte an den Ausreißer.
Severus saß am 25. Dezember an der Tafel der Lehrer und sah auf die vier Schüler die im Schloss geblieben waren. Vier? Waren es nicht fünf? Nun wo er es bemerkte, fehlte der unordentliche Haarschopf des Potterknabens. Er sah zu Minerva, welche auch die Stirn runzelte und Hagrid etwas fragte. Dieser Schüttelte den Kopf.
„Nun Severus, haben sie die letzten drei Tage Mr. Potter gesehen?“ war nun die gleiche Frage an ihn. Severus schüttelte den Kopf und sah wieder in die Halle. Er selbst war die letzten Tage im Kerker geblieben, also woher sollte er das wissen? Er wollte nur heute Morgen sich blicken lassen und dann in den verbotenen Wald gehen. Heute schneite es mal nicht, so wie in den letzten drei Tagen. Ein guter Tag um frisches Schneekraut zu ernten. So verabschiedete er sich auch schon, wünschte den anwesenden Lehrern ein angenehmes Fest.
Ja der Schnee lag wirklich hoch und nur ein Zauber aus seinem Zauberstab schmolz ihn, so dass er einen Weg in den Wald einschlagen konnte. Wie lange das Wetter wohl noch so gut bleiben würde? Er wollte es nicht herausfinden, also beeilte er sich seine Zutat zu pflücken.
In der Nacht vom 31 sah Severus dem Feuerwerk zu. Nun wie konnte er nicht, schließlich war es sein Zaubertrank der es gerade ermöglichte bunte Lichter im wolkenlosen Himmel zu sehen. Alle hatten sich in warme Mäntel eingehüllt und durch das viele Ahh und Ohhh konnte er den kondensierten Atem der Wenigen sehen. Nur einen sah er nicht und Minerva versicherte ihm, dass absolut niemand mehr im Schloss war. Selbst Mrs. Norris war auf dem Arm von Filch und das in dieser Eiseskälte. Also wo bitte schön war der Held der Nation. Er würde doch nicht etwa…? Den Gedanken wollte Severus nicht zu Ende denken, denn niemand würde ihm verzeihen, er am allerwenigsten.