Get out of my head!
Manchmal brauchte sie einfach diese ruhigen Tage, in denen sie nicht die Jungs aufregten und sie einfach mal abschalten und von dem ganzen Stress wegkommen konnte. Langsam lief die Blondhaarige durch Patch Village, schaute sich aber ausnahmsweise mal nicht in den ganzen Läden um.
Ihre Gedanken waren bei den letzten Schamanenkämpfen und die immer stärker werdenden Gegner. Gandhara, die X-Laws und Hao und seine Vasallen. Yo und die Anderen verbesserten sich auch, das wollte sie nicht in Frage stellen. Trotzdem machte sie sich insgeheim Sorgen, auch wenn sie dies nie erwähnen würde. So viele Gefahren lagen noch vor ihnen und bisher hatten die Anderen alle gemeistert. Aber was war, wenn sie einmal einen Fehler machen würden, der alles zum Schlechten ändern würde?
Wird schon gut werden. Anna lächelte leicht. Genau das würde Yo jetzt wahrscheinlich sagen. Er glaubte daran, dass alles gut werden würde und sie jedes Hindernis überstehen würden, wenn man fest daran glaubte. Manchmal wünschte sich die Itako, dass sie genauso ruhig und gelassen wie ihr Verlobter wäre.
Anna hatte genug von dem ganzen Trubel im Dorf und beschloss einen kleinen Abstecher in den Wald zu machen. Hier war es hauptsächlich ruhig und nur ein paar Vögel und das Rauschen der leichten Brise waren das einzige Geräusch. Sie lehnte sich nach einer Weile an einen der Bäume und schloss die Augen. Ja, das war genau das, was sie gerade gebraucht hatte.
Die Stille tat gut, doch ihre Gedanken wanderten wieder zu dem Zwillingsbruder ihres Verlobten. Ihre letzte und erste Begegnung hatte Anna nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Er nervte sie, seine ganze Art regte sie einfach nur auf. Noch nie jemand zuvor hatte es gewagt ihr auch nur zu widersprechen, geschweige denn ihre Ohrfeige abzufangen. Eigentlich könnte er ihr egal sein. Und dennoch wusste Anna nicht wieso sie das nicht einfach vergessen konnte. Sein intensiver Blick hatte sich in ihr Gehirn gebrannt. Der Schamane glich seinem Bruder zwar fast bis ins kleinste Detail, trotzdem schien er von seinem Charakter her von Grund auf anders. Anna musste zugeben, dass er sogar ein wenig ihr selbst ähnlich war.
„Hao..“, murmelte sie leise und versuchte endlich den Asakura aus ihren Gedanken zu vertreiben. Er war es nicht wert, dass sie auch bloß eine Sekunde an ihn verschwendete.
„Du hast mich gerufen?“
Anna sah nach oben, wo auf einem der Äste Hao saß, der mit seinem typischen Grinsen zu ihr hinab sah. Er hatte wie immer seine typische Hose und seinen braunen Mantel an, der genauso wie seine langen Haare leicht in der frischen Brise wehten. Er erhob sich schmunzelnd, sprang mit Leichtigkeit nach unten und landete lautlos vor ihr im Gras. Genervt blickte die Itako ihn an und verschränkte bloß die Arme vor ihrer Brust. Genau das hatte ihr gerade noch gefehlt. „Verschwinde Hao.“
Dieser grinste sie bloß weiterhin unentwegt an und lachte leise. „Hmm, keine Lust Anna-chan. So ist es doch viel Netter oder?“
Die Angesprochene schnaubte kurz amüsiert auf und lehnte sich an den Baumstamm hinter sich. Hao war natürlich so aufdringlich und penetrant wie das letzte Mal. Er nervte sie und trotzdem gab es etwas an ihm, dass sie aus irgendeinem Grund anzog.
Das ist bloß weil er Yoh so ähnlich sieht… Anna verdrängte diesen Gedanken. Wie gesagt an so was sollte sie keine Zeit verschwenden.
„Hast du nichts Besseres zu tun? Ich wette jeder von deinem kleinen Fanclub würde sich ein Bein abhacken, um alleine mit dir Zeit verbringen zu können.“
Hao lachte laut auf und ging einen Schritt näher an die Itako heran.
„Das mag ich so an dir Anna. Die Meisten würden anfangen zu zittern und Todesangst zu haben, wenn ich ihnen nur nahe kommen würde. Du bist wirklich die perfekte Braut für mich“, sagte er leise und hob eine Hand, mit der er kurz durch ihre blonden Strähnen strich. „Mhm, wirklich weich.“
„Lass den Mist!“ Anna holte mit ihrer rechten Hand aus, um dem Schamanen vor sich blitzschnell eine Ohrfeige zu verpassen.
Doch Hao war darauf vorbereitet und hielt einfach ihr Handgelenk fest und fing auch ihre berüchtigte Linke ab, die kurz darauf folgte.
„Das ist aber gar nicht nett, Anna-chan“, raunte er leise und sah schmunzelnd zu ihr herunter.
Die Itako wollte ihm dieses Grinsen einfach nur aus dem Gesicht wischen. Ihr Gesichtausdruck blieb jedoch so wie zuvor, sie wollte nicht, dass er ihre wahren Emotionen sehen konnte. „Sind wir jetzt endlich fertig? Ich wollte meinen Tag genießen. Und da passt du leider nicht rein.“
Anna hielt Haos Blick stand und blickte in die Augen des Schamanen. Dieser ließ ein kurzes Lachen hören, bevor er die verdutze Anna gegen den Baum drückte und ihren Körper mit Seinem gefangen hielt. Die plötzliche Nähe verwirrte die Blondhaarige und ließ ihr einen kurzen Schauer über den Rücken jagen. Hao grinste nur wissend und beugte sich etwas zu ihr herunter.
Die Itako sah zur Seite, nicht mehr im Stande dazu seinem durchdringenden Blick standzuhalten. Er brachte sie dazu sich schwach und unsicher zu fühlen. Und sie hasste es über alles. Sie wollte seit sie klein war nie mehr schwach sein. Und nun hatte sie das starke Gefühl versagt zu haben.
Sein Oberkörper drückte auf ihren und das Bein, das er zwischen ihre Beiden geklemmt hatte, damit sie ihn nicht treten konnte saß fest und ließ sich nicht bewegen.
„Ich hasse dich“, flüsterte sie leise. Hao sah sie einen Moment nachdenklich an, schüttelte aber dann den Kopf.
„Auch wenn ich deine Gedanken nicht lesen kann, weiß ich, dass das eine Lüge ist.“ Anna blickte bei diesen Worten wieder zu dem Braunhaarigen vor sich, dessen Gesicht nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt war. Sie konnte seinen heißen Atem spüren und ein erneuter Schauer lief über ihren Rücken. Was fiel ihm eigentlich ein…? Er hatte nicht das Recht so mit ihr umzugehen.
„Bilde dir bloß nicht so viel auf dich ein“, zischte Anna leise und versuchte ihre Hände aus seinem Griff zu befreien, jedoch war das erfolglos. Haos Griff war einfach viel zu stark und sie hatte nicht genug Muskelkraft um sich zu wehren.
Der Schamane lachte erneut leise auf. „Ich sage nur die Wahrheit. Wieso belügst du dich selbst? Ich spüre doch wie du auf mich reagierst. Dein Blick und deine Körpersprache sagen etwas ganz Anderes als deine Worte. Gib es doch einfach zu Anna-chan…Wie schon damals gesagt, du kannst immer zu mir kommen…“
„Ich weiß nicht wovon du redest!“, entgegnete die Itako zwischen zusammengepressten Zähnen und kämpfte weiterhin gegen sein Gewicht an.
„Ach ja?“ Anna zuckte leicht zusammen, als Haos Lippen plötzlich sanft über ihre Wange strichen und seine Haare sie plötzlich etwas im Gesicht kitzelten. Ihr stockte der Atem und eine Mischung aus Wut, Verblüffung und zu ihrem Entsetzen auch Gefallen mchte sich in ihr breit. Gefallen? Das konnte doch nicht wahr sein...!
Anna riss sich mit aller Kraft endlich los und verpasste Hao, der dies nicht vorhergesehen hatte, eine schallende Ohrfeige mit ihrer berüchtigten Linken. Ihre Wangen waren leicht gerötet, als sie ihn von sich weg stieß und ein paar Schritte zur Seite wich.
Hao hielt sich seine pulsierende, rote Wange, auf der ihr Handabdruck deutlich sichtbar war und richtete den Blick auf Anna, die ihn entgeistert und wütend anstarrte. Sie wartete auf irgendeine Reaktion, war jedoch noch verdutzter, als er plötzlich anfing zu lachen.
„Anna-chan. So behandelt man doch nicht seinen Zukünftigen, oder?“
Die Itako wurde nur noch wütender und stemmte die Hände in die Hüften.
„Yoh wird Schamanenkönig. Nicht du. Wenn du jemanden zum Spielen brauchst, dann geh zu deinem Fanclub!“, sagte sie wütend, bevor sie sich mit einem letzten kalten und vernichtenden Blick umdrehte und davon stapfte.
Hao blickte ihr hinterher und schmunzelte bloß. Das alles schien interessanter zu werden, als er es erwartet hatte.
_______________________________________________________________
So das hier ist das erste Kapitel. Die Nächsten werden länger, das verspreche ich. :)
