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Momente, die entscheiden.
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Heimkehr von H.

Sie war wieder da. Lange war sie fort, doch jetzt war sie zurück. Eine kleine Ewigkeit lang war sie weg gewesen und durch die Welt gezogen, um sich selbst zu finden. Doch jetzt war sie wieder da und stand vor der verschlossenen Türe ihres Elternhauses. Ihres Geburtshauses. Fast neunzehn lange Jahre hatte sie mit diesem Haus geteilt, bevor sie losgezogen war, um sich in der Ferne zu suchen. Neunzehn Jahre, das war so viel Zeit im Vergleich zu den wenigen acht Jahren, die sie weggewesen war. Hoffentlich passte der Schlüssel noch. Zitternd hielt sie das kleine Stück Metall in ihrer Hand. Die vielen Anhänger klapperten. Es waren fast unzählige und sie spielten eine Symphonie, während sie so zitterte. Fast so wie das letzte Lied eines Filmsoundtracks. Das letzte Lied mit dem das Schlussbild ausklang und der Abspann einlief.
 

Sie dachte daran, wie es wohl wäre, wenn das jetzt ein Film wäre. Dann würde sie vermutlich jeden Moment den Schlüssel ins Schloss stecken, die Tür öffnen und nach drinnen verschwinden. Die hölzerne Tür würde zugehen und der Bildschirm würde schwarz werden. In winziger weißer Schrift würde dann der Abspann laufen. Und irgendwo würde dann ihr Name stehen. Ihr Name und der Titel des letzten Liedes.
 

Sie schüttelte den Kopf. Das war albern. Die letzten acht Jahre waren kein Film. Und das war nicht das Ende. Außerdem konnte ihr Name gar nicht erscheinen. Sie war losgezogen, um sich zu suchen. Aber sie konnte sich nicht finden. Nirgendwo hatte sie etwas finden. Es gab keine Spur von ihr. Natürlich nicht. Sie musste die Spuren ja erst hinterlassen. Fast überall war sie gewesen. Sie war zuerst nach Frankreich gegangen, um den Eifelturm zu grüßen. Hatte dem Canal Grande ein paar Geheimnisse entlockt. War in Ägypten vor dem Sand geflüchtet. Am Kap der Guten Hoffnung hatte sie neue Kraft durchströmt. In Rio hatte sie zwischen den Sambarhythmen das fröhlich sein gelernt. Aus Colorado konnte sie sogar ein wenig Gold mitnehmen, auch wenn es nicht größer war als ein Sandkorn. Konnte in Japan sogar am Hanami teilnehmen. Durfte in Australien den Ayers Rock bewundern. Lernte in Tibet von den Mönchen und besuchte in Indien die großen Tempel. In Moskau erkannte sie, dass Wodka nicht gut für sie ist. In Delphi hatte sie sich Rat geholt und war zu dem Entschluss gekommen, heimzukehren.
 

Sie hatte sich noch immer nicht gefunden, sondern nur Spuren hinterlassen. Aber wenn sie in der ganzen Welt nicht zu finden war, wo war sie dann? Acht Jahre waren verstrichen und sie war noch keinen Schritt weiter gekommen, obwohl sie so viel gelaufen war. Sie fühlte sich veralbert. Das konnte doch nicht alles sein!
 

Als sie Schritte hörte, fiel der Schlüssel mit den vielen Anhängern rasselnd zu Boden. Zeit sich nach ihm zu bücken, hatte sie nicht mehr. Die Haustür wurde schnell aufgerissen. Mit Tränen in den Augen stand ihre kleine Schwester vor ihr. Sie war ihr nicht ähnlich, doch in ihren Augen fand sie etwas. Nicht nur sich selbst sondern auch Tränen und die Worte. „Du bist zu Hause, Hanna.“



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