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Trust Me and I’ll Lead Your Soul out of the Shadows

von

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Führung mal anders

Ohne viel zu sagen, trottete ich hinter dem Leiter der Anstalt her und versuchte ihm aufmerksam zuzuhören. Doch das war gar nicht so einfach. Der Mann überschüttete mich mit Informationen, so dass ich gar nicht mehr hinterherkam. Er zeigte mir, wo die Patienten „wohnten“, sofern man das so nennen konnte, und wo sie sich am Tag alles aufhalten durften. Sie besaßen sogar einen kleinen Garten, der sich im Innenhof des Gebäudes befand.

Es ging nicht anders, aber ich konnte den Vergleich mit einem Zoo nicht aus meinem Kopf kriegen. Natürlich behielt ich das schön für mich. Meiner Meinung nach hatte ich schon genug Probleme. Die Angestellten wurden mir nur flüchtig vorgestellt. Was die Regeln anging, so wurde ich damit nicht allzu sehr gelangweilt. Ich sollte hier ja auch nicht richtig anfangen zu arbeiten, sondern den Leuten nur ein wenig unter die Arme greifen. Und mir sollte diese ganze Sache helfen, um meine Weste wieder reinzuwaschen.
 

„Wie schon erwähnt, werden Sie sich um eine Person in diesem Haus kümmern. Ich hatte allerdings noch keine Zeit mir zu überlegen, wen ich Ihnen am besten anvertrauen soll.“ Nachdenklich zog er seine Stirn in Falten und starrte den Boden unter seinen Füßen an.

Nun wenn er das nicht wusste, wer dann? Ich vielleicht? Hey, das war keine so schlechte Idee. Dann würde ich mir einfach den leichtesten Fall schnappen und mir so eine Menge Arbeit ersparen.

„Wenn Sie damit einverstanden wären, könnte ich mich mir doch jemanden aussuchen… oder?“, fragte ich ihn höflich und war gespannt, ob mein Plan aufgehen würde.
 

Bevor er mir jedoch antworten konnte, kam ein Junge, ungefähr in meinem Alter, um die Ecke gerannt und lief genau auf den Direktor und mich zu. Schwer atmend kam er zum stehen und starrte uns mit aufgerissenen Augen an. In seinen Armen hielt er einen Stoffbären, den er fest an seinen zierlichen Körper presste.

„Evan! Was machst du hier? Solltest du nicht im Aufenthaltsraum bei den Anderen sein?“, redete der Direktor ruhig aber mit fester Stimme auf ihn ein. Angesprochener stand immer noch da und sah uns an. Seine eisblauen Augen schienen uns zu durchbohren. Hinter ihm kam ein weiterer Mann angerannt. Wie es aussah, gehörte dieser zu den Angestellten. Keuchend blieb er neben Evan stehen und packte sofort dessen Oberarm.

„Tut mir leid Chef… es gab ein kleines Problem.“, erklärte er schniefend.

„Und wie sah dieses kleine Problem aus, wenn ich mal neugierig sein darf?“, fragte er mit einem Anflug von Wut in seiner Stimme. So wie es aussah, stand er wohl nicht auf Probleme. Dann war er hier aber genau richtig. Solche Einrichtungen trieften doch nur so vor Schwierigkeiten.

„Nur ein kleiner Streit. Evan hat sich davon bedrängt gefühlt und ist weggelaufen. Ich und die Anderen waren mit den Streithähnen beschäftigt, deswegen hab ich erst später bemerkt, dass einer weggelaufen ist.“ Von dem kurzen Sprint erholt, zog er den Ausreißer näher an sich, damit er nicht wieder weglief.
 

Evan stand da und starrte mich mit diesen unheimlich aussehenden Augen an. Ich war wie versteinert und konnte den Blick zu ihm nicht unterbrechen. Das Kuscheltier wurde in seinen Armen regelrecht zerquetscht. An seiner Atmung konnte man merken, dass er furchtbare Panik hatte. Ich fragte mich wovor…
 

„Gut. Bitte bring ihn zurück und pass diesmal besser auf.“ Mein Nebenmann seufzte und wandte sich mir zu. „Er ist einer unserer traurigsten Fälle.“ Betrübt starrte er zu Boden, während ich dem Jungen hinterher schaute, der von diesem Schrank zurückgeschleift wurde. Ich konnte sehen, wie er am ganzen Körper zitterte, bis sie am Ende des Flurs um die Ecke bogen und ich den Sichtkontakt verlor. Nachdem ich das Gesehene verarbeitet hatte, drehte ich mich zu dem ernst gewordenen Mann neben mir.

„Wieso… was ist mit ihm?“, fragte ich neugierig und merkte, wie meine Stimme einen Ton Mitleid mit sich brachte.

„So richtig weiß das keiner. Er sagt nie ein Wort. Das Einzige, was wir wissen ist, dass er versucht hat sich umzubringen…deswegen ist er auch zu uns gekommen. Wir haben auch Spuren entdeckt, die auf Misshandlung hinweisen. Man darf ihm nicht zu nahe kommen, sonst dreht er völlig durch. Er ist uns sogar schon öfter in Ohnmacht gefallen vor lauter Panik.“, erklärte er leise. Der sonst so fröhliche Chef dieser Einrichtung wurde auf einmal still und nachdenklich… richtig sentimental. Diese Seite kannte ich bis jetzt noch gar nicht an ihm. Ich wusste nicht, was ich auf das eben Gehörte sagen sollte. Das war schon ziemlich hart. Irgendwie tat mir dieser Junge leid.
 

„Du willst dir also deinen Patienten aussuchen? Ich glaub das ist nicht mehr nötig.“, riss er mich aus meinen Gedanken.

„Hmm… wieso?“, fragte ich und hatte unserer voriges Gespräch schon wieder total vergessen.

„Ich will etwas versuchen. Es ist verrückt… aber wieso nicht. Du wirst dich ab sofort nur um diese eine Person kümmern, die ich dir auftrage. Natürlich wirst du auch nebenbei die Anderen bei alltäglichen Arbeiten unterstützen, aber hauptsächlich wirst du dich um ihn kümmern.“, erklärte er und nickte dabei, als würde er sich selbst bestätigen.

„Okay… aber dürfte ich dann auch erfahren, wer es nun sein soll?“ Gespannt stand ich da und starrte ihn an. Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass mein Wunsch einen einfachen Fall zu bekommen, nicht ganz erfüllt werden würde.

„Evan…“, flüsterte er leise, so dass ich ihn beinahe nicht verstand.

„Evan? Ganz sicher?“, fragte ich geschockte und blickte in die Richtung, in der der Junge verschwunden war. So richtig wusste ich nicht, was ich davon halte sollte. Hatte er nicht eben erzählt, wie kompliziert es mit ihm wäre? Und da wollte er ihn mir anvertrauen? Anscheinend hatte er sich wohl nie mit meinem Vater über mich unterhalten. Er hatte wohl keine Ahnung, dass ich im Umgang mit Menschen eine glatte Null war. Natürlich lag das größtenteils daran, dass ich nichts mit anderen zu tun haben wollte, aber das spielte im Moment keine Rolle.

„Wie gesagt, es ist ein Versuch. Du hast doch nicht gedacht, dass wir es dir hier einfach machen. Oder?“, fragte er mich und hob dabei eine Augenbraue. Ehrlich gesagt, hatte ich das gehofft, aber das konnte ich ihm ja schlecht auf die Nase binden.

„Ich habe mich mit deinem Vater unterhalten. Er hat mir erzählt, dass du versuchen würdest, dich aus der Affäre zu ziehen.“ Eigentlich hatte ich an dieser Stelle einen ernsten Gesichtsausdruck erwartet, aber im Gegenteil, er lächelte. Schön für ihn. Ich fühlte mich verarscht. Mir fehlten auch ehrlich gesagt die Worte. Ich fühlte mich ertappt und einigte mich darauf lieber nichts zu sagen. Schuldbewusst schaute ich den Boden unter meinen Füßen an, als er einen Arm um meine Schulter legte.

„Mach dir mal keine Sorge, dieses Verhalten ist ganz normal. Keiner in deinem Alter kann es sich vorstellen hier zu arbeiten. Aber da musst du nun mal durch. Schließlich hast du dir das selbst zuzuschreiben.“ War ja klar, dass so was kommen musste…
 

„Ich weiß… also schön. Was soll ich jetzt tun?“

Grinsend schaute mich mein Gegenüber an und nickte.

„Fürs Erste kannst du nach Hause gehen. Eigentlich müsstest du gleich anfangen, aber ich glaube, dass du die ganzen Informationen und das Gesehene erstmal verarbeiten musst.“, sagte er und reichte mir die Hand zum Abschied. Ich nickte, nahm seine Hand und verabschiedete mich ebenfalls.
 

Als ich nach draußen trat und sich die Türen hinter mir schlossen, überkam mich ein merkwürdiges Gefühl, was ich allerdings nicht erklären konnte. Es war schon traurig, zu sehen, was manche Menschen durchmachen mussten. Die Leute machten oft Witze über solch eine Einrichtung, ohne zu wissen, wie es dort drinnen aussah. Ich war einer davon und ich spürte, dass sich meine Einstellung in kürzester Zeit verändern würde. Bevor mich meine Füße die Treppen nach unten trugen, atmete ich noch einmal tief durch. Mit schnellen Schritten entfernte ich mich von dem Gebäude, in welchem ich die nächsten Monate gefangen sein würde. Kurz bevor ich die Straße überquerte, blieb ich erneut stehen und drehte mich noch einmal zur Klinik um.
 

„Evan also…“
 

Tbc



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