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Mnemonic Abyss

She is calling my Name
von

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Without a Trace

Wie kannst du in einer Welt noch leben wollen, in der du übersinnlichen Mächten zum Opfer gefallen bist? Tagtäglich wirst du von der Angst begleitet, die dir ins Ohr flüstert, das augenblicklich der Spuk von vorne losgehen könnte. Du wirst sehen, wie weitere und neue Freunde ihr Leben lassen müssen, nur weil du nicht bereit bist, loszulassen.

Lasse von ihm los und ich schwöre dir, diesem Spuk ein Ende zu setzen.
 

Sie hatte ihre heutige Verabredung fast verschlafen. Hektisch kam sie aus dem Bett heraus und traf alle Vorbereitungen, um das Treffen ansatzweise pünktlich erreichen zu können. Normalerweise klingelte ihr Handy zur gegebenen Zeit, aber dieses hatte sie seit jenem Vorfall nicht mehr angeschaltet. Sogar beim Haustelefon hatte sie das Kabel durchgeschnitten und war für den Großteil ihrer Freunde und Verwandten unerreichbar. Wenn es um Kommunikation ging, war Rin Kagura ein ganz anderer Mensch geworden.

Erleichtert darüber, dass ihre Freundin nicht allzu hart mit ihr wegen der Verspätung war, machten sie den geplanten, gemeinsamen Spaziergang durch die Stadt.

„Ich möchte mir ein neues Handy kaufen.“

Rin erstarrte zu einer Salzsäure. Musste das denn sein? Sie wollte keine Abteilung betreten, wo überall Handys in verschiedenen Formen und Farben lagen. Sie könnten womöglich…

„Was ist los, Rin? Du benimmst dich in letzter Zeit so komisch.“

„Nein, alles in Ordnung.“ Sie konnte ihr unmöglich die Wahrheit erzählen. Letztendlich hätte man sie für verrückt erklärt und einen Termin beim Therapeuten vereinbart. Aber hier kam schon der nächste springende Punkt: Sie versuchte Krankenhäusern aus dem Weg zu gehen. „Aber musst du dir schon wieder ein neues Handy kaufen? Ich kann die Dinger langsam nicht mehr sehen.“

„Ich dachte, dir würde es nichts ausmachen, mich beim Einkaufen zu begleiten.“

Ja, da hatte Rin noch gedacht, sie würde sich mit dem Geld ihrer Eltern Klamotten kaufen, aber kein neues Handy. Nun hatte sie sich selbst in diese Misere gebracht und musste zwischen zwei Entscheidungen abwägen: Entweder, sie überwand ihre Angst und begleitete ihre Freundin oder sie würde draußen warten.

„Vergiss das einfach. Lass uns weiter.“ Sie konnte keinen Neuanfang machen, wenn sie ihre Freundinnen nach und nach mit ihrer Art verängstigte. Das zwanzigste Jahrhundert stand bevor, moderne Kommunikation gehörte zur Tagesordnung, es gab einfach keinen Weg daran vorbei. Außerdem würde Rin ihre Ruhe im Einkaufszentrum finden. Solange sie auf den Straßen Japans waren, klingelte hier und da ein mobiles Telefon in der überfüllten Menschenmenge. Sie hasste dieses Geräusch, es versetzte sie nahezu in Panik.

Obwohl sie ihre Freundin ins Innere begleitetet hatte, hielt sie sich von der Handy verkaufenden Abteilung fern; sie tat einfach so, als würde sie in irgendwelchen Magazinen blättern, die sie angeblich brennend interessierten.

Wie der Zufall es so wollte, durchstöberte Rin genau die Seiten, die sie vermutlich nicht mehr aus dem Gedächtnis bekommen würde: Es waren News über das Samsara-Magazin, ein Okkultheft über geisterhafte Erscheinungen. Der Verleger, Makoto Shirae, sei spurlos verschwunden und bislang würde es keine richtiggehenden Fakten über seinen Verbleib geben. Es wird anständig darum gebeten, Nachsicht zu zeigen. Die Fans dieser Serie sollen sich noch etwas gedulden. Rin seufzte laut auf, wie konnte sie nur mit der Gewissheit leben, als Einzige zu wissen, dass Makoto nicht mehr unter den Lebenden wandelte? Sollte sie zur Polizei gehen und berichten, ihn vor paar Tagen als Geist gesehen zu haben? Sicherlich würden sie Rin auslachen und dann dieses verflixte Telefon benutzen, um ihren Eltern Bescheid zu sagen, dass sie am besten ihre Tochter abholen und danach in die psychische Klinik einweisen sollten. Diese Schuldgefühle machten sie fertig, raubten ihr nahezu die ganze Luft zum Atmen.

„Seit wann interessierst du dich für ältere Männer?“ Sie hörte die kichernde Stimme ihrer Freundin hinter sich ertönen. Unbewusst hatte sie über Makotos Portraitfoto gestrichen, deswegen war ihre Freundin auf diese eigenartige Frage gekommen, die Rin erröten ließ. Makoto Shirae war über ein Jahrzehnt älter als sie und dennoch: Er besaß einen drahtigen, großen Körper. Der dunkle Teint stimmte harmonisch mit seinem schwarzen Haar überein, das er stilistisch zu frisieren wusste. Die Stimme, seine Art… er als Mensch. Rin konnte nicht abstreiten, diesen Menschen nicht geliebt zu haben. Es waren vielleicht nur kurze Augenblicke, wo sie sich sahen. Kurze Gespräche, die sie per Handy wechselten. Und dennoch: Er war es gewesen, dem sie ihr jetziges Leben verdankte. Er hatte seine letzte Kraft aufgeopfert, um ihr den endgültigen Hinweis zu geben, den sie so dringend gebraucht hatte. Kaum vorstellbar was passiert wäre, wenn sie seinem Ratschlag nicht gefolgt wäre.

„Hmhm. Wenigstens kann ich dir guten Geschmack zusprechen. Der Kerl sieht wirklich nicht übel aus.“ Sie stieß mit ihren Ellbogen gegen Rins Hüftseite. „Aber für dich unerreichbar.“

Geknickt senkte Rin das Magazin. Wie stand sie nur da? Hatte ihre Freundin keine besseren Sorgen, als ihr zu sagen, dass sie keine Chance bei einem Verleger wie Makoto Shirae hatte? Letztendlich war er ihr unerreichbar: Er war immerhin tot.

„Hast du das Handy bekommen, was du gesucht hast?“ Die braunhaarige Studentin legte das Magazin beiseite, sie wollte sich wegen Makoto keine weiteren Gedanken machen.

„Ja, es ist total schick. Vielleicht solltest du es dir auch holen.“

Rin nickte bejahend, denn sie wollte keine unnötigen Diskussionen starten. Außerdem hatte sie Zuhause ein funktionsfähiges Handy; sie benutzte es einfach nur nicht mehr.

Den restlichen Tag verbrachten sie so, wie es normale Mädchen in ihrem Alter taten. Das ganze Hin und Her hatte Rin total ermüdet, erschöpft würde sie sich ins Bett fallen lassen, sobald sie daheim war.

Sie war froh, dass ihre Freundin sie nachhause begleitet hatte. Die Freundinnen verabschiedeten sich an der Wohnungstür und Rin sah ihr nach, als sich die andere auf den Weg in ihr eigenes Heim machte. Ein flüchtiger Blick in den Briefkasten, aber bis auf Rechnungen und unnötige Werbungen fand sich nichts darin wieder.

Wie versprochen ließ sie sich auf das Bett fallen, erstmal bäuchlings. Nachdem sie einige Minuten in dieser Position verweilt hatte, drehte sie auf den Rücken. Während der Umdrehung tastete sie nach dem Plüschtier, das die Züge einer Katze zeigte. Diese Plüschkatze trug den Namen Kuro Neko und war ein Geschenk des Mädchens, welches den mnemonischen Abgrund erschaffen hatte. Es war eine Art Geisterwelt, so wirklich beschreiben konnte es Rin nicht. Auf jeden Fall wurden alle in diese mysteriöse Welt gezogen, die einen Blick auf eine Webside namens „Schwarze Seite“ geworfen hatten.

Aber dieser Spuk hatte ein Ende gefunden, indem Rin den Rachegeist Reiko besänftigte. Doch jenes hatte sie nur mit Makotos Hilfe geschafft: Er hatte ihr die Nummer von Reikos mobiles Telefon besorgt. Man konnte nur mithilfe eines Telefons mit Geistern kommunizieren...

Rin schrak auf, als sie ein verdächtiges Vibrieren, gefolgt von einer Melodie, auf ihrem Schreibtisch vernehmen konnte. Rasch setzte sie sich auf, schnappte ihr eigenes Handy, wo sie sicher war, dass dieses abgeschaltet sein musste. Sie hatte vor lauter Panik sogar die Sim-Karte entfernt, weil in gruseligen Horrorfilmen die Handys trotzdem ansprangen. In einem hatte sie auch gesehen, dass das Telefon von seinem Besitzer vollkommen zerstückelt wurde und trotzdem SMS und Anrufe angenommen hatte. So lachhaft und kindisch sich das auch anhörte, sie hoffte, so etwas würde nie der Wahrheit entsprechen.

Sie wagte sich kaum, auf den Display ihres Handys zu schauen: Tatsächlich war es angeschaltet und sie konnte die Nachricht lesen, eine SMS empfangen zu haben. Schluckend rang sie mit sich selbst, ob sie diese Kurzmitteilung lesen sollte. Aber es war nicht ihr Charakter, es war nicht sie, wenn sie sich jetzt ihrer Angst hingeben würde. Genau das hatte Makoto an ihr bewundert: Ihren Mut.

Rin klickte die Mitteilung an und ihre Augen vergrößerten sich: Makoto hatte ihr geschrieben. Aber wie konnte das sein? Makoto war tot! Sie hatte seinen Geist gesehen! Oder war das alles nur ein Trugbild ihrer Träume gewesen? Immerhin war sie in ihrem eigenen Bett aufgewacht. Egal was es war, sie musste sich jetzt zusammenreißen!

„Ich muss dich sehen. Ich erwarte dich morgen Abend dort, wo wir uns zum ersten Mal gesehen haben.“ Stark grübelte sie nach. Es war der Kunstraum einer Schule gewesen, wo drei Schülerinnen leblos im Computerraum aufgefunden wurden. Diese Schule war seit dieser Ereignisse geschlossen, wieso war er dort?

Sie konnte nicht einfach diesen verlassenden Ort aufsuchen, erstmal brauchte sie Gewissheit. Wie in Zeitlupe betätigte sie den Kontakt, um Makoto telefonisch erreichen zu können. Rin sah schockiert auf, als eine verzerrte Stimme sich zu Wort meldete. Es war eindeutig die Stimme von Makoto!



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Dabi
2011-10-28T14:12:35+00:00 28.10.2011 16:12
- "Rin erstarrte zu einer Salzsäure." Salzsäule
- "Es wird anständig darum gebeten, Nachsicht zu zeigen." statt "anständig" müsste da glaube ich "inständig" stehen.
- "...Nummer von Reikos mobiles Telefon besorgt." vielleicht bilde ich mir das ein, aber ist das "s" bei mobiles nicht überflüssig?

Es hat mir mal wieder richtig Spaß gemacht das nochmal zu lesen ^^
Hatte so lange den Drang gehab~
Von:  Overhaul
2010-10-05T10:39:59+00:00 05.10.2010 12:39
Soo hab nun endlich auch das erste Kapitel gelesen xD Das musste einfach sein
Das ist also ne Fortsetzung vom Spiel, oder? Makoto war da wirklich gestorben? °-°
Mich interessiert nun wie..warum usw xD" Naja, der Anruf deutet dass er lebt, aber da das Handy deaktiviert war macht es bedenklich XD Kommt der Grund- also ein überblick auf die Vergangenheit- vor? o.o
Naja werde selbst lesen, wenn nicht frage ich dann einfach nach XD
Ich mag deine Art zu schreiben ist beneidenswert
sowohl auch deine kreativität ^-^
Am anfangs war es rätselhaft weil ich mich ständig fragte "was war nur bloss passiert", "wieso diese Angst"...
mag Puzzles xD
Und am Ende wurde es i-wie wirklich spannend
*weiter lesen geht*
Von:  Dabi
2010-08-02T11:28:27+00:00 02.08.2010 13:28
Die Story gefällt mir sehr gut, und ich bin dir dankbar das du damit für mich angefangen hast. Ich habe es mit viel Freude gelesen und mich richtig darin vertiefen können und hoffe das die Fortsetzung nicht lange auf sich warten lassen wird >////<

Ich glaube das hier ist nicht richtig:
- " Während der Umdrehung tastete sie nach dem Plüschtür, das...."
Du meinst sicher Plüschtier
- Kuro Neko wird auseinander Geschrieben, habe ich selbst vorhin erst gesehen in Wikipedia.
Ansonsten war es das auch, keine wirklichen Fehler eigentlich~


Mir gefiel sehr gut die Beschreibung von Makoto aus Rin´s Sicht, das hatte was für sich XD
Und auch diese Stelle mit der Panik dank Horrorfilmen bei ihrem Handy, war irgendwie sehr passend~
Aber es war wirklich toll geschrieben, dein Stil und deine Wortwahl, ich finde das du sehr gut geworden bist, deine komischen Bücher haben dir echt geholfen XD

Also noch mal vielen lieben dank dafür und ich hoffe inständig das es bald, sehr bald, weiter geht >////<


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