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Short stories

eine kleine Sammlung von Kurzgeschichten
von

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Aphrodite

Die Limousine lenkte langsam und gemächlich zum sich öffnenden Tor. Währenddessen versuchten Bodyguards die Fotographen so in Abstand zu halten, damit das Fahrzeug hinauf zur Villa fahren konnte. Die Abgedrängten versuchten immer noch Schnappschüsse zu machen. Obwohl die getönten Scheiben keinen Blick in das Innere des Fahrzeugs ermöglichten, war es für diese immer noch etwas wert. Schließlich konnte man ja nie wissen, ob sie doch nicht für einen, wenn auch sehr kurzen, Augenblick ihre Finger oder gar ihre Hand zeigen würde. Denn ein Foto konnte schon einiges an Geld einbringen.

Sie war schon seit Jahren daran gewöhnt und ihr wurde es vom ganzen Trubel nicht langweilig. Sie genoss es förmlich. Ihr gefiel es wie diese jämmerlichen Gestalten Tag für Tag versuchten ein Bild von ihr zu schießen. Manche warteten Stunden und andere sogar mehrere Tage in ihren Zelten. Alles nur für eine Fotografie. Aber sie war es wert. Bis auf den letzten Groschen. Wer sonst auf der ganzen Erde? Wer war schon schöner als sie? Nicht nur ihr Spiegel an der Wand, sondern alle Spiegel dieser Welt würden ihre unvergleichliche Schönheit bezeugen. Darum hatte man ihr den Namen „Aphrodite“ gegeben, denn sie war die vollkommenste Schönheit, die je auf der Erde existiert hatte.

Endlich hielt der Wagen vor dem Eingang an, der Chauffeur öffnete ihr die Tür. Sie hielt einen Moment lang inne. Natürlich gab es da draußen genug luxuriöse Autos mit Türen, die sich automatisch per Knopfdruck öffneten. Schon von klein auf wurde sie wie eine Prinzessin behandelt und sie würde wohl ewig daran Gefallen finden. Überhaupt, dem Fahrer musste es eine Ehre sein solch einer Schönheit dienen zu dürfen. Auch ohne jegliche Bezahlung. Ist doch das Selbstverständlichste auf der Welt. Männer brächten sich gegenseitig um, damit sie zumindest die Göttin, aus nächster Nähe sehen dürften. Wie viele müssten ihn wohl, um seine Stellung beneiden? Trotzdem einen Nachteil hatte es schon. Einer Göttin so nahe zu sein und sie nicht berühren dürfen: Das ist eine Folter, wie sie die alten Chinesen nicht einmal kannten.

Als Aphrodite auf ihre Uhr sah, bemerkte sie, dass es höchste Zeit wurde, ihren täglichen „Spezialbad“ zu nehmen. Dies hatte sich seit Jahren zu einer Art Zeremonie entwickelt. Eine essentielle Kur, die ihr Körper brauchte um weitere Dekaden jung und vor allem schön zu bleiben. Denn das wirklich Fantastatische an ihr war, dass sie eigentlich genau 60 Jahre hinter sich hatte und trotzdem aussah, als ob sie noch vor ein paar Wochen ihren Schulabschluss gefeiert hat. Viele hatten versucht hinter ihr Geheimnis dieser ewigen Schönheit zu kommen. Manche behaupteten, dass sie ein Androide wäre und andere sagten sie würde sich Nacht für Nacht kryogenisch einfrieren. Sprich, dass die Zeit für sie still geblieben wäre und, und, und. Jedoch blieben diese Gerüchte auch nur Gerüchte und durch dieses Geheimnis wirkte ihre Schönheit desto gewaltiger. Schließlich war ihre Schönheit ihr Kapital und solange sie schön war, war sie auch unvergleichlich Reich. Doch dieser Reichtum diente wiederum dazu die Flüssigkeit für ihr Bad zu investieren. Sie steckte inzwischen in einem Teufelskreis aus dem sie nicht mehr herauskommen konnte oder wollte.

Dieser Behandlung verdankte sie auch, dass sie keine Schönheitsoperationen und Fettabsaugungen über sich hatte ergehen lassen müssen oder auch Botox-Spritzen für Falten bei ihr benutzt wurden.

Langsam begann sie zu fühlen, dass ihre Haut mit jeder Sekunde an Straffheit verlor und Falten sich überall an ihrem Körper bildeten. Die Krampfader an ihren Beinen wurden deutlicher, sowie die grauen Haare, die sich in größeren Mengen zu verabschieden begannen. Heute hatte sie zu viel getrödelt und jetzt musste sie sich umso mehr beeilen. Nachdem sie das Badezimmer betreten hatte versuchte sie jeglichen Blickkontakt mit Spiegeln zu vermeiden, da sie nicht ihr wahres Gesicht sehen wollte. Durch den Schock würde sie auf der Stelle an einem Herzinfarkt sterben. Die Behandlung hielt sie nur äußerlich schön aber innerlich sah es ganz anders aus. Sie litt an altersbedingten Krankheiten, wie Rheuma, Bluthochdruck, Herzbeschwerden, usw. Man könnte sagen, dass sie Tag für Tag innerlich verfaulte und nur die Fassade, ihre Schönheit, hielt sie auf ihren Beinen.

Die Badewanne hatte sich nach einigen unendlich erscheinenden Minuten gefüllt und sie riss förmlich ihre Kleider von ihrem Leib und legte sich in die Mixtur hinein. Ja, sie war davon abhängig beziehungsweise war sie süchtig danach. Die tägliche Dosis gewährte ihr nur 24 Stunden an dem sie schön sein konnte. Ihrem Körper tat das Ganze nicht weh, aber ihrer Psyche. Dieses Rote in dem sie lag, bereitete ihr inzwischen Albträume. Zu Beginn hatte sie es ignoriert. Nun, da sie immer älter wurde und den Tod schon im Nacken fühlte, hatte sie sich wieder daran erinnert. War die Rotfärbung des Plasmas nur Zufall oder lag es wirklich daran, dass sie aus gentechnisch manipulierten Embryonen hergestellt wurde?

Sie kam sich so vor, wie diese Gräfin, die damals im Blut von Jungfrauen gebadet hat, um jung zu bleiben. Am Ende hatte man sie dem Tod durch Einmauern verurteilt und gewissermaßen war das wohl auch ihr Schicksal. Sie hatte sich selbst im eigenen Körper eingemauert.



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